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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 15. Januar 2010 um 9:13 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Obama: We want our money back; über Staatspleiten; Reibach mit der Ösi-Bank; Daten über den Wandel des Arbeitsmarktes; Schlecker ist überall; wer zahlt für die Kopfpauschale; Atomlager Asse wird geräumt; PPP-Task force; Auslagerung von schwarzen Listen; jeder Dritte 15-Jährige fühlt sich allein gelassen; Schulreform: Stillstand in Brandenburg; allerlei Parteistrategen; „Leistungsträgerkern“; Haiti: Humanität oder Geostrategie; Truppenabzug jetzt; BGH erklärt Focus-Markwort die Pressefreiheit. (MB/WL)

  1. Obama: We want our money back
  2. Die weltweite Angst vor der Staatspleite
  3. Reibach mit der Ösi-Bank: Sie alle sollen verdient haben
  4. Bundesregierung: Wandel des Arbeitsmarktes in der Krise
  5. Lohndumping – Schlecker-Methode weit verbreitet
  6. IG Metall: Verteilungspolitische Auswirkungen neoliberal-konservativer Gesundheitspolitik
  7. Atomkraft: Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt angeblich Räumung der Asse
  8. Public Private Partnerships (PPP): Task Force im Bauministerium
  9. Erfolg für Datenschützer – Versicherer lagern schwarze Liste aus
  10. UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder: Mittelplatz für Deutschland
  11. Bundesregierung lehnt eine Aufhebung des Kooperationsverbotes in der Bildungspolitik ab
  12. Stillstand – Enttäuschung in Brandenburg: keine Schulreform
  13. Parteistrategen von CDU, SPD und Grünen
  14. Tiefe Pflöcke für den Leistungsträgerkern
  15. Haiti: Warum Obama Tausende Retter schickt
  16. Fuldaer Erklärung: Truppenabzug jetzt! Frieden statt Krieg!
  17. BGH erklärt Markwort die Pressefreiheit

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Obama: We want our money back
    Mit der Ansage „Wir wollen unser Geld zurück“ präsentierte US-Präsident Barack Obama am Donnerstag seine Pläne für eine Sonderabgabe der größten Banken des Landes. Damit sollen sich die Geldhäuser nach dem Willen des Präsidenten an den immensen Kosten für die Bekämpfung der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er-Jahren beteiligen.
    Die geplanten Bonuszahlungen einiger Investmentbanken bezeichnete Obama als „schamlos“. Es gehe ihm aber nicht darum, die Finanzinstitute zu bestrafen, sagte der Präsident bei einem kurzen Auftritt im Weißen Haus. Vielmehr sollten die Banken nach der Finanzmarktkrise an neuen Exzessen gehindert werden. Ziel der Sonderabgabe sei es, die staatlichen Ausgaben für das 700 Milliarden Dollar schwere Bankenrettungspaket „bis auf den letzten Groschen“ wieder einzutreiben, sagte Obama.
    Quelle: Focus Money

    Anmerkung WL: Wo bleiben eigentlich vergleichbare Pläne in Deutschland?

  2. Die weltweite Angst vor der Staatspleite
    Erst Island, dann Ungarn und Griechenland – seit Wochen kursiert an den Finanzmärkten weltweit die Angst vor den Folgen deutlich gestiegener Staatsschulden. Wie gefährlich ist die Lage wirklich? Und wie gut lässt sich vorhersagen, bei welchem Land die Märkte als Nächstes in Panik geraten?
    Ob Staaten wirklich vor der Pleite stehen, hängt dabei stark von der Laune der Märkte ab. Entscheidend ist nicht unbedingt die Höhe der Staatsschulden – sonst müsste Japan längst pleite sein – sondern der Trend. Und das Urteil, ob die Regierung die Lage in den Griff kriegen kann. Nur: Dafür gibt es kein objektives Maß, weshalb gerade Ratingagenturen eine heikle Rolle spielen.
    Es gibt keine öffentliche Institution, die einen Staat offiziell für bankrott erklärt. Ratingagenturen kommen dieser Rolle am nächsten, sie sind jedoch private Firmen mit finanziellen Interessen.
    Wenn Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit eines Staates schlechter beurteilen, reagieren Anleger sehr aufgeregt. Nach einer Bonitätsherabstufung verlangen sie oft auf einen Schlag deutlich höhere Renditen dafür, Staatsanleihen des jeweiligen Landes zu kaufen.
    Regierungen blicken daher oft mit Bangen auf anstehende Entscheidungen der großen Agenturen. Denn steigende Kreditkosten erhöhen gerade für Staaten mit ausufernden Verbindlichkeiten das Risiko einer Schuldenspirale. Diese droht zum Beispiel, wenn die wachsende Neuverschuldung vor allem in die Zinstilgung fließt und so die Schuldenlast nur unter größten Anstrengungen gesenkt werden kann.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Ein informativer Beitrag.

