Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Unruhen in Großbritannien; Finanzmanager untergraben die Demokratie; Die Mär vom Gesundsparen; Absturz der Aktienmärkte – Tod auf Raten; Schuldenkrise; DIW kritisiert unzureichende Bankenregulierung; IAQ: Arbeitszeitentwicklung in Europa; Tarifgefüge kaputt; Zuwanderer aus Südeuropa – Auf ins Wirtschaftswunderland!; Die Privatisierung der Öffentlichkeit; Keine Stromlücke in Sicht; Rüstungslobbyismus – Brüsseler Waffenbrüder rücken zusammen; Kein Mitleid mehr; Revolution der Reichen; Donald Rumsfeld wegen Folter angeklagt; Taliban nehmen Elite ins Visier; Niebel stoppt Gelder für Medizinfonds; Dobrindt nervt (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Unruhen in Großbritannien
  2. Finanzmanager untergraben die Demokratie
  3. Die Mär vom Gesundsparen
  4. Absturz der Aktienmärkte – Tod auf Raten
  5. Schuldenkrise
  6. DIW kritisiert unzureichende Bankenregulierung
  7. IAQ: Arbeitszeitentwicklung in Europa
  8. Tarifgefüge kaputt
  9. Zuwanderer aus Südeuropa – Auf ins Wirtschaftswunderland!
  10. Die Privatisierung der Öffentlichkeit
  11. Keine Stromlücke in Sicht
  12. Rüstungslobbyismus – Brüsseler Waffenbrüder rücken zusammen
  13. Kein Mitleid mehr
  14. Revolution der Reichen
  15. Donald Rumsfeld wegen Folter angeklagt
  16. Taliban nehmen Elite ins Visier
  17. Niebel stoppt Gelder für Medizinfonds
  18. Dobrindt nervt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Unruhen in Großbritannien
    1. Der Aufstand der Verlierer
      In Großbritannien randalieren die sozial Schwachen gegen eine radikale Sparpolitik. In keinem Land der EU klafft die Lücke zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Seit Jahrzehnten wurde das von der Politik ignoriert.
      Quelle: FAZ
    2. Glücksfall Gerechtigkeit
      Diejenigen, die Plünderungen und Straßenschlachten in der britischen Hauptstadt verurteilen, täten gut daran, sich den Kontext der Ausschreitungen zu vergegenwärtigen
      Quelle: Der Freitag
    3. Riots reveal London’s two disparate worlds
      As the young and poor loot, burn and destroy, how about this: It was reported this week that 106 Bond Street, one of London’s most prestigious shopping addresses, was sold for 28.5 million pounds (around $47 million). Cash. To the son of an entrepreneur. Mind-bogglingly, there were 22 other cash buyers bidding for the property.
      It was also reported this week that an average-wage earner who wants to buy a London house would have to save his/her entire salary for 31 years. […]
      A final thought. One reporter pointed out that in Clapham where the shopping area had been picked clean, the only shop left unlooted and untouched was the book shop.
      Quelle: NBC
  2. Finanzmanager untergraben die Demokratie
    Wir müssen reden. Über die Ratingagenturen, die Zuhälter der Spekulanten, über getriebene Volkswirtschaften, die Zukunft Deutschlands, Europas, ja der demokratischen Welt. Denn die ächzt unter den Ackermännern, die sie zuschandenreiten…
    Die „Macht der Märkte“, wie der globale Gierkrieg abstrakt umschrieben wird, dient nur noch sich selbst. Am wenigsten dient sie dem kapitalistischen System, das als soziale Marktwirtschaft über Jahrzehnte Triumphe feierte: Triumphe von Wohlstand und Innovation, von Freiheit und Demokratie…
    Der regierenden Politik in Europa fehlen die Rebellen gegen die regierende Finanzwirtschaft. Rebellen, fähig zur Tat: zur Entmachtung der außer Kontrolle geratenen Finanzbranche.
