NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. Februar 2009 um 9:48 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/WL/AM)

Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Mehdorn verschweigt weiteren Daten-Skandal
  • Bahn mahnt Blogger wegen angeblichen Verrats von Geschäftsgeheimnissen ab
  • Das nächste Spekulationsopfer
  • Depfa zurück auf Anfang
  • Kommunen verspekulieren Steuergeld
  • Finanzkrise bringt BVG ins Schleudern
  • Im Sog der Rezession
  • Unter den Autozulieferern geht die Angst um
  • Zur Kreditkrise
  • Deutsche Pennystocks: Diese Aktien gibt es jetzt für ein paar Cent
  • Merkels Märchenstunde
  • Aldi-Angebote und die Arbeitsrechte
  • Bayerisches Verfassungsgericht weist Mindestlohn-Volksbegehren ab
  • Laurenz Meyer (CDU) verkündet Unwahrheit über Hartz IV
  • Ratlosigkeit beim Rentenwert Ost?
  • Ökobilanz von Energiesparlampen positiv – Gesamtbilanz nicht verbessert
  • Glos: Längere Laufzeiten für Kernkraftwerke bedeuten eine preisgünstigere, sichere und Klima schonende Stromerzeugung?
  • Staatshilfe für die Deutsche Telekom
  • Alles Schönreden half nichts: Schlechte Aussichten im Einzelhandel
  • Der Geisterkrieg
  • Daewoo kauft Madagaskar auf
  • Wäsche holen für den Professor
  • Korruption auch in der Bildung

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mehdorn verschweigt weiteren Daten-Skandal
    Neuer Daten-Skandal bei der Bahn: Der Konzern hat Angestellte weit stärker ausgeforscht als bisher bekannt. Bei einer weiteren Aktion wurden sogar die “Daten aller Mitarbeiter” mit Adressen und Bankverbindungen von Geschäftspartnern abgeglichen. Konzernchef Mehdorn hat darüber bislang geschwiegen – der Aufsichtsrat ist empört
    Das Aufsichtsratsmitglied Achim Großmann berichtet in dem Brief von einer Sitzung des Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat, der Prüfungsausschuss habe “nicht ausreichend” klären können, wer die zweite Massen-Überprüfung in Auftrag gegeben habe. Die anwesenden Vorstände hätten bestritten, zum Zeitpunkt der zweiten Aktion im Jahr 2005 davon erfahren zu haben.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung OP: Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Da werden über 200 000 Beschäftigte überprüft, und keiner hat das veranlasst.

    Dazu auch:

    Rambo mit Super-Kleber
    Die Bespitzelungs-Affäre ist einer von vielen Fehlern des Bahnchefs. Doch Mehdorn regiert selbstherrlich weiter, weil die Politiker uneinig sind.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung AM: In diesem letzten Beitrag wird ganz gut, wenn auch bei weitem nicht vollständig, aufgezählt, was sich Mehdorn schon alles geleistet hat. Es ist an dieser Stelle auch einmal anzumerken, dass offenbar nicht nur die Politiker, die nach Meinung des Süddeutschen-Zeitungs-Redakteurs uneinig sind, versagen. Es versagt auch der Aufsichtsrat und insbesondere sein Vorsitzender. Der Aufsichtsrat ist wesentlich von der Wirtschaft geprägt, den Vorsitz hat Evonik-Chef Werner Müller inne. Wo bleibt dieser bei all diesen Fehlern von Mehdorn?

    Es ist Zeit, endlich die eingerissene Praxis zu überdenken, auch bei öffentlichen Unternehmen den Aufsichtsrat mehrheitlich in die Hände von Wirtschaftsinteressenvertretern zu geben. Dies geschieht zurzeit, weil das allgemeine Vorurteil herrscht, Vertreter der Wirtschaft könnten die Kontrolle eines Unternehmens besser leisten als die Vertreter der Politik und als die Ministerialbürokratie.

