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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 17. Juni 2009 um 9:13 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(MB/WL)

Heute unter anderem zu folgenden Themen:

  1. Das Porsche-Dilemma
  2. Die Bilanzwillkür
  3. “Systematisch Schrottimmobilien finanziert”
  4. Bundesregierung zur Rettung der HRE
  5. Gericht verbietet Commerzbank Extragebühren
  6. Bonuszahlungen: Die Kassen klingeln wieder
  7. Nouriel Roubini : „Die EZB unterschätzt die Krise“
  8. Die Wegguck-Kanzlerin
  9. Industriestaaten suchen Exit-Strategie für Konjunkturprogramme
  10. Betriebsrenten: Schlecht vorgesorgt
  11. Experten kritisieren geplante Rentengarantie
  12. Datenbank lüftet Geheimnis der EU-Agrarsubventionen
  13. Häufig gestellte Fragen und Antworten des Betriebsrates von Opel
  14. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Private
  15. Prüfbericht zur Telekom-Spitzelaffäre enthüllt brisante Details
  16. Koalition versagt beim Datenschutz, Parlamentarier kapitulieren vor Schreckgespenstern der Wirtschaft
  17. Lobbyfirma Eutop lässt Artikel entfernen
  18. Internetsperren verhindern keine Straftaten, aber Strafverfahren
  19. Blog vs. Journalismus: Die fünfte Gewalt?
  20. Der Kandidat und seine Tafelrunde
  21. Bildungsstreik: Mit der Gesamtsituation unzufrieden
  22. Memorandum: Wie es um die Bildung in Deutschland steht und was getan werden
  23. Thomas Barth: Professoren-Protest gegen 10 Jahre “Bologna-Prozess”
  24. Bundestagswahl 2009 – Forderungen des Deutschen Studentenwerks (DSW) an die Parteien
  25. CHE und Partner gewinnen EU-Ausschreibung zur Entwicklung eines weltweiten Rankings
  26. Tipp: Andrea Liesner, Ingrid Lohmann (Hrsg.): Bachelor bolognese
  27. OECD stellt internationale Lehrerstudie TALIS vor: Zu wenige finanzielle Anreize, aber zu viele Probleme für Lehrer
  28. Studie: Lehrermangel wird immer größer
  29. TV-Tip: Mitternachtsspitzen
  30. Zu guter Letzt: Volker Pispers: SPD-Debakel

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Das Porsche-Dilemma
    Im Geschäftsjahr 2007/2008 erzielte das Unternehmen einen Gewinn von 8,6 Mrd. Euro. Davon kam 1 Mrd. Euro aus dem Autogeschäft, der Rest überwiegend aus Wertpapiergeschäften.
    Optionsgeschäfte in dieser Größenordnung sind bei Automobilunternehmen die Ausnahme. Porsche war mit seiner Strategie im abgelaufenen Geschäftsjahr so erfolgreich, dass der Gewinn höher als der Umsatz lag. Die Tatsache, dass Porsche nicht nur mit Optionen auf VW-Aktien, sondern auch auf Dax-Werte handelt, brachte dem Unternehmen den Ruf eines Spekulanten ein (…)

    “Es brennt lichterloh.” So kommentierte Ende Mai ein Kenner der Materie die Lage Porsches. Denn der Stuttgarter Autohersteller hat offenbar mit Banken komplexe Finanzkonstruktionen über rund 20 Prozent der Anteile am Volkswagen-Konzern abgeschlossen, die zum großen Teil im Juni aufgelöst werden könnten und dann einen enormen Finanzierungsbedarf bei Porsche auslösen würden (…)

    Um wie viel Geld es letztendlich geht, ist nur dem Porsche-Management bekannt. Mal war von rund 2,5 Mrd. Euro die Rede – mal sogar von einem niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag. Porsche war die Optionsgeschäfte ursprünglich eingegangen, um seinen Anteil an VW auf mehr als 75 Prozent auszubauen (…)

    Der Freitag dieser Woche ist der Tag der Wahrheit für Porsche: Am 19. Juni werden 670.000 Verkaufsoptionen auf VW-Aktien fällig, wobei jede Option 100 Aktien umfasst. Sie decken 23 Prozent des Stammkapitals von Europas größtem Autobauer ab, und damit höchstwahrscheinlich mehr Aktien, als sich überhaupt noch im Streubesitz befinden. Dieses hohe Verhältnis dürfte in der Geschichte des deutschen Leitindex Dax einmalig sein.
    Quelle: FTD

  2. Die Bilanzwillkür
    Um den Banken in der Krise zu helfen, verwässern die Regierungen die Bilanzierungsstandards. Dass dabei Transparenz und Vergleichbarkeit verloren gehen, stört sie nicht. Nachdem die Krise viele Märkte lahmgelegt hatte und es keine Marktpreise mehr gab, mussten Definitionen her, mit denen sich der Fair Value in gestörten Märkten bestimmen lässt. Heraus kam die Lösung, die betroffenen Banken selbst darüber entscheiden zu lassen, was der unverkäufliche Schrott in ihren Bilanzen wert ist.

    Die Willkür dieses Vorgehens liegt auf der Hand. Für die Betroffenen ist es ein Geschenk, das einer Lizenz zum Gelddrucken gleichkommt.

    In Europa wurden diese Gestaltungsmöglichkeiten in modifizierter Form weitgehend übernommen. Manche Institute machen davon Gebrauch, andere nicht…Ein direkter Vergleich der (beiden) Banken wird dadurch unmöglich, eine belastbare Aussage über die Qualität der Ergebnisse erst recht.

