Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Stachel im welken Fleisch
  2. Türkei
  3. Syrien
  4. Methode Merkel
  5. ICIJ publiziert Teile der Offshore-Leaks-Datenbank
  6. Deutschlands Exportsucht zerstört die Euro-Zone
  7. The Shocking Amount of Wealth and Power Held by 0.001% of the World Population
  8. Hartz IV gefährdet die Gesundheit
  9. Willkommen in der EU!
  10. Innenminister Friedrich verteidigt US-Datenschnüffler
  11. Schlechte Nachrichten für Mieter und Internetnutzer
  12. „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“
  13. German Sociologists Boycott Academic Ranking
  14. Zu guter Letzt: Nordirland errichtet Potemkin’sche Dörfer
  15. Das Letzte: Das war für Berlin direkt (ZDF) als Berichterstattung über den Parteitag der LINKEN wichtig

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Stachel im welken Fleisch
    Es gibt noch linke Sozialdemokraten. Albrecht Müller gehört dazu. Der 75-Jährige hat Karl Schiller, Willy Brandt und Helmut Schmidt gedient und danach den Glauben an die SPD verloren. Aber er ist immer noch in der Partei, als Stachel in ihrem welken Fleisch. Auch deshalb kommt er als Hauptredner zu den S-21-Gegnern.
    Man muss nicht unbedingt der Sohn eines Zündholzgroßhändlers sein, aber es hilft. Beim Blick auf die Wirtschaft. Und schon sind wir bei Albrecht Müller. Als 16-Jähriger, das ging damals, hat er seinen behinderten Vater im Opel Kapitän zu den Konferenzen gefahren und aufmerksam zugehört, worüber die Herren geredet haben. Über den Markt, der bei den Zündhölzern noch weniger ein freier war, als bei den anderen Waren, die in den 50er-Jahren gehandelt wurden. Damals, sagt der in Meckesheim bei Heidelberg Geborene, habe er mehr gelernt, als später im Studium der Volkswirtschaft. Über Herren und Knechte und die Tritte unterm Tisch.
    Müller ist Sozialdemokrat seit 50 Jahren. Für Wirtschaftsminister Karl Schiller hat er die Reden geschrieben, für Willy Brandt und Helmut Schmidt die Planungsabteilungen geführt, von 1987 bis 1994 im Bundestag gesessen, und danach hat er gelitten. An seiner Partei, die eigentlich nicht mehr seine war, die mit half, den Reichtum von unten nach oben zu verteilen, die mit in den Krieg zog und den Menschen erzählte, dass dies alles notwendig sei, um Frieden und Wohlstand in Deutschland und Europa zu erhalten. “Die neue Strategie der SPD war”, bilanziert der heute 75-Jährige, “sich zu opfern”.
    Quelle: Konext: Wochenzeitung
  2. Türkei
    1. Man muss die brutale Staatsgewalt in der Türkei, Syrien, den USA, in Deutschland und anderswo in der Welt zusammendenken
      Jedem an einer friedlichen Auseinandersetzung interessierten Menschen muss das brutale Vorgehen Erdogans und seiner Staatsgewalt gegen friedliche Demonstranten erschrecken und betroffen machen. Es macht auch keinen Sinn, Gewalt zu relativieren. Dient dies doch bewusst oder unbewusst nur dazu, Gewalt zu rechtfertigen. Und darin liegt vielleicht die Wurzel allen Übels: Die Anwendung von Gewalt wird nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Im Gegenteil, jeder Staatenlenker, sei es, dass er ein Land regiert oder auch nur eine Stadt, rechtfertigt den Einsatz von Gewalt, wenn er deren Anwendung auch zeitgleich mit erhobenem Zeigefinger in Richtung anderer staatlicher und nicht-staatlicher Gewalttäter verurteilt.
      Noch vor kurzem verurteilte derselbe Erdogan, der jetzt gegen seine eigene Bevölkerung Krieg führt, das Vorgehen Assads in Syrien. Was sollen deutsche Politiker wiederum schon groß einwenden gegen die Gewalt in der Türkei, angesichts der Polizei-Gewalt vor einigen Jahren beim G-8-Gipfel in Heiligendamm oder gegen Gegner von Stuttgart 21 oder erst kürzlich gegen Demonstranten bei Blockupy in Frankfurt, angesichts der zeitgleichen Akzeptanz und Beförderung von Kriegsdrohnen, Guantanamo, der gewaltsamen Verteidigung “deutscher Interessen” am Hindukusch und massiver Waffenexporte in alle Herren Länder?
      Es ist die breite und selbstverständliche Akzeptanz von Gewalt, die unsere Zivilisation, die genau deswegen immer noch keine ist, im Grunde genommen keinen Schritt voran gebracht hat bzw. uns immer wieder hinter bereits erreichte diplomatische Errungenschaften zurückfallen lässt. Doch die Gewalt beginnt schon viel früher.
      Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
    2. Gesichter von Gezi
      Mit Tränengas, Wasserwerfern und blanker Gewalt hat die türkische Polizei am Wochenende den Gezi-Park geräumt. Wir waren kurz vorher noch dort und haben mit vier jungen Menschen gesprochen, die für die Regierung “Terroristen” sind.
      Quelle: SZ
    3. Aufnahme in die EU

