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Titel: Was tun, um den immensen Schaden für uns alle zu verringern? Schadensersatz für Untreue und Betrug? (Finanzkrise Teil IX)

Datum: 25. Februar 2009 um 18:18 Uhr
Rubrik: Banken, Börse, Spekulation, Finanzkrise, Lobbyismus und politische Korruption
Verantwortlich:

Jetzt kommt endlich die Debatte um die strafrechtliche Seite der Finanzkrise in Gang. So gestern Abend bei Frontal 21 und vorher schon durch den Juristen Marcus Lutter und andere. Wir haben lange darauf gewartet, nachdem in den NachDenkSeiten vom 17. August 2007 schon zu lesen stand: „Die Blase – das Werk von Kriminellen, kriminellen Vereinigungen und Hehlern“. Es ist wichtig, die Debatte über die strafrechtliche Seite endlich voranzubringen, weil damit zum einen auch die Frage des Schadenersatzes auf den Tisch kommt und zum andern – viel wichtiger – mit der notwendigen Kriminalisierung der Täter die Hoffnung besteht, dass diese nicht weiter auf Kosten der Allgemeinheit mithilfe von Boni, Gehältern und Dividenden plündern können, wie dies bis jetzt nahtlos geschieht. Albrecht Müller

Vorweg zum Motiv dieser Prüfung :

Die letzten Meldungen über versteckte Risiken im Finanzsystem, die bekannt gewordenen Nachforderungen der HRE und die von Hamburg und Schleswig-Holstein übernommenen Lasten der HSH Nordbank lassen befürchten, dass das ganze Unternehmen gerade für jene, die ursächlich nichts mit der Finanzkrise und den Schäden zu tun haben, also für uns Steuerzahler, extrem teuer und belastend werden könnte. Wir zahlen heute als Steuerzahler mit Hunderten von Milliarden die Wettschulden von Personen, die in diesem Casinobetrieb irrsinnige Beträge verdient haben. Zur Erinnerung: rund 10 Milliarden für die Schulden der IKB, 18,2 Milliarden Euro Milliarden für die Commerzbank zur Übernahme der Dresdner Bank ,102 Milliarden für die HRE, ca. 60 Milliarden für unsichere Forderungen der WestLB usw.

Bisher sind die meisten Verantwortlichen noch im Geschäft, jedenfalls laufen sie frei herum und sie fühlen sich sogar berechtigt, ihre Forderungen nach Boni und besonderen Vergütungen zu erheben und durchzusetzen, die involvierten Unternehmen zahlen Dividenden oder beabsichtigen dies. Jedenfalls fühlen sie sich noch wie das Fettauge auf der Wurstsuppe. Sie beraten die Politik, sie formulieren die Rettungsschirme und sie statt der zuständigen Ministerialbeamten schreiben die relevanten Gesetze. (Siehe dazu einen neuen Beitrag von Werner Rügemer „Bankrott wäre besser“ „Kanzlei Freshfields schrieb die Gesetzesvorlage zur Hypo Real Estate.“) Sie erpressen die Öffentlichkeit mit der Drohung des Zusammenbruchs des Finanzsystems und mit der Behauptung, alle Banken seien systemrelevant oder systemisch, wie es so schön heißt. Die politisch Verantwortlichen spielen das Spiel mit.

Die Mächtigen der Finanzwelt haben jahrelang Finanzmittel aus dem System herausgezogen. Geplündert. Siehe unseren Eintrag vom 28. Januar 2009 „Unser Land wird betrügerisch geplündert. Und wo bleiben Deutschlands Juristen?“ (Teil IV)
„Der größte Bankraub aller Zeiten“ nennt es René Zeyer in Managermagazin vom 9. Februar 2009. Er beschreibt, wie die großen Beträge aus dem Finanzsystem herausgezogen wurden. Er nennt es Diebstahl. Das trifft sich mit vielem, was Sie in den NachDenkSeiten und in „Machtwahn“ bisher schon lesen konnten. (Die Realzinsvorstellungen von Zeyer und einiges andere teile ich allerdings nicht)

Die politisch Verantwortlichen tun nichts Entscheidendes zur Abwehr der Schäden von den Unbeteiligten – den Steuerzahlern.

