Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Anteil der Beschäftigten mit Niedriglohn ist gestiegen
  2. Griechenland
  3. Das SPD-Rentenkonzept
  4. George Soros – The Tragedy of the European Union and How to Resolve It
  5. Hollande nimmt sich “Agenda 2014” vor
  6. Hau doch ab, reicher Idiot
  7. Keine ökonomische Insel mehr
  8. Türkische Talente wandern ab
  9. Wirtschaftsdienst exklusiv – Inflation und Schuldenabbau
  10. Bottled Life – Nestlés Geschäfte mit Wasser
  11. Transparenz bei Lobbyismus – „Immer auf den Absender schauen“
  12. Deutschland vergeudet zu viel Talent
  13. „Deutschland sucht den Super-Prof“
  14. Appell an Verantwortung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Anteil der Beschäftigten mit Niedriglohn ist gestiegen
    Im Jahr 2010 arbeiteten 20,6 % aller Beschäftigten in Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten für einen Niedriglohn. Im Jahr 2006 lag der Anteil der Beschäftigten mit Niedriglohn noch bei 18,7 %. „Mit dieser Steigerung setzte sich ein längerfristiger Trend fort“, sagte Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes…
    Der Abgrenzung des Niedriglohnbereichs wurde eine international verwendete Definition zugrunde gelegt. Niedriglohn liegt vor, wenn der Verdienst eines Beschäftigten kleiner als zwei Drittel des Medianverdienstes, also des mittleren Verdienstes aller Beschäftigten, ist. Die so für 2010 bestimmte Niedriglohngrenze, unterhalb derer alle Verdienste als Niedriglöhne gelten, lag bei 10,36 Euro Bruttostundenverdienst.
    Die meisten Beschäftigten, die 2010 einen Niedriglohn erhielten, waren atypisch beschäftigt. Zur atypischen Beschäftigung, teilweise auch als flexible Beschäftigungsformen bezeichnet, werden vier Erwerbsformen gezählt: Teilzeitbeschäftigung mit bis zu 20 Wochenarbeitsstunden, befristete Beschäftigung, Zeitarbeit und Mini-Jobs. Fast jeder zweite (49,8 %) atypisch Beschäftigte erhielt 2010 einen Verdienst unter der Niedriglohngrenze. Einen besonders hohen Niedriglohnanteil wiesen die geringfügig Beschäftigten mit 84,3 % auf. Bei Beschäftigten in Normalarbeitsverhältnissen lag der Anteil hingegen bei 10,8 %. Als Normalarbeitsverhältnis gilt eine unbefristete Beschäftigung mit über 20 Wochenarbeitsstunden, die nicht als geringfügige Beschäftigung und nicht als Zeitarbeit ausgeübt wird.
    Niedriglohn hängt auch mit der Branche und der Tarifbindung in der Branche zusammen. Bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern erhielt fast ein Drittel der Beschäftigten einen Niedriglohn (31,0 %). Bei tarifgebundenen Arbeitgebern waren es mit 11,9 % deutlich weniger. Besonders hoch war 2010 der Anteil von Beschäftigten mit Niedriglohn bei Taxifahrer/-innen (87,0 %), Friseurinnen und Friseuren (85,6 %) und im Reinigungsgewerbe (81,5 %). Aber auch in Restaurants, Cafés und Gaststätten (77,3 %), in Wäschereien und chemischen Reinigungen (73,6 %) sowie in Kinos (73,5 %) gab es besonders viele Beschäftigte mit Niedriglohn.

    Quelle Statistik: tagesschau.de

    Erstmals konnte untersucht werden, ob auch Niedriglohnbezieher Teile ihres Bruttoverdienstes per Entgeltumwandlung in eine Betriebsrente investieren und so die staatliche Förderung nutzen. Nur 6,2 % der untersuchten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Niedriglohn betrieben 2010 Entgeltumwandlung. Das war deutlich seltener als bei Beschäftigten mit mittlerem Verdienst (22,4 %) oder mit hohem Verdienst (36,4 %). Wenn sich aber Beschäftigte mit Niedriglohn zu einer Entgeltumwandlung entschlossen, dann investierten sie vergleichsweise viel, und zwar im Mittel 4,1 % ihres Bruttojahresverdienstes. Relativ betrachtet ist das mehr als bei Beschäftigten mit mittlerem Verdienst (3,3 %) oder hohem Verdienst (2,6 %).
    Quelle 1: Statisches Bundesamt
    Quelle 2: Begleitmaterial zur Studie „Niedriglohn und Beschäftigung 2010“ [PDF – 579 KB]