      Quelle: Klaus Stuttmann
  3. Syrien
    1. »Syrien droht der Staatszerfall«
      Christiane Reymann ist Journalistin und aktiv in der Partei Die Linke sowie der Europäischen Linkspartei. Zusammen mit Wolfgang Gehrcke hat sie das Buch »Syrien. Wie man einen säkularen Staat zerstört und eine Gesellschaft islamisiert« (PapyRossa-Verlag) herausgegeben
      Noch im Sommer sollen in Genf auf Initiative Rußlands, der USA und der UNO Friedensgespräche zu Syrien stattfinden. Sie waren vom 2. bis 8. Juni mit einer Delegation der internationalen Initiative »Peace in Syria« in Damaskus, haben dort mit Vertretern von Oppositionsgruppen sowie auf Ministerebene mit der Regierung und mit Präsident Baschar Al-Assad gesprochen. Wie groß ist die Bereitschaft zum Dialog?
      Sehr groß, die Erwartungen sind fast zu hoch. Die Regierung ist gut vorbereitet. Die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen setzen große Hoffnungen auf Genf. Es herrscht eine Stimmung wie »Das ist unsere letzte Chance«, was es nicht ist. Ich glaube nicht, daß sich der Krieg durch Gespräche in Genf beenden läßt, aber es wird eine wichtige Etappe auf dem Weg zum Frieden, wenn Frieden das Thema ist und nicht ein sogenannter Regime Change. (…)
      Präsident Assad hat sich in einem Interview mit dem libanesischen TV-Sender Al-Manar (siehe jW vom 4. und 5. Juni) siegessicher gezeigt. Wie haben Sie die Stimmung in Damaskus erlebt?
      Als wir in der Hauptstadt ankamen und unsere ersten Gespräche führten, tobte noch der Kampf um Kusair. Am zweiten Tag kam dann die Meldung vom Sieg. Man hat unseren Gesprächspartnern physisch die Erleichterung angemerkt – Regierungsvertretern wie auch vielen anderen. Kusair war zwar kein Stalingrad, aber eine für sie sehr wichtige Schlacht.
      Meiner Wahrnehmung nach vertraut die Regierung darauf, daß sie im Zweifelsfall, falls Genf scheitert, militärisch weitermachen und siegen kann. Das besorgt mich, weil es eine Art Hintertür läßt. Dieser Krieg ist militärisch nicht zu gewinnen. Es kann sein, daß die Armee eine Zeitlang militärisch die Oberhand behalten kann. Aber das Land ist jetzt schon in einem so desaströsen Zustand, daß ein Zerfall nicht unwahrscheinlich ist.
      Die religiösen Selbstdefinitionen bilden sich in Syrien in Windeseile heraus, und das in einer Schärfe, die niemand erwartet hat. Mich erinnert das an das ehemalige Jugoslawien in den 90er Jahren, wo es auf einmal Katholiken, Orthodoxe und Muslime, Kroaten und Serben gegeben hat. Eine solche Dynamik ist nur ganz schwer zu bremsen und rückgängig zu machen.
      Quelle: Junge Welt

      Anmerkung C.R.: Die jüngsten Verlautbarungen aus Washington verheißen nichts Gutes: Der angebliche Chemiewaffeneinsatz, den die US-Regierung offenbar ebenso beweisen kann wie seinerzeit im Irak, sollte womöglich Rußland zum Einlenken bewegen. Das Gegenteil scheint jedoch der Fall zu sein und die USA sollten ernsthaft ihre Einstellung zum militärischen Engagement überdenken und endlich Beiträge für friedliche politische Lösungen leisten. Mit Obama steht nicht lediglich das Ansehen eines US-Präsidenten, sondern das eines Friedensnobelpreisträgers auf dem Spiel.

    2. USA, Syrien und die Chemiewaffen
      Gespräch mit Günter Meyer: Die USA wollen die Rebellen im Kampf gegen die Regierung von Präsident Assad mit Waffen unterstützen. Das syrische Regime habe eine “rote Linie” überschritten, so Obama. Syrien habe Chemiewaffen gegen die Opposition eingesetzt. Was heißt das, fragen wir Günter Meyer, Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz
      Quelle: 3sat

      dazu auch: Günther Meyer – Eine Giftgas-Verschwörung der Assad-Gegner?

    3. Syria’s Strategic Balance at a Tipping Point
      The Syrian conflict has entered a critical phase with the fall of the town of Qusair to regime troops backed by Hezbollah fighters in the early hours of June 5. Both sides have made gains and suffered losses over the past six months, so this should be no different. But the discrepancy between the regime’s underlying strengths and the armed opposition’s enduring weaknesses is starting to tell.
      If the strategic equilibrium that has emerged since November 2012 tips further, it will be a decisive shift in the regime’s favor. The political and military wings of the opposition must address their most serious shortcomings. If they do not, they will be in retreat, if not full flight, by the end of 2013.
      Quelle: Carnegie Middle East Center

      Anmerkung Niels Kardritzke: Die ist ein extrem interessanter (und realistischer) Bericht über die Lage in Syrien. Obwohl auf englisch, müsste es genügend Leser geben, die sich für eine solche “harte” Analyse interessieren.

