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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 13. Juli 2017 um 8:18 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. World Wide Wut
  2. Sie ist Venezuelas schönste Demonstrantin
  3. G20-Gipfel: DIE LINKE fordert Untersuchungsausschuss
  4. Macron, Muster-Europäer a. D.
  5. Deutschland macht Gewinn – Profite durch Griechenland-Rettung
  6. Das Tarifeinheits-Urteil ist ein Beschäftigungsprogramm für Arbeitsrichter
  7. Wo die Rente sicher ist
  8. Vier Jahre Geisterfahrt
  9. Umfrage der EU-Kommission zu Bargeldobergrenze veröffentlicht
  10. Nationen-Ranking – Um Deutschland steht es schlechter als gedacht
  11. Grüne: Wahlkampf mit “Fake News”
  12. Die Trauer der Universitäten
  13. Lehrermangel – „Enormer Handlungsdruck. Viele Bundesländer müssen komplett umdenken“
  14. „Rechtswidriger Pranger“: Medienanwalt Höcker kritisiert Bild-Fahndung nach G20-Gewalttätern
  15. Journalisten werden offenbar seit zehn Jahren beobachtet
  16. Mein Vater

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. World Wide Wut
    Die deutsche Öffentlichkeit ist nicht manipulierbar? Von wegen. Ein paar Videos schwarz gekleideter, Autos anzündender Männer reichen für drei Tage Dauerrage, ohne Rücksicht auf Verluste. […]
    Aus dieser Perspektive, angesichts von Trump, Putin, Erdogan hätte man deutlich Katastrophaleres befürchten können. Und die Behauptung, Randale wie in Hamburg sei noch nie vorgekommen, kann man so nur sagen, wenn anstelle des Gedächtnisses ein Verklärwerk sitzt. 2009 wurden in Berlin am 1. Mai rund 500 Polizisten verletzt. 2015 wurden zur Eröffnung der EZB in Frankfurt Polizeiwagen und Privatautos angezündet und eine Menge Schaufenster zerstört.
    Aber für Privatleute gibt es natürlich keine Erinnerungspflicht. Der wesentliche Unterschied zu früheren Eskalationen ist die unmittelbare Verbreitung der Videos von gewöhnlichen Leuten, die selbst nicht an den Protesten teilnehmen. Dadurch gewinnen die Clips eine enorme Nähe für Unbeteiligte.
    2017 gibt es in Deutschland über 30 Millionen aktive Facebook-Nutzer. Dort, in der Onlinebevölkerung, ist Verstörendes geschehen: ein sozialer Medien-Massenfuror, nicht als einzelner Wutausbruch, sondern über zwei, drei Tage, sich immer wieder selbstentzündend. Die deutsche Netzöffentlichkeit hat sich nach anfänglicher Irritation über die Härte der Polizei hineingesteigert in einen Empörungsrausch.
    Wichtigster Auslöser ist wahrscheinlich ein Video, in dem schwarz maskierte, entschlossene Männer in einem Wohngebiet ausschwärmen, wahllos Autos anzünden und Schaufenster einschlagen.
    Quelle: Sascha Lobo auf SPIEGEL Online
  2. Sie ist Venezuelas schönste Demonstrantin
    Es ist ein Foto wie ein Gemälde: Das Bild der durchtrainierten Frau mit einem bunt bemalten Helm, Tränengasmaske und einem Stein in der Hand. Die Szene, aufgenommen auf den Straßen Venezuelas, sorgt in den sozialen Netzwerken für Aufsehen. Es zeigt die 44-jährige Venezolanerin Caterina Ciarcelluti. Die bildhübsche Frau ist dem Vernehmen nach Model und Sportlerin. Aufgenommen hat das Foto Juan Barreto, Fotograf der französischen Nachrichtenagentur AFP.
    Der Augenblick stammt von den derzeitigen Massenprotesten in Venezuela. Entstanden ist es auf der Autopista Francisco Fajardo, einer der wichtigsten Verkehrsachsen der venezolanischen Hauptstadt. Ciarcelluti gehörte zu den 5000 Demonstranten, die am Montag dieser Woche in Caracas gegen die Regierung des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro auf die Straße gingen. Dabei kam es wieder einmal zu Straßenschlachten.
