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Titel: Hinweise des Tages (2)

Datum: 23. April 2010 um 14:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Unter anderem zu folgenden Themen: Nächste Immobilienblase auf Staatskosten; Obama fordert die Wall Street heraus; Generalstreik legt Griechenland lahm; Ärzten und Apothekern drohen Strafverfahren; “Stuttgart 21” droht Fehlstart; Gregor Gysi: »Wir wollen nicht kopflos raus. Sie sind kopflos rein«; Runder Tisch zu Kindesmissbrauch; wenn die Eltern nicht zahlen können, jobben die Studierenden; Studie “Studienfinanzierung 2010”; Welpenschutz für den Herrn Minister; zu guter Letzt: Georg Schramm über die Situation in Afghanistan. (WL)

  1. Immobilienkrise: Präsidentenpoker
  2. Obama fordert die Wall Street heraus
  3. Generalstreik legt Griechenland lahm
  4. Ärzten und Apothekern drohen Strafverfahren
  5. “Stuttgart 21” droht Fehlstart – Der kastrierte Bahnhof
  6. Gregor Gysi: »Wir wollen nicht kopflos raus. Sie sind kopflos rein«
  7. Über eine Bewerbungsindustrie und über „Bewerbungspäpste“
  8. Runder Tisch zu Kindesmissbrauch: Zu wenig Opfervertreter, zu viele Juristen
  9. Ausgestrahlt – Samstag 24. April: Bunter Protest gegen Atomenergie
  10. Studiengebühren: Wenn die Eltern nicht zahlen können, jobben die Studierenden dafür
  11. Allensbach veröffentlicht Studie “Studienfinanzierung 2010”
  12. Welpenschutz für den Herrn Minister
  13. SPD will Gegenüberstellung in Kundus-Ausschuss
  14. Zu guter Letzt: Georg Schramm über die Situation in Afghanistan

