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Titel: Hinweise des Tages (2)

Datum: 27. August 2010 um 17:37 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Unter anderem zu folgenden Themen: Atomdebatte; Peak Oil-Studie der Bundeswehr; Kosten des Daimler-Wunders; Nahrung und Spekulanten; Mittelschicht schrumpft; Verteilung des Wohlstands; zwölf Millionen von Armut bedroht; Arbeitslosenstudie; Ausschlachter; Arbeitnehmerdatenschutz; Regierung für schöneres Strafen; Haiders Erbschaft; angeborene Intelligenz; Roma als Sündenböcke; Videos NachDenkSeiten; Hüther darf immer; Internet-Angebot muss schrumpfen; US-Hochschulen; DLF und Bertelsmann; Gaddafi; Aufstand in Kalifornien; bis zu 50.000 S-21-Gegner erwartet. (WL)

  1. Atomdebatte
  2. Peak Oil-Studie der Bundeswehr und ihre Bedeutung für Kommunen
  3. Die Kosten des Daimler-Wunders
  4. Flammen, Fluten, Dürren und Spekulanten
  5. Ulrike Herrmann: Mittelschicht geschrumpft
  6. Wie der Wohlstand verteilt ist, bleibt ein Geheimnis
  7. Zwölf Millionen von Armut bedroht
  8. Studie zu Arbeitslosen: Nur wenige Hartz-IV-Empfänger faulenzen
  9. Die Ausschlachter
  10. Arbeitnehmerdatenschutz: Rückfall statt Fortschritt
  11. Ein fauler Kompromiss
  12. Haiders Fatale Erbschaft
  13. “Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent angeboren”
  14. Vertreibung der Roma: Wohlfeile Sündenböcke
  15. Video und Tonaufzeichnungen von Albrecht Müller und Wolfgang Lieb auf YouTube
  16. Darf IW-Direktor Michael Hüther im ZDF für die Rente mit 67 werben?
  17. Neue Regeln fürs Internetangebot von ARD und ZDF : Das große Schrumpfen
  18. US-Hochschulen: Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten
  19. DLF und Bertelsmann
  20. Falsche Antwort am Golf von Aden
  21. Ines Zöttl – Küss die Hand, Herr Oberst
  22. Aufstand im Reich des Terminators
  23. Bis zu 50.000 S-21-Gegner erwartet

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Atomdebatte
    1. Regierungsgutachter steht Stromkonzernen nahe
      In wenigen Tagen will die Regierung ihr Energiekonzept vorlegen und über längere Atomlaufzeiten entscheiden. Doch ein von Schwarz-Gelb bestellter Gutachter gerät in die Kritik. Konkret geht es um Professor Marc Oliver Bettzüge, den Leiter des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI). Das EWI hat – zusammen mit dem Schweizer Prognos-Institut und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (gws) – von der Regierung den Auftrag erhalten, die Zukunft der deutschen Energieversorgung zu untersuchen. Das Gutachten ist das zentrale Papier, auf dessen Basis die Bundesregierung ihr lange angekündigtes Energiekonzept entwickeln möchte. Die Analyse wurde vom Wirtschafts- und vom Umweltministerium in Auftrag gegeben und soll demnächst veröffentlicht werden. Sie soll unter anderem die Vor- und Nachteile längerer Atomlaufzeiten beleuchten – und so der Regierung eine Entscheidungsgrundlage bieten. Das heißt: Es geht nicht um irgendein Gutachten, sondern um die Zukunft der deutschen Energiewirtschaft.
      Bettzüge ist neben seiner Leitungsfunktion am EWI auch Inhaber einer Stiftungsprofessur an der Uni Köln. Laut EWI ist Professor Bettzüge “ordentlicher Landesbeamter”, sein Gehalt beziehe er von der Universität Köln. Allerdings holt diese sich das Geld über Drittmittel herein. Eine Sprecherin der Uni Köln bestätigte, dass die Stiftungsprofessur “nicht aus dem Haushalt der Universität, sondern von der deutschen Energiewirtschaft” finanziert werde. Wer die einzelnen Finanziers von Bettzüges Stiftungsprofessur sind, listet der Stifterverband detailliert auf. Darunter finden sich: die E.on AG, die RWE AG, der Kohlekonzern RAG, sowie Vattenfall Europe Mining & Generation, eine Tochter des vierten großen Energiekonzerns in Deutschland.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung Orlando Pascheit: Jetzt kommen natürlich all diese schönen Argumente, dass die Konzerne keinen direkten Einfluss auf das EWI genommen haben. Das mag sogar stimmen. Die Crux ist allerdings, dass genauso wie bei Regelungen zu  Finanzmarktordnung die beratenden Kanzleien eben auch hier EWI oder Prognos gleichzeitig für die Privatwirtschaft tätig sind. Und es ist reichlich naiv anzunehmen, dass man sich diese Kundschaft nicht gewogen halten will. Hinzukommt, dass die Gutachter nur allzu gut wissen, dass Schwarz/ Gelb die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern möchte. Also wie kann man sich Politik und Wirtschaft gewogen halten?
      Der Staat vefügt in dieser Frage durchaus über eigene Kompetenzen, wie z.B. das Umweltbundesamt. Selbst der Rückgriff auf Institute wie z.B. das DIW böten die Gewähr einer größeren Unabhängigkeit.

