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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. November 2008 um 9:12 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(AM/WL)

Heute unter anderem mit folgenden Themen:

  • Die Unscharfmacher
  • Neuseeland
  • Schweiz
  • Erbschaftssteuer
  • Bahnprivatisierung
  • Hochtief legt nach – ÖPP in Hamburg
  • Russlands Raketenpläne und Steinmeier
  • EZB senkt Leitzins auf 3,25 Prozent
  • Auftragseingänge stürzen ab
  • Konjunkturprogramm: Weiß der Staat, was richtig wirkt?
  • verdi Wirtschaftspolitik zum Maßnahmenpaket
  • Krise der Hedge-Fonds wird immer bedrohlicher
  • Tatortregisseur dreht Attac-Kinospot zur Bankenkrise
  • Obama und das große Geld

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Harald Schumann, Klaus C. Engelen: Die Unscharfmacher
    Sie kommen von Banken, und sie kehren wieder dahin zurück. In der Zwischenzeit haben sie politische Ämter inne – und arbeiten dort an der Entfesselung des Finanzmarktes. Gestern, heute und morgen
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung AM: Hier finden Sie die Bestätigung vieler bisheriger Beiträge der NachDenkSeiten, z.B. siehe hier „Der Machtwahn: Die wirkliche Korruption sieht ganz anders aus“.

    Ergänzung WL: Auch in Deutschland kaufen die Banken Politiker und Bankenaufseher auf, siehe z.B. „Ackermann kauft sie alle, ob Finanzstaatssekretäre oder Bankenaufseher“

  2. Das Ende am Ende der Welt
    Neuseeland steht vor einem Machtwechsel – es gibt enorme Probleme zu lösen
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung OP: Also die Geschichte vom viel gerühmten Wohlfahrtsstaat Neuseeland, die der Tagesspiegel auftischt, ist nun wirklich nicht das Thema, mit dem das Land speziell in der wirtschaftspolitischen Debatte Furore machte. Die in den letzten 20 Jahren am stärksten deregulierte und privatisierte Volkswirtschaft der Welt galt als das neoliberale Musterland schlechthin. Inzwischen hat der Staat nicht nur die Eisenbahn wieder zurückgekauft, sondern auch die Fluggesellschaft wieder verstaatlicht, die Studiengebühren reduziert und die Unfallversicherung wieder unter staatliche Kontrolle gestellt.

  3. Schweiz: Bundesrat stellt Banken-Boni unter Aufsicht
    Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zum UBS-Stützungs-Paket an das Parlament verabschiedet. Der 6-Milliarden-Kredit des Bundes an die Grossbank wird ergänzt mit einer Regulierung der Boni und strengeren Eigenmittelvorschriften.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung

    Anmerkung OP: Zusammen mit dem Hilfspaket für gefährdete Banken wurde zwar ein darauf zugeschnittenes Gesetz verabschiedet, aber Regulierungen, die den verwilderten Finanzsektor an sich resozialisieren könnten, stehen noch aus. Die Schweiz ist, ohne irgendwelche globale Konferenzen abzuwarten, nationalstaatlich vorgeprescht.

    Natürlich ist die Schweiz als Volkswirtschaft viel stärker von Finanzdienstleistungen abhängig als Deutschland – unlängst wurde ihre Verletzbarkeit sogar mit derjenigen Islands verglichen-, aber der Hinweis auf den anstehenden Weltfinanzgipfel entbindet die Bundesregierung nicht, ihre Kreativität unter Beweis zu stellen und der besorgten Öffentlichkeit ihre Vorschläge vorzustellen. Zumal sich schon heute abzeichnet, dass der Vorschlag einer globalen Regulierungsinstanz durch den Widerstand der USA und Kanada bereits vom Tisch ist. Man setzt auf einen informellen Informationsaustausch und ist nicht bereit, das Spiel der freien Kräfte nicht durch strengere Vorschriften zu beeinträchtigen.

    Damit ist Deutschland aufgefordert, eine Finanzmarktregulierung auf nationaler Ebene umzusetzen. Interessant ist, dass die Schweiz sogar Einfluss auf Bonus-Systeme nehmen wird mit dem Ziel, Anreize für riskante Geschäfte zu minimieren. Man darf gespannt sein, welche konkrete Formen das Vorhaben annimmt. Im Grunde kann ein Bonus nur dann gewährt werden, wenn ein Bankgeschäft der langen Frist Stand gehalten hat. So sollte beispielsweise nicht der Verkauf eines Kredites, sondern die Rückzahlung honoriert werden.
    Quelle: swissinfo

  4. Erbschaftsteuer: Später Kompromiss
    Die große Koalition einigt sich nach jahrelangem Streit auf die Reform der Erbschaftsteuer. Die Union setzt sich am Ende mit ihren Forderungen durch.
    Quelle: FR

    Anmerkung: Siehe dazu nochmals: Ein Geschenk für Betuchte

  5. Kniefall vor dem Wähler
    Die überstürzte Aufgabe der Börsenpläne auf Jahre ist nicht in erster Linie eine Reaktion auf die Verwerfungen an den Märkten. Die Entscheidung ist eine Kapitulation der Politik vor dem Widerstand gegen die Privatisierung.