    Nicht nur die Erfahrung mit den von der Wirtschaft geprägten Aufsichtsräten der Bahn AG, der Post AG, der Telekom AG, der IKB, der HRE und der Commerzbank belehrt uns eines Besseren; meine eigene Erfahrung mit der so genannten Behördenbahn der Jahre 1973 bis 1982 und der damaligen Kontrolle durch den Bundesverkehrsminister und meine Kollegen im Kanzleramt bringt mich zu dem Urteil, das die damalige Politik und die Ministerialbürokratie die Kontrolle und innovative Steuerung der Bundesbahn keinesfalls schlechter erledigt hat, als die Interessenvertreter der Wirtschaft dies heute tun. Das Fazit ist klar.

    Noch etwas: Wenn es wirklich stimmt, wie behauptet wird, dass vor allem die Bundeskanzlerin zu Mehdorn hält und die SPD Seite mit dem Verkehrsminister Tiefensee dies nicht mehr tut, dann wäre dies doch ein vorzüglicher Konflikt, an dem die SPD sich endlich mal wieder profilieren könnte. Dem Entschluss, Mehdorn rauszuwerfen, würde die Mehrheit unseres Volkes folgen – die verkehrspolitisch Interessierten und Kundigen sowieso.

  2. Bahn mahnt Blogger wegen angeblichen Verrats von Geschäftsgeheimnissen ab
    Die Deutsche Bahn möchte Details der Affäre um die Durchleuchtung zehntausender Beschäftigter weiter aus dem Licht der Öffentlichkeit heraushalten. So haben Anwälte des Transportkonzerns jetzt eine Abmahnung an den Betreiber des Blogs Netzpolitik.org, Markus Beckedahl, geschickt. Dieser hatte zuvor einen internen Prüfbericht des Berliner Landesdatenschutzbeauftragten zu den Vorgängen als PDF-Datei und im Wortlaut veröffentlicht. Aus dem Gesprächsvermerk hatten im Vorfeld bereits zahlreiche Medien umfangreiche Passagen zitiert, das gesamte Dokument aber nicht veröffentlicht.
    Quelle: Heise
  3. Wolfgang Münchau: Das nächste Spekulationsopfer
    Ich kann die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs des Euro nicht beziffern. Aber wenn ich mir vorstelle, dass es Merkel oder Steinbrück sein werden, denen die Aufgabe zufällt, den Euro zu retten, dann glaube ich eben, dass diese Wahrscheinlichkeit klar größer als null ist. Die Märkte glauben das mittlerweile auch. Und das wiederum heißt, dass mit der antieuropäischen Haltung unserer Regierung schon jetzt echte Kosten verbunden sind.
    Quelle: FTD
  4. Depfa zurück auf Anfang
    Nach knapp 20 Jahren geht der Ausflug der Depfa in die freie Wirtschaft einem wenig rühmlichen Ende entgegen. Bald ist sie wieder da, wo sie herkommt: Beim Staat (…)
    Daran ändert sich nichts bis zum Jahreswechsel 1989/90. Zu diesem Zeitpunkt wird die Depfa in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und heißt nun Depfa Deutsche Pfandbriefbank. Der Börsengang 1991 gilt als eine der erfolgreichsten Privatisierungen in Deutschland. Der Bund realisiert einen stolzen Emissionserlös von 550 Mio. DM. Heute muss der Bund voraussichtlich 10 Mrd. Euro in den 2001 vom Immobilienteil abgetrennten Staatsfinanzierer Depfa stecken. Ein schlechtes Geschäft.
    Quelle: FTD
  5. Kommunen verspekulieren Steuergeld
    Um Schulden abzubauen, haben sich zahlreiche Gemeinden in NRW auf riskante Derivatgeschäfte eingelassen.
    Quelle: Junge Welt

    Siehe dazu auch:

    Finanzkrise bringt BVG ins Schleudern
    Ein riskantes Finanzgeschäft könnte die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) teuer zu stehen kommen. Die Krise in den USA hat dazu geführt, dass Unternehmen, die an diesem Deal beteiligt waren, zahlungsunfähig geworden sind. Jetzt rechnet die BVG damit, dass sie haften muss – mit einem hohen Betrag. Ihre Wirtschaftsprüfer gehen derzeit davon aus, dass sich die Forderung auf rund 80 Millionen Euro belaufen könnte. Es sei nur noch eine „Frage der Zeit“, wann sie geltend gemacht wird. Das sagte der BVG-Vorstandsvorsitzende Andreas Sturmowski der Berliner Zeitung.
    Quelle: Berliner Zeitung

