Auszüge aus diesem Tagesschau-Dokument:
Politiker der Grünen, der FDP und der CDU haben SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich für dessen Äußerungen zu einem möglichen Einfrieren des Kriegs in der Ukraine kritisiert. Dessen Rede im Bundestag sei ein „Rückfall in die alte Russlandpolitik der Sozialdemokratie” gewesen, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang dem Sender Welt-TV.
Anmerkung: Die Besinnung auf den Kern der erfolgreichen Entspannungspolitik wird als Rückfall diffamiert. Und weiter:
„Es ist klar, dass ein Einfrieren dieses Konfliktes am Ende zu unfassbarem Leid der vielen Menschen in diesen besetzten Territorien führen würde”, sagte Grünen-Chefin Lang.
Die Grünen-Chefin setzt offenbar auf einen Sieg der Ukraine und hält deshalb nichts von einem „Einfrieren“, dem Beenden des Konflikts. Mal wieder ein Beleg dafür, wo die frühere Friedenspartei, wo Die Grünen gelandet sind.
Weiter aus dem Beitrag der Tagesschau:
Auch Außenministerin Annalena Baerbock hatte während Mützenichs Rede auf der Regierungsbank den Kopf geschüttelt. Sie hatte bereits im vergangenen Dezember vor einem „eingefrorenen Konflikt” gewarnt. Das würde Putins Gewaltherrschaft in der Ukraine zementieren, sagt nun ihr Sprecher Sebastian Fischer.
NTV berichtet hier über die Reaktionen verschiedener Politikerinnen und Politiker. Auszüge:
Im Bundestag spricht SPD-Fraktionschef Mützenich über ein mögliches Einfrieren des Krieges in der Ukraine. FDP und Grüne sind entsetzt. Der einstige ukrainische Botschafter in Berlin, Melnyk, äußert sich drastisch: „Dieser Typ war und bleibt der widerlichste deutsche Politiker.”
Grüne und FDP haben SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich für dessen Äußerungen zu einem möglichen Einfrieren des Kriegs in der Ukraine kritisiert. „Fragen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und der Existenz der Demokratie in der Ukraine dürfen nicht zum Gegenstand von Vorwahlkampf werden, wie es der Vorsitzende der SPD-Fraktion versucht hat”, sagte FDP-Chef Christian Lindner der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Er warf dem Koalitionspartner SPD vor, die Debatte um eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine für Wahlkampfmanöver zu missbrauchen.
Zwischenbemerkung Albrecht Müller: „Wahlkampfmanöver“ – meint der FDP-Chef. Im Blick auf welche Wahlen soll die Rede von Mützenich von Vorteil für die SPD sein? Schon die hier zitierten Reaktionen von Tagesschau und NTV zeigen, dass die veröffentlichte Meinung in Deutschland nicht auf der Friedensseite steht. Selbst ein sonst bei außenpolitischen Fragen gelegentlich vernünftiger Politiker wie der FDP-Politiker Kubicki arbeitet sich an Rolf Mützenich ab. Frau Strack-Zimmermann sowieso:
POLITIK 15.03.24
“Autoritäres Verhalten” Kubicki greift Mützenich im Taurus-Streit an
FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann verlangt nach Mützenichs Rede eine rasche Erklärung des Bundeskanzlers und der SPD zum Ukraine-Kurs der Bundesregierung. „Wenn Rolf Mützenich, der als Vorsitzender ja für die gesamte SPD-Fraktion spricht, ernsthaft ein Einfrieren des Ukraine-Kriegs fordert, rückt die Kanzlerpartei SPD offenkundig von der vereinbarten Zeitenwende ab”, sagte Strack-Zimmermann dem “Stern”. „Das ist inakzeptabel und muss schnellstens in der Koalition geklärt werden.” Weiter kritisierte sie: „Ich bin entsetzt, dass Rolf Mützenich ernsthaft vorschlägt, den Ukraine-Krieg einzufrieren”, sagte Strack-Zimmermann. „Eingefrorener Mist bleibt auch nach dem Auftauen Mist.”
Zum Schluss eine Anregung für Sie:
Offensichtlich findet der friedenspolitische Vorstoß des SPD-Fraktionsvorsitzenden nicht einmal die Unterstützung der früheren Partner der Entspannungspolitik, also von FDP und Grünen – und vermutlich auch nicht von allen Sozialdemokraten.
Deshalb der Vorschlag für NachDenkSeiten-Leserinnen und -Leser und für die Gesprächskreise der NachDenkSeiten.
Laden Sie Freunde, Bekannte, Nachbarn und/oder eben die Mitglieder Ihres Gesprächskreises zu einem besonderen Treffen ein. Sie können sich dann die Rede Mützenichs gemeinsam anhören und darüber sprechen. Das wird vermutlich ein interessanter Abend.
Hier der Link zum Bundestagsprotokoll der Rede Mützenichs
Dort auf Seite 29-31 findet sich der folgende Text:
Dr. Rolf Mützenich (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In keinem anderen europäischen Land, geschweige denn außerhalb Europas wird über ein einzelnes Waffensystem so gestritten wie in Deutschland. (Florian Hahn [CDU/CSU]: Die liefern einfach!) Auf diese Debatte brauchen wir uns nichts einzubilden, auch weil leider eigennützige und niedere politische Beweggründe den Streit anheizen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD) Man muss sich schon fragen, ob diejenigen, die diese Debatte befördern, davon ablenken wollen. Und da frage ich mich, Herr Kollege Wadephul: Wo leben Sie eigentlich? Deutschland ist das Land, das hinter den USA am meisten für die Ukraine tut – 28 Milliarden Euro in den letzten zwei Jahren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP) Und da geht es eben in der Tat, Herr Kollege Wadephul, nicht allein um militärische Güter, sondern da geht es auch um humanitäre Hilfe, um Soforthilfe, um wirtschaftlichen Wiederaufbau, aber eben auch um die Flüchtlinge, die immer noch bei uns in Deutschland leben und die hier Schutz gefunden haben. In diese 28 Milliarden Euro sind noch nicht mal die privaten Hilfen eingerechnet. Wir sollten doch stolz sein auf die Bürgerinnen und Bürger, die den Menschen aus der Ukraine, meistens jungen Müttern mit ihren Kindern, die vor diesem Krieg geflohen sind, hier Schutz gewähren. Deswegen brauchen wir doch eine angemessenere Debatte – vielleicht in diesem Haus, aber ich befürchte, nein – als nur den Streit über ein Waffensystem, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wer hat denn die Menschen, die noch bereit sind, sich der Information zu stellen, darüber unterrichtet? Vor wenigen Tagen ist der tausendste ukrainische Patient in einem deutschen Krankenhaus aufgenommen worden. In den restlichen 26 Staaten der Europäischen Union waren es 2 000. Bemerken Sie den Unterschied bei dem, was Deutschland für die Ukraine letztlich auch aus Humanität und aus Menschlichkeit tut? Das gehört auch zu der Debatte dazu. Wir brauchen positive Beispiele, damit der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft auch gelingt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der CDU/CSU) Deswegen: Ich glaube, wir sollten uns auf Wichtigeres konzentrieren. Warum sind andere europäische Staaten nicht in der Lage, mehr Mittel nach ihren Ankündigungen bereitzuhalten? Warum besteht darin ein so großer Unterschied zu uns? Brauchen wir in Deutschland nicht zum Beispiel eine Debatte darüber, wie wir die, die zu uns gekommen sind, die Schutzsuchenden, besser in den Arbeitsmarkt integrieren? Das ist doch letztlich auch für uns eine wichtige Diskussion. (Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist doch keine Debatte! Machen müssen wir es! Machen müssen wir es!) – Sie reagieren, genau, weil Ihre kleinteilige Debatte den Herausforderungen nicht gerecht wird. Sie können es einfach nicht, meine Damen und Herren von der Union. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Machen Sie doch! Sie sind doch in der Regierung! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Lächerlich!) Ich sage in Ihre Richtung auch – gerade denjenigen, die sich davon angesprochen fühlen –: Brauchen wir nicht auch eine kluge Debatte darüber, wie wir die Länder, die den Krieg in der Ukraine anders deuten oder instrumentalisieren, mehr für das Ziel eines Kriegsendes aktivieren können? Leider – und das müssen wir doch sagen – haben außerhalb Europas viele Länder einen anderen Blick auf diesen Krieg. (Zuruf von der CDU/CSU: Auch in der SPD!) Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. März 2024 20087 (A) (B) (C) (D) Dr. Johann David Wadephul Sie sagen, er ist vielleicht durch den Westen verantwortet. Sie reagieren mit Schadenfreude. Andere sagen, das sei das Ende der 500-jährigen westlichen Dominanz der internationalen Ordnung. Damit muss man doch umgehen. Warum schadet es denn diesem Deutschen Bundestag, auch mal die Frage zu stellen, wie wir diese Länder überzeugen können, uns in Europa stärker von dieser Kriegsfessel zu befreien? Und da bin ich bei der Frage – es wird hier im Deutschen Bundestag offensichtlich manchmal schon als Schandfleck bezeichnet, wenn man sie allein nur stellt –: Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann? Geht es nicht politisch auch um diese Fragen? (Beifall bei der SPD, der Linken und dem BSW sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Robert Farle [fraktionslos]) Deswegen sage ich Ihnen auch: Das Interview des Papstes mag verstörend, in seiner Wortwahl unglücklich gewesen sein. Aber sich für den Papst zu schämen: Geht es nicht auch eine Nummer kleiner aus Ihren Reihen? Ich finde, das wird einer angemessenen Diskussion über die Situation des Krieges in der Ukraine nicht gerecht. (Zuruf des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/ CSU]) Und ich finde, auch die Opposition könnte mehr tun, als den kurzen, kleinen innenpolitischen Vorteil zu suchen. Warum reden Sie nicht mal mit Frau von der Leyen, die schöne Bilder bringt, große Ankündigungen macht, aber als einzige Lösung vorschlägt, nach der Europawahl einen neuen Kommissar für Verteidigung in Brüssel zu bestimmen? Ist das wirklich hilfreich und angemessen für die Ukraine? Und wen beeindruckt es eigentlich, dass der bayerische Ministerpräsident sich mit einem Marschflugkörper abbilden lässt? Vielleicht interessiert das Herrn Söder. (Florian Hahn [CDU/CSU]: Der Kanzler in der Munitionsfabrik! Genau das Gleiche!) Aber wäre es nicht an der Zeit, mit Herrn Weber mal darüber zu reden, sich nicht den Postfaschisten und den Orbáns für später anzubieten? Das ist letztlich doch auch die Frage. (Beifall bei der SPD, der Linken und dem BSW sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Also, meine Damen und Herren, ich finde, manches Maß ist verloren gegangen. Aber ich habe da überhaupt gar keine Bedenken. Auch manches Maß in der Koalition ist nicht mehr dort, wo es sein sollte. (Zuruf des Abg. Wilfried Oellers [CDU/CSU]) Ich finde, es ist ein Armutszeugnis, dass dem kein Einhalt geboten worden ist. Wenn im Zusammenhang mit dem Regierungschef, dem Bundeskanzler, Begriffe wie „Sicherheitsrisiko“ oder „Unwahrheit“ benutzt werden, dann ist das nicht nur unredlich, sondern – ich sage es sehr deutlich – auch (Zuruf von der CDU/CSU: …zutreffend!) bösartig. (Beifall bei der SPD) Dies gehört nicht in eine parlamentarische Demokratie und schon gar nicht in eine Koalition. Der Bundeskanzler hat von Anfang an der Ukraine beigestanden und die nationale Sicherheit unseres Landes gewährleistet. Beides hat er geschafft, und dafür bedarf es auch der Würdigung und der Unterstützung und nicht der Beleidigung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD) Deswegen sage ich sehr klar: Zeitenwenden sind nichts für politische Spielernaturen. (Zuruf des Abg. Markus Frohnmaier [AfD]) Gebraucht werden Verstand, Besonnenheit und Klarheit, und das setzt der Bundeskanzler in der Abwägung, die er als Regierungschef zu treffen hat, um. (Beifall bei der SPD) Um es noch einmal etwas deutlicher zu sagen, damit auch Sie von der Opposition – Herr Wadephul und vielleicht der eine oder andere – verstehen, um was es eigentlich überhaupt geht (Widerspruch bei der CDU/CSU) – da können Sie gerne auch lächeln oder dazwischenrufen –: Im Oktober 2022 befürchtete die amerikanische Regierung den Einsatz taktischer Atomwaffen im Krieg in der Ukraine. Das sollte uns aufhorchen lassen. Manche waren bereits damals davon überzeugt, dass diese Möglichkeit mitgedacht werden musste, und wir können dankbar sein, dass im Weißen Haus ein amerikanischer Präsident sitzt, der alle – glaube ich – notwendigen Signale an Moskau gegeben hat, (Zuruf des Abg. Markus Frohnmaier [AfD]) damit diese Gefahr nicht real wurde und diese taktische Atomwaffe nicht zum Einsatz gekommen ist, als viele Zehntausende von russischen Soldaten zurückgedrängt, eingeschlossen und möglicherweise auch gefährdet worden waren. Aber das hat nicht gereicht. Es bedurfte eines Wortes – und das zeigt die Änderung der internationalen Ordnung – aus Peking, des chinesischen Staatspräsidenten- und Parteichefs, der das nukleare Tabu noch mal bekräftigt hat. Und wer war an seiner Seite, als dieses nukleare Tabu bekräftigt wurde, (Zuruf des Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]) um den Einsatz einer taktischen Atomwaffe zu verhindern? Es war der Bundeskanzler, der gegen Ihren Willen nach China gereist ist und das Gespräch gesucht hat. Und leider gab es auch Zurückhaltung in der Regierung. (Beifall bei der SPD und der Linken – Florian Hahn [CDU/CSU]: Das hat er sich sehr schön ausgedacht! Friedensnobelpreis!) Deswegen sage ich sehr klar: Meine Fraktion schafft dem Bundeskanzler den Raum für solche besonnenen Entscheidungen und auch für Besonnenheit in der internationalen Politik; denn dieser Beitrag für die interna20088 Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. März 2024 (A) (B) (C) (D) Dr. Rolf Mützenich tionale Sicherheit, für die Sicherheit der Ukraine war größer als irgendeine Diskussion über irgendein Waffensystem, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU]) Und deswegen noch mal: Zeitenwenden sind nichts für politische Spielernaturen in unserer politischen Debatte. Da zeigt sich: Genau das ist die Voraussetzung für den Umgang mit Taurus. Der Bundeskanzler hat seine Gründe klar und unmissverständlich geäußert; (Widerspruch bei der CDU/CSU) es war an der Zeit. Der Regierungschef – und das müssen Sie einfach mal akzeptieren – hat alle Kenntnisse, alle Erfahrungen, alle notwendigen Informationen, (Florian Hahn [CDU/CSU]: Allwissend!) um abzuwägen und zu klaren Ergebnissen und auch Einsichten zu kommen. Aber was viel wichtiger ist, meine Damen und Herren: Der Bundeskanzler trägt die Verantwortung. (Knut Abraham [CDU/CSU]: Muss er nicht mehr lang!) Er hat hier im Deutschen Bundestag den Amtseid abgeleistet, dass er angemessen handelt, aber nicht zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland. Bitte akzeptieren Sie das, und glauben Sie nicht denjenigen, die in Talkshows meinen, sie wüssten es besser, und die meinen, sie müssten ihre neuen Bücher anpreisen, die sie mal schnell geschrieben haben. Das ist nicht der Weg für eine angemessene, besonnene Diskussion in der internationalen Politik aufgrund der Gefahren, die dort drohen. (Beifall bei der SPD) Zum Schluss: Bisher war die umfassende Hilfe für die Ukraine unumstritten. Gleichzeitig werden wir in den nächsten Monaten prüfen müssen, ob wir nicht in die Fußstapfen anderer Länder treten, die Inneres gegen Äußeres ausspielen. Das ist die große Gefahr. (Zuruf des Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]) Deswegen wird beim Haushalt eine entscheidende Frage sein, wie wir beides schaffen: die Ukraine zu unterstützen und in unserem Land die notwendigen Investitionen für die Zukunft zu tätigen. Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jan Korte [Die Linke]
Zum Schluss noch einmal der Vorschlag: Laden Sie Ihre Freunde und Nachbarn zur Diskussion dieser wichtigen Rede, laden Sie zur Diskussion der dringend notwendigen Besinnung auf die Friedenspolitik ein.
]]>1. Leserbrief
Die BPK vom 11.3. ist auch ein Abbild des aktuellen Zustands der Mainstream-Medien in Deutschland. Es offenbart eine erschreckende Respektlosigkeit und Behinderung der Meinungsbildung der Bundesbürger. Man hat sich daran gewöhnt, dass Fragen dort nichtssagend beantwortet werden. Jetzt erfuhren wir, dass dort auch nur solche Fragen zu stellen sind, welche “keine Berichterstattung nach sich ziehen”. Nach dem Motto ja nichts fragen was für den Freund ist, aber auch für den Feind sein könnte. Nachdem russischen Medien die Arbeit in Deutschland verboten wurde, diskreditiert und behindert die Bundesregierung inzwischen auch deutsche Medien, wenn sie nicht genügend auf Regierungskurs liegen. Die Vorgänge sind jedenfalls so eindeutig, dass man sie von dort nur schwerlich – wie sonst üblich – als Verschwörung oder Querdenken wird abtun können.
Besten Gruß
L. Salomons
2. Leserbrief
Hallo Herr Warweg,
CDUCSUSPDGRÜNEFDP sehen ja auch schon die Russen auf dem Weg nach Warschau und Berlin. Offenbar breitet sich auf allen Ebenen ein politischer Verfolgungswahn aus. Das erinnert mich an den Stalinismus, bei dem Mitte der 30er Jahre von höchster Stelle regelmäßig von Verschwörungen gefaselt wurde, z.B. von der “trotzkistisch-sinowjewistisch-japanisch-deutschen Verschwörung”. Im Fall der “Nachdenkseiten” handelt es sich aus Sicht des Herrn Hebestreit offenbar um eine “florianistisch-müllerizistisch-russische Verschwörung” … Im Ernst: Der Herr Hebestreit ist überfordert und eine Gefahr für die Pressefreiheit.
Machen Sie weiter!
Anderson
3. Leserbrief
Sehr geehrte Nachdenker,
ja, mal wieder ein unglaubliches Gebahren. Die für mich interessanteste Aussage ist aber; “….antworte ich so, wie ich es für richtig halte.”
Wer ist denn dieser Hebestreit, dieser Höhepunkt der Negativauswahl? Der hat überhaupt nichts für richtig zu halten. Für richtig halten die Amtsinhaber und das Volk (also in einer Demokratie). Er hat sich an Fakten und Regierungslinie zu halten und nachzuplappern. Diese selbstherrliche Politikmarionette gehört auf seine wirkliche Größe zurecht gestutzt, denn dann ist seine Stimme zu leise, um gehört zu werden.
Auch die Suggestiv Frage ganz am Ende, ich weiß nicht von wem: “Ich glaube, irgendeine Information zu dieser Frage liegt Ihnen auch nicht vor.” Soll man das als Drohung verstehen? Wenn man die Mimik dazu sieht, dann muss man das wohl. Denn Informationen liegen ja vor und führen logisch zum Schluß, dass die Finanzierung naheliegt. Im anderen Fall hätte man ja nein sagen können. Diese Selbstherrlichkeit der Mitläufer und Mittäter ist wirklich zirkusreif. Widerlich! Aber ihre Tage sind gezählt.
MfG
Florian App
4. Leserbrief
Herr Hebestreit wird nicht müde, immer wieder darauf zu verweisen, dass Deutschland sich formal nicht im Krieg mit Russland befände. Neulich erst sagte er, als eine ausländische Journalistin höflich um Entschuldigung bat, eine ungezieme Frage zu stellen: “Wie sind ein freies Land”. Aber “unter uns” wird anders gesprochen. Da wird darum gebeten, im Informationskrieg immer den Feind im Hinterkopf zu haben. Denn der Feind hört mit.
“Hebestreit
Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum. Solche Fragen ziehen auch immer Berichterstattung nach sich. Insofern wäre ich immer vorsichtig, solche Behauptungen hier ungeprüft und ungeschützt zu äußern.”
Danke für die Berichterstattung dazu, Herr Warweg.
Als ich Ihre Dokumentation und Stellungnahme las, kamen mir die damaligen Naziplakate in den Sinn:
“PSST, der Feind hört mit ”
Dazu auch folgende Dokumentation.
Da möchte ich nicht wieder hinkommen. Wehret den Anfängen!
Udo Jeske
5. Leserbrief
Lieber Herr Warweg,
Stop! Hände hoch! Sie sind enttarnt! Als russischer “Presse-Spion” vom Erlauchten Hebestreit höchstselbst auf dem Regierungssprecher-Thron! Was ich als Leserin natürlich (!) insgeheim immer schon vermutet habe, hähä. Des Erlauchten Ausspruch, man sei heute (BPK am 11.3.2024) im Raum ja unter sich, aber manchmal seien auch noch “andere” im Raum, lässt keinen Zweifel zu: Sie sind der “andere”, der bis gestern unsichtbare dritte Mann nach Putin und dem ketzerischen Papst Franziskus. Sie sind der Spion, den Herr Hebestreit nicht liebt! Na, ich sage lieber, “nicht mag”, ich will dem Herrn nichts unterstellen! Meinen herzlichen Glückwunsch Herr Warweg, darf ich mich doch auf viele (lustige) weitere “Spionage-Geschichten” aus Ihrer Feder freuen! Und mein Dank zuletzt noch an Herrn Putin, dass sein langer russischer Arm bis in die deutsche Gerichtsbarkeit reicht, und diese per Bakschisch das Urteil über Ihre Wiederzulassung bei der BPK gesprochen hat. Was für abenteuerliche Spionage-Stories würde ich sonst verpassen!
Heitere Grüße
Claudia L.
6. Leserbrief
Hallo Herr Warweg,
großes Lob vorneweg: sich immer wieder diese Ka……..ien anzutun, Heuchelei, Lug, Trug und interessengesteuerte “Vergesslichkeit” sowie vorgetäuschtes Nichtwissen das erfordert nicht nur Nerven wie Drahtseile, weil man ab und zu das intensive Interesse verspürt das eine oder andere “Antlitz” der fröhlich vor sich hinlügenden zu “streicheln”, es schmutzt ja auch, was dort abgeliefert wird. Soviel kann man sich gar nicht waschen – das färbt ja auf die Dauer ab!
So gesehen sind Sie ein “Wahrheitskundschafter” in der Regierungsjauche – was natürlich auch Ihre “Beliebtheit” erklärt. Nun hat wohl der feine Herr, der es unternimmt den Streit zu “heben” (wohl auf ein noch immer nicht erreichtes unterirdisches Niveau) die Katze aus dem Sack gelassen. Und der räudige Regierungskater maunzt vernehmlich. Es geht hier nicht um die Frage, welche Statuten da mißachtet oder “verbogen” wurden, das ist den Herrschaften, die dort zum “Desinformieren” antreten, wohl reichlich egal. Es geht um das “wir” und das “die”. Hier die regierungstreuen, braven “Journalisten”, dort das Schwurbler – und mutmaßliche Querdenkergesindel, dass, igitt igitt, ALLES hinterfragen will. Die Stimme des FEINDES, gewissermaßen. Des FEINDES, der “Wehrkraft” und “Volksgemeinschaft” zersetzen, den “Wehrwillen untergraben” will. Es ist nicht allzu lange her, da bekam man dafür den Kopf runter und die Angehörigen – falls vorhanden – bekamen eine Rechnung über rund 700 RM, was damals eine größere Summe war. Neben dem Posten von 300 RM (“Gebühr für die Todesstrafe” nach GKG), stachen regelmäßig die 12 Reichspfennige für die Briefmarke heraus, denn wenn schon Abrechnung, dann bitte genau.
Für die Zukunft kann dem Herrn, der den Streit heben will, geholfen werden. In großer, sehr toitscher Zeit, gab es da so Plakate, die hingen überall herum: “Psst! Heind hört mit!” Schenken Sie dem freundlichen Herrn doch einfach mal so´n Ding. Kleine Geschenke erhalten nämlich die Freundschaft.
Mit satirischem Gruß (wie lange darf man das noch?)
Ihr
Gunnar R. Vogel
7. Leserbrief
Guten Tag,
ich freue mich über die außerordentlich gut formulierte Frage:
Beteiligt sich die Bundesregierung in welcher Form auch immer an der Finanzierung der ausländischen Legion – ich meine, so heißt sie – in der Ukraine?
… und verstehe das missglückte Ablenkungsmanöver des Regierungssprechers als Zustimmung (oder Vermeidung des Ja-Wortes, wenn die ausgesprochene Zustimmung unangenehme Konsequenzen mit sich bringen könnte).
Wer sagte noch einmal, in dem Land könne man seine Meinung immer frei äußern, man müsse halt nur mit den Konsequenzen umgehen können?
Mit freundlichen Grüßen
Philip S.
8. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Warweg.
Wieder einmal entblößen sich die Herrschaften ganz von selbst.
Im Tennis nennt man so etwas “unforced error”, also einen Punktverlust, der nicht durch einen guten Spielzug des Gegners erzwungen wurde.
Im Falle der BPK wohl eher ein weiterer Gesichtsverlust, weil es den “anderen” dazu gar nicht bedurfte, um sich maximal lächerlich zu machen.
Die Botschaft an die wohlgesonnene und angepasste Journaille in diesem Theater war die eines Lindners würdig:
“Lieber nicht fragen als falsch fragen”.
Sehr amüsiert war ich über die Tränendrüsenaktivierungsaussage seitens Hr. Hebestreits:
“Wir haben große russische Desinformationserfahrungen,…”
Ich habe herzlich gelacht, denn am 6. März las ich bereits bei RT DE folgenden Artikel: Diplomatischer Eklat: EU-Botschafter schwänzen Treffen mit Lawrow
Offenbar will man einfach nichts wissen.
Bei den Gringos klappt das ja ganz gut, siehe NorthStream II!
In der Ukraine erblindet man vor lauter blau/gelb und nimmt die “braunen” Flecken nicht wahr und im Falle Israel ist man von der “Staatsräson” derart geblendet, dass der Völkermord im gleißenden Licht deren Bomben verschwindet.
Wahrlich, die “Delegitimierung der Regierung” findet nicht von Außen statt!
Mit besten Grüßen
J.-M. Juckel
9. Leserbrief
Liebe Redaktion,
wenn der Regierungssprecher sagt, das es russische Desinformationserfahrungen gibt, wäre es dann nicht angebracht das Regierungssprecher und öffentlich rechtlicher Medien informieren ?
Es wäre im Falle der Vermutung russischer Desinformation, die Chance für den Regierungssprecher die Sachlage an Hand von Fakten klarzustellen.
So bleibt nur die Feststellung des Medienforschers und ehemaligen Mitglieds des Wissenschaftlichen Rates der Bundesregierung Professor Bolz, “Lügenmedien ist eine unzulässige Abkürzung, ich würde noch sagen es ist noch viel schlimmer, die Medien verschweigen”.
Und Professor Bolz sprach damals schon den zunehmenden Paternalismus an, von oben herab. Das kann man an dem Beispiel von Herrn Hebestreit sehr gut sehr !
“Prof Dr Norbert Bolz Lügenpresse – Es ist noch viel schlimmer”
NDS Artikel
“Regierungssprecher Hebestreit: „Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber…“
Hebestreit
Genau! Wir können nur – – – Ich wollte das gar nicht weiter – – – Wir haben große russische Desinformationserfahrungen, und ich würde jeden aufrufen, wenn man fragt – – – Man kann Dinge sehr unterschiedlich formulieren. Sie können das machen, wie Sie wollen. Ich rate nur dazu, sehr vorsichtig zu formulieren, um nicht Dinge in den Raum zu stellen, die so nicht stimmen.
Grüße
Dieter Gabriel
Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten
Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff.
Es gibt die folgenden E-Mail-Adressen:
Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“.