    […]

    Besonders ärgerlich an dieser Entscheidung ist, dass sich die Regierung gar nicht erst bemüht, die taktischen Motive dahinter zu bemänteln. Die Bahn-Privatisierung stößt in weiten Teilen der Bevölkerung auf Widerstand – und das umso mehr, seit durch die Bankenkrise der Eindruck entstanden ist, dass es der Staat im Zweifel doch besser richtet als der Markt. Entsprechend gering ist das Interesse von Union und SPD, mit dem Schritt aufs Parkett zu nah an den Wahltermin heranzurücken. Die überstürzte Aufgabe der Börsenpläne auf Jahre hinaus ist deshalb in allererster Linie keine Reaktion auf die Verwerfungen an den Märkten. Die Entscheidung ist eine Kapitulation der Politik vor den Wählern. Das Enttäuschende daran ist, dass nicht einmal eine Große Koalition die Kraft für einen zweifellos unpopulären Schritt aufbringt. Will die Politik jedoch eine Bahn, die im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleibt, führt kein Weg am Kapitalmarkt vorbei. Wer den Stopp des Börsengangs unter diesen Umständen dennoch feiert, hat von
    Verkehrspolitik wenig Ahnung – auch wenn es der zuständige Minister ist.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: “Die Bahn-Privatisierung stößt in weiten Teilen der Bevölkerung auf Widerstand… Die Entscheidung ist eine Kapitulation der Politik vor den Wählern.” -Immer wieder spannend, in fremde Gehirne zu schauen. Vielleicht sollte man den Leitartikler mal fragen, ob er die Regierungsform in Deutschland kennt und was “Demokratie” eigentlich bedeutet.

  6. Die gehören alle in die Wüste geschickt
    Die Grünen fordern personelle Konsequenzen aus dem Börsendebakel der Bahn AG. Ein Gespräch mit Peter Hettlich, stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung OP: Offensichtlich ist der Widerstand gegen die Bahnprivatisierung immer noch keine grüne Herzensangelegenheit. Peter Hettlich spult so eine Art Pflichtprogramm ab. Er ignoriert völlig, dass es nicht damit getan ist, dass das “Netz in öffentlicher Verantwortung bleibt”. Die Grünen scheinen sich von inhaltlicher Politik verabschiedet zu haben und setzen nur noch auf taktische Spielchen zwecks Stimmenfang. Die Bahnprivatisierung sei im Wahlkampf “kein Winner Point”, da die “Mobilisierungserfolge von Bündnissen wie ‘Bahn für Alle’ … höflich gesagt, sehr verhalten” waren. Finanzkrise sei das Thema, als ob der Börsengang der Bahn und andere Privatisierungen nichts mit den Finanzmärkten zu tun hätten. Und selbst wenn es stimmen würde, dass das das Thema Bahnprivatisierung unpopulär wäre, wo bleibt die Partei, die sich einst dem damals ziemlich unbekannten Thema Nachhaltigkeit verschrieben hatte.

  7. Tote in Kauf genommen
    Der »Zwischenbericht« der Bundesanstalt für Materialprüfung bescheinigt der Bahn organisierte Verantwortungslosigkeit bei der Überprüfung der ICE-Radsatzwellen von Winfried Wolf
    Quelle: junge Welt

    FAZ: ICE-Ausfälle

    Feste Fahrbahnen federn nicht

    Der Renommierzug ICE 3 und damit die Deutsche Bahn haben ein Problem. Aber die Lösung dieses Problems kann nicht darin liegen, alle 30.000 Kilometer, also alle drei bis vier Wochen, die Radsatzwellen auf Risse zu untersuchen. Vielmehr muss man herausfinden, warum die Radsatzwelle beim ICE 3 im Juli in Köln brach und warum auch bei zwei ICE-T Risse zu finden waren.