    dazu: Geringe Stundenlöhne, lange Arbeitszeiten
    Unter den gering Entlohnten finden sich relativ viele Teilzeit- und insbesondere geringfügig Beschäftigte. Lediglich die Hälfte der Arbeitnehmer ist in Vollzeit tätig. Diese nehmen angesichts der spärlichen Stundenlöhne lange Arbeitszeiten in Kauf, um überhaupt auf einigermaßen auskömmliche Entgelte zu kommen. Die Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnsektor arbeiten im Schnitt fast 45 Stunden, ein Viertel sogar 50 Wochenstunden und mehr.
    Der Rückstand zu den monatlichen Durchschnittsverdiensten wird dadurch aber längst nicht wettgemacht. Arbeitszeiten wie bei den Niedriglöhnern gibt es ansonsten nur am oberen Ende der Einkommensskala, also bei den Gutverdienern in Vollzeit.
    Die Mehrzahl der Teilzeitkräfte, vor allem der Minijobber, würde gern mehr arbeiten und mehr verdienen; hier zeigt sich eine verdeckte Unterbeschäftigung.
    Die Tätigkeit im Niedriglohnsektor geht nicht automatisch und auch nicht in der Regel mit sozialer Bedürftigkeit einher; lediglich jeder achte wenig verdienende Arbeitnehmer bezieht Leistungen nach Hartz IV.
    Quelle: DIW [PDF – 438 KB]

  2. Griechenland
    1. Einbruch der Hellas-Industrie verschärft Zweifel an Sparplan
      roika-Inspektoren prüfen gerade die Pläne, mit denen Griechenland fast 12 Mrd. Euro einsparen sollen – da wird bekannt, wie schlecht es um die griechische Industrie steht. Nimmt die Troika den Griechen ihre Pläne nicht ab, droht dem Krisenstaat die Pleite.
      Quelle: FTD

      Anmerkung JB: Die Forderungen der Troika sind an Zynismus kaum noch zu überbieten. Athen wird mit vorgehaltener Waffe zu zweierlei gezwungen:

      1. Es soll die Staatsausgaben noch weiter zusammenstreichen und die Volkswirtschaft damit noch weiter in die Krise treiben
      2. Es soll gleichzeitig Haushaltsprognosen erstellen, die die destruktiven Folgen der Austeritätspolitik ignorieren

      Wenn sich diese Prognosen dann (natürlich ganz „überraschend“) als zu positiv erweisen, setzt die Troika Athen weiter unter Druck, um noch mehr Ausgaben zu kürzen und noch unrealistischere Prognosen zu erstellen. Griechenland kann bei diesem Spiel nicht gewinnen. Aber die Alternative, sich mit einem Staatsbankrott aus dem Euro zu verabschieden, ist für die Griechen noch schlimmer.