]]>„Zivilschutz“ klingt schön und möglicherweise nachvollziehbar für manche Bürger. Was den Vorstoß von Stark-Watzinger aber so fragwürdig macht, sind zwei Dinge: Zum einen werden oft problematische Vorhaben mit einem nachvollziehbaren Mantel umhüllt, z.B. die Internet-Überwachung mit einem Kampf gegen Kinderpornographie. Zum anderen besteht der Verdacht, dass in der praktischen Umsetzung (etwa mit Offizieren im Unterricht etc.) die aktuelle, mit Macht vorangetriebene Militarisierung der Gesellschaft auch auf die jungen Menschen übertragen wird und allgemein eine Normalisierung von Krieg und Aufrüstung angestrebt ist.
Warum das Militär zum Leidwesen vieler Kriegstreiber hierzulande (noch) nicht so „normal“ ist wie in anderen Ländern – mit welchen historischen Vorgängen könnte das wohl zu tun haben? Und bedeutet eine Normalisierung etwa der absolut grauenhaften Vorstellung eines Krieges Deutschlands gegen Russland nicht auch eine Art der „Schlussstrich-Debatte“, und wäre dieses Bestreben dementsprechend nicht als rechtsextrem einzuordnen?
Nur die Anderen drillen ihre Kinder
In Ländern wie Großbritannien würden Schul-Übungen für den Katastrophenfall zum Alltag gehören, so Stark-Watzinger. „Davon können wir lernen.“ Meine Assoziationen zu solchen Übungen sind alles andere als positiv: Ich empfinde sie zum einen als eine reine Simulation von Sicherheit, die durch Spiele wie „Duck and Cover“ („Ducken und in Deckung gehen“) erzeugt werden soll. Dazu kommt die Instrumentalisierung von Abenteuerspielen für die Indoktrination von Jugendlichen sowie die fragwürdige moralische Mobilisierung von Menschen, die zu jung sind, um die Folgen abzuschätzen.
In Deutschland wurde eine allzu offensichtliche Militarisierung von Kindern und Jugendlichen bisher eher mit Ländern wie Russland assoziiert: So zeigt das Titelbild dieses Artikels eine Szene aus einer ZDF-Produktion. Zu sehen sind dort laut ZDF russische Kinder, die militärisch gedrillt werden. Sind solche Szenen denn nicht der Alptraum aller Eltern und Pädagogen? Stark-Watzinger würde auf diese Frage vermutlich entgegnen, dass solche Szenen und eine Wandlung von Schulen zu militärischen Drill-Camps selbstverständlich nicht angestrebt seien, schließlich gehe es ihr nur um „Zivilschutz“ und irgendwie um „Demokratie“ – aber wie oben bereits beschrieben, können sich als „begründet“ und zunächst als hinnehmbar dargestellte Handlungen als ein Türöffner erweisen, der mit der Zeit schlimme Entwicklungen nach sich zieht.
Möglicherweise kommt auch irgendwann die Losung: „Wir müssen bereits unsere Kinder drillen, damit sie nicht demnächst in einer Autokratie aufwachen, die bereits ihre Kinder drillt…“ Aber auch wenn im Fall der Militarisierung an unseren Schulen vorerst wohl keine „autokratischen Verhältnisse“ zu erwarten sind, so bin ich doch der Auffassung: Wehret den Anfängen!
Krieg in der Schule? Ja – als Mahnung
Die Forderung, im Unterricht müsse verstärkt der Krieg thematisiert werden, sollte eigentlich genau in die andere Richtung gedeutet werden: Ich hatte als Schüler Unterricht über den Krieg. Und ich hatte (noch?) das Glück, dass es Lehrer gab, die mir die Schrecken eindringlich vermittelt haben – und zusätzlich das Bewusstsein, dass eine Wiederholung (noch dazu zwischen Deutschland und Russland) um alles in der Welt verhindert werden muss. Und dass für dieses wichtige Ziel Kompromisse nötig sind, wozu auch Respekt gegenüber russischen Sicherheitsinteressen zählt.
Das hat sich wohl „zeitengewendet“: Heute ruft die Bundesbildungsministerin die Schulen dazu auf, ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. So sollten Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für die Sicherheit der Gesellschaft tue. Die jungen Menschen müssten die Bedrohungen der Freiheit kennen und mit den Gefahren umgehen können, sagte Stark-Watzinger laut Medien. Außerdem hätten die Schulen die Aufgabe, Risiken altersgerecht aufzuzeigen: „Dabei geht es auch darum, Sorgen und Ängsten zu begegnen.“ Mein Verdacht: Hier werden wohl eher Ängste (vor „dem Feind“) erzeugt werden.
Lehrerverband: Jugendoffiziere als „sinnvolle Unterstützung“
Es gibt laut Medienberichten auch Kritik vonseiten einiger Bildungspolitiker in Bund und Ländern am Vorschlag Stark-Watzingers.
Dagegen plädierte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, die saarländische Bildungsministerin Streichert-Clivot, laut Medien für eine umfassende Vorbereitung von Schülerinnen und Schülern auf mögliche Krisen wie Pandemien und Kriege.
Die Forderung stößt laut Medien auch auf Zustimmung beim Deutschen Lehrerverband. „Der Ukrainekrieg schafft ein neues Bewusstsein für militärische Bedrohung, das auch an Schulen vermittelt werden muss“, sagte Verbandspräsident Stefan Düll der Bild am Sonntag. Jugendoffiziere seien dabei eine „sinnvolle Unterstützung“. Der Unterricht zur „Demokratie- und Friedenserziehung“ könne fächerübergreifend stattfinden, in Wahlunterricht und Projekten, so Düll.
Angesichts dieser Position soll hier auch noch einmal an die fragwürdige Rolle des Lehrerverbandes während der Corona-Politik erinnert werden, die wir damals unter anderem im Artikel Corona: Nehmt die Kinder vor den „Beschützern“ in Schutz thematisiert hatten. Dass die jungen Generationen momentan auch in manchen Medienbeiträgen direktes Ziel von Meinungsmache zur Militarisierung sind, haben wir kürzlich im Artikel „Taurus“: Wie das ZDF auf die Köpfe unserer Kinder zielt beschrieben.
Simulation von Sicherheit: „Duck and Cover“ an den Schulen
Noch im Jahr 2010 hat der Spiegel den „Zivilschutz“ während des Kalten Kriegs folgendermaßen eingeordnet:
„Aktentaschen auf dem Kopf, Möbel vor der Tür: Während des Kalten Krieges propagierten Regierungen den Selbstschutz der Bürger beim Atomangriff des Gegners mit absurden und nutzlosen Ratschlägen. Die staatlichen Broschüren blieben über Jahrzehnte gängige Praxis – in der Bevölkerung ernteten sie Hohn und Spott.“
In der Bundesrepublik sei man in Sachen Zivilschutz ebenfalls nicht untätig gewesen, so das Magazin. Ein Beispiel sei die Broschüre mit dem vielversprechenden Namen „Jeder hat eine Chance“ von 1961, herausgegeben vom damaligen Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz. Dort seien die Augenzeugenberichte zweier Japaner angeführt, die jeweils die Atombombenexplosionen von Hiroshima und Nagasaki überlebt hätten. Die beiden Überlebenden seien aufgrund ihres „instinktiv richtigen Verhaltens“, in Deckung zu gehen, gerettet worden, so die Broschüre. Fazit des Spiegel:
„Die Behörde verharmloste damit eine der größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte und schürte unrealistische Hoffnungen – Aufklärung sah anders aus.“
In Verbindung mit den momentanen Berichten über „Schutzräume“ etc. erinnern mich die aktuellen Vorstöße unter anderem an die angsteinflößende und gleichzeitig verharmlosende Propaganda, wie sie teils zur Atombombe produziert wurde, etwa zum „Duck and Cover“ in den Schulen im Falle eines Angriffs:
Titelbild: Screenshot ZDF
Es folgt ein Überblick, den ich locker verzehnfachen könnte:
(BILD 18.3.2024)
(ZDF)
(FAZ 18.3.2024)
(BILD 18.3.2024)
(Süddeutsche Zeitung 18.3.2024)
(Überblick über Meldungen und Kommentare von Die Rheinpfalz)
]]>Als ich dann älter wurde und in die Schule ging, kamen meine Mitschüler und Freunde aus aller Herren Länder. Obwohl, das ist natürlich falsch formuliert. Ihre Eltern kamen aus aller Herren Länder, sie kamen aus unserer Kleinstadt. Meist hatten sie türkische, italienische oder jugoslawische Wurzeln. Ihre Eltern kamen als – wie man es damals noch nannte – Gastarbeiter ins Land. Für uns hat das keinen Unterschied gemacht. Im Fußballverein kamen sich auch die Eltern näher – ich werde nie die leckeren Snacks vergessen, die die Mutter eines türkischen Freunds der ganzen Mannschaft immer bei Auswärtsspielen mit auf den Weg gab. Zusammen schauten wir uns dann auch oft die Spiele „unserer“(!) Nationalmannschaft an. War das damals etwas Besonderes? Ach was. Wir waren in den 1980ern und da war das vollkommen normal. Natürlich war nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. So kann ich mich noch an einen grantelnden Rentner erinnern, der am Spielfeldrand über „den Kümmeltürken“ schimpfte, der seiner Meinung nach ein schlechtes Spiel bot. Unser Trainer – ein Kriegsversehrter, den Granatensplitter das Gesicht verunstaltet hatten – jagte den rechten Schreihals vom Platz. Heute hätte man ihn für sein „zivilgesellschaftliches Engagement“ ausgezeichnet; damals war das normal. Wir waren bunt und vielfältig und wussten es noch nicht einmal.
Als ich dann älter wurde, ersetzten andere Dinge, die man als junger Mann zwischen Kindheit und Erwachsenwerden halt so macht, den Fußball. Ich machte zusammen mit meinen Mitschülern mit multinationalen Wurzeln Abitur und ging dann zur Uni, wo die Mischung noch bunter war, ohne dass das für einen selbst eine Rolle spielte. Nun kamen auch die Geschlechterfragen, die heute offenbar so ungemein wichtig sind, hinzu. Wichtig waren die damals aber nicht. Der eine war hetero, der andere schwul. So war das halt. Völlig normal. Mal traf man sich am Samstagabend in „normalen“ Kneipen und Clubs, mal ging man zusammen in „Gay Clubs“ – auch ich als „blonde Hete“, wie ich von einem schwulen Freund immer scherzhaft genannt wurde, ging dort gerne hin, weil die Musik ganz nach meinem Geschmack war und dort interessante Frauen waren, die gerne dort hinkamen, weil sie hier nicht „dumm angemacht“ wurden.
Im Alltagsleben spielte die „sexuelle Orientierung“ aber keine Rolle. Es war vollkommen egal, ob man „straight“ oder schwul war und das galt nicht nur für das Uni-Umfeld. Zum engen Freundeskreis meiner Eltern gehört seit Jahrzehnten ein lesbisches Pärchen, ein Geschäftspartner meines Vaters hieß irgendwann nicht mehr Wolfgang, sondern Tanja. So what? Damals – wir hatten nun die 90er – krähte kein Hahn danach. Ja, es gab damals auch immer mehr „Skinheads“ und Nazis. Das war aber für uns stets ein Randphänomen, das mit unserem Leben nichts zu tun hatte. Diese Nazis waren auch schon immer – sorry – „scheiße im Kopf“, aber wir – die wir uns als links oder linksliberal definierten – wären damals auch niemals auf die Idee gekommen, unsere Gegenwart als „neu“, „bunt“ oder „multi-irgendwas“ zu bezeichnen. Wir wären auch nie auf die Idee gekommen, uns über unsere sexuellen Vorlieben oder unsere Hautfarbe zu definieren. Rückblickend war diese Zeit schon fast erschreckend normal.
Doch auch heute hat sich für mich – zumindest gefühlt – nicht viel verändert. Der beste Freund meines Sohnes hat türkische Wurzeln, seine stets wechselnden Freundinnen kommen von allen Kontinenten – ok, bis auf Australien. Welche Hautfarbe mein irgendwann sicher kommendes Enkelkind haben wird, ist mir herzlich egal. Viele Freunde und Personen aus meinem beruflichen und privaten Umfeld sind schwul. Und noch immer empfinde ich das nicht als „neu“ oder „bunt“ – es war zumindest in den letzten 50 Jahren ja immer so.
Was jedoch tatsächlich neu ist, sind die elenden Debatten, die um diese Themen geführt werden. Und was nicht nur neu, sondern für mich auch erschreckend ist, ist die Art und Weise, wie immer mehr Menschen sich definieren. Früher definierten wir uns über Gemeinsamkeiten. Wir spielten zusammen Fußball, waren in einer Klasse, auf einer Schule, hatten einen ähnlichen Musikgeschmack oder waren halt sonst auf einer Wellenlänge. Ob wir die gleiche sexuelle Orientierung, die gleiche Hautfarbe oder die gleiche Herkunft bis zu den Urahnen haben, war zweitrangig.
Heute definiert man sich „offenbar“ über Unterschiede. Identitätspolitik nennt sich das. Wie soll man aber zueinanderfinden und miteinander harmonieren, wenn man sich über die Unterschiede definiert? Ganz ehrlich, ich verstehe das nicht. Das „Offenbar“ habe ich aber nicht ohne Grund geschrieben, denn ich weiß gar nicht, ob das in der Realität wirklich so ist oder ob dies nicht eher ein virtuelles Phänomen ist, das von Kulturkämpfern beider Seiten in den sozialen Netzwerken rauf und runter gedudelt und von den Medien gehypt wird. In meiner Generation und in meinem Umfeld hat sich zumindest nicht viel geändert – und bei meinem heute in Berlin – also mitten im identitätspolitischen Mordor – lebenden Sohn auch nicht.
Ja, wir befinden uns anscheinend in einem virtuellen Kulturkampf. Dieser Kampf wird sowohl von rechten als auch von linken Idioten geführt, die ständig einen Popanz aufbauen und uns gegen unseren Willen in diese vollkommen idiotischen Debatten hineinziehen. Vielleicht sollten wir – ein Lieblingswort der linken Idioten – „Resilienz“ aufbauen und uns unsere – ein Lieblingswort der rechten Idioten – „Tradition“ nicht umdeuten lassen. Meine Tradition sind nicht die in Teilen sicher reaktionären 1950er-, sondern die durchaus progressiven Zeiten ab Mitte der 1970er-Jahre und ich will auch nicht in eine Zeit zurück, die selbst ich als älterer weißer Mann gar nicht mehr kenne und mit der ich auch nur sehr wenig anfangen kann.
Ich will nicht einer Welt leben, in der sich „linksliberale“ Menschen über ihr Geschlecht und ihre Herkunft definieren und alle „Andersdenkenden“ als rechte Hinterwäldler verunglimpfen. Ich will aber auch nicht in einer Welt leben, in der sich „reaktionär konservative“ Menschen über ihr Geschlecht und ihre Herkunft definieren und alle „Andersdenkenden“ als „woke Spinner“ verunglimpfen. Ich will in einer Welt leben, in der Geschlecht und Herkunft keine Rolle spielen, die sexuelle Orientierung Privatsache ist und in der man sich über Gemeinsamkeiten und nicht über Unterschiede definiert.
Ist das eine Utopie? Ich glaube nicht, da der Großteil zumindest meines Lebens dieser Welt sehr nahekam. Und wenn ich vor die Tür gehe, habe ich auch nicht das Gefühl, dass sich im realen Leben so viel daran geändert hat. Sobald ich ins Netz gehe, ändert sich das jedoch diametral. Hier wird polarisiert und gespalten, dass die Schwarte kracht. Was also tun? Den Computer und das Smartphone beiseitelegen? Kulturkämpfern von rechts und links einen Stinkefinger zeigen? Das wäre sicher ein Anfang.
Vor allem sollten wir aber die reale nicht mit der virtuellen Welt verwechseln und uns nicht gegen unseren Willen in diese Schlammschlacht hineinziehen lassen. Bleiben Sie so, wie Sie sind. Lassen Sie sich nicht spalten. Ignorieren Sie einfach diese Debatten, so gut es nur geht. Nur gemeinsam kann man an den echten Problemen etwas ändern. Die Fragen von Krieg und Frieden, Armut und unanständigem Reichtum, Chancengleichheit und Elitengesellschaft sind viel wichtiger als die Frage, wer mit wem ins Bett geht und welche Hautfarbe oder Herkunft wir haben. Und wichtiger als die Frage, in welchem Leibchen die Nationalmannschaft aufläuft, sind diese Fragen sowieso.
Titelbild: pathdoc/shutterstock.com
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Die Wahlbeteiligung lag offiziell bei 74 Prozent. Das ist die höchste Wahlbeteiligung, die es im nachsowjetischen Russland nach offiziellen Angaben je gegeben hat.
Die drei Kandidaten, die außer Putin zur Wahl standen, bekamen nach den Exit-Polls nur wenig Stimmen. Für den Kandidaten der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF), den 79 Jahre alten Nikolai Charitonow, stimmten 4,6 Prozent der Wähler. Bei den Duma-Wahlen 2021 bekam die KPRF noch 18 Prozent der Stimmen.
Auf einem Briefing der KPRF am Sonntagabend spielte die Parteiführung das niedrige Ergebnis ihres Kandidaten herunter und betonte, das Wichtigste für Russland sei in der Situation der militärischen Bedrohung durch die NATO-Staaten, dass der Oberkommandierende Putin die Unterstützung der Bevölkerung habe. Man tröstete sich auch damit, dass man sagte, man habe das Programm der KPRF mit zentralen sozialen Forderungen im Wahlkampf unter Millionen Menschen bekannt gemacht.
Für Leonid Sluzki, der für die rechtspopulistischen Liberaldemokraten (LDPR) kandidierte, stimmten nur drei Prozent der Wähler.
Der vierte Kandidat, der 39 Jahre alte Unternehmer Wladislaw Dawankow von der wirtschaftsliberalen Partei „Neue Leute“, bekam nach den Exit Polls 4,2 Prozent der Stimmen.
Starke Polizeipräsenz
Ich hatte in den letzten Tagen drei Wahllokale im Westen Moskaus besucht. Mir fiel auf, dass die Kontrollen vor den Wahllokalen wesentlich stärker waren als sonst. Man musste durch einen Metalldetektor gehen. Meine Umhängetasche wurde durchsucht. Am Sonntag sah ich im Wahllokal Nr. 2852, in dem ich nach meiner Registrierung als Korrespondent ungehindert filmen konnte, Polizisten mit Gummiknüppeln direkt neben den Wahlurnen stehen. Offenbar wollte man mit der starken Polizeipräsenz verhindern, dass in den Wahllokalen Störaktionen der Opposition stattfinden. Am Sonnabend waren Videos aufgetaucht, die zeigten, dass eine junge Frau in Moskau – offenbar aus Protest – eine farbige Flüssigkeit in eine Wahlurne geschüttet hatte. Sie wurde festgenommen. In St. Petersburg hatte ein Mann ein Wahllokal mit einem Molotow-Cocktail angegriffen.
Die staatlichen Einrichtungen in Moskau taten alles dafür, dass sich möglichst viele Menschen an den Wahlen beteiligen. In der Stadt wurde seit Wochen mit großen Plakaten für das Online-Wählen geworben. Moskau war eine von 28 russischen Regionen, bei denen nicht nur über Stimmzettel, sondern auch online gewählt werden konnte.
Wie die Leiterin der Zentralen Wahlkommission, Ella Panfilowa, jedoch am Sonntag mitteilte, sei sie froh, dass es das Online-Verfahren nur in 28 russischen Regionen gab. Denn überraschend hätten sich die DOS-Attacken auf die russischen Wahlserver bei der Präsidentschaftswahl 2024 verdoppelt. Man habe 280.000 Hacker-Attacken auf das Online-Wahl-System blockieren müssen. Gegen Russland werde nicht nur mit militärischem Gerät gekämpft, erklärte die Leiterin der Zentralen Wahlkommission.
Von einzelnen Wählern hörte ich, dass in Moskauer staatlichen Einrichtungen die Mitarbeiter aufgefordert wurden, ihre Stimme bei den Wahlen abzugeben. Angeblich mussten Mitarbeiter ein Foto von der Online-Bestätigung machen, dass sie gewählt hatten.
In Gesprächen in den Tagen der Wahl auf Straßen und in Wahllokalen stellte ich fest, dass es grob gesagt zwei Gruppen von Wählern gibt. Die Leute unter 45 Jahre und die Leute, die älter sind. Die Bürger über 45 wählen Putin, weil sie die 1990er Jahre in Erinnerung haben und anerkennen, dass Putin es war, der die russische Wirtschaft und das russische Staatswesen nach dem völligen Chaos in den 1990er Jahren wieder in Gang gebracht hat.
Ein weiteres Motiv, den Amtsinhaber zu wählen, war, dass die drei Kandidaten, die außer Putin zur Wahl standen, keine Leitungserfahrungen, geschweige denn Erfahrungen in der internationalen Politik vorweisen konnten. Aber diese Erfahrungen hat Putin, der zum einen durch die russischen Regionen reist und zum anderen trotz westlicher Sanktionen auch auf internationalem Parkett präsent ist.
Bei einem Teil der Jugendlichen zählen diese Qualitäten nicht. Sie wollen vor allem ein neues Gesicht an der Spitze Russlands sehen. Sie haben das Chaos der 1990er Jahre nicht erlebt. Viele Jugendliche, die in der Zeit groß geworden ist, als Russland von liberaler Ideologie geprägt war, wünschen sich eine Wahl, bei der alternativen Kandidaten mit Erfahrung die Teilnahme ermöglicht wird.
War die Präsidentschaftswahl eine „Farce“?
In vielen großen deutschen Medien muss die Tatsache, dass Wladimir Putin die Wahl haushoch gewinnen wird, als Beweis dafür herhalten, dass Russland eben eine Diktatur und die ganze Wahl eine Farce ist. Mit dieser Sichtweise wird unterstellt, dass Putins Macht eigentlich auf wackeligen Beinen steht und dass, wenn es in Russland keine politische Repression gäbe, Russland schon längst einen neuen Präsidenten hätte.
Aber wer soll Putin stürzen? Übergangen wird die Tatsache, dass nach der Invasion russischer Truppen in die Ukraine Hundertausende, darunter viele liberal gestimmte Oppositionelle, ins Ausland emigriert sind. Und selbst als diese Oppositionellen noch in Russland lebten, reichte ihre Kraft nicht für eine politische Bewegung, die mehr Menschen mobilisiert als einen Teil der liberal gestimmten Menschen in den russischen Großstädten.
Leider wird in vielen großen deutschen Medien etwas Naheliegendes nicht in Betracht gezogen, dass nämlich auch die militärische und psychologische Frontstellung des Westens gegen Russland – Stichwort Russophobie – dazu führt, dass Russland sich nach außen abschottet und Oppositionelle, die gegen den Krieg auftreten, als „ausländische Agenten“ brandmarkt und verfolgt.
Wer will, dass die Opposition in Russland mehr Luft zum Atmen bekommt, müsste zu allererst dafür eintreten, dass die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine gestoppt und das Ziel, die Ukraine zum NATO-Mitglied zu machen, aufgegeben wird.
Mit der Sichtweise, die Wahl in Russland sei eine „Farce“ gewesen, wird auch ausgeblendet, dass russische Zivilisten und Soldaten seit zwei Jahren mit Waffen der westlichen Länder getötet werden.
Auch während der Wahl gingen die Angriffe weiter. Am 17. März starb in der russischen Stadt Belgorod in Folge ukrainischen Beschusses ein Mensch, elf Menschen wurden verletzt. Am Morgen des 17. März teilte das russische Verteidigungsministerium mit, man habe 35 ukrainische Drohnen über russischem Territorium außer Gefecht gesetzt. Der Bürgermeister von Moskau, Sergej Sobjanin, teilte mit, dass Moskau in der Nacht auf Sonntag von vier ukrainischen Drohnen angegriffen wurde.
Russische Soldaten sterben in der Ukraine durch von westlichen Staaten gelieferte Waffen. Fast täglich werden grenznahe Gebiete von Zentralrussland von ukrainischen Drohnen oder russischen Söldnern, die im Dienst von Kiew stehen, angegriffen. Hohe deutsche Militärs beraten darüber, wie man die Krim-Brücke zerstören kann, ohne dass eine Beteiligung Deutschlands an so einem Vorhaben nachweisbar ist.
Dass sich in einer Situation der militärischen Bedrohung von außen die Menschen um den Präsidenten scharen, ist für ein Land im Krieg normal. Es wäre, wenn Deutschland von außen angegriffen würde, wohl ähnlich.
Stimmen für „den einzigen Anti-Kriegs-Kandidaten“
Die Unzufriedenheit über eine reale Wahlalternative zu Putin führte schließlich dazu, dass sich verschiedene Lager der Opposition von liberal bis links entschlossen, am dritten Wahltag um zwölf Uhr in die Wahllokale zu gehen, um dort die ausgehändigten Wahlzettel ungültig zu machen oder für den Kandidaten Wladislaw Dawankow zu stimmen.
Der Präsidentschaftskandidat Wladislaw Dawankow von der Partei „Neue Leute“ war in einer Wahlsendung im Fernsehkanal „Das Erste“ für ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges eingetreten. Er hatte erklärt, er wisse von seinen ehemaligen Kommilitonen, die jetzt als Soldaten in der Ukraine sind, dass sie „so schnell wie möglich nach Hause wollen“. Je eher man mit Kiew verhandele, „desto besser“.
Welche Position gab es zu den Wahlen bei den unabhängigen Linken? In dem von Boris Kagarlitsky gegründeten Internet-Portal Rabkor gab es drei verschiedene Vorschläge zu den Präsidentschaftswahlen. Der erste Vorschlag war, bei der Wahl den KPRF-Kandidaten Nikolai Charitonow zu unterstützen. Die KPRF sei „die einzige Oppositionspartei mit einem sozial orientierten Programm“.
Eine zweite Position wurde von dem Politologen Aleksandr Kynew vertreten. Er rief dazu auf, sich nicht an provokativen Aktionen in Wahllokalen zu beteiligen und stattdessen den Kandidaten Wladislaw Dawankow von der Partei „Neue Leute“ zu wählen. Dawankow sei der einzige Kandidat, der „gegen den Krieg“ sei.
Der bekannte linke Moskauer Universitäts-Professor Michail Lobanow argumentierte gegen eine Wahlunterstützung für Dawankow. Seine Kandidatur sei vom Kreml eingefädelt worden. Nur das Ungültigmachen der Stimmzettel könne den Protest gegen den Krieg in der Ukraine zum Ausdruck bringen.
Dagegen argumentierte wiederum der Politologe Kynew, ein Ungültigmachen der Stimmzettel zeige statistisch nicht den realen Protest, weil es unter ungültigen Wahlzetteln auch viele Wahlzettel geben werde, die aus nicht politischen Gründen ungültig seien.
Warum Wahlen in Kriegszeiten?
Natürlich stellt sich die Frage, ob es in einer Kriegszeit überhaupt Sinn macht, eine Wahl zu veranstalten. Denn natürlich unterliegt ein Wahlkampf in Kriegszeiten erheblichen Einschränkungen. Dass sich die russische Führung dazu entschlossen hat, Wahlen durchzuführen, hängt wohl damit zusammen, dass man alle Sektoren der russischen Gesellschaft noch enger um Wladimir Putin scharen wollte. Außerdem wollte man demonstrieren, dass Russland an demokratischen Grundsätzen festhält, im Gegensatz zur Ukraine, wo keine Wahlen stattfinden.
Titelbild: Romashko Yuliia / Shutterstock
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung J.K.: Völliger Irrsinn.
dazu: »Viel zu lange herrschte eine Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung«
Bildungsministerin Stark-Watzinger will den Krieg auf die Stundenpläne holen – der Präsident des Lehrerverbandes ist dafür. Auch Bundeswehroffiziere seien eine »sinnvolle Unterstützung«.
Die Forderung von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, im Unterricht verstärkt den Krieg zu thematisieren, stößt auf Zustimmung beim Deutschen Lehrerverband. »Der Ukraine-Krieg schafft ein neues Bewusstsein für militärische Bedrohung, das auch an Schulen vermittelt werden muss«, sagte Verbandspräsident Stefan Düll der »Bild am Sonntag«.
