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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 25. November 2010 um 9:22 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: „Bayern LB, Irland-Krise, Generalstreik in Portugal, Staatsschulden-Atlas, Rezession durch Sparen, Hartz-IV-Regelsatz, Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Bezieher, Stellenbesetzungen, Arbeitszeitentwicklung und Krise, die Politik entgleist, Mikrokredite, Geheimdienste, Bologna-Tohuwabohu, Deutschlands teuerstes Studium, Bildungschancen, dubiose Bildungsfirma, „Terror-Ausländer“, Polizeimobbing, Korea, Lateinamerika, zu guter Letzt. Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert: (RS/WL)

  1. Attac veröffentlicht brisantes Gutachten zur Bayern LB
  2. Irland-Krise
  3. Generalstreik: In Portugal geht nichts mehr
  4. Infografik: Der große Staatsschulden-Atlas
  5. Spart der Staat, droht eine neue Rezession
  6. Diakonie: Regelsatz von 433 Euro gefordert
  7. IAB erwartet kaum Effekte durch die Reform der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Bezieher
  8. Stellenbesetzungen in Zeiten der Krise
  9. Arbeitszeitentwicklung und Krise – eine Zwischenbilanz
  10. Altersvorsorge der Türkeistämmigen in Deutschland
  11. Die Politik entgleist
  12. Mikrokredite: Selbstmord einer großen Idee
  13. Koalition will Geheimdienste neu organisieren
  14. Das Bologna-Tohuwabohu
  15. Deutschlands teuerstes Studium
  16. Hürden für faire Bildungschancen in Deutschland
  17. Dubiose Bildungsfirma: Berliner Senat schließt Phantom-Hochschule
  18. Wie der WDR und andere ARD-Sender sich Lob bei der BILD-Zeitung verdienen Schüler als „Terror-Ausländer“ verunglimpft
  19. Polizeimobbing – ein Ex-Gutachter packt aus
  20. Konflikt in Korea: USA wollen Südkorea verteidigen
  21. Lateinamerika: Teil der Lösung
  22. Zu guter Letzt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Attac veröffentlicht brisantes Gutachten zur Bayern LB
    Attac hat am heutigen Mittwoch ein brisantes Gutachten zur Verantwortung für die Krise der Bayerischen Landesbank ins Internet gestellt. Es war vom bayerischen Landtag bei der Kanzlei Flick/Gocke/Schaumburg in Auftrag gegeben worden und behandelt die Frage der möglichen Haftbarkeit der Vorstände und Verwaltungsräte. Im Rahmen des Untersuchungsausschusses im Landtag ist aus dem Gutachten zitiert worden, es wurde aber nie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
    Dabei gehen die Gutachter mit den Verantwortlichen in Vorstand und Verwaltungsrat hart ins Gericht: “(…) haben die Vorstandsmitglieder in schwerwiegender Weise schuldhaft ihre Überwachungspflicht (… verletzt” heißt es da. Und: “Mit dem Aufbau der ABS-Investment-Portfolien hat der Vorstand der Bayern LB den dieser Landesbank durch Gesetz und Satzung zugewiesenen Aufgaben- und Wirkungskreis überschritten”. Sowie: “Infolge der Pflichtverletzungen sowohl des Vorstandes als auch des Verwaltungsrates ist der Bayern LB bereits ein Schaden entstanden (…)”.
    Quelle: attac (Siehe dort auch das Gutachten und die zusammenfassenden Ergebnisse)
  2. Irland-Krise
    1. Sieg für die Lobby: Brüssel knickt bei Irland-Hilfen ein
      Microsoft, Apple, Google und die deutschen und französischen Banken haben gewonnen: Irland darf – trotz EU-Hilfen – weiterhin Steuerdumping zum Schaden seiner Nachbarn betreiben.
      Quelle: Telepolis
    2. Immer wieder retten wir die Banken
      Gestern Griechenland, heute Irland, morgen Portugal? Kaum ist EU-Partner Griechenland mit 110 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet, hält der nächste Pleitekandidat die Hand auf: Irland
      Quelle: Frontal21
    3. Irland: Der Steuerstreit
      Nachdem Irland unter den EU-Rettungsschirm geschlüpft ist, wird hart über die Auflagen der Hilfen debattiert. Vor allem die Forderungen nach einem Ende der irischen Niedrigsteuerpolitik mehren sich. Bislang lehnt die irische Regierung aber jedes Antasten der Unternehmensteuer rigoros ab. Irland hat mit 12,5 Prozent den drittniedrigsten Unternehmensteuersatz in der EU und den niedrigsten in der Eurozone. Zum Vergleich: Gleich nebenan, bei den englischen Nachbarn, werden 28 Prozent fällig, in Deutschland rund 30 Prozent.
      Quelle: TAZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Angesichts der riesigen Differenzen ist die Rede von Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Mitglied im Europaparlament, von der Notwendigkeit “des innereuropäischen Steuerwettbewerbs” nur ideologisch zu begreifen. Abgesehen davon sollte sich Irland allmählich auch Gedanken über die Einnahmeseite machen.