    Quelle: WELT

    Anmerkung Jens Berger: Merke … wer weiblich und hübsch ist und dann auch noch gegen eine linke Regierung demonstriert, darf nach Ansicht der Springer-Journalisten auch Steine werfen. Hätte die „schöne Demonstrantin“ ihre Steine in Hamburg geworden, hätte Springer auf der Titelseite der BILD nach der „Chaotin“fahndet. So etwas nennt man wohl „doppelte Standards“ …

    passend dazu: Die „Welt“ der Doppelmoral
    Aktuell tut sich insbesondere die „Welt“ um Chefredakteur Ulf Poschardt als Instanz in Sachen Doppelmoral hervor. Kann sie sich das leisten?„Wer wissen will, wie Doppelmoral funktioniert, musste früher Chabrol-Filme gucken, jetzt muss man nur die Medien der Linken studieren“, ereifert sich Ulf Poschardt, Chefredakteur der „Welt“, in seinem Kommentar zur angeblichen Reaktion der Linken auf die G20-Randale in Hamburg. Jetzt müsse man sich im linken Spektrum genau anschauen, wie man es denn so halte „mit der Gewalt“.
    Und alle bekommen sie ihr Fett weg, insbesondere SPD-Vize Ralf Stegner. Der twitterte: „Anständige Linke hatten noch nie was mit Gewalttätern gemein. Bei Rechten gehört Gewalt dagegen zur politischen DNA“. Das bricht Poschardt fix darauf herunter, dass es laut Stegner „per definitionem keine ‚linke‘ Gewalt“ gebe. Hat er zwar nicht geschrieben, sondern unter Zuhilfenahme des Wörtchens „anständig“ die Beschreibung der von ihm gemeinten „Linken“ mitgeliefert. Aber wer schaut aktuell schon so genau hin?
    Quelle: FR

  3. G20-Gipfel: DIE LINKE fordert Untersuchungsausschuss
    Mit dem G20-Gipfel hat Hamburg unüberhörbare und friedliche Proteste, aber auch erschreckende Gewalt erlebt. Demonstrant_innen wie Polizist_innen wurden zum Teil schwer verletzt, die Auswirkungen auch auf unbeteiligte Bürger_innen sind enorm. Zentrale Zusicherungen des Senats an die Bürger_innen, an Demonstrant_innen und Einsatzkräfte konnten nicht eingehalten werden. Vor diesem Hintergrund fordert die Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
    „Dieser Ausschuss muss alle relevanten Fragen im Zusammenhang mit der Durchführung des Gipfeltreffens in Hamburg untersuchen“, erklären die Fraktionsvorsitzenden Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus. „Der Untersuchungsauftrag muss noch genau definiert werden. Klar ist aber, dass der ganze Komplex unter die Lupe genommen werden muss – von der Entscheidung, den Gipfel mitten in Hamburg abzuhalten, über das Einsatzkonzept der Polizei, die Einschränkungen der Grundrechte und die Beeinträchtigungen für die Bürger_innen bis hin zu den unfassbaren Gewalttaten. Was wir jetzt brauchen ist vollständige Transparenz. Deshalb fordern darüber hinaus auch wir eine Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters.“
    Quelle: Die Linke. Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft
  4. Macron, Muster-Europäer a. D.
    Das Bild vom Vorzeige-Europäer Emmanuel Macron bekommt Risse. Der französische Präsident blockiert die EU-Steuer auf Finanzgeschäfte – offenbar, weil er Londoner Banken nach Paris locken will.Es könnte das Ende einer scheinbar unendlichen Geschichte sein: Europas Finanztransaktionssteuer (FTS), besser bekannt als Börsen- oder Spekulationssteuer, soll verschoben werden, wieder einmal.