    Quelle: Cicero
  3. Die Mär vom Gesundsparen
    Liberale Ökonomen behaupten gern, dass Haushaltskonsolidierung kein Wachstum koste. Sie irren, zeigen drei Ökonomen des Internationalen Währungsfonds in einer Studie.
    Jürgen Stark, einer der einflussreichsten Zentralbanker Europas, war sich seiner Sache sicher: “Spart der Staat bei den Ausgaben, um den Haushalt zu konsolidieren, sind durch den Gewinn an Glaubwürdigkeit schon nach kurzer Zeit positive Wachstumseffekte zu erwarten”, schrieb der heutige EZB-Chefökonom 2003 in der Welt und berief sich auf empirische Studien.
    Journalisten argumentieren gerne ähnlich: “Wer eisern spart und damit den staatlichen Rückzug anordnet, muss nicht zwangsläufig in eine Wirtschaftskrise abgleiten”, argumentiert die Süddeutsche Zeitung. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung betont unter der Überschrift Die Mär vom Kaputtsparen: “Wer Staatsausgaben kürzt, wird mit Wachstum und Arbeitsplätzen belohnt.”
    So verlockend diese Botschaft aber auch klingt – sie ist falsch.
    Quelle: ZEIT
  4. Absturz der Aktienmärkte – Tod auf Raten
    Der Dax stürzt zwar ein – aber der “Schwarze Montag” bleibt aus. Für die Anleger ist das nicht unbedingt eine gute Nachricht. Denn diese vielen kleinen, schmerzhaften Abwärtsschritte sind viel gefährlicher als ein großer Tages-Crash.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers H.H.: Wer den Kommentar von Harald Freiberger liest, stolpert über viele Versatzstücke, die neoliberale Politik zu bieten hat. Die Schuldenstaaten müssen endlich aufhören, sich weiter zu verschulden, ist da. u.a. zu lesen. Und, auch das ist nicht unbedingt neu, die EZB schreibt Italien vor, wie und wo der Sparhebel anzusetzen ist. Das wäre, so Freiberger, alternativlos. Insbesondere das kleine Wörtchen “alternativlos” sollte uns alle hellhörig machen. Alternativlos? Für wen bitte? Für die Spekulanten, damit sie auch weiterhin ganze Staaten in de Bankrott wetten können. Auf die Idee, eine andere Poltik zu machen, kommt der schlaue Kommentator freilich nicht!

  5. Schuldenkrise
    1. Stephan Schulmeister – Für einen Europäischen Währungsfonds
      Die Dynamik auf den Finanzmärkten treibt die Schulden in die Höhe. Was tun? […]
      Die Ausbreitung der Finanzkrise ist nicht Folge des Versagens einzelner Sündenböcke (“gierige” Banker etc.), sondern Ausdruck eines Systemversagens: Jeder Akteur – die Profit suchenden Banken, die vorsichtigen Unternehmen, die sparenden Politiker – handelt entsprechend der Logik seines Subsystems. Erst die Interaktion der Verhaltensweisen lässt das System implodieren. […]
      Mein Gegenkonzept war und ist: Der Rettungsfonds wird zum “Europäischen Währungsfonds” (EWF) ausgebaut. Dieser stellt den Euroländern Finanzmittel durch Ausgabe von Eurobonds zur Verfügung, garantiert von allen Mitgliedsländern. “Risikoprämien” verlieren daher ihre Berechtigung. Die Zinshöhe wird nicht vom Markt bestimmt, sondern vom EWF, und zwar etwas unter der nominellen Wachstumsrate, also derzeit auf zwei bis drei Prozent. Die Vergabe der Mittel an die einzelnen Mitgliedsländer wird an Bedingungen geknüpft (“Konditionalität”), die aber nicht (nur) restriktiv sind (sie sollten auch “Marshallplan-Komponenten” enthalten).