  4. Methode Merkel
    Stuttgart 21 wird scheitern. Da ist sich Volker Lösch ganz sicher. Aus vielen Gründen. Der Regisseur und profilierte S 21-Gegner sieht ganz neue Schubkraft für den Protest, wenn das „Prinzip Stuttgart 21“ als „Methode Merkel“ erkannt und auf die Bundesebene gehievt wird. Auf die Grünen setzt er dabei allerdings nicht mehr. Ein Interview aus Anlass der Großkundgebung am 15. Juni. (…)
    Der S 21-Protest steht also vor dem Aufbruch in eine neue Dimension?
    Abwarten. Wir stehen vielleicht am Anfang von etwas Neuem. Wir haben schon so viel erreicht, warum soll da nicht noch mehr drin sein? Der Menschenschlag hier ist dickköpfig und konsequent, lernfähig und streitlustig. Hier haben sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen.
    Zusammenfassend drei kurze Fragen:
    S 21 kommt: Wer hat was davon?
    Die Bauwirtschaft, die Immobilienspekulanten und eine Politiker-Kaste, die ihre Klientelpolitik weiter betreiben möchte.
    Warum kommt S 21 nicht?
    Weil der Widerstand in der Bevölkerung zu groß und zu nachhaltig ist. Weil er sich nicht kleinkriegen lässt. Weil er nicht aufhören wird. Weil irgendein Argument, irgendein Fakt oder irgendein Umstand dieses Projekt scheitern lassen wird.
    Und wenn S 21 doch kommt?
    Dann wird es nicht funktionieren. Allein schon aus technischen Gründen. Es ist nicht nur das dümmste und am schlechtesten geplante Großprojekt, es ist auch das Projekt mit den meisten technischen Mängeln. Es würde eine gigantische Bauruine, ein Ort der Apokalypse werden.
    In Ihrer Rede zur Verleihung des Lessing-Preises fantasieren Sie sich im Weimarer Altersheim für Künstler ins “Weimar 2033”, in ein von Neo-Nazis freies Weimar. Was sieht Ihre Fantasie für “Stuttgart 2033”?
    2033 wird in Stuttgart ein hochmoderner, funktionierender Kopfbahnhof in Betrieb sein. Die Stadt ist komplett autofrei, radikal begrünt und mit vielfältigen alternativen Wohn- und Lebensmodellen Vorbild für die lebenswerte Stadt der Zukunft. Bürgerschaft und Zivilgesellschaft sind durch den Sieg im Kampf gegen S 21 entscheidend gestärkt. Die Politik verhandelt alle wichtigen Entscheidungen, die die Allgemeinheit betreffen, direkt-demokratisch. Es gibt keine Armen mehr in Stuttgart, aber auch keine Milliardäre. Alles in allem geht es gerechter zu. Es regiert irgendeine rot-grüne Koalition, Kanzlerin ist immer noch Angela Merkel. Aber das ist alles nicht mehr so wichtig, denn Parteien haben nur noch wenig Macht. Grube und Merkel haben sich wegen des Katastrophen-Projekts S 21 entschuldigt; natürlich halbherzig, gezwungen vom Druck der öffentlichen Meinung, aber sie haben ihre Schuld daran geschickt auf andere geschoben. Stuttgart wird dauerhaft Kulturhaupstadt Europas, der VfB holt das Triple, und in den Stuttgarter Altersheimen lachen K 21-Veteranen immer wieder herzhaft über Merkels Märchen von der “Alternativlosigkeit”.
    Quelle: Kontext
  5. ICIJ publiziert Teile der Offshore-Leaks-Datenbank
    Firmenbesitzer, Manager, Anwälte: Die Investigativ-Journalisten von ICIJ machen die Namen aus den Offshore-Leaks-Daten zu Unternehmenskonstrukten in Steueroasen teilweise als Datenbank verfügbar und durchsuchbar.
    Fragen und Antworten
    Seit Samstagmorgen sind Hunderttausende Offshore-Leaks-Daten öffentlich einsehbar und recherchierbar. Das Internationale Konsortium für Investigativen Journalismus (ICIJ) in Washington, das den immensen Datensatz vor etlichen Monaten von einer anonymen Quelle zugespielt bekam, macht damit wesentliche Informationen über ein Suchtool im Internet verfügbar. Angezeigt werden Angaben zu Firmen, zu ihren Besitzer und Managern, sowie zu dazwischen geschalteten Verwaltern wie Anwälten und Banken.
    Warum macht das ICIJ die Daten öffentlich?
    Um allen Journalisten und Bürgern weltweit die Recherche in diesen Daten zu ermöglichen – und um auf diese Art Transparenz zu schaffen in einer Umgebung, die von der Geheimhaltung lebe und so “Betrug, Steuerhinterziehung, Geldwäsche und andere Formen der Korruption” ermögliche, sagt ICIJ-Direktor Gerard Ryle. Das ICIJ folgt damit einem Verständnis von Transparenz, das in vielen Ländern erheblich stärker ausgeprägt ist als in Deutschland. In Schweden sind Steuerdaten von jedermann einsehbar, in den USA sind viele öffentliche Datenbanken online verfügbar, so dass jeder Bürger jederzeit selbst staatliche Daten prüfen kann – von einfachen Grundbucheinträgen bis hin zu Gerichtsurteilen, mit vollen Namen oder Fotos und Identitäten von Festgenommenen. In der Tradition dieser Transparenzkultur ist die jetzige Veröffentlichung zu sehen – wobei die Datenbank sehr viele sensible Daten nicht enthält, die in den Originaldaten noch enthalten waren: Kopien von Personalausweisen, Mailadressen, Kontodaten und anderes, was die Privatsphäre der Betroffenen berührt.
    Quelle: süddeutsche