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Immobilienkrise: Präsidentenpoker
    In den USA läuft das Spiel mit zweifelhaften Immobilienkrediten wieder an. Den größten Einsatz wagt Barack Obama.
    Doch während die alten Wetten noch aufgearbeitet werden, läuft jetzt ein neues Spiel. Wieder pumpen amerikanische Banken den Häusermarkt mit Krediten auf, und wieder reichen sie ihre Risiken schnell weiter. Es ist fast wie vor der großen Krise, aber mit einem wichtigen Unterschied: Die Banken sparen sich den umständlichen Weg über die Wall Street. Sie übertragen das Risiko direkt an den amerikanischen Steuerzahler. Und der wiederum versucht nach Kräften, es an internationale Investoren weiterzureichen. Vor allem in Europa und Asien…
    Am grundlegenden Modell hat sich nichts geändert: Fannie und Freddie finanzieren sich bis heute durch den Verkauf von Wertpapieren aus gebündelten Hypothekenkrediten. Diese gelten allerdings dank der Staatsnähe von Fannie und Freddie als so sicher wie Staatspapiere, nur mit höheren Zinsen…
    Im heißen Krisensommer 2008 standen die Giganten dann am Abgrund, aber der damalige Finanzminister Henry Paulson hielt sie fest. Anfang September 2008 übernahm die US-Regierung je einen Anteil von 80 Prozent an Fannie und Freddie. Seither sind sie am Tropf des Steuerzahlers. Die Regierung musste 127 Milliarden Dollar einschießen, um die schwankenden Riesen zu stützen…
    Obama braucht Fannie und Freddie, diese zwei klammen Giganten, die auch zweifelhafteste Immobilienkredite noch decken. Ohne sie würde womöglich der Immobilienmarkt noch tiefer in die Krise getrieben und einer breiten Wirtschaftserholung der Boden entzogen…
    Bisher hat die Notenbank Federal Reserve die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute gestützt. So hält der oberste Zentralbanker Ben Bernanke den Zinssatz nahe null. Rund 1,25 Billionen Dollar an Hypothekenpapieren hat die Fed während der Finanzkrise zudem bei Fannie und Freddie angekauft und damit ebenfalls Geld in die maroden Institutionen gepumpt. Doch seit Mitte März ist damit Schluss…
    Eigentlich, sagen Kritiker, müssten solche Schulden im staatlichen Budget aufgeführt werden – falls sie wirklich zurückgezahlt werden sollen…
    Was geschieht also, wenn jetzt mit staatlicher Hilfe eine neue Immobilienblase in den USA entsteht – und wenn auch sie am Ende platzt? Dann muss der Staat Fannie und Freddie retten, und die USA rutschen weiter in die Schuldenfalle. Oder er tut es nicht, und der Wert des Dollar und das Vertrauen in den Schuldner USA sinken umso schneller.
    Quelle: Zeit Online
  2. Obama fordert die Wall Street heraus
    US-Präsident Barack Obama forciert die Auseinandersetzung um die Reform des amerikanischen Finanzsystems. In einer Grundsatzrede in New York kritisierte er am Donnerstag “die wütenden Versuche von Lobbyisten, die Reform zu verwässern” und forderte die Wall Street zur Umkehr auf. Unter den Gästen war auch Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein.
    “Ich bin hier, weil ich überzeugt bin, dass diese Reformen letztlich nicht nur im Interesse unseres Landes, sondern auch im Interesse des Finanzsektors sind.” Obamas Stil war auffallend direkt. Immer wieder versuchte er, den Bankern ins Gewissen zu reden. “Einige an der Wall Street haben vergessen, dass hinter jedem gehandelten Dollar eine Familie steht, die sich ein Haus kaufen, ein Studium finanzieren, ein Geschäft eröffnen oder für den Ruhestand sparen will. Was hier in New York geschieht, hat Konsequenzen im Rest des Landes,” mahnte Obama. Die Rede des Präsidenten ist auch Teil des Ringens um die öffentliche Meinung.
    Quelle: SZ
  3. Generalstreik legt Griechenland lahm
    In Griechenland haben am Donnerstag Zehntausende griechische Staatsbedienstete aus Protest gegen das geplante Sparprogramm der Regierung weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. Ärzte und Krankenschwestern legten ihre Kittel ab. Steuerbeamte und Hafenarbeiter verließen ihren Arbeitsplatz. Zahlreiche Schulen mußten schliessen. Gegen Mittag war ein Demonstrationszug zum Parlament geplant, dem Tausende Griechen folgen wollten.
    Mit ihrem 24-stündigen Generalstreik wollen sie den Druck auf die sozialistische Regierung erhöhen, bei den Gesprächen mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) keinen weiteren Einsparungen bei den Staatsausgaben zuzustimmen.
    Quelle: FR
  4. Ärzten und Apothekern drohen Strafverfahren
    Niedergelassene Ärzte werden von Pharmaunternehmen und Apothekern umworben, weil sie von deren Verschreibungen abhängig sind. Jetzt hat ein Gericht entschieden, dass sich die Mediziner strafbar machen können, wenn sie Zuwendungen annehmen. Auf Kassenärzte könnte eine Lawine von Strafverfahren zurollen.
    Maßgeblich für die Grundsatzentscheidung der Oberlandesrichter war ihre Erwägung, dass Kassenärzte eine „Schlüsselfigur der Arzneimittelversorgung“ seien. Damit seien sie „Beauftragte“ der gesetzlichen Krankenkassen. Denn die Kassen müssten die Arzneien, Verbände, Heil- und Sachmittel bezahlen, die die niedergelassenen Ärzte verordnen – auch wenn diese im Gegensatz zu angestellten Klinikärzten selbständige Freiberufler sind (Az.: Ws 17/10).
    Quelle: FAZ
  5. “Stuttgart 21” droht Fehlstart – Der kastrierte Bahnhof
    Man muss halt sparen, nachdem sich die prognostizierten Baukosten von circa 2,5 Milliarden Euro erst verdoppelt und bald verdreifacht hatten. Hatte nicht der Oberbürgermeister versprochen, einen Bürgerentscheid zu bewilligen, für dessen Einsetzung 20.000 Stimmen erforderlich gewesen wären? Dumm gelaufen, denn auf Anhieb hatten sich schon mehr als 60.000 gegen das Projekt ausgesprochen. “Macht nix!”, meinte der OB generös. “Den Steuerzahler kostet es fast gar nix! Den größten Anteil zahlen doch nicht wir, sondern der Bund, das Land und die DB!”
    Quelle: FR
  6. Gregor Gysi: »Wir wollen nicht kopflos raus. Sie sind kopflos rein«
    Gregor Gysi in der Debatte über die Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan
    Quelle: DIE LINKE
  7. Anmerkung WL: Wir dokumentieren, weil wir sonst in den Medien kaum etwas darüber gefunden haben.