      Quelle: Der Standard
    2. Which is the No 1 problem economy in Europe?
      For George Osborne and David Cameron, Germany is a shining example of what riches await if you keep a hawkeye on public finances, and a diverse, localised economy.
      The German way of doing business has vastly changed in the past 15 years. First reunification, then the privatisation of state-owned utilities (and thus the erosion of terms and conditions for employees at Deutsche Telekom and all the rest) and finally out-and-out deregulation of labour markets have left workers worse and worse off…
      The result is a country that does not have a national minimum wage, and where 2 million workers are now paid around €5 (£4.35) an hour. Most other comparable European countries have a minimum wage – from France to the Netherlands to Greece – and in the UK the hourly rate is about to go up to £6.08. As Germany’s leading expert on pay and inequality, Gerhard Bosch, observes, workers in manufacturing (BMW and VW, say) still get good wages and conditions, thanks to their strong trade unions. And there are lessons to be learned from how to use banks to foster decent small-business growth and maintain a manufacturing supply chain. As for the rest, he says: “The German social model is really like a Swiss cheese where the holes are getting larger and larger.”
      Put in big-picture terms, this means that Germany is really the No 1 problem economy in Europe…In effect, Germany blew the bubbles that popped up in the rest of Europe…
      But if the eurozone crisis is to be sorted out, continental governments need to recognise that Germany’s business model can’t continue to rely so heavily on lending and selling abroad.
      Quelle: Guardian
    3. Roubini – Zeit für Nullzinspolitik in Europa
      Die EZB sollte die Zinsen auf keinen Fall weiter erhöhen, sondern im Gegenteil senken – und zwar auf Null. Zudem muss sie massiv italienische und spanische Staatsanleihen kaufen. Ansonsten droht eine schwere Krise.
      Quelle: FTD
    4. James K. Galbraith – Myths and realities about our long-term deficit
      Standard & Poor’s did not downgrade the U.S. political system. It did not downgrade the stock market. It downgraded United States Treasury bonds and bills–and did so after Congress had removed whatever tiny chance existed of even a small delay in payments. So it’s instructive that, on the next market day, investors moved massively out of stocks, and into the safety of U.S. Treasury bonds and bills. Rarely has stupidity been so quickly and massively shown up.
      Quelle: The New Republic
  6. DIW kritisiert unzureichende Bankenregulierung
    Nach der Finanzkrise hat die Politik versucht, die Risiken durch die Bankenbranche zu senken. Nach einer Studie des DIW war das ein Fehlschlag.
    Das Berliner Wirtschaftsforschungsinstitut DIW kritisiert in einer neuen Studie die Bankenregulierung. Sie sei unzureichend ausgestaltet und würde am eigentlichen Problem vorbei regulieren. So wollte die Politik erreichen, dass die Banken schrumpften, damit eine Schieflage nicht mehr die gesamte Wirtschaft bedrohen könnte. „Erreicht hat man wenig. Die Banken sind sogar jetzt größer als vor der Krise“, sagte Dorothea Schäfer, DIW-Forschungsdirektorin und Studienautorin.
    Quelle: WELT
  7. IAQ: Arbeitszeitentwicklung in Europa
    Seit den 1980er Jahren hat sich die Arbeitszeitlandschaft zunehmend ausdifferenziert. Auf der einen Seite hat sich die Standardisierung der Arbeitszeiten mittels Tarifvertrag oder – von zunehmender Bedeutung – per Gesetz weiter ausgebreitet. So wurde in den mittel- und osteuropäischen Ländern (wie zuvor in Portugal) nach und nach die gesetzliche Verankerung des 40-Stunden-Standards nachvollzogen. Zugleich wurde mit der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie der europäische Standard einer Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche festgeschrieben…
    Diesen – trotz aller Einschränkungen – Tendenzen einer Standardisierung stand in vielen der entwickelten kapitalistischen Länder Europas eine Ausdifferenzierung der Arbeitszeiten gegenüber. Zugleich traten zahlreiche neue „Stakeholder“ und Akteure der Arbeitszeitpolitik auf den Plan:

    • Mit der massiven Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit wurde Teilzeitarbeit in vielen Ländern zu einer breit verankerten gesellschaftlichen Normalität. Nur selten wurde sie jedoch zu einem Gegenstand der Gestaltungspolitik der Tarifvertragsparteien.