    passend dazu: Sven Giegold: Steuerflucht wird schwieriger
    Seit einigen Monaten sind die Regierungsverbünde OECD, G 8, G 20 und EU so aktiv wie nie im Kampf gegen Steuerflucht und aggressive Steuervermeidung von Großunternehmen. Beim genaueren Hinsehen wird jedoch deutlich, dass es bei der Schließung von Steueroasen für Privatpersonen deutlich besser vorangeht als bei den dreisten Steuerschiebereien transnationaler Unternehmen. Hier genügt es nicht, Informationen auszutauschen. Staaten müssen sich vielmehr auf Regeln einigen, wer bei verflochtenen Unternehmen das Besteuerungsrecht auf welches Einkommen hat. Das greift tief in die Souveränität von Staaten ein. Wie arm sich Konzerne rechnen können, haben Amazon, Google, Starbucks & Co hinlänglich bewiesen. Doch ganz einfache Antworten gibt es darauf nicht. Gerade in der EU müssen Mitgliedsländer bereit sein, die Regeln zur Berechnung ihrer Steuerbasis anzugleichen. Das wird aber nicht genügen. Auch Mindeststeuersätze auf Unternehmensgewinne sind notwendig, um dem Steuertreiben Einhalt zu gebieten. Dabei können diese Mindeststeuersätze in ärmeren Staaten niedriger sein als in reichen, da sie ja auch weniger Bildung, Infrastruktur und Sicherheit für die Investoren bieten. Doch davon sind wir noch weit entfernt, denn die Ideologie von der segensreichen Wirkung des Steuerwettbewerbs ist noch tief verankert, auch in unserer Bundesregierung. Dabei ist doch offensichtlich, dass offene Grenzen auch gemeinsame Regeln für alle Wettbewerber brauchen. – Tragisch waren die letzten Wochen für die Finanztransaktionssteuer. Nachdem elf Staaten sich in der EU zusammengetan haben, um die Steuer in einer “verstärkten Zusammenarbeit” in der EU einzuführen, steckt nun der Teufel im Detail. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Finanzindustrie und von ihnen bezahlte Spindoktoren und Studienschreiber nicht neues Störfeuerwerk entzünden. Viele Gegner der Steuer haben nun die Strategie gewechselt und verlangen dreiste Ausnahmen – wohl wissend, dass wesentliche Ausnahmen wie auf Derivate, Investmentfonds & Co der Tod der Steuer sind, weil sie dann mithilfe von Finanzalchemie leicht umgehbar wird. Gut möglich, dass die Finanzindustrie Erfolg haben wird und die Spekulationssteuer zu einer Ministeuer auf wenige Finanzprodukte geschrumpft wird.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Kann man wirklich davon sprechen, dass in Europa der automatische Informationsaustausch zu Privatpersonen vorangekommen ist? Beim letzten Treffen der EU-Regierungen, dezidiert dem Thema Steuern gewidmet, haben das kleine Luxemburg und Österreich die EU wieder einmal ausgebremst. Die automatische Übermittlung von Kontendaten soll erst dann beschlossen werden, wenn dies für Schweiz und Liechtenstein gelten werde. Und zu den Steuervermeidungsstrategien der Großkonzerne, die durch die großen Unterschiede der Unternehmensbesteuerung in den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, wurde bereits im Vorwege beschlossen, über diese erst gar nicht zu sprechen. Manche, vor allem die Finanzindustrie werden von dem merkelschen “Wir müssen sehen, was möglich ist” tief beeindruckt sein. So erfreulich es ist, dass das Journalistennetzwerk ICIJ kurz vor Beginn des G8-Gipfels mit Veröffentlichung von Offshore-Leaks-Daten den Druck an die Bekämpfung von Steuerflucht und Steueroasen erinnern wollte, der Gipfel wird wohl im Schatten des Waffenangebots der USA an syrische Rebellen ablaufen. – Das Netzwerk stellte am Samstag die Namen und Daten von 120.000 Treuhandgesellschaften und Firmen und 130.000 involvierten Personen, die in Steueroasen ihren Sitz haben, ins Internet.