  6. Im Sog der Rezession
    Die Weltwirtschaftskrise und der globale Transportsektor. Tatsächlich wird der weltweite Transportsektor in all seinen Segmenten des Güter- und Personenverkehrs von der Weltwirtschaftskrise in besonderem Maß getroffen. Das trifft im Fall des Gütertransports zu auf die Hochseeschifffahrt, die Auslastung der Häfen, die Luftfracht, die Binnenschifffahrt, den Lkw-Verkehr und den Güterverkehr auf Schienen. Im Fall des Personenverkehrs trifft diese Krise den internationalen Flugverkehr und den Pkw-Verkehr (teilweise auch den Schienenpersonenfernverkehr). Entsprechend schlägt der Rückgang bei den geleisteten Tonnenkilometern und bei den geleisteten Personenkilometern auf jene Industrien, die die Verkehrsträger herstellen und die Verkehrswege unterhalten und bauen, durch: Wir stehen vor einer tiefen Krise des internationalen Schiffbaus, der Werften, des Flugzeugbaus und – längst deutlich sichtbar – der internationalen Autoindustrie. Die Bahnindustrie (Lok- und Waggonbau; Gleisbau und -unterhalt) dürfte erst verzögert davon betroffen sein.
    Von Winfried Wolf.
    Quelle: Junge Welt
  7. Unter den Autozulieferern geht die Angst um
    Als besonders gefährdet gelten nun Zulieferer im Besitz von Beteiligungsgesellschaften, weil die Finanzinvestoren den von ihnen erworbenen Unternehmen in vielen Fällen die hohen Schulden aufbürden, die sie für den Kauf aufgenommen haben. Wegen der hohen Aufwendungen für Schuldzinsen und Tilgung wird das Geld selbst bei ansonsten gesunden Betrieben knapp und reicht oft nicht einmal mehr zur Finanzierung der Betriebsmittel.
    Quelle: FAZ

    Siehe dazu:

    Gute Firmen in falscher Hand
    Die Krise in der Autozulieferindustrie birgt keineswegs für alle Firmen die gleichen Risiken. Das größte Risiko für Jobs entsteht, wenn die Firma ihren eigenen Kaufpreis stemmen muss. Laut Oliver Burkhard, IG-Metall-Chef in Nordrhein-Westfalen, kommen in NRW ein Drittel aller Anträge auf Landesbürgschaften von Private-Equity-Gesellschaften.
    Quelle: FR

    Siehe auch noch:

    Schuldenbremse
    In der Rezession entpuppt sich das Schuldenspiel der Finanzinvestoren, alias Heuschrecken, als grob fahrlässig. Die Insolvenz des Automobilzulieferers Edscha ist nur das jüngste Beispiel.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wenn Thomas Pütter, Chef des größten deutschen Finanzinvestors Allianz Capital Partners, einräumt, dass übernommene Firmen “in eine unverantwortliche Situation” gebracht worden seien, wenn er klar stellt, dass die hohe Verschuldung “keinen Wert geschaffen hat”, dann sollte man nicht so naiv sein zu glauben, dass Heuschrecken nicht gewusst hätten, was sie taten. Es war doch klar, dass durch die Überwälzung der Schulden, mit denen Private-Equity- Fonds ihre Einkäufe tätigten, auf die gekauften Unternehmen diese äußerst krisenanfällig wurden. Der Skandal sind aber nicht die auf kurzfristigen Profit ausgerichteten Heuschrecken, sondern das Versagen des Staates, der generell hätte verhindern müssen, dass übernommene Unternehmen ihren eigenen Kaufpreis aufbringen müssen. Aber nein, was machte rot-grün? Der Verkauf von Beteiligungen an Unternehmen wurde gesetzlich für steuerfrei erklärt.