    Diesmal steht Frankreich auf der Bremse. Ausgerechnet Frankreich, ausgerechnet Emmanuel Macron – der Präsident, der einen Wahlkampf als Muster-Europäer geführt und der als solcher gerade in Deutschland enthusiastisch begrüßt wurde. Er, der im Wahlkampf ständig verkündete, Europa schützen zu wollen – in allen Belangen, auch in puncto Dumping. Der Ex-Banker könnte nun derjenige sein, der das sinnvolle Vorhaben einer lang und schwer umkämpften Finanztransaktionssteuer begräbt und damit, so werden nicht wenige das sehen, zum Cheflobbyisten einer enthemmten Finanzwelt aufsteigt.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Ein ehemaliger Investmentbanker will die Finanztransaktionssteuer nicht einführen? Na, das ist ja mal eine faustdicke Überraschung. Mein SPIEGEL Online das Märchen vom „Vorzeige-Europäer“ eigentlich wirklich ernst? Das ist wirklich kaum zu glauben.

  5. Deutschland macht Gewinn – Profite durch Griechenland-Rettung
    Deutschland hat im Zusammenhang mit den Griechenland-Hilfen einen Gewinn von weit mehr als einer Milliarde Euro gemacht – man sei ein “Krisengewinner”, kritisiert die Opposition. Wurde der Bundeshaushalt so indirekt saniert?
    Im Zusammenhang mit den finanziellen Hilfsaktionen für Griechenland hat Deutschland bisher 1,34 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor. […]
    Und dabei helfe es kaum, Zinseinnahmen hin- und herzuschieben, sondern die griechische Wirtschaft muss angekurbelt werden, damit das Land wieder auf eigenen Beinen stehen kann.
    Stattdessen aber fordern die Geberländer immer härtere Sparprogramme: So sollen beispielsweise die Staatseinnahmen dauerhaft mindestens zwei Prozent über den Ausgaben liegen. Volkswirtschaftler halten diesen so genannten Primärüberschuss für deutlich zu hoch, weil dies zu Lasten dringend nötiger Investitionen ginge, ohne die Griechenland seinen Schuldenberg niemals abbauen könne.
    Quelle: Tagesschau
  6. Das Tarifeinheits-Urteil ist ein Beschäftigungsprogramm für Arbeitsrichter
    Hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Tarifeinheit in seiner Substanz gekippt oder nicht? Hat es die kleinen, aber bisher so mächtigen Gewerkschaften wie Cockpit oder GDL nun zu Gewerkschaften zweiter Klasse degradiert, oder sieht das nur auf den ersten Blick so aus? Solche Fragen müsste man nach einem Verfassungsgerichtsurteil eigentlich mit ja oder nein beantworten können. Aber nach diesem hier? Was die acht Richter des Ersten Senats am Dienstag verkündeten, war ein entschlossenes “Wir-wissen’s-auch-nicht-so-recht”.
    Die Grundüberzeugung des Gerichts ist noch relativ leicht erkennbar. Es will Ordnung schaffen. Es interpretiert das Grundgesetz anders, als vor allem die kleinen Berufsgewerkschaften dies tun. Artikel 9, Absatz 3 bestimmt, dass jedermann das Recht hat, “zur Wahrung und Förderung der Arbeitsbedingungen Vereinigungen zu bilden” – diese Vereinigungen, Gewerkschaften genannt, haben es stets als ihr Wesen gesehen, Tarifverträge durchzusetzen, notfalls mit dem Mittel des Streiks. Ohne diese Kompetenz sind sie ihre Bezeichnung nicht wert. Aber die Streiks zum Beispiel der Lufthansa-Piloten scheinen schlechten Eindruck auf die Richter gemacht zu haben. Aus dem Grundgesetz ergebe sich kein “Recht auf absolute tarifpolitische Verwertbarkeit von Schlüsselpositionen und Blockademacht”, schreiben sie.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Nicht wundern dürfte es, wenn auch die Bundesrichter in Karlsruhe sich in absehbarer Zeit – nicht erst nach Jahren – erneut mit diesem sub-optimalen Gesetz beschäftigen müssen, denn das Gesetz mit vom Gesetzgeber überarbeitet werden und: Die Neuregelung ist bis zum 31. Dezember 2018 zu treffen.