    Ein Wertverlust ist aber nun mal ein Wertverlust und muss in der Bilanz abgebildet werden. Deshalb ist es richtig, Wertminderungen bei zum Verkauf verfügbaren Finanzinstrumenten vom Eigenkapital abzuziehen, wenn sie nicht tatsächlich verkauft werden. Wohin es führen kann, wenn man dies nicht tut, lässt sich bei der Hypo Real Estate besichtigen.
    Der Immobilienfinanzierer war Ende 2008 de facto pleite, durfte aber wegen seiner amtlich festgestellten Systemrelevanz nicht bankrottgehen. Um die Schließung zu vermeiden, rechnete man den Verlust des vergangenen Jahres von 5,4 Mrd. Euro bei der Ermittlung der aufsichtsrechtlichen Kapitalquoten einfach nicht an. Begründung: Es lag noch kein testierter Jahresabschluss vor.

    Wenn so etwas zur Regel werden sollte, dann sind das trübe Aussichten – auch für die Steuerzahler. Denn wenn die Bürger schon mit ihrem Geld die Banken retten, sollten sie wenigstens wissen, wie es um die Institute bestellt ist.
    Quelle: FTD

    Anmerkung M.M.: Das ist nicht in allen Punkten hundertprozentig korrekt beschrieben, die Auswirkungen sind aber richtig dargestellt. Auf eine Besonderheit wurde nicht eingegangen, die aber noch viel schlimmere Auswirkungen in den Bankbilanzen hat. Es wurde die Möglichkeit geschaffen, den Fair Value toxischer Papiere, für die kein aktiver Markt mehr besteht, nach zwei Methoden zu ermitteln:

    1. Ansatz mit dem Wert vergleichbarer Papiere (die Risiken eines CDO-Papiers, in dem eine Vielzahl von Forderungen unterschiedlicher Qualität gebündelt sein können, soll dieser Fiktion zufolge mit den Risiken eines anderen CDO-Papiers vergleichbar sein; daher soll dieser Wertansatz gerechtfertigt sein)
    2. Ansatz mit einem modellierten Wert (z.B. mit dem Barwert der zukünftig aus dem Wertpapier zu erwartenden Zahlungsströme)
      Beide Wertansätze gehen nach dem Prinzip Hoffnung vor, dass die toxischen Papiere irgendwann wieder an Wert gewinnen. Die Bank müsste dann aber auch über genügend Kapital verfügen, die Papiere bis zur Endfälligkeit oder gar darüber hinaus zu halten. Merrill Lynch musste im Juli 2008 CDOs von nominell 31 Milliarden US-Dollar zum Preis von 6,7 Milliarden US-Dollar abstoßen.

    Die in den Bankbilanzen ausgewiesenen Vermögenswerte sind weit von objektivierbaren Werten entfernt. Stattdessen sind die Bilanzen zu einem Produkt von finanzmathematischer Willkür verkommen. Um den Anschein von Willkür zu verschleiern, wurden viele Seiten Papier bedruckt, die den finanzmathematischen Modellen einen Rahmen vorgeben. Letztendlich bleibt es aber bei einer Willkür, auf der auch die Ermittlung von bankaufsichtsrechtlichen Kennziffern basiert.

  3. “Systematisch Schrottimmobilien finanziert”
    Ehemaliger Banker beschreibt Methoden der Hypo-Bank

    Die Vorgängerbanken der Hypo Real Estate, wie die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, haben nach Angaben eines ehemaligen Mitarbeiters systematisch Immobilien zu hoch bewertet. Durch die falschen Bewertungen sei der deutsche Pfandbriefmarkt heute teilweise nicht ausreichend besichert, sagt Marian Vesely im Interview mit Frontal21. Für die Verpflichtungen aus den Pfandbriefen soll nun der Steuerzahler haften.
    Quelle: ZDF Frontal21

    Anmerkung Professor Karl-Joachim Schmelz: Zutreffend werden die größeren Zusammenhänge hergestellt und dargelegt.

    Ergänzend darf ich darauf hinweisen und insoweit frühere Nachrichten über die große Bedeutung von „Rechtsprechung als systemische Kontrollinstanz“ weiterführen:

    Hätte der XI. BGH-Zivilsenat (unter dem damaligen Vorsitzenden Nobbe) seine verfassungsrechtliche Aufgabe erfüllt und nicht seit Ende der 1990’er Jahre mit seiner ‚Schrottimmobilien’-Rechtsprechung das Recht über die Grenze des Unerträglichen hinaus zugunsten der Banken verbogen, wäre die Bombe schon damals hochgegangen. Hätte der XI. BGH-Zivilsenat nämlich die HYPO-Bank dem bis dahin geltenden Recht gemäß zu Schadenersatz verurteilt, wären dem deutschen Steuerzahler nicht nur 100 Milliarden Euro Belastungen erspart geblieben (es werden mit Sicherheit noch viel mehr), sondern der Skandal hätte schon damals zu einer verschärften Überprüfung der ‚Banken-Praxis’ geführt. Das hätte auch Auswirkungen darauf gehabt, wie und in welchem Ausmaß Deutschland von der ‚Finanzkrise’ ge- und betroffen wurde (…)

    Die große Frage, die sich mir stellt:

    Die späte ‚Tochter’ der HYPO-Bank, die HRE wird vom Staat ‚gerettet’. Wer rettet die Opfer der HYPO-Bank, die jetzt von der HRE wegen ihrer unsäglichen ‚Schrottimmobilien’-Kredite kujoniert und mit Zwangsversteigerungen (nicht der Schrottimmobilien, sondern ihrer Familienheime) bedroht werden ?
    Noch lebt die Mehrzahl der HYPO-Geschädigten. Sind diese Mitbürger nur ‚Kollateralschäden’ der Exzesse wildgewordener Banker, auf deren Party Politiker, Aufseher und manche Richter munter mitgetanzt haben?