Quelle: DER SPIEGEL
Anmerkung unseres Lesers J.S.: In welchen Kategorien denkt diese Frau? Kriege sind machbar?
Anmerkung unseres Lesers O.B.: Die “Bildungsministerin” von der FDP will die Kriegsindoktrination zum Schulfach machen und dazu die Bundeswehr an die Schulen holen: Und der Präsident des Lehrerverbandes stimmt ihr zu! Ohne Worte!
Anmerkung unseres Lesers H.D.: Jetzt soll Propaganda schon offiziell an der Schule unterrichtet werden, das schlägt dem Fass nun wirklich den Boden aus!! Anstatt sich um Frieden zu bemühen und diesen zu vermitteln, sollen offensichtlich neue kalte Krieger herangezogen werden, ich bin mehr als fassungslos!! Diese Leute die sowas planen, gehören hinter Gitter oder in eine geschlossene Anstalt!!
dazu auch: Auf die Müllhalde der Geschichte mit den Kriegstreibern!
Und auf den Misthaufen der Geschichte mit denjenigen, die „den Krieg nach Russland tragen“, mit deutschen Marschflugkörpern die Krim-Brücke in Russland bombardieren, und Bodentruppen in die Ukraine schicken wollen. Bürgern, die solchen Peinigern auf den Leim gehen, rate ich zu einer „Entpropagandisierungs-Therapie“. An dieser Stelle auch meine ausdrückliche Verachtung aller Medien und Journalisten, die auch nur ein gutes Haar an dieser Kriegstreiberei finden können. Ihre Unfähigkeit, Selbstgerechtigkeit, Fremdsteuerung und Dummheit sind treibende Kraft für die chaotischen und unmenschlichen Zustände unserer Zeit. Sie verhöhnen den Humanismus! Sie widern mich an!
„Kriegstreiber haben wir mehr als genug. Wir brauchen Friedenstreiber“ meinte einst der Schweizer Journalist und Buchautor Walter Ludin. Und das mehr denn je. Die weltweite Kriegsrhetorik nimmt zu, insbesondere in Deutschland.
Quelle 1: Wassersäge
Quelle 2: Uwe Froschauer in apolut
Anmerkung unseres Lesers J.S.: Hier ein Artikel von Uwe Froschauer, der mir mit klarer und unmissverständlicher Sprache aus dem Herzen spricht. Auch meine Familie ist entsetzt und verzweifelt darüber, was um uns herum geschieht. Wie können sie es wagen, mit unseren Leben, dem unserer Kinder, unserer Enkel und aller Mitmenschen zu pokern? Aber der Wahnsinn wird immer noch weiter getrieben
dazu auch: Nothilfe in Gaza: Einfach überleben
Der anhaltende Krieg im Gazastreifen hat mehr als 1,8 Millionen Palästinenser:innen, über 80 Prozent der Bevölkerung, zu Binnenvertriebenen gemacht. Mehr als zwei Millionen Menschen hungern seit Wochen. Die ersten Kinder sind bereits an Unterernährung gestorben, berichtete UNICEF Anfang März. Die bekannte CNN-Journalistin Christiane Amanpour hat in einem TV-Beitrag fürchterliche Bilder aus einem Krankenhaus im Norden Gazas gezeigt, wo das ärztliche Personal mangels anderer ihnen zur Verfügung stehender Optionen für (Klein-) Kinder und Babies, die mit dem Hungertod kämpfen, nicht mehr tun kann, als ihnen Salz- oder Zuckerlösung zu verabreichen.
Quelle: medico
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Deutschland war noch in den 1980er Jahren eins der Länder mit dem höchsten Einkommensniveau, einer auskömmlichen Rente und akzeptablen Sozialleistungen, in dem die hier beschriebenen Ängste vielleicht 10 Prozent der Menschen betrafen (schlimm genug). 40 Jahre neoliberale Politik, noch einmal verschärft durch die Ampelregierung (6% Reallohnrückgang), haben aus der Bevölkerung einen verarmten Haufen Nervenwracks gemacht, von den zwei Drittel Sorgen haben, ob sie finanziell über die Runden kommen. Eine phantastische Leistung, allerdings seltsamerweise forciert durch diejenigen Wähler, die gleichzeitig Opfer dieser Politik sind. Aber die Politik von CDU/CSU, Grüne, FDP und SPD kennt ja Gegenmittel: noch mehr Steuergeschenke für Reiche, noch mehr Umverteilung von unten nach oben, noch länger arbeiten für noch weniger Geld, möglichst weitere Rentenkürzungen und weitere Privatisierungen von Sozialleistungen und Daseinsvorsorge. Dann wird das schon – die 80%-Marke der Menschen mit finanziellen Sorgen ist in Sichtweite.
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Zugegeben, das kommt alles nicht so platt und einseitig aktionärsbeglückend daher wie die Pläne von FDP oder Robert Habeck, aber was sollen nach 40 Jahren angebotsorientierter Politik, die Wirtschaft und Gesellschaft ruiniert haben, *weitere* angebotsorientierte Maßnahmen bringen, z. B. die Bekämpfung eines nicht existierenden Fachkräftemangels durch ein höheres Arbeitskräfteangebot, also noch mehr Lohndruck und noch mehr Arbeitslosigkeit? Die deutsche Volkswirtschaft leidet mindestens seit 20 Jahren, aber besonders seit Corona, unter einer eklatanten Nachfrageschwäche, d. h. viel zu niedrigen Löhnen und zu schlechten Sozialleistungen. Wenn solche Offensichtlichkeiten (6% Leistungsbilanzüberschuss!!!) nicht erkannt und adressiert werden, dann wird die deutsche Wirtschaft nur weiter vor die Hunde gehen. Was offenbar keine der Parteien in Regierung oder Opposition zu stören scheint.
dazu auch: DIHK erwartet weitere Zunahme bei Firmeninsolvenzen
Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes lag die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Februar 2024 um 18,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im Gesamtjahr 2023 stieg sie demnach gegenüber 2022 um 22,1 Prozent.
“Die großen konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen am Standort Deutschland setzen der Wirtschaft zu”, erklärt Marc Evers den Trend. “Daher ist leider auch für die kommenden Monate von einer weiteren Zunahme der Unternehmensinsolvenzen auszugehen.”
Quelle: DIHK
dazu: Antje Vollmers Vermächtnis einer Pazifistin und Umweltpolitikerin der ersten Stunde: „Was ich noch zu sagen hätte“
Vollmer war Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und hat als Erstunterzeichnerin das Friedensmanifest von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer unterzeichnet. Vollmer galt als Pazifistin und war Gegnerin des Kosovo- , Irak- und Afghanistan-Krieges. Als Autorin hat sie sich intensiv mit den Akteuren des 20. Juli 1944 und dem antifaschistischen Widerstand beschäftigt. Antje Vollmer wurde 79 Jahre alt. Wir veröffentlichen den Beitrag, der zuerst in der Berliner Zeitung erschienen ist, nochmals in voller Länge.
Quelle: pressenza
Anmerkung unseres Lesers G. G.: Was für eine wunderbare Politikerin und Menschenfreundin!
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]]>„Vielleicht wird es der späte
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„Vielleicht wird es der späte Historiker noch rätselhafter finden als wir Zeitgenossen, dass, obwohl allmählich fast jedes Kind wusste, dass man vor Kriegen stand, die auch für den Sieger das entsetzlichste Leiden mit sich brachten, dennoch die Massen nicht etwa mit verzweifelter Energie alles unternahmen, um die Katastrophe abzuwenden, sondern auch noch ihre Vorbereitung durch Rüstungen, militärische Erziehung usw. ruhig geschehen ließen, ja sogar unterstützten.“
Mit diesen Worten von Erich Fromm hatte ich vor genau 40 Jahren ein Buch über Angst – genauer: Nicht-Angst – und atomare Aufrüstung eingeleitet, das im Mai 1984 erschien. Fromm hatte diese Sätze am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, 1937, in seinem Aufsatz „Über die Ohnmacht“ formuliert; das Zitat war damals also bereits 47 Jahre alt.
Warum ich nun vier Jahrzehnte später einen Essay wiederum mit diesem Zitat eröffne, das bedarf, leider(!), keiner weiteren Erläuterung. Wiederum stehen wir vor Kriegen, nein: tobt im Osten Europas längst ein Krieg, der „auch für den Sieger“ – falls es den überhaupt geben und was auch immer hier mit „Sieg“ genau gemeint sein sollte – „das entsetzlichste Leiden“ mit sich bringen wird, nein: bereits mit sich bringt. Und es sieht so aus, als hätte dieser Krieg seinen Kulminationspunkt noch gar nicht erreicht. Auf der Skala der möglichen Entsetzlichkeiten ist nach oben noch erschreckend viel Luft. Mit anderen Worten: Dass der Krieg in der Ukraine sich nicht doch noch zu einem Flächenbrand auswächst, der ganz Europa, ja möglicherweise die gesamte Nordhalbkugel erfasst, und dass die finalen Untergangsgeräte nicht doch noch zum Einsatz kommen, falls eine Seite sich definitiv in die Ecke gedrängt fühlen sollte, das ist noch lange nicht ausgemacht.
Nur, dass diese Gefahr, genauso wie vor über 85 Jahren, offenbar niemanden groß zu interessieren, gar aufzuregen scheint!
Sprachlosigkeit und stumpfe Unbeweglichkeit
Mittlerweile frage ich mich nur noch, was mich fassungsloser macht: Die Ungeniertheit, die fröhliche Unbekümmertheit und an Wahnsinn grenzende Skrupellosigkeit, mit der Politiker, Militärs und Medien hierzulande nahezu unisono im Dauerstaccato und jeden Tag schriller bis an die Schmerzgrenze eskalieren – von der Lieferung immer gefährlicherer Waffensysteme über Szenarien, „den Krieg nach Russland zu tragen und Ministerien, Hauptquartiere und Kommandoposten zu zerstören“ bis zur Forderung nach westlichen „Boots on the Ground“ – oder die Apathie und Schockstarre, mit der die überwältigende Mehrheit der Zeitgenossen dies alles kritik- und klaglos über sich ergehen lässt.
Dabei scheint es unter der Oberfläche durchaus zu brodeln. Erheblich mehr Menschen als auf den ersten Blick sichtbar scheint es allmählich mulmig zu werden. So äußerten Ende Februar im Rahmen einer INSA-Umfrage 61 Prozent die Befürchtung, der Ukrainekrieg könne sich auf NATO-Gebiet ausweiten. (Der Untersuchung „World Affairs“ des global operierenden demoskopischen Instituts IPSOS in 30 Ländern auf allen Kontinenten zufolge hielten Mitte November letzten Jahres im länderübergreifenden Durchschnitt sogar 71 Prozent „eine nukleare, biologische oder chemische Attacke innerhalb der nächsten zwölf Monate für eine reale Gefahr“.) Und seit Langem wünscht sich eine überwältigende Mehrheit der Deutschen ein stärkeres Engagement der Bundesregierung für Friedensverhandlungen. All dies ist angesichts des medialen Dauerfeuers aus allen offiziellen Kanälen durchaus bemerkenswert. Andererseits bleibt die allgemeine unterschwellige Unruhe stumm und auf der Handlungsebene völlig folgenlos, sodass man sich fassungslos fragt, wo eigentlich der längst fällige Aufschrei bleibt.
Und auch das ist nicht neu.
„Nahezu die Hälfte unserer Bevölkerung glaubt laut Umfragen an die Möglichkeit eines Krieges. Die Leute sind betroffen, aber sie rühren sich kaum. Wie können Menschen in Passivität und zumindest äußerlicher Gelassenheit auf demoskopischen Fragebögen bejahen, dass ein großer Krieg bevorstehen könnte? Warum reagieren wir so, als handele es sich hier um ein unbeeinflussbares Naturereignis, obwohl in dieser Angelegenheit doch alles, was geschieht, in der Macht menschlicher Berechnung und Entscheidung liegt?“ Dies schrieb der 2011 verstorbene Arzt und Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter im Mai 1980 im Vorfeld der Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Westeuropa. „Wir Bürger fühlen uns in einen seltsam unmündigen Zustand versetzt, der uns zugleich die Sprache verschlägt“, konstatierte Richter damals in seinem „Sind wir unfähig zum Frieden?“ betitelten Essay und diagnostizierte „Sprachlosigkeit und stumpfe Unbeweglichkeit“.
Die Parallele zur aktuellen Situation springt förmlich ins Auge.
Apokalypseblindheit: Ablenkung und Ersatzhandlungen
Dabei verblüfft zugleich, dass „Sprachlosigkeit und stumpfe Unbeweglichkeit“ jedoch bei anderen gesellschaftspolitischen Themen nicht unbedingt vorherrschen. Immerhin gingen hier in den letzten beiden Monaten Hundertausende Menschen „Gegen rechts!“ und „Für ein buntes weltoffenes Deutschland!“ auf die Straße. Vergleicht man allerdings diese Zahlen mit denen derjenigen, die bislang für ein Ende der Kampfhandlungen im Ukrainekrieg demonstrierten, so ergibt sich ein groteskes Missverhältnis. Offenbar sind nicht nur die jungen Klimaschützer, sondern auch die überwiegende Mehrheit der Demonstranten für ein weltoffenes Deutschland blind für die Möglichkeit einer Ausweitung des Ukrainekrieges auf NATO-Terrain – mit Gefahren bis hin zum Undenkbaren …
Und dies ist ebenfalls nicht neu.
Was Horst-Eberhard Richter zu Beginn der Achtzigerjahre in diesem Kontext über Initiativen gegen Kindesmisshandlungen und Tierversuche bis hin zum Kampf gegen Atomkraftwerke schrieb, gilt mutatis mutandis heute ebenso: „Niemand wird den Sinn der Initiativen bestreiten, die sich zur Abwendung solcher und anderer Gefahren aufgetan haben. Aber wenn das Gesamt dieser Initiativen am Ende zu einer Erschöpfung der Widerstandskräfte führt, von denen ein großer Teil sich gegen die wichtigste aller Bedrohungen wenden müsste, dann liegt in der Tat ein unheilvoller Verschiebungsmechanismus vor: Man reagiert sich in der Bekämpfung von vergleichsweise greifbaren Schädlichkeiten ab, die unbewusst das bei Weitem gefährlichste, aber deshalb unerträglich gewordene Angstobjekt ersetzen.“ Gemeint war natürlich die durchaus reale Gefahr eines Atomkrieges in Europa, deren psychologische Auswirkungen Richter folgendermaßen charakterisierte: „Das Vernichtungspotential, das die Atommächte bereits aufgehäuft haben, ist zu ungeheuerlich, als dass man es noch auszuhalten wagt, sich die Ausmaße vor Augen zu halten. Es gibt Wahrheiten, die so entsetzlich sind, dass man alle Anstrengungen daran wendet, sie zu verdrängen bzw. zu verharmlosen.“
Wie heute.
Und zu dieser Verharmlosung gehört auch ein dem Wunderglauben ähnliches magisches Hoffen auf automatische Veränderungen. Horst-Eberhard Richter: „Je weniger man selbst das System beeinflussen kann, in das man eingeordnet und von dem das Tun in erheblichem Maße bestimmt wird, umso mehr möchte man darauf bauen, dass das gute Gewissen in dem System selbst steckt. Man versucht alles mögliche, um diese Überzeugungen gegen gegenteilige Erfahrungen zu verteidigen, und konsumiert deshalb dankbar eine entsprechende Propaganda des Systems. Man belügt sich, aber man kann damit besser schlafen.“
Der Philosoph Günther Anders, der sich wie kein anderer mit der Gefahr einer atomaren Selbstvernichtung der Menschheit auseinandergesetzt hat, nannte diesen Mechanismus „Apokalypseblindheit“.
Mut zur Angst
Es geht darum, die Angst wieder zu lernen, den, wie Günther Anders vor 65 Jahren in seinen „Thesen zum Atomzeitalter“ schrieb, „Mut zur Angst“ wieder aufzubringen: „Was zu klein ist und was dem Ausmaß der Bedrohung nicht entspricht, ist das Ausmaß unserer Angst. Habe keine Angst vor der Angst, habe Mut zur Angst. Auch den Mut, Angst zu machen. Ängstige deinen Nachbarn wie dich selbst.“ Und Anders fuhr fort: „Freilich muss diese unsere Angst eine von ganz besonderer Art sein: 1. Eine furchtlose Angst, da sie jede Furcht vor denen, die uns als Angsthasen verhöhnen könnten, ausschließt. 2. Eine belebende Angst, da sie uns statt in die Stubenecken hinein in die Straßen hinaustreiben soll. 3. Eine liebende Angst, die sich um die Welt ängstigen soll, nicht nur vor dem, was uns zustoßen könnte.“
Sich der Angst stellen und diese produktiv umzusetzen, würde für jede/n Einzelne/n von uns hier und jetzt bedeuten, sich mit allem gebotenen Ernst Folgendes – und zwar nicht nur auf der Ebene der Ratio, sondern, viel wichtiger!, auch des Gemüts – bewusst zu machen: Jawohl, es ist brandgefährlich! Und wenn wir jetzt nicht handeln, wenn ich jetzt nicht handele, wird die Wahrscheinlichkeit, dass das Undenkbare eintritt, mit jedem Tag größer. Oder, um einen über 200 Jahre alten ‚kategorischen Imperativ‘ Heinrich von Kleists zu paraphrasieren: „Handele so, als ob das Schicksal einer weiteren Eskalation des Krieges allein von dir abhinge!“ (Dies würde im Übrigen auch dem Friedensgebot unseres Grundgesetzes entsprechen, das, wie der verstorbene Botschafter a.D. und Genscher-Vertraute Frank Elbe schrieb, „eine unmittelbar bindende Vorschrift unserer Verfassung ist: Sie verpflichtet jedermann – staatliche Organe wie auch jeden Bürger.“)
Hören wir ein letztes Mal Horst-Eberhard Richter: „Die Bedrohung lässt sich überhaupt nur bewusst ertragen, indem man praktisch dagegen ankämpft.“ Und schauen wir uns die aktuellen Bedingungen des ‚praktischen dagegen Ankämpfens‘ illusionslos an: Die Lage ist dramatisch. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist in Sprachlosigkeit und Unbeweglichkeit gelähmt, die junge Generation der Klimaschützer auf dem rüstungspolitischen Auge blind, und das, was unter dem Etikett „Friedensbewegung“ heute noch aktiv ist, ist überwiegend marginalisiert, vergreist und im Ritualismus erstarrt.
Es sieht so aus, als müssten wir alle nochmal ganz von vorne anfangen.
Und hoffentlich bleibt uns noch genügend Zeit!
PS: Die Diagnosen und Warnungen Horst-Eberhard Richters vom Mai 1980 blieben übrigens nicht ungehört. Im Februar 1981 ging Der Stern ein großes Risiko ein, als er unter dem Titel „Die größte Atomwaffendichte der Welt“ eine Karte der alten Bundesrepublik mit den Standorten der dort gelagerten 6.000 Atomsprengköpfe veröffentlichte. Nun konnte jeder, der es wissen wollte, nachprüfen, wie viele potenzielle ‚Hiroshimas‘ in seiner unmittelbaren Nachbarschaft schon gelagert waren. Und am 10. Oktober desselben Jahres demonstrierten bereits 300.000 Menschen im Bonner Hofgarten gegen die Stationierung amerikanischer atomar bestückter Mittelstreckenraketen. Zwei Jahre später, im Herbst 1983, waren es über eine Million.
Die Friedensbewegung konnte damals die Stationierung nicht verhindern, aber Jahre später schrieb ein gewisser Michail Sergejewitsch Gorbatschow: „Ich erinnere mich gut an die lautstarke Stimme der Friedensbewegung gegen Krieg und Atomwaffen in den 1980er-Jahren. Diese Stimme wurde gehört!“
Titelbild: Der 2011 verstorbene Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter diagnostizierte Anfang der Achtzigerjahre angesichts der damaligen Kriegsgefahr der Bevölkerung „Sprachlosigkeit und stumpfe Unbeweglichkeit“ – und trug nicht unwesentlich zum Entstehen der Friedensbewegung gegen die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen bei.
]]>Gorgona hat einen einzigartigen ökologischen Wert, nicht nur für Kolumbien, sondern für die gesamte Region. Manuel Rodríguez Becerra, Professor an der Universidad de los Andes, der die Gründung des kolumbianischen Umweltministeriums vorangetrieben hat, bezeichnet Gorgona als „ein Juwel des Nationalparksystems und der Inseln der Welt” mit einer besonders hohen biologischen Vielfalt und einer Vielzahl an Fisch-, Amphibien-, Reptilien- und Blumenarten. Darüber hinaus beherbergt die Insel eines der größten Korallenriffe im kolumbianischen Pazifik.
Ihre Lage an der Westküste Kolumbiens macht Gorgona zu einem wichtigen Durchgangsort für Meerestiere wie Buckelwale. Während der Saison zwischen Juni und Oktober/November können diese Wale zusammen mit ihren Kälbern gesichtet werden. Die Walbeobachtung in dem Gebiet ist zudem zu einer wichtigen Einnahmequelle für die Einwohner der Küstenstadt Guapi und ihrer umliegenden Ortschaften geworden. Die Gemeinden an der Pazifikküste, die das Militärprojekt ablehnen, haben – wie sie es in einem Rundbrief vom 14. Februar ausdrücken – auf diese Weise „in einer harmonischen Beziehung zu Gorgona gelebt und das einzigartige Ökosystem, das Teil unseres kollektiven und ethnischen Territoriums ist, respektiert und geschützt”.
Die biologische Vielfalt der Insel ist immer widerstandsfähig gegenüber politischen Ereignissen und Entscheidungen wie etwa der Einrichtung des Hochsicherheitsgefängnisses im Jahr 1960 gewesen.
Beschwerden über die ständigen Misshandlungen und unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Gefangenen auf der Insel festgehalten wurden, sowie die Anerkennung der umweltpolitischen Bedeutung der Insel führten 1983 zur Schließung des Gefängnisses. Die Künstlerin und Aktivistin Cecilia Castillo aus der Stadt Ibagué hatte dafür jahrelang unermüdlich gekämpft. Bei einem Besuch war sie Zeugin der Bedingungen in dem Gefängnis geworden, ein Erlebnis, das sie dazu veranlasste, eine Kampagne für seine Schließung zu initiieren. Castillo war in den darauffolgenden Jahren entscheidend am Protest gegen das Gefängnis und für die Umwandlung der Insel in einen Nationalen Naturpark beteiligt.
Für die US-Regierung ist die Insel vor allem wegen ihrer Lage inmitten der Drogenhandelsroute nach Norden interessant. Die US-Initiative für die Installation des Radarsystems ist Teil der von der Leiterin des US-Südkommandos Laura Richardson vorgeschlagenen Strategie, den US-Einfluss in der Region zu verstärken.
Das Projekt wurde bereits während der Regierung von Juan Manuel Santos (2010 bis 2018) begonnen. Der Vorschlag, der der Nationalen Umweltbehörde (ANLA) vorgelegt wurde, sah unter anderem einen 50 Meter hohen Turm für ein Radar, den Bau einer Küstenwachstation und einen 163 Meter langen Kai vor.
Der Bau sollte durch ein Budget von zwölf Millionen US-Dollar aus den USA finanziert werden. Eine Umweltgenehmigung wurde am 31. Dezember 2015 erteilt, nur 29 Tage, nachdem das Projekt vorgeschlagen worden war – eine auffällig kurze Zeit, um die notwendigen Studien zur Einschätzung der tatsächlichen sozioökologischen Auswirkungen des Projekts durchzuführen.
Die Auswirkungen, die der Bau des Kais auf die Reise der Wale haben würde, oder die Risiken, die mit der Installation von Benzintanks nahe der Insel verbunden sind, wurden nicht berücksichtigt. Nach Erteilung der Genehmigung wurde dann schnell mit der Umsetzung des Projektes begonnen.
Die Zivilgesellschaft hat der Durchsetzung des US-Projektes auf der Insel jedoch nicht tatenlos zugesehen.
Aus Gemeindeverbänden der Ortschaften an der Pazifikküste und aus akademischen und Umweltgruppen sind Organisationen wie das Komitee Salvemos Gorgona (Lasst uns Gorgona retten) hervorgegangen, die sich von Anfang an gegen die Versuche der verschiedenen Regierungen gewehrt haben, das Projekt zu verwirklichen. Die Organisation betont, wie wichtig es ist, sowohl die biologische Vielfalt der Insel als auch die Souveränität über das Territorium zu schützen.
Mit den Wahlen im Jahr 2022 und dem Amtsantritt von Gustavo Petro als Präsidenten ging die Erwartung einher, dass die selbsternannte „Regierung des Wandels” das Projekt stoppen würde.
Nachdem Salvemos Gorgona verschiedene Forderungen vorgetragen hatte und eine öffentliche Anhörung im Kongress, den die Abgeordnete Jennifer Pedraza initiierte und an der auch die Umweltministerin Susanna Muhammad teilnahm, stattgefunden hatte, wurde das Projekt vorübergehend ausgesetzt. Trotzdem versuchte die Regierung weiterhin, die Gemeinden von den angeblichen Vorteilen des Projekts zu überzeugen, indem sie in der Region Bürgerforen durchführte, an denen auch die Vizepräsidentin Francia Márquez teilnahm.
Bei einem Besuch der Regierung in Guapi, inmitten von Bannern, die die Absage des Projektes forderten und von Ausrufen, der Präsident möge sich zu dem Thema positionieren, beschloss dieser, die Gemeinden zu ignorieren und die Veranstaltung zu beenden. Die Entscheidung war bereits getroffen worden.
US-Militärpräsenz in Kolumbien verfestigt sich auch unter Petro
Am 12. Februar 2024 gab die Regierung auf einer Pressekonferenz in Anwesenheit von Umweltministerin Muhammad und Verteidigungsminister Iván Velásquez bekannt, dass sie mit dem Bau des Projekts in Gorgona beginnen werde. Sowohl die Minister als auch der Präsident haben sich darum bemüht, das Ganze als ein Projekt für Forschung und Tourismusförderung darzustellen. Es wurde versichert, dass die Bauarbeiten nicht während der Walbeobachtungssaison stattfinden und unter großer Rücksicht auf die Umwelt durchgeführt werden würden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass dies wirklich so umgesetzt wird, ist allerdings gering. Außerdem blieben die Pläne für das Radar und die militärischen Elemente der Küstenwachstation unverändert, wie der Kommandeur der Küstenwache, Javier Bermudez, erklärte.
Bezüglich der US-Finanzierung des Projektes gab Verteidigungsminister Velásquez bekannt, dass das Geld nach Gesprächen mit der US-Botschaft nun nicht für die Küstenwache oder das Radar, sondern für ein geplantes Forschungszentrum verwendet werden würde.
Andrés Pachón, Sprecher von Salvemos Gorgona, hält diese Ankündigung für irreführend, da „die Umweltlizenz, alle durchgeführten Beratungsstudien und die früheren Umweltverträglichkeitsstudien bereits mit US-Geldern bezahlt worden sind”. Außerdem wurde nicht nur das Radar schon 2019 gekauft. Die bestehende Baulizenz sieht auch keine der von der Regierung erwähnten wissenschaftlichen Konstruktionen vor, sondern nur militärische Einrichtungen.
Die US-Militärpräsenz in Kolumbien hat sich während der aktuellen Regierungsperiode entgegen allen Erwartungen weiter verfestigt.
Die US-Generalin Laura Richardson hat das Land regelmäßig besucht und hochrangige Treffen mit Militärchefs, Präsident Petro und Vizepräsidentin Márquez abgehalten. Diese wurden von Ankündigungen, etwa über Pläne zur Militarisierung des Amazonasschutzes und der grundsätzlichen Stärkung der militärischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern, begleitet.
Die Fortführung geostrategischer Interessensprojekte der USA wie auf Gorgona und des alten „Kriegs gegen die Drogen” hat Richardson selbst zu der Bemerkung veranlasst, die Beziehungen zwischen den Ländern „könnten nicht besser sein”.