  7. Wo die Rente sicher ist
    Bei gleichem Erwerbseinkommen können ÖsterreicherInnen mit doppelt so viel Rente rechnen wie Deutsche. Und das, obwohl die Ausgangssituation zu Beginn der 2000er-Jahre ähnlich war. Ein Reformkonzept wie in Deutschland scheiterte in Österreich am Widerstand von Opposition und Gewerkschaften.
    Die Rentensysteme in Deutschland und Österreich sind im Kern ähnlich. Auch in Österreich basiert die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) auf dem Bismarck’schen Modell der Pflichtversicherung für Arbeiter und Angestellte. Sehr ähnlich ist auch das Wohlstandsniveau in den beiden Ländern. Und ähnlich ist auch der Hintergrund für die vielen Reformen, die in beiden Ländern gesetzt wurden: Hier wie dort waren der demografische Wandel und der damit verbundene tendenzielle Anstieg der Kosten die bestimmenden Faktoren. Ganz erheblich unterscheiden sich allerdings die Reformwege.
    Die entscheidenden Weichenstellungen erfolgten zu Beginn der 2000er-Jahre: Deutschland hat 2001 mit der “Riester-Reform” das Ziel der Lebensstandardsicherung durch die GRV aufgegeben und einen Gutteil der Verantwortung für die Alterssicherung zu den Betriebs- und Privatrenten verlagert. Ein Kernelement dieses Strategiewechsels war der damit angepeilte Ausbau kapitalbasierter Renten.
    Quelle: Kontext
  8. Vier Jahre Geisterfahrt
    Das muss man Alexander Dobrindt lassen: Der Bundesverkehrsminister kann Wahlkampf. Mit welchem Wortbeitrag er auch knapp zehn Wochen vor der Bundestagswahl auf die Bühne tritt – das Kameralicht ist dem CSU-Minister sicher. Tegel, Diesel, Bahn, Pkw-Maut, Autonomes Fahren, Elektromobilität – die Liste der verkehrspolitischen Reizwörter, die Dobrindt in die Mikrofone spricht, ließe sich noch verlängern. Garniert wird das Gerede mit CSU-Folklore, zuletzt im Kloster Banz mit einem Stammtisch-Exkurs über die „linke Saubande“, die – protegiert von Linken und Grünen – Hamburg zerlegt habe. Schlecht gebrüllt.
    Das große Karo, das der Spitzenpolitiker gerne auch für seine Anzüge wählt, kaschiert zum Ende seiner Amtszeit eine magere Bilanz. Alexander Dobrindt war ein schlechter Verkehrsminister. Sein jüngster Kamikaze-Einsatz für die Offenhaltung des Flughafens Tegel ist dafür ein weiterer Beleg. Es habe sich um einen „persönlichen Debattenbeitrag“ des Ministers gehandelt, beendete die Bundesregierung die Diskussion, Tegel werde nach der BER-Eröffnung geschlossen. Es klang, als sei Dobrindt schon Privatmann und nicht mehr Mitglied im Kabinett von Angela Merkel.