    2. Die wichtigsten Fakten zur Atomindustrie

      Grafik, Quelle: SPIEGEL Online, Die wichtigsten Fakten zur Atomindustrie

      Quelle: Spiegel Online

    3. Demokratischer Rechtsstaat oder Atomstaat
      Im Konflikt um die Laufzeitverlängerung geht es nicht allein um die Energiefrage.
      Eine Aufruf.
      Quelle: Institut Solidarische Moderne
  2. Peak Oil-Studie der Bundeswehr und ihre Bedeutung für Kommunen
    Das Papier und die darin gemachten Aussagen haben zwar einen militärischen Blickwinkel als Schwerpunkt, sind aufgrund der langfristigen und strategischen Sichtweise für nichtmilitärische Institutionen und Akteure besonders interessant. Auf Seite 7 der Peak-Oil-Studie finden sich die Sätze “95% aller industriell gefertigten Produkte hängen heute von der Verfügbarkeit von Erdöl ab” sowie “Eine starke Verteuerung des Erdöls stellt ein systemisches Risiko dar”. Dieses “systemische Risiko” wird begründet durch die “vielseitige Verwendbarkeit [von Erdöl] als Energieträger und als chemischer Grundstoff”. Nach Ansicht der Autoren “wird so gut wie jedes gesellschaftliche Subsystem von einer Knappheit betroffen sein”. Die Studie betont die Komplexität von Peak Oil, die sich insbesondere auf den Verkehrssektor auswirkt: “Die starke Verteuerung und teilweise massive Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs hat unmittelbare Wirkung auf die Funktionsmechanismen und Lebensgewohnheiten moderner industrialisierter Gesellschaften. Wenngleich kurzfristige Engpässe über regulatorische oder freiwillige Maßnahmen gemildert werden könnten („Mobilitätsgutscheine“, „autofreier Sonntag“ etc.), begrenzen insbesondere die Siedlungsstrukturen in den entwickelten Ländern (Leben in der Vorstadt, Arbeiten in der Innenstadt; suburbane Strukturen) eine beschleunigte Transformation im Individualverkehr. Alle damit zusammenhängenden Wirtschaftssektoren würden im Falle starker Einschränkungen in einen Abschwung geraten – von der Automobilindustrie über das Baugewerbe bis hin zum Tourismus. Die „Mobilitätskrise“ würde zu einer neuen Ausprägung der Wirtschaftskrise.” Für die Mobilitäts-Infrastruktur auf lokaler und regionaler Ebene sind insbesondere die Kommunen zuständig. Vorbeugendes Handeln würde bedeuten, Peak Oil bereits heute bei stadtplanerischen Vorgängen zu berücksichtigen und Siedlungsstrukturen so auszurichten, daß sie möglichst ohne ölgetriebene Fahrzeuge zurechtkommen. Dieser Blickwinkel mag angesichts der Stadtplanungen der “autogerechten Stadt” der 1960er und 1970er Jahre befremdlich wirken, allerdings ist nicht zu erwarten, dass die PKW-Dichte von heute in der noch verfügbaren Zeit auf Elektromobilität umgestellt werden kann4. Das wissen auch die Autoren der Studie, die darauf verweisen, daß die Umstellung auf Elektrizität als Nutzenergie ebenfalls mit enormem Rohstoffeinsatz verbunden ist und diese Rohstoffe (beispielsweise Lithium als Batteriegrundlage) ebenfalls von Peaks bedroht sind. Kommunen sollten ihre verkehrsplanerischen Schwerpunkte angesichts von Peak Oil deshalb auf Fußläufigkeit und energiearme Verkehrsmittel setzen.
    Noch ernstere Auswirkungen kann laut der Bundeswehr-Studie die Verteuerung des Güterverkehrs haben: “Die internationale Arbeitsteilung in ihrer heutigen Ausprägung globaler Prozess- und Güterketten von Waren aller Art wurde maßgeblich durch technische Fortschritte im Frachtverkehr (Containerschiffe, Lastkraftwagen, Kühlsysteme) ermöglicht, der im Kern auf fossilen Treibstoffen basiert. Im Unterschied zum Individualverkehr ist eine Elektrifizierung des Güterverkehrs mit den heute üblichen Verkehrsmitteln und in ausreichendem Umfang technisch noch nicht möglich. Daher bleibt insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene fossile Mobilität eine Grundvoraussetzung von Wirtschaftskreisläufen. Eine Einschränkung dieser Mobilität hat unmittelbare Auswirkungen auf den Handel und das Preisgefüge.” Diese Aussage hinterfragt indirekt die Exportorientierung der deutschen Wirtschaft. Peak Oil ist deshalb eine besondere Bedrohung für Kommunen und Regionen, die sich stark vom Export abhängig gemacht haben.
    Quelle: Peak-Oil.com
    Quelle: Teilstudie [PDF – 1.9 MB]

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der entscheidende Satz betrifft die Vorbereitung auf die drastische Verknappungen der Ressourcenbasis der deutschen Volkswirtschaft: “Der mit diesen verbundene Paradigmenwechsel – weniger Effizienz, mehr Robustheit – widerspricht ökonomischer Logik und kann deswegen nur in begrenztem Umfang Marktkräften überlassen werden.”