Trotz mangelnden Interesses in der Regierung setzen die Organisationen ihre Protestaktionen gegen das Projekt fort. Neben nationalen Aufrufen zur Mobilisierung zur Verteidigung der Insel und der Souveränität gründete sich im Parlament die Bancada en Defensa de Gorgona (Fraktion zur Verteidigung von Gorgona) mit mehr als 15 Abgeordneten verschiedener Parteien, die versuchen wird, die Debatte auf die legislative Ebene zu bringen.
Die Basisorganisation und Mobilisierung sind das Einzige, was La Gorgona vor dem Schwert des Perseus retten kann.
Titelbild: Wandbild in der Calle 26 in Bogotá: „SOS Gorgona. Petro stopp’ die Militärbasis” – COMITÉ SALVEMOS GORGONA
Dieser Artikel erschien zuerst in den Lateinamerika Nachrichten Nr. 597 und Amerika21.
Stimmen aus Lateinamerika: Die Einmischung der USA geht unvermindert weiter
Pablo Iglesias: „Putschgefahr in Kolumbien nicht auf die leichte Schulter nehmen”
Kolumbien: Oberst a.D. kündigt über Radio Sturz des linken Präsidenten Petro an
Kolumbiens erste Linksregierung: Sich wie Erwachsene verhalten
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
dazu: Zeitenwende in den USA?
Nachdem Miss „Fuck the EU“ Victoria Nuland kürzlich abdanken musste, gibt der führende außenpolitische Berater von Barack Obama, Charles A. Kupchan, der @berlinerzeitung ein ernüchterndes Interview.
Es ist schlicht brutaler politischer Realismus des Establishments in Washington. Ich vermute Kupchan gibt ein solches Interview nicht ohne Grund und Rücksprache. Aber bei uns werden die Taurus-Brigaden in Politik und Medien wieder mal den Bus aus Washington verpassen.
Quelle: Fabio De Masi via Twitter/X
dazu auch: «Putin kann uns besser beobachten als wir ihn» – Der Krieg in der Ukraine und die schwierige Unterstützung des Westens
Krieg ist in beträchtlichem Maße eine Frage der Wahrnehmungen, der Perzeptionen. Jede Seite kalkuliert mit bestimmten Folgen ihres Tuns und teilt sich über An- und Absichten mit. Man verrät aber auch Dinge, lässt sich versehentlich in die Karten schauen, taktiert und provoziert, oder man wird heimlich – wie jüngst der Fall – abgehört, was zu entsprechenden kommunikativen Reaktionen, zu Verunsicherungen führt. Das Ganze geschieht heutzutage nicht fern der Öffentlichkeit, sondern über Massenmedien und soziale Netze vor einem riesigen Publikum, das durch Resonanz und Stimmung seinerseits Einfluss hat. Vielleicht wie bei keinem Krieg zuvor.
Quelle: Marcel Schütz auf idw
dazu: „Putins Papst“: Journalisten und Politiker finden Waffenstillstand „entsetzlich“
Quelle: NachDenkSeiten
dazu auch: Hallischer Politikwissenschaftler fordert “realistisches politisches Ziel” für Ukraine
Der Politikwissenschaftler Johannes Varwick sieht in der Ukraine einen “Abnutzungskrieg”, den die Verteidiger nicht gewinnen können. Der Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Universität Halle-Wittenberg sagte in einem Interview mit der Zeitschrift “Politik-Forum”, er finde die Forderungen nach mehr Waffenlieferungen daher “geradezu zynisch”. Vielmehr brauche es ein “realistisches politisches Ziel” für die Ukraine. “Das wäre etwa eine souveräne Ukraine mit gesicherten Grenzen, die aber vermutlich nicht vollständig den heutigen entsprechen.”
Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz widersprach Varwick in dem Streitgespräch: “Vernünftige politische Ziele sind nur zu erreichen, wenn die Ukraine aus einer Position der Stärke heraus verhandelt”. Den Konflikt einzufrieren wäre außerdem nach Ansicht von Polenz fatal, weil Russlands Präsident Wladimir Putin damit “auf seinem Weg zu einer neuen Weltordnung” gestärkt werde.
Quelle: mdr
und: Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit: Wiederbelebung des verdrängten pazifistischen Denkens
Anders als in Politik und Medien ist die Bevölkerung in Deutschland zu einem großen Teil gegen die Kriegsrhetorik und Militarisierung sowie den eskalierenden Aufrüstungswahnsinn mitsamt Atombedrohung eingestellt. Dies zeigt auch aktuell ihre mehrheitliche Ablehnung der Taurus-Lieferung, obwohl sie keineswegs zu den “Putin-Freunden” gehört. Die mitfühlenden Menschen in der Zivilgesellschaft lassen sich die pazifistische Grundhaltung nach den zwei Weltkriegen nicht durch anhaltende Propaganda austreiben, da das mörderische Kriegsgeschehen in der Ukraine und in Gaza einer schnellen Beendigung bedarf. Nur durch Deeskalation statt durch die Eskalationsspirale kann das Risiko eines Dritten Weltkrieges gemindert werden.
Quelle: lokalkompass.de
dazu auch: Rüstungstreiber Europa
Die Staaten Europas haben ihre Rüstungsimporte im vergangenen Fünfjahreszeitraum nahezu verdoppelt und treiben damit die Militarisierung weltweit an vorderster Stelle voran. Dies geht aus aktuellen Statistiken des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI hervor. Demnach sind in allen Großregionen weltweit von Afrika über den Mittleren Osten bis Südostasien die Waffeneinfuhren zuletzt teils deutlich zurückgegangen – nur in Europa schnellten sie um 94 Prozent in die Höhe.
Quelle: German Foreign Policy
dazu auch: Wertewesten in Tränen – Russlands Isolation wieder nur ein Hirngespinst
Während der Westen im Roten Meer einer neuen Eskalation nachgeht und damit den Suezkanal vorsätzlich beeinträchtigt, würde es nur die Zügelung Israels brauchen, um die Krise zu schlichten – daran hat indes niemand Interesse. Obwohl genau deswegen Moskaus Logistik-Sektor boomt. […]
Wohl gerade deshalb wird so sehr auf Krieg und Eskalation in Palästina und der Ukraine gepocht – in diesem irrationalen Fieberwahn erscheint nichts anderes mehr annehmbar. Frieden würde nur bedeuten, die eigene Verabschiedung in die selbstverschuldete wirtschaftspolitische und kulturelle Bedeutungslosigkeit still hinzunehmen.
Aus westlicher Sicht scheint nichts unerhörter und unverschämter zu sein, als Russland, China und den Rest Eurasiens mit diesem neuen Wirtschaftswunder ungestraft davonkommen zu lassen.
Quelle: RT DE
und: “Für manche gleicht das einer fristlosen Kündigung”
t-online: Herr Bofinger, wie sehr fürchten Sie als Ökonom, dass Donald Trump erneut US-Präsident wird?
Peter Bofinger: Als Ökonom gar nicht so sehr. In der Wirtschaftspolitik ist der Unterschied zwischen Donald Trump und Joe Biden weniger groß, als manche vermuten. Biden verfolgt wie Trump eine America-first-Politik – er nennt es “Made in America”. Sein “Inflation Reduction Act” fördert ganz gezielt die heimische Wirtschaft. Das würde Donald Trump genauso fortsetzen, da würde sich für die deutsche Wirtschaft wenig ändern.
Aber Trumps Politik dürfte doch vermutlich noch protektionistischer werden, etwa durch höhere Einfuhrzölle.
Das mag sein, aber das wäre immerhin derselbe Kurs, die bekannte Richtung.
Quelle: t-online
dazu auch: Der Niedergang des US-Imperiums – begleitet von kostspieligen Illusionen
Viele Länder sind dabei, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und ihre Erwartungen an die Zukunft dieser Beziehungen zu überdenken und neu zu gestalten. Ebenso stellen gewichtige Unternehmergruppen in den USA ihre Investitionsstrategien infrage.
Diejenigen, die im Rahmen des neoliberalen Globalisierungswahns des letzten halben Jahrhunderts stark im Ausland investiert haben, sind besonders ängstlich. Sie rechnen mit Kosten und Verlusten, wenn sich die Politik in Richtung wirtschaftlicher Nationalismus bewegt.
Quelle: Telepolis
und: Unternehmen fliehen vor deutschen Kostennachteilen
Deutsche Unternehmen investieren zunehmend im Ausland, um den hohen Kosten am Standort Deutschland zu entgehen. Das ist das Kernergebnis einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter Mitgliedsunternehmen. 35 Prozent der Industrieunternehmen geben darin die Kosteneinsparung als Hauptmotiv für ihr Auslandsengagement an.
Quelle: FAZ
Anmerkung Christian Reimann: Nicht erwähnt wird jedoch, dass die hohen Kosten hierzulande u.a. eine Folge der falschen Energiepolitik der Bundesregierung und der EU-Kommission ist.
dazu auch: Milde Gaben statt Frieden
Keine Einigung um Waffenruhe zu Ramadan. Schiffe mit Hilfslieferungen sollen im Gazastreifen Abhilfe schaffen.
Quelle: Karin Leukefeld in junge Welt
und: Seekorridor kann dauerhaften Waffenstillstand nicht ersetzen
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW begrüßt den geplanten Seekorridor für die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen, an der sich auch die Bundesregierung beteiligen will. „Hilfslieferungen per Luft und See können einen dauerhaften Waffenstillstand aber nicht ersetzen“, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. Von der Bundesregierung fordert die Ärzt*innenorganisation den Einsatz für eine dauerhafte Waffenruhe sowie die Wiederaufnahme der Zahlungen an das palästinensische Hilfswerk UNRWA. Die Bundesregierung müsse ihre Waffenlieferungen nach Israel einstellen und gemeinsam mit der EU und vor allem den USA Druck auf die israelische Regierung ausüben. Angesichts der Menschenrechtsverletzungen des israelischen Militärs solle Deutschland die EU-Länder unterstützen, die fordern das Assoziierungsabkommen mit Israel auszusetzen, das beide Partner auf die Achtung der Menschenrechte verpflichtet.
Quelle: IPPNW
Anmerkung André Tautenhahn: Lesenswert. Leider hinter der Bezahlschranke.
dazu auch: Oscars 2024: Jonathan Glazer wendet sich gegen das Kapern des Holocaust als Rechtfertigung
Der britische Regisseur Jonathan Glazer („Zone of Interest“) nutzt seine Dankesrede bei den Oscars, um die Gewalt in Israel und Gaza zu verurteilen.
Quelle: Berliner Zeitung
Anmerkung unseres Lesers J.S.: Weder in den heute-Nachrichten um 19 Uhr noch in den Nachrichten von RTL um 18:45 Uhr wird im Bericht über die Oscar-Verleihung davon gesprochen, dass dort über den Gaza-Krieg gesprochen wurde. Einfach verschwiegen. So geht manipulieren. In den USA darf man Waffenstillstand in Gaza fordern und bekommt Applaus. Bei uns nennt man so eine Forderung antisemitisch.
dazu auch: Einkommen, Mitsprache, Anerkennung: Erfahrungen im Job können demokratische Einstellungen stabilisieren – oder unterminieren
Das Erstarken rechtsextremer und anti-demokratischer Einstellungen in Deutschland steht mit Erfahrungen sozialer Desintegration in Verbindung, mit denen sich ein relevanter Teil der Bevölkerung konfrontiert sieht. Dazu zählen unter anderem Befürchtungen, den eigenen Lebensstandard nicht halten zu können, Sorgen um die Alterssicherung und um die berufliche Zukunft, die beispielsweise bei Erwerbspersonen, die zur AfD tendieren, weit überdurchschnittlich verbreitet sind. Aber auch mangelnde Mitsprache am Arbeitsplatz und das damit verbundene Gefühl, mit tiefgreifenden Veränderungen in Arbeitsleben und Gesellschaft ohne Möglichkeit zur Einflussnahme nicht Schritt halten zu können – oder der Eindruck, dass die berufliche Leistung vom Arbeitgeber nicht ausreichend anerkannt wird, sind wichtige Faktoren.
Quelle: Hans Böckler Stiftung
dazu auch: Die Rente rettet man nicht an der Börse
Das wahre Rentenproblem hat nichts mit der Börse so zu tun. Die 200 Milliarden Euro der Aktienrente wären in Kitas und Schulen besser angelegt als in Aktien.
Quelle: Maurice Höfgen auf Jacobin
NachDenkSeiten-Gesprächskreis Berlin | nachdenken-in-berlin.de
Am Dienstag, 19. März 2024, um 18:00 Uhr
Thema: „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit: Warum brauchen wir das BSW?“
Redner/Diskussionspartner: Alexander King (BSW, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin)
Ort: Zunftwirtschaft
Arminiusstr. 2-4
10551 Berlin
(U-Bhf. Turmstraße)
Anmeldung erbeten unter lets-meet.org/reg/06471eaf5b0a839e61
So sieht das BSW seine Aufgaben:
Viele Menschen haben das Vertrauen in den Staat verloren und fühlen sich durch keine der vorhandenen Parteien mehr vertreten.
Die Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ wurde gegründet, um diesen Menschen wieder eine Stimme zu geben. Wir stehen für eine Rückkehr der Vernunft in die Politik. Deutschland braucht eine starke, innovative Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit, Frieden und fairen Handel, Respekt vor der individuellen Freiheit seiner Bürger und eine offene Diskussionskultur.
Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der das Gemeinwohl höher steht als egoistische Interessen und in der nicht Trickser und Spieler gewinnen, sondern diejenigen, die sich anstrengen und gute, ehrliche und solide Arbeit leisten.
Wir fragen:
Kann das BSW diesen hohen Ansprüchen gerecht werden? Welche Chancen gibt es und welche Risiken?
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Die Zunftwirtschaft freut sich, wenn wir ein bisschen Durst (und Hunger?) mitbringen.
NachDenkSeiten-Gesprächskreis Kiel | Nachdenken in Kiel-Region
Am Donnerstag, 21. März 2024, um 19:00 Uhr
Thema: Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit
Redner/Diskussionspartner: Reiner Braun
Ort: Haßstraße 22
24103 Kiel
Kultur- und Kommunikationszentrum „pumpe“
Seminarraum im zweiten Stock (siehe Monitor am Eingang im Erdgeschoss)
Zum Thema: Geht es nach Bundesminister Pistorius, müssen wir „uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte. Und das heißt: Wir müssen kriegstüchtig werden. Wir müssen wehrhaft sein. Und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen.“
Wir halten dagegen: auf gar keinen Fall lassen wir uns aufstellen für diesen „nächsten“ Krieg, denn danach wird es kein Europa mehr geben. Wir lehnen alle „Gedanken“ ab, die uns an den Einsatz deutschen Militärs im Ausland (egal wo), an Milliarden für Aufrüstung und wohlmöglich sogar an „europäische Atombomben“ gewöhnen wollen. Wenn Forderungen wie „sofortiger Waffenstillstand“ und „schnellstmögliche Aufnahme von Friedensverhandlungen“ uns zu „Lumpenpazifisten“ machen, fühlen wir uns geehrt.
Die aktuellen Probleme können nicht durch Kriege, sondern nur durch Verhandlungen gelöst werden. Wir kämpfen nicht gegen unsere Nachbarn. Wir setzen uns ein gegen den Hunger und die ungerechte Verteilung des Reichtums in der Welt. Milliardenausgaben sind erforderlich, aber nicht für Aufrüstung und Kriege. Investieren wir das Geld in die Sanierung unseres Bildungs- und Gesundheitswesens, in den Wohnungsbau und in die Transformation unserer Wirtschaft nach sozialen und ökologischen Kriterien. Das sind Ziele, für die wir uns und „die Gesellschaft aufstellen“ müssen. Gerade uns Deutschen sollte klar sein: In einem Krieg können „kleine Leute“ nichts gewinnen, sondern nur ihr Leben verlieren. Wenn dann überhaupt noch etwas in Europa übrig bleibt, sind es Asche, Trümmer und eine auf sehr lange Zeit verseuchte Umwelt.
Zum Referenten: Reiner Braun, geboren 1952, studierte Deutsche Literatur, Geschichte und Journalismus. Er war aktiv am „Krefelder Appell“ der Friedensbewegung in den 80er-Jahren beteiligt. Reiner Braun ist im Vorstand der „NaturwissenschaftlerInnen-Initiatve – Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit“ und war Geschäftsführer der IALANA und der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler sowie Co-Präsident des International Peace Bureau (des größten und ältesten internationalen Friedensnetzwerkes) bzw. Executive Director von 2013 bis 2022.
Aktiv in verschiedenen Projekten der Friedensbewegung wie der Initiative „Die Waffen nieder“, die die bundesweite Demonstration am 25. November 2023 organisierte, und Stopp Air Base Ramstein.
Im Anschluss an das Referat von Reiner Braun möchten wir über das Thema „Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit“ diskutieren.
Der Eintritt ist frei – aber um Spenden für die Raummiete wird gebeten.
Mit herzlichen Grüßen
Kieler NDS-Orga-Team
NachDenkSeiten-Gesprächskreis Berlin | nachdenken-in-berlin.de
Am Donnerstag, 21. März 2024, um 19:00 Uhr
Thema: „‘Das Zeitalter der Idiotie‘ – Buchvorstellung mit Ramon Schack“
Redner/Diskussionspartner: Ramon Schack (Autor und Reporter) – Moderation Patrik Baab (Journalist)
Ort: im RAUM
Rungestraße 20
10179 Berlin
(U-Bahn Heinrich-Heine-Straße/S-Bahn Jannowitz-Brücke)
Informationen zur Veranstaltung
Anmeldung erforderlich: info@berlin-im-dialog.net
Der Altmeister der Reportage, Peter Scholl-Latour, lieferte den Titel für dieses Buch. Ramon Schack ist weltläufiger Reporter mit klarem, analytischem Blick. Er nimmt uns mit auf seine Reisen in eine zerrissene Welt.
Durch den Abend führt Patrik Baab.
Für die Vorbereitung empfehlenswert: Ramon Schack im Gespräch: „Welche Werte sind es denn, auf denen unsere Politik angeblich basiert?“
Unkostenbeitrag: 5 Euro
NachDenkSeiten-Gesprächskreis Soest
Am Freitag, 22. März 2024, um 18:00 Uhr
Thema: Warum demonstrieren die Bauern?
Ort: Kulturhaus Alter Schlachthof, Raum 4
Ulrichertor 4
59494 Soest
Vortrag mit anschließender Diskussion
Thema der Diskussion: „Warum demonstrieren die Bauern?”
Kulturhaus Alter Schlachthof, Raum 4
Ulrichertor 4
59494 Soest
Kontakt: Nachdenken-in-Soest@web.de
NachDenkSeiten-Gesprächskreis Gesprächskreis Darmstadt zusammen mit dem Deutschen Freidenker-Verband e.V.
Am Samstag, 23. März 2024, um 19:00 Uhr
Thema: „Kein Ausweg – NATO auf Schnellstraße in den großen Krieg?“
Redner/Diskussionspartner: Rainer Rupp
Ort: HoffART-Theater
Lautenschlägerstraße 28A
64285 Darmstadt
Rainer Rupp wurde 1968 an der Uni Mainz von der DDR angeworben, setzte 1969 sein Studium an der FU in Brüssel fort und arbeitete gleichzeitig für die HVA im NATO-Hauptquartier (Deckname “Topas”). Nicht zuletzt war es ihm zu verdanken, dass die NATO-Übung „Able Archer” in Friedenszeiten nicht zum atomaren Armageddon führte.
Doch obwohl jetzt Krieg herrscht, läuft seit 22. Januar 2024 mit „Steadfast Defender” eines der größten je durchgeführten NATO-Manöver direkt an der russischen Grenze. Und abgehobene Eliten schwadronieren von „nuklearer Teilhabe!”
Im Anschluss an den Vortrag steht genügend Zeit für Fragen und kurze Diskussionsbeiträge zur Verfügung.
Der Eintritt ist frei – Solidarspenden zur Kostendeckung sind
erwünscht.
NachDenkSeiten-Gesprächskreis Hilden – Haan – Langenfeld – Monheim
Am Samstag, 06. April 2024, um 18:00 Uhr
Thema: Wodurch kommt es zu einer immer tiefer werdenden Spaltung der Gesellschaft? Was ist dagegen zu tun?
Ort: Schulstraße 5
Hilden
Die Grundlage und Inspiration für unsere Diskussion bilden Videoausschnitte aus Gesprächen mit dem Philosophen Dr. Michael Andrick, die wir uns vorher gemeinsam anschauen wollen.
Aufgrund begrenzter Plätze bitten wir um Anmeldung bis 3. April 2024 unter info@astrid-drick.de
Eintritt frei, Spenden zur Kostendeckung erwünscht.
Ansprechpartner: Dr. A.Drick
Aktive Einflussnahme
Aktivistische Investoren sind eine ganz spezielle Spezies am Kapitalmarkt. Sie kaufen nicht einfach Aktien und warten dann auf Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen, sondern sie werden aktiv; sprich sie nehmen gezielt Einfluss auf die Unternehmensstrategie, fordern Kostensenkungen, Unternehmensaufspaltungen, Aktienrückkäufe, die Absetzung von Managern und Ähnliches. Ziel ist in der Regel die schnelle Steigerung des Aktienkurses. In den angegriffenen Unternehmen selbst werden diese Investoren meist als Plagegeister oder ungebetene Gäste wahrgenommen.
Der wohl bekannteste aktivistische Investor ist der US-Hedgefonds Elliott, hinter dem der US-Milliardär Paul Singer steckt. In der Presse wurde der Fonds auch schon mal als „Aasgeier“, „Wall-Street-Hai“ oder „Finanzheuschrecke“ bezeichnet. Berühmt geworden ist Elliott bereits in der Argentinienkrise 2001, in der er argentinische Staatsanleihen zum „Schleuderpreis“ aufkaufte und anschließend die Regierung des Landes unter Druck setzte, die Papiere zum vollen Nennwert zurückzukaufen. Um an die Gelder zu gelangen, ließ Singer sogar den Dreimaster Libertad, das Segelschulschiff der argentinischen Marine, festsetzen. In Deutschland war Elliott zuletzt bei dem Gesundheitskonzern Fresenius aktiv.
Unterbewertete Unternehmen im Visier
Die Strategie dieser „Aktivisten“ funktioniert freilich nur bei Unternehmen, die in irgendeiner Form in Schwierigkeiten geraten sind, sei es durch Managementfehler, Unstimmigkeiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und Ähnlichem. Aktuell jedoch hat vor allem die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie das Interesse der Aktivisten geweckt. Im „Activist Alert“ von A & M heißt es dazu: „Die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich wird für deutsche Unternehmen zunehmend herausfordernder: Vor allem die gestiegenen Energie- und Kapitalkosten stellen erhöhte Anforderungen an Management Teams.” Die A & M-Berater sehen derzeit insgesamt 27 börsennotierte deutsche Unternehmen als gefährdet an – sie könnten in den nächsten 18 Monaten zum Ziel von Hedgefonds werden.
Zwar nennt der A & M-Bericht keine Namen, dennoch dürfte klar sein, dass insbesondere die Chemieindustrie im Fokus der aktivistischen Fonds steht. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Nahezu die gesamte Branche steckt wegen der explodierten Energiekosten in der Krise. Nach einem Umsatzeinbruch von zwölf Prozent im vergangenen Jahr rechnet der Branchenverband VCI für 2024 mit einem weiteren Rückgang von drei Prozent. Branchengrößen wie BASF und Lanxess legen Sparprogramme auf und bauen Stellen ab. Die Fachzeitschrift „Process“ schrieb kürzlich dazu: „Dass die Hedgefonds derzeit vor allem die Chemie-Branche ins Visier genommen haben, liegt nicht zuletzt darin begründet, dass dieser Sektor sich mitten im disruptiven Wandel befindet und die großen Konzerne für die ‚Heuschrecken’ somit verschiedene Angriffspunkte liefern.“
Brenntag und Bayer betroffen
Im vergangenen Jahr ist bereits der Essener Chemikalienhändler Brenntag Ziel einer aktivistischen Attacke geworden. Mit Prime Stone und Engine Capital hatten sich gleich zwei US-Hedgefonds bei dem Unternehmen eingekauft und anschließend dessen Aufspaltung gefordert. Dazu nominierten sie sogar zwei eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat. Deren Wahl scheiterte auf der Hauptversammlung nur knapp. Inzwischen gab Brenntag aber bekannt, seine beiden Geschäftsbereiche als weitgehend eigenständige Unternehmen aufstellen zu wollen, was bereits auf eine spätere Zerschlagung hindeutet.
Das derzeit wohl prominenteste „Opfer“ von aktivistischen Fonds ist jedoch der Leverkusener Chemie- und Pharmakonzern Bayer. Hier ist vor gut einem Jahr der US-Investor Jeffrey Ubben über seinen Fonds Inclusive Capital mit gut 400 Millionen Euro eingestiegen. Kurz danach hat Ubben in der britischen Finanzzeitung Financial Times einen offenen Brief veröffentlicht. Darin forderte er, den Vorstandsvorsitzenden auszuwechseln und den Konzern zu zerschlagen. Tatsächlich hat Bayer inzwischen den damaligen Chef Werner Baumann abgesetzt und statt seiner den Amerikaner Bill Anderson installiert. Die Entscheidung über eine Aufspaltung des Konzerns steht aber noch aus.
Opfer des eigenen Missmanagements
Bayer jedenfalls ist Opfer seines eigenen Missmanagements geworden. Insbesondere der Kauf des US-Saatgutherstellers Monsanto im Jahr 2016 hat sich als krasse Fehlentscheidung erwiesen. Damit hat sich Bayer in den USA Rechtsstreitigkeiten ohne Ende aufgehalst. Vor dem Monsanto-Kauf war Bayer an der Börse 120 Milliarden Euro wert, heute sind es noch 26 Milliarden Euro. Ubben sieht nun in der Abspaltung des schwer beschädigten Agrarchemiegeschäfts den Hebel, mit dem sich der Börsenwert wieder heben und die Rendite seines Investments steigern lässt.
Als besonders umtriebig erwies sich zuletzt auch der Londoner Hedgefonds Petrus Advisers. Bei dem Göppinger Softwareunternehmen Teamviewer hat der Fonds Ende 2022 in einem offenen Brief die Glaubwürdigkeit des Vorstandsvorsitzenden Oliver Steil infrage gestellt und die Auflösung teurer Sport-Sponsoringverträge gefordert. Diese seien „ein Zeichen von Hybris und schlechtem Urteilsvermögen“. Zudem war Petrus vor gut einem Jahr mit drei Prozent bei der Deutschen Pfandbriefbank (pbb) eingestiegen, wettet inzwischen aber auf einen Kursverfall der Aktie – offenbar mit Erfolg. Denn die pbb wurde zuletzt stark vom Preisverfall bei den US-Gewerbeimmobilien getroffen. Dementsprechend hat die Aktie seit Jahresanfang noch einmal deutlich an Wert verloren. Davor hatte Petrus lange Zeit bei der Wiesbadener Aareal Bank für Unruhe gesorgt.
Die Geister scheiden sich
An dem Auftreten dieser aktivistischen Investoren scheiden sich generell die Geister. Einerseits wird gesagt, dass sie auf den Kapitalmärkten eine wichtige Kontroll- und Frühwarnfunktion ausüben, indem sie bei schlecht gemanagten Unternehmen die Finger in die Wunde legen und allein schon durch ihr Auftreten disziplinierend wirken. Andererseits verfolgen die Aktivisten oft nur kurzfristige Interessen, die konträr zu den mittel- bis langfristigen Unternehmenszielen stehen können. So haben insbesondere die von aktivistischen Fonds oft geforderten Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe das Potenzial, die finanzielle Basis der Unternehmen zu beschädigen.
Klar dürfte jedoch sein, dass die Kampagnen der aktivistischen Investoren künftig immer öfter von Erfolg gekrönt sein werden. Grund sind die sich ändernden Eigentumsverhältnisse bei den Dax-Unternehmen. Diese befinden sich inzwischen zu mehr als 60 Prozent im Besitz angelsächsischer Investmentfonds. Und diese neigen immer öfter dazu, die Kampagnen der Aktivisten zu unterstützen, bei denen es sich ebenfalls meist um Adressen aus dem angelsächsischen Raum handelt.
