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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 6. Dezember 2010 um 9:09 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Der nächste Krisenabschnitt folgt; 35 Milliarden Euro für Irlands Banken: Viel Geld und wenig Antworten; Robert von Heusinger: Prinzipienreiter zerstören den Euro; Hartz IV; Prüfbericht zur Rente erst ab 67; Sparquote in Deutschland; Fleischbranche: Deutschland ruiniert seine Nachbarn; erstmals über 10.000 Wohnungslose in Baden-Württemberg; Guttenberg will EADS Milliarden schenken; von wegen “nur dagegen”; 2.200 Dosen Reizgas versprüht; das doppelte Spiel der Stromversorger; ausgeschafft; Staatsknete nur gegen Gesinnungs-TÜV; die Lügen vom Dienst; Wikileaks; warum Obama scheitert; US-Konjunktur: Auf tönernen Füssen; USA, die glücklose Nation; Honduras: Es ist schlimmer als gleich nach dem Putsch; Corrigenda; Zu guter Letzt. (KR/WL)

Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Zeise: Der nächste Krisenabschnitt folgt
  2. 35 Milliarden Euro für Irlands Banken: Viel Geld und wenig Antworten
  3. Robert von Heusinger: Prinzipienreiter zerstören den Euro
  4. Hartz IV
  5. Prüfbericht zur Rente erst ab 67 – Vermeintliche Erfolgsquoten bejubelt, harte Fakten verschwiegen
  6. Sparquote in Deutschland
  7. Fleischbranche: Deutschland ruiniert seine Nachbarn
  8. Erstmals über 10.000 Wohnungslose in Baden-Württemberg
  9. Guttenberg will EADS Milliarden schenken
  10. Unicef über arme Kinder: Deutschland landet nur im Mittelfeld
  11. Bürgerprotest: Von wegen “nur dagegen”
  12. Rund um Gorleben: 2200 Dosen Reizgas versprüht
  13. Das doppelte Spiel der Stromversorger
  14. Ausgeschafft
  15. Geld für Initiativen nur mit Gesinnungs-Tüv
  16. Die Lügen vom Dienst (NDR) – Der BND und der Irakkrieg
  17. Wikileaks
  18. Deaf to History’s Rhyme: Why President Obama is Failing
  19. US-Konjunktur : Auf tönernen Füssen
  20. USA: Die glücklose Nation
  21. Honduras: Es ist schlimmer als gleich nach dem Putsch
  22. Corrigenda
  23. Zu guter Letzt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zeise: Der nächste Krisenabschnitt folgt
    Die Weltkonjunktur erholte sich relativ rasch. Länder wie Deutschland wurden dabei ebenso besonders begünstigt, wie sie bei Ausbruch der Weltrezession einen besonders scharfen Einbruch von Aufträgen, Produktion und allgemeiner Wirtschaftsleistung hatten hinnehmen müssen.
    Völlig verfehlt ist es demnach, aus der Tatsache, dass das Wachstum in Deutschland innerhalb der EU aktuell relativ hoch ist, von einer Lokomotivfunktion der deutschen Volkswirtschaft in der EU zu sprechen. Eher ist nach wie vor das Gegenteil der Fall. Der deutsche Export gedeiht, weil die Weltwirt­schaft sich ein wenig erholt hat und weil die EU-Länder trotz Krise immer noch relativ viel Waren aus Deutschland beziehen. Weil die Euro-Krise nach dem Willen der Regierung in Berlin aber so gelöst werden soll, dass die Defizitländer Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien den Gürtel enger schnallen, dürfte der Export in diese Länder sich alsbald wenig positiv entwickeln.
    Noch weniger Erfreuliches ist aus den USA zu erwarten. Zwar haben die hohen Ausgabenprogramme, die von der Obama-Regierung ganz wie unter Bush, nur ein bisschen mehr davon, weitergeführt wurden, auch dort eine Abwärtsspirale verhindert und zu etwas Wachstum geführt. Die Arbeitslosigkeit ist aber wegen der noch unternehmerfreundlicheren Gesetzgebung massiv gestiegen. Wenn die Stützung des privaten Konsums durch die Regierung im kommenden Jahr ausläuft, geht den US-Haushalten schlicht das Geld aus. Da sie nach wie vor hoch verschuldet sind, können und wollen sie die Rolle des „Konsumenten letzter Instanz” nicht mehr spielen. Der Rückfall in die Rezession ist dann wahrscheinlich. Wahrscheinlich ist auch, dass das den zweiten Abschnitt der Weltwirtschaftskrise einläutet. Leider zeigt sich dabei eine Parallele zur Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Auch damals gab es zunächst eine Stabilisierung, danach einen Rückfall, der schlimmer ausfiel als die Anfangsrezession.
    Quelle: Neue Impulse Verlag GmbH
  2. 35 Milliarden Euro für Irlands Banken: Viel Geld und wenig Antworten
    Europa will mit bis zu 35 Milliarden Euro die irischen Banken vor dem Kollaps bewahren. Doch viele Fragen sind bisher ungeklärt. Für Politiker wird es schwer zu erklären, warum Steuerzahler immer mehr Milliarden für die Banken berappen sollen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung KR: Die FAZ hält ihr Niveau, soweit es dieses Thema betrifft.