Darauf deutet auch das neueste Ereignis, das Ergebnis des Gipfeltreffens der G-20-Länder in Berlin vom vergangenen Sonntag hin. Ein Bericht siehe hier:
Hintergrund: Ergebnisse des Berliner G20-Treffens – Ein bisschen mehr Kontrolle und mehr Transparenz, ansonsten soll es so weiterlaufen mit der Spekulation, mit den Hedgefonds, mit den Derivaten, mit den Investmentbanken?
Wo bleiben Überlegungen, die bisherigen Gewinner an der Schadensbegrenzung zu beteiligen? Und wo bleibt der Wille, Rechtsverletzungen nachzugehen?
Dass nichts Entscheidendes zur Beschränkung des Casinobetriebes geschehen soll, erschließt sich auch aus dem, was über die Vorschläge der Issing-Kommission zu hören ist. Ein NachDenkSeiten-Leser macht auf die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 22.2.2009 aufmerksam. Siehe Anlage A . Issing, der ehemalige Chefökonom der Europäischen Zentralbank und Berater von Goldman Sachs, den die Bundeskanzlerin sinnigerweise zum Vorsitzenden ihres Beratergremiums gemacht hat, empfiehlt im Kern auch nur mehr Transparenz und ein paar mehr Regeln.

Wie in der NachDenkSeiten schon des Öfteren zu lesen war, sind unsere politisch führenden Personen offensichtlich mit der Finanzindustrie verflochten.
Aus ihren Kreisen wird deshalb der notwendige Anstoß zu einer Bewältigung der Krise bei Schonung der Unbeteiligten (aber nunmehr Zahlenden) nicht kommen. Deshalb brauchen wir eine radikal andere Debatte um Lösungen, die den Schaden begrenzen und vor allem jene zum Schadenersatz zwingen, die die Krise im wesentlichen angerichtet haben.

Offensichtlich bemühen sich die Verantwortlichen nicht darum, den Schaden für die Unbeteiligten so gering wie möglich zu halten und harte Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. Die politisch Verantwortlichen gewähren großzügig Hilfe, am schlimmsten bei der IKB und der HRE Bank, sie versäumen Fristen, wir werden subtil belogen (siehe hier) Es ist nicht erkennbar, dass die politisch Verantwortlichen den Versuch machen, die Verursacher der Schäden dafür strafrechtlich und finanziell verantwortlich zu machen.

Es geht eben darum, wie man den materiellen Schaden bei jener Mehrheit von Menschen begrenzen kann, die nichts mit den Ursachen zu tun haben, bei jenen, die wenig Vermögen oder keines besitzen oder gar Schulden haben und dennoch jetzt als Steuerzahler für die Absicherung der Vermögenden einspringen sollen. Bisher ist alles darauf angelegt, dass die Last auf den Steuerzahlern abgeladen wird. Deshalb wird über die Möglichkeiten, die Schäden gering zu halten oder gar Schadenersatz zu erreichen, nicht öffentlich nachgedacht. Ich will das versuchen und sechs Möglichkeiten kurz skizzieren:

  1. Die Strafverfolgung und Forderung nach Schadenersatz,
  2. Die Idee, die Spekulanten und sonstigen Täter für unmündig und damit die schädlichen Geschäfte für nichtig zu erklären,
  3. Die Vorstellung, Banken doch in die Insolvenz gehen zu lassen,
  4. Die Verstaatlichung,
  5. Die Vorstellung, einen Teil der Bankschulden auf Kosten der privaten Gläubiger zu streichen,
  6. Die stärkere Besteuerung der höheren Einkommen und Vermögen.

(Das Thema 1 wird im folgenden abgehandelt; die anderen Themen in einem späteren Beitrag)

1. Die strafrechtliche Relevanz

“Die Krise tötet Menschen”, meint UN-Berater Jean Ziegler in einem Tagesspiegel-Interview über den Hunger im Süden, Wirtschaftsverbrecher und die Schweizer Banken.
„Müsste man sie strafrechtlich verfolgen?“, wird Ziegler gefragt und antwortet:
“Der internationale Gerichtshof für Wirtschaftskriminalität wird kommen. Darüber wird bei den UN schon diskutiert. Wirtschaftsdelikte müssen wie Kriegsverbrechen verfolgt werden. Die Banker haben mehr Menschen auf dem Gewissen als mancher afrikanische Warlord.“