Titelbild: Minerva Studio/shutterstock.com
]]>„Chile handelt konsequent auf der Grundlage von Prinzipien. Die Achtung der Menschenrechte, die in Gaza eindeutig verletzt werden, hat mich zu dieser folgerichtigen Entscheidung bewogen.”
Parlamentarier, eine Vielzahl von Organisationen und Tausende Menschen begrüßten die Entscheidung in einer Internetaktion. Die jüdische Gemeinde und der israelische Botschafter kritisierten sie jedoch scharf.
Seit der ersten Version im Jahr 1980 hat sich die Messe zu einer der fünf größten Luftfahrtmessen weltweit und zur größten in Lateinamerika entwickelt. Das Event wird vom Staat und der chilenischen Luftwaffe ausgerichtet und erfuhr eine Hinwendung zum Waffenschauplatz. In der Vergangenheit kreuzten dabei Jagdbomber vom Typ Mirage, Tornado und F16 in Schauflügen den chilenischen Himmel.
Israel wollte über die Direktion für internationale Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich (Sibat) 2024 erneut in Santiago seinen Einfluss auf den Handel mit Kriegsmaterial in Lateinamerika geltend machen.
Eine Gruppe von neun Rüstungsfirmen wendete sich an ein Berufungsgericht, um die Entscheidung des Präsidenten rückgängig zu machen. Sie klagten gegen den chilenischen Staat wegen willkürlicher Benachteiligung durch den Präsidenten, hatten damit aber keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass die zur Begründung der Eingabe vorgetragenen Argumente keinerlei Rückschluss auf die Verletzung verfassungsmäßiger Rechte zuließen.
Die Entscheidung von Präsident Boric erfuhr einige öffentliche Resonanz. Über 150 Organisationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen und mehrere Tausend Einzelpersonen unterzeichneten online einen Brief an Präsident Boric, der amerika21 vorliegt. Darin begrüßten sie seine Entscheidung und verlangten weitergehende Maßnahmen.
Israel solle nicht nur von der FIDAE ausgeschlossen werden, sondern es sollten ebenfalls alle Aktivitäten von Zusammenarbeit oder Trainingsmaßnahmen auf chilenischem Territorium abgesagt werden. Des Weiteren sollte Chile in Zukunft keinerlei Waffen, Verteidigungs- oder Sicherheitssysteme mehr von Israel kaufen.
Die aus Parlamentsabgeordneten bestehende Gruppe Chilenisch-Palästinische Freundschaft richtete mit der Tochter Che Guevaras, der Ärztin Aleida Guevara, und einem Enkel von Nelson Mandela, Nkosi Zwelivelile Mandela, eine Veranstaltung aus. Dabei brachten beide ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk zum Ausdruck und begrüßten die Entscheidung des Präsidenten.
Aleida Guevara sagte in ihrer Ansprache, dass Boric eine sehr gute Haltung gezeigt habe und sie denke, „das ist es, was wir in dieser Welt tun müssen”.
Nkosi Zwelivelile Mandela, Parlamentarier und Botschafter der Kampagne für die Rückkehr nach Palästina, zitierte seinen Großvater mit den Worten:
„Unsere Freiheit ist unvollständig, solange es keine Freiheit für Palästina gibt.”
Die israelische Botschaft und die jüdische Gemeinde in Chile erhoben harte Vorwürfe. Der israelische Botschafter Gil Artzyeli erklärte vor der Presse:
„Es ist kein Einzelfall, es ist eine Geschichte antiisraelischer Regierungspolitik”.
Die israelische Regierung erwäge, den Militärattaché abzuberufen, so der Diplomat, da diese nur in Botschaften von freundschaftlich verbundenen Ländern anwesend seien. Die israelische Gemeinde sprach von antisemitischer Voreingenommenheit der derzeitigen chilenischen Regierung.
Vier ehemalige hochrangige Offiziere der chilenischen Streitkräfte äußerten sich indes besorgt über die Entscheidung der Regierung Boric, israelische Unternehmen von der nächsten Ausgabe der FIDAE auszuschließen. Dies habe „schwerwiegende strategisch-politische Auswirkungen, da unser Land in der Verteidigungs- und Raumfahrtentwicklung in hohem Maße von Israel abhängig ist”, warnten sie.
Dieser Artikel schien zuerst auf Amerika21.
Titelbild: fidae.cl
]]>Frank Schirrmacher ist leider schon 2014 mit nur 54 Jahren gestorben. Eine Würdigung siehe hier im HR.
]]>Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Beiträge einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Aussagen sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Sie können uns bei der Zusammenstellung der Videohinweise unterstützen, indem Sie interessante Fundstücke an die Adresse videohinweise@nachdenkseiten.de schicken. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung CG: Leider sind die folgenden, wesentlichen Aussagen von Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler im Haupt-Beitrag des ZDF gar nicht enthalten:
Die "Freiheit der Ideen" sei "die Essenz der Demokratie", sagt Verfassungsrechtler @NeBoehme im @ZDF. Wer #Meinungsfreiheit einschränke, ersticke die #Demokratie "Zentimeter für Zentimeter", warnt er.
Mehr dazu um 19.10 Uhr bei #berlindirekt pic.twitter.com/UNL5oE6h4f
— Berlin direkt (@berlindirekt) March 10, 2024
Harald Kujat [Auszüge transkribiert, CG]: “Wenn wir tatsächlich Taurus liefern würden und die Ukraine würde diese gegen strategisch relevante Ziele einsetzen, dann würde dies eine ganz harte Reaktion Russlands auslösen und zwar nicht nur gegen denjenigen, der die Waffen einsetzt, sondern auch gegen den, der sie geliefert hat. […] Man muss es ganz präzise sagen: Es gibt keine Wunderwaffe und keine dieser Waffen, auch Taurus, wäre in der Lage, die strategische Lage der Ukraine zu ihren Gunsten zu verändern, so dass also die Russen sozusagen in die schwierigere Lage geraten, ihre Ziele nicht erreichen zu können und die Ukraine dann doch noch ihre Ziele erreichen könnte. Keines dieser Systeme ist dazu in der Lage. […] Also ich kann nur hoffen, dass der Bundeskanzler weiter standhaft bleibt, denn die Lieferung von Taus an die Ukraine mit der Ungewissheit noch dazu, dass wir gar nicht in der Lage sind zu kontrollieren, gegen welche Ziele diese Systeme eingesetzt werden, das wäre für uns eine nationale Katastrophe, wahrscheinlich für Europa eine Katastrophe.”
Bundestag lehnt Taurus-Lieferung erneut ab | AFP
Der Bundestag hat einen Unionsantrag zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine erneut klar abgelehnt. In der Debatte zeigten sich aber tiefe Risse in der Ampel-Koalition: Insbesondere die Grünen kritisierten den Kurs von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in der Taurus-Frage scharf.
Quelle: AFP Deutschland, 14.03.2024
Auszug AFP [Auszüge transkribiert, CG]: “Kanzler Scholz hatte seine Lieferablehnung erst am Mittwoch im Bundestag bekräftigt. Er sagte dabei, er werde kein Waffensystem liefern, das die Beteiligung deutscher Soldaten in dem Konflikt nötig mache.”
Anmerkung CG: Hörenswert, der Podcast bietet eine Alternative zur überwiegenden Einseitigkeit in der westlichen, insbesondere in der deutschen Berichterstattung der Leitmedien. Weitere Episoden des Podcasts ‘Parallelwelt Palästina’ sind hier zu finden [LINK].
Anmerkung CG: Küppersbusch wiederholt hier die ollen Kamellen des Mainstreams, Oskar habe “hingeschmissen”, was ja gerne noch mit “im Stich gelassen” ergänzt wird. Das tut Küppersbusch zwar nicht, aber er vergisst leider zu erwähnen, dass Lafontaine den Krieg und die Agendapolitik nicht mitmachen wollte und dass die Parteiaustritte nötig erschienen, weil sich die Parteien zum jeweiligen Zeitpunkt inhaltlich stark verändert hatten, Lafontaine aber bis heute seine Kompassnadel, was linke Sozialpolitik im Sinne der ärmeren Mehrheit und Entspannungspolitik betrifft, nicht verändert hat. Man könnte Lafontaine vorwerfen, er habe damals nicht genug gekämpft, die SPD “herumzureißen” – diese Kritik äußerte er ja sogar selbst. Doch die “Dresche” geht diesmal ein wenig an der Realität vorbei.
Anmerkung: In dieser Rubrik wollen wir Ihnen Songs mit politischen und gesellschaftskritischen Texten vorstellen, die vielleicht noch nicht jeder Leser kennt oder die nicht in Vergessenheit geraten sollten. Wenn auch Sie Musiktipps für uns haben, mailen Sie uns Ihre Empfehlungen bitte an unsere Mailadresse für die Videohinweise videohinweise(at)nachdenkseiten.de mit dem Betreff: Musik.
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
dazu: „Zum ersten Mal zeigen die Zahlen: Deutschland ist auf Kurs“
Die Vorgängerregierung habe eine riesige Lücke in der Treibhausgasminderung hinterlassen, klagt die Ampel – und lobt sich selbst: Inzwischen sei Deutschland auf dem richtigen Pfad. Neue Zahlen des Umweltbundesamtes machen ihr Hoffnung. (…)
Allerdings gelte einschränkend auch, dass 2023 der Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie infolge der hohen Energiepreise nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Emissionen abgemildert habe.
Quelle: FAZ
Anmerkung Christian Reimann: Da freut sich der amtierende Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Die Klimaziele seien im Jahr 2023 erstmals erreicht worden. Die Ursache wird nicht verheimlicht: “Die schlechte Konjunktur” bzw. “der Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie infolge der hohen Energiepreise”. Dort seien die Ziele sogar “übererfüllt”. Mit anderen Worten: Der Wohlstand geht verloren. Aber Herr Habeck hält weiterhin am Märchen vom globalen Klimaschutz fest. Die Bevölkerung soll also der grünen Ideologie zuliebe auf Wohlstand verzichten, weil die Politik fragwürdige Klimaziele beschlossen hat – nach dem Motto “Von Armut bedroht bzw. in Armut gefallen, aber wenigstens das Weltklima gerettet”. Wir sollen “uns nicht in Depression hineinreden lassen” dürfen (mit Anmerkungen), aber wer daran glaubt, könnte auch an den Eier legenden Osterhasen glauben. Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Physik-Nobelpreisträger: „Grünen-Haltung nicht mit unserer Realität vereinbar“ und Dazu: Physik-Nobelpreisträger kritisiert Grüne – „Viele Falschinformationen“ mit einer Anmerkung.
Anmerkung André Tautenhahn: Der springende Punkt ist wohl, dass die Industrie ihren Ausstoß drastisch reduziert hat und, wie der Spiegel schreibt, der Sektor sein Ziel übererfüllt. Da steht dann, dass der Grund dafür unter anderem die schlechte Konjunktur im vergangenen Jahr war. Woanders läuft aber die Konjunktur und dort wandert womöglich auch die Industrie aus Deutschland hin. Da stellt sich die Frage, was die in Deutschland eingesparten CO2-Äquivalente eigentlich wert sind, wenn sie woanders plus Wertschöpfung wieder anfallen?
Donnerstag, der 21. März um 19 Uhr
Rungestraße 20, in Berlin-Mitte
Unkostenbeitrag: 5 Euro
Anmeldung unter: info@berlin-im-dialog.net
Die Webseite berlin-im-dialog.net befindet sich derzeit im Aufbau und geht in den nächsten Wochen online.
Anmerkung der Redaktion: Wenn Sie auf eine interessante Veranstaltung hinweisen wollen, dann schicken Sie uns bitte die nötigen Informationen mit dem Betreff „Veranstaltungshinweise“ an hinweise@nachdenkseiten.de. Die Veranstaltungshinweise erscheinen wöchentlich am Freitag im Rahmen der Hinweise des Tages II.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Nun sollen neben Bomben und Raketen auch Hilfsgüter die Bevölkerung in Gaza erreichen. Aus der Luft und vom Mittelmeer her sollen Mehl und Reis abgeworfen bzw. angelandet werden, um den Menschen „den Zugang zu Nahrungsmitteln und Medikamenten“ zu ermöglichen, wie der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius sagt.
Denn auch die deutsche Luftwaffe soll Hilfspakete über dem Kriegsgebiet abwerfen. Im Gespräch ist darüber hinaus, dass die deutsche Marine den geplanten „humanitären Seekorridor“ schützen könnte, durch den von Zypern (EU) Schiffe mit Hilfsgütern in Richtung des palästinensischen Küstenstreifens fahren sollen. Die USA haben Spezialkräfte angewiesen, zunächst einen schwimmenden Pier vor der Küste von Gaza zu bauen, dann soll ein provisorischer Hafen errichtet werden. Man werde es „begrüßen“, wenn Israel den Hafen Aschdod zur Verfügung stellen und weitere Grenzübergänge nach Gaza – auch im Norden – öffnen würde. Von einem Waffenstillstand spricht niemand. Israel kann den Krieg fortsetzen.
Humanitäre Airdrops
Zwei Transportflugzeuge der deutschen Luftwaffe des Typs Hercules C-130J werden in den nächsten Tagen damit beginnen, Hilfsgüter über dem Kriegsgebiet im palästinensischen Gazastreifen abzuwerfen. Auf Anfrage von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat ihr Kollege Boris Pistorius vom Bundesverteidigungsministerium zwei Transportflugzeuge für den Einsatz im Rahmen der von den USA geführten „Joint Airdrop Operation“ bewilligt, die vom jordanischen Militärflughafen Al Azraq geleitet wird. Vorab wurde vom Luftwaffeninspekteur eine Sondergenehmigung erteilt, da die deutschen Maschinen mit Crew „zwar die Ausbildung, formal aber noch nicht die Zertifizierung für die Lastenabwürfe mit ihren C-130“ hätten, berichtet die Informationsplattform Augen geradeaus. Ohne diese Sondergenehmigung dürften sie an einer solchen Mission nicht teilnehmen.
Minister Pistorius teilte in einer Erklärung mit, den Menschen in Gaza fehle es „am Nötigsten.“ Die Bundeswehr wolle ihren „Teil dazu beitragen, dass sie Zugang zu Nahrung und Medikamenten bekommen“. Die beiden Hercules-Maschinen könnten jeweils „bis zu 18 Tonnen Last“ transportieren. Der Abwurf sei „nicht ungefährlich“, doch die Crews seien „ausgebildet und sehr erfahren“, so Pistorius. Die Soldaten sind bereits in Al Azraq, einem jordanischen Luftwaffenstützpunkt, im Einsatz für die US-geführte „Anti-IS-Mission“.
Die militärischen „Airdrops“ gibt es seit 1997 und gehen auf Operationen der US-Armee zurück, um Nachschub für die eigenen und verbündete Truppen aus der Luft zu koordinieren. Es gab gemeinsame Einsätze in Afghanistan (seit 2001), im Irak (2003) und Libyen (2011). An der aktuellen Operation über dem Gazastreifen beteiligen sich neben den USA auch die NATO-Staaten Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Deutschland.
Jordanien, das militärisch seit Jahrzehnten eng mit den USA und Großbritannien kooperiert, hatte bereits im Oktober 2023 mit Hilfslieferungen aus der Luft für Gaza begonnen. Auslöser war, dass die israelische Armee ein von Jordanien geführtes Militärkrankenhaus in Gaza angegriffen und das Gebäude und Zubringerstraßen ganz oder teilweise zerstört hatte. Das jordanische Feldlazarett war 2009 errichtet worden und versorgte täglich bis zu 1.200 Patienten. Nach weiteren Angriffen auf die Klinik begann die jordanische Luftwaffe damit, Nachschub für die Klinik – Medikamente, Wasseraufbereitungsanlagen, Nahrungsmittel – aus der Luft abzuwerfen.
Ägypten, Katar, Oman und Bahrain folgten dem Beispiel und flogen seit Dezember 2023 Dutzende Einsätze, bei denen Hilfsgüter für Kliniken und für die Bevölkerung abgeworfen wurden. Alle Länder hatten die Erfahrung gemacht, dass ihre Hilfslieferungen zu Land von Israel behindert und blockiert wurden.
„Airdrops“ sind aus humanitärer Perspektive zu teuer, zu unpräzise, nicht ausreichend und zu gefährlich. Verhungernden und vor allem Kindern helfen sie nicht, da sie spezielle Nahrung und vor allem sauberes Wasser benötigen. Die Abwürfe waren eine Notlösung und eine Antwort auf die Blockadehaltung Israels, das Hilfsgüter an den Grenzübergängen Rafah, Kerem Schalom und Erez nur schleppend abfertigte oder zurückschickte. Die israelischen Grenz- und Zollbehörden wurden dabei von extremistischen Siedlern unterstützt, die singend, tanzend und betend die Lastwagen mit den Hilfsgütern für Gaza an der Weiterfahrt hinderten.
„Humanitäre Seebrücke“
Parallel zu den „humanitären Airdrops“ haben die USA angekündigt, einen provisorischen Hafen vor der Küste des umkämpften Gazastreifens bauen zu wollen. Als Erstes solle ein „schwimmender Pier“ errichtet werden, er könnte in zwei Monaten fertig sein. Dort sollen dann Schiffe mit Hilfsgütern ihre Fracht abladen können – wie sie von dort an Land gelangen und wer sie verteilen soll, ist allerdings unklar. Die Schiffe sollen in Larnaca (EU-Zypern) starten, die Operation ist mit Israel abgestimmt. Nach dem Pier soll dann eine Hafenanlage entstehen, hat US-Präsident Joe Biden angekündigt. Ganz vorne mit dabei ist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die gleich selbst nach Larnaca (EU-Zypern) gereist war, wo das auserwählte Schiff „Open Arms“ allerdings wegen technischer Probleme nicht auslaufen konnte.
Sowohl Biden als auch von der Leyen stehen vor wichtigen Wahlen in diesem Jahr und müssen fürchten, insbesondere von der jeweiligen arabisch-stämmigen Wählerschaft wegen der einseitigen Unterstützung für Israel gegen die Palästinenser abgestraft zu werden. Die humanitäre Katastrophe und der Völkermord an den Palästinensern – der von Südafrika beim Internationalen Gerichtshof (Den Haag) angezeigt wurde – entfalten sich vor den Augen der Welt, ohne dass Biden oder von der Leyen dem Spuk ein Ende bereiten. Selbst jetzt, mit „Airdrops“ und einem „humanitären Seekorridor“ in Vorbereitung, enden die Waffenlieferungen an Israel nicht.
Den Krieg stoppen
Palästinenser außerhalb von Gaza reagieren mit Misstrauen auf den humanitären Aktivismus, den die US-Administration und die EU-Kommission an den Tag legen. Israel habe seit 2007 alles getan, um Gaza von der Welt abzuschneiden: die Blockade, die Zerstörung des kleinen Hafens und des Flughafens von Gaza, der 1998 von US-Präsident Bill Clinton eröffnet und dessen Bau von der EU finanziert worden war.
Die USA und die EU haben jahrzehntelang nichts unternommen, um Israel an seinem Vorgehen gegen die Palästinenser zu hindern. Die Missachtung des internationalen Rechts und des humanitären internationalen Rechts prägen die israelische Politik und die Jugend, die in einem Schulsystem aufgewachsen ist, das Respekt vor dem Recht und der Geschichte der Palästinenser nicht vermittelt.
Die „humanitäre Intervention“ in den Gazakrieg könnte ganz andere Ziele haben, so ein palästinensischer Gesprächspartner der Autorin, der namentlich nicht genannt werden möchte. Die USA wolle einen militärischen Stützpunkt in Gaza errichten, um die Öl- und Gasvorkommen vor der Küste Palästinas im östlichen Mittelmeer zu kontrollieren, meint der Gesprächspartner. Das werde nicht gesagt, sondern es werde eine humanitäre Argumentation vorgeschoben. Über den Seekorridor könnten „so viele Leute wie möglich“ aus Gaza abtransportiert werden, man werde das als „Auswanderung“ deklarieren. Damit werde Israel unterstützt, das die Palästinenser aus Gaza und auch aus dem Westjordanland vertreiben wolle.
In Gaza selbst sind Menschen, die befragt wurden, einhellig der Meinung, dass die Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft und auch ein „Seekorridor“ sinnlos seien. In Rafah lebten 1,5 Millionen Menschen, die Hunger hätten, wem würden die 38.000 Fertigmahlzeiten helfen, fragt Mohammed al-Hams aus Rafah. Ein anderer Mann, Ahmed al-Salehi, sagt, die Menschen im Norden von Gaza benötigten Nahrungsmittel am dringendsten. „Alle Menschen hier sind hungrig, aber die Menschen im Norden brauchen etwas zu essen.“ Israel müsse gezwungen werden, den Krieg zu stoppen und die Hilfslieferungen über die Grenzen zu lassen, sind die Befragten sich einig. Niemand im Gazastreifen hat vergessen, dass die USA der stärkste Partner und Unterstützer von Israel in diesem Gazakrieg ist“, sagt Shadi Dasht dem Palestine Chronicle. „Die Leute hier in Gaza wollen, dass die USA keine Militärhilfe mehr an die Besatzer geben, das ist viel wichtiger, als die paar Essenspakete abzuwerfen.“
Die Welt stehe vor einer echten „Bewährungsprobe für ihre Menschlichkeit“, sagt ein Mann namens Abu Hamda: „Entweder sie arbeitet daran, den Krieg zu beenden, oder sie unterstützt Israel weiterhin bei dem Völkermord, dem wir in Gaza ausgesetzt sind. Wir wollen, dass der Krieg aufhört. Wir wollen, dass unsere Kinder zu essen haben. Wir wollen in Sicherheit und Frieden leben. Wir träumen davon, einen unabhängigen Staat zu haben. Wir träumen von einer schönen Zukunft für unsere Kinder.“
Hintergrund
Israel ist als Besatzungsmacht zuständig für den Schutz und die Versorgung der Zivilbevölkerung in dem Kriegsgebiet. Doch Hilfslieferungen erreichen die Menschen nur selten und viel zu wenig, wie alle in dem Gebiet aktiven internationalen Hilfsorganisationen angeben. Die Lastwagen, die in langen Schlangen vor den Grenzübergängen von Rafah (Ägypten) und Kerem Schalom (Israel) warten, werden schleppend abgefertigt. Viele Waren – darunter Sauerstoff für Krankenhäuser, Betäubungsmittel für Operationen, Zelte, Schlafsäcke, Krebsmedikamente, Rollstühle und Gehhilfen (Krücken) – werden von Israel nicht durchgelassen.
Die mehr als zwei Million Menschen waren schon vor dem Krieg auf die Lieferung von Grundnahrungsmitteln und Medikamenten von außen angewiesen, weil Israel Gaza seit 2007 komplett von der Außenwelt abgeriegelt hat. 500 Lastwagen mit Hilfsgütern erreichten täglich den Küstenstreifen. Sowohl der Flughafen (gebaut von der EU) als auch der kleine Hafen von Gaza wurden bei militärischen Angriffen Israels zerbombt.
Die Hilfsgüter lieferte das UN-Hilfswerk für Arbeit für die palästinensischen Flüchtlinge (UNRWA), dem Israel seit der Gründung des Hilfswerks (1949) feindselig gegenübersteht. Mit Vorwürfen und Anschuldigungen versuchte Israel, die UNRWA zu diskreditieren und die internationale Hilfe für die palästinensischen Flüchtlinge und ihre Nachfahren zu stoppen. Seit dem 7. Oktober 2023, dem Beginn des jüngsten Krieges gegen den Gazastreifen, wurden 165 UNRWA-Mitarbeiter durch israelische Angriffe getötet, manche mit ihren Familien. Mehr als 150 Einrichtungen von UNRWA wurden ganz oder teilweise zerstört, darunter viele Schulen, und mehr als 400 Menschen wurden getötet, die unter der UN-Fahne Schutz vor Angriffen gesucht hatten.
Am Mittwoch (13. März 2024) wurde eines der wenigen verbliebenen Verteilzentren der UNRWA in Rafah von Israel angegriffen. Die Organisation gab an, dass einer ihrer Mitarbeiter getötet worden sei und viele Menschen verletzt wurden. Das palästinensische Gesundheitsministerium sprach von fünf Toten. Israel erklärte, man habe einen hochrangigen Hamas-Kommandeur getötet, der Hilfsgüter für die Hamas unterschlagen und Informationen über israelische Stellungen an die Hamas weitergegeben habe.
Schlimmer als im Zweiten Weltkrieg
Anfang März konnte eine Mission der Weltgesundheitsbehörde mit medizinischen Partnerorganisationen drei Kliniken im Norden von Gaza erreichen. Im Shifa-Krankenhaus konnten Treibstoff, Impfstoff und lebensrettende Hilfsgüter übergeben werden, um die Versorgung von 150 Patienten und 50 Kindern zu gewährleisten, die an schwerer akuter Unterernährung leiden. Erstmals seit dem 7. Oktober 2023 konnte die WHO das Kamal Adwan Krankenhaus erreichen, das weiter im Norden liegt. Die Klinik sei mit Patienten überfüllt, hieß es in dem WHO-Bericht. Auf der Kinderstation des Krankenhauses waren zehn Kinder verhungert und verdurstet. Als „entsetzlich“ beschrieb die Delegation die Situation im Al Awda Krankenhaus.
Der UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf Wohnen sagte in Genf vor Journalisten, dass seit dem 7. Oktober 2023 bis zu 80 Prozent der Wohnungen und Häuser im Norden von Gaza ganz oder teilweise zerstört seien. „Arbeitsplätze, Kulturstätten, Schulen, religiöse Stätten, Universitäten, Krankenhäuser – alles ist dem Erdboden gleichgemacht“, so Balakrishnan Rajagopal. Das Ausmaß der Zerstörung sei weit schlimmer als „in Aleppo, Mariupol oder auch Dresden und Rotterdam während des Zweiten Weltkrieges.“
Geopolitik gegen die Menschen
Kriege sind gut fürs Geschäft, denn sie beflügeln die Umsätze des militärisch-industriellen Komplexes. Die verwüsteten Landstriche – zu besichtigen in Afghanistan, Irak, Syrien, Jemen, Libyen, Sudan und aktuell in Gaza – eignen sich nach Meinung einiger gut für den Bau von Parkplätzen.
Tatsächlich eignen sie sich gut für Militärbasen, von denen die USA nie genug bekommen kann. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums gibt es 4.790 US-Militärbasen weltweit (einschließlich USA).
Besonders im östlichen Mittelmeerraum und Westasien können die USA – die eng mit der EU und NATO kooperieren – mehr Stützpunkte gebrauchen. Mit Israel als Partner sollen China, Russland, Iran und der Rest der nichtwestlichen Welt – die sich u.a. in BRICS und in der Schanghai Koordination für Kooperation zusammengefunden haben – aus dem ressourcenreichen Gebiet und von den wichtigen Transportwegen ferngehalten werden. Der verwüstete Gazastreifen eignet sich aus dieser Sicht gut als Militärbasis, um westliche Interessen gegen Staaten und nichtstaatliche Akteure in der Region, die sich der US-geführten westlichen Vorherrschaft nicht unterordnen wollen – verteidigen zu können.
Die Palästinenser bezahlen mit ihrem Leben dafür, dass sie das Recht auf ihr Land, ihre Geschichte und ihre Zukunft nicht aufgeben.
Titelfoto: Andy.LIU/shutterstock.com
]]>1. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
ein guter Artikel, der die Reaktionen unserer Systemmedien kritisch beleuchtet. Ich möchte mit diesem Leserbrief darauf hinweisen, dass der Papst mit seinem Verhandlungsaufruf in der wertvollen Tradition der katholischen Kirche steht. Während des 1. Weltkriegs hat sich die katholische Kirche klar gegen Krieg und für Verhandlungen ausgesprochen. Erinnert sei hier an Benedikt XV in den Jahren 1914-1922 (welt.de/geschichte/article167232843/Als-Papst-Benedikt-XV-verzweifelt-versuchte-den-Ersten-Weltkrieg-zu-beenden.html). Vor dem 2. Weltkrieg hat sich der damalige Papst Pius XI mit seiner Enzyklika „Mit brennender Sorge“ (vatican.va/content/pius-xi/de/encyclicals/documents/hf_p-xi_enc_14031937_mit-brennender-sorge.html) aus dem Jahr 1937 eindeutig gegen den überzogenen Nationalismus und das Rassendenken der Nazis gestellt. Ich hoffe nicht, dass diese Worte des Papstes Franziskus im Nachhinein als gescheiterter Aufruf zur Verhinderung des 3. Weltkrieges angesehen werden müssen, allerdings bin ich mir da nicht sicher.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Riester
2. Leserbrief
Lieber Tobias Riegel, liebes NDS – Team,
Ein großes Dankeschön für den Artikel „Putins Papst“: Journalisten und Politiker finden Waffenstillstand „entsetzlich“.