  3. Robert von Heusinger: Prinzipienreiter zerstören den Euro
    Wir brauchen ein klares Bekenntnis zu unserer Währung. Eine gemeinsame Geldpolitik, eine Staatsanleihe in Euro, eine politische Union – damit sichern wir den Wohlstand des Kontinents.
    Quelle: FR
  4. Hartz IV
    1. Heribert Prantl: Viele Schleifen, viel Papier – aber wenig Inhalt
      Das alte Hartz-IV-Gesetz war und ist nämlich, so die Richter, von Anfang an verfassungswidrig. Und dieser Zustand sollte so schnell wie möglich beendet werden. Es wäre nun ein bitterer Witz, wenn das alte, also das verfassungswidrige Hartz-IV-Gesetz vom 1. Januar 2005 nun nach sechs verfassungswidrigen Jahren am 1. Januar 2011 durch ein neues verfassungswidriges Gesetz abgelöst werden würde. Genau das aber ist zu befürchten.
      Das Gesetz der Ursula von der Leyen sieht aus wie ein schön verpacktes Weihnachtsgeschenk: viele Schleifen, viel Papier – aber zu wenig Inhalt. Es ist fast eine Attrappe. Wer zuerst das fundamentale Karlsruher Urteil und dann das mickrige Gesetz liest, der könnte Depressionen kriegen.
      Dieses Urteil verlangt von der Politik mehr Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Armen dieser Gesellschaft und es fordert vom Gesetzgeber mehr legislative Sorgfalt. Es fehlt an beidem.
      Die Regierungspolitik weigert sich, den Staat in die Aufgabe einzusetzen, die das höchste Gericht ihm zugewiesen hat: Er soll Schicksalskorrektor sein, er soll die Kinder fördern, so gut es nur irgend geht. Von der Leyen verspricht das, aber sie macht es nicht.
      An den neuen Kinderregelsätzen ist vieles fragwürdig: Das beginnt mit den diversen Verteilungsschlüsseln, mit denen aus dem Gesamtverbrauch einer Familie der Kinderverbrauch errechnet wurde; das setzt sich fort bei den Details von Schulbedarf und Bildungspaket.
      Das Gesetz ist unzureichend und es ist miserabel formuliert. Die Behörden sollen es, wenn ihre Leute nach den Weihnachtstagen zurück sind, Knall auf Fall anwenden. Die überlasteten Sozialgerichte können sich auf noch mehr Lasten einstellen.
      Das haben die Richter nicht gewollt; sie wollten Gründlichkeit und Sorgfalt.
      Quelle: SZ
    2. Sozialrichter Borchert zu Hartz-IV: „Das Gesetz wird so nicht bleiben“
      Früher wurde das untere Fünftel der Arbeitnehmer betrachtet, jetzt die untersten 15 Prozent. Man hat also den Beobachtungsrahmen nach unten verschoben. Das hat das Urteil zwar nicht verboten, aber weil die Bezugsgruppe kleiner ist, muss man umso strikter darauf achten, dass die weiteren Bemessungsfaktoren korrekt sind und zu realitätsgerechten Ergebnissen führen. Das sehe ich nicht…
      Bei der Berechnung des Existenzminimums wurde der übelste Zirkelschluss nicht ausgeschlossen: Die verdeckt Armen, also die Leute, die Sozialleistungen bekommen könnten, sie aber nicht in Anspruch nehmen, wurden nicht aus der Referenzgruppe herausgenommen. Dadurch wird das Ergebnis verzerrt – immerhin soll es sich um bis zu fünf Millionen Menschen handeln …
      So erscheint mir der neue Satz nicht nur intransparent berechnet, sondern auch nicht realitätsgerecht, viel zu niedrig. Es wurde offenbar versucht, die Zahlen nach unten zu rechnen.
      Quelle: FR
    3. Eine Form von Ausgrenzung
      Eines Sozialstaats nicht würdig ist es, die Würde seiner Bürger nach Kassenlage zu definieren. Es ist höchste Zeit für den bürgerlichen Protest gegen die herrschende Sozialpolitik.
      Es geht nicht darum, den Leuten Geld hinterherzuwerfen. Es geht um den Maßstab sozialer Politik. Eines Sozialstaats nicht würdig ist es, die Würde seiner Bürger nach Kassenlage zu definieren. Eines Sozialstaats nicht würdig ist es, die in großer Mehrheit schuldlos Arbeitslosen gegen diejenigen auszuspielen, „die jeden Morgen aufstehen und zur Arbeit gehen“. Eines modernen Sozialstaats würdig wäre es, ein Leben in der Mitte der Gesellschaft aufrichtig nach dem wirklichen Bedarf zu definieren – auch wenn das etwas kostet. Angela Merkel und Ursula von der Leyen legen nicht nur ein paar Euro zu wenig hin. Sie verletzen das wichtigste Credo der Kanzlerin: eine Politik zu machen, die allen Bürgern dient. Sie verweigern eine Politik, die niemanden vom sozialen, kulturellen und ökonomischen Leben ausschließt.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
    4. Verhartzen und entwürdigen
      Der Widerstand gegen das Verhartzen blieb bisher merkwürdig verhalten. Die vor Jahren spontan von Betroffenen organisierten Montagsdemonstrationen fanden nur noch mäßige Resonanz und sind inzwischen abgeebbt… DGB und Einzelgewerkschaften hielten sich zurück… Es gab zwar Aufrufe zu einem „heißen Herbst“, doch von einer Mobilisierung ist bisher wenig zu spüren.
      In der Partei Die Linke wie auch in den Gewerkschaftern wird oft beklagt, dass die „Hartz IV“-EmpfängerInnen als direkt Betroffene wenig Protestbereitschaft zeigten. Solche Klagen gehen am Kern des Skandals vorbei. Wer über längere Zeit die Abhängigkeit von den Arge-Ämtern hat erdulden müssen, ist nicht nur verarmt, sie oder er ist auch vielfach gedemütigt und entwürdigt worden. Mutlosigkeit breitet sich aus, das Selbstwertgefühl leidet.
      Die Rausgeworfenen sollen die Konkurrenz der „Ware Arbeitskraft“ anstacheln und auf die Löhne drücken. Dazu bedarf es neben der materiellen Verarmung auch einer moralischen Stigmatisierung: Wer keine Arbeit finden kann, muss faul oder asozial von Geburt an sein. SPD und Grüne propagierten bei der Einführung der Hartz-Gesetze, sie wollten „fördern und fordern“. „Gefördert“ wird seither die Zurichtung zu Billiglöhnern, „gefordert“ wird durch Herabstufung berechtigter Lebensansprüche und durch ständige Diskriminierungen. An den Diskriminierungskampagnen beteiligen sich fast alle Medien: von Bild bis zu den Feuilletons der überregionalen Zeitungen, nicht zuletzt die Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten, und Hauptadressat der Kampagnen sind die brav und gefügig Arbeitenden, die
      dadurch permanent eingeschüchtert werden.
      Sozialhilfeempfänger werden ausgegrenzt aus der Gesellschaft der „anständigen Leute“.
      Quelle: Welt der Arbeit
  5. Prüfbericht zur Rente erst ab 67 – Vermeintliche Erfolgsquoten bejubelt, harte Fakten verschwiegen
    Ergebnisse eigener beim Statistischen Bundesamt und bei der Bundesagentur für Arbeit in Auftrag gegebener Sonderauswertungen sowie schriftlicher Nachfragen bei der Bundesregierung.
    QuelLe: Matthias W. Birkwald, MdB [PDF – 570 KB]
  6. Sparquote in Deutschland
    Die Bundesregierung sieht es nicht als ihre Aufgabe an, die Sparquote in Deutschland zu beeinflussen. Die wirtschaftliche Entwicklung werde vor allem von der „Entwicklung des Produktionspotentials“ geprägt, heißt es in der Antwort der Regierung (17/3390) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/3099). Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung sei deshalb an „Wachstumsmotoren“ wie Bildung oder Innovationen ausgerichtet. Die Bundesregierung erwartet bis zum Jahr 2015 „mit zunehmenden Vorsorgesparen“ ein leichtes Ansteigen der Sparquote.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Ein typisches Beispiel dafür, dass für die derzeitige Bundesregierung streng nach der angebotsorientierten Glaubenslehre, die wirtschaftliche Entwicklung vor von der Entwicklung des Kapitalstocks abhänge. Die Nachfrager braucht man gar nicht. Die Unternemen machen alles, sie konsumieren und investieren und den Rest erledigt der Export.