Vermutlich hat Jean Ziegler Recht und er hat auch recht damit, die kriminelle Seite zur Sprache zu bringen. Die Debatte auch radikaler Möglichkeiten wie etwa einer konsequenten Strafverfolgung ist dringend geboten. Sowohl die Täter in der Finanzwelt als auch die mit ihnen verbundenen politischen Entscheider haben noch keinerlei Unrechtsbewusstsein. Sie führen nach wie vor das große Wort. Mit unverfrorener Selbstverständlichkeit bestehen zum Beispiel die Investmentbanker auf ihren erfolgsabhängigen Vergütungen, obwohl ihre Institute schon bankrott wären und gar keine Erfolge eingetreten wären, wenn es den Rettungsschirm der Staaten nicht gäbe. Die Bankvorstände betrachten es als eine Gnade ihrerseits, dass sie mit Gehältern von 500.000 € zufrieden sind. – Was wir uns hier bieten lassen müssen, ist unglaublich. Bei Kriminellen im üblicherweise als kriminell geltenden Milieu wären Staatsanwälte schon lange tätig geworden und der Bundesinnenminister hätte laut danach gerufen.

Wie ich persönlich die strafrechtliche Seite dieser Vorgänge sehe, habe ich schon in dem Tagebucheintrag „Die Blase – das Werk von Kriminellen, kriminellen Vereinigungen und Hehlern“ vom 17. August 2007 dargestellt. Ich wiederhole den entscheidenden Teil des Textes, weil er heute so aktuell und richtig ist wie damals:
„In den letzten Tagen habe ich manche klugen Analysen und Kommentare zur Blase auf den Finanzmärkten und insbesondere zum Ausgangspunkt, den faulen Krediten auf dem Hypothekenmarkt der USA gelesen. Da ist im Hinblick auf die im Spiel befindlichen Finanzprodukte, das subprime-Geschäft zum Beispiel, von „Innovation“ die Rede, von „moderner Finanzwelt“, von „Finanzgenies und Computercracks in den Bankenzentren der Welt“ (so zum Beispiel Die Zeit) , auch von „raffinierten neuartigen Wertpapieren“ wird gesprochen – das ist dann aber schon der kritischste Unterton. Meines Erachtens sind solche Beschreibungen eine völlige Verharmlosung des Geschehens. Wenn einige Abzocker sich zusammentun und überlegen, wie man aus schlechten Hypotheken eines überhitzten Immobilienmarktes gut verkäufliche Wertpapiere machen kann und wie man den Handel dann so organisieren muss, dass am Ende kein Anleger mehr durchblicken kann, was er sich einhandelt, dann ist das eine bewusste und organisierte Täuschung der Anleger, also eigentlich nichts anderes als krimineller Betrug.

Und diejenigen, die diese Papiere dann gegen eine absolut unübliche Verzinsung übernehmen und als Bankfachleute wissen müssen, dass sie bei einer Art Kettenbriefspiel mitmachen, müsste man im normalen Sprachgebrauch als „Hehler“ bezeichnen. Sie wissen nämlich ziemlich genau, dass die hohen Renditen nicht aus realer Wertschöpfung, sondern nur aus Vermögensbetrug folgen können (siehe auch Ziffer 14, 2. Spiegelstrich von NachDenkSeiten: „Dringend gesucht – ein noch selbst denkendes Bürgertum.“). Sie wissen, dass sie auf Risiko setzen, bei dem Täuschung im Spiel ist. Sie wissen, dass die Papiere, die sie ankaufen, nicht wert sind, was sie versprechen.
Und wie soll man jene nennen, die ihrer Aufsichtspflicht nicht gerecht werden? Im konkreten Fall des Strauchelns der IKB auch jene vornehme Versammlung von Personen, die zu den Aufsichtsräten dieses Unternehmens gehören? Oder die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die die Unbedenklichkeit testieren? Oder die staatlichen Aufsichtsbehörden, die so spät eingeschritten sind? Oder jene in der Politik, die die staatlichen Aufsichtsbehörden so schlecht ausstatten, dass sie ihrer Aufsichtspflicht bei solch raffiniert angelegten Finanzmanövern gar nicht gerecht werden können?

Den Aufsichtsbehörden müsste klar sein, dass Kapitalrenditen von 20% und mehr mit sauberen Geschäften in der Regel nicht verdient werden können, dass sich also jene Finanzinstitute, die sich solcher und sogar höherer Renditen rühmen, mit irgendwelchen „raffinierten Finanzprodukten“ gearbeitet haben müssen.