  8. Über eine Bewerbungsindustrie und über „Bewerbungspäpste“
    Willkommen bei den führenden Experten zum Thema Bewerbung und der besten Adresse, wenn es um Bewerbungsunterlagen und Bewerbungsberatung, sowie Karriere, Beruf, Arbeitszeugnis, Personalentwicklung, Soft Skills und Trainings geht.
    Quelle: Büro für Berufsstrategie

    Über die Kooperation mit dem Bertelsmann-Sender RTL vom 20.04.2010
    Quelle: Büro für Berufsstrategie

  9. Runder Tisch zu Kindesmissbrauch: Zu wenig Opfervertreter, zu viele Juristen
    In Berlin tagt heute erstmals der Runde Tisch gegen Kindesmissbrauch – auf Einladung des Familienministeriums diskutieren Experten über Möglichkeiten, Kindesmissbrauch vorzubeugen. Das allerdings hätte man schon vor Jahren tun können, bemängeln Kritiker. Und: Viel zu wenige Opferverbände säßen mit am Tisch.
    Quelle: Tagesschau
  10. Ausgestrahlt – Samstag 24. April: Bunter Protest gegen Atomenergie
    Der Konflikt um den Atomausstieg spitzt sich zu: In Kürze wird darüber entschieden, ob die Pannenreaktoren Krümmel und Brunsbüttel vor der Haustür Hamburgs wieder ans Netz gehen – oder für immer abgeschaltet bleiben. Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen werden Bundesregierung und Atomkonzerne über längere Laufzeiten für Atomreaktoren verhandeln. Das richtige Energiekonzept heißt: Abschalten und Umsteuern. Dafür demonstrieren am Samstag Zehntausende mit einer 120 Kilometer langen Aktions- und Menschenkette zwischen den AKW Krümmel und Brunsbüttel und durch Hamburg, mit einer Umzingelung des AKW Biblis und einer Demo zum Atommülllager Ahaus.
    Quelle: Ausgestrahlt
  11. Studiengebühren: Wenn die Eltern nicht zahlen können, jobben die Studierenden dafür
    • Neue Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW): Für 59% der Studierenden bezahlen die Eltern die Gebühren
    • 30% der Studierenden bezahlen mit Mitteln aus eigenem Verdienst
    • Nur 11% nehmen Studiengebühren-Darlehen in Anspruch
    • Deutliche Unterschiede nach sozialer Herkunft
    • In hohen Herkunftsgruppen zahlen die Eltern, Studierende aus niedriger Herkunftsgruppe jobben mehr und nehmen stärker Darlehen in Anspruch.

    Quelle 1: Deutsches Studentenwerk [PDF – 107KB]
    Quelle 2: Das vollständige Statement von DSW-Präsident Dobischat [PDF – 82KB]