    4. EU-Sanierungsfall: Iren begrüßen ausländische Retter
      Für Irland schlägt die Stunde der Wahrheit: An diesem Mittwoch legt die Regierung ihren Vierjahressparplan vor. Das Volk sieht die drakonischen Einschnitte fatalistisch. Die politische Führung gilt als unfähig und ohnmächtig – IWF und EZB werden als Retter empfangen.
      Quelle: Spiegel-Online

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Schlimmste Propaganda. “Kaum eine Bevölkerungsgruppe wird geschont”? Außer natürlich den wirklich Reichen und Bestverdienern – von einer Anhebung des Spitzensteuersatzes, der Körperschaftsteuer, der Vermögensteuer… ist hier nichts zu lesen. Offensichtlich werden nur die indirekten Steuern und Gebühren erhöht. Und wie man von dem bestenfalls rudimentären irischen Sozialstaat noch etwas abbauen kann, ist schwer begreifbar.

      Ergänzende Anmerkung RS: In der Tat übelster Propaganda-Journalismus, wie wir es von der Zeitung mit den vier großen Buchstaben gewohnt sind.
      Es ist schon ziemlich dreist, einem Staat, der über Jahre hinweg – bis 2007 – Haushaltsüberschüsse verbucht hat, und dabei die Staatsschulden um die Hälfte auf 25% des BIP gesenkt hat, vorzuwerfen, er habe sich eigenen Luxus geleistet. Denn die Staatsschulden sind bekanntlich hauptsächlich deshalb entstanden, weil er sich entschieden hat, die Schulden der irischen Banken zu garantieren. Aber gut, vielleicht meint der Spiegel, dass es eigener Luxus sei, dass es sich der irische Staat leistet, marode Banken zu unterstützen, anstatt sie auf Kosten ihrer (u.a. deutschen) Gläubiger fallen zu lassen.
      Ach ja, auch nicht besonders aufmerksame Leser würden sich bestimmt fragen, wie eine Senkung des Mindestlohns zur Sanierung des Staatshaushalts beitragen soll. Arbeiten wirklich so viele Staatsdiener nur für den Mindestlohn? Doch diese Frage fällt dem Spiegel-Journalisten nicht ein.
      Propaganda-Journalismus pur. Es ist wirklich traurig, wie tief der Spiegel auf Springer-Niveau gesunken ist.

    5. Schuldenkrise: Irische Irrtümer
      Als keltischer Tiger gesprungen, als Bittsteller gelandet: Wie konnte Irland nach seinem rasanten Aufstieg so tief fallen? Irland hat in den vergangenen 20 Jahren eine beispiellose Entwicklung durchgemacht. Von 1990 bis 2007 hat sich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf verdoppelt – inflationsbereinigt. Die Grüne Insel wurde vom Auswanderer- zum Einwandererland. Doch die Finanzkrise hat dieser Erfolgsgeschichte ein abruptes Ende bereitet.
      Quelle: FTD
  3. Generalstreik: In Portugal geht nichts mehr
    Die Menschen in Portugal wehren sich mit einem Generalstreik gegen den Sparkurs der Regierung. Die Schulden lasten schwer auf dem Land.  Der Antikrisenplan des Regierungschefs sieht die Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 21 auf 23 Prozent vor, Renten sollen eingefroren, Beamtenlöhne gekürzt, Sozialleistungen gestrichen und staatliche Infrastrukturausgaben gekappt werden. Portugal, das ärmste Land Westeuropas, gilt nach Griechenland und Irland als nächster Wackel-Kandidat der Euro- Zone. Die Zinsen für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen bewegen sich inzwischen um die 6,5 Prozent, was die Kreditbeschaffung für das Land teuer und eine Rettungsaktion in den kommenden Monaten wahrscheinlicher macht. Zum Vergleich: Deutsche Bundesanleihen rentieren derzeit mit etwa 2,6 Prozent.
    Quelle: Tagesspiegel
  4. Infografik: Der große Staatsschulden-Atlas
    In welchen Ländern ist die Deutsche Bank engagiert? Vor welchen Staatsbankrotten müssen sich die Banken in Großbritannien fürchten? Der interaktive Staatsschulden-Atlas gibt den schnellen Überblick über die komplexen Verstrickungen von Finanzwirtschaft und Staatshaushalten in Europa.
    Quelle: FTD