  3. Die Kosten des Daimler-Wunders
    «Aus der Krise direkt in den Höhenrausch», lautet die Diagnose der «Süddeutschen Zeitung» für die deutsche Autoindustrie und besonders für die grossen Hersteller Audi, BMW und Daimler. Von Fabrikschliessungen ist keine Rede mehr, sondern von Überstunden und Sonderschichten. Kapazitäts- und Arbeitsplatzabbau fanden und finden aber trotzdem statt. Grösstenteils allerdings nicht in Deutschland, sondern beispielsweise in den USA und Kanada. Gleichzeitig werden in China, Indien und Osteuropa gewaltige Produktionsstätten aufgebaut. «Die beste Zeit des Autos kommt noch», sagt Dieter Zetsche. Was da im Hirn eines Konzernchefs zu Endorphinüberflutung führt, ist ein Horrorszenario für das Weltklima, denn die meisten dieser Autos fahren weiterhin mit Verbrennungsmotoren.
    Doch der Preis, den die Belegschaften bezahlen, ist hoch. Sie zahlen ihn nicht nur mit sinkenden Realeinkommen, auch deutliche Verschlechterungen am Arbeitsplatz sind die Folge. Betriebsräte und Gewerkschaften haben viele rechtliche Instrumente aus der Hand gegeben, die den Einfluss der UnternehmerInnen auf die Arbeitszeiten beschränken. Die «atmende Fabrik» setzt sich durch. Bisher durfte der Konzern in allen Werken zusammen nicht mehr als 2500 LeiharbeiterInnen beziehungsweise vier Prozent je Werk beschäftigen. Jetzt lässt der Gesamtbetriebsrat auch acht Prozent zu, die Obergrenze ist gestrichen. Exzessiv Gebrauch von dieser Möglichkeit machen auch Firmen, die auf dem Werksgelände im Auftrag von Daimler tätig sind, vom Reinigungsunternehmen bis zu Logistikdiensleistern. Diese LeiharbeiterInnen können nicht einmal die rund sieben Euro Zuschlag auf ihren Hungerlohn beanspruchen, der mit den direkt bei Daimler beschäftigten Leiharbeitskräften vereinbart ist. So sind sie meistens auf zusätzliche Staatshilfe durch Hartz IV angewiesen, dem 2005 eingeführten Arbeitslosengeld auf Sozialhilfeniveau. Jetzt, im Höhenrausch des Aufschwungs, werden in den letzten Jahren gestrichene Arbeitsplätze nur mit ungeschützt Beschäftigten besetzt, die schnell und kostengünstig wieder in die Arbeitslosigkeit entsorgt werden können. Berthold Huber, Vorsitzender der IG Metall, sagt, man habe das wichtigste Ziel, «keine Entlassungen», im gemeinsamen Krisenmanagement mit Regierung und Unternehmern erreicht. Das mag für einen Grossteil der Stammbelegschaften gelten, die wachsende Anzahl der LeiharbeiterInnen ignoriert jedoch die Gewerkschaft; sie ist jetzt schon wieder so gross wie 2008.
    Quelle: Die Wochenzeitung

    Anmerkung Orlando Pascheit: Traurig genug, dass es den Gewerkschaften nicht gelingt, Mechanismen zu installieren, um auch an kurzfristigen Aufschwüngen zu partizipieren. Weitaus schlimmer ist, dass sie den gesamtwirtschaftlichen Aspekt der Leiharbeit ignorieren, deren Ausweitung sie selbst ja wieder unter Druck setzt. Da ist dann auch nicht zu erwarten, dass das mittelfristige  Ende des Erdölzeitalters und das Ende von Verbrennungsmotoren antizipiert wird. (Siehe Peak Oil-Studie der Bundeswehr)

  4. Flammen, Fluten, Dürren und Spekulanten
    Der Weizenpreis an der Chicagoer Börse ist zuletzt so stark gestiegen wie in den letzten 60 Jahren nicht mehr. Allein seit Ende Juni um 52 Prozent. Mais wurde um 16 Prozent teurer. Auch andere Rohstoffe wie Milch, Kaffee, Rohzucker und Kakao sind teurer geworden. Die Zocker trieben die ohnehin hohen Preise für Lebensmittel zusätzlich nach oben. Schon vor der Krise 2005 und 2006 waren Spekulationen für den seinerzeit ebenfalls dramatischen Anstieg der Preise für Agrarrohstoffe verantwortlich. Rasche Preisanstiege verursachen in weiten Teilen der armen Regionen Hungersnöte und politische Unruhen.
    Knappe Rohstoffe gepaart mit Naturkatastrophen rufen Zocker auf den Plan.
    So wuchs das im Rohstoffbereich angelegte Vermögen nach Angaben der Bank Barclays Capital allein im Juli 2010 um 8 Mrd. auf 300 Mrd. US-$.
    Spekulationen sind an sich schlimm genug, aber mit den Lebensmitteln ethisch und moralisch unerträglich. Schon heute leiden eine Milliarde Menschen weltweit Hunger!
    Die Politik ist gefordert, die Spekulationen mit Rohstoff- und Lebensmittel-Termingeschäften endlich zu verbieten.
    Quelle: DGB Klartext [PDF – 90 KB]
  5. Ulrike Herrmann: Mittelschicht geschrumpft
    Aktuelle Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen: 2008 gehörten etwa 4,6 Millionen Menschen weniger zur Mitte als noch vor zehn Jahren.
    Während der Finanzkrise ist die Mittelschicht weiter geschrumpft: Ihr gehörten 2008 nur noch 58,7 Prozent der Bevölkerung an. Zehn Jahre zuvor waren es noch 64,3 Prozent. Dies zeigen neueste Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das regelmäßig 12.000 Haushalte befragt.
    Zur Mittelschicht zählt das Institut, wer über 70 bis 150 Prozent des mittleren Nettoeinkommens verfügt. 2008 waren dies für Singles 1.070 bis 2.350 Euro netto im Monat, bei einem Ehepaar mit zwei kleinen Kindern 2.250 bis 4.935 Euro.
    Viele der einstigen Mittelschichtler sind abgestiegen, denn die Zahl der einkommensschwachen Haushalte steigt deutlich. 2008 gehörten schon 22,5 Prozent aller Haushalte dazu. Zehn Jahre zuvor waren es erst 17,7 Prozent.
    Der Grund: Die Reallöhne sind weiter gesunken. Wie das DIW berechnet hat, verdienten vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zwar 2009 im Durchschnitt 2.922 Euro monatlich – und damit 118 Euro mehr als 2006. Doch diese nominale Gehaltsteigerung von vier Prozent hat die Inflation von etwa sechs Prozent nicht ausgeglichen.
    Quelle: taz

    Dazu auch:

