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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. Juli 2008 um 9:55 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen:

  • Zeitarbeiter – Industrielle Reservearmee
  • Präsident der gesetzlichen Rentenversicherung bricht eine Lanze für die private Vorsorge
  • Demografie-Panik ein alter Hut
  • Deutschland lässt Zocker in Ruhe
  • Europaabgeordnete und Wirtschaftsinteressen
  • World Economic and Social Survey 2008
  • Ver.di zur Finanzmarktkrise
  • Bilderberg-Konferenz: Kein Privatvergnügen
  • Welthandelsrunde
  • Maulkorb für Betrugsermittler
  • Der rechtsextreme Alltag der Deutschen
  • In Hessen wollen die Grünen die Hürden für direkte Demokratie senken
  • Bahn soll Untersuchung nach Kölner Unglück verzögert haben
  • Bauskandal – Die Spur der Steine
  • Eckpunkte des Stifterverbandes für Hochschul- und Studienfinanzierung
  • Nationalsozialismus light
  • Demoskopie, die Meinungsmaschinerie
  • Obama-Beraterin fordert mehr Engagement der Europäer in Afghanistan
  • Die wahren Kosten des Irakkriegs

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zeitarbeiter – Industrielle Reservearmee
    Die Zahl der Leiharbeiter nähert sich in rasantem Tempo der Millionen-Marke. Derzeit sind nach Schätzungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 850 000 Männer und Frauen in einem Leiharbeitsverhältnis beschäftigt, noch einmal 120.000 mehr als ein Jahr zuvor. “Ein Leiharbeiter verdient im Siemens Schaltwerk circa 800 bis 1000 Euro netto für drei Schichten”, so Weitenhagen. “Das ist mehr als ein Drittel weniger als die Siemens-Kollegen bekommen und viel zu wenig, um eine Familie zu ernähren.” In Deutschland ist jeder achte Leiharbeitnehmer ergänzend auf Hartz IV angewiesen, wie die Bundesregierung kürzlich bestätigt hat. Der DGB drängt auf Korrekturen. “Gleiches Geld für gleiche Arbeit – das ist unsere Kernforderung”, sagt Buntenbach.
    Quelle: FR
  2. BU-Verkaufshilfe durch gesetzliche Rentenversicherer
    Die Deutsche Rentenversicherung Bund sieht private Versicherer in der Pflicht gegen Altersarmut. Deren Präsident bricht überraschend eine Lanze für private Invaliditäts-Versicherungen und nennt weitere Ursachen für Altersarmut, die eine Steilvorlage für den Vertrieb sind.
    Quelle: Versicherungsmagazin

    Anmerkung: Dies steht zwar in einem Portal der Finanzdienstleister und ist von daher sicherlich interessengesteuert. Aber, dass die DRV dazu hilft, ihr eigenes Produkt schlecht zu reden, ist ja nicht unbekannt.

  3. Demografie Panik
    Eine unserer Leserinnen schickt uns folgenden Hinweis auf einen Artikel aus dem Jahr 1978:

    „durch Zufall bin ich auf einen Artikel im Internet über die “Demografie-Panik” gestoßen, dieser hatte 1978 im Spiegel gestanden hat. Das “Problem “der “Vergreisung” scheint ja bereits vor 30 Jahren vorbereitet worden zu sein, ist also keine neue Erkenntnis. Aber wie es aussieht.. auch im Jahr 2008 funktioniert unsere Wirtschaft noch… trotz des vermeintlich so katastrophalen Geburtenrückganges.“

    Siehe dazu:

    Geburtenzahl – Republik der Greise?
    Mit einem seltsamen Plan will das Bundesinnenministerium die Deutschen dazu animieren, mehr Kinder in die Welt zu setzen.
    Quelle: SpiegelOnline

    Anmerkung AM: Danke vielmals. Der Beitrag zeigt welch ein aufgeklärtes Blatt der Spiegel mal war. Wie im Text sichtbar, fand ich damals beim Spiegel Unterstützung für meine Analysen zur Demographie. 30 Jahre später ist die dumpfe Philosophie des damaligen Innenministeriums Allgemeingut bei Deutschlands Meinungsführern.