    Anmerkung G.G.: Ob die Zahlen für den Stresstest allerdings aussagekräftig sind, ist natürlich noch eine andere Frage.
    So ist z.B. keine irische Bank durch den Stresstest gefallen, jetzt müssen diese Banken mit zig Milliarden gestützt werden.

  5. Spart der Staat, droht eine neue Rezession
    Richard Koo ist auf einer Mission. Der Chefökonom des Nomura Research Institute in Tokio ist überzeugt, dass die USA und diverse europäische Länder in einer tückischen Bilanzrezession stecken, deren Bewältigung noch Jahre in Anspruch nehmen wird. Es sei in dieser Situation äusserst wichtig, dass staatliche Stimulusprogramme aufrechterhalten werden, sagt Koo. Andernfalls drohe ein erneuter Kollaps der Wirtschaft. Aussagen der Regierung Deutschlands und der Führung der Europäischen Zentralbank (EZB), wonach die Staaten jetzt sparen müssten, machen ihm Angst. «Diese Leute wissen nicht, mit was für einer gefährlichen Situation wir es zu tun haben», warnt er.
    Quelle: Tagesanzeiger

    Anmerkung Orlando Pascheit: Ganz plötzlich ist Richard Koo ein sehr gefragter Interviewpartner, was wohl damit zu tun hat, dass die Staatsverschuldung  in der westlichen Welt im Schnitt zwar noch keine japanische Dimension erreicht hat, aber tendenziell sich dahin orientiert. Koo hinterfragte bereits in seinem Buch, “Balance Sheet Recession” (2003), die in Europa verbreitete These, die Konjunkturprogramme der japanischen Regierung hätten nichts hinterlassen außer riesigen Schuldenbergen und aktualisierte seine Forschung in dem Buch, “The Holy Grail of Macroeconomics”, welches Martin Wolf seinerzeit in der FT als ” best analysis of what happened to Japan” bezeichnet.
    Indem Koo Japan attestiert, recht erfolgreich gewesen zu sein, haben wir sozusagen einen empirischen Hinweis, dass eine expansive Wirtschaftspolitik in der gegenwärtigen Krise, und diese ist noch lange nicht vorbei, nicht des Teufels sein muss. Ich kenne die Verhältnisse in Japan zu wenig, aber ein Blick in die Weltbankdaten verrät, dass das japanische Pro-Kopf -Einkommen in den letzten Jahren kaufkraftbereinigt unter das deutsche oder französische Niveau gefallen ist, aber immer noch ein hohes Niveau ausweist. Wer sich auf das Interview mit Koo einlassen möchte, sollte zunächst den Kasten “Eine seltene, überaus gefährliche Krankheit” lesen, in dem der von Koo geprägte Begriff, Bilanzrezession erläutert wird.