  6. Wie der Wohlstand verteilt ist, bleibt ein Geheimnis
    So gehört es zu den deutschen Statistikwundern, dass zwar erfasst ist, dass es 2007 exakt 69 Theaterorchester gab – doch sehr unklar ist, über wie viel Vermögen und Einkommen die reichen Bundesbürger verfügen.
    Diese statistischen Lücken sind kein Zufall. Die deutschen Eliten wissen genau, dass eine Verteilungsdiskussion nur aufkommen kann, wenn bekannt ist, wie der Wohlstand verteilt ist. Also bleibt dies ein Geheimnis.
    In Deutschland gibt es einen Armuts- und Reichtumsbericht, der 226 eng beschriebene Seiten umfasst. Doch nur zehn Seiten davon widmen sich den Reichen, der Rest beschäftigt sich mit den Armen. Die Unterschichten sind statistisch bestens erfasst, während man über die Vermögenseliten kaum etwas weiß. Das ist politisch gewollt.
    Quelle: taz
  7. Zwölf Millionen von Armut bedroht
    Würde der Staat nicht mit Sozialleistungen eingreifen, wäre fast jeder vierte in Deutschland “armutsgefährdet”.
    Rund zwölf Millionen Menschen in Deutschland (knapp 15 Prozent) waren 2009 von Armut bedroht, beinahe jeder siebte Bundesbürger. Das zeigen die Zahlen des Bundesamtes für Statistik, die heute veröffentlicht werden. Würde der Staat nicht mit Sozialleistungen eingreifen, wäre fast jeder vierte “armutsgefährdet” …
    Freilich arbeiten die Statistiker mit einer rechnerisch exakten Defintion der Armutsgefährdung: die Europäische Union definiert Menschen als armutsgefährdet, “die mit weniger als 60% des mittleren Einkommens (Median) der Bevölkerung auskommen müssen”. In genauen Zahlen heißt das für Deutschland im Jahr 2009 im Bundesdurchschnitt: weniger als 801 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt und weniger als 1 683 Euro für einen Vier-Personen-Haushalt mit Kindern unter 14 Jahren.
    Doch sind die Durchschnittswerte des mittleren Einkommens für einzelne Regionen in Deutschland sehr unterschiedlich. In Mecklenburg-Vorpommern wird der Schwellenwert für Armut bei einer vierköpfigen Familie mit 1 422 Euro angegeben und in Baden-Württemberg mit 1 830. Die regionalen Unterschiede spiegeln sich auch in der Zahl der Armutsgefährdeten. So ist in Mecklenburg-Vorpommern beinahe jeder Fünfte von Armut bedroht (23 Prozent), in Baden-Württemberg nur ungefähr jeder neunte (11 Prozent). Das gilt auch für das andere reiche Bundesland im Süden, Bayern.
    Insgesamt bestätigen die neuen Zahlen des Bundesamtes für Statistik den altbekannten, deutlichen Ost-West-Unterschied: “Hatten in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) knapp 20% der Bevölkerung ein erhöhtes Armutsrisiko, waren im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) 13% der Menschen armutsgefährdet.”
    Quelle 1: Telepolis
    Quelle 2: Statistisches Bundesamt
  8. Studie zu Arbeitslosen: Nur wenige Hartz-IV-Empfänger faulenzen
    Als motiviert und arbeitswillig schätzen sich die meisten Hartz-IV-Empfänger ein. Eine Studie zeigt: Die Arbeitslosen kümmern sich um ihre Kinder, pflegen Angehörige oder bilden sich fort. Wer auf Jobsuche ist, hat allerdings wenig Chancen. Auch eine härtere Gangart würde daran nichts ändern. Die Aufstocker sind die größte Gruppe unter den Hartz-IV-Empfängern: Der Studie zufolge hat fast ein Drittel, 29,3 Prozent, der Befragten einen Job und erhält ergänzende Unterstützung. Ähnlich viele, nämlich 28,8 Prozent kümmern sich um Kinder, die jünger sind als sieben Jahre. Das sind vor allem Frauen.
    Zugleich gebe es aber auch rund 350.000 Menschen, die sich der Verpflichtung entziehen einen Job zu suchen. Denn sie müssen sich weder um Kinder oder um die Pflege von Verwandten kümmern noch bildeten sich selbst weiter. “Diese Gruppe besteht zu großen Teilen aus älteren Hilfebedürftigen und beschreibt sich als gesundheitlich stark eingeschränkt”, heißt es dazu in der Zusammenfassung der Studie. Die Analyse deute darauf hin, dass es “sich dabei mehrheitlich um Entmutigte handelt und um Personen, bei denen die Arbeitsfähigkeit hergestellt oder geklärt werden muss.”
    Quelle 1: Spiegel Online
    Quelle 2: IAB-Studie [PDF – 436 KB]

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Die häufig von den Empfängern von Hartz IV-Leistungen erzwungenen Zugeständnisse bzgl. Lohn und Arbeitsbedingungen sind politisch gewollt und zeigen den Zynismus, mit welchem häufig die Niedriglohnpolitik der vergangenen Jahre gerechtfertigt wird. So z.B. Heike Helfer, Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums: “Die Lohnfindung in Deutschland ist nicht Sache der Politik, sondern der Sozialpartner.” Die “Agenda 2010”-Politik hat die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer und Gewerkschaften systematisch untergraben.