  4. Deutschland lässt Zocker in Ruhe
    Der Ruf nach schärferen Gesetzen für deutsche Banken verhallt. Die Regierung sieht keinen Bedarf. Die Begründung versteht nicht jeder. Die Bundesregierung plane „in nächster Zeit keine Änderungen des Kreditwesengesetzes“, teilte sie dem FDP-Finanzexperten Frank Schäffler auf Anfrage mit.

    In dem Schreiben wies das Bundesfinanzministerium auch die Kritik des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an der zwischen zwei Behörden aufgeteilten Bankenkontrolle zurück. Entgegen der Auffassung der Wirtschaftsweisen in ihrem Sondergutachten habe sich die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank „in der Praxis bewährt“.
    Quelle: Focus

    Anmerkung: Die Bundesregierung verfährt offenbar nach dem Motto: „Gut, dass wir darüber gesprochen haben. Aber wir tun nix.“ Geht etwas schief, dann hilft der Staat. Mit insgesamt wohl 12 Milliarden musste inzwischen der Steuerzahler für die Fehlspekulationen von SachsenLB, WestLb und IKB gerade stehen. Wir haben es ja.

  5. Europaabgeordnete und Wirtschaftsinteressen – zu enge Verbindungen?
    Unsere englischen Partner von Spinwatch haben die Verbindungen von Europaabgeordneten zu Wirtschaftsinteressen unter die Lupe genommen. Die heute vorgestellte Studie „Too Close for Comfort?“ listet 12 problematische Fälle auf, in denen Europaabgeordnete bezahlt für Unternehmen tätig sind, die ein spezifisches Interesse an ihrer gesetzgeberischen Arbeit haben, selbst finanzielle Interessen in Branchen haben, die sie fördern oder besondere Parlamentsfunktionen haben (wie Ausschussvorsitzender) und zugleich eng mit einflussreichen Lobbygruppen verbunden sind. Drei der zwölf Abgeordneten kommen aus Deutschland: Klaus-Heiner Lehne (CDU), Elmar Brok (CDU) und Jorgo Chatzimarkakis (FDP).
    Quelle: LobbyControl
  6. World Economic and Social Survey 2008: Overcoming Economic Insecurity
    Quellen:
    The World Economic and Social Survey (WESS) (Übersicht)

    The World Economic and Social Survey (WESS) (Zusammenfassung) [PDF – 416 KB]

    The World Economic and Social Survey (WESS) (Langfassung) [PDF – 4,1 MB]

    Hinweis und Anmerkung von P.H.:
    Mich hat gewundert, dass auf Ihrer (im Übrigen großartigen Seite) nichts über den New Deal zu lesen war, der am 30. Juni 2008 von den Vereinten Nationen vorgeschlagen wurde. In dem bemerkenswerten 400-seitigen Bericht “World Economic and Social Survey 2008: Overcoming Economic Insecurity” werden u.a. die verheerenden Folgen der Deregulierung der internationalen Finanzmärkte analysiert und die Notwendigkeit einer makroökonomischen Steuerung der Wirtschaft dargestellt.

    Ich kenne die bisherige Linie der Vereinten Nationen nicht ausreichend genug, um beurteilen zu könne, ob es sich bei diesem Bericht um eine Kurswende handelt oder ob die VN schon länger gegen die neoliberalen Rezepte opponiert haben. Jedenfalls alles in allem ein bemerkenswerter Bericht, der allen Anhängern des Neoliberalismus zu Denken geben sollte.

  7. Ver.di zur Finanzmarktkrise
    Wie erfindungsreiche Banken, ausgeklügelte Finanzprodukte und gierige Investoren die Finanzmärkte ins Trudeln gebracht haben.
    Quelle: ver.di [PDF – 396 KB]
  8. Bilderberg-Konferenz: Kein Privatvergnügen
    Nach den Berichten über die sogenannte Bilderberg-Gruppe (siehe jW vom 4.6.2008) fragen zunehmend mehr politisch interessierte Bürger, warum Abgeordnete vom Bundestag bezahlt werden, um zu den »privaten«, geheim gehaltenen Treffen zu fahren. Auf abgeordnetenwatch.de erklärte dazu der CDU-Politiker Eckart von Klaeden:
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: “Wie gut das niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß”