  6. Diakonie: Regelsatz von 433 Euro gefordert
    Bislang einzige wissenschaftliche Alternativberechnung weist Fehler in der Regelsatzberechnung der Bundesregierung nach – Erhöhung von 69 Euro notwendig. Die renommierte Volkswirtin Dr. Irene Becker (Riedstadt) war beauftragt worden, in ihrer Studie die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Berechnung des Existenzminimums modellhaft umzusetzen. „Die Studie belegt, dass die Bundesregierung den Regelsatz systematisch kleingerechnet hat“, so Segbers. Folgende Fehler belege die Studie: Für Alleinstehende muss der Regelsatz danach beispielsweise 433 Euro betragen und somit um 69 Euro über dem von der Regierung geplanten Regelsatz von 364 Euro liegen. Der Regelsatz für Kinder liegt laut Studie je nach Altersgruppe bis zu 36 Euro über den geplanten Regelsätzen. Die Bundesregierung hat dagegen die Kosten für Lebensmittel bei allen Jugendlichen von 138 um 14 Euro auf 124 Euro gekürzt. Die Bundesregierung kommt in ihrer Sonderauswertung auf einen Bedarf von 18 Euro für Mobilität, doch die tatsächlichen Ausgaben betragen 34 Euro.
    Quelle 1: Diakonie in Hessen und Nassau [PDF – 66 KB]
    Quelle 2: Deklaration [PDF – 254 KB]
  7. IAB erwartet kaum Effekte durch die Reform der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Bezieher
    Die geplante Reform der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Bezieher wird keine starken Effekte haben, geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Das Erwerbsverhalten und die Zahl der Hartz-IV-Empfänger werden sich dadurch kaum verändern.
    Ein kleiner Teil der Hartz-IV-Empfänger darf voraussichtlich ab Juli 2011 etwas mehr vom Hinzuverdienst behalten. So sieht es der im Oktober vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf vor, der auch die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes von 359 Euro auf 364 Euro umfasst. Die Veränderung gegenüber den derzeitig gültigen Anrechnungsregeln ist allerdings nur minimal. Für alle erwerbstätigen Hartz-IV-Empfänger („Aufstocker“) mit einem Einkommen bis 800 Euro ändert sich durch die Reform nichts. Für die anderen steigt das verfügbare Einkommen um maximal 20 Euro im Monat. Dabei handelt es sich aber nur um 300.000 der insgesamt 1,4 Millionen Aufstocker. Daher seien auch die jährlichen Mehrkosten mit gut 200 Millionen Euro vergleichsweise niedrig, so das IAB.
    „Die von den Regierungsparteien im Koalitionsvertrag angestrebte Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Wahl zwischen Skylla und Charybdis“, schreiben die Nürnberger Arbeitsmarktforscher. Letztlich hänge die politische Entscheidung davon ab, welchem Ziel Vorrang eingeräumt wird: dem Ziel einer Arbeitsaufnahme auch mit geringer Stundenzahl, dem Ziel einer höheren Wochenstundenzahl bei den Aufstockern oder dem Ziel, die Sozialausgaben zu begrenzen.
    Indem die Bundesregierung die derzeit gültige Regelung nur marginal verändere, vermeide sie die Priorisierung dieser konkurrierenden Ziele. Allerdings seien daher auch keine nennenswerten Arbeitsangebotseffekte durch die neue Regelung zu erwarten. „Auch das im Koalitionsvertrag genannte Vorhaben, dass Erwerbstätige mit höherem Erwerbseinkommen in der Grundsicherung finanziell besser gestellt werden, wird nur ansatzweise eingelöst“, merken die Arbeitsmarktforscher an.
    Jede andere Lösung hätte aber auch Nachteile gehabt: „Eine weiter reichende Reform hätte entweder höhere Ausgaben oder deutliche Einschnitte zumindest bei einem Teil der Aufstocker nach sich gezogen“, steht im Fazit der Studie.
    Quelle: IAB [PDF – 665 KB]
  8. Stellenbesetzungen in Zeiten der Krise
    Rund 49 Prozent aller Neueinstellungen erfolgten 2009 in ein befristetes Arbeitsverhältnis, 6 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2008… Erstmals ist allerdings auch bei den Neueinstellungen von Akademikern der Befristungsanteil auf über 40 Prozent gestiegen, dies entspricht gegenüber 2008 einem Anstieg um knapp 10 Prozentpunkte …
    Generell sind die Befristungsanteile im Osten höher als im Westen. Sechs von zehn neu eingestellten Akademikern bekamen einen befristeten Arbeitsvertrag. Im Westen wurden dagegen nur vier von zehn neuen Arbeitsverträgen mit Akademikern befristet abgeschlossen.
    Quelle: IAB [PDF – 430 KB]
  9. Arbeitszeitentwicklung und Krise – eine Zwischenbilanz
    • In den Krisenjahren 2008/2009 haben Arbeitszeitverkürzungen in Deutschland wesentlich zur Sicherung von Arbeitsplätzen beigetragen. Bis zum Tiefpunkt der Krise im zweiten Quartal 2009 war die tatsächliche Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten um fast 1,4 Wochenstunden gegenüber dem Vorjahresquartal zurückgegangen. In exportorientierten Branchen wie der Metallindustrie betrug die Arbeitszeitverkürzung im selben Zeitraum sogar drei Stunden. Im Durchschnitt der EU war dieser Verkürzungseffekt wesentlich geringer. Dies zeigt eine Auswertung von Daten der Europäischen Arbeitskräftestichprobe durch das IAQ.
    • Kurzarbeit war dabei nur eines von mehreren Instrumenten der Arbeitszeitverkürzung. Formen individueller Arbeitszeitverkürzung wie der Abbau von Überstunden und von Guthaben auf Arbeitszeitkonten leisteten zusammengenommen sogar einen noch größeren Beitrag.
    • So hilfreich die „Krisenpuffer-Funktion“ der Arbeitszeitkonten zunächst erscheinen mag, so eindeutig ist festzuhalten, dass es sich hier um von den betreffenden Beschäftigten „vorfinanzierte“ Arbeitszeitverkürzungen gehandelt hat. Die individuellen Arbeitszeitverkürzungen in der Krise sind deshalb vor dem Hintergrund eines Trends zu längeren Arbeitszeiten von Vollzeitbeschäftigten vor der Krise zu sehen.
    • Der Anstieg der von Vollzeitbeschäftigten normalerweise geleisteten Arbeitszeiten von 39,7 Wochenstunden in 1995 bis auf 40,4 Stunden in 2008 ist zwar durch die Krise zunächst jäh unterbrochen worden. Doch seit dem dritten Quartal 2009 haben sich die durchschnittlichen Arbeitszeiten bis zum ersten Quartal 2010 wieder bis auf 0,3 Stunden an das Vorkrisenniveau angenähert.
    • In diesem neuerlichen Anstieg der Arbeitszeiten drückt sich nicht allein der Rückgang der Kurzarbeit aus. Es zeichnet sich auch ein Rückfall in die Praxis der Überstundenarbeit und des Aufbaus von Guthaben auf Arbeitszeitkonten ab, die bereits in den Jahren vor der Krise den Beschäftigungsaufbau erkennbar gebremst hatte. Sollte sich diese Tendenz verfestigen, droht dies die Beschäftigungswirksamkeit des beginnenden Aufschwungs ernsthaft zu behindern.