    Jahrelang verkauften sich die Manager der Private-Equity-Branche als wundersame Sanierer, die an der Börse unterbewertete Unternehmen aufkauften, diese sanierten und später zu Traumrenditen wiederverkauften. Unlängst erklärte Poul Nyrup Rasmussen, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Europas und Mitglied des EU-Parlaments, dass die überwiegende Mehrheit der Insolvenzen in Europa auf die Aktivitäten von Private-Equity-Fonds zurückzuführen sei und dass 70 Prozent der Unternehmen, die heute in der Krise seien, deshalb Probleme hätten, weil sie Private-Equity-Gesellschaften gehörten. Zentrale Ursache sei die Überschuldung der Unternehmen aufgrund von Private-Equity-Investitionen. Und er warnt davor, dass viele deutsche Unternehmen gerade jetzt aufgrund der niedrigen Aktienkurse für Private-Equity- Fonds interessant seien. – Wer jetzt auf die “Selbsterkenntnisse” eines “Finanzinvestors” wie Thomas Pütter vertraut, handelt extrem fahrlässig. Neben vielem anderem muss diese Art von massiver Verschuldung der Unternehmen durch den Gesetzgeber bekämpft werden.

    Dazu passt auch:

    Märklin: Untergangsstimmung statt Feierlaune
    Im 150. Jahr des Bestehens müssen die Mitarbeiter des Modellbahn-Herstellers aufs Gehalt warten – 13 Millionen gingen 2007 für Beraterhonorare drauf, mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes.
    Quelle: FR

  8. EZB-Daten schüren Ängste vor Kreditkrise
    Neueste Daten zur Kreditvergabe der Banken im Euro-Raum wecken neue Ängste vor einer regelrechten Kreditkrise und einer Verschärfung der Rezession. Im Dezember vergaben die Institute erstmals seit Einführung des Euro 1999 weniger Kredite an Firmen und Haushalte als im Vormonat, teilte die EZB jetzt mit.
    Quelle: FTD
  9. Kreditkrise in den USA spitzt sich zu
    Trotz beispielloser staatlicher Hilfen für US-Banken spitzt sich die Kreditkrise in den USA weiter zu. Laut der vierteljährlichen Bankenumfrage der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) haben die Institute bis Januar die Kreditanforderungen für Unternehmen und Haushalte weiter verschärft und die Zinsaufschläge angehoben.
    Quelle: FTD
  10. Deutsche Pennystocks: Diese Aktien gibt es jetzt für ein paar Cent
    Der Ausverkauf an den deutschen Börsen hält an: In diesen Tagen werden immer mehr Aktien zu sogenannten Pennystocks degradiert – sie sind also weniger als einen Euro wert. Dazu zählen etwa die Papiere des Chipherstellers Infineon. Experten warnen inzwischen vor einem dramatischen Bedeutungsverlust der Börsen. (…)

    Allein in den ersten Handelswochen des Jahres 2009 hat der Index schon mehr als elf Prozent verloren. Vergangenes Jahr betrug das Minus 40 Prozent. Wer sich Anfang 2008 dafür entschied, 50 000 Euro in die Creme de la Creme der deutschen Wirtschaft zu investierten, hat nur noch 26.500 Euro übrig – den Steuerabzug auf die Dividenden nicht einkalkuliert. …
    Wie dramatisch die Lage ist, wird daran ersichtlich, dass der Dax und seine Schwesterindizes MDax (für mittelgroße Gesellschaften) und TecDax (für Technologieunternehmen) inzwischen mit dem Chipproduzenten Infineon und dem Solarunternehmen Conergy zwei Pfennigaktien aufweisen. (…)

    Auch volkswirtschaftlich ist die Börse in Deutschland in der Defensive. Das zeigen nicht nur die Pläne der Bundesregierung, einzelne Banken und unter Umständen sogar Industrieunternehmen zu verstaatlichen. Das wird auch an einer wichtigen Kennziffer deutlich: Betrug der Wert aller hierzulande notierten Aktiengesellschaften Anfang 2008 noch 2200 Mrd. Dollar, so ist diese Marktkapitalisierung inzwischen auf 965 Mrd. Dollar geschrumpft. Das klingt nach viel, entspricht aber nur mehr einem Anteil von rund 30 Prozent an der Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik – statt zwei Drittel wie vor gut einem Jahr. Manche Ökonomen betrachten das Verhältnis von Börsenwert zum Bruttoinlandsprodukt als wichtigen Gradmesser für die marktwirtschaftliche Offenheit einer Volkswirtschaft. (AM: Unsinn) (…)