  4. Bundesregierung zur Rettung der HRE
    Ohne die Rettung der Hypo Real Estate (HRE) wäre es zu einer erheblichen Verunsicherung der Investoren im Pfandbriefmarkt gekommen. Außerdem wären die negativen Folgen eines Zusammenbruchs für den deutschen Bankenmarkt völlig unkalkulierbar gewesen, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (16/13161) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/12934). Nach Angaben der Bundesregierung betrug die Summe der von der HRE herausgegebenen Hypothekenpfandbriefe Ende des letzten Jahres 23,6 Milliarden Euro. Insgesamt hatten die deutschen Hypothekenbanken Hypothekenpfandbriefe mit einem Nennwert in Höhe von 204,4 Milliarden Euro herausgegeben. Die zur HRE gehörende DEPFA Deutsche Pfandbrief AG hatte zum Ende des letzten Jahres öffentliche Pfandbriefe mit einem Nennwert von 42,1 Milliarden Euro herausgegeben. Die HRE Bank gab in diesem Segment Pfandbriefe mit einem Nennwert von 22,5 Milliarden Euro heraus. Insgesamt hatten die deutschen Pfandbriefbanken Ende vergangenen Jahres öffentliche Pfandbriefe mit einem Nennwert in Höhe von 558 Milliarden Euro herausgeben.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  5. Gericht verbietet Commerzbank Extragebühren
    Die Commerzbank darf von Kunden, die ihren Dispo-Kredit überzogen haben, keine Zusatzgebühren von fünf Euro je Überweisung verlangen. Dieses Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 13. Mai (Az.: 2-02 O 3/09) wurde erst jetzt von der Hamburger Verbraucherzentrale öffentlich gemacht.

    Wer als Kunde einen eingeräumten Dispositionskredit überzieht, bekommt nach den Beobachtungen der Verbraucherzentrale meist nicht sofort eine Kreditkündigung. Vielmehr werde eine weitere Überziehung geduldet und mit einem erhöhten Zinssatz belegt; bei der Commerzbank zur Zeit 18,74 Prozent. Damit liege das Institut „im Spitzenfeld“ der deutschen Banken, so die Verbraucherzentrale. Darüber hinaus verlangt die Bank in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen noch ein Entgelt von fünf Euro für vom Kunden veranlasste Transaktionen.
    Quelle: Die Welt

  6. Bonuszahlungen: Die Kassen klingeln wieder
    Viele Investmentbanken erwirtschafteten dank Schuldenhandel und Kapitalerhöhungen im ersten Jahresquartal immense Einkünfte und werden auch im Folgequartal gut davon leben. Ein Großteil dieser Gewinne entsteht durch die Deals zur Bekämpfung der selbst verursachten Bankenkrise. Doch so funktioniert das Investment-Karussell eben. Nach 50-prozentigen Einkommensverlusten in 2008 ist Goldman Sachs derzeit auf dem besten Weg, mit dem Jahreseinkommen von 38 Mrd. Dollar in 2006 gleichzuziehen. JP Morgan brüstet sich mit der Rekordmarke von neun Prozent des europäischen Investment-Markts, Stand Ende Mai. Die Star-Broker erwarten sicherlich eine Belohnung für diese Resultate.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Das Casino ist wieder geöffnet, so als wäre nichts gewesen.

  7. Nouriel Roubini : „Die EZB unterschätzt die Krise“
    Die EZB sorgt sich wie in der Vergangenheit zu sehr um die Inflation allein. Und die europäischen Staaten stellen zu wenig Geld bereit. Besonders Deutschland könnte mehr Steuergeld investieren. Deutschland könnte es sich leisten, tut es aber nicht – aus Angst, das falsche Signal für die schwächeren Nachbarn am Rand auszusenden. Länder wie Griechenland, Italien, Portugul oder Spanien würden aber so einen Stimulus aus Deutschland am meisten brauchen.

    Wird Europa am Ende stärker getroffen als die USA?

    Das ist schon jetzt der Fall. Im ersten Quartal 2009 lagen die USA annualisiert knapp 6,0 Prozent im Minus, in Deutschland waren es minus 10,0 Prozent. Das liegt an der verzögerten Reaktion auf die Krise, aber auch an Deutschlands Abhängigkeit vom Welthandel.
    Wie steht es um die europäischen Banken?

    Viele schreiben nicht genug ab oder tun es nicht ausreichend schnell. Das Vorgehen beim Aufräumen der Bankbilanzen ist in Europa zurückhaltender. Das liegt auch daran, dass bei vielen die Probleme noch gar nicht vollständig offen liegen. Das könnte ausgerechnet dann passieren, wenn die Arbeitslosenquote in den meisten europäischen Ländern die Marke von zehn Prozent erreicht. Das würde die Schwächeren in große Probleme bringen.
    Quelle: Handelsblatt

  8. Die Wegguck-Kanzlerin
    Bundeskanzlerin Angela Merkel unterschätzt die gegenwärtige Krise. Das ist besonders bedauerlich, denn sie müsste gerade jetzt handeln, um zu verhindern, dass es für Deutschland noch schlimmer kommt.

    Das Grundübel der Krise aus deutscher Sicht sind die strukturell hohen Exportüberschüsse. Dadurch ist das Land anfälliger für Schwankungen in der Weltkonjunktur. Und schlimmer noch: Die Exportüberschüsse haben auf Umwegen die Banken geschwächt. Da Leistungsbilanzüberschüsse nichts anderes sind als ein Überschuss an nationalen Ersparnissen (das Leistungsbilanzdefizit ist die Differenz zwischen national Erspartem und Investiertem), ist es kein Wunder, dass gerade deutsche Banken so tief im Schlamassel hängen. Sie haben die überschüssigen Ersparnisse in ausländische Wertpapiere investiert. China tat das ebenso. Nur haben die Chinesen etwas konservativer gezockt, indem sie US-Staatsanleihen kauften. Die erste strukturelle Maßnahme, die wir in Deutschland daher treffen müssen (und in China auch), ist eine Reduzierung der Exportabhängigkeit und eine Politik zur Stärkung des inländischen Konsums. Sonst geht es uns wie Japan seit den 90er-Jahren.
    Quelle: Financial Times Deutschland

    Anmerkung WL: Wie sollte aber eine Stärkung des inländischen Konsums ohne weitere Konjunkturprogramme möglich sein?