  3. Reibach mit der Ösi-Bank: Sie alle sollen verdient haben
    Jetzt liegt die Liste der feinen Gesellschaft vor, die auf Kosten Bayerns an der maroden österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria verdient haben soll. Dabei: Ingrid Flick, Ex-Bahnchef Dürr und Ex-Ski-Weltmeister Harti Weirather.
    Die Liste ist gespickt mit prominenten Namen. Und sie alle haben wohl kräftig am umstrittenen Verkauf der maroden österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) an die BayernLB verdient. Das österreichische Magazin „Profil“ hat nun alle Investoren veröffentlicht, bei denen der Vermögensverwalter Tilo Berlin Geld für den HGAA-Deal eingesammelt hat. Berlin hatte 25 Prozent an der Bank erworben. Den Anteil verkaufte er mit einem saftigen Aufschlag an die Bayerische Landesbank weiter. So machte er in wenigen Wochen 150 Millionen Euro Gewinn.
    Quelle: Abendzeitung

    Anmerkung WL: Angeblich hat die Unternehmerwitwe Ingrid Flick eine Million investiert und 400.000 Euro Gewinn gemacht. Und bei einer Rendite von 40 Prozent soll man nicht stutzig werden? Was wurde den Anlegern versprochen? Wie konnten sie damit rechnen, dass ein solches Geschäft funktioniert? Konnten sie sich sicher sein, dass die BayernLB die marode Bank Hypo Group Alpa Adria völlig überteuert aufkauft?

  4. Bundesregierung: Wandel des Arbeitsmarktes in der Krise
    Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung nimmt im Trend ab, sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung zu. Von Juni 1999 bis Juni 2008 hat die Vollzeitbeschäftigung um 1,36 Millionen oder 5,7 Prozent auf 22,44 Millionen ab-, die Teilzeitbeschäftigung um 1,33 Millionen oder 36,0 Prozent auf 5,00 Millionen zugenommen. Die sozialversicherungspflichtige Teilzeitquote ist in diesem Zeitraum von 13,4 Prozent auf 18,2 Prozent gestiegen. Im letzten Konjunkturaufschwung hat die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung jedoch wieder zugelegt, und zwar von Juni 2005 bis Juni 2008 um 641 000 oder 2,9 Prozent; die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung ist in der gleichen Zeit um 638 000 oder 14,6 Prozent gestiegen. Aktuelle Quartalsdaten liegen bis März 2009 vor. Danach hat die aktuelle Wirtschaftskrise zu einem Rückgang von sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung geführt; diese hat sich von März 2008 bis März 2009 um 83 000 oder 0,4 Prozent auf 22,22 Millionen verringert. Die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung hat im gleichen Zeitraum um 196 000 oder 4 Prozent auf 5,10 Millionen zugenommen.
    Quelle: Deutscher Bundestag Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/189 vom 14.12.2009 [PDF – 272 KB]
  5. Lohndumping – Schlecker-Methode weit verbreitet
    Schlecker ist nicht das einzige Unternehmen, das seine Gewinne mit billigen Leiharbeitern steigern will. Nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern versuchen viele Firmen auf die gleiche Weise, Tarifstandards zu unterlaufen. Selbst Kirchen und Wohlfahrtsverbände schrecken davor nicht zurück.
    Quelle: Spiegel
  6. IG Metall: Verteilungspolitische Auswirkungen neoliberal-konservativer Gesundheitspolitik
    Der Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP will einen grundlegenden Systemswechsel in der Gesundheitspolitik durchsetzen und einen „Gesundheitsmarkt“ schaffen, dessen „ordnendes Prinzip der umfassende Wettbewerb“ (Koalitionsvertrag) sein soll. Mit dem neuen Ordnungsrahmen droht die Unterordnung von Solidarausgleich und bedarfsorientierter Versorgung unter private Gewinnerzielung. Zudem werden konkrete Umbaumaßnahmen bei der Finanzierung der Gesundheitsversorgung skizziert, die erhebliche verteilungspolitische Auswirkungen haben dürften: Die Arbeitgeberbeiträge sollen „eingefroren“ und der Arbeitnehmerbeitrag in eine einkommensunabhängige „Arbeitnehmer-Kopfpauschale“ umgewandelt werden. Offen bleibt dabei, ob der gesamte bisherige Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung in eine Kopfpauschale umgewandelt werden soll oder nur ein Teil.
    Im Folgenden soll dargestellt werden, wie sich diese Maßnahmen verteilungspolitisch auswirken.