Überhaupt Danke für Euren unermüdlichen Einsatz gegen Kriegstreiberei und für vernünftige Berichterstattung!
Es ist beinah nicht mehr auszuhalten, in welch widerwärtiger Weise viele unserer Regierenden Krieg propagieren! Ja, sie sollen sich schämen! Aber nicht weil sich der Papst für Verhandlungen einsetzt, sondern weil sie alles tun, um Verhandlungen zu verhindern! Sollen sie doch selbst in den Krieg ziehen und kämpfen, wenn sie das so toll finden! Ich kann diese Menschen nicht mehr ertragen! Ich denke, dass sie ganz schnell, wie Ernst Toller, zu der Erkenntnis kommen würden: „ der Krieg hat mich zum Kriegsgegner gemacht.“
Ich bin vor vielen Jahren aufgrund verschiedener Gründe aus der katholischen Kirche ausgetreten. Dass sich der Papst in solcher Weise einmischt, kann ich nur begrüßen! Bitte mehr davon!
Wann machen wir uns auf, diesen Wahnsinn zu stoppen? …
Mit traurigen Gedanken grüße ich Euch alle herzlich!
Susanne Heuser
3. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
untenstehende E-Mail ging bereits heute Morgen (00.06 Uhr) auch an Herrn Albrecht Müller (im BCC).
Mit freundlichen Grüßen
Militzer
Guten Abend,
“Verwunderung und Entsetzen über Äußerungen von Franziskus” (FAZ online), “harsche Kritik an Papst-Appell” (Tagesschau online) oder Ähnliches ist heute in dominierenden Medien zur Aussage des Papstes über die Notwendigkeit von Waffenstillstandsverhandlungen für die Ukraine zu lesen, siehe
Dabei ist von Strack-Zimmermann zu lesen, dass sie “als Katholikin” entsetzt über die Äußerungen des Papstes sei. “Nicht die Ukraine muss die weiße Flagge heben, sondern letztendlich muss er Russland ansprechen”. Auch die Grüne Katrin Göring-Eckardt, in den Jahren 2009 bis 2013 Präses der Synode der EKD, kritisiert den Papst.
Ich habe daher heute zuhause erneut in den vier Evangelien nachgelesen, vielleicht hatten der Papst und ich sie ja falsch in Erinnerung, und tatsächlich:
Wo es früher bzgl. der Verhaftung Jesu Christi nach dem Verrat des Judas Iskariot hieß
“Petrus, steck’ das Schwert wieder an seinen Platz. Alle nämlich, die greifen zum Schwert, durch’ s Schwert kommen sie um” (siehe nur Mt 26, 52),
steht nun
“Petrus, liefere der ukrainischen Armee Taurus-Raketen und NATO-Soldaten. Allen nämlich, die Waffen und Soldaten liefern, gehört das Königtum der Himmel!”
Hm. Ähm.
Oder sollte mir da jemand eine grün-liberale Kriegsausgabe der Evangelien unter’ s Kopfkissen geschummelt haben?
Beste Grüße
Gerhard Militzer
4. Leserbrief
Liebe NDS,
mich würde in dieser Debatte eine einzige Frage interessieren: Woher nehmen die Leute, die diese Behauptungen aufstellen, die Info, dass Putin bei einem “Sieg die Ukraine auslöscht” oder “einfach weiter macht”? Also wo ist der Ursprung dieser Vermutungen?
Gibt es dazu irgendwelche Anhaltspunkte? Ich habe in den Reden Putins, die ich irgendwo in einer mir verständlichen Übersetzung sehen konnte, nicht ein einziges Mal eine Aussage gefunden, die darauf hindeuten würde. Ganz im Gegenteil. Er behauptet immer wieder dasselbe: “Wir haben kein Interesse an anderen Ländern. Wir sind aus diesen und jenen Gründen in der Ukraine. Wir wollen Frieden und Verhandlungen.”
Wieso unterstellt man ihm Lügen, während man selbst die Wahrheit für sich proklamiert, ohne aber die Vermutungen und Behauptungen durch Beweise zu untermauern? Oder habe ich diese schlicht nicht gefunden, übersehen oder sie wurden mir in meiner Filterblase nicht gezeigt, obwohl ich doch bewusst aktiv versuche ebendiese zu durchbrechen?
Ich bin immer an allen Meinungen zu einem Thema interessiert und versuche allermeistens auch alle Seiten zu verstehen. Und ich kann, egal wie sehr ich mich bemühe, nicht verstehen, wieso “der Westen” mit den Säbeln rasselt, wenn Leute Dinge behaupten, die selbst für “geübte” nicht nachvollziehbar sind.
Ein Freund behauptete neulich, der Tod von über 30.000 Palästinensern durch israelische Angriffe als Antwort auf den Angriff der Hamas am 7. Oktober sei nicht bewiesen. Hinweise darauf durch UN-Hilfswerke und ähnliche Einrichtungen – so auch des US-Präsidenten bei seiner Rede an die Nation – seien kein Beweis. Er habe aber “auf einem Kanal, der so etwas veröffentlicht” Videos vom Überfall der Hamas gesehen. So etwas sähe man von palästinensischer Seite nicht.
Ich weiß in so einer Situation oft gar nicht mehr, wie ich noch reagieren soll. Ich frage mich: Ernsthaft? Ist DAS der demokratische Diskurs heutzutage? Funktioniert das SO? Wie soll man sich denn bei der Argumentationsstruktur noch mit irgendwem irgendwie einigen, wenn alles, was einer Meinung entspricht und der Sache zuträglich ist, die Wahrheit ist und alles andere eine Lüge oder Propaganda?
Viele Grüße
Danny Altmann
5. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten, lieber Tobias Riegel,
der Kommentar zur Kritik an Papst Franziskus durch deutsche Politiker und Journalisten ist ebenso zutreffend wie schockierend. Ich habe gestern die Inszenierung mit Annalena Baerbock bei Caren Miosga angesehen. Die ganze „Diskussion“ habe ich nicht bis ans Ende verfolgen können, zu sehr hat mich diese Kriegspropaganda der ARD aufgewühlt und angewidert. Täglich nehmen Hass und Hetze gegen Russland und Präsident Putin zu. Die Rhetorik von Grünen, CDU/CSU, FDP und Medien ähnelt immer mehr der Rhetorik des furchtbaren Josef Goebbels in seiner Sportpalastrede. Und ich bin mir tatsächlich nicht mehr sicher, ob Frau Baerbock, Herr Hofreiter, Frau Strack Zimmermann, Herr Röttgen oder Herr Kiesewetter und ihre journalistischen Lautsprecher die Fortsetzung des Ukrainekrieges bloß billigend in Kauf nehmen oder ob sie sich in Gedanken nicht schon längst im Krieg mit Russland befinden und den auch materiell nicht nur mit deutschen Waffen sondern auch mit deutschen Soldaten führen wollen. Sie sehen sich selbst als Linke (Die Grünen), Liberale (FDP) oder Christen (CDU/CSU). Aber sie reden wie fanatisierte Faschisten. Wollt ihr den totalen Krieg? JA! – Und wer auch nur einen Millimeter von ihrer antirussischen Kriegsbegeisterung abweicht, wer es wagt, Frieden als erstrebenswert zu betrachten, wer auf Schrecken und Gefahren des Kriegs hinweist, wie das ansatzweise Bundeskanzler Scholz und Papst Franziskus getan haben, den beschimpfen und verunglimpfen sie. Ohne den Krieg gegen die Ukraine zu billigen wünsche ich mir mittlerweile einen schnellen und deutlichen russischen Erfolg, der die proukrainischen Fanatiker zum Verstummen und an den Verhandlungstisch bringt.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Arnold
6. Leserbrief
Guten Tag,
wieder einmal mehr wird uns die moralische Verkommenheit großer Teile unserer Politik und Medien vor Augen geführt. Blind vor Wut und verantwortungsloser Kriegstust, wird nun gegen das kirchliche Oberhaupt der Katholischen Kirsche gehetzt, das einmal mehr zu Frieden, Vernunft und Menschlichkeit aufruft.
Egal, ob Katholik, Evangelist , Muslim, Buddist, Hindu oder andere Glaubensrichtungen, alle mahnen doch zu Respekt vor dem Leben, Frieden und Menschlichkeit.
Jeder, der seinen Glauben und seine Religion ernst wahrnimmt, wird für Frieden sein. Es schmerzt einfach so, wenn Menschen durch Gewalt getötet werden. Das sinnlose Töten muss schnellstens beendet, eine weitere Eskalation mit der Gefahr einer atomaren Apokalypse verhindert werden.
Jeder, der das durch weitere und kriegsverlängernde Waffenlieferungen verhindert, mach sich mitschuldig am gewaltsamen Tod von Menschen und Zerstörung. Das schließt alle Schreibtischtäter in den Parlamenten, Regierungen und Redaktionsstuben mit ein.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stöbe
7. Leserbrief
Lieber Tobias Riegel,
Sie haben einen – meiner Meinung nach: – zentralen Punkt vergessen.
ALLE, die Sie zitieren, sind m.W. „bekennende“ Christen, teilweise sogar in einer Partei, die das „christlich“ im Namen trägt.
Wie war das mit dem Hinhalten der anderen Wange?
Zählt für diese „Christen“ asugerechnet DAS nicht, was ihr „Christus“ (= der „Gesalbte, ein Epitheton, das in der Antike nur Königen zukam … das müssen diese Demut und Bescheidenheit sein, von denen man im Zusammenhang mit dem Christentum immer hört, oder?) gepredigt hat?
Aber wenn man sich die „Kriminalgeschichte des Christentums“ (Karlheinz Deschner) anschaut, liegen diese Möchtegern-Schreibtischmörder natürlich voll und ganz „auf Linie“ mit der „christlichen“ Haltung seit den frühesten Anfängen: Kirchenfürsten und sich „christlich“ nennende Fürsten und Herrscher waren IMMER entweder auf der Seite der Menschenschlächter oder selbst welche.
Also ist deren Verhalten konsistent, wenn sie dem Papst das Wort im Munde umdrehen und aus der Feststellung, dass es in einer ausweglosen Situation MEHR Mut erfordert, aufzuhören als – natürlich immer auf Kosten anderer – weiter zu machen.
Es wird wirklich höchste Zeit, dass alle diese „kämpferischen“ Unterstützer:_*Innen (und -Außen) des nazi-durchseuchten Kiewer Regimes sich schnurstrack-zimmermanns-mäßig an die „Ostfront“ begeben und den „pöhsen Iwan (der sich jetzt Wladimir nennt)“ mit ihrem Kriegsgeheul in die Flucht schlagen! Dann wäre hier und auch dort sicher bald Ruhe. Auch Friedhofsruhe – aber auf diesem Friedhof lägen dann endlich mal die Richtigen … wenn man von ihnen noch genug Reste findet, um sie zu begraben.
Aber wer anderen dieses Schicksal zumutet, sollte endlich auch bereit sein, es selbst auf sich zu nehmen.
Wie ein echter Christ eben … *lach*
MfG
Bernd Kulawik
8. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
es gehört zu den zentralen Schwächen aller westlichen Unterstützer der Ukraine, die Unfähigkeit, sich die Niederlage des Krieges einzugestehen. Aber diese Niederlage ist unumstößlich und die Weiterführung des Krieges extrem verlustreich. Schon die Endphase des 2. Weltkriegs war im Hinblick auf die Verluste an Menschenleben katastrophal. Die Kapitulation – hier beschönigend als Zusammenbruch bezeichnet – wurde mit Wunderwaffen-Hoffnungen und Endsieg-Rhetorik verweigert. Wer das im Kopf hat und die aktuelle Berichterstattung der Medien (s. z.B. TAURUS-Debatte) verfolgt, muss schlicht verzweifeln. Die Politik ist irre, wenn selbst der Papst angegriffen wird!
Kleiner Trost: Wenn das Unvermeidliche, also die Kapitulation, erst einmal geschehen ist kann die politische Vernunft vielleicht wieder zur Geltung kommen. 1945 war grausig aber andererseits auch eine große Befreiung. Ich hoffe, das wiederholt sich!
Mit freundlichen Grüßen
W. Streich
9. Leserbrief
Papst Franziskus sagt, was die Verantwortlichen sich nicht trauen
(1) Interessant ist, wer sich nun gegen den Papst ausspricht:
Es sind nicht die tatsächlich Verantwortlichen, sondern die „vermeintlich braven Trommler“, die Günter Grass 1959 in seiner „Blechtrommel“ beschreibt, um Kriegs- und Nachkriegszeit zu verdeutlichen. Während die tatsächlich Verantwortlichen schon in der Vorbereitung des nächsten Konfliktes sind „Now we are going on work to create dilemmas in China“ (29.2.2024 in AF military news), erahnen die Verantwortlichen in Europa, was auf sie zukommt, doch die „Blechtrommler“ haben den derzeitigen Richtungswechsel noch nicht bemerkt.
Die, die nun gegen diesen Papst zu Felde ziehen, gehören zu den „blechtrommelnd-krankhaften“ Autisten, denen leider zu viele Bürger wie im Märchen des „Rattenfänger von Hameln“ hinterherlaufen…
Aus dem Rückzug aus Afghanistan scheint selbst unsere Militärführung nichts gelernt zu haben.
Dem General der Luftwaffe, der diese Woche nach Anchorage fliegt, um den neuen Kommandeur (PACAF) über das deutsche Vorhaben zur Zerstörung der Krimbrücke zu informieren und …. sollte man die Reiseerlaubnis entziehen.
MAD, AA und BMV müssten ihn doch bereits über die künftige US-Strategie, spätestens seit 12.2.2024 informiert haben –Entlassung von Victoria Nuland, die das „UKR-Projekt“ seit 20.6.2005 wesentlich vorantrieb.
Nun erkennen die tatsächlich Verantwortlichen, dass sie nach fast 20 Jahren auf diese Weise noch nicht den erwünschten Erfolg erzielen. Im Unternehmensjargon hieß dies: „Das oberste Management widmet sich neuen Aufgaben und delegiert nun den Scherbenhaufen an das mittlere Management“ – hierfür hat sich Europa unter derzeit deutscher Führung bereit erklärt…
Ahnen der politisch interessierte Bürger, die derzeit Verantwortlichen in Exekutive, Judikative und Legislative sowie die von uns finanzierten Medien, wohin „Denken in Abhängigkeit“ führt ? Auch politische Erdbeben lassen sich seismologisch frühzeitig erkennen…
(2) Auch in all den Religionen gibt es ‚Pharisäer‘
Das semitische ‚perishayya‘ umschreibt das „Trennend Abgesonderte“ und überliefert im Volksmund das „Heuchlerische“.
Eine religiöse Gruppierung, die einen Krieg rechtfertigt oder gar heiligt, hat das Wesen der Religion oder das Wesen des Krieges nicht verstanden und passt sich lediglich einer jeweils vermeintlich herrschenden Meinung an… Das was Erasmus von Rotterdam vor 500 Jahren hierzu zusammengetragen, gilt noch heute… Aber ist der Mensch auch bereit seine Erkenntnis zu nutzen oder wie viel Morden braucht er, um „seinen faulen Arsch in Bewegung zu setzen“ durch Diplomatie zum Frieden zu finden – der „Gordische Knoten“ wurde nicht mit dem Schwert zerschlagen… Und wenn eine Gesellschaft keine Diplomaten, sondern nur noch „Briefträger“ hat, dann muss sie ihre für das Militär geforderten „300 Milliarden“ nicht in Material, sondern in Personal investieren – und dies ist lediglich ein Anteil in Deutschland. Die Kosten für das Material verursachen spätere Kosten der Entsorgung und Beseitigung all der angerichteten materiellen und immateriellen Schäden um ein Vielfaches… Bereits aus diesen Gründen sollte eine gesunde Gesellschaft sich von jeglichem Krieg fernhalten. Dies gilt auch in Religionen für deren ‚Führung und Fußvolk‘…
Rupert Krömer
10. Leserbrief
Frage: Was haben die Dämonisierung Putins und des Papstes gemeinsam?
Antwort: Man unterstellt beiden nur Böses.
Statt auch Russland das völkerrechtlich festgelegte Prinzip kollektiver Sicherheit zuzugestehen, unterstellt der Westen, dass der russische Präsident schlimmste imperialistische Ziele verfolgt.
Statt die zentrale christliche Botschaft von der Friedfertigkeit Ernst zu nehmen und die klugen, guten Absichten des Papstes zu erkennen, unterstellen ihm unsere Politiker, nur den Zielen des “bösen Diktators” Putin zu dienen.
Es kann einen nur fassungslos machen, was wir jetzt wieder an Hirngespinsten erlebt haben.
Besten Gruß
L. Salomons
11. Leserbrief
Liebes Team der Nachdenkseiten,
wieder einmal bin ich überrascht von den Menschen, die keine Gelegenheiten auslassen um darauf hinzuweisen, dass Hass in unserer Gesellschaft keinen Platz hat, fleißig regenbogengeschwängerte PACE-Fahnen durch die Lüfte schwingen und sich jetzt mit diesen Utensilien bewaffnet, auf den Papst zu stürzen.
Und warum?
Nur weil das kirchliche Oberhaupt das Wort „FRIEDEN“ öffentlich in den Mund genommen hat. Endlich hat sich die Kirche einmal zu diesem Krieg geäußert und mit den Werten argumentiert, die den christlichen Glauben zu Grunde liegen. Und schon wird der Papst als Vasall Putins hingestellt und unsere, auch so demokratische Gesellschaft, gerät in höchste Wallung weil hier jemand „FRIEDEN“ fordert.
Jetzt wo wir so schön aufrüsten, sich der Kanzler auf dem Panzer ablichten lässt und sich vor einer neu gebauten Munitionsfabrik in Szene setzt, kommt der Papst und fordert Frieden.
Jetzt, wo wir unseren Wehretat verdoppelt haben und wir unsere Kleinkinder lernen, wie toll doch so ein deutscher Luft-Boden-Marschflugkörper (Taurus) ist.
Oha, da will uns einer den „kriegerischen Spaß“ verderben! Und für mich ist Krieg alles andere als Spaß!
Geht’ s noch? Ist es nicht mehr möglich über den Frieden reden zu dürfen?
Täglich sterben auf beiden Seiten Menschen auf entsetzliche Art und Weise und ist es da nicht mehr als legitim, sich Gedanken über eine friedliche Lösung zu machen? Ist das nicht auch eine Art der Demokratie und des demokratischen Handelns? Aber nein! Der Aufschrei der Gesellschaft ist deutlich höher als der Aufschrei, als Herr Macron öffentlich über die Möglichkeit des Einsatzes von Bodentruppen spricht.
Ich bin selbst Vater von zwei Söhnen und daher erst einmal für den Frieden und nicht für den Krieg. Daher halte ich es wie Reinhard Mey & Freunde in dem Lied: Nein, meine Söhne geb ich nicht!
Zu oft wurden diese hingegeben und liegen heute noch an irgendwelchen unwirklichen Orten, an die sich niemand mehr erinnert. Vergessen vom Krieg, den Kriegstreibern und den Hetzern.
Grüße
Rainer Mendel
12. Leserbrief
Einige Bemerkungen zu Tobias Riegels „Putins Papst“
Das „sakrale“ Geschwafel von „Frieden auf Erden“ war den weltlichen Mächten schon immer willkommen, selbst dann, wenn bereits die ersten Bomben aus den „himmlischen Gefilden“ herab fielen, die ganze Städte verwüsteten und zahllose Menschen töteten. Sobald nun aber ein Priester (Papst) die christliche Botschaft ernst nimmt und dazu aufruft, endlich mit Friedensverhandlungen zu beginnen, stürzen sich sogleich die Bellizisten auf ihn, um ihn (vorerst mit Worten) zu zermalmen.
Herzliche Grüße Horst Roehe.
13. Leserbrief
Hallo NDS,
Danke Herr Riegel für Ihren ausgewogenen humanistischen Kommentar zur niederträchtigen Hetze gegen den Papst. Da bleibt nicht viel mehr zu sagen. Als der Hinweis, dass es auch auf der anderen politischen Seite der alternativen Medien aufrichtige friedensliebende Menschen und sogar Journalisten gibt, die tatsächlich ebenfalls noch wissen, was pluralistische Meinungsfreiheit heißt. Deshalb hier der sehr anständige Kommentar zum selben Thema bei „Tichys Einblick“. „Der Papst fordert Frieden – Ja, und?“
Hoffen wir, dass solche Kommentare den einen oder anderen gehirngewaschen Konsumenten anderer Medien, doch noch zum nachdenken animiert. Denn so kann es nicht weitergehen.
Beste Grüße, J. Gerke!
14. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
laut WDR “Aktuelle Stunde” vom 10.02.2024 ab Minute 07:36 wurde das Interview mit dem Papst schon im Februar geführt. Da stellt sich die Frage, ob sich die Mainstream-Medien erst mit der Bundesregierung absprechen mußten, ähnlich wie beim “Geheimtreffen” in Potsdam, um sich einheitlich über dieses Interview zu empören. Ob “Geheimtreffen” oder Putin-Interview und jetzt eben das Papst-Interview, immer ist der Tenor der verschiedenen Mainstream-Medien einstimmig. Wenn es eines weiteren Beweises für die Gleichschaltung unsere MSM bedarf, dann haben wir hier einen erneuten Beleg dafür. Die Häufigkeit dieser einstimmigen Kritik der MSM ist auffallend. Ein “scheinheiliger Friedensprediger” wäre genau das, was die MSM gerne hätten, nämlich einen Pabst der den Krieg und die durch die MSM geführte Kriegspropaganda unterstützt. Insofern entblöst diese Schlagzeile in erster Linie die außerordentliche Dummheit ihrer Autoren.
Man ist entsetzt wie viele der Volksver-(räter?) treter und Journalisten (?) sich mit grauenhaften Äußerungen für die Weiterführung dieses schrecklichen Krieges einsetzen. Man ist versucht zu ergründen was diese Menschen dazu treibt sich derartig für den Krieg einzusetzen und dafür auch den eigenen Wohlstand aufs Spiel zu setzen. Menschenfreundlichkeit kann es ja nicht sein. Wer sich heute für die katholische Kirche schämt sollte sie sofort verlassen, denn sie haben offensichtlich im Religionsunterricht nicht aufgepasst. Aber das gilt auch für die evangelische Kirche. Wer den Ausführungen von Frau Anja Siegesmund folgt muß sich doch ernsthaft fragen, wes Geistes Kind sich hier äußert? Im o.g. WDR-Beitrag kommt auch die Theologie-Professorin Frau Regina Elsner der Uni Münster zu Wort. Was der Papst gesagt hat ist für sie “unmoralisch”. Solche Sichtweisen als Theologin zu vertreten ist schon sehr abenteuerlich. Die Welt wird immer verrückter und wären es nicht so viele Verrückte, würde man sie alle in eine psychiatrische Kinik einweisen. Einige von ihnen müßten dann wohl auch gegen ihren Willen zwangsweise eingewiesen werden. Diese Protagonisten, die sich für die Fortführung des Krieges und gegen Friedensverhandlungen aussprechenden, sind scheinbar von allen guten Geistern verlassen. Alle Befürworter des Krieges scheinen des Teufels zu sein. Und ich meine, wenn man genau hinschaut, kann man den Hass bei einigen von ihnen in ihren Augen auch sehen. War Frau M.-A. S.-Z. vor einem Jahr bei der Karnevalveranstaltung vielleicht gar nicht verkleidet?
Jeder der die Auslassungen der Kritiker des Papst-Interviews zur Kenntnis nimmt, sollte sich klar machen, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sich Friedensgespräche im Ukrainekrieg wünscht. Dieser Wunsch wird durch die Politik und den MSM jedoch ignoriert. Exemplarisch für diese Regierung ist ja die Aussage von A. Baerbock: “… egal, was meine Wähler denken”.
Für unsere MSM und die Kriegstreiber in der Politik gilt in jedem Fall auch die Erkenntnis: “Sie wenden hier Methoden (lügen, verschweigen, verdrehen, ausspionieren, usw.) an, die sie regelmäßig anderen schärfstens vorwerfen. Es gibt halt verschiedene Wege, auf denen man politisch und menschlich verkommen kann”.
Es ist tröstend zu wissen, dass wenigstens der Papst sich noch seinen guten Geist bewahrt hat.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Glahn
15. Leserbrief
Papst Franziskus stärkt Menschen die Frieden in der Ukraine und in Gaza wollen
Papst Franziskus hat die Ukraine aufgefordert, Verhandlungen mit Russland zu suchen, um das Sterben zu beenden. Er verwendete dabei den Begriff «Weisse Fahne». Dieser Begriff stört viele und wird mit der Aufforderung zur Kapitulation in Verbindung gebracht, nicht mit Verhandlungen, um das Blutbad zu beenden. Ein Waffenstillstand würde vielen Menschen das Leben retten. Die Worte des Papstes werden zwar kritisiert, aber zeigen Wirkung: Sie stärken die Menschen, die das sinnlose Sterben und die Zerstörungen schnell beenden wollen. Es wird geschätzt, dass schon 400’000 Menschen in diesen Massakern in der Ukraine getötet oder verletzt wurden.
Immer noch besteht in diesem Krieg die Gefahr, dass ein Atomkraftwerk in der Ukraine und vielleicht auch in Russland beschädigt wird, mit schrecklichen Folgen für ganz Europa. Ukrainische Projektile sind auch schon in Moskau und St. Petersburg eingeschlagen. In der Nähe von St. Petersburg liegt das AKW Leningrad mit vier Atomreaktoren. Der Krieg in der Ukraine könnte zu einem Weltkrieg werden, wenn noch NATO-Truppen zum Einsatz kommen, wie Macron vorgeschlagen hat.
Wenige Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine saßen Delegationen Russlands und der Ukraine in Istanbul am Verhandlungstisch und erzielten Ergebnisse, die aus verschiedenen Gründen leider nicht umgesetzt wurden. Nun will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan einen neuen Versuch starten für einen Friedensgipfel an dem auch Russland teilnehmen sollte. Erdogan hat sich als Gastgeber für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine angeboten. Er traf sich kürzlich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Istanbul. Zu hoffen ist, dass diese Friedensverhandlungen zustande kommen und zum Frieden oder wenigstens zu einem Waffenstillstand führen werden.
Die «Weisse Fahne» des Papstes empörte viele. Fast niemand stört es heute hingegen, dass in den Medien seit Jahrzehnten immer wie von «Verteidigungsministerien» die Rede ist, auch wenn diese «Verteidigungsministerien» mit ihren «Verteidigungsministern» offen oder verdeckt Kriege führen oder führten, in der Ukraine, Gaza, Jemen, Syrien, Afghanistan, Libyen, Somalia, Pakistan, Nicaragua, Panama, Grenada, Falkland Inseln, Vietnam usw.. Diese «Verteidigungsministerien» verbraten in vielen Ländern Milliarden für die Aufrüstung und sorgen dafür, dass mit Waffenlieferungen der Krieg in der Ukraine, im Gaza und die vielen anderen Kriege weitergehen können. Früher war man ehrlicher man sprach von «Kriegsministerien» wenn es darum ging ein Land militärisch unter Kontrolle zu bringen, um es wirtschaftlich auszubeuten zu können.
