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Titel: BILD schlägt Merkel für den Friedensnobelpreis vor. Dazu die Kolumne von Oskar Lafontaine.

Datum: 2. Oktober 2015 um 10:40 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik, Strategien der Meinungsmache
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Die Zumutungen nehmen zu. Und die Kampagnen auch. Wir sind umstellt von immer massiver werdender Agitation. Der Vorschlag der Bild-Zeitung ist einschlägig dafür. Einer der Hintergründe: Immer mehr Menschen erkennen, dass die Bundeskanzlerin die Hauptverantwortliche dafür ist, dass wir demnächst schon alleine wegen der großen Zahl der Flüchtlinge nicht mehr damit fertig werden. Viele erkennen, dass die wachsende Zahl etwas mit Mama Merkels großer Gestik zu tun hat und vor allem mit den Kriegen in Afrika und im Nahen Osten, an denen wir Deutsche als Unterstützer und als Waffenlieferanten beteiligt sind – unter der Ägide von Angela Merkel. Die Bild-Zeitung versucht, mit Vorschlägen wie dem Friedensnobelpreis für Merkel den Ansehenseinbruch von Frau Merkel zu verhindern. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Oskar Lafontaine
Friedensnobelpreis für Merkel?

Das titelt heute die Bild-Zeitung. Und weiter heißt es: „Angela Merkel hat gute Chancen auf den Friedensnobelpreis. Grund: Merkels Haltung in der Ukraine-Krise und bei der Flüchtlingspolitik. Das erklärte der Direktor des Osloer Friedensforschungsinstituts Prio.“ Merkel, die bereits den verheerenden Irak-Krieg Bushs befürwortete, in dessen Folge der IS entstanden ist, wäre nach US-Präsident Obama die nächste Fehlbesetzung als Friedensnobelpreisträgerin. Die USA unter Obama sind größter Waffenexporteur der Welt, Deutschland unter Merkel drittgrößter. Mit den Waffen dieser „Friedensnobelpreisträger“ werden die Kriege geführt, die Millionen Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Obama ist für tausende Tote durch Drohnenangriffe, bei denen auch unschuldige Menschen ermordet werden, verantwortlich. Vom deutschen Ramstein aus wird der US-Drohnenkrieg gesteuert. Die Bundesregierung will außerdem nachziehen und der Bundeswehr nun auch eigene Kampfdrohnen geben. Jetzt will Merkels Regierung den Kriegsetat noch erhöhen und überlegt, den Abzug aus Afghanistan zu verschieben.

Gleichzeitig zwingt Merkel gemeinsam mit den anderen EU-Staaten durch „Freihandelsabkommen“ wie dem sogenannten Economic Partnership Agreement (EPA), die afrikanischen Länder, ihre Märkte bis zu 83 Prozent für europäische Importe zu öffnen und schrittweise Zölle und Gebühren abzuschaffen. Das hält selbst Merkels eigener Afrika-Beauftragter Nooke für falsch. Und der zuständige UN-Wirtschaftsexperte für Ostafrika, Andrew Mold erklärt: „Die afrikanischen Länder können mit einer Wirtschaft wie der deutschen nicht konkurrieren. Das führt dazu, dass durch den Freihandel und die EU-Importe bestehende Industrien gefährdet werden und zukünftige Industrien gar nicht erst entstehen, weil sie dem Wettbewerb mit der EU ausgesetzt sind.” Auch als Folge dieser Politik Merkels, kommen viel Afrikaner nach Europa, selbst auf die Gefahr hin, im Mittelmeer zu ertrinken, weil sie keine Arbeit finden und nicht hungern wollen.

Und die Ukraine-Politik? „Die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten tragen den Großteil der Verantwortung für diese Krise“, sagt der US-amerikanische Politologe John J. Mearsheimer. „Die Wurzel des Konflikts ist die Osterweiterung der Nato, das zentrale Element einer Strategie, die Ukraine dem Einflussbereich Russlands zu entziehen und in den Westen zu integrieren.“ Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt hat schon 2007 gewarnt: „Für den Frieden der Welt geht von Russland heute viel weniger Gefahr aus, als etwa von Amerika.“ Die Anwärterin auf den Nobelpreis Merkel unterstützt brav die Politik des Friedensnobelpreisträgers Obama. Dafür soll sie jetzt belohnt werden.

Aber der Kniefall Brandts im Warschauer Ghetto war doch wohl etwas anderes als der Kniefall Merkels vor der Politik des US-Imperialismus. Das Friedensnobelpreis-Komitee hat schon in der Vergangenheit viele zweifelhafte Entscheidungen getroffen. Auch nach der Verleihung an Obama fragt man sich, was in den Köpfen derjenigen vor sich geht, die diese Entscheidungen treffen.


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