    2. Wie die Troika um Panzer und Rentner schachert
      Die internationalen Geldgeber akzeptieren den Sparplan der griechischen Regierung bisher nicht. Statt Kürzungen beim Militär dürfte es wohl noch weniger Rente geben. […]
      Bisher stand das Militär auf der Prioritätenliste der Sparmaßnahmen weit unten. Als Begründung dafür wird angeführt, dass die Bedrohung durch die Türkei noch immer zu groß sei. Allerdings sind beide Länder seit Jahrzehnten Mitglieder in der Nato.
      Statt bei den Rüstungsausgaben wurde also vor allem im Sozialetat, bei Renten und Arbeitslosengeld, aber auch in der öffentlichen Verwaltung und bei den Gesundheitsausgaben gespart. Auch in den jetzt verhandelten Reformen soll es wieder die Rentner treffen: Bis zu zehn Prozent weniger Geld sollen diejenigen künftig bekommen, die eine Rente von mehr als 1.000 Euro erhalten.
      Quelle: ZEIT
    3. Primary Greek tax evaders are the professional classes
      Greece is riddled with corruption, but a study shows that banks, politicians and professional workers are largely to blame […]
      Supporting the view that Greece is beyond helping itself, an in-depth study of how Greek banks, politicians and professional workers behave was published last week by two economists from the Booth school of business at the University of Chicago and a Greek academic based at the Virginia Polytechnic Institute.
      Interestingly, their report, Tax Evasion Across Industries: Soft Credit Evidence From Greece, which documents the hidden, non-taxed economy, blames the current malaise not on dodgy taxi drivers or moonlighting refuse collectors, but on the professional classes.
      They found that €28bn (£22.4bn) of tax was evaded in 2009 by self-employed people alone.
      As GDP that year was €235bn and the total tax base was just €98bn, it is clear that this was a significant sum. At a tax rate of 40%, it amounted to almost half the country’s budget deficit in 2008, and 31% in 2009.
      The chief offenders are professionals in medicine, engineering, education, accounting, financial services and law. Among the self-employed documented in the report are accountants, dentists, lawyers, doctors, personal tutors and independent financial advisers.
      Quelle: The Guardian
  3. Das SPD-Rentenkonzept
    Die Rentenpolitik der SPD bleibt gefangen im Paradigmenwechsel der vergangenen Dekade. Mit ihrem Konzept geht es den Parteioberen um nicht mehr und nicht weniger, als darum, die verheerenden Folgen der rot-grünen Deregulierungspolitik der vergangenen Dekade für die Alterssicherung wieder einzufangen und der Gefahr steigender Altersarmut vorzubeugen. Da aber die weitere Senkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent nicht zur Disposition gestellt wird, muss der Versuch scheitern.
    Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen [PDF – 76.7 KB]
  4. George Soros – The Tragedy of the European Union and How to Resolve It
    In a fast-moving situation, significant changes have occurred since this article went to press. On August 1, as I write below, Bundesbank President Jens Weidmann objected to the assertion by Mario Draghi, the president of the European Central Bank, that the ECB will “do whatever it takes to preserve the euro as a stable currency.” Weidmann emphasized the statutory limitation on the powers of the ECB. Since this article was published, however, it has become clear that Chancellor Merkel has sided with Draghi, leaving Weidmann isolated on the board of the ECB.
    This was a game-changing event. It committed Germany to the preservation of the euro. President Draghi has taken full advantage of this opportunity. He promised unlimited purchases of the government bonds of debtor countries up to three years in maturity provided they reached an agreement with the European Financial Stability Facility and put themselves under the supervision of the Troika—the executive committee of the European Union, the European Central Bank, and the International Monetary Fund.
    The euro crisis has entered a new phase. The continued survival of the euro is assured but the future shape of the European Union will be determined by the political decisions the member states will have to take during the next year or so. The alternatives are extensively analyzed in the article that follows.
    Quelle: The New York Review of Books
  5. Hollande nimmt sich “Agenda 2014” vor
    Präsident Hollande will das Defizit im nächstes Jahr auf drei Prozent drücken, 30 Milliarden Euro sollen in Frankreich eingespart werden
    Eigenlob hinkt. “Es ist ein beachtliches Vorhaben und in der Geschichte der Fünften Republik noch nie vorgekommen”, meint François Hollande zu seiner “Agenda 2014”, wie er sein Reformprogramm am Sonntagabend bei einem Auftritt im größten TV-Sender TF1 nannte. Die Anspielung auf die legendäre “Agenda 2010” des deutschen Exkanzlers Gerhard Schröder liegt auf der Hand. Unter anderem will Hollande den Arbeitsmarkt “flexibler” gestalten – was unweigerlich an die Hartz-Reformen des SPD-Politikers gemahnt.
    So radikale Einschnitte sieht aber nur Le Parti de Gauche vor: Die Vizepräsidentin der französischen “Linken”, Martine Billard, spricht von sozialem Aderlass. Andernorts hagelt es Kritik am Fehlen richtiger Eingriffe. “Nicht jeder, der will, ist ein Schröder”, kommentiert die linksliberale Zeitung Le Monde. Politisch gleich gelagert, wirft Le Nouvel Observateur Hollande vor, er mausere sich vom “normalen” zum “banalen” Präsidenten, der Worthülsen von sich gebe, statt zu agieren.
    Hollande erklärte unüblich dramatisch, Frankreich befinde sich in einer “Kampfsituation”, um anzufügen: “Ich gebe Gas.” Bei Le progrès löst das Ungläubigkeit aus: “Hollande sarkosiert sich”, meint die Hauptzeitung von Lyon eingedenk des wirkungslosen Herumwirbelns des Vorgängerpräsidenten. Das konservative Wochenmagazin Le point gibt zu bedenken, eine Kampflage erfordere auch Kampfmaßnahmen – und davon sei nichts zu spüren.
    Quelle: derStandard.at
  6. Hau doch ab, reicher Idiot
    Der reichste Mann Europas als Hassobjekt: Weil der französische Unternehmer Bernd Arnault die belgische Staatsbürgerschaft beantragt hat, verabschiedet die Zeitung “Libération” den vermeintlichen Steuerflüchtling mit derben Worten auf der Titelseite. Auch Präsident Hollande schaltet sich ein.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung JB: Da schaut man doch ziemlich erstaunt über den Rhein. Hierzulande würde ein Steuerflüchtling vom Schlage eines Bend Arnault in den Medien als Mahnmal für eine „leistungsträgerfeindliche“ Politik präsentiert. Der „Idiot“ wäre hierzulande der Politiker, der die Steuern erhöht hat.