    Quelle: Tagesspiegel
  9. Umfrage der EU-Kommission zu Bargeldobergrenze veröffentlicht
    Weil Finanzminister Wolfgang Schäuble den ihm aus Frankreich zugespielten ungeliebten Ball der Bargeldobergrenze an die EU-Kommission weitergereicht hatte, führte diese eine EU-weite Umfrage durch, deren Ergebnisse sie ohne viel Aufhebens veröffentlicht hat. Das Ergebnis hat es in sich……
    Weder die EU-Kommission noch die Medien hängten sie an die große (oder sonst eine) Glocke. Bemerkenswert ist zunächst einmal, dass sich offenbar nur die Franzosen, wo es eine solche Obergrenze schon gibt, die Deutschen und die Österreicher für das Thema interessierten oder von der Umfrage erfuhren. Von den rund 30.000 Antworten kamen fast zwei Drittel zu gleichen Teilen aus Deutschland und Frankreich, aus Österreich kamen weitere 19 Prozent. Satte 95 Prozent antworteten, sie seien gegen eine Bargeldobergrenze auf EU-Ebene. Dabei war für 87 Prozent ein wichtiges Argument, dass die Möglichkeit anonym zu bezahlen eine Grundfreiheit sei, zwei Drittel wollten Barzahlungen nicht eingeschränkt sehen, weil Bargeld praktisch sei, und drei Viertel waren der Meinung, derartige Begrenzungen seien ineffektiv in Hinblick auf das erklärte Ziel einer Eindämmung von Steuerhinterziehung, Terrorismus, Geldwäsche etc.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung unseres Lesers W.T..: Das Ergebnis der Umfrage ist wenig überraschend und spiegelt das wieder, was ich auch aus meinem Umfeld kenne. Fraglich ist, ob die EU-Kommision sich überhaupt an dem Ergebnis orientieren wird – zumal sich offensichtlich nur wenige daran beteiligt haben. Man kann nun natürlich spekulieren, warum das so ist … rund 30.000 Antworten bei gut 500 Millionen EU-Bürgern kann man locker als nicht repräsentativ “unter den Tisch fegen”. Logischerweise wurden weder diese Umfrage noch das Ergebnis von der europäischen Mainstreampresse aufgegriffen – ein Schelm, wer böses denkt.

    Außer dem Link in Härings Artikel auf das Ergebniss kann man als Statistikfan unter folgendem Link das Ergebnis online analysieren bzw. auch als Datei runterladen (Achtung: die Excel-Datei enthält nur ca. 10.000 Einträge – die OpenOffice-Datei ist vollständig mit ca. 30.000 Einträgen)

  10. Nationen-Ranking – Um Deutschland steht es schlechter als gedacht
    In einem der wichtigsten Wettbewerbsrankings ist die heimische Wirtschaft stark zurückgefallen. Deutschland liegt hinter den Philippinen und Spanien. Zudem zeigt ein neuer Echtzeit-Indikator, dass ein noch tieferer Abstieg droht.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unsers Lesers J.A.: Gemeint ist hier ein Apokalypse-Ranking. Hier wird nicht die wirkliche Wettbewerbsfähigkeit gemessen (z. B. in Produktivität oder Lohnstückkosten, oder, naheliegend, der Leistungsbilanzüberschuss), nicht einmal die Attraktivität für Auslandsinvestitionen durch eine hohe Qualität von Infrastruktur, Rechtssystem und Gesundheitssystem, sondern der sogenannte “Börsenstärke”: wie viel Prozent des Firmeneigentums wird an der Börse gehandelt. Der krankeste “Indikator”, von dem ich je gehört habe. Hier wird doch lediglich beschrieben, wie viel Firmenwert über die Börse, über privates Kapital oder z. B. über die Hausbank finanziert werden. Alle Varianten haben sicher Vor- und Nachteile. Hier soll wohl wieder die drohende Apokalypse an die Wand gemalt werden: Deutschland braucht mehr Börsenkultur oder ist dem Untergang geweiht. Nebenbei müssen Themen wie das deutsche Lohndumping nicht verhandelt werden.

  11. Grüne: Wahlkampf mit “Fake News”
    Seit etwa einem Jahr fordern die Grünen unter den politischen Parteien in Deutschland ganz besonders eifrig den Kampf gegen “Fake News”. Anlass dafür war unter anderem ein an ihren Würzburger Axtmörder-Tweet (“Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden?”) angelehntes Fake-Zitat auf Facebook zum Freiburger Frauenmörder (“Der traumatisierte junge Flüchtling hat zwar getötet, man muss ihm aber jetzt trotzdem helfen”), gegen das Renate Künast nicht nur Strafanzeige stellte, sondern sich auch über eine ihrer Meinung nach zu lange Dauer bis zur Löschung (drei Tage) beklagte, was Bundesjustizminister Heiko Maas als wichtiges Argument für sein NetzDG diente.