  7. Fleischbranche: Deutschland ruiniert seine Nachbarn
    Welche Folgen der fehlende Mindestlohn in Deutschland für die Nachbarstaaten hat.
    Quelle: Panorama

    Anmerkung KR: Sehenswert, alle Achtung!

  8. Erstmals über 10.000 Wohnungslose in Baden-Württemberg
    In Baden-Württemberg suchen mehr Wohnungslose als je zuvor Hilfe bei sozialen Einrichtungen. Wie aus einer am Freitag veröffentlichten Erhebung der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg hervorgeht, stieg die Zahl der Hilfsbedürftigen im Land um 1,6 Prozent auf 10.065. Damit überschritt die Zahl der Menschen in Einrichtungen der Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe im September erstmals die Marke von 10.000.
    “Der Konjunkturaufschwung ist bei diesen Menschen überhaupt nicht angekommen”, beklagte der Sprecher Wohnungslosenhilfe, Frieder Claus, in Stuttgart.
    Quelle: Stuttgarter Zeitung
  9. Guttenberg will EADS Milliarden schenken
    Karl-Theodor zu Guttenberg plant ein Milliardengeschenk für EADS: Nach SPIEGEL-Informationen will der Verteidigungsminister dem Flugzeugbauer Zahlungen für Entschädigungen und Lieferausfälle erlassen.
    Quelle: SPIEGEL
  10. Unicef über arme Kinder: Deutschland landet nur im Mittelfeld
    Gesundheitsvorsorge gut, Lebensbedingungen mäßig, Bildungschancen schlecht – so beschreibt Unicef die Situation armer Kinder in Deutschland. Ihr Risiko, in der Schule abgehängt zu werden, sei größer als in den meisten anderen Ländern, so eine neue Studie kurz vor der Pisa-Veröffentlichung.
    Das Uno-Kinderhilfswerk Unicef hat unzureichende Hilfen für arme Kinder in mehreren Industrieländern angeprangert. Eine Reihe von reichen Staaten lasse ausgerechnet seine ärmsten Kinder im Stich, heißt es in einem Bericht des Unicef-Studienzentrums Innocenti, der am Freitag veröffentlicht wurde.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung des NDS-Lesers J.A.: Beschämend für ein so reiches Land wie Deutschland.