  7. Keine ökonomische Insel mehr
    Nach lange anhaltendem Widerstand gegen unbeschränkte Notaufkäufe von Staatsanleihen durch die EZB sucht Berlin deren Zulassung in der vergangenen Woche zur Durchsetzung europapolitischer Ziele zu nutzen. Dass die EZB künftig Staatsanleihen europäischer Krisenstaaten in jedem notwendigen Umfang übernehmen darf, ist mit 26 gegen eine – die deutsche – Stimme beschlossen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe zuvor einen “Seitenwechsel” vollzogen und den Protest der Bundesbank nur noch symbolisch unterstützt, hieß es in der Wirtschaftspresse. Hintergrund ist nicht nur das Bemühen, den zunehmenden Widerstand gegen das offene deutsche Dominanzstreben zu besänftigen. Die deutsche Wirtschaft ist zuletzt ebenfalls in den Sog der Krise geraten und steht am Rande einer Rezession, weshalb es im Interesse der Bundesrepublik liegt, einen Totalzusammenbruch von Euro-Staaten, die deutsche Waren kaufen, zumindest vorläufig zu verhindern. Zudem wird von einem neuen Deal zwischen Berlin und Paris berichtet, wonach die französische Regierung ihren Widerstand gegen deutsche Pläne zur weiteren Vertiefung der politischen Integration aufgeben könnte – im Gegenzug gegen den unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen durch die EZB.
    Quelle: German Foreign Policy
  8. Türkische Talente wandern ab
    Zu viele Talente mit türkischem Namen fühlen sich bei der Stellensuche in Deutschland diskriminiert. Sie fehlen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. […]
    Diese Kombination aus guten Berufsaussichten und hippem Lebensgefühl lockt so manchen vom deutschen Arbeitsmarkt weg: Von insgesamt 31 754 Türken, die 2010 aus Deutschland abwanderten, waren 4314 zwischen 18 und 25 und 16067 zwischen 25 und 50 Jahre alt. Vor der Finanz- und Wirtschaftskrise waren es nur wenig mehr. Den Bildungsstand und die berufliche Qualifikation erfasst das Statistische Bundesamt zwar nicht, doch die Vermutung liegt nahe, dass fachlich versiertes und flexibles Potenzial, das deutsche Unternehmen gut brauchen könnten, ins Ausland abwandert. „Manche hoch qualifizierten Akademiker fühlen sich in Deutschland behindert in ihrer Karriere“, sagt Suat Bakir, Geschäftsführer der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer in Berlin. Noch elementarer scheint ihm jedoch ein anderes Argument: Für junge flexible Akademiker ist es attraktiv, wenn sie in einem Aufschwungland wie der Türkei schneller aufsteigen können“.
    Quelle: Tagesspiegel
  9. Wirtschaftsdienst exklusiv – Inflation und Schuldenabbau
    “Grundsätzlich sprechen sich Straubhaar und Vöpel für eine aktive Rolle der EZB in der Euro-Krise aus. Dabei stützen sie sich zum einen auf das angelsächsische Konzept der optimalen Inflationsrate, wonach eine Inflation auch zu positiven makroökonomischen Effekten führen kann. Zum anderen halten sie eine Inflationsgefahr im rezessiven Umfeld des Euroraums für unwahrscheinlich. Bei einer erneuten Rezession können eher Deflationsrisiken entstehen, sodass die expansive Geldpolitik der EZB geradezu ratsam sei. Außerdem halten die Autoren mit dem Hinweis auf die derzeit geringe Kreditschöpfung der Geschäftsbanken und den globalen Verflechtungen der Weltwirtschaft eine kausales Verhältnis zwischen Geldmengenwachstum und Inflation nicht für zwingend gegeben.