Wir nennen in der gängigen Debatte die von vielen Fachleuten durchschauten Machenschaften nicht „kriminell“, weil wohlangesehene Bürger, ja sozusagen die Creme unserer wirtschaftlichen Führungsschicht etwa bei den „Heuschrecken“ als Berater tätig sind. Die verharmlosende, oftmals sogar bewundernde Sprache ist sonderbar, denn die Folgen für Unbeteiligte, für Menschen, die in Folge der Krise ihre Ersparnisse oder gar ihren Arbeitsplatz verlieren, sind schlimm.
Wenn Mitglieder aus dieser sog. Führungsschicht Schlimmes tun oder dazu Beihilfe leisten, dann schützt sie eine verharmlosende Sprache davor, dass ihre Handlungen als das zu bezeichnet wird, was sie vielfach sind, nämlich kriminelle Täuschungsmanöver.“

Wolfgang Lieb hat mir freundlicherweise die entsprechenden Passagen des deutschen Strafrechts rausgesucht:

§ 263 Betrug

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

  1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
  2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
  3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
  4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht oder
  5. einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

Betrug ist ein Offizialdelikt, da könnte man Anzeige erstatten oder der Staatsanwalt müsste sogar von sich aus ermitteln. Der Tatbestand des Paragrafen ist dem Wortlaut nach erfüllt. Aber es fehlte wohl das Unrechtsbewusstsein. (Siehe den Freispruch von Ackermann: „unvermeidbarer Verbotsirrtum“).

Die Sache mit dem Unrechtsbewusstsein müsste noch einmal genauer untersucht werden. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass dieses Unrechtsbewusstsein vorhanden gewesen sein müsste:

  • So haben sich die Spitzen der Bundesregierung, damals Schröder, Eichel und Clement mit den Spitzen der Banken und Versicherungen zu Anfang des Jahres 2003 getroffen. Die Finanzindustrie regte damals schon die Gründung einer Bad Bank an. Dazu kam es nicht wegen der Veröffentlichung im Handelsblatt vom 24.2.2003. Es kam aber in der Folge zu tatsächlichen Ausgründungen in Zweckgesellschaften und Untergesellschaften. Die HRE war ein solches Produkt. Die Gesellschaften der IKB dienten einem ähnlichen Zweck. Sowohl die Politik als auch die Finanzindustrie-Repräsentanten waren also nicht gutgläubig bei ihrem weiteren Verhalten.
  • Aus Gesprächen mit einem Fachmann bei einer Landesbank und aus Kreisen der Aufsichtsräte von Landesbanken weiß ich, dass die Jagd nach größeren Renditen nicht in jedem Fall von den für Fonds und die sonstige Anlage des Geldes zuständigen Mitarbeitern der Banken begonnen wurde. Sie standen unter Druck ihrer Bankvorstände und diese standen in einigen Fällen unter dem Druck der Politik, die höhere Renditen ihrer Landesbanken sehen wollte. Die Stärke des Drucks war sehr verschieden. Bei der Helaba, der Landesbank Hessen-Thüringen war dieser Druck überdurchschnittlich niedrig, weil der Bankvorstand vergleichsweise vorsichtig war. In Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg, in Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg scheint das anders gewesen zu sein.
  • Man kann davon ausgehen, dass es zwischen den Bankvorständen und zwischen der Politik und den Bankvorständen und unter den Politikern einen Austausch darüber gegeben hat, wie viel ihre Landesbanken verdienen und welche Strategien sie dafür fahren. – Weder die Bankvorstände noch die Politik können gutgläubig gewesen sein.

Die strafrechtliche Seite ist nach meinem Verständnis also ziemlich klar. Die Hauptspekulanten und auch die, die heute noch ihre Boni und Vergütungen beziehen, wussten sehr genau, dass die von ihnen erzielten Renditen nicht mit rechtmäßigen Geschäften zustande kommen können.