    (..) Schuld ist die schotterlose Fahrbahn

    Ganz anders ist es bei der sogenannten festen Fahrbahn. Sie wurde trotz kritischer Warnungen zwischen Köln und Frankfurt verlegt, um die Instandhaltungskosten des Fahrwegs zu senken. Das von den Reisenden zwischen Köln und Frankfurt beklagte Rütteln und Stoßen zeigt, dass bei der festen Fahrbahn trotz sorgfältiger Verlegung Lagefehler auf Dauer nicht zu vermeiden sind. Die über das Gleis rollenden Züge wirken wie eine Ramme, die den Untergrund unter den Platten der festen Fahrbahn weiter verfestigt. Die Folgen dieses Prozesses verringern sich zwar mit der Zeit. Sie wirken aber besonders fatal zum Beispiel beim Übergang vom relativ weichen Untergrund eines hinterfüllten Brückenwiderlagers auf die sehr starre Betonkonstruktion einer Brücke.

    (..) Radsatzwellen werden überbeansprucht

    Die Behauptung von Materialkundlern, die feste Fahrbahn verursache keine höheren Beanspruchungen bei den Radsätzen, ist deshalb nicht haltbar. Die feste Fahrbahn hat fast kein eigenes Federungsvermögen. Die unvermeidlichen Lagefehler verursachen Stoßbelastungen. Das Gleis federt nicht mehr zurück, und die Stöße wirken einseitig auf die Radsätze. Deren mechanische Belastung ist dadurch weit größer als beim klassischen Schotteroberbau. Fatal wirkt sich zusätzlich aus, dass Lagefehler der festen Fahrbahn nicht im Rahmen der Routine-Instandhaltung des Oberbaus beseitigt werden können. Ob es inzwischen überhaupt ein Verfahren gibt, die fehlerhafte Lage eines Plattenelements der festen Fahrbahn im eingebauten Zustand zu korrigieren, ist noch nicht bekannt.

    Der Einbau der festen Fahrbahn war also ein grundsätzlicher Fehler, der nur durch deren Beseitigung behoben werden kann. Das Ziel dauerhaft höherer Geschwindigkeiten in topographisch schwierigem Gelände ist nachhaltig nur durch Neutrassierung und nicht durch Neigetechnik zu erreichen.
    Quelle: FAZ

  8. Hochtief legt nach – Öffentlich-private Partnerschaft kann teuer werden
    Das Renommierprojekt Elbphilharmonie soll die Hansestadt statt einer viertel nun eine halbe Milliarde Euro kosten. Der Streit um das Millionengrab Elbphilharmonie ist am Mittwochnachmittag in der Hamburgischen Bürgerschaft eskaliert. Es kam zu einem Schlagabtausch zwischen Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Oppositionsführer Michael Neumann (SPD). Das im Bau befindliche Konzerthaus soll zu den veranschlagten 243 Millionen Euro bis zu 240 Millionen Euro extra kosten. Das Prestigeobjekt käme damit auf Baukosten von fast einer halben Milliarde Euro.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung MM: Ein weiteres Beispiel dafür, wie das Bauunternehmen Hochtief, welches bei den meisten PPP-Projekten in Deutschland zum Zuge kommt, sich aus öffentlichen Geldern, also unserem Vermögen, finanziert. So kann Umverteilung auch aussehen. Die Stadt Hamburg hat einen Vertrag abgeschlossen, dessen finanzielle Auswirkungen sie nicht mehr überblicken kann. Ausgehandelt von der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, welche ebenfalls bei vielen PPP-Projekten zum Zuge kommt und sogar als Berater der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2005 das entsprechende ÖPP-Beschleunigungsgesetz entwarf, um bürokratische Hindernisse zu verringern. Mit anderen Worten: Ausschaltung von parlamentarischer Kontrolle, wie es bereits beim Maut-Projekt Toll-Collect geschehen war.

  9. Steinmeier verlangt von Medwedew bessere USA-Politik
    Scharfe Kritik an Dmitrij Medwedew: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Ankündigung des russischen Präsidenten verurteilt, Kurzstreckenraketen in Kaliningrad zu stationieren. Moskau müsse jetzt auf die USA zugehen.

    Berlin – Die russische Antwort auf die US-Raketenschildpläne in Polen und Tschechien seien ein “falsches Signal zum falschen Zeitpunkt”, sagte Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Mittwochabend in der ARD. Russland müsse erkennen, “dass wir uns in diesen Tagen an einer Weichenstellung befinden, dass die wirkliche Chance besteht, das Verhältnis zwischen Russland und Amerika neu zu begründen”, fügte Steinmeier mit Blick auf die Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten hinzu.
    Quelle: Spiegelonline

    Anmerkung AM: Wo blieben die mahnenden Worte von Steinmeier, als die USA, Polen und Tschechien ohne Absprache mit den anderen NATO-Mitgliedern die Entscheidung trafen, in Polen und Tschechien ein System von Raketen zu installieren?

