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Titel: Olaf Scholz – ein Bilderberger

Datum: 12. Februar 2018 um 8:56 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Erosion der Demokratie, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft
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Olaf Scholz, der Hamburger Bürgermeister, soll bald Bundesfinanzminister und Vizekanzler werden. Seine Teilnahme an der Bilderberg-Konferenz 2010 in Sitges, Spanien, findet in der Berichterstattung der Medien keine Wahrnehmung. Eingeladen zu der handverlesenen Zusammenkunft wurde der Politiker laut eigenen Aussagen von Vertretern der Wochenzeitung DIE ZEIT. Ein möglicher Vizekanzler, der an einer „vordemokratischen Veranstaltung“ teilgenommen hat? Die SPD scheint das nicht zu kümmern. Ein Beitrag von Marcus Klöckner.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Was ist von einem demokratischen Politiker zu halten, der sich gemeinsam mit anderen Eliten und Machteliten für drei Tage in ein Luxushotel zurückzieht, um hinter verschlossenen Türen, ganz ohne Öffentlichkeit, über zentrale politische und gesellschaftliche Themen zu konferieren?

Olaf Scholz ist einer jener deutschen Politiker, die sich nicht davor gescheut haben, an einem Elite-Treffen teilzunehmen, das aus demokratischer Sicht als hochproblematisch betrachtet werden kann.

Die Bilderberg-Konferenz, also jene exklusive Zusammenkunft von Weltenlenkern, die seit 1954 einmal im Jahr stattfindet, war Jahrzehnte nicht einmal gestandenen Professoren der Politikwissenschaft oder politischen Journalisten ein Begriff. Noch bis vor etwa 10 Jahren war die Reaktion auf die Frage nach den Bilderberg-Treffen meistens: Achselzucken. Aber das war verständlich: Woher sollte man auch etwas von diesem Elitezirkel wissen, wenn eiserne Verschwiegenheit und Diskretion die Treffen der „Bilderberger“, wie die Teilnehmer der Konferenz bezeichnet werden, umgaben? Wie sollte ein Wissen über die Existenz der Gruppe vorhanden sein, wenn Medienvertreter, die selbst an den Konferenzen teilgenommen haben oder gar im Lenkungsausschuss der Gruppe aktiv waren, nicht über die Konferenzen berichteten?

Immerhin: Olaf Scholz, damals, 2010, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, war der Zirkel dann spätestens seit dem Jahr seiner Teilnahme bekannt. Beim Treffen 2010, so ist es aus einer dürren Pressemitteilung der Bilderberg-Gruppe zu erfahren, konferierten die Teilnehmer „hauptsächlich“ zu den Themen „Finanzreformen“, „Sicherheit“, „Afghanistan“ und die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den USA. Zu den Teilnehmern der Konferenz gehörten etwa Josef Ackermann (der damalige Chef der Deutschen Bank), Dieter Zetsche (Daimler-Chef), Robert Zoellick (damaliger Weltbank-Chef), José Luis Rodríguez Zapatero (der damalige Premier von Spanien) und die niederländische Königin Beatrix.

Eine handverlesene Runde – das ist offensichtlich. Aber kann man es als demokratisch gewählter Politiker vertreten, an einer derartigen Konferenz teilzunehmen, die nicht nur die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten konsequent ausschließt, sondern auch wichtige gesellschaftliche Gruppen, wie etwa Nichtregierungsorganisationen?

Mit dieser Frage wird das Problem offensichtlich: Transparenz und Offenheit sind das Lebenselixier der Demokratie. Mehr oder weniger geheime Treffen fernab der Öffentlichkeit können der Demokratie großen Schaden zufügen. Auch wenn bei den Bilderberg-Konferenzen, wie es heißt, keine Beschlüsse gefasst werden, so bedarf es schon reichlich Naivität um anzunehmen, dass führende Persönlichkeiten dieser Welt, die allesamt über einen ziemlich vollen Terminkalender verfügen, drei Tage ihrer wertvollen Zeit opfern, um ein kleinwenig am Rande „zu plaudern“.

Die Bilderberg-Konferenzen sind, wie viele andere ähnlich gelagerte Elitenzirkel auch, ein klarer Hinweis darauf, dass es Konsensschmieden der Mächtigen gibt, die außerhalb der demokratischen Strukturen existieren. Bilderberg verweist darauf, dass sich die Mächtigen dieser Welt in überschaubaren Runden treffen und Weltpolitik besprechen. Der Soziologe Rudolf Stumberger sprach 2010 in Sachen Bilderberg gegenüber dem Deutschlandfunk von „Tendenzen der Re-Feudalisierung.“ Damit meinte er, „dass neben den offiziellen Strukturen, neben den demokratischen Strukturen, … die inoffiziellen Strukturen zunehmend wieder an Gewicht gewinnen.“ So ist es.

Muss ein zukünftiger SPD-Vizekanzler solche fragwürdigen Strukturen unterstützen?

Wer an dieser Art von Treffen teilnimmt, trägt zu einer Untergrabung des öffentlichen politischen Austausches bei. Dabei ist Scholz längst nicht der einzige deutsche Politiker, der die Einladung des erlauchten Gremiums angenommen hat. Jens Spahn (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Christian Lindner (FDP) oder Wolfgang Schäuble (CDU) sind einige derjenigen, die „den Bilderberg“ besucht haben. Besser macht es das allerdings auch nicht.


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