Freiheit und Terror – Nach Irak, Afghanistan, Libyen nun Syrien

Wolfgang Bittner
Ein Artikel von Wolfgang Bittner

Wer sind eigentlich Freiheitskämpfer und wer sind Terroristen? Für unsere Regierung wie auch für die Medien, die maßgeblich unsere öffentliche Meinung bilden, scheint das eindeutig zu sein: Die aufständischen Taliban in Afghanistan sind zum Beispiel Terroristen, weil sie bekanntlich gegen die von den USA und ihren Verbündeten eingesetzte Regierung kämpfen. Dagegen sind die Aufständischen in Syrien Freiheitskämpfer, obwohl sie gegen die (nicht von den USA und ihren Verbündeten eingesetzte) Regierung kämpfen, wobei sie die unter ihren Betten aufbewahrten Maschinengewehre, Panzerfäuste und Raketen einsetzen können. In Libyen durften sie sogar das Staatsoberhaupt ermorden, nachdem die NATO das Land in Grund und Boden gebombt hatte. Von Wolfgang Bittner.

Dagegen waren wiederum die Aufständischen in Bahrain Terroristen, weil sie sich gegen ihre Regierung wandten. Da der König und seine Hofleute von Saudi-Arabien militärische Hilfe zur blutigen Niederschlagung des Aufstands erhielten, brauchte Westen nicht einzugreifen. Vielleicht hing das damit zusammen, dass uns das bahrainische Öl und Erdgas, aber nicht die dortigen Menschenrechtsverletzungen interessieren und dass wir den Saudis Panzer liefern.

In Afghanistan wurden und werden die Frauen von den Taliban unterdrückt, die außerdem unsere Freiheit gefährden. Deswegen müssen diese Terroristen (die früher Mudschaheddin hießen und von den USA unterstützt und mit Waffen versorgt wurden) alle umgebracht werden. Dazu eignen sich am besten sogenannte chirurgische Einzelschläge mit Drohnen, damit keiner „unserer“ Soldaten verletzt oder getötet wird. Merkwürdigerweise erinnert sich niemand daran, dass Afghanistan, bevor die CIA die Mudschaheddin unterstützte, ein blühendes Land mit öffentlichen Schulen und Universitäten war, die selbstverständlich auch Frauen offenstanden.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten dürfen Frauen noch nicht einmal Auto fahren. Außerdem wird dort heftig gefoltert. Sollten die Emirate deswegen vielleicht nach einer Medienkampagne mal rasch bombardiert werden? Dazu schweigen unsere Regierung und die ihr verbundenen Medien, obwohl das der Bundeswehr eventuell einen „humanitären Einsatz“ wert wäre. Aber die liefern uns Öl.

Was also dürfen wir nun den Verlautbarungen der Regierung und der Medien glauben? Worüber berichten sie und worüber nicht? Was sind „humanitäre Einsätze“? Ist Frau Timoschenko wirklich eine bemitleidenswerte Gefangene der ukrainischen Regierung, oder ist sie eine milliardenschwere Kriminelle? Und ist nicht der Iran bereits vor Jahrzehnten wegen seiner Ölvorkommen destabilisiert und mit Krieg überzogen worden, so dass sich dort die Ayatollahs breit machen konnten?

Und China? Die USA haben kürzlich wieder einmal gegen Menschenrechtsverletzungen und Hinrichtungen protestiert. Wahrscheinlich ist der US-Regierung nicht bekannt, dass sie in Guantanamo und anderswo foltern lässt und dass in ihren Todeszellen zahlreiche aufgrund fragwürdiger Prozesse verurteilte Häftlinge auf den elektrischen Stuhl oder die Todesspritze warten, vor allem Schwarze.

Wodurch unterscheiden sich also die USA von China oder vom Iran? Offenbar dadurch, dass in China Chinesen leben und im Iran Iraner, während vor New York eine Freiheitsstatue ihre Fackel gen Himmel streckt und nicht nur den Amerikanern, sondern ebenso uns in Europa die Freiheit garantiert – unseren Millionären und Milliardären wie auch einigen Millionen Empfängern von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und Hungerlöhnen.

Anmerkung: Für alle, die ihn nicht kennen sollten: Wolfgang Bittner ist freier Schriftsteller. Er veröffentlichte zahlreiche Prosa- und Lyrikbände und auch eine Reihe Kinder- und Jugendbücher. Wolfgang Bittners neuester Roman „Hellers allmähliche Heimkehr“ behandelt ein höchst aktuelles Thema, nämlich die Kumpanei einiger Verfassungsschützer und Polizeioberen mit Rechtsextremisten, wofür es schon seit Jahrzehnten Indizien gibt.

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