  10. EZB senkt Leitzins auf 3,25 Prozent
    Die Europäische Zentralbank reagiert auf den drohenden Abschwung. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen senken die Währungshüter den Leitzins um 0,5 Prozent. Zuvor hatte bereits die britische Notenbank mit einer massiven Zinskorrektur überrascht.

    Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins wie erwartet gesenkt. Der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld werde um 0,50 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent reduziert, teilte die Zentralbank am Donnerstag in Frankfurt mit.
    Quelle: Spiegel.de

    Anmerkung AM: Jetzt endlich und viel zu spät.

  11. Auftragseingänge stürzen ab
    Der Abschwung in bedeutenden deutschen Handelspartnerländern bremst die exportlastige deutsche Wirtschaft massiv ab. In der hiesigen Industrie gingen die Auftragseingänge im September nicht nur bereits das neunte Mal innerhalb von zehn Monaten zurück – der Einbruch war obendrein so stark wie noch nie in der gesamtdeutschen Geschichte. Führende Wirtschaftsverbände warnen aber davor, die schlechten Konjunkturnachrichten überzubewerten. Die Bestellungen sanken insgesamt um acht Prozent im Vergleich zum Vormonat. Die Order aus dem Ausland gingen sogar um mehr als elf Prozent zurück.
    Quelle: Handelsblatt
  12. Konjunkturprogramm: Weiß der Staat, was richtig wirkt?
    Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise – eine Rezession ist wahrscheinlich. Mit einem umfassenden Konjunkturprogramm will die Bundesregierung gegensteuern. stern.de hat zwei Ökonomen zu einem virtuellen Schlagabtausch gebeten: Was leistet so ein Programm – und was nicht?
    Quelle: Stern

    Anmerkung Martin Betzwieser: „Thomas Straubhaar … ist Berater der arbeitgeberfinanzierten Intitiative Neue Soziale Makrtwirtschaft“. Das ist ein ungewöhnliches Pensum an Transparenz beim Stern.

    Dazu auch:

    Maßnahmenpaket der Regierung „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung“
    Die Bundesregierung hat am Mittwoch, dem 5. November 2008 ihr „Konjunkturpaket“ verabschiedet. Hier eine detailliertere Darstellung inklusive unserer Kommentierung auf sieben Seiten.
    Quelle: ver.di Wirtschaftspolitik aktuell [PDF – 130 KB]

    Die Investitionen sind ein Witz
    Die Regierung sollte nicht nur 2, sondern 15 Milliarden Euro in Infrastruktur investieren, sagt DGB-Chefökonom Dierk Hirschel. Das jetzt geschnürte Konjunkturpaket drohe hingegen zu verpuffen
    Quelle: taz

    Thomas Fricke – Wo ist der deutsche Obama?
    Der neue US-Präsident könnte von der Rezession mitgerissen werden – oder zum Symbol für ein neues Paradigma nach 30 Jahren Reaganomics werden. Bald könnten die Deutschen wieder ziemlich alt aussehen.

    Ganz so unschuldig sind die Deutschen am weltweiten Debakel nicht. Und: Durch die Wahl Barack Obamas könnten die US-Amerikaner weit besser auf den Zeitenwechsel vorbereitet sein als deutsche Großdenker und Abgeordnete.

    Es hat etwas grob Fahrlässiges, wenn die Bundesregierung in der aktuellen Krise ein vermeintliches Konjunkturpaket beschließt, dafür aber so gut wie kein Geld ausgeben will. Anders als sie es gern vorgaukelt, hat sie dieses Jahr per Saldo gar nicht für Entlastung gesorgt; nach EU-Rechnung ist trotz Unternehmensteuerreform und sinkenden Abgaben strukturell kein zusätzliches Geld in die Wirtschaft geflossen. Für 2009 droht nach der Diagnose der EU sogar eine steigende Belastung – mitten in der dramatischsten Krise seit Jahrzehnten. Wer so eine Regierung hat, braucht keine Feinde mehr.
    Quelle: FTD