  9. Die Ausschlachter
    Wie man Unternehmen filetiert, den Börsenwert künstlich hochtreibt und mit Gewinn aussteigt. Arques versteht sich darauf, die Rentabilität von Unternehmen zu erhöhen. Für 700 Druckereimitarbeiter aber bedeutet das Geschäftsprofil dieses Investors das Ende ihres Berufslebens.
    Quelle: taz
  10. Arbeitnehmerdatenschutz: Rückfall statt Fortschritt
    »Trotz dieser Verbesserungen ist der Gesetzentwurf insgesamt eher eine Verschlechterung für den Arbeitnehmerdatenschutz«, erklärte Wolfgang Däubler, Professor für Arbeitsrecht an der Uni Bremen, auf jW-Nachfrage. Der im Koalitionsvertrag formulierte Anspruch, den Datenschutz für Beschäftigte zu verbessern, werde damit nicht eingelöst. So sei zum Beispiel die Frage nach einer Schwangerschaft bei Einstellungsgesprächen nicht ausgeschlossen – ein Rückfall hinter die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Auch die Möglichkeiten zur Telefonüberwachung beispielsweise in Call-Centern, die jederzeit als »Stichproben« oder »anlaßbezogen« eingesetzt werden kann, bleibe hinter Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zurück, kritisierte der Wissenschaftler.
    Ein automatischer Abgleich von Beschäftigtendaten, eine Art »Rasterfahndung« im Betrieb, wäre dem Entwurf zufolge ebenfalls legal. Die systematische Durchsuchung von E-Mails, telefonischer Verbindungsdaten und anderem muß zwar in anonymisierter bzw. pseudonymisierter Form geschehen; ergibt sich daraus aber ein konkreter Verdacht, dürfen die Ergebnisse einzelnen Personen zugeordnet werden. »Damit wäre ein Vorgehen wie bei der Bahn – wo 173000 Datensätze von Mitarbeitern miteinander abgeglichen wurden – möglich, wenn sie zunächst verschlüsselt werden«, erläuterte Däubler.
    Der Arbeitsrechtler kritisiert, daß viele der geplanten Regelungen Schlupflöcher enthalten, die einen Eingriff in Persönlichkeitsrechte ermöglichen würden.
    Quelle: junge Welt
  11. Ein fauler Kompromiss
    “Psychisch gestörte Gewalttäter” sollen nicht aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, obwohl sie nach einem Urteil aus Straßburg einen Anspruch darauf haben. Stattdessen will man sie in einem neuartigen Therapieknast unterbringen. Darauf haben sich Innenminister de Maizière und Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger jetzt geeinigt.Damit werden in viele Richtungen falsche Hoffnungen erweckt. Wer soll denn von dem neuen Gesetz überhaupt erfasst werden? Straftäter, die psychisch krank sind, waren schon bisher in besonderen Einrichtungen untergebracht und eben nicht in der Sicherungsverwahrung. Umgekehrt ist nicht jeder, den ein Gutachter für gefährlich hält, psychisch gestört. Die Psychiatrisierung von unliebsamen Personen kennt man sonst eher aus Diktaturen. Peinlich, dass das nun die versprochene “gerichtsfeste Lösung” sein soll. Vor allem de Maizière hat gestern falsche Versprechungen gemacht. Statt die Panikberichterstattung der Bild-Zeitung zu geißeln, gaukelt er Scheinlösungen vor.
    Statt falsche Versprechungen zu machen, sollte offen gesagt werden, dass die meisten der zur Entlassung anstehenden Sicherungsverwahrten aus rechtlichen Gründen wirklich in Freiheit kommen werden, dass sie aber lange nicht so gefährlich sind, wie viele glauben. Es handelt sich vor allem um restgefährliche alte Männer. Sie brauchen mehr Sozialarbeit als Kontrolle – und nicht zuletzt Schutz vor der Bild-Zeitung, die sonst jede Resozialisierung verhindern wird.
    Quelle: taz

    Siehe dazu auch noch:

    Regierung für schöneres Strafen
    Quelle: taz

  12. Haiders Fatale Erbschaft
    Noch immer verehren ihn viele wie einen Heiligen. Aber was jetzt über Jörg Haider bekannt wird, bringt selbst manchen Getreuen ins Wanken: geheime Konten, Geldwäsche, Rüstungsgeschäfte, Millionenspenden von Saddam Hussein. Fast täglich kommen neue Details ans Tageslicht.
    Quelle: Tagesspiegel
  13. “Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent angeboren”
    In den gepflegteren Milieus reagiert man auf dieses Buch, wie man schon auf die Interviews reagiert hatte: Irgendwie hat er ja recht, wenn er nur nicht so provozierend formulieren würde.
    In diese Richtung wirbt der Verlag, wenn er Helmut Schmidt mit der Bemerkung zitiert: „Wenn er sich ein bisschen tischfeiner ausgedrückt hätte, hätte ich ihm in weiten Teilen zustimmen können.“
    Diese teetassenhafte Besorgnis um Sarrazins Tischfeinheit zeigt, dass der Mann schmutzige Gedanken in den Mund nimmt, die viele Leute mit sauberen Händen im Kopf haben, wenn es um die in- und ausländischen Unterschichten geht. Selbstverständlich hat Sarrazin nichts gegen den türkischen Arzt oder den arabischen Diplomaten. Wie ja einst auch der gehobene Antisemit stets ein paar bessere Juden zu seinen Freunden zählte, um die Unterschichtsjidden im Stetl umso inbrünstiger verachten zu können. Sarrazin und seinen heimlichen Anhängern in der Mittelschicht macht der deutsche und islamische Plebs so zu schaffen, dass sie fürchten, Deutschland schaffe sich ab.
    Sarrazins Argumentationsweg lässt sich mit fünf Schritten abkürzen:
    Erstens: „Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent angeboren.“
    Zweitens: Die Hochbegabung konzentriert sich in der Oberschicht, die Mittelschicht bringt gut Begabte hervor, in der Unterschicht ist überdurchschnittliche Intelligenz selten, in der von staatlichen Transferleistungen lebenden Unterschicht schon normale Intelligenz die Ausnahme. Drittens: Die Fruchtbarkeit in der Ober- und Mittelschicht ist zu gering, diejenige in der deutschen wie ausländischen Unterschicht zu groß. Je niedriger der Intelligenzquotient, desto höher die Fertilitätsrate.
    Viertens: Dies führt zum Sinken der gesellschaftlichen Gesamtintelligenz und zum Steigen der staatlichen Transferkosten.
    Fünftens: Zur Korrektur dieser Entwicklung müssen die dummen Leute aus der Unterschicht am Kinderkriegen gehindert und die klugen Leute aus der Mittel- und Oberschicht zum Kinderkriegen animiert werden.
    Des Weiteren ist die Zuwanderung dummer Türken, Araber und Afrikaner zu unterbinden und durch eine gesteuerte Migration gebildeter Menschen aus intelligenteren Ländern zu ersetzen…
    Das Problematische der sarrazininschen Ideen besteht nicht in den Einzeldiagnosen, sondern in der biologistischen Logik, mit der er Bruchstücke der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu einer pseudonaturwissenschaftlichen Weltanschauung fügt. Aber gerade diese Dimension bleibt in der sich selbst befriedigenden öffentlichen Empörung beschämend unbeachtet. Vielleicht auch, weil der so übereifrig den Bösewicht spielende Sarrazin mit seinem biologistischen Gesellschaftsbild, seinem Erbintelligenzlertum und seiner Gen-Rhetorik vielen Menschen der akademischen Mitte mehr aus der Seele spricht, als ihr Mund zugeben würde.
    Und weil das kalte Interesse des Geldbeutels meistens über die Wärme des Herzens siegt, fände sicher manche Akademikerfamilie an dem Vorschlag Geschmack, den Sarrazin am Ende seines mit der Peitsche geschriebenen Buches als Zuckerbrot reicht: Das Kindergeld für alle wird gestrichen und durch eine akademische Fortpflanzungsprämie ersetzt: Frauen mit Hochschulabschluss bekommen für jedes Kind, das sie vor Abschluss des dreißigsten Lebensjahres zur Welt bringen, die schöne Summe von 50 000 Euro. Sarrazin hat nichts gegen Staatsknete, er will sie nur nicht politisch, sondern biologisch korrekt verteilen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung WL: Wie die Medienkampagnen vor allem in Bild und Spiegel Früchte tragen und auf welches Interesse Sarrazins „biologistische Logik“ stößt und wie viele Leute mit „Tischfeinheit“ sich davon angesprochen fühlen zeigt sich darin, dass Sarrazins Machwerk bei Amazon mit weitem Abstand den Verkaufsrang Nr. 1 einnimmt.
    Auch hier sehe ich Parallelen zum Ende der Weimarer Zeit und dem Aufstieg der NSDAP: Die Deutschnationalen und mit ihnen weite Teile des konservativen Bürgertums und des Adels mochten über die «plebejischen» Nationalsozialisten die Nase rümpfen. Inhaltlich herrschte bis weit in die bürgerliche Mitte hinein große Übereinstimmung mit ihnen.
    Es ist ein Indiz dafür, dass der Wertekonsens des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ zu bröckeln beginnt. Die Ablenkung von den sozialen und politisch verursachten Problemen und die Lenkung des Unmuts auf ethnische Minderheiten mit biologistischen und rassistischen Unwerturteilen scheint auf fruchtbaren Boden zu fallen.
    Siehe dazu: „Deutschland schafft sich ab“ erzählt die Untergangsgeschichte einer Nation. Für diesen Untergang sollen mit den Muslimen nun sechs Prozent der Bevölkerung die Verantwortung übernehmen. Es fragt sich, was die anderen 94 Prozent in den letzten Jahrzehnten für die Zukunft ihres Landes getan haben. Sarrazins Buch ist ein Entlastungsversuch einer desorientierten Elite. Kein Zweifel, dass es ein Erfolg wird.