    • In einigen Ländern, darunter vor allem in Deutschland, gab es in den 1980er und frühen 1990er Jahren Versuche der Gewerkschaften, die 40-Stundenschwelle durch tarifvertragliche Arbeitszeitverkürzungen zu unterschreiten. Nach vereinzelten anfänglichen Erfolgen erlahmten diese Bemühungen jedoch weitgehend und erreichten auch europaweit keine starke Verbreitung. In Einzelfällen jedoch übernahmen Regierungen die Initiative zu – insbesondere nach 1998 in Frankreich – weiterreichenden Arbeitszeitverkürzungen. Ähnlich wie bei den gewerkschaftlichen Initiativen zehn Jahre zuvor standen jetzt beschäftigungspolitische Ziele im Mittelpunkt.
    • In einer Reihe von Ländern standen die 1990er Jahre mehr und mehr im Zeichen von arbeitgeberseitig initiierter Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Auch und gerade dort, wo – wie in Deutschland – die Regulierung der Arbeitszeiten zuvor in hohem Maße durch gewerkschaftliche Initiativen geprägt worden war, ging diese Initiative jetzt in hohem Maße auf die Unternehmen über. Flexibilisierung und Dezentralisierung der Arbeitszeitregulierung wurden in diesen Ländern zu zwei Seiten einer Medaille. In Einzelfällen, hier wieder v.a. in einigen Wirtschaftszweigen in Deutschland, war dies gefolgt von starkem Druck der Arbeitgeberverbände in Richtung längerer Arbeitszeiten.
    • Ein zunehmend bedeutender Aspekt dieser Flexibilisierung wurde in einigen Ländern die Ausdifferenzierung der Arbeitszeiten nach Beschäftigtengruppen, insbesondere nach Funktion und nach Qualifikation.
    • Dieser zunehmenden Vielfalt in der europäischen Arbeitszeitlandschaft fügte die jüngste Krise eine weitere Facette hinzu. In einer Reihe europäischer Länder gingen die Arbeitszeiten in der Krise deutlich zurück. Am stärksten war dies in Deutschland ausgeprägt, wo in den Jahren davor die durchschnittlichen Arbeitszeiten auffallend stark angestiegen waren.

    Damit ist ein seit Beginn des Jahrzehnts vergessen geglaubtes Thema wieder stärker in den Blickpunkt geraten: Der mögliche Beitrag kürzerer Arbeitszeiten zur Sicherung, eventuell sogar zur Schaffung von Beschäftigung. Eine wichtige Quelle der Arbeitszeitverkürzung in einer Reihe von EU-Ländern waren zwar die gesetzlichen Kurzarbeit- Regelungen, hinzu kamen jedoch tarifvertragliche Instrumente der Beschäftigungssicherung per zeitweiliger Arbeitszeitverkürzung sowie die Ausschöpfung des mit der Flexibilisierung angewachsenen Arsenals betrieblicher Anpassungsmaßnahmen. Die Gesamtheit dieses „Atmungspotentials“ von Arbeitszeit hat
    entscheidend zur Dämpfung der Effekte des enormen Wirtschaftseinbruchs im Jahre 2009 auf den Arbeitsmarkt in einigen europäischen Ländern beigetragen. Zugleich wurde aber deutlich, dass dieses Potential nur in einigen Ländern genutzt wurde. Die Differenziertheit der Arbeitszeitlandschaft Europas wurde damit auch in der Krise ein weiteres Mal bestätigt.