    Ähnlich wie Straubhaar und Völpel verweisen Heiner Flassbeck, Direktor der Division “Globalization and Development Strategies” der UNCTAD Genf, und Friederike Spiecker, freie Wirtschaftspublizistin, auf ein erhöhtes Deflationsrisiko und prangern die medial geschürte Angst vor einer Hyperinflation an. In ihrem Beitrag analysieren sie Asymmetrien geldpolitischer Wirkungsmöglichkeiten und insistieren auf die Notwendigkeit direkter Einkommenspolitik und expansiver Finanzpolitik.”
    Quelle: FTD Wirtschaftswunder
  10. Bottled Life – Nestlés Geschäfte mit Wasser
    Wie verwandelt man Wasser in Geld? Es gibt eine Firma, die das Rezept genau kennt: Nestlé. Dieser Konzern dominiert den globalen Handel mit abgepacktem Trinkwasser. Der Journalist Res Gehriger macht sich auf, einen Blick hinter die Kulissen des Milliardengeschäfts zu werfen. Nestlé blockt ab. Doch der Journalist lässt sich nicht abwimmeln. Er bricht auf zu einer Entdeckungsreise, recherchiert in den USA, in Nigeria und in Pakistan. Die Expedition in die Welt des Flaschenwassers verdichtet sich zu einem Bild über die Denkweisen und Strategien des mächtigsten Lebensmittelkonzerns der Welt.
    Während die Weltbevölkerung rasant wächst, wird sauberes Wasser immer mehr zur Mangelware. “Bottled Life” dokumentiert das boomende Geschäft mit dem Trinkwasser in der Flasche und fokussiert dabei ganz auf den Leader der Branche: auf den Schweizer Nestlé-Konzern.
    Nestlé besitzt weltweit über 70 verschiedene Wassermarken. Trotzdem ist Wasser eine Sparte, über die man bei Nestlé nicht gerne spricht. Das muss der Schweizer Journalist Res Gehriger erfahren. Die Nestlé-Manager verweigern Interviews. Aber Gehriger lässt nicht locker. Auf einer Recherche-Reise erfährt er, wie konfliktgeladen das Geschäft mit dem Trinkwasser ist.
    “Bottled Life” wirft ein Schlaglicht auf Nestlés Expansionsstrategie im globalen Wassermarkt. Während der Konzern in den USA und in Europa vor allem Quellwasser mit Herkunftsbezeichnung verkauft, hat er für die Schwellen- und Entwicklungsländer ein anderes Konzept: Dort gibt es “Nestlé Pure Life”, gereinigtes Grundwasser, angereichert mit einem Mineralienmix nach Nestlé-Rezept. Heute ist Pure Life das meistverkaufte Flaschenwasser der Welt.
    Res Gehringer reist nach Pakistan, das Nestlé als Testmarkt diente. Während Nestlé ihm den Zutritt zur Pure-Life-Produktion verweigert, lehrt er die Situation der Menschen kennen, die im Dorf außerhalb des Fabrikzauns leben. Hier ist der Grundwasserspiegel rapid gefallen und das Wasser aus den Brunnen der Einheimischen zur übelriechenden Brühe verkommen.
    Quelle: arte