  12. Allensbach veröffentlicht Studie “Studienfinanzierung 2010”
    Trotz vielfältiger Bemühungen um eine Ausweitung der Stipendienvergabe in Deutschland bewerten immer noch wenige Abiturienten und Studierende Stipendien als realistische Fördermöglichkeit. Die große Mehrheit potenzieller Empfänger von Stipendien fühlt sich unzureichend informiert. Zweifel an der Gerechtigkeit der Auswahlverfahren belasten die Reputation der Stipendienvergabe. Dies sind einige wichtige Ergebnisse der heute veröffentlichten Studie “Großer Bedarf – wenig Förderung. Studienfinanzierung 2010”, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Reemtsma Begabtenförderungswerks erstellt hat.
    Obwohl über zwei Drittel (67 Prozent) der studierwilligen Abiturienten Finanzierungsprobleme im Studium erwarten, planen nur insgesamt 16 Prozent, sich für ein Stipendium zu bewerben. Dabei beabsichtigen dies Abiturienten aus bildungsferneren Herkunftsfamilien sogar unterdurchschnittlich (14 Prozent). Nur sechs Prozent der befragten Studierenden erhalten ein Stipendium. Eine große Mehrheit der Abiturienten (70 Prozent) und Studierenden, die sich noch nie für ein Stipendium beworben haben (76 Prozent), schätzen ihre Erfolgsaussichten auf ein Stipendium insgesamt als “eher gering” oder sogar “sehr gering” ein. Beide Gruppen erwarten überwiegend in den nächsten Jahren sogar eine Verschlechterung ihrer Chancen (Abiturienten: 37 Prozent, Studierende: 26 Prozent). Lediglich Studierende in Nordrhein-Westfalen sind etwas optimistischer. Dort halten sich Erwartungen einer Verbesserung der Stipendienchancen (21 Prozent) und einer Verschlechterung (22 Prozent) in etwa die Waage.
    Die Umfrage offenbart weit verbreitete Vorbehalte gegenüber der derzeitigen Vergabepraxis. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) aller befragten Abiturienten und immerhin 43 Prozent der Studierenden sind der Meinung, dass Kinder aus Arbeiterfamilien in ihren Chancen auf ein Stipendium benachteiligt sind. Diese subjektiven Empfindungen werden durch die Erfolgsbilanzen bei der Bewerbung bestätigt: Während bei Bewerbern aus Akademiker- und Selbstständigenhaushalten etwa jede zweite Bewerbung Erfolg hat, ist nur gut ein Drittel der Bewerber aus bildungsferneren Herkunftsfamilien und Arbeiterfamilien erfolgreich. Vor diesem Hintergrund fordern 77 Prozent der Abiturienten und 84 Prozent der Studierenden, dass neben einer Vergabe nach Noten auch andere Kriterien bei der Stipendienvergabe berücksichtigt werden, insbesondere die sozialen Verhältnisse und das soziale Engagement der Studenten.
    Quelle: Bildungsklick
  13. Welpenschutz für den Herrn Minister
    Ja, muss der Selbst-Verteidigungsminister einräumen, neue Erkenntnisse hätte der Feldjägerbericht nicht enthalten. Doch seine schiere Existenz sei für ihn, den Unerfahrenen, Anlass gewesen, den Luftschlag noch einmal zu hinterfragen. Und auch die Loyalität seiner beiden Mitarbeiter, auf deren Rat er sich offensichtlich nicht verlassen könne. Schließlich stünde “außer Frage, dass der Angriff nicht hätte erfolgen müssen, ja nicht hätte erfolgen dürfen”.
    Vier Stunden dauert die Befragung, als Guttenberg, der als Minister angetreten ist, um Klartext zu reden, gänzlich ins Schwurbeln gerät.
    Quelle: FR
  14. SPD will Gegenüberstellung in Kundus-Ausschuss
    Die SPD will im Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre eine Gegenüberstellung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit seinen ehemaligen Spitzenberatern erzwingen.

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    Wegen widersprüchlicher Aussagen soll der CSU-Politiker direkt mit seinem ehemaligen Staatssekretär Peter Wichert und dem früheren Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan konfrontiert werden. Es bestehe der Verdacht, dass der Minister «das Parlament, die Öffentlichkeit belügt», begründete SPD-Obmann Rainer Arnold den Vorstoß am Donnerstagabend nach der Vernehmung Guttenbergs im Ausschuss.
    Quelle: Zeit Online

  15. Zu guter Letzt: Georg Schramm über die Situation in Afghanistan
    “Neues aus der Anstalt” vom 13.04.2010
    Quelle: YouTube


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