    Diese sehr unterschiedlichen Entwicklungen der letzten ein bis zwei Jahrzehnte sind Hintergrund und Anlass für den vorliegenden Bericht.
    Quelle: IAQ [PDF – 5.7 MB]

  8. Tarifgefüge kaputt
    Petra B. (Name geändert) bezieht Arbeitslosengeld II. Ihr monatliches »Gehalt« als Verkaufskraft und Kassiererin von 165 Euro wird vom Magdeburger Jobcenter auf ihre Leistungen angerechnet. Dafür muß die 50jährige jede Woche 14,9 Arbeitsstunden leisten. Das macht einen Stundenlohn von rund 2,75 Euro. Um aus dem Hartz-IV-Teufelskreis herauszukommen, hatte Petra B. in diesem Jahr an einem von der Arbeitsagentur geförderten Schnellkurs für Verkäuferinnen teilgenommen. B. machte sich in ihrer Heimatstadt Magdeburg auf die Suche. Im »Pro-Cent-Markt«, der »Einzelhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genußmittel, Getränke und Tabakwaren« betreibt und sich im sozial benachteiligten Stadtteil Olvenstedt befindet, wurde sie fündig. »Per Aushang wurden dort Mitarbeiter für den Verkaufsbereich gesucht«, erinnert sie sich. Auf ihre Bewerbung hin habe man sie zunächst aufgefordert, einige Stunden unbezahlt auf Probe zu arbeiten. »Man wollte meine Eignung überprüfen«, so B. Wenige Tage später habe sie einen »provisorischen Arbeitsvertrag« erhalten, »damit ich was in der Hand habe für das Jobcenter«. Der »richtige« Arbeitsvertrag werde demnächst folgen, habe man B. versprochen. Sie reichte das Schreiben im Magdeburger Jobcenter ein, die Behörde verrechnete im August das Einkommen mit ihren Leistungen. Angesprochen auf den niedrigen Stundenlohn habe sie aber niemand.
    Quelle: Junge Welt
  9. Zuwanderer aus Südeuropa – Auf ins Wirtschaftswunderland!
    Deutschland ist nicht sexy – aber reich. Immer mehr junge Südeuropäer wollen der Krise in ihrer Heimat entfliehen und setzen auf eine Zukunft in der Bundesrepublik. Doch die Hürden sind hoch: Wirklich willkommen ist nur, wer deutschen Idealen entspricht. […]
    Die Aussicht auf einen sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz ist verlockend. Gerade für junge Menschen sieht es in Südeuropa düster aus. Mehr als 40 Prozent der Spanier unter 25 Jahren sind arbeitslos. Viele Akademiker müssen sich mit sogenannten “Müllverträgen” von wenigen Wochen oder Monaten zufriedengeben. […]
    Andere Länder locken mit Sorglos-Paketen
    Schon wegen der komplexen Sprache habe Deutschland einen Wettbewerbsnachteil, sagt Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Mit besonderen Anreizen oder ganzen Service-Paketen versuchten andere Länder, Hochqualifizierte zu locken. Dänemark etwa bietet einen niedrigen Einkommensteuersatz.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Den “sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz” werden die jungen Südeuropäer auch nicht in Deutschland finden – wo soll es solche Arbeitsplätze denn geben??? Und mit “Wettbewerbsfähigkeit steigern” (“im Kampf um die besten Köpfe” – was für eine Sprache!) meint der SPIEGEL anscheinend, daß Deutschland die Sprache wechseln oder daß der Steuerzahler die Sprachkurse bezahlen und die Firmen die Renditen kassieren sollten. Hauptsache, der sinnlose Artikel hat den Mythos vom Fachkräftemangel – und den Mythos von den sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen in Deutschland – im Gespräch gehalten.