    • Die Verteilungsbilanz des Kopfpauschalen-Modells fällt innerhalb der Versichertengemeinschaft für Bezieher niedriger Einkommen bis hin zu Beziehern mittlerer Einkommen (bei Familien) negativ aus.
    • Die Verteilung der Tragelast bei der Finanzierung des Gesundheitssystems würde sich massiv zum Nachteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und zum Vorteil der Arbeitgeber
      verschieben.
    • Die steuerliche Subventionierung und damit die Höhe des zusätzlichen Finanzbedarfs für den Bundeshaushalt hängen von der Kalkulation der Kopfpauschale und den konkreten Modalitäten für die Unterstützungsleistung ab. Schätzungen gehen von einem zusätzlichen Finanzbedarf in Höhe von bis zu 40 Milliarden Euro aus, der über den Bundeshaushalt und damit über Steuern aufgebracht werden muss. Gerade im Zeichen der Krise der öffentlichen Finanzen steht zu befürchten, dass der Zuschuss für sozial Schwache von vornherein niedrig angesetzt wird und Höhe und Ausgestaltung politisch umkämpft bleiben. Zudem hängt die Verteilungswirkung dieser Subventionierung davon ab, wie der Steueranteil finanziert werden soll. Es besteht die reale Gefahr, dass diejenigen, die entlastet werden sollen, ihren „Ausgleich“ über Massen- und Verbrauchssteuern selbst zahlen.

    Quelle: IG Metall FB Sozialpolitik [PDF – 44 KB]

  7. Atomkraft: Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt angeblich Räumung der Asse
    Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) will bei dem in der einsturzgefährdeten Schachtanlage Asse bei Wolfenbüttel lagernden Atommüll offenbar kein Risiko mehr eingehen. Der “Kölner Stadt-Anzeiger” berichtet in seiner Freitagsausgabe unter Berufung auf ein 225-seitiges Gutachten, dass das BfS die schnellstmögliche Räumung des gesamten Atommülls aus der Asse empfiehlt. Die rund 126.000 Fässer mit leicht- und mittelradioaktivem Atommüll sollen demnach anschließend im 20 Kilometer entfernten Schacht Konrad, einem stillgelegten Eisenerzbergwerk in Salzgitter, endgelagert werden. Das BfS will das Gutachten am Freitag in Hannover offiziell vorstellen.
    In der Expertise werde die Rückholung des Atommülls als “die einzige sicher umsetzbare” Alternative bezeichnet.
    Quelle: NDR Online

    Anmerkung WL: Nach Angaben von ZDF heute, soll die Räumung bis zu 4 Milliarden Euro kosten. Wer diese Kosten wohl trägt?
    Auch wenn es sich bei dem eingelagerten Atommüll wohl nicht um Abfälle aus Atomkraftwerken handelt, das Beispiel Asse zeigt, dass die Behauptung, die Nutzung der Kernenergie sei kostengünstig und eine „Übergangstechnologie“ schlicht falsch ist. Es ist der „Übergang“ in eine Dauerbelastung über tausende von Jahren.

