Oliver Nachtwey, Arne Heise in den WSI-Mitteilungen: Der Mythos vom britischen Wirtschaftswunder

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Die Wirtschaftspolitik Großbritanniens wird häufig als Vorbild für Deutschland vorgehalten. Liberale Kommentatoren loben die flexibleren Arbeitsmärkte, die aktivierende Arbeitsmarktpolitik, die Politik der Deregulierung und Liberalisierung. Kaum bekannt ist, dass in GB makroökonomisch expansive Initiativen unternommen wurden und dass seit 2001 eine expansive öffentliche Investitionspolitik aktiv zur Krisenüberwindung eingesetzt wurde. Die WSI Mitteilungen haben uns dankenswerter Weise gestattet diesen Aufsatz in die NachDenkSeiten einzustellen.

Wenn uns in der wirtschaftspolitischen Debatte Großbritannien als Modell vorgehalten wird, wird in der Regel verschwiegen, dass dort seit 1999 die Staatsquote 37,1 auf 41,2% angehoben wurde. Unerwähnt bleibt meist auch, dass in England nicht nur gefordert, sondern auch tatsächlich auch gefördert wird, dass z.B. ein Mindestlohn eingeführt wurde. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts keine wesentlichen Fortschritte für die britischen Arbeitslosen gebracht hat oder dass die inländische Nachfrage wesentlich mehr zum BIP-Wachstum als bei uns beiträgt.
Für das britische „Beschäftigungswunder“ liefern die bei uns so hoch gelobten mikroökonomischen Maßnahmen kaum eine Erklärung. Die sozialen Ausgabenprogramm, die Budgets für Gesundheit und v.a. für Bildung wurden in GB um ein Vielfaches erhöht. Die britische Gesellschaft ist weniger arm aber noch ungleicher als vor New Labour.
Das Vereinigte Königreich ist eines der ungleichsten Länder Europas und rangiert bei den Sozialausgaben auf dem Niveau osteuropäischer Staaten.
Im Übrigen scheinen „die Tage der ungebrochenen Prosperität auch für Großbritannien gezählt.

Quelle: WSI-Mitteilungen: Der Mythos vom britischen Wirtschaftswunder [PDF – 137 KB]