    Auch die Zahl der Menschen, die noch an die Anlageklasse Aktie oder unternehmerische Beteiligungen glauben, schwindet zusehends. Schon Mitte 2008 – vor der Lehman-Brothers-Pleite und dem folgenden Ausverkauf – war die Zahl der Anteilseigner auf unter zehn Millionen gerutscht. Nach Angaben des Deutschen Aktien-Instituts hat sich seither eine weitere Million Bundesbürger von der Börse verabschiedet. Womöglich für immer.
    Quelle: Welt

    Anmerkung AM: Die Sorge des Deutschen-Aktien-Instituts ist verständlich. Aber es ist die Sorge einer Lobbyorganisation. Es ist an der Zeit, nüchtern zu überlegen, was uns die Börsen volkswirtschaftlich bringen und ob sie betriebswirtschaftlich wirklich wichtig sind. Vermutlich ausgesprochen wenig. Wie wir nicht erst jetzt in der Finanzkrise merken, sondern schon während der langen Jahre der Vorherrschaft des Share-holder-value-Denkens erlebt haben, führen die Börsen ständig zu Fehlentscheidungen – aus betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht. Die Kurse sind durch Meinungsmache, also durch Öffentlichkeitsarbeit der betroffenen Unternehmen und durch Fremdeinwirkung massiv zu beeinflussen. Die Kursausschläge haben Unternehmen zu sehr kurzfristigen Planungen verleitet und sie sind volkswirtschaftlich betrachtet eine maßlose Vergeudung, weil man die Vermittlung zwischen Sparern und Investoren auch anders und besser organisieren kann.

    Deshalb gehört es zur notwendigen Debatte um die Neuregelungen der Finanzmärkte, über die Funktion der Börse und ihrer Organisation bis hin zum Verschwinden nachzudenken. Ich weiß, dass man darüber nicht nachdenken darf, obwohl die Börsen heute Teil eines Casinobetriebs sind.

    Siehe dazu auch: „Den Kapitalmarkt effizienter organisieren (…)

  11. Merkels Märchenstunde
    Die CDU verheißt den Bürgern Steuersenkungen trotz Rekordschulden. Die Kanzlerin erweist sich damit einmal mehr als reine Machttaktikerin.

    Wäre die CDU ehrlich, so würde sie den Bürgern jetzt sagen: Wir warten die weitere Entwicklung ab. Sobald irgendwann wieder Spielräume da sind, wollen wir die Steuerzahler entlasten. Aber wann und in welchem Umfang das sein wird, kann derzeit niemand verlässlich vorhersagen.

    Stattdessen tut die CDU so, als könne man beides haben: den staatlichen Kampf gegen die Krise mit Hilfe von Rekordschulden und niedrigere Steuern. Rein theoretisch ist eine Steuerreform zwar weiterhin möglich – wenn sie mehr oder weniger komplett gegenfinanziert würde. Aber das wäre für die Bürger wenig verlockend.

    Dass es nach der Wahl tatsächlich zu den versprochenen Steuersenkungen kommt, ist gleichwohl mehr als ungewiss. Im Zweifelsfall wird sich die CDU darauf berufen, dass die wirtschaftliche Lage leider, leider so schlecht sei, dass doch keine Entlastung möglich sei. Diese Möglichkeit sollte sie den Bürgern aber ehrlicherweise schon vor der Wahl vor Augen führen. Detaillierte Pläne für eine Möchte-Gern-Steuereform könnte sie sich dann sparen.
    Quelle: Die Zeit

    Anmerkung AM: Abgesehen von den Beschönigungen, dass etwa die Wirtschaft im vergangenen Jahr noch brummte, erkennt endlich auch die ZEIT, dass Merkel von ökonomischen Zusammenhängen kaum etwas versteht und sich ihre Politik auf die Bedienung der konservativen Klientel beschränkt.