  8. Public Private Partnerships (PPP): Task Force im Bauministerium
    Die PPP Task Force im BMVBS hat zum 28. Februar 2009 ihre Tätigkeit beendet. Mit der  “ÖPP Deutschland AG ” hat sich ein neues PPP-Kompetenzzentrums auf Bundesebene gegründet und die Arbeit bereits aufgenommen. Ziel ist die weitere Stärkung und Fortentwicklung der bisherigen PPP-Initiative, um das Potenzial von PPP noch stärker auszuschöpfen und mehr wirtschaftliche PPP-Projekte anzuschieben. Bund, Länder und Kommunen besitzen die Anteilsmehrheit an der Gesellschaft.
    Quelle: BMVBS

    Anmerkung WL: Statt endlich eine Bestandsaufnahme über die Kosten und über die Schäden zu machen, die bei PPP-Projekten entstanden sind (z.B. Toll-Collect, Cross Border Leasing etc.), soll unter Schwarz-Gelb PPP offenbar massiv vorangetrieben werden.

  9. Erfolg für Datenschützer – Versicherer lagern schwarze Liste aus
    Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) lässt seine umstrittene interne “schwarze Liste” mit sensiblen Dateien künftig von einem externen Dienstleister verwalten. Beauftragt werden soll damit nach FTD-Informationen die Bertelsmann-Tochter Arvato Infoscore.
    Quelle: FTD

    Anmerkung MB: Ein zweifelhafter Erfolg, die schwarze Liste einfach auf einen Dienstleister auszulagern. Ob die Verwaltung durch die Bertelsmann-Tochter Arvato wirklich ein gutes Zeichen im Sinne des Datenschutzes ist, wagen wir zu bezweifeln.

  10. UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder: Mittelplatz für Deutschland
    Mit einer neuen internationalen Vergleichsstudie zur Situation der Kinder in Industrieländern zeigt UNICEF für Deutschland Verbesserungen, aber auch erhebliche Probleme auf. Deutschland liegt jetzt auf Platz acht und damit im oberen Mittelfeld von 21 Industrienationen, wenn es darum geht, eine gute Lebensumwelt für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Den ersten Platz belegen erneut die Niederlande. Dringenden Handlungsbedarf sieht UNICEF in Deutschland hinsichtlich der Situation allein erziehender Mütter und ihrer Kinder. Sie sind seit Jahren unverändert besonders stark von materieller Armut betroffen. Als Besorgnis erregend wertet UNICEF, dass Jugendliche hierzulande ihre beruflichen Perspektiven düsterer sehen als ihre Altersgenossen in allen anderen Industrienationen. Sie berichten häufiger als junge Menschen in anderen Ländern davon, sich allein gelassen und als Außenseiter zu fühlen.
    6 Prozent der Heranwachsenden erleben sich als Außenseiter. 11 Prozent der befragten 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland geben an, sich “unbehaglich und fehl am Platz” zu fühlen. Etwa jeder dritte 15-Jährige sagt, dass er sich “alleine” fühlt. Bei der Lebenszufriedenheit insgesamt liegt Deutschland dann sogar auf dem viertletzten Platz von 21 Ländern.
    Quelle: bildungsklick