    Sendetermine: Dienstag, 11. September 2012 um 20.15 Uhr, Wiederholung am 20.09.2012 um 15:00 auf arte

    Anmerkung: Leider zeitgleich mit dem Fußballländerspiel.

  11. Transparenz bei Lobbyismus – „Immer auf den Absender schauen“
    Dass Lobbyisten im Netz für ihre Positionen werben, ist Timo Lange von LobbyControl klar. Umso wichtiger sind für ihn Transparenzgebote.
    Quelle: taz

    passend dazu: Seitenwechsler im Überblick
    In der unten abgebildeten Übersichtstabelle findet sich eine Auswahl von Seitenwechslern. Sortiert nach dem Jahr der Arbeitsaufnahme, werden sowohl die politischen Tätigkeiten der betroffenen Personen als auch deren anschließend ausgeübte Tätigkeit und der neue Arbeitgeber aufgelistet. Weiterführende Angaben zu den genannten Seitenwechslern und deren Wirken, finden Sie in den entsprechenden Artikeln zu den einzelnen Personen.
    Unser Erfassungszeitraum beginnt 2005 mit dem Regierungswechsel von Rot-Grün zur Großen Koalition unter Kanzlerin Merkel. Diese Übersichtstabelle umfasst im Wesentlichen die Seitenwechsler aus den Bundesregierungen: Kanzler, Minister, Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Hier streben wir Vollständigkeit an. Darüber hinaus erfassen wir auch interessante Einzelfälle, wichtige Fälle vor 2005 sowie Seitenwechsel auf Bundeländer-Ebene.
    Quelle: Lobbypedia

    Anmerkung WL: Die Tabelle sollte man sich wirklich mal anschauen. Sie erklärt viele politische Entscheidungen der betreffenden Personen als sie noch in ihrem politischen Ämtern waren.

    Siehe auch: „Ex-Politiker machen gute Geschäfte“
    Quelle: SPIEGEL Online

  12. Deutschland vergeudet zu viel Talent
    […] Gerecht geht es noch lange nicht zu im deutschen Bildungssystem, vor allem nicht beim Schritt von Schulen auf Unis und Fachhochschulen. Trotz aller Reformen der vergangenen 40 Jahre haben Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien weitaus schlechtere Chancen auf ein Studium. Hier entwickelt sich die Studierquote sogar rückläufig; das bedeutet: Im Verhältnis sinkt bei den Bildungsfernen der Anteil derer, die mit ihrem Abi tatsächlich an eine Hochschule gehen.
    “Noch immer sind die Zugangswege zum Studium hoch selektiv”, so Steffen Schindler, promovierter Soziologe und Autor der Studie, die am Montag von der Vodafone-Stiftung vorgestellt wurde. Die Ungerechtigkeit beim Hochschulzugang beginnt demnach bereits beim klassischen Abitur und zeigt sich dort besonders drastisch: Kinder gebildeter Eltern haben eine siebenmal höhere Chance, die allgemeine Hochschulreife zu erlangen, als Kinder aus bildungsfernen Familien.
    Schindler hat für die Studie, die auf seiner Doktorarbeit basiert, zahlreiche Statistiken der letzten Jahrzehnte ausgewertet und so bearbeitet, dass sie sich vergleichen ließen. Ihm zufolge ist es die bislang größte Datenauswertung zum Hochschulzugang, eine so differenzierte Analyse habe es noch nicht gegeben. Als bildungsfern gelten bei ihm Familien, in denen die Eltern höchstens den Hauptschulabschluss geschafft haben.
    Quelle 1: SPIEGEL Online
    Quelle 2: Vodafone Stiftung – Studie „Aufstiegsangst“ [PDF – 597 KB]