    Siehe auch: Tabubrechende Idiotie
    Siehe auch noch: Der elitäre Kleinbürger

  14. Vertreibung der Roma: Wohlfeile Sündenböcke
    Wieder einmal müssen die Roma als Sündenböcke herhalten, um von anderen Problemen abzulenken. Zur Geschichte einer Verfolgung. Zwecks Ablenkung von den desaströsen Folgen des Abzockerkapitalismus rufen Sicherheitspolitiker vieler Länder eine neu-alte Gefahr aus: die Roma. Bedrängt durch die Affäre seiner Gönnerin Liliane Bettencourt, die Millionen steuerfrei in der Schweiz versteckte, startete der französische Präsident, Träger des auch unter ungarischen Roma weitverbreiteten Namens Sarkozy, eine Kampagne zur Roma-Vertreibung. Das Muster ist uralt. Seit Jahrhunderten wird in Zentral- und Westeuropa versucht, diese ZuwanderInnen erst gar nicht einzulassen oder sofort wieder loszuwerden. Roma, Sinti, Gitanos und die Angehörigen all der anderen Stämme, ob fahrend oder sesshaft, unterlagen einer jahrhundertelangen Verfolgung und dienten unter dem Begriff «Zigeuner» sowohl als Objekte romantischer Projektionen als auch als solche des Neids auf die angebliche Freiheit ihres unsicheren Lebens. Die obrigkeitliche Hetzjagd auf diese Menschen gipfelte in der «Endlösung» des «Zigeunerproblems», der Ermordung von 500 000 Roma durch die Nazis.
    Quelle: Die Wochenzeitung
  15. Video und Tonaufzeichnungen von Albrecht Müller und Wolfgang Lieb auf YouTube
    Wenn Sie daran interessiert sind, hier ist die Quelle.
  16. Darf IW-Direktor Michael Hüther im ZDF für die Rente mit 67 werben?
    Sahra Wagenknecht, Abgeordnete der LINKEN, versucht einleuchtend zu erklären, dass wir keine Arbeitsplätze schaffen, wenn wie aus einem Arbeitsplatz drei Minijobs machen. Aber halt: Da ist ja noch der Diskussionspartner, ein Herr Professor Doktor, ein Herr Hüther, Direktor des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln. Aha. Bisher dachte ich immer, dass ein Professor ein gebildeter Mensch wäre. Aber weit gefehlt! Immer wenn Sahra Wagenknecht etwas erklären will, kräht er sofort drauflos. Was war das? Sahra Wagenknecht will reden: Der Herr Professor poltert los, weiß sofort, dass alles Unsinn ist, was er selbst nicht denkt. Sahra Wagenknecht hält sich zurück; setzt neu an: Der Professor kräht wieder los. Sahra Wagenknecht bleibt ruhig, versucht erneut, auf seine Worte einzugehen: Der Doktor der Weisheit posaunt sofort auf sie ein. Lässt sie keinen Satz zuende sagen, weiß sofort alles immer besser. So einfach ist das, wenn man ein Professor für irgendetwas ist.
    Ein Schauspiel der ganz besonderen Art. Im ZDF? Unter Peter Hahne? Plötzlich interessiert mich das. Peter Hahne lacht breit. Wie so oft. Professor Hüther unterbricht Frau Wagenknech, Peter Hahne lacht, Hüther bleibt dabei: Er lässt Sahra Wagenknecht nicht ausreden. Und wenn, reflektiert er das Gesagte nicht und lässt keine halbe Sekunde Zeit bis zum nächsten Loskrähen. Ich warte auf den Wendepunkt, auf Peter Hahnes Eingreifen. Aber vergeblich. Hahne lacht immer nur, um nicht zu sagen: er verbündet sich mit dem “Professor für Kapitalismus“. (…) Peter Hahne tut nichts dagegen. Er lacht. Und hilft dem Herrn Professor gern aus jeder Lage. Sahra Wagenknecht kommt auf den Punkt? Hahne sagt: Stopp, wir wollen einen Film einfügen! So einfach ist das, wenn man Angst hat vor der Logik!
    In welchem Film befinde ich mich? Das Theater hört nicht auf, und ich wundere mich, dass Sahra Wagenknecht so ruhig bleibt. Aber sie weiß, dass sie es sein muss. Die ZDF-Zuschauer würden ihr nicht zugestehen, was Prof. Hüther sich erdreistet. Oder man könnte ansonsten vielleicht später die Aufnahmen zurechtschneiden, um sie lächerlich zu machen. Bei den Kapitalismus-Lobbyisten hingegen schneidet später keiner die Originalaufnahmen zu falschen Zusammenhängen zurecht.
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung
  17. Neue Regeln fürs Internetangebot von ARD und ZDF : Das große Schrumpfen
    Nach den neuen Regeln müssen die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF bis zu 70 Prozent ihrer Online-Inhalte löschen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung WL: Siehe dazu Beschränkung der Onlineangebote der Rundfunkanstalten: Zensur durch den Markt.