  10. Die Privatisierung der Öffentlichkeit
    Im Netz gibt es keine Straßen und Plätze, die der herkömmlichen Vorstellung von Öffentlichkeit entsprechen. Die meisten Orte in der digitalen Welt kann man zwar frei betreten, aber sie gehören Unternehmen. Es sind Unternehmensbereiche, die sich vielleicht anfühlen wie öffentlicher Raum, in denen aber das Hausrecht des Betreibers gilt. Was sich nun mit den sozialen Netzen vollzieht, ist eine bislang beispiellose Privatisierung von Öffentlichkeit (auch wenn innerhalb dieses privatisierten Bereichs neue Formen von Öffentlichkeit entstehen).
    Quelle: futurezone.at
  11. Keine Stromlücke in Sicht
    Erstmals ermitteln die Grünen und die Umwelthilfe alle Gas- und Kohlekraftwerke im Bau und solche, deren Bau unmittelbar bevorsteht. Das Ergebnis der Erhebung: Entwarnung.Deutschland droht kein Engpass bei der Stromversorgung.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  12. Rüstungslobbyismus – Brüsseler Waffenbrüder rücken zusammen
    In Zeiten knapper Staatskassen werden die Dienste von Lobbyisten besonders wichtig, um einmal erlangte Pfründe zu verteidigen. Dies gilt umso mehr in Bereichen, die direkt vom Staatshaushalt abhängig sind – zu allererst für die Rüstungsindustrie. Unternehmen wie Rheinmetall oder EADS haben ein besonderes Interesse daran, dass staatliche Ausgaben für Panzer, Kampfflugzeuge und Überwachungstechnik auch in der Krise weiter fließen. Als Alternative bleibt nur der schon jetzt erheblich ausgebaute Export oder die Erschließung neuer Geschäftsfelder, der Kundenkreis lässt sich jedenfalls sonst nicht so einfach erweitern. Zum Glück – so mag der ein oder andere Rüstungsmanager dieser Tage denken – ist diese Industrie besonders gut aufgestellt in den Niederungen der Lobbynetzwerke nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel, wo seit einigen Jahren zunehmend wichtige Entscheidungen für die Zukunft der Rüstungsbranche getroffen werden.
    Quelle: IMI-Analyse
  13. Kein Mitleid mehr
    Doch wenn uns Somalia und Guatemala eines lehren, dann dieses: Wer wirklich etwas gegen den Hunger in der Welt tun will, der spare sich ab sofort das Mitleid. Es schadet mehr, als es hilft. Hunger ist vermeidbar. Wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert, als solche Nöte wie biblische Plagen eine Bevölkerung dezimierten. Wir schreiben auch nicht das Jahr 1984, als der Hunger scheinbar wie eine Naturgewalt über Äthiopien »hereingebrochen« war. Wir leben im 21. Jahrhundert, es gibt ausgefeilte Frühwarnsysteme, die im Fall Somalia schon im November vor einer Katastrophe gewarnt haben. Wir wissen inzwischen sehr gut, wann und wo ein Notstand droht und wie er verhindert werden kann…
    Schuldenkrise in den USA, Schuldenkrise in Europa, ein Amokläufer in Norwegen, ein Medienskandal in Großbritannien… Der Hungernotstand am Horn von Afrika kommt einfach nicht richtig in den Fokus der Medien. Die USA geizen mit Geld, Italien gab nach dem ersten UN-Hilfsappell keinen Cent, das Schwellenland Brasilien stellte mehr Hilfe in Aussicht als Deutschland und Frankreich zusammen.
    Moralische Appelle ändern daran nichts, wohl aber weitere internationale Abkommen und verbindliche Regeln. Die erste muss lauten: Hilfe im Fall einer drohenden Hungersnot ist vonseiten der Staaten nicht länger ein freiwilliger Akt, sondern eine völkerrechtlich verbindliche Pflicht, über die notfalls der UN-Sicherheitsrat wachen müsste. Die zweite lautet: Spekulationen auf Nahrungsmittel, eine der Ursachen für die akuten Krisen von Somalia bis Guatemala, müssen unterbunden werden. Gleiches gilt für die wahnwitzige Politik reicher Nationen, in armen Ländern riesige Ackerflächen für die Produktion von Biotreibstoff mit Beschlag zu belegen.