Heinrich Frei
16. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
in Ihrem Kommentar haben Sie, in dankenswerter Weise, sehr klar und unmissverständlich dargelegt, dass die Worte des Papstes Wirkung zeigen, indem sie die grünen, schwarzen und gelben Sofa-Soldaten dazu zwingen, ihre höchst verwerflichen, gefährlichen und unmoralischen Positionen in aller Öffentlichkeit zu verteidigen! Geradezu erschreckend sind die Statements von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), des CDU-Hardliners Roderich Kiesewetter – “wir müssen den Krieg nach Russland tragen” – und des CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Heuer. Als evangelischer Christ schmerzt es mich, dass in diesem Chor der Hardliner auch vermeintliche Christen wie Katrin Göring-Eckardt und Anja Siegesmund, Präsidentin des evangelischen Kirchentages 2025 in Hannover, gehören!
Zur Erinnerung:
Ende September 2022 hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Verhandlungen mit der russischen Föderation unter Wladimir Putin per Dekret verboten, bis alle von Russland besetzten ukrainischen Gebiete in den Grenzen von 1991 , einschließlich der Halbinsel Krim, befreit sind. Dass ausgerechnet Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt – die immerhin verschiedene hohe Ämter in der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor Jahren innehatte – offensichtlich bewusst die Äußerungen von Papst Franziskus fehlinterpretiert, ist mehr als beschämend, wobei sich Göring-Eckardt in die Reihe bundesdeutscher Militär- Hardliner einreiht. Es gehört leider zur weitestgehend vernachlässigten Kernkompetenz der christlichen Kirchen, sowohl seitens der katholischen, als auch seitens der evangelischen Kirche, die Botschaft des Friedens ihres Religionsstifters, Jesus Christus, laut und kraftvoll zu verkünden: So heißt es in der Bergpredigt der Bibel, Kapitel 5 Vers 9, Evangelium nach Matthäus: “Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottes Kinder heißen”. Und in der evangelischen Kirche (EKD) gebot die Jahreslosung 2019: „Suche Frieden und jage ihm nach” (Psalm 34 Vers 15) . Wer das vorab veröffentlichte Transkript des Interviews von Papst Franziskus vorurteilsfrei liest, wird nicht umhin können , dass von Kapitulation und Unterwerfung nicht die Rede sein kann! Der Pontifex wörtlich: “Das Wort verhandeln ist” -so Franziskus – “ein mutiges Wort. Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben zu verhandeln.“ Und weiter „Aber ich glaube, dass derjenige am stärksten ist, der die Situation betrachtet, an die Menschen denkt und den Mut hat, eine weiße Flagge zu hissen und zu verhandeln”. Der Interviewer verwendete in seiner Fragestellung den Begriff „weiße Flagge“. Franziskus wurde nach seiner Meinung zu der laufenden Debatte gefragt. “Soll die Ukraine aufgeben oder würde dies die Taten der Angreifer legitimieren?” . Bereits Ende März/Anfang April 2022, also wenige Wochen nach Ausbruch des Ukraine-Krieges, lag, nach übereinstimmenden Pressemitteilungen, ein paraphiertes Papier vor, das von den Unterhändlern der Ukraine und der Russischen Föderation in Istanbul ausgehandelt worden war und den Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der Russischen Föderation beendet hätte. Mutmaßlich auf Druck des Westens wurde diese Chance jedoch nicht genutzt. Der Papst zur aktuellen Situation in der Ukraine: “Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird”!
Mit freundlichem Gruß
Wilfried Böckmann
17. Leserbrief
Liebes Nachdenkseiten Team,
ich bin entsetzt über die Reaktionen unserer Politiker und der ÖRM auf die Rede von Papst Franziskus.
Ich verstehe gar nicht mehr, was in unserem Land in den letzten Jahren passiert ist und wie es möglich sein kann, dass Politiker und große Teile der Medien sich in „diesem unserem Land“ so äußern dürfen und können, ohne dass es einen kollektiven Aufschrei der Empörung gibt.
Es macht mir zunehmend Angst, dass und wie diese „Zeitenwende“ in großen Teilen der Bevölkerung und der Öffentlichkeit wirkt.
Das hatten wir so ähnlich schon einmal in Deutschland.
Am Vorabend des 1. Weltkrieges war die Stimmung ja schon einmal so euphorisch was den Krieg anging.
Aber nach 2 verlorenen Kriegen mit unzähligen Toten, unermesslichen Zerstörungen und Leid,
sollte man doch klüger geworden sein, oder?
Es ist für mich unfassbar, dass ich auf meine alten Tage als nicht überzeugter Kirchgänger, noch Partei ergreifen muss für einen Papst, der doch nur humanistische und christliche Werte predigt – und der von der medialen Öffentlichkeit und vielen – auch christlichen Politikern – dafür zumindest verbal, gesteinigt wird.
Nein, das darf so nicht weitergehen. Wir müssen gemeinsam wieder zur Besinnung kommen und es muss klar sein, dass Krieg Töten und Zerstörung bedeutet, und dass es daran gar nichts, aber auch gar nichts, Gutes noch Richtiges gibt.
P.S. wie sind denn die Reaktionen im Ausland auf die Papst Rede?
Ist es dort auch so katastrophal wie in Deutschland, oder gibt es da draußen auch noch normale Menschen?
Jens Biester
18. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
Bravo!
Vielen Dank für diesen charakterstarken Artikel.
Die besten Grüße,
Peter Palec
19. Leserbrief
Lieber Herr Riegel,
seit der Zeitenwende gilt, wie im Mittelalter, wieder der große Glauben, die Anwendung des Verstandes ist Ketzerei.
Da wirkt der Aufruf des Papstes schädlich und verdammenswert.
Denn wenn man die Dauerbeschwörung vom Dämon Putin, der die ganze Welt an sich reißen wird, wenn die Ukraine nicht “gewinnt”, aufgäbe, würden die Erzählungen, dass eine massive Aufrüstung der EU-Länder zur weiteren Existenz zwingend geboten ist, dass man mehr als 2% des BIP für “Verteidigung” ausgeben muss, ad absurdum geführt.
Dann hätten die Kriegstreiber es schwerer, dem blöden Volk die Notwendigkeit der Kriegsertüchtigung zu verkaufen.
Doch das muss weiterlaufen – zum Wohle der Triade aus Kriegsindustrie, Politik und MSM.
Profit finanzieller Natur, Karrierechancen, Macht, narzisstische Selbstbefriedigung… Jedem sein Scherflein.
Dem Aufruf des Papstes kann ich von Herzen zustimmen! Aber denen, die sich christlich nennen, doch das Wesen des Christentums mit Füßen treten, kann ich nur raten, den Spruch aus meiner Jugendzeit zu beherzigen: Vor Inbetriebnahme der Mundwerkzeuge das Gehirn einschalten!
Hoffnungsvolle Friedenshetzergrüße
Karin Heil
20. Leserbrief
Lieber Herr Riegel!
Es ist schon erstaunlich, dass ein Papst so mutig ist und sich der europäischen und nordamerikanischen Kriegstreiberei entgegenstellt. Vor einiger Zeit hatte er ja bereits schon den negativen Einfluss der USA auf den Ukrainekonflikt hervorgehoben. Davon erfuhr man bei den Öffentlich-Rechtlichen (Tagesschau/Tagesthemen und Heute-Sendung und Heute-Journal) nichts, sondern nur im Rundfunk, sozialen Medien und einigen Zeitungen. Diesmal entschloss man sich dann doch im Fernsehen auf unliebsame Äußerungen des katholischen Kirchenoberhaupts einzugehen, um sich nicht verdächtig zu machen. Natürlich erhielt Franziskus dabei kein Lob, sondern es wurden Bemerkungen von solchen Kriegstreibern wie Strack-Zimmermann und Kiesewetter eingeblendet. Zustimmung bekam der Papst allerdings vom sächsischen Ministerpräsident Kretschmer, welcher der einzige in der CDU (neben Armin Laschet) ist, der auch mal Verständigung mit dem russischen Präsidenten sucht. Es ist regelrecht bewundernswert, welchen Weg Franziskus einschlägt, wobei sich doch die katholische Kirche bereits im Mittelalter mit den Kreuzzügen als kriegswillig gezeigt hat. Nun muss man sagen, dass das derzeitige Kirchenoberhaupt aus Südamerika kommt, einem Kontinent auf dem man sich wohl auch heute noch an die negativen Auswirkungen des Imperialismus erinnert oder wo sie vielleicht noch spürbar sind. Nicht nur in Argentinien, sondern auch im benachbarten BRICS-Staat Brasilien hat man Verständnis für die Haltung Russlands bzw. sieht die Ursachen für den Konflikt im Westen. Der frühere Papst Johannes-Paul II hätte sich wohl diesbezüglich nicht zum Ukrainekrieg geäußert. Als Karol Jozef Wojtyla stammt er aus Polen und hatte damals demzufolge einen negativen Blickwinkel auf Russland bzw. auf die damals noch vorhandene Sowjetunion gehabt. Angeblich soll ja sein Einfluss mit dazu beigetragen haben, dass die kommunistische Regierung dort mit Hilfe der polnischen Gewerkschaft gestürzt wurde. So ist es auch verständlich, dass das Land, aus dem ein Papst stammt, auch dessen Gesinnung prägt und damit seine Haltung zu einem bestimmen Konflikt verdeutlicht. Der derzeitige Papst ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung, der sich auch nicht dem in seiner eigenen Kirche vorgegebenen Mainstream unterwirft. Das ist auch gut so. Solche Menschen, vor allem Päpste, brauchen wir mehr.
Mit freundlichem Gruß
Harald Pfleger
21. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel, liebe Redaktion,
der Papst geht bei seinen Äußerungen ja schlicht von den militärischen Realitäten aus und möchte auf deren Basis das Leben möglichst vieler Menschen auf beiden Seiten bewahren. Aber schnöde Realitäten interessieren die Kriegstreiber in Politik und Medien nicht. Der Westen und allen voran Deutschland haben ja die vermeintlich überlegenen Werte (unter anderen wohl den der Kapitalrendite) und denen muss zur Geltung verholfen werden, koste es was es wolle, vielleicht am Ende auch unser aller Leben.
Ich warte nun nur noch darauf, dass Frau Strack-Zimmermann und Herr Thierse einen Gemeinschaftstweet absetzen: “Als Katholiken schämen wir uns für die unverantwortlichen Aussagen von Jesus Christus zum Hinhalten der anderen Wange, die er in einer als Bergpredigt bezeichneten Rede äußerte. Damit ermuntert er lediglich den Aggressor, weitere Verbrechen zu begehen.”
Hauke Dressel
22. Leserbrief
Werte NDS,
die Menschen, die sich da Christen schimpfen, sind mit Sicherheit alles, aber keine Christen. Wer andere für seine Interessen über die Klinge springen lässt, ist höchstens Antichrist.
Die Leute gehören alle in eine psychiatrische Anstalt, wahlweise auch an die Front.
Die sind von ihrer eigenen Propaganda und Hybris so gehirngewaschen, die glauben den Unsinn tatsächlich, den sie da verzapfen.
Kann hier nur wieder auf den Psychologen Hans-Joachim Maaz hinweisen, der erklärt, woher dieses kranke Verhalten kommt.
Kaputte Gesellschaft und es wird nicht besser. Kranke Menschen “erziehen” ja wieder kranke Menschen. Man sieht ja, dass man mit LGBTQ und Gendergaga immer mehr abgleitet und der Absturz wird sich beschleunigen. Der gesamte Staat verblödet immer mehr, inklusive der Eliten bis es irgendwann knallt. Dann bin ich hoffentlich bereits woanders mit der Familie.
Beste Grüße
H. Dietrich
23. Leserbrief
Lieber Tobias Riegel,
als Katholik habe ich mich über Ihren meiner Meinung nach so zutreffenden Kommentar sehr gefreut. Die zitierten Aussagen von Papst Franziskus stehen aus meiner Sicht in direktem Zusammenhang zu seiner Weihnachtsbotschaft 2023, die mich sehr bewegt hat. Papst Franziskus betont dort: “Mit fest auf das Jesuskind gerichtetem Blick flehe ich um Frieden für die Ukraine. Wir bekunden erneut unsere geistliche und menschliche Nähe zu ihrem gepeinigten Volk, damit es durch die Unterstützung eines jeden von uns die Konkretheit der Liebe Gottes spüre.” (Quelle: dbk.de).
Waffen aber sind keine Lösung, wie der Papst hervorhebt: “Zum Fürst des Friedens „Ja“ zu sagen, bedeutet also, „Nein“ zum Krieg zu sagen, zu jedem Krieg, zur Logik des Krieges selbst, der eine Reise ohne Ziel, eine Niederlage ohne Sieger und ein Wahnsinn ist, für den es keine Entschuldigung gibt. Um aber „Nein“ zum Krieg zu sagen, muss man „Nein“ zu den Waffen sagen. Denn wenn der Mensch, dessen Herz unstet und verwundet ist, Werkzeuge des Todes in Händen hält, wird er sie früher oder später einsetzen. Und wie kann man von Frieden sprechen, wenn Produktion, Verkauf und Handel von Waffen zunehmen? Wie zur Zeit des Herodes, bewegen sich heute die Machenschaften des Bösen, die sich dem göttlichen Licht widersetzen, im Schatten der Heuchelei und des Heimlichen: Wie viele bewaffnete Massaker ereignen sich in ohrenbetäubender Stille, ohne dass viele davon erfahren! Die Menschen, die keine Waffen, sondern Brot haben wollen, die sich abmühen, um über die Runden zu kommen und um Frieden bitten, wissen nicht, wie viel öffentliches Geld für Rüstung ausgegeben wird. Doch sie sollten es wissen! Darüber soll man sprechen, darüber soll man schreiben, damit die Interessen und Gewinne bekannt werden, die die Drahtzieher der Kriege sind.” (Quelle: ebd.). So äußert sich kein “Putins Papst”, sondern ein Mensch, der authentisch und aus Überzeugung versucht, die christliche Botschaft zu leben und damit bereits viele Menschen bewegt hat.
Meines Wissens war der Papst schon seit Beginn des Ukraine-Krieges im Jahr 2014 das einzige Staatsoberhaupt, das seitdem regelmäßig öffentlich diesen Konflikt thematisierte und immer wieder an die Verantwortlichen appellierte, endlich einen Weg zum Frieden zu suchen und zu gehen. Was tat die Bundesregierung für den Frieden, was taten die von Ihnen zitierten Personen Göring-Eckardt, Strack-Zimmermann, Heuer, Thierse, Siegesmund, Kiesewetter? Von den genannten Personen bekennen sich doch mindestens fünf zum christlichen Glauben. Ich frage mich, wie diese Menschen ihre Haltung überhaupt mit der Frohen Botschaft vereinbaren, in der es z. B. heißt: “Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.” (Matthäus 5,9). Stattdessen hört man von den genannten Leuten nur die Forderung nach Waffenlieferungen. Jedes Menschenleben ist kostbar, kostbarer als irgendwelche Landesgrenzen oder das Gefühl, juristisch Recht zu haben. Gerade, weil jeder Krieg ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist und nur Blutvergießen fordert, ist der christliche Auftrag so elementar, die Friedensbotschaft Jesu Christi in die Welt zu tragen und zu leben. Und dies hat Papst Franziskus in seinem Interview gezeigt.
Herr Riegel, Sie schreiben: “Die Worte des Papstes zeigen Wirkung: Sie stärken die Menschen, die das sinnlose Sterben im Stellungskrieg schnell beenden wollen.” Mögen es viele und immer mehr Menschen sein.
Viele Grüße
Eduard Wiesenfeld
24. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
Bitte veröffentlichen Sie diesen Leserbrief. Danke!
Von früher Jugend an, seit ich in der Schule mit dem behelligt wurde, was in Deutschland als Christentum galt, hat mich die Dummheit, Ignoranz und Verlogenheit der meisten hiesigen Christen angewidert und mein Verhältnis zu deren Glauben massiv geprägt.
Mich hat aber immer für den christlichen Glauben positiv eingenommen, dass in den 10 Geboten das Gebot, du sollst nicht töten, an prominenter Stelle steht.
Im Grunde genommen braucht es in einer Religion nicht viel mehr als diesen einen Grundsatz, du sollst nicht töten.
Die in dem Artikel zur Sprache gekommenen Kritiker des Papstes wollen, dass andere gegen diesen Grundsatz verstoßen. Sie wollen, dass Menschen getötet werden. Mehr muss man über diese Leute eigentlich nicht wissen bevor man sich mit Ekel von ihnen abwendet.
Mich interessiert allenfalls eine einzige Information über Kiesewetter, Strack-Zimmerman und die anderen aus deren Riege. Ich würde gerne wissen wie viel verdient man je toten Soldat. Wie viel Geld bekommt man dafür, dass man seine Seele verkauft? Ich nehme an, man redet in christlichen Kreisen noch über Seele, ewiges Leben, Gott. Glaubt irgendjemand wirklich, dass der christliche Gott, sollte es ihn wirklich geben, zulässt, dass sein Wohnzimmer auf alle Zeit von Kiesewetter und Co beschmutzt wird?
Roland Kaschek
25. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten,
einmal mehr hat der “Werte”-Westen seine Maske fallen gelassen. Nun ist ja hinreichend bekannt, als wes Geistes Kind sich der Großteil von Politik, Wirtschaft und Medien in seinem Agieren zeigt, zumal die “werten” Herrschaften ja gar nicht in das unmittelbare Geschehen vor Ort am Kriegsschauplatz involviert sind. Was mich allerdings noch betroffener und wütender macht, ist die Tatsache, daß sich die letztlich nur noch als aufwieglerisch zu bezeichnende Kriegslüsternheit bis in die Mitte unserer Kirchen hinein breit gemacht hat. So widerspricht sich beispielsweise der Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, Nathanael Liminski, selbst, wenn er anläßlich der Amtseinführung des neuen Paderborner Erzbischofs Udo Bentz die Kirche zu mehr Engagement für das Gemeinwohl ermahnt, gleichzeitig aber in einer Nebenbemerkung Unverständnis äußert über die Bemerkung von Papst Franziskus, die Ukraine solle in Verhandlungen mit Rußland eintreten. Dieses Statement geht völlig gegen den Wahlspruch von Erzbischof Bentz, “Gott die Ehre – Friede den Menschen”! Ähnliches gilt für die Äußerung von Anja Siegesmund… Was hat Papst Franziskus denn Schlimmes gesagt? Ist es so verwerflich zu erkennen, wie die Dinge wirklich stehen, konkret: die Aussichtslosigkeit hinsichtlich eines Sieges der Ukraine geschichtsbewußt beim Namen zu nennen, und daraus resultierend für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu werben? Mitnichten, der Pontifex folgt mit seinen Aussagen lediglich der Botschaft, welcher er sich Kraft seines Glaubens und Amtes als Stellvertreter Christi verpflichtet fühlt. So heißt es i14. Kapitel des Johannes-Evangeliums: “Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch”. Also erweist sich Franziskus seiner Titulierung als “Pontifex” in diesem Punkt mehr als würdig, denn diese bedeutet übersetzt nichts anderes als “Brückenbauer”. Und solche braucht unsere Zeit mehr denn je. Daraus folgt, daß die Unterstellung, Franziskus sei ein “scheinheiliger Friedensprediger” nicht nur infam falsch ist, sondern im Gegenteil wiederum einmal Zeugnis gibt von der Scheinheiligkeit unserer Politiker wie so mancher maßgeblicher Kirchenvertreter, welche , unterstützt von den meisten Medien, mit ihren Reaktionen auf die im konkreten Fall prophetisch zu nennenden Worte des Papstes neuerlich der orwellianischen Sprachverdrehung “Krieg ist Frieden” willfährig sind. Wenn sich also Leute wie etwa der CDU-Mann Heuer, ähnlich wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, als Christen schämen für das Versagen der römisch-katholischen Kirche an zentraler Stelle, so disqualifizieren sie sich damit unweigerlich selbst als heuchlerische Hassprediger. Und für solche Mitmenschen schäme i c h mich als katholischer Christ – und zwar in Grund und Boden. Einfach nur noch widerlich, das Ganze!
Herbert Weß
26. Leserbrief
Zitat:
“Die „Argumente“ der Gegner von Waffenstillstand und Verhandlungen im Ukrainekrieg sind vorerst nur Behauptungen.”
Wieso wird das nicht als Verschwörungstheorie bezeichnet.Medien und Regierung benutzen diese Vokabel ständig. Aber von kritischer Seite wird immer sehr vorsichtig argumentiert.: Beispiele die mir einfallen. Man muß immer wieder betonen,das das ein Angriffskrieg ist. Gazakrieg : Angriff der Hamas……
In den Mainstreammedien werden Zusammenhänge,Ursachen oder zeitlicher Ablauf eines Konflikts so gewählt,das die gegnerische Partei/Regierung als Schuldige oder Verursacher dastehen. Ich denke es ist an der Zeit möglichst Klartext zu sprechen.
Hier noch ein Spruch von Jesus an Pontius Pilatus aus dem Nikodemusevangelium: “Du siehst doch,wie die,welche die Wahrheit sagen,von denen verurteilt werden,die die Macht auf der Erde haben.”
Mit freundlichen Grüßen
J-PKruchen
27. Leserbrief
Ich bin alt genug, um die Kuba-Krise mit erlebt zu haben. Damals versuchten die Russen sich sozusagen im Vorgarten der USA militärisch einzurichten, worauf die USA äußerst dünnhäutig reagierten. Immerhin betrachten sie die gesamte Karibik als ihr Einflussgebiet, in dem keine unfreundliche Macht etwas zu suchen hat. Ich stand damals auf Seiten der USA, deren Besorgnis ich gut verstehen konnte. Heute stehe ich aus den gleichen Beweggründen auf der Seite Russlands. Warum müssen die sich eigentlich bieten lassen, was den Amis nicht zuzumuten ist? Und warum sind die Angriffskriege der USA so sehr viel besser als die der Russen?
Aber diese Meinung wage ich schon kaum noch laut zu sagen, sonst befinde ich mich in der gleichen Situation wie jemand, der im Dritten Reich offen sagte, seiner Ansicht nach wären die Juden doch gar nicht so schlimm. Der musste damit rechnen, fortan gemieden zu werden, denn niemand wollte die „Kontaktschuld“ auf sich nehmen. Ob wir jemals lernen, dass es zu einfach ist, die politische Welt in „die Guten“ und „die Bösen“ aufteilen zu wollen?
H. Wegener
28. Leserbrief
Sehr geehrtes Team der NDS,
Greift der Kriegswahn weiter um sich? Keine nüchterne Stimme in der BRD? Und: Putin würde “weitermachen”? Da frage ich mich: Was will Her Putin mit diesem maroden Europa, mit einer abstürzenden BRD? Glaubt jemand ernstlich, das wäre eine “lohnende Beute”. Wer würde so dumm sein, das zu wollen. Gandhi: Eine der sieben Todsünden ist “Wissen ohne Moral”.
Mit freundlichem Gruß,
H. Polster
29. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
das sind seltsame Zeiten.
Der Papst wird angefeindet, weil er predigt, lieber zu verhandeln statt noch mehr Opfer in Kauf zu nehmen. Wenn man Etwas vom Papst erwarten kann, dann ja wohl genau das.
Die Reaktionen dieser Kriegstreiber zeugen damit von ausgeprägter Unreife. Diese Leute sind im Grunde unfähig, ihre politischen Mandate adäquat zu bekleiden.
Sie können sich anscheinend nicht einmal in die Position des Papstes hineinversetzen und/oder seine Verlautbarungen einfach nur (gleichmütig?) zur Kenntnis nehmen, ohne das eigene Geltungsbedürfnis hinauszuposaunen. Und einige nennen sich dabei auch noch Christen und beanspruchen die eigene Sicht der Dinge offenbar als maßgebend für die gesamte Christenheit, da sie sogar das (angeblich) eigene religiöse Oberhaupt als Instanz zur Kalibrierung des eigenen moralischen Kompasses diskreditieren.
Es ist notwendig, solche Politiker abzuwählen.
Mit freundlichen Grüßen
Pierre Lutomski
30. Leserbrief
Lieber Herr Riegel,
der arme Papst! Hat er sich spät aus seinem Vatikanischen Gartenparadies getraut und als geistliches Oberhaupt ziemlich vieler Menschen auf dieser Erde wider dem Krieg in der Ukraine gepredigt und zu Friedensverhandlungen aufgerufen, muss er sich für diese moralische Wahrheit nun von Schafen seiner Herde dafür als Ketzer brandmarken lassen! Pfui Deibel! Aber so sind sie, die christlichen (katholischen) Kriegshetzer vom Schlage einer Strack-Zimmermann: Heute den “Feind” am liebsten brennen sehen (auch wenn es der eigene Oberhirte ist), morgen zur Beichte gehen, um die besudelte Weste wieder reinwaschen zu lassen und übermorgen so weitermachen wie vorgestern. Business as usual eben. Gottlose Verblendung, da hilft nur beten: Lieber Gott, ich wünsche dem amtierenden Stellvertreter Deines Sohnes auf Erden noch ein langes Leben im Diesseits. Beschütze ihn mit den Himmlischen Herrscharen, auf dass ihm das Schicksal der Offen-“Barung” früherer Vorgänger erspart bleibt! Und vergebe seinen Widersachern A.D. 2024 nicht, denn sie wissen genau, was sie tun! Amen!
Ja, die Kriegshetzer heute wissen genau, was sie tun! Sie wissen auch, dass der russische Präsident nicht “über Europa herfallen wird”, um seinen “Imperialismus” fortzusetzen (Wolfgang Thierse). Was sollte er hier wollen? Sich einen durch und durch maroden Klotz ans Bein binden? Und den dann mit russischem Rubel alimentieren, während die US-Marionetten ihn feindlich anglotzend ans Bein pinkeln? Das hat V. Putin als Präsident des größten Landes der Erde nun wirklich nicht nötig. Imperialistisches Treten und Zertreten ist das Erfolgsmodell des US-Werte-Westens. Und dieses Erfolgsmodell muss am Laufen gehalten werden, koste es, was es wolle! Auch das wissen die westlichen Kriegstreiber. Und V.Putin sowieso.
Im Sinne von Papst Franziskus friedliche Grüße an Sie und meine Nachbarn im Osten,
Claudia L.
31. Leserbrief
Hallo Tobias Riegel,
hallo Autoren der NachDenkSeiten,
wieso schämt man sich als katholischer Christ, wenn sich der Vertreter Gottes auf Erden ein Kriegsende und Friedensverhandlungen wünscht. Die Bedeutung Christ bekommt einen ganz anderen/neuen Hintergrund.
Die Katholikin und Kriegspolitikerin Strack-Zimmermann schafft es sogar, den Papst und Satan mal locker in einen Satz zu packen (ob es da einen Zusammenhang gibt?).
Nach Aussage von Strack-Zimmermann gibt es ausschließlich brutale russische Täter und ausschließlich ukrainische Opfer. Die Russen sind also grundsätzlich brutal. Und die Ukrainer werfen mit Wattebäuschchen?!? Übrigens: Einige der Wattebäuschchen-Werfer sind begeisterte Anhänger des Nationalsozialismus, pflegen diesen und stellen diese Ideologie unter anderem mit Symbolik zur Schau. Strack-Zimmermann scheint das nicht zu wissen. Man sollte sie darüber informieren.
Strack-Zimmermann schämt sich als Katholikin, weil sich das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche für Frieden einsetzt. Kritik zu üben, ist ihr gutes Recht. Dem Heiligen Vater abzusprechen, seine Meinung zu äußern und ihn zurechtzuweisen, ist schon beleidigend.
Der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz hat im August 2023 Pazifisten und Kriegsgegner beschuldigt, sie seien gefallene Engel, die aus der Hölle kommen, weil sie letztendlich einem Kriegstreiber das Wort reden.
Vielleicht ist auch Strack-Zimmermann ein gefallener Engel, der aus der Hölle kommt? Und zwar, weil sie selbst eine Kriegstreiberin ist. Eine Antwort könnten eventuell gläubige Christen liefern.
Sie selbst hat sich erfreulicherweise nur als Katholikin bezeichnet. Einen christlichen Hintergrund hat sie nicht erwähnt.
Strack-Zimmermann und Scholz haben eine außerordentliche bizarre Vorstellung von Religiosität oder des Katholizismus oder des Christentums.