  11. Bürgerprotest: Von wegen “nur dagegen”
    Ob in Stuttgart oder Berlin: Bürger kämpfen gegen neue Schienen, Hochspannungsmasten und Kraftwerke. Sie haben oft gute Gründe.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung KR: Lesenswert.

  12. Rund um Gorleben: 2200 Dosen Reizgas versprüht
    Die Bundesregierung teilte auf Anfrage von Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, mit, allein die Bundespolizei habe nach dem Einsatz einen »Ersatzbedarf von 2190« Sprühgeräten angezeigt. Jelpke erklärte am Mittwoch, ein solch extensiver Einsatz sei »mit der Verhältnismäßigkeit der Mittel schlechterdings unvereinbar«. Die jeweilige Füllmenge der Dosen ist noch nicht bekannt. Nach Einschätzung der Linken-Abgeordneten Karin Binder hat es sich aber voraussichtlich um mehrere hundert Liter des Reizgases gehandelt. Binder hatte vor zwei Wochen ein Gutachten zu den gesundheitlichen Risiken von Pfefferspray, das schon mehrfach tödliche Folgen hatte, veröffentlicht. Das Gutachten hat den FDP-Gesundheitspolitiker Erwin Lotter beeindruckt: In einem Brief an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (FDP) führte er am 29. November aus, er könne die »begründeten medizinischen Implikationen« nicht ignorieren. Es sei »im Hinblick auf die gesundheitliche Unversehrtheit der Demonstranten«, aber auch, um den Vorwurf unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch Polizisten zu vermeiden, dringend geboten, das Thema »einer sachlichen Klärung« zu unterziehen und »weniger komplikationsbehaftete Alternativen« zum Pfefferspray in Betracht zu ziehen. Gegenüber Jelpke hat die Bundesregierung nun bestätigt, daß es zwischen Anfang und Ende Oktober 16 Überflüge von Tornado-Flugzeugen des Aufklärungsgeschwaders 51 »Immelmann« übers Wendland gegeben hat. Deren technische Ausstattung erlaube »eine Beobachtung von Geländeveränderungen am Boden«, so die Regierung, die aber zugleich versichert, es habe keinen Zusammenhang mit dem Castortransport gegeben.
    Quelle: Junge Welt
  13. Das doppelte Spiel der Stromversorger
    Die EEG-Umlage kommt den Stromversorgern gerade recht: So können sie massive Preiserhöhungen begründen – und die Kündigungsrechte der Kunden aushebeln.
    Fakt ist: Nicht alle Versorger erhöhen die Preise, viele zumindest nicht in vollem Umfang der EEG-Umlage. Sie muss also nicht zwingend zu einer Verteuerung des Gesamtpreises führen.
    Viele Stromunternehmen allerdings nutzen die Gunst der Stunde.
    Manche Anbieter agierten besonders dreist, sagt Verbraucherschützer Fehrenbach. “Wir hatten gerade einen Fall, in dem die Preiserhöhung viel höher als 1,5 Cent pro Kilowattstunde ausfiel und trotzdem die EEG-Umlage als Rechtfertigung angeführt wurde.” Das sei ein klarer Vertragsbruch des Versorgers, der eigentlich eine Preisgarantie bis Mitte 2011 ausgesprochen hatte.
    Quelle: STERN
  14. Ausgeschafft
    Die direkte Demokratie in der Schweiz hat wieder gewonnen. In einem Volksentscheid stimmte die Mehrheit der Bürger für die wohl strengste Abschieberegelung in Europa. Was in einer repräsentativen Demokratie die Funktion hat, menschen- und bürgerrechtliche Standards bis zu ihrer Dysfunktionalität für die kapitalistische Akkumulation aufrechtzuerhalten, ist in der Schweiz fast beliebig veränderbar. Zwar streiten regelmäßig Rechtsgelehrte über die Konflikte zwischen direkter Demokratie und Menschen- und Völkerrecht, doch letztlich duldet das Prinzip der Mehrheit in der Schweizer Demokratie keine anderen Instanzen neben sich. So bleibt die Kritik von Staatsrechtlern und Ethikprofessoren meist hilflos, weil sie sich immer auf Werte beruft, deren materielle Grundlage der Kapitalismus in seiner prosperierenden Phase war. Mit ihren ideologischen Kampagnen will die SVP genau diese humanistischen Werte bekämpfen. Diese Entwicklung ist nichts Neues. Die Degradierung des Menschen zum Träger der Ware Arbeitskraft war der kapitalistischen Gesellschaft von Anbeginn eingeschrieben. Die Menschenrechte sind Ausdruck dieser Gesellschaftsformation, doch wenn selbst diese Standards angegriffen werden, zeigt sich das destruktive Potential, das in der kapitalistischen Gesellschaft angelegt ist.
    Quelle: Jungle World

    Anmerkung Orlando Pascheit: Man stelle sich vor dem Hintergrund jüngster Umfragen einmal vor, dass in unserem Land über den Zuzug von Ausländern oder die Abschiebung “integrationsunwilliger” Muslime abgestimmt werden dürfte.