    Im Frühjahr verkündeten sie auf ihrer Website “Falschaussagen” und “erfundene Zitate” seien eine “Gefahr für unsere Demokratie”, weshalb sie “als erste Partei […] die Selbstverpflichtung für einen fairen Wahlkampf beschlossen” habe. Vier Monate später posten grüne Spitzenpolitiker wie der Ex-Umweltminister Jürgen Trittin, der politische Geschäftsführer Michael Kellner und der neue nordrhein-westfälische Landeschef Sven Lehmann erfundene Zitate des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner – darunter “Freie Fahrt für freie Porsche-Fahrer? Eigentlich wollte ich nie was anderes” und “Für die Schwächsten der Gesellschaft? Habe ich irgendwie keinen Kopf”.
    Quelle: Telepolis
  12. Die Trauer der Universitäten
    Die neoliberale Ideologie hat zu einer radikalen Veränderung von Schule und Hochschule geführt. Denn wenn Erkenntnis durch Kompetenz ersetzt wird, bleibt von der Bildung nichts mehr übrig: In Frankfurt tagte die erste Inkompetenzkonferenz.
    Kompetent sein will jeder – zumindest jeder, der es zu etwas bringen will. Kompetenzen, so ist allenthalben zu hören, sind der Schlüssel zum Erfolg. Wer sich heute eines umfangreichen Sachverstands und vielseitiger Fähigkeiten rühmen kann, gilt in einer mobilen Wissensgesellschaft wie der unseren als bestens vorbereitet. Was also sollte an einer kompetenzorientierten Bildungspolitik verkehrt sein?
    In welchem Ausmaß derjenige falsch liegt, der dies annimmt, veranschaulichte die „Frankfurter (In-)Kompetenzkonferenz“, die am vergangenen Wochenende am Frankfurter Universitätsklinikum stattfand. Veranstaltet wurde die interdisziplinäre Tagung in der Tradition der „Frankfurter Einsprüche gegen die Ökonomisierung der Bildung“, die 2005 erstmals vorgetragen wurden. Sie sind als kritische Entgegnung auf die radikale Umwälzung zu verstehen, die sich an deutschen Universitäten seit der Bologna-Reform vollzieht.
    Die Konferenz zielte auf eine Entlarvung des Kompetenzbegriffs, der seine Wurzeln in der Ökonomie hat und in allen einschlägigen bildungspolitischen Profilen, Curricula, Prüfungsordnungen, Lernzielen, Lehrplänen und Studienordnungen eine geradezu beängstigende Karriere gemacht hat. Das Ziel von Bildungsprozessen, sagte der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann, sei nicht mehr Bildung, sondern der umfassend kompetent gewordene Mensch. Sachkompetenz, soziale Kompetenz, interkulturelle Kompetenz – die von Liessmann präsentierte Liste der Fähigkeiten, auf deren Erwerb Schule und Studium ausgerichtet seien, ist lang.
    Quelle: FAZ
  13. Lehrermangel – „Enormer Handlungsdruck. Viele Bundesländer müssen komplett umdenken“
    Bei ihren Prognosen haben sich die Bildungsexperten verschätzt. Tatsächlich drängen bereits in wenigen Jahren eine Million Kinder mehr in die Schulen als gedacht, belegt eine Studie. Was heißt das?
    Deutschland droht ein Bildungschaos. Bislang geht die Kultusministerkonferenz (KMK) von 7,2 Millionen Schülern für das Jahr 2025 aus. Die Prognose sei deutlich zu niedrig, heißt es nun in einer Studie, die im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erstellt wurde. Tatsächlich werden demnach 8,3 Millionen Kinder und Jugendliche an die Schulen drängen.