  18. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten
    Hochschulen in den USA zwischen Elite und Titelmühlen
    Das Bildungswesen in den USA kann nur verstehen, wer die Vermögensverteilung im Lande bedenkt. In den letzten dreißig Jahren hat sich das private Volksvermögen auf eine immer kleinere Gruppe der Bevölkerung konzentriert. In Zahlen: Die oberen zehn Prozent der Bevölkerung verfügen über 71 Prozent des privaten Volksvermögens. Diese Kluft zwischen den sozioökonomischen Gruppen spiegelt sich im Bildungssystem des Landes. Was hier geschehen ist (und sich vermutlich weiter fortsetzen wird), lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Die Spitzenuniversitäten (‚universities at the top’) haben sich so weit von den Universitäten des unteren levels (‚universities at the bottom’) entfernt, dass man von einem ‚Universitätswesen’ als einheitlicher sozialer Institution nicht länger sprechen kann. Die Spitzenuniversitäten vertreten andere Werte als die unteren, sie haben einen anderen Bildungsauftrag, anderes Lehrpersonal und eine andere Finanzierung; die Universitäten im Mittelfeld sind zwischen diesen Extremen hin- und hergerissen. Auf diese Unterschiede und ihre Implikationen möchte ich näher eingehen.
    Quelle: Forschung & Lehre
  19. Soziale Selektion oder gleiche Chance für alle – wie gerecht ist unsere Praxis des Hochschulzugangs?
    Live-Diskussion im Deutschlandfunk in Zusammenarbeit mit dem “manager magazin” aus der Bertelsmann Repräsentanz in Berlin am 24. September 2010.
    Es diskutieren:
    Dr. Jörg Dräger, Geschäftsführer des gemeinnützigen Centrums für Hochschulentwicklung
    Prof. Jürgen Hesselbach, Präsident der TU-Braunschweig
    Prof. Dr. Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg
    Thomas Sattelberger, Personalvorstand Deutsche Telekom AG
    Die Gesprächsleitung haben Michael Kröher (manager magazin) und Christian Floto (Deutschlandfunk)
    Quelle: CHE

    Anmerkung WL: Der Deutschlandfunk in den Fängen der Krake Bertelsmann.