  15. Geld für Initiativen nur mit Gesinnungs-Tüv
    Das Bundesfamilienministerium hat im Streit mit mehreren Initiativen gegen Rechtsextremismus einen Dämpfer bekommen. Der renommierte Verwaltungsrechtler Ulrich Battis von der Berliner Humboldt-Universität bezeichnet nach Informationen des Tagesspiegels in einem Gutachten eine umstrittene Extremismusklausel im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ weitgehend als „mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“. Das von Kristina Schröder (CDU) geleitete Ministerium macht die Erteilung von Geldern aus dem 2011 startenden Bundesprogramm davon abhängig, ob Initiativen die anti-extremistische Erklärung unterzeichnen. Darin wird ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlangt.
    Viele Initiativen gegen Rechtsextremismus werfen dem Ministerium vor, es stelle sie so unter den Generalverdacht, linksextrem zu sein und verlange Gesinnungsschnüffelei. Im November gab es den ersten Eklat: Das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz aus Pirna verweigerte die Annahme des mit 10 000 Euro dotierten Sächsischen Förderpreises für Demokratie und lehnte eine dazu verlangte „Ehrenerklärung“ ab, die mit der Extremismusklausel des Familienministeriums identisch ist. Kritik an der Klausel äußern auch Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei sowie Wissenschaftler, Gewerkschafter und kirchliche Organisationen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Also Vorsicht, wenn Sie gerade in der Vorweihnachtszeit für eine Organisation spenden, passen sie auf, dass diese auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Sie als Spender könnten in den Verdacht geraten, extremistische Organisationen zu unterstützen, da diese es versäumt haben, öffentlich dem Linksextremismus zu entsagen.

  16. Die Lügen vom Dienst (NDR) – Der BND und der Irakkrieg
    Mitten in Deutschland lebt der Mann, der den Irak-Krieg auslöste. Ein BND-Informant aus dem Irak, Deckname “Curveball”. Heute hat er einen deutschen Pass – der Lohn für eine Lüge. Denn der von ihm gelieferte Kriegsgrund erwies sich als erfunden, die von ihm “enthüllten” Produktionsstätten für Massenvernichtungswaffen gab es in Wahrheit nicht. US-Präsident Bush und Außenminister Powell stützten sich auf “Curveballs” Aussagen, der Bundesnachrichtendienst versorgte ihn danach jahrelang mit Geld und Betreuung.
    Rafid A. kam als Asylbewerber nach Deutschland. Er gab sich als Chemieingenieur aus, erzählte dem BND, er wisse Bescheid über biologische Massenvernichtungswaffen im Irak und über Produktionsstätten. Der deutsche Geheimdienst glaubte, den Quell des Wissens aufgetan zu haben, eifrig wurden Berichte nach Amerika übermittelt. Doch CIA-Experten hatten Zweifel, wollten “Curveball” selbst vernehmen, aber die Deutschen schotteten ihre Quelle ab.
    Zweifel waren Washington ohnehin nicht sonderlich willkommen, suchte man doch nach stichhaltigen Kriegsgründen. Einer kam nun ausgerechnet von den Deutschen, deren Regierung doch eigentlich so leidenschaftlich gegen den Krieg war. Obwohl UN-Waffeninspekteure vor Ort nachwiesen, dass die Informationen falsch waren, rollte die Kriegsmaschinerie unaufhaltsam auf Bagdad zu.
    Quelle 1: Das Erste.de Vorschau
    Quelle 2: Panorama Video
  17. Wikileaks
    1. Kommentar: Wikileaks – Demokratie statt Verrat
      Die Internet-Plattform Wikileaks wird zurzeit von allen Seiten angegriffen, von der Politik, von Medien und auch von Hackern, die vor Kurzem die Seite lahm gelegt haben. Kritiker geißeln Plattform-Gründer Julian Assange als Verräter und sehen unserer aller Sicherheit gefährdet. Dabei geht es nicht um Verrat, sondern um Angst – und Demokratie.
      Quelle: Pflichtlektüre
    2. Iran, Arabien, Wikileaks: Entlarvte Heuchler
      Der Islamischen Republik wurde erstmals beispiellos drastisch vor Augen geführt, wie verhasst das Regime bei nahezu allen arabischen Nachbarn ist. Die Protokolle sind gespickt mit abfälligen Urteilen über die Mächtigen in Teheran. Saudi-Arabiens König Abdullah forderte US-Luftangriffe auf die iranischen Atomanlagen. Abu Dhabis Kronprinz empfahl zusätzlich den Einsatz von Bodentruppen, amerikanischen natürlich. Und Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak wettert offen gegen die Unterstützung Teherans für die Hamas im Gazastreifen. Selbst in den Herrscherkreisen der fein-kleinen Golfstaaten, die nach außen stets einen freundlich-geschäftsmäßigen Ton an den Tag legen, ist die Stimmung mittlerweile offen feindlich. Insofern entziehen die US-Depeschen Mahmud Ahmadinedschads eifernder Rhetorik von der großen Konfrontation zwischen der friedliebenden islamischen Welt und den westlichen „Mächten der Arroganz“ mit einem Schlag den Boden. In Wirklichkeit paktiert die Mehrheit der arabisch-islamischen Staaten mit dem „großen Satan“ und versucht sogar aktiv, Washington zu einem Krieg gegen Teheran zu animieren. Selbst dem persischen Weltmeister der Verschwörungstheorien dürfte es daher schwer fallen, das Ganze erneut als einen teuflischen Propaganda-Plot westlicher Dunkelmänner hinzustellen.
      Quelle: Tagesspiegel