  9. Industriestaaten suchen Exit-Strategie für Konjunkturprogramme
    Droht der Welt nach der Krise eine Mega-Inflation? Die G-8-Finanzminister machen sich Sorgen und beraten nun darüber, wie man mit staatlichen Milliardenhilfen richtig Schluss macht, ohne dass massive Geldentwertung droht. Doch die Interessen der Industriestaaten gehen weit auseinander.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung eines Nachdenkseiten-Lesers: Nach diesem Beitrag mache ich mir endgültig ernsthafte Sorgen um dieses Land. Sowohl G8 als auch IWF haben es bis jetzt noch nicht für nötig gehalten, die Ursachen dieser Krise zu analysieren bzw. in Zukunft zu unterbinden. Stattdessen unverblümte Rufe nach der Mehrwertsteuererhöhung, Angst machen vor der Hyperinflation und nicht zuletzt immer und immer wieder betonen, dass man große Konjunkturpakete auf den Weg gebracht und damit Schlimmeres verhindert hat.

  10. Betriebsrenten: Schlecht vorgesorgt
    Eine Studie zeigt, wie unprofessionell einige Dax-30-Konzerne ihre Pensionsvermögen verwalten. Fast alle Pensionskassen haben im vergangenen Jahr Geld verloren. Auch im Langzeitvergleich erzielen viele schlechte Renditen. Dies sind Ergebnisse einer Untersuchung exklusiv für manager magazin. Die Wirtschaftskrise hat die Pensionsvermögen vieler Dax-Mitglieder stark in Mitleidenschaft gezogen.

    Bis auf die Telekom und die Deutsche Bank erzielten im vergangenen Jahr alle Unternehmen bei ihren Rentenanlagen Verluste. Am schlimmsten erwischte es jedoch die vermeintlichen Finanzexperten der Deutschen Börse, die ein krachendes Minus von fast 37 Prozent verkraften mussten.
    Quelle: Manager Magazin

  11. Experten kritisieren geplante Rentengarantie
    Die von der Bundesregierung geplante Rentengarantie zur Verhinderung krisenbedingter Kürzungen ist bei Experten auf Vorbehalte gestoßen. Die Fachleute sehen unkalkulierbare Risiken.
    Kritik gab es in der Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales am Dienstag vor allem wegen finanzieller Risiken der Schutzklausel. Über die Rentengarantie entscheidet das Parlament an diesem Freitag. Damit soll auch für den Fall sinkender Löhne eine Rentenkürzung unter allen Umständen verhindert werden. Eine rückläufige Lohnentwicklung hat es seit Einführung der dynamischen Rente im Jahr 1957 noch nicht gegeben. Die Deutsche Rentenversicherung Bund äußerte Bedenken: Sollten die Annahmen der Bundesregierung zur Erholung der Wirtschaft zutreffen, werde die Garantie nicht zu höheren Beitragssätzen führen. Sollten aber die Wirtschaftsinstitute mit ihren pessimistischeren Annahmen richtig liegen, dann könnten höhere Beiträge nötig werden, sagte der Präsident der Rentenversicherung, Herbert Rische, laut Pressedienst des Bundestages. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wandte ein, die Schutzklausel berge unnötige Risiken für die Rentenkassen und gefährde die gesetzlich angepeilten Beitragssatzobergrenzen. Auch dürfe der Gesetzgeber die Kosten der Garantie nicht wie geplant im Fall des Falles allein den Beitragszahlern aufbürden. Der Mannheimer Ökonom Axel Börsch-Supan kritisierte die Rentengarantie als „einseitige Umverteilungsmaßnahme“.
    Quelle 1: Handelsblatt

    Anmerkung MB: Axel Börsch-Supan, Versicherungsvertreter mit Professorentitel, ist dem aufmerksamen Nachdenkseiten-Publikum sicher ein Begriff. Sein Mannheimer Forschungsinstituts Ökonomie und Demographischer Wandel (MEA) wird u.A. von der Versicherungswirtschaft finanziert. Ansonsten lesen wir in diesem Artikel nur oberflächliches BlaBla über die Ansichten nicht näher definierter Experten und Fachleute aus nicht näher bekannten Kreisen.
    Quelle 2: Nachdenkseiten vom 24.08.2006

  12. Datenbank lüftet Geheimnis der EU-Agrarsubventionen
    Deutschland hat nach jahrelangem Streit mit der Europäischen Union Informationen über die Empfänger von EU-Agrarsubventionen in Deutschland veröffentlicht. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung stellte auf der Internetseite agrar-fischerei-zahlungen.de eine Datenbank online, in der die meisten Empfänger der Agrarhilfen recherchierbar sind. Noch nicht eingestellt sind die Zahlungen des EU-Fischereifonds.

    Doch nicht nur die EU-Hilfen für die Fischereiwirtschaft fehlen, auch die Agrar-Datenbank ist unvollständig. Bayern weigert sich, die Zahlungsempfänger im Freistaat preiszugeben. Die EU erwägt deswegen ein Strafverfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). “Wenn ein Bundesland nicht veröffentlicht, werden wir uns nicht scheuen, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten”, sagte der Sprecher von Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel, Michael Mann.