  12. Aldi-Angebote und die Arbeitsrechte
    Billig-Computer und Billig-Mixer: Aldi lässt einer neuen Studie zufolge einen Großteil seiner Aktionsware unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen in China fertigen.
    Quelle: SZ
  13. Bayerisches Verfassungsgericht weist Mindestlohn-Volksbegehren ab
    Das vom DGB Bayern initiierte Mindestlohn-Volksbegehren ist am heutigen Dienstag (3. Februar) vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof für unzulässig erklärt worden. Das Gericht bestätigte damit die Auffassung des bayerischen Innenministeriums, wonach für die Festsetzung von Mindestlöhnen nicht das Land, sondern der Bund zuständig ist. Für die Zulassung des Mindestlohn-Volksbegehrens hatte der DGB in Bayern im September vergangenen Jahres 219.000 Unterschriften beim Innenministerium eingereicht. “Damit über Fragen der sozialen Gerechtigkeit, die die Menschen immer stärker bewegen, endlich abgestimmt werden kann, brauchen wir bundesweite Volksentscheide”, erklärt dazu der Verein Mehr Demokratie.
    Quelle: Mehr Demokratie
  14. Laurenz Meyer (CDU) verkündet Unwahrheit über Hartz IV
    So sagte Laurenz Meyer: “Wir haben die Minijobs deshalb eingeführt, weil viele Hartz IV Empfänger zusätzlich einen Minijob (400 Euro Job) annehmen können, ohne dafür Abzüge zu bekommen.” Roland Tremper, Geschäftsführer ver.di Berlin wollte den CDU Wirtschaftssprecher noch verbessern und fragte, ob Herr Meyer nicht die Ein-Euro Jobs meint. “Nein!”, sagte der CDU Politiker Laurenz Meyer, “ich meine die Minijobs, also 400 Euro Jobs, das wissen Sie doch auch”.

    Doch der ranghohe CDU Politiker und Verfechter der Zeitarbeit hat Unrecht, denn ein Grundfreibetrag von 100 Euro gilt lediglich für alle Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Das heißt: Jeder ALG II Empfänger kann maximal 100 Euro verdienen, ohne dass seine Hartz IV-Leistungen gekürzt werden. Aber vom Bruttoeinkommen, das zwischen 100 Euro und 800 Euro liegt, bleiben dem Betroffenen nur 20 Prozent (also maximal 140 Euro). Liegt das Einkommen darüber, sind 10 Prozent anrechnungsfrei.
    Quelle: Gegen Hartz

  15. Ratlosigkeit beim Rentenwert Ost?
    “Das Treffen des Bundesarbeitsministers mit den Ministerpräsidenten ist eine weitere Enttäuschung”, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Sozial- und Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität Dr. Bernd Niederland am Dienstag in Berlin zu Berichten über das Treffen von Olaf Scholz mit den Ministerpräsidenten der neuen Länder zum Thema Ost-Renten. “Alle wissen seit längerer Zeit, dass die Frage der Angleichung des Rentenwerts Ost an den der alten Länder kompliziert ist. Um sich dies zu bestätigen, muss man sich nicht treffen.” Es sei nicht verwunderlich, wenn den Rentnerinnen und Rentnern im Osten die Geduld ausgeht, weil die Politik sich schwer tut, eine vernünftige und gerechte Lösung zu erarbeiten.

    “Offenbar hat man sich selbst in eine Sackgasse hineinmanövriert. Man will ja durchaus etwas für die Menschen tun, aber es darf nichts kosten. Angesichts der Milliardenbeträge für Banken und Großunternehmen dürfen die sechs Milliarden Euro, die eine steuerfinanzierte Lösung für eine stufenweise Anhebung des Rentenwerts Ost am Ende kosten könnte, nicht auch noch locker gemacht werden…“
    Quelle: Volkssolidarität

  16. Ökobilanz von Energiesparlampen positiv
    Die Ökobilanz von Kompaktleuchtstofflampen ist erheblich besser als die Ökobilanz herkömmlicher Glühlampen. Dies antwortet die Bundesregierung (Drcks. 16/11585) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion. Die Bundesregierung teile die Einschätzung der EU-Kommission, dass mit dem Verbot von herkömmlichen Glühlampen die Marktdurchdringung mit energieeffizienteren und umweltfreundlichen Lampentechnologien gefördert werde. Die Energie- und Treibhausgasbilanz von Kompaktleuchtstofflampen sei vor allem wegen des niedrigeren Stromverbrauchs rund drei Viertel besser als bei vergleichbaren Glühbirnen.

