Arbeitsmarktzahlen im Juli: Kein Anlass zum Jubel – der Milliardenüberschuss der Bundesagentur ein Zeichen der Ohnmacht

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Mit 4,386 Millionen registrierten Arbeitslosen weisen die „aktualisierten“ Datenbestände im Juli 12.000 Arbeitslose weniger als im Vormonat und 451.000 weniger als im Juli vorigen Jahres aus. Die Arbeitslosenquote betrug 10,5 Prozent. Im Mai habe es voraussichtlich 26,23 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gegeben – 54.000 mehr als im Jahr davor. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger um 39.000, dazu trugen die Ein-Euro-Jobs bei. In solchen „Arbeitsgelegenheiten“ waren laut BA im Juni etwa 300.000 Arbeitslosengeld-II-Bezieher beschäftigt, die dadurch nicht mehr als arbeitslos gezählt werden – 80.000 mehr als vor einem Jahr.
Zahlen, die offenbar für die meisten Medien Anlass zum Jubel sind. Die Schattenseiten werden ausgeblendet.

Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise sprach von einer „Wende zum Besseren“. „Arbeitsmarkt überrascht im Juli positiv“ meldet Reuters. „Die konjunkturelle Erholung erreicht den Arbeitsmarkt“ titelt die FAZ. „Anlass zu Optimismus“ sehen die FinanzNachrichten oder „Die Trendwende ist erreicht“ jubelt der SPIEGEL. Auch wir freuen uns für jeden der 12.000 Arbeitslosen, die um Juli einen Job gefunden haben. Zum Jubel sehen wir jedoch keinen Anlass. Joachim Jahnke hat die Zahlen genauer angesehen und sieht noch viele Schattenseiten:

  • Die Zahl der der versicherungspflichtig Beschäftigten stagniert bei +0,2 % und das sind immer noch 221.000 weniger als vor zwei Jahren, so dass sich der Abbau an Arbeitslosigkeit bisher weitgehend in zusätzlichen Mini- und 1-Euro-Jobs erschöpft.
  • Die Zahl der älteren Arbeitslosen über 50 Jahre ist nur unterdurchschnittlich um 6,1 % zurückgegangen.
  • Die Zahl der Langzeitarbeitslosen liegt mit 42,9 % aller Arbeitslosen oder rund 1,9 Millionen immer noch um fast 9 % über dem Vorjahreswert.
  • 300.000 Menschen befinden sich in so genannten Arbeitsgelegenheiten oder 1-Euro-Jobs, die die Arbeitslosenstatistik künstlich niedriger halten. Deren Zahl ist fast 70 % höher als vor einem Jahr. Zählt man sie zu den Arbeitslosen, so wären diese nur um 3,8 % statt 9,3 % weniger geworden.
  • Die Lehrstellenlücke dürfte Ende September noch etwas größer sein als im vergangenen Jahr.

Angesichts dieser ernüchternden Tatsachen, ist es gerade keine „gute Nachricht“, wie der SPIEGEL meint, dass bei der Bundesagentur bis Ende Juli ein Überschuss von 5,29 Milliarden Euro auflief. Es ist eher ein Zeichen ihrer Ohnmacht.
Arbeitsminister Müntefering hat Recht: “Im Juli 2006 gibt es am Arbeitsmarkt nichts zu feiern.”

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