    Insgesamt umfasst der EU-Agraretat jährlich mehr als 50 Milliarden Euro – Deutschland zahlt rund neun Milliarden Euro ein und erhält 5,4 Milliarden Euro zurück.
    Quelle: Tagesschau

    Hier die bislang bekannten Top 10 der Empfänger (ohne Bayern):

    1. Südzucker AG, Mannheim: 34.365.579,87 Euro
    2. Land Schleswig-Holstein: 10.277.767,82 Euro
    3. Emsland Stärke GmbH, Emlichheim/Niedersachsen: 8.124.878,77 Euro
    4. August Töpfer & Co. (gmbh & Co) KG, Hamburg: 7.393.378,99 Euro
    5. Centrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), Bonn: 5.828.023,93 Euro
    6. Doux Geflügel, Grimmen/Vorpommern: 4.691.352,57 Euro
    7. Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LVLF), Brandenburg: 4.416.449,07 Euro
    8. AVEBE Kartoffelstärkefabrik, Dallmin/Brandenburg: 4.279.487,81 Euro
    9. Osterhuber Agrar GmbH Gut Ferdinandshof, Wilhelmsburg/Mecklenburg-Vorpommern: 4.038.552,87 Euro
    10. Gausepohl Fleisch GmbH, Dissen/Niedersachsen: 3.632.751,66 Euro

    Quelle: Die Zeit Online

    Anmerkung WL: Versuchen Sie mal die Liste der Empfänger auf den Portalen der Bundesregierung zu erreichen. Man müsste da genauer von Verschleierung statt von „Transparenz“ sprechen.

    Siehe auch:

    Agrarsubventionen: Die feinen Bauern
    Auf der Liste werden, so viel ist jetzt schon sicher, nicht nur die normalen Bauern und Agrargesellschaften stehen, sondern eine Reihe von Unternehmerpersönlichkeiten, die sich aus Idealismus, Nostalgie oder aus vermögensstrategischen Gründen ein bisschen Landwirtschaft zugelegt haben.

    Zu den Großlandwirten mit mehreren Hektar gehört auch der Mitbegründer des Finanzdienstleisters MLP, Bernd Termühlen, der Betriebe entlang der Ostsee erworben hat. Als besonders lukrativ, was öffentliche Zuwendungen angeht, könnten sich seine Äcker in Polen erweisen. Von 2013 an werden dort die Subventionen auf westeuropäisches Niveau anghoben. Zu den Subventionsempfängern gehören auch Konzerne wie RWE, die das Geld automatisch für die Renaturierungsgebiete früherer Braunkohlereviere erhalten. Selbst Golfclubs dürfen auf Geld aus Brüssel hoffen. Einer der größten Nutznießer dürfte der einzige Bauer an der Börse sein: Die KTG AG bewirtschaftet rund 20.000 Hektar in Deutschland und 5000 in Litauen. Die deutsche Landwirtschaft erhält insgesamt 5,4 Milliarden Euro EU-Subventionen pro Jahr.

    In Großbritannien findet sich auf der Empfängerliste „Her Majesty the Queen of England“ wieder. Elisabeth II, eine der reichsten Frauen Europas, bekam für 2008 mehr als eine halbe Million Euro für ihre Farm in Sandringham, teilt die zuständige Behörde mit. Ihr Sohn Charles bezog für seine zwei Farmen 210.000 Euro
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

  13. Häufig gestellte Fragen und Antworten des Betriebsrates von Opel
    Quelle: Labournet [PDF – 210 KB]
  14. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Private Krankenversicherung
    Im Wortlaut
    Quelle: Bundesverfassunsgericht

    Siehe dazu:

    WSI: Einheitliche Wettbewerbsordnung für Krankenversicherungen steigert Effizienz und Gerechtigkeit
    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Bestimmungen zum Basistarif in der Privaten Krankenversicherung (PKV) verfassungsgemäß sind, unterstützt Ansätze, sowohl die Effizienz als auch die Gerechtigkeit im deutschen Gesundheitswesen zu steigern. Die international fast einmaligen Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Krankenversicherungsmarkt lassen sich aber nur abstellen, wenn Gesetzliche (GKV) und Private Krankenversicherung einer einheitlichen Wettbewerbsordnung unterliegen. Darauf weist Dr. Simone Leiber hin, Sozialversicherungsexpertin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung

  15. Prüfbericht zur Telekom-Spitzelaffäre enthüllt brisante Details
    René Obermann, der Chef der Deutschen Telekom, profiliert sich als Aufräumer in der Spitzelaffäre. Tatsächlich wusste die Konzernspitze aber viel früher viel mehr, als sie bisher zugegeben hat. Das legen Dokumente und ein streng vertraulicher Prüfbericht nahe, der erstmals die Rekonstruktion der Ereignisse seit Obermanns Antritt erlaubt. Unstrittig ist – das zeigt die Auswertung des gesamten Oppenhoff-Berichts – zumindest eines: Im Telekom-Konzern gab es, angeführt von Klaus Trzeschan, dem Leiter der für Sonderermittlungen zuständigen Abteilung KS 3, eine verschworene Truppe, für die der Zweck offensichtlich jedes Mittel heiligte. In einer Art Kadavergehorsam reichte offenbar ein Wink des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel und/oder des damaligen Vorstandsvorsitzenden Kai-Uwe Ricke aus, um die Spitzelmaschinerie anzuwerfen. Der WirtschaftsWoche ist es gelungen, anhand der Aussagen von Betroffenen und aus Original-Dokumenten die vermeintliche Aufarbeitung der Spitzelaffäre unter Obermann zu rekonstruieren. Herausgekommen ist das Tagebuch einer Aufarbeitung, die durch Opportunismus und Halbherzigkeit auf halbem Weg stehen blieb.
    Quelle: Wirtschaftswoche

    Anmerkung WL: Ob die Medien so nachgebohrt hätten, wenn sie nicht selbst betroffen gewesen wären?

  16. Koalition versagt beim Datenschutz, Parlamentarier kapitulieren vor Schreckgespenstern der Wirtschaft
    Die große Koalition hat beim Datenschutz versagt. Das kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), nachdem der am Montag ausgehandelte Kompromiss zur Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes durchgesickert ist.