      Anmerkung Orlando Pascheit: Man kann sich dieser Tage nur wundern, wie wenig aufmerksam Journalisten politische Entwicklungen in der Welt verfolgen, wenn sie von der Ablehnung des Iran durch die arabischen Regierungen berichten. Die Zeit versteigt sich sogar dazu, dass die Dokumente von Wkileaks Ahmadineschad  einen Angriff auf Abu Dhabi oder Dubai einfacher machen würden. “Er könnte sich bei der Angriffsbegründung auch auf die konflikthungrigen arabischen Wikileaks-Zitate berufen.”
      Es dürfte dem Iran genauso wie aufmerksamen Zeitungslesern in der ganzen Welt schon länger bekannt sein, dass die meisten arabischen Staaten den Bedeutungszuwachs, geschweige die Bombe Irans fürchten. Auch verweisen etliche Analysen auf den Konflikt, so z.B. “An Escalating Regional Cold War” von Yigal Carmon u.a. Oder siehe auch unlängst, aber vor der Veröffentlichung von Wikileaks, ein Artikel in „Jungle World“:

    3. Der kalte Krieg im Nahen Osten
      Vom Westen weitgehend ignoriert, tobt im Nahen Osten ein regelrechter Kalter Krieg zwischen zwei Blöcken, der sich in den vergangenen Jahren, angefeuert nicht zuletzt durch das iranische Atomprogramm, dramatisch zugespitzt hat. Auf der einen Seite dieses Kalten Krieges befindet sich die iranische Achse, die im Wesentlichen aus Syrien, der libanesischen Hizbollah, der palästinensischen Hamas und perspektivisch eben auch der Türkei besteht. Das ideologische Fundament dieser Achse bildet ein Amalgam, das man als National-Islamismus bezeichnen kann; das Ziel des Bündnisses besteht darin, den für alle Übel verantwortlich gemachten Einfluss des Westens im Nahen Osten zurückzudrängen.
      Auf der anderen Seite finden sich jene Staaten, die sich vom iranischen Hegemonialstreben bedroht sehen. Dabei handelt es sich um Ägypten und Jordanien, die einst den Frevel begangen haben, Friedensverträge mit Israel zu unterzeichnen, sowie Saudi-Arabien und die Mehrzahl der übrigen arabischen Staaten. Der Block dieser Status-quo-Mächte agiert weit weniger geschlossen, verfügt über kein gemeinsames ideologisches Fundament und wird vor allem durch die Furcht vor der iranischen Achse zusammengehalten.
      Quelle: Jungle World
    4. Westerwelle und Wikileaks: FDP-Chef reagiert zu zögerlich
      Nur zögerlich und auf Druck aus der Fraktion hat er sich dazu durchgerungen, den Hinweisen darauf nachzugehen, dass ein FDP-Mann die US-Botschaft über Interna aus den Koalitionsverhandlungen unterrichtete. Warum so zaghaft? Manche in der FDP glauben die Antwort zu kennen: Der inzwischen als Informant enttarnte FDP-Abteilungsleiter Helmut Metzner habe eben nicht im Alleingang, sondern mit Wissen Westerwelles gehandelt. Dass Metzner selbst nun versichert, der Chef sei nicht im Bilde gewesen, kann den Verdacht der Skeptiker nicht entkräften. Aber wie will Westerwelle auf Dauer Vorsitzender bleiben, wenn ihm aus den eigenen Reihen ein solches Misstrauen entgegenschlägt?
      Quelle: Tagesspiegel

      Anmerkung Orlando Pascheit: Unsere Journalisten kaprizieren sich gerne auf Nebensachen. Also da hat ein FDP-Mitglied über die Koalitionsverhandlungen bei den Amis geplaudert. Das ist eine Bagatelle gegenüber dem Verhalten eines Kabinettmitglieds: Karl-Theodor zu Guttenberg (KT) hat als Minister den Amerikanern die Positionen innerhalb der Regierung zum Einsatz von deutschen Soldaten in Afghanistan verraten. Da sollte einmal der Tagesspiegel darüber reflektieren, warum dieser Plaudertasche von Seiten der politischen Klasse nicht mit Misstrauen begegnet wird. – Einmal abgesehen davon, dass Westerwelle im Nachhinein gesehen weitaus realistischer war als seine KollegInnen.