    Die FDP-Fraktion hatte in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage allerdings darauf hingewiesen, dass bei einer Leistungsdrosselung fossiler Kraftwerke aufgrund sparsamer Glühlampen die Energiekonzerne Emissionszertifikate verkaufen könnten. Diese könnten von der Industrie erworben werden, die damit mehr Kohlendioxid ausstoßen könne. Ein Verbot von Glühlampen würde in der Gesamtbetrachtung nicht zu einer Emissionssenkung, sondern nur zu einer Emissionsverlagerung führen, schreibt die Fraktion.
    Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 53 KB]

  17. Glos: Längere Laufzeiten für Kernkraftwerke bedeuten eine preisgünstigere, sichere und Klima schonende Stromerzeugung
    Siehe das ZDF-Video auf Politprofiler
  18. Staatshilfe für die Deutsche Telekom
    Die Deutsche Telekom bekommt Staatshilfe, obwohl sie von der Krise kaum betroffen ist und neue Glasfasernetze viel preiswerter bauen könnte.

    Am 18. Februar will das Bundeskabinett endgültig entscheiden, wie Bund, Länder und Gemeinden den Ausbau von Glasfasernetzen fördern. Vieles spricht dafür, dass das Komma weit nach rechts geschoben wird. Seit Wochen mahnen Telekom-Chef René Obermann und sein Cheflobbyist Wolfgang Kopf staatliche Hilfen an für die längst überfällige Modernisierung der Kommunikationsinfrastrukturen und die Schließung von Versorgungslücken auf dem Lande. Nur wenn es Zusagen für weitere Zuschüsse, neue Bürgschaften und entschärfte Wettbewerbsregeln gebe, lohne sich die Milliardeninvestition in neue Glasfaser-Infrastrukturen für die Telekom.

    Es geht um viel Geld – und um unausgeschöpfte Sparmöglichkeiten. Bis 2018 will die Bundesregierung alle 39 Millionen Haushalte über superschnelle Glasfaser mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde verbinden. Das kostet laut von der Telekom vorgelegten Kalkulationen rund 50 Milliarden Euro. Überall im Land müssten neben die alten, mit einer Gesamtlänge von 1,5 Millionen Kilometer verteilten Kupferkabel neue Glasfaserkabel vergraben werden. Und das ist teuer.

    Bei Experten wachsen die Zweifel, ob der Totalumbau des Telekom-Netzes wirklich so teuer sein muss. Stellt Obermann absichtlich möglichst hohe Milliardeninvestitionen in Aussicht, um eine Telekom-freundliche Regulierung durchzusetzen?
    Quelle: Wirtschaftswoche

  19. Schlechte Aussichten im Einzelhandel
    Im Dezember schrumpften die Erlöse bereits den dritten Monat in Folge, und zwar um 0,6 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Nach Abzug von Preisveränderungen blieb immer noch ein Minus von 0,2 Prozent. Experten bezeichneten das als Enttäuschung und erwarten auch für das laufende Jahr keine Erholung.
    Quelle: Capital

    Anmerkung WL: Wie hieß es doch noch zum Jahreswechsel im Handelsblatt: „Einzelhandel: Weihnachtsgeschäft macht Mut für die Zukunft“