    Mit dem ausgehandelten Kompromiss sind auch weiterhin untergeschobene Einwilligungen zur Nutzung und Weitergabe persönlicher Daten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich. Die in früheren Entwürfen noch enthaltene separate Einwilligung wurde aus dem Gesetz gestrichen. Auch bei der angekündigten Abschaffung des Listenprivilegs sind die Koalitionäre vor der Lobby der Direktmarketing- und Versandhandelsverbände eingeknickt. Ursprünglich hatte die Regierung die Losung ausgeben, den nach dem Listenprivileg möglichen Datenhandel ohne Zustimmung der Verbraucher gänzlich zu verbieten. Nun wird die Nutzung listenförmiger Daten in einer Vielzahl von Fällen möglich sein. Zudem wird es weder ein generelles Koppelungsverbot noch das Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen geben. Durch die vorgesehenen Übergangs- und Evaluationsfristen wird es außerdem mindestens drei Jahre dauern, bis dieses „vermurkste Gesetz“ wieder neu angefasst wird.
    Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband

  17. Eutop lässt Artikel entfernen
    „Lobbyfirma soll überhöhte Honorare an Politiker gezahlt haben – Telekom unter Druck“ so lautete die Überschrift eines Artikels bei Spiegel Online vom 21. Mai. Darin hieß es, die Münchener Beratungsfirma Eutop habe über Jahre hinweg Politiker mit lukrativen Honoraren für Vorträge geködert. Auf diese Weise habe man die betreffenden Personen an das Unternehmen binden wollen. Einer der Geldgeber der Eutop sei die Telekom gewesen. Als Quelle nannte Spiegel Online ein Dokument aus den Ermittlungsakten der Bonner Staatsanwaltschaft. Dieser Artikel wurde nun aus dem Online-Angebot entfernt. Grund sind Unterlassungsansprüche der Eutop International GmbH und deren Geschäftsführer Klemens Joos. Doch damit nicht genug, auch Verweise auf den Artikel sollen verschwinden. Auch Lobbycontrol erhält durch die Kanzlei Schertz Bergmann „Gelegenheit, die Ankündigung des Beitrags sowie den Link“ innerhalb von 24 Stunden zu entfernen. Der Bericht enthalte zahlreiche falsche Tatsachenbehauptungen. Belege dafür legte die Kanzlei dem Schreiben nicht bei. Lobbycontrol kann nicht prüfen, ob die Vorwürde berechtigt sind und hat den Verweis deshalb entfernt.
    Quelle: LobbyControl
  18. Internetsperren verhindern keine Straftaten, aber Strafverfahren
    Die Regierung versucht, eine Zensurinfrastruktur auf der Basis fadenscheiniger Argumente zu etablieren.
    Während die Diskussion bei den Fachleuten durchaus weiter geführt wurde, schalten die Regierungsparteien bis heute auf stur. Es wurden nur halbherzig einzelne Argumente der Zensurgegner aufgegriffen, wobei diese auch nicht in ihrer Tragweite vollends verstanden bzw. vorsätzlich von den Befürwortern ignoriert wurden.
    Quelle: Telepolis
  19. Blog vs. Journalismus: Die fünfte Gewalt?
    Ohnehin dem öffentlichen Urteil zugänglich wie wenig andere Berufe, sieht sich der Journalismus einer zuvor nicht gekannten Überprüfung seines Tuns gegenüber – durch die Blogs im Internet. Die “vierte Gewalt”, dem Selbstverständnis nach Kontrollinstanz der Mächtigen, wird nun selbst kontrolliert, und das oft schärfer, als es das Gros der Journalisten gegenüber der “Obrigkeit” tut. Und nicht selten zu Recht. Denn den Redakteuren in ihren Büros sitzen Tausende vor ihren Computern zuhause gegenüber, die auf dem einen oder anderen Gebiet Fachleute sind, während der Autor eines Artikels oft eher der versierte Vermittler ist als der Experte. Die Entlassungen im Verlagsbereich, die Ausdünnung der Personaldecke tun ein Übriges, den allseits und immer wieder in Sonntagsreden beschworenen Ausweg aus der Zeitungskrise zu verbauen und die Qualität weiter zu senken.

    Ein unschönes Beispiel dafür hat jetzt Stefan Niggemeier aufgetan, ehemals Medienjournalist bei der FAZ, nun als freier Autor einer der ernst zu nehmenden Blogger. Unter dem Motto “Geht sterben” hat er jüngst einen grotesken Auswuchs der Überforderung von Journalisten und / oder Sparsamkeit bei Verlagen demonstriert. Die können sich bei der Deutschen Presse-Agentur unter anderem ein Komplett-Paket bestellen, den dpa-feed: Für die Online-Ausgaben der Zeitungen werden aktuelle Nachrichtenblöcke eingekauft und automatisch auf die Web-Site gehoben. Und so geschah es auch vor gut einer Woche, am 7. Juni. Da meldete dpa: “Frank Schirrmacher erhält Ludwig-Börne-Preis”. Und unter dieser Überschrift stand dann: “Beyoncé hat sich im April mit ihrem neuen Film ,Obsessed’ an die Spitze der US-Kinocharts gespielt. Der Thriller erinnert stark an ,Eine verhängnisvolle Affäre’ von 1987.” Dazu ein Bild Schirrmachers, der seine Laudatorin Necla Kelek umarmt. Diese abstruse Kombination fand sich in gleich 13 (!) Online-Auftritten deutscher Zeitungen und Zeitschriften: Von der Süddeutschen Zeitung über die Lausitzer Rundschau bis zu stern.de und Zeit-online. Bei einigen war das Kürzel “dpa” vor dem Text stehen geblieben, bei anderen war es entfernt worden, , die Augsburger Allgemeine aber setzte “az” als Kürzel vor die Meldung: Da muss also jemand hingesehen haben und doch blind gewesen sein für das eklatante Auseinanderklaffen von Bild und Text.
    Quelle 1: Frankfurter Rundschau
    Quelle 2: Stefan Niggemeier

    Anmerkung WL: Vielleicht sind die NachDenkSeiten der FR in letzter Zeit zu sehr auf die Hühneraugen getreten, dass wir dort nicht mehr erwähnt werden.