    Anmerkung WL: Wie sollen diese sich „allein“-gelassen fühlenden Jugendliche an die Sprüche von „Aufstieg durch Bildung“ oder von „Chancengerechtigkeit“ glauben. Ist es erstaunlich, dass sich hier ein immenses Frustpotential ansammelt, dass sich irgendwie und irgendwann Luft verschaffen wird. Aber dann kommen wieder die Heuchler, die sich z.B. über Jugendgewalt empören und denen nichts Besseres einfällt, als härtere Strafen.
    Die Mentalitätsunterschiede zwischen den USA („Du kannst es schaffen“) und Deutschland („Pass auf, dass Du nicht scheiterst“) hat gewiss auch etwas mit der kollektiven Erfahrung zu tun, dass der Berufseinstieg (von der Ausbildungsplatzsuche oder die sozialen Zugangsbarrieren in Schulen und Hochschule) für Jugendliche immer schwieriger wird und auch damit, dass mit den Arbeitsmarkt-„Reformen“ die Angst vor dem Scheitern dramatisch zugenommen hat.

    Dazu passt:

    Schulstress schlägt vielen auf die Gesundheit
    Die Schule hat sich für viele Kinder und Jugendliche auch zu einer gesundheitlichen Belastungsprobe entwickelt: Jeder dritte Schüler leidet unter den Auswirkungen von Stress wie eine neue Studie zeigt. Dabei werden die Betroffenen am häufigsten von Kopf-, Rücken-, Bauchschmerzen und Einschlafproblemen geplagt.
    Quelle: Welt

  11. Bundesregierung lehnt eine Aufhebung des Kooperationsverbotes in der Bildungspolitik ab
    Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Gedenkt die Bundesregierung, eine Initiative zur Änderung des Grundgesetzes zu starten, die zum Ziel hat, das weitreichende Kooperationsverbot zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Bildungsbereich aufzuheben?
    Antwort der Bundesregierung: Nein. Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Zusammenwirkens von Bund und Ländern im Bildungsbereich beruht in ihrer jetzigen Fassung auf den Ergebnissen der Föderalismusreform I 2006. Die Ziele der Reform, nämlich die nachhaltige Stärkung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit sowohl des Bundes als auch der Länder durch Entflechtung, Verantwortungsklarheit und Handlungsautonomie mit klarerer Zuordnung der Finanzverantwortung haben weiterhin Bestand.

    Schon die geltende Verfassung eröffnet ein Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bildungsbereich (vgl. Artikel 91b Grundgesetz). Auf dem Gebiet der Forschungsförderung kann der Bund Forschungsvorhaben zusammen mit den Ländern auf der Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen oder allein finanzieren.
    Das gilt auch für die Förderung der Wissenschaft an Hochschulen. Damit ist dem Bund die breite Förderung von universitärer und außeruniversitärer Forschung möglich. In Bildungsbereichen, in denen der Bund keine Zuständigkeiten hat bzw. nur über eingeschränkte Gesetzgebungskompetenzen verfügt, kann er mit den Ländern zur Feststellung der Leistungsfähigkeit im Bildungswesen auf Grund von Vereinbarungen zusammenwirken.

    Darüber hinaus kann der Bund, soweit er über Gesetzgebungskompetenzen verfügt, (z. B. Artikel 74 Absatz 1 Nr. 7, 13 und 33 Grundgesetz) den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen in den Ländern und Kommunen gewähren (vgl. Artikel 104b Grundgesetz). Mit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform II 2009 wurde durch die Änderung von Artikel 104b Grundgesetz unter den dort genannten Voraussetzungen die Möglichkeit für den Bund geschaffen, auch dann Finanzhilfen zu gewähren, wenn er auf dem Gebiet nicht über eine Gesetzgebungskompetenz verfügt.
    Quelle: Deutscher Bundestag Antwort der Bundesregierung Durcksache 17/411 v. 08.01.2010 [PDF – 56 KB]

    Anmerkung WL: Das ist Politik nach dem Motto: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht. Die Kleinstaaterei im „Europäischen Hochschulraum“ wird also in Deutschland beibehalten.