Opfer und Täter: Die im Krieg eingesetzten Soldatinnen und Soldaten sind Opfer, Russen wie Ukrainer. Auch die durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogene Zivilbevölkerung ist Opfer. Die Täter (Kriegspolitiker und Kriegspolitikerinnen) und Kriegsgewinnler (Waffen- und Munitionshersteller/innen) sitzen ungefährdet weit weg in Sicherheit und bestreiten ihren luxuriösen Lebenswandel mit der Herstellung und des Handels mit Materialien (Waffen) zu Kriegszwecken, die unzählige Opfer hervorbringen. Sie sind also wissentlich mitverantwortlich für jedes Opfer.
ICH HISSE DIE WEISSE FAHNE
Vielen Dank an Tobias Riegel und die Betreiber der NachDenkSeiten!
Gruß
Holger Wixfort
32. Leserbrief
Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Riegel,
es ist aus meiner Sicht bemerkenswert, dass die heftigste Kritik am Papst ausgerechnet von Politikern kommt, die selbst Mitglied der Katholischen bzw. der Evangelischen Kirche sind. Was will uns das sagen?
Könnte man daraus schließen, dass die pazifistische Lehre Jesu in der Katholischen und Evangelischen Kirche keine Rolle mehr spielt bzw. nie gespielt hat?
Dass Jesus tatsächlich Pazifist und seine Lehre tatsächlich pazifistisch war, wird u.a. durch die Tatsache belegt, dass die Christen in den ersten drei Jahrhunderten nach Jesus streng pazifistisch gelebt haben. Der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner schreibt dazu:
»Im Neuen Testament sollen die Christen nur “den Schild des Glaubens” ergreifen, “den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes”. Und in Übereinstimmung mit den neutestamentlichen Tötungsverboten wird im Christentum der ersten drei Jahrhunderte nirgends der Kriegsdienst erlaubt!
Justin, Tatian, Athenagoras, Tertullian, Origenes, Cyprian, Arnobius, Laktanz, wie unterschiedlich auch immer menschlich und theologisch, ob sie “Ketzer” geworden, “verketzert” worden, “rechtgläubig” geblieben sind, sie alle ermüden nicht, der Welt Gewaltlosigkeit zu verkünden. Sie alle versichern, wie Athenagoras, daß Christen “ihre Feinde nicht hassen, sondern sogar lieben … sie sogar segnen und für die, welche ihnen nach dem Leben streben, sogar beten”, daß sie “geschlagen nicht wieder schlagen, ausgeraubt nicht prozessieren”. “Wir dürfen so nicht Widerstand leisten”, kommentiert der hl. Justin die Bergpredigt.
Der Kaiser könne kein Christ, ein Christ niemals Kaiser sein. Scharf konfrontiert Tertullian Christenpflicht und Kriegsdienst, göttlichen und menschlichen Fahneneid, “das Feldzeichen Christi und das Feldzeichen des Teufels, das Lager des Lichts und das Lager der Finsternis”. Er nennt sie “unverträglich” und erklärt jede Uniform “bei uns verboten, weil sie das Abzeichen eines unerlaubten Berufs ist”. “Wie kann man Krieg führen, ja selbst im Frieden Soldat sein ohne das Schwert, das der Herr fortnahm?” Er nämlich habe “Petrus entwaffnet und damit jedem Soldaten das Schwert genommen”.« [1]
»Athenagoras berichtet, daß die Christen “es nicht einmal über sich bringen, bei einer gerechten Tötung zuzusehen”. Mache es doch nach ihrer Auffassung “keinen großen Unterschied, ob man bei einer Tötung zuschaut oder sie selbst vollzieht, und deshalb haben wir den Anblick solcher Szenen verboten. Wie sollten also wir, die nicht einmal zusehen, damit uns nicht Blutschuld und Frevel beflecke, jemand töten können?”« [2]
Die ersten Christen lebten tatsächlich streng pazifistisch und waren sich trotz unterschiedlicher Glaubensauffassungen in anderen Dingen darin einig. Sage und schreibe drei Jahrhunderte dauerte das pazifistische Urchristentum an, bis sich mit Kaiser Konstantin alles änderte. Der Legende nach hatte Konstantin einen Traum, in dem angeblich Christus zu ihm sprach: “In diesem Zeichen wirst du siegen.” Daraufhin habe Konstantin befohlen, das sogenannte Labarum als Feldzeichen zu verwenden, worauf er aus der Schlacht bei der Milvischen Brücke gegen seinen Rivalen Maxentius im Jahr 312 als Sieger hervorging.
Ist das glaubhaft – Christus als Kriegsgott? Und wem eigentlich soll hier der Friedefürst zu einem militärischen Sieg verholfen haben? Konstantin war ein brutaler Machtpolitiker, der seine Feinde in der Arena den Tieren zum Fraß vorwarf und auch vor Verwandtenmord nicht zurückschreckte.
Karlheinz Deschner schreibt dazu:
»Aber: “Nichts ist so schnell in Vergessenheit geraten”, klagt Katholik Kühner, “wie die ersten drei Jahrhunderte.” Noch im frühen 4. Jahrhundert zwar versagt die Synode von Elvira jedem Gläubigen, der auch nur durch Anzeige (rechtmäßig oder nicht!) zu einer Hinrichtung oder Ächtung beitrug, zeitlebens, selbst in der Todesstunde, die Kommunion. Dann aber erlassen 313 Konstantin und Licinius ihr Toleranzedikt, wird das Christentum aus einer unerlaubten Religion eine erlaubte (um nun bald alle andren erlaubten unerlaubt zu machen). Und über Nacht vollzieht sich die wunderbare Metamorphose dieser Pazifisten in Feldpfaffen!
Taten sie vordem alles, um den Kriegsdienst der ihren zu unterbinden, wurde mancher deshalb sogar Märtyrer, erschien ihnen Töten plötzlich notwendig. Kaum vom Staat anerkannt [und privilegiert!], beschließt 314 die Synode von Arelate (Arles), “mit dem Heiligen Geist und seinen Engeln im Verein”, die Exkommunikation desertierender Christen. Wer die Waffen wegwarf, wurde ausgeschlossen. Vordem schloß man aus, wer sie nicht wegwarf. […]
Die Namen der Soldatenmärtyrer flogen jetzt schleunigst aus den kirchlichen Kalendern; Soldatengötter, Christus selber, Maria, diverse Heilige, kamen hinein und übernahmen genau die Funktion der heidnischen Kriegsidole. Der Soldateneid hieß: sacramentum!«
Bei der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian sollen die Christen, die den Kriegsdienst verweigert haben, das Gros der Märtyrer ausgemacht haben. [3]
Wenn heute im Religionsunterricht den Kindern erklärt wird, was ein Märtyrer ist, wird ihnen erzählt, das waren Christen, die sich geweigert haben, heidnische Götter anzubeten. Was glauben Sie, warum die Soldatenmärtyrer heute nicht mehr so verehrt werden?
Quellen:
[1] Karlheinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Band 1 (Die Früzeit), Rowohlt Taschenbuch Verlag, Februar 1996, Seite 249
[2] wie [1], Seite 251
[3] wie [1], Seite 252
Nachdem die Christen in den ersten drei Jahrhunderten den Kriegsdienst konsequent verweigert hatten, ist es seit der Entstehung der katholischen Kirche unter Kaiser Konstantin zu einer der Hauptaufgaben der jetzt quasi schon staatskirchlichen Theologen geworden, die Kriege der Obrigkeit zu legitimieren. Und so hat der bis heute hochverehrte “heilige” Augustinus die Lehre vom “gerechten Krieg” erfunden.
“Glaube nicht, dass jemand, der mit den Waffen Kriegsdienst verrichten will, Gott nicht gefallen könnte”, belehrt uns Augustinus oder auch in unüberbietbarem Zynismus: “Was hat man denn gegen den Krieg? Etwa dass Menschen, die doch einmal sterben müssen, dabei umkommen?”
Einen friedvollen, barmherzigen Gott der Liebe konnten die römischen Kaiser nicht gebrauchen. Konstantin benötigte zuallererst einen Kriegsgott – so wie später auch der Frankenkönig Chlodwig, als er sich zum katholischen Glauben bekehrte. Die Theologen der Kirchen haben der jeweiligen Obrigkeit immer den passenden Gott bzw. die passenden Rechtfertigungsmöglichkeiten geliefert.
Diese zur Lehre Jesu in krassem Widerspruch stehende Rechtfertigungslehre des Krieges war es, die unsere Geschichte bis heute geprägt hat, und nicht das Christentum wie es Jesus lehrte.
Martin Luther, der als Augustiner-Mönch die Lehren Augustinus verinnerlicht hatte, knüpfte an diese an, als er 1526 in einer Schrift “Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können” u.a. folgendes postulierte:
“Diesem allgemeinen Unfrieden auf der ganzen Welt, der keinen Menschenverschont, muss der kleine Unfriede, der Krieg oder Schwert heißt, wehren. Darum ehrt auch Gott das Schwert mit so hohen Worten, dass er es seine eigene Ordnung nennt (Römer 13, 1) und nicht will, dass man sage oder denke, die Menschen hatten [hätten] es erfunden und eingesetzt. Denn die Hand, die das Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg. Das alles sind seine Werke und sein Gericht.”
Wie in den meisten Fällen begründet Luther auch hier seine Lehre mit Paulus, weil sich bei Jesus keine Rechtfertigung des Kriegshandwerks finden lässt. Trotzdem lügt man dem Kirchenvolk bis heute dreist ins Gesicht: Solus Christus!
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Böhm
33. Leserbrief
Vielen Dank für diesen Artikel.
Die katholische Kirche, insbesondere deren Vertreter, haben sich in der Vergangenheit in moralischen Fragen und hinsichtlich der Orientierung am Evangelium, sprich der Nachfolge Christi, nicht immer mit Ruhm bekleckert. Im Gegenteil: Von den Kreuzzügen über die Hexenverfolgungen, die Waffensegnungen und die Mißbrauchsfälle in letzter Zeit durch katholische Priester, die noch durch ihre Bischöfe „geschützt“ wurden, erstreckt sich eine erschreckende Folge unchristlicher Verfehlungen von den Anfängen des Christentums bis heute.
Wenn der Papst nun aber in diesen säkularisierten Zeiten, in denen vor allem von westlicher Seite mit unterstellten moralischen Ansprüchen ein Krieg geführt wird, bei dem es wesentlich um die Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO bzw. alternativ um deren Neutralität geht, Partei für den Frieden und für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen ergreift, bevor die Ukraine den Krieg gewonnen hat, was ja grundsätzlich gar nicht möglich sein kann, wenn Russland eine Bedrohung für die NATO darstellen würde, sind alle Kriegstreiber und Propagandisten für die NATO-Osterweiterung um die Ukraine auf dem Plan und verurteilen lautstark die päpstliche Friedensmission in der Sache.
Dabei vertritt der Papst in der Sache, was ja auch seine eigentliche Aufgabe ist, doch eine genuin christliche Position, die wesentlich in der Nächstenliebe (liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst), die im wesentlichen auch die Grundlage unserer moralischen Orientierungen in der westlichen Welt sein sollte.
Dass der Papst um Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit bemüht ist und gegen das Gemetzel, das ja in unseren Medien im wesentlichen totgeschwiegen wird, weil es sicher nicht mehrheitsfähig wäre und mit der eigenen moralischen Attitüde unerwünscht kontrastieren würde, und deshalb Partei ergreift für den Frieden und die Mitmenschlichkeit und gegen die unseeligen politischen nationalstaatlichen Perspektiven und Fantasien, die nationale Zugehörigkeit zu geostrategischen Blöcken höher bewerten als Millionen von Menschenleben und vieler zusätzlicher gräßlicher körperlich und seelisch verstümmelter und verwundeter Menschen, sollte uns nachdenklich und versöhnlich stimmen.
Diejenigen, die gegen die Vorschläge des Papstes wettern, und die diesen Krieg solange auf Kosten der Menschen in der Ukraine und in der ganzen Welt, und das beinhaltet auch einen Wohlstandverlust in Deutschland, fortführen wollen, bis Russland besiegt ist und die Ukraine in ihren ursprünglichen (?) Grenzen der NATO beigetreten ist, haben in diesem Krieg mitnichten die moralischen Argumente auf ihrer Seite. Was auch immer sie bewegen mag, wirkliche Mitmenschlichkeit und Moral sind es nicht.
Man kann ja vielleicht der Meinung sein, es gäbe wichtigeres als Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit jetzt in der Welt, also z.B. geostrategische Perspektiven, die die ungefährdete Herrschaft des Westens (der USA) über die ganze Welt als wünschbar erscheinen lassen, wozu dann die Werte der Aufklärung inklusive eines ungebändigten Kapitalismus, notfalls mit Krieg und Gewalt gegen Andersdenkende weltweit durchgesetzt werden müssten. Man sollte dabei dann aber auch an die Dialektik der Aufklärung denken und vielleicht auch an den Ewigen Frieden, wie immer man sich den dabei vorstellen mag, die in dem Kontext eine Rolle spielen könnten.
Die Geschichte des Christentums zeigt sehr gut, dass im Namen oder doch zumindest trotz der vertretenen christlichen Werte (des moralisch Guten) große Gräueltaten geschehen sind. In der jetzigen Situation scheint der Papst als oberster Vertreter der katholischen Kirche aber tatsächlich auf der Seite der christlichen Lehre zu stehen und sich im Sinne der Mitmenschlichkeit gegen den falschen moralischen Schein zu wenden. Dieser Krieg des Westens für das Gute (Demokratie, Freiheit Souveränität der Ukraine) gegen das Böse (Putin, Russland) hat viele Ähnlichkeiten mit den Kreuzzügen, in denen das heilige Land von den Ungläubigen befreit werden sollte und wirft ein Licht auf die unseelige Zeiten des europäischen Kolonialismus, der neben der Ausbeutung auch die westlichen Werte in die ganze Welt bringen wollte und diese Werte waren es wesentlich, die den Kolonialismus legitimiert haben. Diese historische Parallele zur jetzigen Situation kann uns aber nicht davor bewahren, die Wertefrage heute neu zu stellen und den Krieg mit seinem unsäglichen Leid davor zu beurteilen.
Fritz Gerhard
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]]>Laut dpa wird der allseits als „renommiert“ bezeichnete Grimme-Preis in vier Kategorien vergeben, zusätzlich gebe es drei Sonderpreise. Insgesamt werden 17 Produktionen und Leistungen ausgezeichnet – 64 seien nominiert gewesen. Die Auszeichnung wird seit 1964 jährlich verliehen. Die Privatsender gehen dieses Jahr leer aus, das habe es in den vergangenen 20 Jahren nur 2011 und 2015 gegeben. Die Preisverleihung findet am 26. April in Marl statt. Ausgezeichnet werden sollen Fernsehsendungen und -leistungen, „die für die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind“, wie es heißt.
„Satiriker“, die nach unten treten
Infos der Initiatoren des Preises und zur Begründung der Auszeichnung für Bosetti finden sich hier. Dort heißt es etwa, die Autorin und „Satirikerin“ beweise nun auch vor Publikum, „wie gut sie ihr Handwerk versteht“. Erklärtes Ziel der Bosetti-Show sei es, „nicht nur selbst über Gendern, Cancel Culture, Klima und Wärmepumpen zu sprechen, sondern darüber, wie in Politik und Gesellschaft über diese Themen gesprochen wird“. Die Themen Kriegstreiberei, Hetze gegen Kritiker der Corona-Politik und die daraus voraussehbar entstehenden gesellschaftlichen Spaltungen fehlen leider in dieser Aufzählung – denn bei diesen Themen hätte man auch Bosetti selber als problematischen Akteur in der gesellschaftlichen Debatte erwähnen können.
Gekonnt nehme „Bosetti aktuelle Themen der Gesellschaft auseinander“, vor allem „in ihren satirischen Monologen“, die sie schon in den vergangenen Jahren „perfektioniert“ habe, so die Grimme-Beschreibung. Auf zwei Aspekte soll an dieser Stelle eingegangen werden. Zum einen stellt Bosettis Programm meiner Meinung nach teilweise keine „Satire“ dar. Dazu habe ich kürzlich im Artikel Jämmerliches „Kabarett“: TV-Satiriker schützen die Kriegspolitik geschrieben:
„Einige der von Bürgergebühren bezahlten TV-‚Satiriker‘ haben die eigene Berufsbezeichnung nicht verstanden: Satire sollte sich eigentlich vornehmlich gegen Fehltritte von mächtigen Akteuren richten, nur dann ‚darf sie alles‘. Wer aber gemeinsam mit Regierung und großen Medien gegen die im Meinungskampf bereits schwer benachteiligte Friedensbewegung nachtritt, der macht Propaganda, keine Satire.“
Zum anderen soll hier noch einmal ein geradezu berüchtigtes Beispiel für die von der Grimme-Jury erwähnten „perfektionierten“ Bosetti-Monologe in Erinnerung gerufen werden: Die Verharmlosung gesellschaftlicher Gräben und die Diffamierung von Andersdenkenden als (für die Gesamtgesellschaft nicht zwingend überlebensnotwendigen) „Blinddarm“ durch Bosetti in der ZDF-Sendung „Bosetti will reden“:
„Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essenziell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“
Grimme-Preis gegen die Versöhnung
Der Fairness halber soll hier betont werden, dass sich der Grimme-Preis aber auf das aktuelle Bosetti-Programm bezieht. Und: Wie lange muss man für einen öffentlichen Fehltritt „büßen“? Ich finde, man darf sich als Medienakteur auch mal total im Ton vergreifen – wenn das nicht gestattet ist, würde sich eine ungesunde Vorsicht ausbreiten. Es kommt aber sehr darauf an, wie man hinterher mit einem solchen Fehltritt umgeht. Und da man die sogenannte „Entschuldigung“ Bosettis für ihre „Blinddarm“-Hetze nur als eine weitere Provokation bezeichnen kann, ist es angemessen, wenn sich die „Satirikerin“ noch lange (bis zu einer echten Distanzierung) für das Blinddarm-Video wird rechtfertigen müssen.
Ich könnte mir vorstellen, dass viele Bürger den Grimme-Preis für Bosetti als Provokation empfinden. Die Auszeichnung dient nicht der Versöhnung oder Aufarbeitung, sondern sie bewirkt das Gegenteil: Bosetti ist für viele Menschen ein prominentes Symbol, weil sie sich nicht nur vollumfänglich an das offizielle Corona-Narrativ angebiedert hat, sondern zusätzlich hart gegen Bürger ausgeteilt hat, die anderer Meinung waren als sie – und das aus einer komfortablen, von Bürgergebühren finanzierten und von Mainstreammedien beschützten Position heraus, die keinen Mut verlangt. Dieses Verhalten Bosettis hat sich etwa bei der Debatte um die Friedensdemo von Wagenknecht und Schwarzer wiederholt.
Das ist auch eine Art, die Corona-Politik und die begleitende Hetze gegen Andersdenkende rückwirkend weiß zu waschen: Indem ein heilender Dialog nicht begonnen wird und gleichzeitig einige der härtesten Meinungsmacher (wie Bosetti oder Karl Lauterbach) mit Grimme-Preisen bzw. Beförderungen ins Ministeramt belohnt werden. Das kann indirekt signalisieren: Wenn sogar diese Leute jetzt noch in Amt und Würden sind und sogar Beförderungen und Preise erhalten, dann kann ihr Handeln und damit die ganze Corona-Politik ja so schlimm nicht gewesen sein. Aufreizend kommt zu dieser großzügigen Absolution für Meinungsmacher und andere Beteiligte hinzu, dass gleichzeitig immer noch Kritiker der Corona-Politik juristisch verfolgt und/oder medial diffamiert werden.
„Lob der Spaltung“ von der Kanzel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herab
Dieser Text ist übrigens keine Forderung nach Cancel-Culture – Bosettis Beiträge müssen ausgehalten werden und dürfen (wenn sie nicht von einem ordentlichen Gericht als beleidigend, verhetzend etc. klassifiziert werden) ebensowenig zensiert werden, wie das eigentlich auch bei Regierungskritikern der Fall sein sollte. Aber Aushalten einerseits und Auszeichnung mit einem „renommierten“ Medienpreis sind zwei Dinge.
Außerdem ist die von Bosetti vertretene Weltsicht (etwa zu Corona und Ukraine) extrem dominant im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Meine Kritik entzündet sich eher an dieser Dominanz in der Programmgestaltung als an den Inhalten Bosettis: Würde den Kritikern ebensoviel Raum in den großen Medien eingeräumt werden wie den schrillen Verteidigern von Lockdowns, Spaltung und Aufrüstung, wäre dieser Artikel hier überflüssig: Denn dann könnten die verschiedenen Sichtweisen in einen fairen Meinungskampf eintreten und sich messen. Da diese Fairness im Meinungskampf nicht gegeben ist, bedeutet es auch momentan keinen „Mut“, provokant auf Regierungskritiker einzuprügeln.
Die Auszeichung für Bosetti ist zusätzlich besonders absurd in einer Zeit, in der tagein tagaus „Hass und Hetze“ beklagt wird: Ich finde einige Äußerungen Bosettis in ihrer tabu-brechenden und verrohenden Wirkung viel weitreichender als problematische Online-Kommentare von Bürgern. Denn Bosetti hat ihr angeblich satirisches Lob der gesellschaftlichen Spaltung von der Kanzel des stets als vorbildlich dargestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunks herab gepredigt.
Titelbild: Screenshot/„Bosetti will reden“
Jämmerliches „Kabarett“: TV-Satiriker schützen die Kriegspolitik
Kulturszene und Correctiv „gegen Rechts“: Die Schönwetter-Demokraten wachen kurz auf
Wer solche Künstler hat, braucht keine Mitläufer mehr
„Soweit man einen Kopf halt schütteln kann, der bis zum Hals im Arsch der Amerikaner steckt“
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Früher war nicht alles besser, aber zumindest im Fußball gab es noch Traditionen. Die deutsche Fußballmannschaft spielte in Weiß und wenn sie auswärts mal auf einen Gastgeber mit hellen Trikots traf, trugen die Spieler zur besseren Unterscheidung ein grünes Leibchen. Those were the days, my friend. We thought they’d never end. Doch mit dem Einzug des Kommerzwahns endete diese Tradition. Zwar wagte sich der DFB nicht an die weißen Heimtrikots, die als Markenzeichen auch heute noch sakrosankt sind, aber beim Auswärtstrikot zeigte man sich nun experimentierfreudig. 2004 lief man in lebensfrohem Schwarz auf, 2008 wich das Schwarz einem völlig DFB-untypischen Rot, 2012 kehrte das gute alte Grün zurück, nur um 2021 abermals gegen ein zur Performance passendes Schwarz eingetauscht zu werden. Und nun, bei der Heim-EM 2024, gibt es den kompletten Bruch mit dem traditionellen Farbschema – Rosa-Pink-Lila soll nun die Farbe sein, mit der Julian Nagelsmanns Jungs in das Turnier gehen.
Rosa? Pink? Lila? Mir persönlich ist nur der amerikanische Retortenclub Inter Miami bekannt, der in dieser Farbkombination aufläuft. Und das hat natürlich nicht nur ästhetische, sondern auch traditionelle Gründe. Pink ist ja vom Klischee her eher eine weibliche Farbe; und das sehen neben alten weißen Männern ja offenbar auch LGBTQ-Aktivisten so, die sich gerne in pink kleiden. Völlig klar – das rosa Leibchen ist eine politische Entscheidung, die gewollt mit alten Traditionen und männlichen Stereotypen brechen soll. Wer identitätspolitisch unterwegs ist, mag das nun mutig finden. Ich finde es einfach nur dumm. Und das ganz sicher nicht, weil ich homophob oder ewiggestrig bin; sondern weil ich der festen Überzeugung bin, dass Sport möglichst frei von politischer Einflussnahme sein sollte und die Menschen nicht trennen, sondern zusammenbringen sollte.
Das rosa Leibchen soll aber gar nicht die Menschen zusammenbringen. Es soll ein Zeichen setzen und nicht vereinen, sondern trennen. Die Nationalmannschaft soll also mal wieder als Botschafter eines woken Lebensgefühls missbraucht werden. Vereinzelte Linksliberale werden jubeln, Rechte und Konservative werden vor Wut im Karree springen und der Großteil der Bevölkerung, dem dieser Kulturkampf herzlich schnuppe ist, wird wohl einfach nur verständnislos den Kopf schütteln und sich mehr und mehr vom Fußball abwenden. Der angestrebte progressive Impact bleibt ohnehin aus. Oder glaubt irgendein DFB-Funktionär ernsthaft, dass der homophobe Nazi aus Dortmund oder Zwickau nun sich selbst und seinen Hass hinterfragt, weil „seine“ Mannschaft in pink aufläuft? Sicher nicht. Aber es geht hier ja auch nicht um Randgruppen, sondern um Image und Marketing. Der DFB will nicht mehr als Verband piefiger alter weißer Männer wahrgenommen werden und sich seinen Werbepartnern möglichst modern und weltoffen präsentieren. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, aber mit der Holzhammermethode wird das ganz sicher nichts.
Passend zur Vorstellung des neuen Trikots hat Ausrüster Adidas zusammen mit dem DFB auch gleich das passende Imagevideo gelauncht … interessant ist, dass man sich hier auf das traditionelle weiße Heimtrikot beschränkt hat. Offenbar will man beim DFB und bei Adidas den absehbaren kommerziellen Flop in Grenzen halten. Im Video geht es dann auch nicht wirklich um Fußball, sondern um die fast schon philosophische Frage „Was ist typisch deutsch“?
Auch hier soll mittels Selbstironie mit alten Klischees gebrochen und Deutschland irgendwie hip, multikulturell und modern geframt werden. Albern. Dass der Döner heute „deutscher“ als Eisbein mit Sauerkraut ist, wissen wir selbst. Das müssen Adidas und der DFB uns nicht in einem Imagevideo sagen. Wer sich selbst in einem Imagevideo als hip und modern darstellen will, ist weder hip noch modern. Dass das moderne Deutschland wenig mit alten Klischees zu tun hat, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Wenn etwas typisch deutsch ist, dann ist es wohl eher die Unfähigkeit zu Ironie und Coolness. Uns fehlt halt das Leichte. Sowohl das rosa Leibchen als auch das peinliche Imagevideo stehen mehr in der Tradition der Pickelhauben und röhrenden Hirsche, als es den verantwortlichen Marketingstrategen lieb sein kann.
Entweder man ist weltoffen und modern oder man stellt sich selbst permanent als weltoffen und modern dar. Beides gleichzeitig macht keinen Sinn. Und dass ausgerechnet die sportlich desolate Nationalmannschaft sich in Selbstironie versucht, lädt ebenfalls zum Fremdschämen ein. „Grau is’ im Leben alle Theorie – aber entscheidend is’ auf’m Platz“, wusste schon Fußballlegende Alfred Preißler.
Aber zurück zur EM. Ein Gutes hat das rosa Leibchen ja. Wir werden es aller Voraussicht nach bei der EM niemals zu Gesicht zu bekommen. Bekanntlich trifft die deutsche Mannschaft in der Vorrunde auf Schottland (blau), Ungarn (rot) und die Schweiz (rot) und wird in allen Spielen ohnehin mit dem weißen Heimtrikot auflaufen dürfen. Und dass das deutsche Team die Vorrunde nicht übersteht, ist ja eine jüngere Tradition, an die sich die DFB-Kicker sicher auch diesmal halten werden. „Viel Lärm um nichts“ könnte man also sagen. Dies wird aber sicher nicht der letzte Grund zum Fremdschämen über das DFB-Team und das Marketing der kommenden EM sein.
Wer will, kann das rosa Leibchen übrigens ab jetzt zum Spottpreis von 160 Euro beim DFB käuflich erwerben. Als Outfit, um „gekonnt“ selbstironisch gegen die AfD zu demonstrieren, taugt es sicher. Aber wer kauft sowas sonst? Man kann für den DFB und Adidas nur hoffen, dass sie nicht zu viele Trikots vorproduziert haben. Früher hätte man das Trikot wohl nach dem Ausscheiden in der Vorrunde als kostenlose Dreingabe beim Kauf einer Kiste Bier der DFB-Sponsoren Bitburger und Krombacher dazugegeben. Das geht nun nicht mehr, da der DFB noch nicht einmal deutschen Brauern mehr als Werbepartner attraktiv genug ist.
Titelbild: DFB
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