  20. Der Kandidat und seine Tafelrunde
    Auf dem SPD-Parteitag wurde Frank-Walter Steinmeier für seine Rede gefeiert. Sie ist das Werk eines einflussreichen Teams von Beratern. Mit einigen von ihnen ist der SPD-Kanzlerkandidat seit vielen Jahren befreundet.
    Quelle: FTD
  21. Bildungsstreik: Mit der Gesamtsituation unzufrieden
    Der lautstark angekündigte Bildungsstreik gewinnt an Schwung: In Gießen blockierten Schüler und Studenten eine Kreuzung, in Berlin besetzten Studenten das FU-Präsidium, in München zelten Aktivisten vor der LMU auf der Wiese. Bisher sind die Teilnehmerzahlen noch niedrig.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Ein typischer Spiegel-Artikel. Die Forderungen der 230 beteiligten Organisationen werden als diffus und links abgetan.
    Jens Wernicke antwortet Mit Marcuse:

    Die Linke ist gespalten! Die Linke war immer gespalten! Nur die Rechte, die nicht für irgendwelche Ideen kämpfen kann, ist geschlossen!

  22. Memorandum: Wie es um die Bildung in Deutschland steht und was getan werden könnte
    Studis Online freut sich, auch 2009 einen Auszug aus dem Bildungspolitik-Kapitel des diesjährigen Memorandum veröffentlichen zu können. Darin wird zusammengefasst, wie sich nach Ansicht der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik die Bildungspolitik in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat und welche aktuelle Tendenzen sichtbar werden. Abgeschlossen wird der Text mit konkreteren Forderungen zur Bildungsfinanzierung und zur Struktur der Bildungssystems.
    Quelle: Studis Online
  23. Thomas Barth: Professoren-Protest gegen 10 Jahre “Bologna-Prozess”
    Humboldt in Bologna? Teil 1 – Das Bologna-Schwarzbuch

    Am 19. Juni 1999 unterzeichneten 29 europäische Länder die Bologna-Erklärung und gelobten damit, innerhalb eines Jahrzehnts einen gemeinsamen Hochschulraum zu schaffen. Inzwischen sind schon 46 europäische Staaten am “Bologna-Prozess” beteiligt. Ein Erfolgsmodell?

    Wohl kaum. Deutschland ist immer noch Schlusslicht der Industriestaaten bei der Bildungsfinanzierung. Seit gut drei Jahrzehnten fahren die Unis mit ca. 100 Prozent Überlast, gerade die Geisteswissenschaften werden finanziell ausgehungert: Seit 1995 gingen dort 660 der ca. 7.000 Professuren verloren. An deutschen Hochschulen plagen sich mittlerweile 600.000 der insgesamt ca. zwei Millionen Studierenden in den verdichteten und berufsbezogen auf Employability getrimmten Kurzstudiengängen zu Bachelor und Master. Viele haben dabei den Eindruck, das Recht auf Bildung werde zunehmend durch bloße Berufsausbildung ersetzt, listig getarnt durch den Euphemismus “Bologna” – als älteste Universität Europas eigentlich ein Symbol für Wissenschaft, Kultur und Bildung. Widerstand gegen Bologna kam bislang vor allem von Professoren und Hochschullehrern, oft jedoch wenig wirksam mangels einer gemeinsamen Linie.
    Quelle:
    Telepolis

  24. Bundestagswahl 2009 – Forderungen des Deutschen Studentenwerks (DSW) an die Parteien
    • Chancengleichheit im deutschen Hochschulsystem an erster Stelle!
      Das Deutsche Studentenwerk fordert die Parteien auf, das in der Verfassung veranker-te Gebot der Chancengleichheit zur wichtigsten und dringendsten Aufgabe ihrer Bil-dungs- und insbesondere Hochschulpolitik zu machen. Das deutsche Hochschulsys-tem ist eines der sozial selektivsten weltweit; von 100 Akademiker-Kindern studieren 83, von 100 Kindern aus Familien ohne akademische Tradition studieren nur 23. Die soziale Selektion beginnt bereits in der Grundschule. Eine klassische Bildungsbiogra-phie in Deutschland unterliegt einer Mehrfachselektion, deshalb erlangen von 100 Grundschulkindern nur 21 einen Hochschulabschluss. In kaum einem anderen Indust-rieland ist der Bildungserfolg so stark an die soziale Herkunft gekoppelt wie in Deutschland.
    • Staatliche Studienfinanzierung modernisieren: BAföG ausbauen, Studiengebühren abschaffen!
    • Bologna weiterentwickeln: Soziale Infrastruktur für Studierende stärken!
    • In den Ausbau der Service- und Beratungsangebote investieren
    • Familienfreundliche Hochschulen, barrierefreies Studium: Bessere Rahmenbedin-gungen für Studierende in besonderen Lebenslagen!

    Quelle: DSW [PDF – 84 KB]

  25. CHE und Partner gewinnen EU-Ausschreibung zur Entwicklung eines weltweiten Rankings
    Das CHE hat gemeinsam mit seinen Partnern des CHERPA-Netzwerks eine Ausschreibung der EU-Kommission zur Entwicklung eines alternativen Konzeptes für einen weltweiten Hochschulvergleich gewonnen. In den kommenden 2 Jahren soll geprüft werden, ob weltweite Rankings auf Basis der CHE-Methodik möglich sind.

    Im Rahmen des Projektes soll ein Konzept für die Entwicklung eines globalen Hochschulrankings entwickelt werden, das die Schwächen der existierenden weltweiten Rankings vermeidet und mit Blick auf unterschiedliche nationale Strukturen und Kulturen im Hochschulsektor einen fairen und validen internationalen Vergleich ermöglicht.