    5. US-Behörden warnen nicht befugte Angestellte, sich nicht WikiLeaks anzusehen
      Nicht befugte Bundesangestellte und Vertragsunternehmen sind gewarnt worden, nicht zu versuchen, die geheimen Dokumente auf WikiLeaks am staatlichen oder persönlichen Computer zu lesen.
      Das Office of Management and Budget des Weißen Hauses sandte am Freitag Nachmittag eine Mitteilung, die es nicht befugten Bundesangestellten und Vertragsunternehmen verbietet, geheime Dokumente, die sich öffentlich zugänglich auf WikiLeaks und anderen Internetseiten befinden, mit Computern, Black Berry oder Smart phones abzurufen.
      Die Mitteilung, die an die Rechtsabteilungen diverser staatlicher Behörden gesandt wurde, und die CNN erhielt, erklärt, dass die Veröffentlichung durch WikiLeaks „nicht den Geheimstatus der Dokumente verändere oder automatisch in Freigabe der Dokumente resultiere.”
      Die Mitteilung gestattet es, Artikel über die Depeschen auf Medien-Websites zu lesen.
      Quelle: CNN

      Anmerkung WL: Also bitte WikiLeaks nur noch in Internet-Cafés lesen.

  18. Deaf to History’s Rhyme: Why President Obama is Failing
    The great American novelist Mark Twain observed “history does not repeat itself but it rhymes.” Today the rhyme is with the 1930s, and if you don’t hear it read FDR’s great Madison Square Garden speech of October 1936:
    “For twelve years this nation was afflicted with hear-nothing, see-nothing, do-nothing government. The nation looked to government but the government looked away. Nine mocking years with the golden calf and three long years with the scourge! Nine crazy years at the ticker and three long years in the breadlines! Nine mad years of mirage and three long years of despair! Powerful influences strive today to restore that kind of government with its doctrine that that government is best which is most indifferent.”
    Despite this clarity, the Obama administration insists on hearing a rhyme with the 1990s. That tone deafness has its roots in political choices made at the administration’s outset and explains why the administration has stumbled so badly in its first years. If continued, the economic and social consequences will be grave.
    Quelle: Thomas Palley

    Anmerkung RS: Eine sehr gute Analyse. Wir (Amerikaner) haben FDR gewählt und Clinton bekommen.

  19. US-Konjunktur : Auf tönernen Füssen
    Die neuesten Arbeitslosenzahlen zerstören in den USA die Hoffnung auf einen Aufwärtstrend. Die Finanzmärkte reagieren nervös.
    Quelle: FR
  20. USA: Die glücklose Nation
    «Die Wirtschaft wächst, die Rezession ist überwunden», heisst derzeit das Mantra in den USA. Aber ein Grossteil der Bevölkerung hat nach wie vor hart mit den Folgen der Krise zu kämpfen. Da droht Rettung aus Alaska. Sarah Palin ist zurück, und zwar mit Macht. Obschon von den republikanischen party elders gefürchtet, ist sie inzwischen eine prägende Figur in der «Grand Old Party». Mit Medienzar Rupert Murdoch im Hintergrund, politisch rechtsstehenden Talkshow-Stars wie Rush Limbaugh oder Glenn Beck an der Seite, einem Kommentatoren-Posten auf Fox-News-TV, einer eigenen Reality-Show auf dem Kabelsender TLC, unzähligen Auftritten im ganzen Land und einem Buch, das letzte Woche mit einer Million Auflage an den Start ging, hat sie Publizität wie kein Zweiter in ihrer Partei. Besonders gewieft schürt Palin das antiintellektuelle Ressentiment der weitgehend ländlichen Bevölkerung. Mag deren Zorn auf die Exzesse der Wall Street auch noch so heftig sein – das tiefste Misstrauen der Palin-Fans richtet sich weniger gegen die Reichen als gegen die Bildungsschicht, die Obama so vollendet repräsentiert. Palin schürt mit Vorliebe den Verdacht, dass «die Elite in Washington» auf die «einfachen Leute» herabschaut.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Trick solcher PolitikerInnen, wie Sarah Palin, besteht darin, dem Publikum den Eindruck zu vermitteln, dieses sei in seiner Urteilsfähigkeit auf gleichem Niveau oder vielleicht sogar leicht darüber, allerdings fragt man sich wie tief eine Nation sinken muss, um bei seinen Führern auch nur einen Hauch von Intellektualität zu einem Ausschlusskriterium zu machen. Wenn man die zentralen Aussagen aus dem Artikel „United States of Inequality“ von Timothy Noah im Online-Magazin „Slate“ als PDF [222 KB] liest, kann kaum begreifen, dass die Bürger der USA nicht sehen von welcher Partei ihre Interessen mehrheitlich vertreten werden:

    „Wie Noah in einer Serie über die Einkommensunterschiede in den USA darlegt, ist die Schere zwischen Arm und Reich mittlerweile größer als in traditionellen Bananenrepubliken wie Nicaragua oder Venezuela. Auf 1 Prozent der Bevölkerung Amerikas entfallen heute 24 Prozent des Gesamteinkommens; Großverdiener tragen 531-mal so viel wie ein durchschnittlicher Arbeiter nach Hause (1980 waren es noch 41-mal so viel). Sie kommen mehrheitlich von der Wall Street. Von 1980 bis ins Jahr 2005 sind mehr als vier Fünftel des gesamten Einkommenswachstums in ihre Taschen geflossen. Doch haben sie eine Steuerrate, die ein Drittel unter der von 1970 liegt.”