In den deutschen Medien wird über diese strafrechtliche Seite nicht berichtet und es wird nahezu nichts dazu analysiert. Das ist schon ein erstaunlicher Vorgang. Auch auf meinen Beitrag, der immerhin schon anderthalb Jahre zurückliegt, gab es keine bemerkenswerte Resonanz. Von den Medien wird der Betrug, das fortwährende Kettenbriefspiel und die Hehlerei gedeckt. Man kann darüber spekulieren, warum das geschieht. Die Spitzen der Medien sind selbst – wie auch die Politik – mit der Finanzwirtschaft eng verwoben. Außerdem leben sie finanziell ganz wesentlich von den Anzeigen und Fernsehspots, die von der Finanzwirtschaft kommen und vor allem kamen.

Wir sind also darauf angewiesen, dass Sie als Bürgerinnen und Bürger in ihren Gesprächen wie auch im Internet die strafrechtliche Seite der Vorgänge weiter verfolgen.

Es wäre auch wichtig, dass Sie von Ihren Abgeordneten die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen verlangen.

Es gebe eine Reihe von rätselhaften Vorgängen, die untersucht werden müssten

  1. Der Vorgang IKB. Dazu sollte es schon einen Untersuchungsausschuss geben. Seine Einsetzung scheiterte an der Weigerung der FDP. Beachtlich aber typisch für diese Partei.
  2. Die Unterstützung der HRE durch den Bund/Rettungsschirm/Soffin und insbesondere die seltsame Fristversäumung durch den Bundesfinanzminister, mit der der Alteigentümer HypoVereinsbank von der Mithaftung befreit wurde.
  3. Die Beteiligung von Anwaltskanzleien außerhalb der Ministerien an der Formulierung der einschlägigen Gesetze. Warum geschieht das?
  4. Hat sich die Bundesregierung danach erkundigt, wer die Gläubiger der quasi insolventen Banken sind? Wessen Vermögen wird mit Steuergeld gerettet?
  5. Die Leistungsbilanz und die Versäumnisse der Bankenaufsicht

Anlage A

Hinweis des NachDenkSeiten-Lesers E.H. auf einen Artikel in der FAS vom 22.2.2009:

Auf Seite 34 der FAS (Wirtschaft) fällt folgende Überschrift ins Auge: „Eine neue Weltfinanzordnung“. Ottmar Issing ist nicht nur abgebildet, sondern wird auch lobend erwähnt: „Issing dagegen ist eine Idealbesetzung“ für die Stelle des „ersten Gipfelberaters der Bundesregierung“. – Der bei Goldman Sachs als Berater Beschäftigte Ottmar Issing ist für die FAS somit die Idealbesetzung. „Schon vor zwei Wochen hat die Issing-Kommission ihr Empfehlungsdokument der Bundeskanzlerin Angela Merkel überreicht.
Merkel zeigte sich besonders begeistert von dem Vorschlag eines weltumspannenden ‚Risikoatlanten’. Dahinter verbirgt sich die Idee, … künftig genau aufzumalen, wo welche Schulden und Wertpapiere stecken.“
Man muss ja nicht gleich, so wie es mir gerade geht, sich große Sorgen machen, bevor man nicht das gesamte Empfehlungsdokument gelesen hat, aber verdächtig ist schon einiges:

  1. Diese Kindersprache mit den Worten „aufmalen“ und „stecken“, dann dieser Kinderausspruch „Atlanten“ anstelle eines „Risikoatlas“, ganz so, als ob es mehrere Erden gäbe, husch, husch hingeschrieben, ohne das Risiko zu erkennen und zu benennen.
  2. Dafür ist die Handschrift von Goldman Sachs klar zu erkennen, indem die Verbriefungspraktiken und die reinen Finanzderivate (Kontrakte ohne Bezug auf feste Größen, also ohne Bezug auf die Realwirtschaft) weiterhin gelten dürfen.
  3. Was ändert sich an der heutigen (und noch zu erwartenden) Situation, wenn eine staatliche Aufsichtsbehörde genau Bescheid weiß, „wo welche Schulden und Wertpapiere stecken“? Damit hätten wir doch die gleiche Situation wie heute ohne staatliche Übersicht.
  4. Wenn man bestimmte „Finanzverträge“ nicht verbietet, haben wir in einigen Jahren oder Jahrzehnten wieder die gleiche Situation, eigentlich logisch. „Eine neue Weltfinanzordnung“, bei der gar nichts geordnet, sondern das Bestehende nur verwaltet wird, ist doch keine neue Ordnung. …

Wes Brot ich ess’, dess’ Lied ich sing. Soviel zu Ottmar Issing.


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