    Quelle: IAQ Report

  10. Altersvorsorge der Türkeistämmigen in Deutschland
    Die Rentenlücke trifft die 2,5 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland härter als die Gesamtbevölkerung. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle und bisher einmalige Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).
    „Die finanzielle Lage der Türkeistämmigen ist äußerst angespannt“, stellen die Autoren der DIA-Studie fest.

    Die finanzielle Lage der Türkeistämmigen Bevölkerung im Vergleich

    Quelle: DIA [PDF – 34 KB]

    Entsprechend ergeben sich starke Differenzen bei den späteren Altersrenten. Die Türkeistämmigen hoffen mehrheitlich, die Rentenlücke durch günstigere Lebenshaltungskosten in der Türkei schließen zu können. Dabei wird die angedachte Rückkehr in die Türkei von vielen aber nicht wirklich realisiert, wie Halm erläuterte. Auf die Hilfe ihrer Kinder setzen 22 Prozent.
    Quelle: Versicherungsjournal

    Anmerkung WL: Die Ergebnisse sind teilweise interessant, aber es ist geradezu penetrant wie es dem Auftraggeber dieser Studie das „Deutsche Institut für Altersvorsorge“ (DIA) vor allem darum geht, zu erkunden, wie man die türkischstämmige Bevölkerung für eine private Altersvorsorge gewinnen könnte.
    Es wird wieder einmal deutlich, dass das von der Deutschen Bank AG, der Deutsche Bank Bauspar AG, der DWS Investment GmbH und dem Deutschen Herold getragene Institut DIA bei den von ihm in Auftrag gegebenen Studien vor allem die Geschäftsinteressen der Versicherungswirtschaft im Auge hat.