  6. Deutschlands Exportsucht zerstört die Euro-Zone
    Deutschland ist besessen vom Export – meint der US-Ökonom Adam S. Posen. Damit schade es nicht nur den Krisenländern, sondern beraube deutsche Arbeitnehmer auch ihres gerechten Lohns.
    Billige Arbeit ist keine Basis, auf der reiche Länder miteinander konkurrieren sollten. Doch genau diese billige Arbeit ist der Hauptgrund des deutschen Exporterfolgs der letzten zwölf Jahre. Der Export wiederum war für Deutschland die einzige Quelle wirtschaftlichen Wachstums. Die Vorstellung, dass Handelsüberschüsse den wirtschaftlichen Rang eines Landes bestimmten, ist in der Bundesrepublik nun schon allzu lange verbreitet. Das und die Probleme der Euro-Südländer wiegen die Deutschen in einem falschen Gefühl der Sicherheit. Die Deutschen denken, dass alles in bester Ordnung sei mit der Wirtschaftspolitik der schwarz-gelben Koalition und der deutschen Wirtschaft überhaupt. Das ist nicht der Fall.
    Niemand kann das Mini-Wunder leugnen, das der deutsche Arbeitsmarkt in der vergangenen Dekade erlebt hat. Der Rückgang der Arbeitslosenrate von elf auf unter sechs Prozent, und das in Zeiten der Schulden- und Euro-Krise, ist als historisch zu bezeichnen. Wie schon oft erwähnt, ging dies einher mit der Vermehrung der Minijobs und der Leiharbeit.
    Die Inhaber dieser Jobs genießen nicht den Schutz und die Vorzüge, die für frühere Generationen selbstverständlich waren. Lediglich im vergangenen Jahr übertrafen die Lohnsteigerungen die Summe von Inflation und Produktivitätswachstum, konnten die deutschen Arbeitnehmer also die Früchte ihrer Arbeit genießen. Deutschland hat eine interne Abwertung betrieben, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.
    Quelle: welt
  7. The Shocking Amount of Wealth and Power Held by 0.001% of the World Population
    Many now know the rhetoric of the 1% very well: the imagery of a small elite owning most of the wealth while the 99% take the table scraps.
    In 2006, a UN report revealed that the world’s richest 1% own 40% of the world’s wealth, with those in the financial and internet sectors comprising the “super rich.” More than a third of the world’s super-rich live in the U.S., with roughly 27% in Japan, 6% in the U.K., and 5% in France. The world’s richest 10% accounted for roughly 85% of the planet’s total assets, while the bottom half of the population – more than 3 billion people – owned less than 1% of the world’s wealth.
    Looking specifically at the United States, the top 1% own more than 36% of the national wealth and more than the combined wealth of the bottom 95%. Almost all of the wealth gains over the previous decade went to the top 1%. In the mid-1970s, the top 1% earned 8% of all national income; this number rose to 21% by 2010. At the highest sliver at the top, the 400 wealthiest individuals in America have more wealth than the bottom 150 million. (…)
    In early 2013, Oxfam reported that the fortunes made by the world’s 100 richest people over the course of 2012 – roughly $240 billion – would be enough to lift the world’s poorest people out of poverty four times over. In the Oxfam report, “The Cost of Inequality: How Wealth and Income Extremes Hurt Us All,” the international charity noted that in the past 20 years, the richest 1% had increased their incomes by 60%. Barbara Stocking, an Oxfam executive, noted that this type of extreme wealth is “economically inefficient, politically corrosive, socially divisive and environmentally destructive…We can no longer pretend that the creation of wealth for a few will inevitably benefit the many – too often the reverse is true.”
    The report added: “In the UK, inequality is rapidly returning to levels not seen since the time of Charles Dickens. In China the top 10% now take home nearly 60% of the income. Chinese inequality levels are now similar to those in South Africa, which is now the most unequal country on Earth and significantly more unequal than at the end of apartheid.” In the United States, the share of national income going to the top 1% has doubled from 10 to 20% since 1980, and for the top 0.01% in the United States, “the share of national income is above levels last seen in the 1920s.”
    Quelle: AlterNet
  8. Hartz IV gefährdet die Gesundheit
    Das Jobcenter Ennepe-Ruhr zahlt Diabetes-Krankem 6 Monate kein Geld – nicht mal für dringend nötige Medikamente. (Brigitte Vallenthin)
    Selbst nach einem Gerichtsbeschluss im Eilverfahren sah sich das Jobcenter Ennepe-Ruhr-Kreis (EN)nicht an Recht und Gesetz gebunden und verweigerte – wie zuvor bereits 6 Monate – weiterhin einem an Diabetes Erkrankten die ihm von der 33. Kammer des Sozialgerichts Dortmund zugesprochene Leistung. In einem Brief forderte der Betroffene jetzt Amtsleiter Heiner Dürwald auf, die Anordnung des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Mai durch Zahlung zu befolgen. Andernfalls wird das Jobcenter bald Besuch vom Gerichtsvollzieher bekommen. (…)
    Vier Tage nach dem Gerichtstermin ging per Fax der Beschluss ein: Keine Miete und noch nicht einmal 10% der zustehenden Leistungen für die zurückliegenden Monate. Lediglich als Almosen der Regelsatz von 382,- € für die zwei Monate – „längstens jedoch bis zum 30.06.2013“. Bis zu diesem Datum sind nur noch gut zwei Wochen. Und der 52-Jährige Diabetes-Kranke hat vom Jobcenter immer noch nicht einmal die Almosen-Zuteilung des Sozialgerichts für Mai und Juni erhalten – von der Frage, wovon er ab Juli leben soll gar nicht zu reden.
    Wird Jobcenter-Chef Heiner Dürwald dem Steuerzahler noch Gerichtsvollzieherkosten aus der Tasche ziehen?
    Seit dem 29. Mai hat der „Kunde“ mit zahlreichen Telefonaten und persönlichen Vorsprachen im Jobcenter versucht, an sein Geld zu kommen. Gleich im Eingangsbereich der Behörde wurde er abgewimmelt. Schließlich am 11. Juni kam er dann doch noch bis zum Vorgesetzten seiner Sachbearbeiterin. Das Ergebnis wie zuvor: „wir zahlen nicht“.
    Inzwischen hat er an den Amtschef seines Jobcenters, Heiner Dürwald, geschrieben und ihm Gelegenheit zur Zahlung gegeben, damit dem Steuerzahler die Kosten für den Besuch des Gerichtsvollziehers erspart bleiben. Jetzt wartet die Hartz4-Plattform gespannt, ob der Verwaltungschef die Bindung an Recht und Gesetz so ernst nimmt, dass er den titulierten Rechtsanspruch gegen seine Behörde doch noch freiwillig erfüllt. Andernfalls hat der Betroffene keine andere Wahl, als unter Wahrung der Gerichtsfrist noch vor Ende des Monats Vollstreckungsantrag gegen das Jobcenter Ennepe-Ruhr-Kreis beim Gericht zu stellen.
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  9. Willkommen in der EU!
    Die deutsche Öffentlichkeit glaubt nun, dass die türkische Europauntauglichkeit nachdrücklich unterstrichen sei. Das ist mutig für die Öffentlichkeit eines Landes, in dem in der jüngsten Vergangenheit Kapitalismuskritiker und Bahnhofsgegner mehrfach krankenhausreif geprügelt wurden.
    Na ja, mutig – oder einfach nur betriebsblind. Vielleicht handelt es sich ja auch im besten psychoanalytischen Sinne um die unbewusste Verlagerung eigenen Versagens auf ein anderes Objekt. Mit freundlicher Unterstützung der Polis natürlich. Es ist in jedem Falle ein Gutteil Chuzpe dabei, die Ereignisse in der Türkei als Feigenblatt zu verwenden.
    Mir war nämlich so, als habe amnesty international vor einigen Jahren erst erklärt, dass ausgerechnet im europatauglichen Deutschland die Polizeigewalt floriere. Von Schlägern in Uniform schrieben manche Zeitungen damals. Schläge und Schikane wären demnach üblich – und tödliche Ausgänge hätte es schon mehrfach gegeben. Die Berichte der letzten Jahre, aus Heiligendamm, Stuttgart und Frankfurt, haben doch zudem belegt, dass dieses Land ein Expansionsfeld für aggressive junge Leute ist, die sich im Öffentlichen Dienst zum Wohle der Allgemeinheit austoben wollen. Gut, ist ja wahrscheinlich nicht weiter schlimm, denn amnesty international hat dieses Phänomen der gesamten EU attestiert. Ist halt ein Trend – was will man da machen?
    Was ist jetzt eigentlich der große Unterschied zwischen türkischen und deutschen Knüppeln? Mancher wird nun sagen, dass die Gewalt in der Türkei unvergleichlich sei. Das sag’ mal einer dem erblindeten Typen aus Stuttgart, der weiß was über Unvergleichlichkeiten zu berichten. Platzwunden sind immer unvergleichlich, keine sieht aus wie die andere. Überhaupt so ein dämliches Wort – wie auch dieses “unverhältnismäßig”, das einige moderaten Kritiker des Frankfurter Straßenterrors in den Mund nahmen. Was soll denn das sein, unverhältnismäßig? Welches Verhältnis und in welcher Relation dazu ist gemeint?
    Quelle: ad sinistram
  10. Innenminister Friedrich verteidigt US-Datenschnüffler
    Etliche deutsche Politiker haben die Netzüberwachung durch den US-Geheimdienst NSA scharf kritisiert. Andere Töne kommen jetzt von CSU-Mann Hans-Peter Friedrich. Der Innenminister meint: So darf man mit Freunden nicht umgehen.
    Im Skandal um die Überwachung des Internets in den Vereinigten Staaten hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die USA vor deutscher Kritik verteidigt. „So geht man nicht mit Freunden um, die im Kampf gegen den Terrorismus unsere wichtigsten Partner sind“, sagte der Minister der „Welt am Sonntag“. Friedrich betonte, Deutschland sei von Datenzulieferungen aus den USA abhängig. Es sei bekannt, „dass es die US-Geheimdienste sind, die uns immer wieder wichtige und richtige Hinweise gegeben haben“.
    Quelle: tagesspiegel