    Jörg Huffschmid: Die Rückkehr des Staates
    Anfang 2007 trat in der EU unter dem Namen „Basel II“ eine Bankenreform in Kraft, die allseits dafür gepriesen wurde, dass sie die direkte staatliche Bankenaufsicht zurückdrängt, die Banken in mehr „Eigenverantwortung“ entlässt und auf die „Marktdisziplin“ statt rechtlicher Vorschriften als Sicherheit gegen Fehlentwicklungen vertraut. Banken ist es seitdem erlaubt, die Risiken der von ihnen vergebenen Kredite weitgehend durch „interne Risikomodelle“ selbst festzulegen und entsprechendes Eigenkapital als Reserve für den Fall des Kreditausfalls zurückzulegen. Diese Teilprivatisierung der Bankenaufsicht hat die Hemmschwelle der Banken gesenkt und ihre Kreditvergabe an Finanzinvestoren und Spekulanten aller Art massiv beflügelt. Gleichzeitig haben sie sich zunehmend selbst in spekulative Geschäfte eingelassen. Das Ergebnis ist zurzeit zu besichtigen.

    In dieser Not ist der Staat wieder willkommen. Die Unverfrorenheit, mit der die Verursacher der Krise jetzt staatliche Subventionen zur „Rettung des Finanzsystems“ fordern, ist ebenso atemberaubend wie die staatliche Bereitschaft, diese Forderung zu erfüllen. Dafür stehen plötzlich wie aus dem Hut gezauberte Bürgschaften bereit, von den seitdem erfolgten staatlichen Garantien in zehnfacher Höhe ganz zu schweigen. Und dies, nachdem den Bürgerinnen und Bürgern jahrelang gepredigt wurde, dass angeblich kein Geld vorhanden ist, wenn es um Renten, Bildung und Beschäftigungsprogramme geht.

    Der Knüppel, mit dem diese dreiste Forderung gegenüber der Öffentlichkeit durchgeboxt wird, ist die Behauptung, ohne diese Subventionen bräche das gesamte Finanzsystem zusammen, zum Schaden der gesamten Wirtschaft und der „kleinen Leute“. Diese erpresserische Geiselnahme der ganzen Gesellschaft im Interesse der privaten Banken soll Furcht, ein Gefühl der Alternativlosigkeit und daraus resultierend Folgsamkeit erzeugen – gegenüber der Regierung ist dies auch weitgehend gelungen. – In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um einen Bluff von Abenteurern, die ihre Felle davonschwimmen sehen.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik

  13. Krise der Hedge-Fonds wird immer bedrohlicher
    Die spekulativen Hedge-Fonds stecken in der schlimmsten Krise ihrer Geschichte. Drei von vier Fonds haben ihren Anlegern 2008 Verluste beschert. Und die Probleme werden schnell größer. Selbst das Aushängeschild der Branche, die britische Man Group kommt unter die Räder. Die Krise der Hedge-Fonds nimmt immer bedrohlichere Ausmaße an. Längst treffen die Verwerfungen an den Kapitalmärkten nicht mehr nur junge oder kleine Fonds, auch die Flaggschiffe der einst boomenden Branche sind in stürmisches Fahrwasser geraten. Gestern brach die Aktie des weltgrößten börsennotierten Hedge-Fonds Man Group nach einem schwächer als erwarteten Halbjahresergebnis um 30 Prozent ein. Das Londoner Brokerhaus Exodus, sprach von einem „schockierenden Ereignis“.
    Quelle: Handelsblatt
  14. Tatortregisseur dreht Attac-Kinospot zur Bankenkrise
    Ab heute im Vorprogamm von James Bond und Let’s Make Money Der preisgekrönte Tatort-Regisseur Thomas Bohn hat für das globalisierungskritische Netzwerk Attac einen 52-Sekundenspot zum Thema Bankenkrise entwickelt. Der Film wirkt zunächst wie der Werbespot einer Bank – dann aber wird deutlich, dass mit der Bank und ihren Mitarbeitern einiges nicht in Ordnung ist. Eine alltägliche Beratungssituation in einer Bank entwickelt sich zur Groteske. Der Trailer mit dem Titel “Ihr Bestes” startet am heutigen Donnerstag in zahlreichen Kinos im Vorprogramm des neuen James-Bond-Films sowie von “Let´s make Money”, dem neuen Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer
    (“We feed the World”). Weiter wird “Ihr Bestes” die Fangemeinde von
    “You tube” um einen amüsanten Spot bereichern.

    Der Spot im Internet:
    In Kürze auf der Attac-Sonderseite zur Finanzkrise.

    Amy Goodman: Organizer in Chief
    There are two key camps that feel invested in the Obama presidency: the millions who each gave a little, and the few who gave millions. The big-money interests have means to gain access. They know how to get meetings in the White House, and they know what lobbyists to hire. But the millions who donated, who volunteered, who were inspired to vote for the first time actually have more power, when organized.
    Quelle: truthdig


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