    Damit platzt der Traum von der „demografischen Rendite“, auf den die Kultusminister bislang gesetzt haben. Dabei ging man nicht von einer steigenden, sondern von einer abnehmenden Schülerzahl aus. Der Plan: Trotz sinkender Schülerzahlen keine Budgetkürzungen, dadurch entsteht in den Schulen mehr Spielraum für Qualität.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wann würde meinen, daß die Schülerzahl für das Jahr 2025 (also in acht Jahren) gut prognostizierbar wäre – eine Abweichung um eine satte Million Schüler bzw. 14 Prozent klingt für mich enorm. Aber dieselben “Experten” wollen dann die Größe der Bevölkerung Deutschlands, die Anzahl der Arbeitskräfte und die Zahl der Rentner für das Jahr 2045 vorhersagen, aus denen dann zwingende Rentenkürzungen abgeleitet werden??? Im Übrigen wird die “demographische Rendite”, wenn es eine gibt, sowieso nicht in mehr Qualität investiert, sondern wieder für Schwarze Nullen und Steuergeschenke an Großunternehmen verfrühstückt. Wo es heute (bei viel weniger Kindern als vor 30 Jahren!!!) schon zu wenige Lehrer gibt und die Schulgebäude vergammeln, wird der Zustand in acht Jahren bestenfalls nicht schlechter sein.

  14. „Rechtswidriger Pranger“: Medienanwalt Höcker kritisiert Bild-Fahndung nach G20-Gewalttätern
    Die Bild hatte am Montag Fotos von Demonstranten aus dem Hamburger Schanzenviertel veröffentlicht und dazu aufgerufen, erkannte Personen der Redaktion oder Polizei zu melden. Mit der Fahndung in Eigenregie polarisiert das Boulevardmedium und löst eine Debatte aus. Rechtlich ist die Aktion nämlich umstritten. Bild betreibe “Selbstjustiz”, kritisiert Medienanwalt Ralf Höcker im MEEDIA-Interview.
    Quelle: Meedia
  15. Journalisten werden offenbar seit zehn Jahren beobachtet
    Politische Gipfeltreffen in Deutschland bedeuten Arbeit auch für Tausende Journalisten, egal ob die G 7, die G 20 oder die EU-Spitzen rufen. Seit mehr als zehn Jahren werden bestimmte Journalisten dabei durch deutsche Polizeibeamte beaufsichtigt, heißt es aus Sicherheitskreisen. Das sei nichts Ungewöhnliches, sagt ein Beamter. Sondern schon häufiger vorgekommen. “Mindestens seit Heiligendamm”, also seit dem G-8-Gipfel in dem Ostsee-Badeort im Juni 2007.
    Das ist eine Neuigkeit. Dass sie zur Sprache kommt, liegt an einem Verdacht, den zunächst das ARD-Hauptstadtstudio aufgeworfen hat und der nun für Angela Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert unangenehm geworden ist.
    Beim G-20-Gipfel wurden am vergangenen Freitagmittag plötzlich Namenslisten von Journalisten an Polizisten verteilt. 32 Personen standen darauf, die fortan keinen Einlass mehr bekommen sollten.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  16. Mein Vater
    Bisher habe ich in meinen Artikeln schon manches über Verstrickungen, Netzwerke und Einflussnahmen geschrieben, aber noch nie etwas über meine eigene Familie. Das soll sich nun, zumindest teilweise, ändern, denn mein Vater wird in wenigen Monaten 90 Jahre alt – Zeit für einen Rückblick und eine Erinnerung an seine Arbeit, die mit meiner eigenen eng verknüpft ist. Diejenigen Leser, die in der DDR aufgewachsen sind, kennen vielleicht noch den Namen Wolfgang Schreyer, der im Osten Deutschlands seit den 1950er Jahren für spannende und gesellschaftskritische Abenteuerliteratur stand, für einen Ausbruch aus dem DDR-Alltag aber auch für eine literarische Konfrontation mit realen Problemen. (…) In all den Jahrzehnten seiner Arbeit geriet er immer wieder in Konflikt mit der staatlichen Zensur und wurde ab Ende der 1950er Jahre von der Staatssicherheit überwacht. Schon in dieser Zeit setzte er sich öffentlich für ein Ende der Zensur im Literaturbetrieb ein. Wenn ich heute über neue und aktuelle Zensurgefahren schreibe, dann habe ich diese Familiengeschichte im Hinterkopf. Dazu und über anderes sprach ich nun mit ihm und zeichnete unser Interview auch auf Video auf, so dass jeder, den es interessiert, sich ein eigenes Bild machen kann.
    Quelle: Paul Schreyer


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