    Siehe zur Bilderberg-Gruppe: Elitetreffen der Bilderberger 2008

  9. Welthandelsrunde
    1. Rettungsübung für die Welthandelsrunde der WTO
      Bei den Verhandlungen um eine weitere Liberalisierung des Welthandels geht es auf Biegen oder Brechen. Kommt an der Mini-Ministertagung in Genf kein Durchbruch zustande, muss die Dauha-Entwicklungsrunde auf unbestimmte Zeit vertagt oder gar abgebrochen werden.
      Quelle: NZZ
    2. Freihandel gegen Abschottung – die EU zankt um Beihilfen für die Bauern
      Die EU geht ohne klare Position in anstehende Verhandlungen der Welthandelsorganisation. Ratspräsident Sarkozy und Handelskommissar Mandelson sind sich uneins über die Hilfe für den Agrarsektor.
      Quelle: NZZ
    3. Freihandel, Klappe die Letzte
      Die Verhandlungen über Zölle und Subventionen stehen auf der Kippe. Die Wirtschafts- und Agrarminister aus mehr als 30 Staaten der Welthandelsorganisation treffen sich am Montag in Genf.
      Quelle: FR
  10. Maulkorb für Betrugsermittler
    Die in Brüssel ansässige EU-Ermittlertruppe “Olaf” hat per Urteil des Europäischen Gerichtshofes einen Maulkorb verpasst bekommen. Die 400 Ermittler, die gegen betrügerisch handelnde EU-Beamte und Abgeordnete des Europäischen Parlaments zuschlagen dürfen, fürchten um ihre Schlagkraft. Sie könnten nicht mehr preisgeben, ob und warum sie ihre Ermittlungen führen. Der deutsche “Olaf”-Chef Franz-Hermann Brüner – am Mittwoch noch mit dem Europäischen Steuerzahlerpreis geehrt – schlug darum gestern Alarm. “Olafs” mächtige Waffe werde stumpf: Die Schaffung öffentlichen Drucks gegen Betrug, Abzockerei von EU-Subventionen und Vetternwirtschaft, werde ihm per Richterspruch genommen, fürchtete Brüner.
    Quelle: Der Westen
  11. Der rechtsextreme Alltag der Deutschen
    Von der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde eine Studie zu rechtsextremen Tendenzen im Alltag in Auftrag gegeben, die kürzlich unter dem Titel Ein Blick in die Mitte [PDF – 1,6 MB] veröffentlicht wurde. Zu den Ergebnissen der von Oliver Decker und Elmar Brähler an der Universität Leipzig geleiteten Studie gehört, dass rechtsextreme Einstellungen und Geringschätzung der Demokratie in der Bevölkerung noch weiter verbreitet sind, als bisher angenommen wurde. Die Soziologin Marliese Weißmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt “Weltsichten in prekären Lebenslagen” am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig, war bei Datenerhebung und Durchführung der Untersuchung, sowie als Koautorin an der Studie beteiligt.

    Rechtsextreme Einstellungen sind, so wie wir es bereits 2006 in unserer Repräsentativbefragung festgestellt haben, weit in der Gesellschaft verbreitet. So stimmen auch Gewerkschaftsmitglieder, CDU- oder SPD-Wähler zum Beispiel Aussagen – wie “Deutschland ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet” – zu.

    Rechtsextremismus ist ein Phänomen der Mitte, nicht nur vom extremen Rand, wie der Begriff es suggeriert. Von daher ist es bedeutsam, die Demokratisierung von Institutionen, gerade von Schulen, weiter voranzutreiben. Die weite Verbreitung und Akzeptanz von fremdenfeindlichen Einstellungen in den Gruppendiskussionen verweist auch auf die Bedeutung von integrationspolitischen Maßnahmen, die eine entscheidende Rolle in der Zukunft haben werden. Dies betrifft zum Beispiel den Umgang mit Muslimen – Stichwort Moscheenbau – in Deutschland. Wichtig ist, unserer Einschätzung nach, den politischen Dialog aktiv zu suchen und sich miteinander zu verständigen, um Angst in der Bevölkerung und bedrohlich wahrgenommene, scheinbar unüberwindbare kulturelle Ferne abzubauen. Außerdem stützen mediale Diskurse, wie das öffentliche Vorführen von “Florida-Rolf” in der BILD, die Hervorbringung eines gewaltvollen gesellschaftlichen Klimas, in dem der Einzelne jederzeit Opfer von Stigmatisierung werden kann und dem Zwangsmaßnahmen bei jeder Abweichung drohen. Diese Diskurse – weg vom “armen Lebenskünstler” hin zum “unnützen Sozialschmarotzer” – sind gefährlich für die Demokratie.
    Quelle: Telepolis