  20. Falsche Antwort am Golf von Aden
    Die Lobbyarbeit, die jetzt von interessierter Seite in den USA betrieben wird, um finanzielle und militärische Mittel in undurchsichtige und schwer kontrollierbare Covert Operations am Golf von Aden umzuschichten, ist keine Antwort auf die politischen Probleme, die dahinterstecken. Somalia ist schon lange ein zerfallener Staat, Jemen ist von diesem Zustand nicht allzu weit entfernt. In beiden Ländern gibt es rechtsfreie Räume, die sich Akteure des internationalen Terrorismus zunutze machen können. Tolerierung durch die lokale Bevölkerung finden sie deswegen, weil der Westen immer wieder die falsche Karte gespielt hat. Man fördert lieber Dauerkrieg, als eine Machtübernahme durch Fundamentalisten hinzunehmen, man stützt korrupte Zentralstaatsvertreter gegen lokale Selbstbestimmung, man drückt bei regionalen Alliierten wie Äthiopien und Saudi-Arabien beide Augen zu, ohne zu überlegen, dass dies der Gegenseite Sympathien zufliegen lässt. Sicherheitspolitik sollte eigentlich Stabilität als oberstes Ziel haben, aber in Somalia wie im Jemen war das Ergebnis bisher immer das Gegenteil
    Quelle 1: taz
    Quelle 2: taz
  21. Ines Zöttl – Küss die Hand, Herr Oberst
    Libyens Machthaber Gaddafi hat sich seit seiner “Läuterung” nicht verändert. Dafür verbiegt sich der Rest der Welt umso mehr. Gaddafi muss dazu nicht einmal den lupenreinen Demokraten geben. Unangefochten hält er sich in der Freedom-House-Hitliste der 20 unfreiesten Länder der Welt. Doch Augen zu und rein ins Zukunftsgeschäft lautet die Devise der Franzosen, Deutschen oder Amerikaner. Der Handkuss von Silvio Berlusconi für den Oberst beim Gipfel der Arabischen Liga brachte die Haltung des Westens auf den Punkt: gebückt.
    1996 bekam Gaddafi, der sich seit 41 Jahren an der Macht hält, das Unbedenklichkeitsiegel: Die USA strichen ihn von der Terrorliste, nachdem er dem Staatsterrorismus entsagte. Was seitdem geschah: Im Juli 2007 lässt Libyen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen Arzt frei, die acht Jahre lang im Gefängnis schmorten, weil sie Kinder vorsätzlich mit Aids infiziert haben sollen. Ein absurder Vorwurf. Den Verzicht auf die Vollstreckung des Todesurteils kriegt Europa nicht umsonst: In Interviews bekundet Gaddafis Sohn Saif al-Islam Genugtuung, dass er und sein Vater einen guten Preis beim Menschenhandel erzielt hätten: einen Rüstungsdeal mit Frankreich, der das unausgesprochene Waffenembargo der EU beendete. Die Zusage zum Bau eines Atomkraftwerks gab es obendrauf. Zugleich deutet al-Islam an, dass der Lockerbie-Attentäter Abdel Basset al-Megrahi aus Großbritannien freikommen könnte. Ein Jahr später, im Juli 2008, wird ein anderer der sieben Söhne Gaddafis in Genf festgenommen, weil er und seine Frau Hausangestellte misshandelt haben sollen. Das Foto gelangt in die Zeitung. Eine solche Schmach bleibt nicht ungesühnt: Kurzerhand werden zwei Schweizer Geschäftsleute wegen angeblicher Visavergehen festgesetzt – und die Schweizer Nomenklatura begibt sich auf einen Spießrutenlauf, um ihre Staatsbürger freizubekommen. Gaddafi fordert, legt nach und erpresst – und würzt das Ganze, indem er zum Dschihad gegen die Schweiz aufruft – zu einem “unglücklichen Zeitpunkt”, wie ein Sprecher der EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton findet. Ihre Zurückhaltung gibt die EU erst auf, als die Schweizer sich erdreisten, gegen 188 Libyer Einreiseverbote nach dem Schengen-Abkommen zu verhängen. Unmissverständlich machen die Kollegen klar, dass sie nicht in die Sache verwickelt werden möchten. Und so zerrt Gaddafi die Schweiz fast zwei Jahre lang am Ring durch die Manege – mit zwei Geiseln in der Hand. Artig hat die Schweizer Regierung 1,5 Mio. Franken für Tripolis bereitgelegt, falls die Schuldigen für die Weitergabe der Fotos an die Presse nicht gefunden – und in die Wüste geschickt? – werden.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: Ein Artikel, der auf den Punkt bringt, wie korrupt und marode, ohne Rückgrat die westlichen Demokratien sind. Möge das chinesische Imperium über uns kommen, die westlichen “Koofmichs” fallen nur noch damit auf, dass sie Wasser predigen und Wein trinken.

  22. Aufstand im Reich des Terminators
    Viele Bundesstaaten in den USA sind fast pleite. Besonders dramatisch ist die Situation in Kalifornien: Gouverneur Schwarzenegger steckt in der Falle. Er muss radikal sparen – und macht sich unbeliebt. Der bevölkerungsreichste US-Bundesstaat, der mit einem Bruttoinlandsprodukt von 1840 Mrd. Dollar (2008) als achtgrößte Volkswirtschaft der Welt betrachtet werden kann, leidet wie viele andere US-Bundesstaaten unter der Wirtschaftskrise, der geplatzten Immobilienblase und sinkenden Steuereinnahmen. Der sogenannte Golden State steht auch in diesem Jahr vor einem Loch, das fast 20 Mrd. Dollar groß ist. Um es zu stopfen, versucht Schwarzenegger die Ausgaben um 12,4 Mrd. Dollar zu kürzen.
    Betroffen sind vor allem das Gesundheits- und Sozialwesen sowie die Bildung. Kaum ein Bürger und kein Amt kommt dabei ungeschoren davon. Drei Freitage im Monat sollen Beamte ohne Bezahlung zu Hause bleiben, bis das seit 1. Juli fällige Budget steht und der Finanzchef des Staates genug Geld hat, um die Rechnungen zu bezahlen. Erhöhte Schulgelder, weniger Kursangebote und vollere Hörsäle gehören zur neuen Sparrealität an Kaliforniens Hochschulen. Niemand bleibt von den Kürzungen verschont, selbst die Professoren nicht. An der California State University wurde auch ihnen im abgelaufenen Schuljahr Zwangsurlaub verordnet. Nicht viel besser sieht es an den Schulen aus. Im März wurden etwa 26.000 Lehrer entlassen.
    Quelle: FTD
  23. Bis zu 50.000 S-21-Gegner erwartet
    Nach dem Baggerbiss am Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs erwarten die Stuttgart-21-Gegner am Freitag bis zu 50 000 Demonstranten. „Die Leute sind erzürnt darüber, dass das Projekt nun mit allen Mitteln vorangetrieben werden soll“, sagte einer der Organisatoren. Nach einer Kundgebung vor dem Bahnhof sei ein Marsch zum Landtag geplant, um den entlang der Bannmeile eine Menschenkette gebildet werden soll. Das Motto lautet: „Sie brechen ab – wir brechen auf – Weg mit Stuttgart 21“.
    Am Donnerstag waren die Abrissarbeiten bis zum Nachmittag blockiert, weil tags zuvor sieben Demonstranten das Dach des Nordflügels besetzt hatten. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei führte die Aktivisten am Nachmittag schließlich ab und der Bagger kam einige Stunden zum Einsatz. Gerüchte, dass die Rückwand des Gebäudes auf die dahinter liegenden Gleise zu fallen drohe und deshalb für diesen Freitag ein Baustopp verhängt worden sei, bestätigte Projekt- Sprecher Wolfgang Drexler nicht. Möglicherweise werde der Bagger nicht eingesetzt, weil der Schutt weggebracht und die Entkernung fortgesetzt werden müssten. Dies geschehe aber nach dem Plan der Bauherrin Bahn.
    Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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