    passend dazu: Negativpreis für Innenminister Friedrich
    Die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) den Negativpreis “Verschlossene Auster” verliehen. Damit werde die restriktive Haltung von Friedrich in der Auseinandersetzung um Auskunftsrechte von Journalisten bei Bundesbehörden und die Blockadehaltung des Ministeriums beim Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gewürdigt, hieß es in einer Mitteilung des Netzwerks Recherche. Zudem habe Friedrich, der auch Sportminister ist, die Veröffentlichung der Medaillenvorgaben der Sportförderung bei den Olympischen Spielen 2012 gerichtlich zu verhindern versucht. (…) Die Vergabe des Kritikpreises “Verschlossene Auster” ist alljährlich ein Höhepunkt bei der Tagung der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. Diese wenig schmeichelhafte Auszeichnung erhalten Menschen oder Organisationen, die sich Journalisten gegenüber abschotten und Informationen verweigern. Im Jahr der Finanzkrise 2009 hatte sie der Bundesverband deutscher Banken erhalten, 2012 war der Weltfußballverband FIFA als “Informationsblockierer des Jahres” dran. Auch der frühere Bahnchef Hartmut Mehdorn und die Katholische Kirche sowie der Discounter Aldi waren schon Preisträger.
    Quelle: fr

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Es ist bezeichnend für den CSU-Innenminister Friedrich, daß er im Zusammenhang mit der weltweiten Datenschnüffelei des US-Geheimdienstes NSA wieder einmal versucht, mit nebulösen und unbewiesenen Behauptungen die Einschränkung von Freiheitsrechten zu rechtfertigen. Im Tagesspiegel heißt es unter der Überschrift “Innenminister Friedrich verteidigt US-Datenschnüffler“:
    “„So geht man nicht mit Freunden um, die im Kampf gegen den Terrorismus unsere wichtigsten Partner sind“, sagte der Minister der „Welt am Sonntag“. Friedrich betonte, Deutschland sei von Datenzulieferungen aus den USA abhängig. Es sei bekannt, „dass es die US-Geheimdienste sind, die uns immer wieder wichtige und richtige Hinweise gegeben haben“. Friedrich sagte, die US-Geheimdienste hätten geholfen, mehrere Anschläge bereits in der Vorbereitungsphase zu verhindern und Menschenleben zu retten. Deutschland sei daher „sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit“.”
    Wird von Politikern versucht, grundlegende bürgerliche Freiheitsrechte einzuschränken, dann wird zumeist die Standard-Rechtfertigung “Kampf gegen den Terrorismus” vorgeschoben. Es wird behauptet, die Aufrechterhaltung eines bestimmten Grundrechtes fördere terroristische Anschläge und gefährde damit Menschenleben. Stichhaltige Beweise werden zumeist nicht geliefert, vielmehr spekulieren politische Hardliner vom Schlage des CSU-Innenministers Friedrich darauf, das Schüren von Bedrohungsängsten würde die Bürgerinnen und Bürger davon abhalten, gegen das Schleifen bürgerlicher Freiheitsrechten aufzubegehren. Doch selbst für den Fall, daß das vorgebrachte Argument “Terrorismusbekämpfung” zumindest ein Körnchen Wahrheit enthalten sollte, wäre im Rahmen einer Güterabwägung zu prüfen, ob der vorgegebene Zweck – die Terrorismusbekämpfung – das anvisierte Mittel – die massive Grundrechtseinschränkung – rechtfertigt. Zudem sollten sich politische Hardliner wie Bundesinnenminister Friedrich zunächst einmal an an die eigene Nase fassen und sich für eine Beendigung jener völkerrechtswidrigen und inhumanen militärischen, außenpolitischen und ökonomischen Praktiken stark machen, die der Ausbreitung des weltweiten Terrorismus immer wieder aufs Neue Vorschub leisten: Das Führen von völkerrechtswidrigen Kriegen, der weltweite Einsatz von Kampfdrohnen (denen zudem zahlreiche unschuldige Zivilisten zum Opfer fallen und deren Einsatz terroristischem Handeln immer ähnlicher wird, wie Stephan Hebel kürzlich in einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau treffend feststellte), Rüstungsexporte an diktatorische Regime oder auch die Kumpanei mit polit-ökonomischen Eliten in Diktaturen zu Lasten der dortigen Bevölkerungsmehrheiten. Aber diesbezüglich herrscht gerade auch bei Bundesinnenminister Friedrich völlige Funkstille. Hans-Peter Friedrich sowie zahlreichen weiteren auf seiner politischen Linie liegenden Politikern sei folgender, Benjamin Franclin (einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten) zugeschriebene Ausspruch ins Stammbuch geschrieben: “Wer grundlegende Freiheiten aufgibt, um vorübergehend ein wenig Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.”