  12. Stillstand – Enttäuschung in Brandenburg: keine Schulreform
    In Brandenburg gibt es seit dem Herbst 2009 eine rot-rote Landesregierung. Damit verbunden war zunächst die Hoffnung, dass dies den Weg zur Gemeinschaftsschule ebnen würde. Doch mittlerweile herrscht Enttäuschung: Eine Schulreform ist vorerst von Potsdam nicht zu erwarten.
    Quelle: GEW
  13. Parteistrategen von CDU, SPD und Grünen
    1. CDU schmiedet Plan, um der SPD Wähler abzujagen
      Die CDU-Spitze ist mit dem Ergebnis der Bundestagswahl unzufrieden und sucht nach Wegen, künftig besser abzuschneiden. Offenbar will die Partei weniger auf die Aktivierung von Stammwählern als auf neue Gruppen setzen. Gezielt sollen SPD-Wähler umworben werden. Doch auch der FDP will die CDU Stimmen abjagen.
      Quelle: Welt

      Anmerkung WL: Ist dieses Denken man könne „Wählerlager“ gewinnen eigentlich etwas anderes als die Ausrichtung der Politik an Wählerklientel. Erfolgreich dürfte eine solche Strategie nicht sein, denn die unterschiedlichen Gruppen, die die CDU erreichen möchte, spüren ziemlich genau, ob man ihnen nach dem Munde redet oder ob man auch entsprechend handelt.

      Dass es der SPD jedoch gelingen könnte, SPD-Wähler abzujagen, daran ist die SPD allerdings selbst schuld. Siehe:

    2. Steinmeier warnt vor übereilter Hartz-IV-Korrektur
      SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat seine eigene Partei vor überstürzten Korrekturen an der Arbeitsmarktreform Hartz IV gewarnt.
      “Da ist eine Unzahl von Vorschlägen derzeit in Umlauf”, sagte Steinmeier am Donnerstag vor einer Klausursitzung der Fraktionsspitze in Berlin. Seine Bitte sei, genau hinzuschauen.
      Quelle: Reuters

      Anmerkung WL: Wir mussten ja schon häufig feststellen: Steinmeiers Politik besteht nur noch darin, sein eigenes vorausgegangenes Tun zu verteidigen, Selbstkritik oder Nachdenken hat er offenbar völlig eingestellt. Er ist damit auf dem besten Wege, den Marsch der SPD in den Untergang fortzusetzen. Bei solchen Vorlagen hat Rüttgers bei der Landtagswahl in NRW ein leichtes Spiel. Man wird den Verdacht nicht mehr los, als wäre Steinmeier ein U-Boot der Union in der SPD.

      Siehe dazu:

    3. CDU-Klausur – Merkel liefert vergiftete Wahlanalyse
      Bei der CDU gibt NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit der Hartz-IV-Reform das Thema vor. Er möchte Hartz IV teilweise wieder zurückdrehen.
      Wenn der CDU-Vorstand zum Jahresauftakt in Klausur geht, schlägt stets die Stunde des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Voriges Jahr inszenierte sich Jürgen Rüttgers als Anwalt der Arbeitsplätze und rang seiner widerstrebenden Parteichefin einen Rettungsfonds für Unternehmen ab. Diesmal hat er mit einer Teilrücknahme der Hartz-IV-Gesetze erneut das Thema vorgegeben, und anders als im Vorjahr hat die Berliner Parteispitze in Gestalt von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bereits Zustimmung signalisiert. Die Durchschlagskraft des Themas erklärt sich daraus, dass Rüttgers im Mai jene Landtagswahl zu bestehen hat, die über das Wohl und Wehe der schwarz-gelben Bundesregierung entscheidet. Gleichzeitig lässt sich die noch immer orientierungslose SPD mit nichts so leicht in Panik versetzen wie mit der Bewältigung ihrer eigenen Hartz-Vergangenheit. Und schließlich ist die Debatte ums Arbeitslosengeld bestens geeignet, vom lästigen Steuerstreit mit der FDP abzulenken.
      Quelle: TAZ
    4. Grüne halten Schwarz-Gelb nicht mehr für regierungsfähig
      Die Grünen halten die Koalition von Union und FDP nicht mehr für regierungsfähig. “Sie kümmern sich um sich selbst, ihren Lobbyismus, ihre Klientel”, sagte Fraktionschefin Renate Künast am Mittwoch bei der Klausurtagung der Grünen in Weimar. “Aber sie kümmern sich nicht um das Land und die Probleme, die da bestehen.” Künast sagte, eine der größten gesellschaftlichen Veränderungen sei, dass Deutschland kein “Arbeitnehmerstaat” mehr sei. Arbeitsplatzverluste und der Zuwachs an prekären Beschäftigungsverhältnissen hätten diese Strukturen aufgebrochen und neue Fragen in der Sozialpolitik aufgeworfen. Diese müssten beantwortet werden. Auch die Wählerschaft der Grünen erwarte, dass sich ihre Partei um diese Probleme kümmere und die gesamte Gesellschaft in den Blick nehme.
      Quelle: Premiumpresse