    Die dritte Regel ist so banal, dass man sie gar nicht mehr aufschreiben möchte: Eine Katastrophe im Vorfeld zu verhindern ist besser, als sie im Nachhinein zu bekämpfen.
    Quelle: ZEIT
  14. Revolution der Reichen
    In den USA riecht es nach einer neuartigen Form von Revolution: Seit dem Sommer 2009 formiert sich dort eine rechtsliberale, populistische Protestbewegung, die sogenannte “Tea-Party-Bewegung”. Sie greifen vor allem Obamas Pläne für ein neues Gesundheitssystem an und wollen den Einfluss der zentralen Regierung in Washington verringern.
    Quelle: ZDF Neo

    dazu: Der rechte Abschied von der Politik
    Mit bisher unbekannter Radikalität bewirtschaftet in den USA eine neue Rechte die Krise, die sie selbst zu verantworten hat. Das stösst auch altgediente Konservative ab, für die Reagan ein Idol war.
    Quelle: Tagesanzeiger

  15. Donald Rumsfeld wegen Folter angeklagt
    Ein US-Berufungsgericht hat den Weg für eine Zivilklage zweier US-Bürger gegen den früheren Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wegen mutmaßlicher Folter durch US-Soldaten im Irak freigemacht.
    Quelle: N24
  16. Taliban nehmen Elite ins Visier: Das gezielte Töten ähnelt der US-Strategie
    Ruttig, Mitbegründer des Afghanistan Analysts Networks, einem Think Tank, der mit Afghanen, ausländischen Diplomaten und Entwicklungshelfern vernetzt ist, kehrte vor kurzem aus Afghanistan zurück. Die Taten verunsichern nicht nur die Elite des Krisenstaates, sagt er. „Auch einfache Afghanen machen sich Sorgen, sie trauen den eigenen Sicherheitskräften nicht zu, selber für die Sicherheit zu sorgen“, sagt Ruttig. „Der Internationalen Schutztruppe gelingt das allerdings auch nicht.“ Ruttig erkennt in dem Vorgehen der Taliban deutliche Parallelen zur Aufstandsbekämpfung der US-Armee. Die amerikanischen Spezialkräfte werden gezielt losgeschickt, um Talibananführer auszuschalten. Nun nehmen die Aufständischen selber verstärkt ihre Feinde ins Visier – und gehen dabei strategisch und sehr unterschiedlich vor.
    Quelle: Tagesspiegel
  17. Niebel stoppt Gelder für Medizinfonds – Wenn Deutschland nicht zahlt, müssen Tausende sterben
    Korruptionsbekämpfung oder Profilierungssucht? Entwicklungsminister Dirk Niebel stellt Zahlungen an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria ein. Seine Motive sind umstritten – Experten befürchten verheerende Folgen für die Kranken.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  18. Dobrindt nervt
    Die Forderung aus der CSU, ein Verbot der Linkspartei zu prüfen, ist ödeste Klamotte. Sie wäre im Prinzip ein geeigneter Fall für die Missbrauchsgebühr. […]
    Seine Forderung, die Linkspartei nicht nur weiterhin vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, sondern einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu prüfen, ist kein Beitrag zur Debatte, sondern die Verweigerung der Teilnahme an der Debatte. Welche Debatte? Die Linkspartei debattiert über ihr neues Grundsatzprogramm und damit über eine Neubestimmung des Eigentumsbegriffs, über die Legalisierung politischer Streiks und über die Verstaatlichung dieser und jener Konzerne. In einem Wort: Die Partei stellt den Kapitalismus in Frage. Der aber ist nicht vom Grundgesetz geschützt, er ist, wie sich herumgesprochen haben dürfte, nicht einmal vor sich selbst geschützt.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

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