    Anmerkung JK: Auch hier kommt man nicht ohne Propagandafloskeln aus. “Das Bildungssystem ist tatsächlich durchlässiger geworden, die Bildungschancen steigen auch für Benachteiligte, der Pisa-Schock hat etwas bewegt.” Ich bezweifle ernsthaft, dass das Bildungssystem im vergleich mit den Jahren der sozialliberalen Koalition durchlässiger geworden ist. Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein, Stichwort Studiengebühren.
    Allerdings konterkariert diese Meldung sehr schön das Geschwätz vom Fachkräftemangel, wenn auch nicht des aktuell nicht existierenden, dann doch des angeblich demografisch bedingten kommenden. Es ist also mit nichten so, dass etwa die Sozialsysteme in der Zukunft nicht mehr bezahlbar sind, man muss dazu nur die entsprechenden Weichen im Bildungssystem stellen um auch in Zukunft genügend Fachkräfte mit der entsprechenden Produktivität zu haben. Aber lieber achten die herrschenden Eliten weiter auf die Eklusivität des Bildungszuganges ihres Nachwuchses. Hier wird deutlich – wieder entgegen dem neoliberalen Dogma – wie wichtig der lenkende Eingriff des Staates gerade in diesem Bereich ist.

  13. „Deutschland sucht den Super-Prof“
    Mit seinem neuen BWL-Ranking sorgte das Handelsblatt für Wirbel: Über 300 Wissenschaftler wollten die Veröffentlichung der Ergebnisse verhindern. Die Folge: Eine Debatte über Transparenz und Bedeutung von Forschung.
    Für Alfred Kieser von der Zeppelin Universität Friedrichshafen und Margit Osterloh von der Universität Zürich befindet sich das Ranking intellektuell in einer Liga mit Fernsehsendungen wie “Deutschland sucht den Superstar”. Die Handelsblatt-Initiative schade der Wissenschaft, warnen Kieser und Osterloh in einem offenen Brief.
    Um die Veröffentlichung der Ergebnisse zu verhindern, haben sie zu einem Boykott aufgerufen. 339 Wissenschaftler wollen nicht im Ranking genannt werden – rund elf Prozent aller in der Datenbank erfassten Betriebswirte.
    Der Streit entpuppt sich dabei auch als Generationskonflikt: Je länger ein Professor im Dienst ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er das Ranking ablehnt. “Das akademische Alter erhöht die Austrittswahrscheinlichkeit hoch signifikant”, so Haucap.
    Quelle: Handelsblatt
  14. Appell an Verantwortung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen
    GEW-Wissenschaftskonferenz diskutiert Herrschinger Kodex “Gute Arbeit in der Wissenschaft” – Follow-Up-Kongress am 15. November in Berlin.
    Die 6. Wissenschaftskonferenz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist am Samstag mit einem Appell an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, ihren Beschäftigten berechenbare Karrierewege und stabile Beschäftigungsbedingungen anzubieten, zu Ende gegangen. “Alle Bundesländer haben die Autonomie der Hochschulen auch in Finanz- und Personalangelegenheiten massiv ausgebaut, der Bund möchte die Eigenverantwortung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen in einem ‘Wissenschaftsfreiheitsgesetz’ stärken. Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen daher jetzt ihre erweiterten Gestaltungsspielräume nutzen, um als verantwortungsbewusste Arbeitgeber anständige Beschäftigungsbedingungen und attraktive Arbeitsplätze zu bieten. Daher erwarten wir, dass sich jede Hochschule und Forschungseinrichtungen in einem Kodex ‘Gute Arbeit in der Wissenschaft’ auf Mindeststandards für berechenbare Karrierewege und stabile Beschäftigungsverhältnisse verpflichtet”, sagte das für Hochschule und Forschung verantwortliche Vorstandsmitglied der GEW, Andreas Keller, in Herrsching am Ammersee, wo sich knapp 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur viertägigen Konferenz versammelt hatten.

