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Titel: Mit den Veröffentlichungen von WikiLeaks wackeln eine Reihe von gut gepflegten Vorurteilen der Konservativen und Rechten

Datum: 10. Dezember 2010 um 16:12 Uhr
Rubrik: Aufbau Gegenöffentlichkeit, Erosion der Demokratie, Lobbyismus und politische Korruption
Verantwortlich:

Im Rückblick auf die vergangenen Tage notiere ich in Stichworten einige Beobachtungen. Was so alles wackelt: Die USA seien eine Demokratie und ein liberaler Staat, Wir lebten in einer westlichen Wertegemeinschaft, Deutschland sei ein souveräner Staat, Wer radikal analysiert, ist ein Verschwörungstheoretiker, usw. Albrecht Müller.

Wackelnde Vorurteile der herrschenden Kreise:

  1. Die USA seien eine Demokratie und ein liberaler Staat
  2. Wir lebten in einer westlichen Wertegemeinschaft
  3. Deutschland sei ein souveräner Staat
  4. Deutschland habe sich aus dem Irakkrieg herausgehalten
  5. Die Völker seien gleichberechtigt
  6. Wer politische Korruption oder leichtfertige Kriegsführung beklagt, sei ein Verschwörungstheoretiker
  7. Die Unternehmen bewegten sich weltweit im Wettbewerb
  8. Auf der Anklagebank säßen die Verbrecher und richten täten die Gerechten
  9. Die Justiz sei unabhängig

Die massive Kritik an WikiLeaks ist verständlich. Schließlich müssen einige etablierte Personen und Gruppen damit rechnen, dass ihre Machenschaften aufgedeckt werden und sie entzaubert werden. Deshalb die Aggression.
Man muss auch Schlimmes befürchten. Hier geht es zum einen um viel Geld bei jenen, die ihren „guten“ Ruf und ihre ertragreichen netzwerkähnlichen Beziehungen verlieren oder beschädigt sehen. Zum andern haben wir es bei den Gegnern von WikiLeaks mit rücksichtslosen und zur Gewalttätigkeit bereiten Personen und Gruppen zu tun. – Das ist eine gefährliche Mischung, die Schlimmes befürchten lässt.

Vieles, was durch die Veröffentlichungen von WikiLeaks bestätigt wird, war schon vorher bekannt und zumindest als Hypothese veröffentlicht. Aber jetzt kommen handfeste Belege hinzu. Das ist wertvoll und deshalb kann man als Macher der NachDenkSeiten nur froh sein, dass es diese Plattform gibt.
Wir erwarten noch eine Reihe anderer interessanter Dokumente. Einen Ausschnitt des Bedarfs an Belegen für vermutete Machenschaften haben wir hier schon skizziert: (30. November 2010 um 17:20 Uhr “Wir brauchen zur Rettung des Restes an Demokratie eine Art Wikileak zur Aufklärung über innere Vorgänge in D.“)

Die Aktivität von Wikileaks und der anderen Plattformen, die Skandale aufdecken, ist durch unser Grundgesetz ausdrücklich gedeckt. Art. 20 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland lautet:

  1. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
  2. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
  3. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
  4. Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Eine Reihe dieser Versprechungen des Grundgesetzes sind schon so ausgehöhlt, dass man von ihrer Gültigkeit nicht mehr sprechen kann: So geht die Staatsgewalt nicht vom Volk, sondern in der Realität von jenen aus, die über viel Geld und viel publizistische Macht verfügen. So wird die Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland seit der Herrschaft der neoliberalen Ideologie systematisch ausgehöhlt. So beugt sich auch die Rechtsprechung anderen Mächten, wie man konkret am Fall der Rücksichtnahme auf amerikanische Interessen und die Geheimdienste der USA im Falle des von der CIA verschleppten Deutschen Khaled el-Masri sehen kann.
Wenn die Festlegung von Art. 20, 4, alle Deutschen hätten das Recht zum Widerstand, einen Sinn macht, dann unter den gegenwärtigen Verhältnissen. Die Versprechen von Sozialstaat und Demokratie werden locker missachtet. Das ist der Versuch, die vom Grundgesetz geschaffene Ordnung zu beseitigen. Also ist Widerstand angesagt und von Abs. 4 des Artikels 20 gedeckt.


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