    Dazu: BND weitet Internet-Überwachung aus
    Der BND liest mit: Nicht nur die amerikanische NSA, auch der deutsche Auslandsgeheimdienst kundschaftet internationalen Mailverkehr aus. Nun soll die Netzüberwachung sogar ausgebaut werden.
    Der Bundesnachrichtendienst (BND) will die Überwachung des Internets trotz des Skandals um die amerikanische Datenspionage massiv ausweiten. Wie der „Spiegel“ berichtet, hat der deutsche Auslandsgeheimdienst dazu ein 100-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, das sich über die kommenden fünf Jahre streckt. Mit dem Geld wolle der BND die Abteilung „Technische Aufklärung“ um bis zu 100 neue Mitarbeiter aufstocken und in großem Umfang neue Rechen- und Serverkapazitäten aufbauen. In einer ersten Tranche habe die Bundesregierung bereits fünf Millionen Euro freigegeben.
    Mit den neuen Kapazitäten will der BND dem Bericht zufolge ähnlich wie die amerikanische NSA sicherstellen, dass der grenzüberschreitende Datenverkehr möglichst umfassend überwacht werden kann. Im G-10-Gesetz ist festgelegt, dass der Geheimdienst bis zu 20 Prozent der Kommunikation zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland auf verdächtige Inhalte prüfen darf. Aufgrund technischer Probleme würden die Beamten bislang aber nur knapp fünf Prozent der E-Mails, Telefonate, Facebook-Konversationen oder Skype-Unterhaltungen auswerten.
    Quelle: FR

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Das sehr kostenintensive Schnüffeln erfolgt mit der wohlkingenden Begründung, so ließen sich verdächtige E-Mails und SMS aufspüren, die auf Terrorismus sowie auf Waffen- und Menschenhandel hindeuten. Welcher Waffenhandel ist hier gemeint? Auch beispielsweise jene deutschen Rüstungsexporte an das salafistische Regime in Saudi-Arabien, die von diesem im Bedarfsfalle nicht nur zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung benutzt werden, sondern von den saudische Truppen bereits eingesetzt wurden, um die Demokratiebewegung im Nachbarstaat Bahrain blutig niederzuschlagen? Vor heimischem Wahlpublikum schwingt CSU-Bundesinnenminister Friedrich gerne populistisch die Salafisten-Keule. Den “christlichen” Bundesinnenminister scheinen bei der Belieferung des saudischen Salafistenregimes mit deutschen Rüstungsgütern jedoch keinerlei Gewissensbisse zu plagen.