    Wer den ganzen, sehr langen Text nicht lesen mag, sollte nur die Schaubilder durchklicken und er bekommt eine Ahnung davon, welche Richtung auch unsere Republik einschlägt.

  21. Honduras: Es ist schlimmer als gleich nach dem Putsch
    Nach der Wahlfarce vor einem Jahr verkündete das Regime in Honduras, dass die Demokratie wiederhergestellt sei. Tatsächlich nahm die Repression aber zu. Berta Oliva kämpft seit beinahe dreissig Jahren für die Menschenrechte. Jetzt ist sie verzweifelt – denn die Welt sieht weg. Seit der Wahlfarce vom 29. November vergangenen Jahres sind in Honduras über fünfzig Mitglieder der in der Nationalen Widerstandsfront zusammengeschlossenen Opposition ermordet worden. GewerkschafterInnen werden verfolgt, Streiks vom Militär niedergeschlagen. An der Atlantikküste werden BäuerInnenkooperativen von Todesschwadronen terrorisiert. Durch die Armenviertel der Städte fahren Geländewagen mit abgedunkelten Scheiben und ohne Nummernschilder. Wenn die Männer in Zivil, die darin sitzen, einmal aussteigen, zeigen sie Fotos von örtlichen Oppositionellen herum. «Wie soll man das nennen?», fragt Oliva und gibt selbst die Antwort: «Todesschwadrone! Das ist Staatsterrorismus!»
    Das Weisse Haus in Washington bescheinigte «der Regierung von Porfirio Lobo bedeutende Fortschritte in Fragen der Menschenrechte». Seit Juni 2010 bekommt die Armee wieder Militärhilfe aus den USA.  Honduras war gleich nach dem Putsch aus der OAS ausgeschlossen worden und wurde bis heute nicht wieder aufgenommen. Doch das ist nur dem Konsensprinzip zuzuschreiben, mit dem die OAS ihre Beschlüsse fällt. Länder wie Venezuela, Brasilien und Nicaragua wehren sich noch immer dagegen, Honduras’ demokratische Fassade zu legitimieren. Aber eben deshalb wird in der OAS inzwischen diskutiert, ob die Einstimmigkeit nicht durch Mehrheitsbeschlüsse ersetzt werden soll. Dann wäre Honduras sofort wieder dabei. Auch die EU hat die zunächst eingefrorene Entwicklungshilfe wieder aufgenommen und lädt Lobo zu Empfängen ein. Selbst Mauricio Funes, der erste mit Unterstützung der ehemaligen linken Guerilla FMLN gewählte Präsident von El Salvador, hofiert seinen scheindemokratischen Kollegen. Die Handelsbeziehungen zum Nachbarland sind ihm wichtiger als die politische Moral.
    Quelle: WOZ (CH)
  22. Corrigenda Wolfgang Lieb:
    In den Hinweisen vom 26. August 2010 Ziffer 19 haben wir ein Sarrazin-Zitat aus der Bild-Zeitung einen Auszug aus einer Ansprache des NS-Reichsinnenministers Wilhelm Frick aus dem Jahre 1933 gegenüber gestellt, der uns von einem Leser zur Verfügung gestellt wurde.
    Durch einen Diskussionsbeitrag im Blog „Carta“ wurde ich dankenswerterweise auf einen Fehler aufmerksam gemacht, der mir bei der Wiedergabe des Frick-Zitats passiert ist:
    Der fettgedruckte Schlusssatz „Die Deutschen hätten sich damit quasi abgeschafft.“ gehört nicht zum Text der Ansprache des Rassenideologen Frick, sondern war eine resümierende Anmerkung unseres Lesers. Die Schlussanführungszeichen hätten also hinter den zitierten Sätzen Fricks stehen müssen: „Was wir bisher ausgebaut haben, ist also eine übertriebene Personenhygiene und Fürsorge für das Einzelindividuum, ohne Rücksicht auf die Erkenntnisse der Vererbungslehre, der Lebensauslese und der Rassenhygiene. Diese Art moderner ‘Humanität’ und sozialer Fürsorge für das kranke, schwache und minderwertige Individuum muß sich für das Volk im großen gesehen als größte Grausamkeit auswirken und schließlich zu seinem Untergang führen.“
    Ich bedaure diesen Fehler zutiefst und entschuldige mich bei unseren Leserinnen und Lesern dafür.
    Wir werden ihn unverzüglich korrigieren.
    Ich füge allerdings hinzu, dass ich den kommentierenden Satz, unseres Lesers zu dieser Ansprache nach wie vor für richtig halte und die Parallelen in der Argumentation des NS-Ministers mit den Äußerungen Sarrazins in der Bild-Zeitung – verdichtet in dem Buchtitel „Deutschland schafft sich ab“ – unverkennbar sind.
  23. Zu guter Letzt: Ein böser Witz von unserem Leser J.H.:
    Stuttgart 21
    Der unterirdische Bahnhof ist nötig – wie sonst kann man durch Stuttgart durchfahren, ohne es sehen zu müssen.


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