  12. Gelegenheit zur Gewaltenteilung – in Hessen wollen die Grünen die Hürden für direkte Demokratie senken
    Die dritte Amtszeit von Roland Koch könnte sich für Hessen als diejenige entpuppen, in der die bürgerfreundlichsten Entscheidungen seit Langem gefällt werden – frühere rotgrüne Regierungen mit eingeschlossen. Weil das Parlament seit diesem Frühjahr nicht mehr nur Regierungsentscheidungen absegnen muss, schaffte es eine freie Mehrheit Mitte Juni, die Studiengebühren abzuschaffen. Nun sollen in gleicher Weise auch die Bedingungen für Volksbegehren und Volksentscheide verbessert werden.
    Quelle: Telepolis
  13. Bahn soll Untersuchung nach Kölner Unglück verzögert haben
    Die Deutsche Bahn hat sich nach dem Entgleisen des ICE in Köln offenbar zunächst geweigert, alle baugleichen Züge auf Mängel überprüfen zu lassen. Selbst das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat die Bahn nach Informationen des SPIEGEL zunächst nicht dazu bewegen können.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Es ist immer das gleiche Spiel: Erst wird vertuscht, dann verzögert, dann kommt die Wahrheit stückchenweise ans Licht.

  14. Bauskandal – Die Spur der Steine
    Der Baustoffhersteller Xella, Tochter des Haniel-Konzerns, hat jahrelang Abfallprodukte aus Kohlekraftwerken in Kalksandsteine gemischt. In vielen Neubauten zersetzen sich die Wände. Ein Horror für die Eigentümer. Anatomie eines Bauskandals.

    Was den Bauherren lange rätselhaft schien, kommt nun in ganzer Dimension ans Licht: Die Kalksandsteine der Haniel- Baustoffwerke sind der Grund. Die Firma ist Teil des Haniel-Konzerns, dem auch der Kaufhof, Media Markt und der Arzneigroßhändler Celesio gehören. Die Haniel-Baustoffwerke haben nach internen Unterlagen, die dem stern vorliegen, über rund acht Jahre Steine aus billigem Kalk aus Kohlekraftwerken hergestellt und sie ohne weitere Hinweise in den Markt gebracht. Das untergemischte Material gilt als Müll, der normalerweise wiederaufbereitet wird. Die Firma wollte Kosten sparen. Dabei war das Unternehmen von vornherein durch ein Gutachten gewarnt, dass durch die Billigzutaten schwere Folgeschäden auftreten könnten.
    Quelle: stern

    Hinweis auf neuere Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik
    Quelle: Memorandum-Gruppe

  15. fzs kritisiert Eckpunkte des Stifterverbandes für Hochschul- und Studienfinanzierung
    Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) übt starke Kritik am Eckpunkteplan, den der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der Bundesverband der Deutschen Industrie und das Institut der deutschen Wissenschaft Mitte der Woche vorstellten.
    Quelle: fzs

    Dazu auch:

    Deutsches Studentenwerk skeptisch
    Das Deutsche Studentenwerk (DSW) steht dem neuen Studienfinanzierungs-Vorschlag skeptisch gegenüber, den die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, die Bundesvereinigung der Deutschen Industrie, das Institut der deutschen Wirtschaft sowie der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft heute in Berlin vorgestellt haben. DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde hält es zwar für einen “interessanten Ansatz”, das BAföG als eine von drei Finanzierungskomponenten für Studierende auf Vollzuschuss umzustellen. Doch wenn diese Umstellung wie vorgeschlagen einherginge mit einer deutlichen Reduktion der BAföG-Geförderten sowie einer stärkeren Kreditfinanzierung, würden gerade Studierwillige aus einkommensschwächeren und Mittelstands-Familien abgeschreckt. “Das wäre das Gegenteil dessen, was Deutschland braucht und was die Verbände doch eigentlich auch anstreben”, so Meyer auf der Heyde.
    Quelle: IDW

  16. Nationalsozialismus light
    Zu viel Stoff, zu wenig Freizeit, Ende der Kindheit, so lauteten die Sorgen bei Einführung des G 8. Nun hat der bayerische Kultusminister die Lehrpläne zusammengestrichen – mit grotesken Folgen für den Geschichtsunterricht. Dem seit kurzem amtlichen, neuen bayerischen Lehrplan für Geschichte in der Oberstufe nun sind auf spektakuläre Weise die Proportionen durcheinander geraten: In den zwei Jahren bis zum Abitur sind insgesamt nur noch sieben Schulstunden à 45 Minuten für die Weimarer Republik und ebenfalls sieben für den Nationalsozialismus vorgesehen.