    Fachlich unterstützt wird das Vorhaben für den Bereich des Wirtschafts-Rankings von der European Foundation for Management Development (EFMD) und für das Ranking ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge von der European Federation of National Engineering Associations (FEANI).

    Anmerkung WL: Nun wird das CHE seine Ranking-Ideologie auch noch auf die europäische Ebene, ja sogar weltweit ausdehnen. Das vor allem mit dem Ziel, Wettbewerb als Steuerungsinstrument für die Hochschulen zu propagieren. Und das alles gefördert durch die EU und damit aus Steuergeldern.

    Typisch ist die fachliche Unterstützung durch die European Foundation for Management Development. Die EFMD ist eine Stiftung in der sich zahlreiche Unternehmen u.a. Banken, aber auch weltweit operierende Unternehmen von Coca Cola oder Daimler oder Unternehmensberater wie Ernst & Young als Netzwerk auf dem Feld der Managemententwicklung zusammengeschlossen haben und als Lobby auf europäischer Ebene tätig ist. Die Kriterien an Hand deren die „Qualität“ der wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereichen gemessen wird,
    kann man sich also schon vorstellen.

    Siehe zum CHE-Ranking auch das CHE-Hochschulranking 2009/10 ist alles andere als ein Studienführer

  26. Tipp: Andrea Liesner, Ingrid Lohmann (Hrsg.): Bachelor bolognese.
    Erfahrungen mit der neuen Studienstruktur. Opladen: Verlag Barbara Budrich 2009 Auslieferung 17.6., 14,90 EUR.
    Vorwort: Konrad Paul Liessmann, Hochschullehrer, Philosophie, Wien
  27. OECD stellt internationale Lehrerstudie TALIS vor: Zu wenige finanzielle Anreize, aber zu viele Probleme für Lehrer
    Drei von vier Lehrern meinen, ihnen fehlten Anreize, die Qualität ihres Unterrichts zu verbessern. Als großes Problem wird offensichtlich auch das Verhalten der Schüler empfunden: Jeder vierte Lehrer verwendet mindestens 30 Prozent seiner Unterrichtszeit, um überhaupt die Basis-Voraussetzungen zum Lernen im Klassenzimmer zu schaffen, so das Ergebnis der OECD-Lehrerstudie TALIS “Creating effective teaching and learning environment”, die heute in Brüssel vorgestellt wurde.
    Quelle 1: Bildungsklick
    Quelle 2: TALIS-International: Executive Summary, GEW [PDF – 248 KB]
    Quelle 3: Creating Effective Teaching and Learning Environments: First Results from TALIS

    Anmerkung Georg Lind: Belohnung kann vieles sein und Anerkennung ist eindeutig nicht finanziell. Aber die Internetzeitung “bildungsklick” hat in dem Bericht angeblich gelesen, den Lehrern fehle es an finanziellen Anreizen, sonst würden sie besser unterrichten. Das steht so nirgends im Bericht! Und es würde auch nicht stimmen. Natürlich muss hochwertige Arbeit in allen Bereichen der Gesellschaft angemessen bezahlt werden. Aber darüber hinaus, führen finanzielle Anreize kaum zur Steigerung der Arbeits- (Unterrichts-) Qualität. Mehr Geld kann keine schlechte Aus- und Fortbildung kompensieren, wie das von vielen Lehrern in der TALIS-Studie beklagt wird. Aber so weit ist der Redakteur wohl nicht mit dem Lesen gekommen.

    Die GEW schreibt:

    Bekanntermaßen hatte die KMK seinerzeit eine Beteiligung nicht für nötig gehalten und abgelehnt. Daraufhin hat die GEW im vergangenen Jahr ihre Mitglieder auf der Grundlage der offiziellen TALIS-Fragebögen selbst befragt. An der GEW-Online-Befragung nahmen über 3000 Lehrkräfte und über 300 Schulleiterinnen und Schulleiter teil. Die Ergebnisse für Deutschland werden am Donnerstag in Berlin im Rahmen eines Presseworkshops unter Beteiligung von Prof. Dr. Matthias von Saldern sowie Vertretern der OECD und der TUAC (Trade Union Advisory Commitee der OECD) vorgestellt.

  28. Studie: Lehrermangel wird immer größer
    An deutschen Schulen werden die Lehrer rar. Über 300 000 Pädagogen werden nach Berechnungen des Bildungsforschers Klaus Klemm allein bis 2015 aus Altersgründen ausscheiden. In den fünf Jahren danach gehen weitere 160 000 in Pension. Nach der derzeitigen Zahl der Lehramtsstudenten werden aber im Jahresschnitt nur 26 000 fertig ausgebildete Junglehrer für eine Neueinstellung in den Schulen zur Verfügung stehen, schreibt Klemm in seiner Analyse, die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt. Der Wissenschaftler sagt einen noch härten Wettbewerb der Länder um die wenigen Junglehrer voraus – vor allem in den Mangelfächern Mathematik und Informatik. Der Lehrermangel und umstrittene Abwerbeaktionen der Länder sind an diesem Donnerstag erneut Thema der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin. Bei der März-Sitzung in Stralsund war ein verbindlicher Länderbeschluss gegen Werbeaktionen am Widerstand Baden-Württembergs gescheitert.
    Quelle: Berliner Zeitung
  29. TV-Tip: Mitternachtsspitzen
    Samstag, 20. Juni, 21:45 Uhr bis 23:15 Uhr, WDR-Fernsehen
    Quelle: WDR
  30. Zu guter Letzt:
    Volker Pispers: SPD-Debakel
    Die Republik wird runderneuert. Die Globalisierung rechnet sich, aber rechnet sie sich auch für den Bürger? Für Arbeitsplätze gilt: Besser frisch gestrichen als nie dagewesen. Einige streichen ihr Wochenendhaus, andere den Sommerurlaub.
    Quelle: WDR


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