  11. Schlechte Nachrichten für Mieter und Internetnutzer
    Peer Steinbrück hat sein “Kompetenzteam” komplettiert und seinen Sprecher ausgewechselt
    Diese Woche gab der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bekannt, dass er seinen bisherigen Pressesprecher Michael Donnermeyer durch einen Mann namens Rolf Kleine ersetzt hat. Der hat einen etwas merkwürdigen Humor und war bis zum Sonntag Lobbyist bei der FirmaDeutsche Annington. (…)
    Der Glaubwürdigkeit von Steinbrücks Versprechen, sich für Mieter einzusetzen, war dieser Wechsel deshalb nicht unbedingt dienlich. Kleine ist allerdings nicht die einzige Personalie sein, die der SPD im Wahlkampf eher schaden als nützen dürfte: In Steinbrücks am 10. Juni komplettiertem “Kompetenzteam” ist nämlich mit der ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries ausgerechnet die Frau für Verbraucherschutz zuständig, deren Auskunftsanspruchs gegen Access-Provider dem IT-Fachanwalt Thomas Stadler zufolge die Filesharing-Massenabmahnungen “überhaupt erst möglich” machte.
    Dass sie nicht wusste, was ein Browser ist, hinderte die unbelehrte Mutter der Vorratsdatenspeicherung nicht daran, die Rechtslage für Internetnutzer in Deutschland auch bei mehreren anderen Gelegenheiten entscheidend zulasten der Verbraucher zu verschlechtern – zum Beispiel durch ein neu eingeführtes Verbot von “Umgehungstechnologie” im Urheberrechtsgesetz. Die 59-Jährige passt allerdings insofern gut zu Steinbrück, als der Kanzlerkandidat selbst potenzielle Verschlechterungen für Internetnutzer in Aussicht stellt – etwa eine “Verbesserung” des ab 1. August gültigen Leistungsschutzrechts für Presseverlage, die er unlängst auf einem Kongress des Verbandes Deutscher Lokalzeitungen ankündigte.
    Von der in Steinbrücks Team für “Netzpolitik und Digitales” zuständigen Gesche Joost darf man ähnlich wenig erwarten wie von Zypries und ihm selbst: Die 38jährige arbeitete im Design Research Lab der Deutschen Telekom und sitzt derzeit auf einer Stiftungsprofessur des Konzerns, was gewisse Zweifel daran aufwirft, wie unabhängig sie sich in anstehenden politischen Entscheidungen zur Netzneutralität wohl verhalten wird und kann.
    Quelle: Telepolis
  12. „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“
    Bei seinem Grußwort auf dem GEW-Gewerkschaftstag empfing den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel gleich ein nicht gerade SPD-freundliches Transparent: „1863 für Arbeitervereine – 2013 gegen Tarifvertrag für Lehrkräfte“. Gabriel, der zunächst den Ex-Vorsitzenden Ulrich Thöne als „stramme, kritische und laute Stimme im DGB“ gewürdigt hatte, der, wenn es nötig war, auch gegen die Sozialdemokraten gewettert habe, wich, ganz Politprofi, spontan von seinem Redemanuskript ab.
    Gabriel sagte, ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen:„ Na klar, brauchen wir heute gut ausgebildete Fachkräfte und Menschen, die in der Lage sind, ein selbstbestimmtes Leben zu führen” (Beifall). Genau darum sei es schon 1863 gegangen. Das verbinde doch SPD und GEW.
    1863 sei die Sozialdemokratie aus den Arbeiterbildungsvereinen hervorgegangen. Von Anfang an in der Geschichte der Sozialdemokratie sei Bildung wichtig gewesen, betonte Gabriel: Denn die Idee eines „freien, selbstbestimmten Menschen, der in der Lage ist, ein gelingendes Leben zu führen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Rasse, ist Aufgabe der SPD-Politik damals wie heute. Ohne Bildung geht das aber nicht.“
    Für seinen Schlenker zu den gescheiterten Tarifverhandlungen für angestellte Lehrkräfte und der Nullrunde bei der Beamtenbesoldung in NRW musste Gabriel weit ausholen, Globalisierung und EU-Krise bemühen, um die Haltung der rot-grünen Landesregierung zu verteidigen. Den Ländern fehle das Geld, denn die Verursacher der Finanzkrise seien immer noch nicht zur Verantwortung gezogen.
    „Deshalb müssen wir endlich“, so Gabriel, „eine andere Steuerpolitik durchsetzen, die umverteilt, damit wir Ressourcen haben, damit mehr Mittel in bessere Finanzierung und Bezahlung von Bildung fließen können. Dafür brauchen wir eure politische Unterstützung”, appellierte der SPD-Chef mit Blick auf die Bundestagswahl: (Zwischenruf aus den hinteren Reihen: „ich glaub` dir kein Wort“).“ Man müsse schließlich auch sagen, woher das Geld für Bildung denn kommen soll (mäßiger Beifall).
    Quelle: GEW

    Anmerkung C.R.: Früher konnte sich die SPD der Unterstützung durch den DGB und seine Gewerkschaften sicher sein. Diese Zeiten sind insbesondere seit der rot-grünen Schröder-Regierung vorbei. Zu groß ist der Schaden, den seit diesen Regierungsjahren viele aus der Arbeitnehmerschaft ertragen müssen.
    Dass die SPD aus der Opposition heraus in Wahlkampfzeiten die Nähe zu den Gewerkschaften sucht, ist verständlich. Offensichtlich ist jedoch auch, dass die SPD in Regierungsverantwortung sich nicht ausreichend für die Mitglieder von Gewerkschaften einsetzt.

  13. German Sociologists Boycott Academic Ranking
    by Klaus Dörre, Stephan Lessenich, and Ingo Singe, Friedrich-Schiller-University, Jena, Germany
    Universities and institutions of higher education across the globe are being impacted by structural change, guided by principles of the entrepreneurial university. The imposition of New Public Management principles means that universities are increasingly being managed like private enterprises. Resources are being allocated according to performance records and target agreements. Academic capitalism has entered Germany, and its main instruments are university department rankings and league tables. The downside is an academic routine biased towards quantitative performance indicators (research funding, number of doctorates and graduates) and a neglect of qualitative criteria. Work in academia has changed fundamentally in both design and content. Teaching and research are increasingly being obstructed by the growth of administrative responsibilities. There is a logic of escalation inherent in performance measurement exercises (“more and more and never enough”), resulting in work intensification, stress, and overload amongst all groups of the academic workforce. Negative effects on the quality of research and teaching are increasingly being felt.
    Quelle: Global Dialogue
  14. Zu guter Letzt: Nordirland errichtet Potemkin’sche Dörfer
    Mit Fotoplakaten schummelt sich die nordirische Region fürs G8-Gipfeltreffen schön: Leerstehende Läden werden zu scheinbar florierenden Geschäften. Die Konferenz der acht wichtigsten Wirtschaftsnationen findet dieses Jahr in einer Gegend statt, die besonders unter der Finanzkrise zu leiden hatte.
    Quelle: heute.de

    Anmerkung RS: Besser kann man die Wahrheit über “Wachstum durch Austerität” nicht abbilden!

  15. Das Letzte: Das war für Berlin direkt (ZDF) als Berichterstattung über den Parteitag der LINKEN wichtig
    Quelle: ZDF Mediathek ab 18.02