  11. Die Politik entgleist
    Überfüllte Autobahnen und Massenstaus: Obwohl Deutschland auf einen Verkehrskollaps zusteuert, hat Verkehrsminister Ramsauer die Straßenlobby gestärkt. Der dringend benötigte Schienenausbau dümpelt weiter vor sich hin.
    (Die Schweiz) gibt im Jahr mehr als 280 Euro pro Kopf für den Ausbau der Schienenwege aus, so viel wie kein anderes Land in Europa. Und in Deutschland? Die Bundesrepublik liegt mit Investitionen von 47 Euro pro Kopf in der Rangfolge weit hinten. Während in vielen europäischen Ländern in den vergangenen 20 Jahren das Eisenbahnnetz ausgebaut wurde, ist es hierzulande um 17 Prozent geschrumpft.
    Nach Schätzungen des Bundesverkehrsministeriums nimmt der Güterverkehr bis zum Jahr 2025 um 70 Prozent zu, der Güterfernverkehr sogar um 80 Prozent. Für den Personenverkehr wird mit einer Zunahme von 20 Prozent gerechnet. Dies zeigt klar, wo die Prioritäten liegen: Angesichts der überfüllten Straßen und aus Sicht des Umweltschutzes muss die Schiene in Zukunft Vorrang haben, dort wiederum sollte der Güterverkehr Vorfahrt genießen. Doch dazu wird es nicht kommen. Der Bund ignoriert den Bedarf, wie der jetzt von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorgelegte Aktionsplan Güterverkehr beweist. Das Papier trägt deutlich die Handschrift der Straßenlobby.
    Nur 17 Prozent aller Güter in Deutschland werden mit der Bahn befördert, rund 70 Prozent dagegen mit dem Lkw …
    Auf der anderen Seite fehlt das Geld für das 34 000 Kilometer lange Schienennetz. Es ist unterfinanziert und wird es bleiben …
    Stattdessen schlucken wenige Prestigeprojekte wie der Bahnhofsneubau Stuttgart 21 mit der neuen ICE-Trasse von Wendlingen nach Ulm oder die Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Nürnberg den Großteil der Bundeszuschüsse. Mit elf Milliarden Euro wären die Schienenwege in Deutschland so weit auszubauen, dass sie doppelt so viele Güterzüge aufnehmen könnten wie bisher. Dafür fehlt das Geld.
    Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger
  12. Mikrokredite: Selbstmord einer großen Idee
    Nicht bloß Spandana oder SKS werben für das Geschäft, aus Deutschland sind neben der Deutschen Bank etwa die Allianz und die öffentliche Kreditanstalt für Wiederaufbau dabei. Bei den meisten Instituten klingt es dann so, als zahlten Indiens Mikrofinanzkunden problemlos zurück …
    Wie das Mikrokreditwesen dabei ganze Dorfgesellschaften aufreibt und die Frauen in Kriminalität und Prostitution treibt, lässt sich in Lachapet besichtigen. Das kleine Dorf im Bezirk Dabbak liegt rund 150 Kilometer nordwestlich von Hyderabad. In einer kleinen, leeren Getreidelagerhalle erwarten am frühen Abend 50 Zigarettendreherinnen und der Dorfbürgermeister den Reporter, als käme endlich einer, der für Recht und Ordnung sorgen könnte. Oder der zumindest der Welt von ihrem Schicksal berichtet. Ihre Heimat ist belagert von den Agenten der Mikrokreditfirmen. »Sie sind noch hier im Dorf«, sagen die Frauen ängstlich. SKS, Spandana, Share, Basics und L&T – alle haben in Lachapet Kredite vergeben. Und alle warten auf die Rückzahlung, die aber nicht kommt, weil die Frauen umgerechnet gerade mal einen Euro Tageslohn verdienen.
    Quelle: Zeit.de
  13. Koalition will Geheimdienste neu organisieren
    Die Regierung erwägt angesichts der Terrorgefahr eine Aufrüstung der Geheimdienste. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert Bundeswehr-Unterstützung im Inneren.
    Die Terrorangst der vergangenen Tage hat in der Bundesregierung Planspiele befördert, die Geheimdienste grundlegend umzustrukturieren: Bundesnachrichtendienst (BND) und Verfassungsschutz sollen massiv aufgerüstet werden. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) soll aufgelöst und seine Mitarbeiter von BND und Verfassungsschutz übernommen werden. Darauf hätten sich Vertreter von FDP und Union in einem geheim tagenden Bundestagsgremium verständigt, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, der Neuen Osnabrücker Zeitung.