    Diese lächerlich wenigen sieben NS-Stunden sollen nur Holocaust, Antisemitismus und Propaganda behandeln – nichts zu Hitlers Außenpolitik, nichts zum Zweiten Weltkrieg, nichts zur konkreten Organisation des Führerstaates und seiner Ereignisgeschichte. Die sieben Weimar-Stunden sollen, so die behördliche Vorschrift, nur die Untergangsjahre der Republik zum Thema haben – also nichts zum Ersten Weltkrieg, nichts zur Novemberrevolution, nichts zur Innen- und Außenpolitik der zwanziger Jahre.
    Quelle: SZ

  17. Klaus Staeck: Die Meinungsmaschinerie
    Umfragen spiegeln angeblich die Stimmung im Volk wider. Häufig repräsentieren sie nur die Strategie der Forscher.
    Schließlich handelt es sich bei der Demoskopie ja um ein “fehlbares Handwerk”, wie Forsa-Chef Manfred Güllner nach den gründlich verpatzten Wahlprognosen 2005 selten selbstkritisch einräumte. Obgleich er und andere Meinungsexperten nicht müde werden, ihr Handwerk immer wieder als exakte Wissenschaft zu verkaufen, die repräsentative Ergebnisse liefert. Schließlich machen sie mit “korrekten” Zahlen ihre besten Geschäfte. Doch nicht wenige ihrer Schätzungen tragen oft mehr zur Verwirrung als zur Klärung bei. Anders kann ich mir kaum erklären, wieso Güllners Umfragen der SPD kürzlich nur 20 Prozent der prognostizierten Wählerstimmen gönnten, das konservative Allensbach-Institut die Sozialdemokraten seltsamerweise aber derzeit bei 28,2 Prozent sah.
    Quelle: FR
  18. Obama-Beraterin fordert mehr Engagement der Europäer in Afghanistan
    Susan Rice, außenpolitische Chefberaterin von Barack Obama, hat im SPIEGEL die Europäer zu stärkerem Engagement in Afghanistan und Pakistan aufgefordert. “Weder Deutsche noch Amerikaner dürfen glauben, weiter halbherzige Maßnahmen in Afghanistan und Pakistan ergreifen zu können – ohne dafür den Preis zahlen zu müssen”, sagte Rice.

    Obama glaube, dass die Lage in Pakistan und Afghanistan für Europa und die USA derzeit die größte Gefahr darstelle. “Die USA müssen mehr Ressourcen und Truppen schicken – aber die Nato sollte das auch tun. Und deren Truppen sollten nicht durch Beschränkungen gehemmt werden, wo und wie sie eingesetzt werden dürfen”, so die Beraterin.
    Quelle: SpiegelOnline

    Anmerkung AM: Auch schon wieder auf Linie. Das klingt wie ein Verschnitt von Bush, Schröder Fischer, Struck und Jung.

  19. Die wahren Kosten des Irakkriegs
    Von Joseph Stiglitz und Linda Bilmes
    Quelle: Le Monde Diplomatique

    Anmerkung J.K.: Ein sehr informativer Artikel von Joseph Stiglitz aus der Le Monde Diplomatique, der darauf hinweist, dass die gegenwärtige katastrophale wirtschaftliche Lage des Irak eine wesentliche Folge, der von der Besatzungsmacht USA durchgesetzten neoliberalen Dogmatik, bzw. ihres Scheiterns ist. Man fühlt sich in gewisser weise an die Wirtschaftspolitik der Regierung Kohl nach der Wiedervereinigung erinnert, als in der ehemaligen DDR ebenfalls ohne Rücksicht auf lokale Gegebenheiten die freie Marktwirtschaft durchgesetzt wurde.


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