  20. Jürgen Todenhöfer: Der Geisterkrieg
    Der Westen versucht, den internationalen Terrorismus in Afghanistan zu bekämpfen. Aber gegen die Attentäter der nächsten Generation helfen keine Bomben – denn sie sind längst unter uns.
    Quelle: SZ-Magazin
  21. Daewoo kauft Madagaskar auf
    Ende 2008 sicherte sich das südkoreanische Handelsunternehmen Daewoo Logistics die Rechte an 1,3 Millionen Hektar Land – etwa die Hälfte der fruchtbaren Fläche der Insel. Daewoo, das die Ländereien für 99 Jahre pachtete, will Mais und Palmöl anbauen und die Ernte nach Südkorea verschiffen. Die Firma, so Manager Shin Dong-Hyun, wolle die Hälfte des südkoreanischen Maisbedarfs aus Madagaskar beziehen. Die Insel selbst ist auf Reisimporte angewiesen und rangiert im Welthungerindex auf einem der hinteren Plätze.
    Quelle: FR
  22. Wäsche holen für den Professor
    Studentische Hilfskräfte werden mangels Tarifvertrag ausgenutzt. – Die Tarifverhandlungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst laufen. Bundesweit wollen auch rund 100.000 studentische Hilfskräfte profitieren. Sie sind als Tutoren in Lehrveranstaltungen, als Hilfskräfte von Professoren sowie in Laboren und Bibliotheken beschäftigt. Die Lohnerhöhung wird an ihnen allerdings vorbei gehen.
    Quelle: DLF
  23. BUYING YOUR WAY INTO HEAVEN: Education and Corruption in International Perspective
    Education is commonly thought to be a haven for the young. No matter how unstable the polity, no matter how dismal the prospects for the economy, education investments are often treated as sacrosanct. This is one reason for the popularity of education as part of foreign aid. Who could object to providing more opportunity for young people to study? Recently however, it has been discovered that education systems can be as corrupt as other parts of government and the economy; and that values of fairness and impartiality, once thought to be universal characteristics of education systems, can be supplanted by the interests of specific individuals, families and ethnic groups. Education corruption has now been found in all regions of the world, but it manifests itself in different ways. How do these differ from one region to another? What should be done to minimize education corruption? And what should be done to protect universities and employers in areas situated where there is little corruption from the products of those parts of the world where education corruption is the norm. This book will explain the meaning of education corruption and how it works; it will provide illustrations from Asia, Africa, Southeastern Europe and the former Soviet Union, and it will propose actions and policies on the part of regional and international agencies to counter-act what is now likely to become a new and unexpected global crisis.

    Target audiences: international agencies of the United Nations, regional agencies (specifically the EU), students and faculty in graduate schools of education globally.
    You can find the free preview at:
    Quelle: Buying your way Paperback

    Anmerkung GL: Korruption auch in der Bildung? Der Autor, S. P. Heyneman, meint ja. Er beschreibt in seinem Buch viele Fälle und zeigt, was man seiner Meinung nach dagegen tun kann.

    Nochmals: Ifo-Chef Sinn fordert HRE-Verstaatlichung
    Zu unserem gestrigen Hinweis Ziffer 7 schrieb uns unser Leser S.W.:
    Der Kommentar von Herrn Sinn in der Tagesschau ist nicht nur deshalb verwerflich, weil er sonst eigentlich immer das Gegenteil behauptet hat, sondern weil er mitverantwortlich für das Desaster ist. Herr Sinn sitzt im Aufsichtsrat der Hypovereinsbank. Die HRE ist als Abspaltung aus der Hypovereinsbank hervorgegangen. Durch diese Abspaltung hat die HRE keinen Zugriff mehr auf das Einlagengeschäft der Hypovereinsbank, wodurch sie auf kurzfristige Kredite auf dem Kapitalmarkt angewiesen ist. Dies hat infolge der Finanzmarktkrise zu den Liquiditätsengpässen geführt.

  24. Das Letzte:

    Heinrich Alt
    Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit hält die größte und umstrittenste Arbeitsmarktreform in Deutschland für einen Erfolg. Heinrich Alt, der für die 6,8 Millionen Hartz IV-Empfänger zuständig ist, lehnt höhere Regelsätze ab: “351 € reichen nicht dauerhaft zum Leben. Aber das soll auch kein Mensch. Die Menschen sollen mit uns einen Weg zurück ins Arbeitsleben finden. Das soll der Anreiz sein und ist es auch für fast alle”, sagt der Arbeitsmarktexperte.
    Quelle: Das Erste, Menschen bei MaischbergerAnmerkung WL: Der Regelsatz ein Anreiz für „fast alle“? Vielleicht fragt ja jemand in der Sendung, wie die 2,220 Millionen im Januar 2009 registrierten Hartz IV-Empfänger und die insgesamt 5,666 Millionen arbeitsuchende Männer und Frauen durch die Bundesagentur angesichts der ungleich kleineren und rasch sinkenden Zahl offenener Stellen einen Weg zurück ins Arbeitsleben finden können.


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3742