      Anmerkung D.H.: Wie scheinheilig. Daran, dass Deutschland kein „Arbeitnehmerstaat“ mehr ist, waren die Grünen doch maßgeblich beteiligt.

  14. Tiefe Pflöcke für den Leistungsträgerkern, oder: Was hat Prof. Dr. Peter Sloterdijk mit hochwertigen Fortpflanzungspartnern zu tun?
    Es ist an der Zeit zu überlegen, ob sich nicht eine neue gesetzmäßige Beziehung formulieren lässt, nämlich zwischen dem Grad an wohlgebetteter Rundumversorgung so manch deutscher Professoren und ihren Empfehlungen an die Unterschicht, endlich den Gürtel enger zu schnallen. Denn es scheint, dass ein unkündbarer Arbeitsplatz, gepaart mit der Aussicht auf eine solide Altersversorgung und diversen Nebeneinkünften, besonders dazu befähigt, jenen, die von derartigen Bedingungen nur träumen können, das Leben noch ein wenig prekärer zu machen.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung WL: Für NachDenkSeiten-Leserinnen und Leser nichts Neues, aber eine sarkastische Polemik.

  15. Haiti: Warum Obama Tausende Retter schickt
    Soldaten, Rettungskräfte, Ärzte, Diplomaten und Spenden sind unterwegs: Die USA reagieren unverzüglich und mit massivem Einsatz auf das Erdbeben in Haiti. Dahinter steckt nicht nur Nächstenliebe – sondern auch strategisches Kalkül.
    Quelle: Spiegel Online
  16. Fuldaer Erklärung: Truppenabzug jetzt! Frieden statt Krieg!
    Im Oktober 2009 starb ein junger Mann aus der Region Fulda an den schweren Verletzungen, die er mehr als ein Jahr zuvor als Soldat in Afghanistan erlitten hatte. Wir sind bestürzt über die steigende Zahl der Opfer, die der Krieg in Afghanistan fordert. Junge Menschen werden in diesen Krieg geschickt, Töten und Sterben wird von den verantwortlichen Politikern billigend in Kauf genommen. Die NATO-Staaten Kanada und Niederlande haben für 2010/2011 den Abzug ihrer Truppen angekündigt. Die Bundesregierung aber hält eisern am Kriegsbündnis fest. Die Bundeswehr bringt keine Lösung des Konfliktes, sie ist längst Teil des Problems. Nur zivile Hilfsprogramme können eine Wende zum Positiven bringen. Die unabdingbare Voraussetzung für eine friedliche Entwicklung in Afghanistan ist die Beendigung der bewaffneten Kämpfe.
    Quelle: Frieden mitmachen
  17. BGH erklärt Markwort die Pressefreiheit
    Das Urteil ist ein Sieg für die Meinungsfreiheit und den kritischen Journalismus und eine Niederlage für die Hamburger Pressekammern und den „Focus”-Chef Helmut Markwort: Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied Ende vergangenen Jahres, dass Marktwort es hinnehmen muss, dass die „Saarbrücker Zeitung” vor zwei Jahren ein Interview mit Roger Willemsen veröffentlicht hat, in dem er Markwort eine Reihe von Verfälschungen und Fehlern vorwirft. Jetzt hat er die lesenswerte Urteilsbegründung veröffentlicht.
    Quelle: Stefan Niggemeier


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