    Quelle: Zeit.de
  14. Das Bologna-Tohuwabohu
    Wo der Geist von Bologna wehen sollte, müffelt es nach Uni-Bürokratie und Studentenfrust. Oft reicht der Bachelor kaum für den Berufsstart, also stauen sich Bewerber vor dem Masterstudium. Aber gut ist nicht gut genug – an vielen Hochschulen gehen sogar Bewerber mit Bestnoten leer aus.
    Wer zum Zuge kommt und wer nicht, entscheidet jede Hochschule anders. Die Bewerber müssen ein gewisses Expertentum erlangen, allein, um die verschiedenen Zulassungsverfahren im Massenfach Betriebswirtschaftslehre sortieren zu können. Während das Gros der Hochschulen allein auf die Abschlussnote des Bachelors schaut und alle Studenten – fremde wie eigene, Fachhochschüler und Uni-Absolventen – in einen Topf wirft, setzen die Universitäten Mannheim und Münster auch auf Faktoren wie Auslandserfahrung, Praktika und Fremdsprachen. An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt müssen die Bewerber in einem persönlichen Gespräch überzeugen.
    Wirrwarr? Chaos? Ganz und gar nicht, findet Margret Wintermantel, Chefin der Hochschulrektorenkonferenz. Die vielfältigen Auswahlmöglichkeiten seien von den Ländern schließlich so vorgesehen. “Grundlage der Entscheidung”, sagt sie, “ist die Qualifikation eines Bewerbers vor dem Hintergrund des spezifischen Profils eines Studiengangs.” Soll heißen: Jede Hochschule, jede Fakultät, weiß selbst am besten, wie sie sich die passenden Studenten aus dem großen Pool der Bewerber fischt.
    Mit europäischer Harmonisierung hat das freilich wenig zu tun. Die Unis sind sich ja nicht einmal einig, wie die Leistungen ihrer Bachelor-Studenten zu bewerten sind.
    All die Hürden, Mauern und Nadelöhre beim Übergang zum Master-Studium wären ja nicht weiter schlimm, wenn das Bachelor-Studium schon gute Chancen auf eine berufliche Karriere mit entsprechender Vergütung mit sich brächte. Tut es aber nicht.
    Quelle: Unispiegel
  15. Deutschlands teuerstes Studium
    Zwei Millionen Euro Anschubfinanzierung aus öffentlichen Geldern für lediglich fünf Studenten: Die Fachhochschule in Pulheim bietet das wohl kostspieligste Studium – zumindest für den Staat.
    Es sind die zwei wohl teuersten Studiengänge Deutschlands: An der neu gegründeten privaten Fachhochschule in Pulheim haben sich zu diesem Wintersemester ganze fünf Studenten eingeschrieben.
    Jeder Platz kostet somit rund 90.000 Euro pro Jahr – das ist fast doppelt so viel, wie ein gesamtes Betriebswirtschaftsstudium an einer staatlichen Uni kostet. Für die Kosten kommt vor allem der Rhein-Erft-Kreis auf, der der privaten Bildungseinrichtung eine Anschubfinanzierung von knapp 2 Mio. Euro über sechs Jahre aus dem öffentlichen Haushalt gewährte. Die Hochschule wird betrieben von der privaten Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bielefeld und der Rhein-Erft-Akademie.
    Quelle: FTD
  16. Hürden für faire Bildungschancen in Deutschland
    Zu kleine Klassenräume, marode Schulgebäude, überlastete Lehrerinnen und Lehrer und gestresste Schülerinnen und Schüler – das Bildungssystem in Deutschland weist eine Reihe von Missständen auf. Auch internationale Vergleiche der letzten Jahre haben offen gelegt, dass das deutsche Bildungssystem viele offene Baustellen hat – und keine davon so gewaltig ist wie die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft. In keinem anderen Land sind die Chancen so schlecht, beim Durchlaufen der Bildungsstufen einen sozialen Aufstieg zu schaffen.