    Der Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Hans Jürgen Prömel, stellte auf der GEW-Wissenschaftskonferenz die im April 2012 einstimmig von der HRK-Mitgliederversammlung beschlossenen “Leitlinien für die Ausgestaltung befristeter Beschäftigungsverhältnisse mit wissenschaftlichem und künstlerischen Personal” vor. Die HRK-Richtlinien sehen u.a. vor, dass die Laufzeiten von Zeitverträgen so bemessen werden, dass das Qualifizierungsziel, z. B. die Promotion, in der Befristungszeit “erreichbar und wissenschaftlich ausführbar” ist. “Ein Schritt in die richtige Richtung”, lobte GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller die HRK-Initiative und bot den Hochschulen bei der Umsetzung der Richtlinien die Zusammenarbeit mit der GEW an.

    Weitergehende Empfehlungen als die HRK-Richtlinien enthält der auf der GEW-Wissenschaftskonferenz als Entwurf vorgelegte Herrschinger Kodex “Gute Arbeit in der Wissenschaft”. Der Herrschinger Kodex sieht beispielsweise einen “Tenure Track” für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Postdocs) vor, der diesen eine dauerhafte Perspektive an der Hochschule eröffnet, wenn sie die zu Beginn der Postdoc-Phase mit der Hochschule vereinbarten Qualifizierungsziele erreichen. Weiter wird im Herrschinger Kodex eine konsequente Anwendung der familienpolitischen Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gefordert, welche die Verlängerung von Zeitverträgen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Kinder betreuen, vorsieht. Die Einhaltung des Kodex soll durch eine spezielle Ombudskommission aus Hochschulmitgliedern und Expertinnen und Experten aus der Praxis überwacht werden.

    In einer Gesprächsrunde zum Thema “Wer zahlt, schafft an” diskutierten in Herrsching Geldgeber von Hochschulen und Forschungseinrichtungen, wie diese durch Auflagen, Anreize oder Zielvereinbarungen aktiv darauf einwirken können, dass Hochschulen und Forschungseinrichtungen tatsächlich konkrete Maßnahmen zur Verbesserung von Beschäftigungsbedingungen und Berufsperspektiven ergreifen. Anselm Fremmer (Deutsche Forschungsgemeinschaft), Ulrich Hörlein (Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst) und Antje Tepperwien (VolkswagenStiftung) erkannten grundsätzlich den Handlungsbedarf der Geldgeber an, sahen aber für ihre Institution jeweils unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten.

    Einen Blick über den Tellerrand wagten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 6. GEW-Wissenschaftskonferenz am Donnerstag im Gespräch mit Annette Hug von der schweizerischen öffentlichen Dienstgewerkschaft VPOD sowie Peter Korecky von der österreichischen Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Auf großes Interesse stieß bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass es der GÖD gelungen ist, in Tarifverhandlungen mit den österreichischen Universitäten eine Reform der Hochschulpersonalstruktur durchzusetzen und den “Tenure Track” im “Kollektivvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Universitäten” rechtsverbindlich zu verankern. In Deutschland wäre das schon aufgrund der geltenden Tarifsperre im Wissenschaftszeitvertragsgesetz ausgeschlossen. “Trauen Sie Gewerkschaften und Arbeitgebern auch im deutschen Wissenschaftssystem etwas zu, geben Sie Tariffreiheit!” appellierte Andreas Keller von Herrsching aus an Bundesregierung und Bundestag.

    Der Entwurf des Herrschinger Kodex “Gute Arbeit in der Wissenschaft” wurde auf der GEW-Wissenschaftskonferenz in insgesamt sechs themenorientierten Workshops intensiv beraten. Die Gremien der GEW werden jetzt die zahlreichen Verbesserungsvorschläge auswerten und in den Kodex einarbeiten. Auf dem dritten Follow-Up-Kongress zum Templiner Manifest am 15. November 2012 in Berlin möchte die GEW den fertigen Herrschinger Kodex der Öffentlichkeit präsentieren und Hochschulen und Forschungseinrichtungen einladen, sich nach dem Vorbild des Kodex selbst zu einer guten Personalpolitik zu verpflichten. Mit dem Templiner Manifest setzt sich die GEW seit 2010 unter dem Motto “Traumjob Wissenschaft” für eine umfassende Reform von Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung ein durch Bund, Länder und Hochschulen ein.
    Quelle: Pressemitteilung der GEW (noch nicht im Netz)

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