    Grafik 1: Hürden für faire Bildungschancen in Deutschland

    Grafik 2: Hürden für faire Bildungschancen in Deutschland

    Grafik 3: Hürden für faire Bildungschancen in Deutschland

    Quelle: GEW Transparent 1/10 [PDF – 544 KB]

  17. Dubiose Bildungsfirma: Berliner Senat schließt Phantom-Hochschule
    Wenn eine Privathochschule Geld kassiert, aber kaum unterrichtet, stimmt etwas nicht. Im Fall der Edu.Con-Hochschule griff der Berliner Senat jetzt zum letzten Mittel und entzog ihr nach nur einem Semester die Zulassung. Die Verantwortlichen sind offenbar abgetaucht.
    Quelle: SPIEGEL
  18. Wie der WDR und andere ARD-Sender sich Lob bei der BILD-Zeitung verdienen Schüler als „Terror-Ausländer“ verunglimpft
    Die in den meisten Medien hochgelobte „Menschen hautnah“-Sendung des WDR, „Kampf im Klassenzimmer – deutsche Schüler in der Minderheit“ – erstmals am 21. Juli im ARD Nachtprogramm ausgestrahlt, wurde inzwischen auf weiteren ARD-Sendern wiederholt. Bei „Hart-aber-fair“ wurden die AutorInnen Nicola Graef und Güner Balci wegen ihrer Reportage eingeladen, die beweisen soll, wie sehr deutsche SchülerInnen – wenn sie in der Minderheit sind – unter ihren Mitschülern mit Migrantenwurzeln leiden. Dem Film wurde der Nimbus einer objektiven, realitätsnahen Dokumentation verliehen, in der endlich mal ausgesprochen wurde, was sich die „gescheiterten Multikultis“ nicht zu sagen trauen, bzw. was sie regelrecht leugnen und unterdrücken. – Hierzu u.a. ein Interview mit der ehemaligen Direktorin der im Sommer geschlossenen Hauptschule in Essen-Karnap in „Essen steht AUF“(1)
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung
  19. Polizeimobbing – ein Ex-Gutachter packt aus
    Auf unliebsame Beamte der hessischen Polizei wurde offenbar systematisch Druck ausgeübt, um sie aus dem Dienst zu drängen. Das belegen Unterlagen und Aussagen eines früheren Polizeigutachters, die der hessenschau vorliegen. Die Opposition fordert eine unabhängige Aufklärung der Mobbing-Affäre.
    Quelle: Hessenschau
  20. Konflikt in Korea: USA wollen Südkorea verteidigen
    Nach den Granaten auf Südkorea hagelt es Warnungen an Nordkorea: Vor allem die USA zeigten sich am Dienstag entrüstet über den Artillerieüberfall Nordkoreas auf die südkoreanische Insel Yonpyong vor der Westküste der Halbinsel.
    Quelle: FR
  21. Lateinamerika: Teil der Lösung
    Lateinamerika boomt. Lateinamerika trotzt der Wirtschafts- und Finanzkrise. Lateinamerika ist ein Kontinent von wachsender Bedeutung für Investoren, Handelspartner und politische Global Player. Stabiler, demokratischer und auch selbstbewusster als in zurückliegenden Dekaden. Für Bernhard Graf von Waldersee, den Beauftragten für Lateinamerika- und Karibikpolitik des Auswärtigen Amtes, das im August ein neues Regierungskonzept für die Region vorgelegt hat, kann es deshalb gar keinen Zweifel geben: „Wir müssen uns wieder mehr um den Kontinent kümmern.“ „Das nächste Jahrzehnt könnte das Jahrzehnt Lateinamerikas werden“, zeigte sich Osvaldo Rosales von der UN-Wirtschaftskommission Cepal optimistisch: „Wir sind nicht mehr das Problem der Weltwirtschaft, sondern Teil der Lösung.“ In der Tat sind die Kennzahlen beeindruckend: 20 Länder, davon drei in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, ein Markt von 560 Millionen Konsumenten. Sechs Prozent Wirtschaftswachstum verzeichnet die Region in diesem Jahr, die Prognosen für 2011 sind ähnlich gut. Die Länder verfügen über riesige Rohstoffvorkommen und haben gute Aussichten, denn 30 Prozent der weltweiten Landreserven, die zum Ackerbau taugen, und 40 Prozent der globalen Süßwasservorräte befinden sich in der Region.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Lateinamerka mag im Durchschnit boomen, sechs Prozent Wirtschaftswachstum klingt ja auch gut, aber man nehme z.B. das Schwergewicht Brasilien heraus und schon sehen wir, dass dieser Boom ungleich verteilt ist. Vor allem aber ist dieser Boom rohstoffbasiert, Lateinamerika wird erst dann wirklich wettbewerbsfähig sein, wenn seine Industriegüterpoduktion mithalten kann. Ganz richtig erkennt Osvaldo Rosales von der UN-Wirtschaftskommission Cepal, dass für die Entwicklung der Region aber eine Diversifikation des Exports wichtig sei .Vergleichen wir den Exportanteil der Waren der verarbeitenden Industrie am Gesamtexport, so lag dieser Anteil 2008 in China bei 93 Prozent mit immer noch mit zunehmender Tendenz und bei Brasilien bei 45 Prozent mit abnehmender Tendenz.

  22. Zu guter Letzt
    «Parallele Entwicklungen in Deutschland»
    Quelle: YouTube


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