Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Internetüberwachung
  2. Agenda 2010 als Vorbild – Merkels Nachhilfe für Schuldenstaaten
  3. EU-Ermittlungen auch gegen Deutsche Bank – Banken unter Kartellverdacht
  4. WestLB verlor sechs Milliarden Euro in der Karibik
  5. Paul Krugman: Krieg gegen die Arbeitslosen
  6. Steuerschlupflöcher teilweise gestopft
  7. Europameister in sozialer Ungleichheit
  8. Neuer Fieberschub
  9. Rechengrößen der Sozialversicherung und sonstige Werte für das 1. Halbjahr 2013
  10. GEW: „Wir brauchen einen Kita-Gipfel“
  11. Der Lockruf der Krankenkassen wirkt
  12. Die Türkei vor der Demokratiefrage
  13. Merkel ohne Mehrheit
  14. Zeitungsverleger: Internet als einziger Hoffnungsträger
  15. 50 Jahre Bundesliga – Vom “Proletensport” zum “Kulturgut”
  16. Das Letzte: „Leicht vermittelbar“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Internetüberwachung
    1. US-Datenskandal: Amerikas millionenfacher Rechtsbruch
      Nach deutschem Strafrecht haben die Datenräuber aus den USA Gesetze gebrochen: Auf das Ausspähen von Daten und “geheimdienstliche Agententätigkeit” stehen mehrjährige Haftstrafen. Deutsche Ankläger prüfen schon, wie sie in dieser delikaten Angelegenheit verfahren sollen. […]
      Doch den Tätern droht weit größeres Ungemach: Die Datenspionage dürfte – mindestens teilweise – als “Geheimdienstliche Agententätigkeit” gelten. Nach Paragraf 99 des Strafgesetzbuchs wird verurteilt, wer “für den Geheimdienst einer fremden” Macht in Deutschland herumschnüffelt – soweit “die Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet” ist. […]
      “Praktizieren fremde Nachrichtendienste auf deutschem Boden nachrichtendienstliche Methoden, die massiv den Grundwerten unserer Verfassung zuwider laufen”, sei auch dies ein Fall des Paragraf 99, heißt es im führenden deutschen Strafrechts-Handbuch, dem “Münchner Kommentar”. […]
      Wer hat wann genau wo welche Kabel angezapft? Fragen wie diese werden in den nächsten Wochen massenhaft auf die Karlsruher Bundesanwaltschaft zukommen, wenn sich – wie intern befürchtet – Staatsanwaltschaften aus ganz Deutschland mit ihrem “Anfangsverdacht” gegen Geheimdienstler in Großbritannien und den USA hilfesuchend an die Staatsschutzermittler wenden.
      Quelle: SPIEGEL Online
    2. Verwirrung um Snowden: Flugzeug von Präsident Morales zu Wien-Stopp gezwungen
      Präsident Morales war an Bord – aber auch Edward Snowden? Eine aus Moskau kommende bolivianische Regierungsmaschine musste wegen entsprechender Gerüchte in Wien landen. Der Außenminister des Landes wies die Vermutungen als “enorme Lüge” zurück. […]
      Als das Flugzeug bereits in der Luft war, seien sie informiert worden, dass sie den französischen Luftraum nicht überfliegen könnten. Deshalb sei die Maschine in Wien gelandet. […] Saavedra sagte in einem späteren Fernsehinterview, Frankreichs Regierung habe so ihren Fehler zugegeben. Portugal, Italien und Spanien verweigerten die Überflugrechte jedoch, wurde Saaverdra weiter zitiert.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung JB: Dies ist ein unglaublicher Vorgang. Vier EU-Länder sperren ihren Luftraum für eine Regierungsmaschine, „nur“ weil sie den Verdacht haben, dass eine Person an Bord ist, gegen die in den USA wegen eines vermeintlichen Verbrechens ermittelt wird, das noch nicht einmal als Kapitalverbrechen eingestuft werden kann? Das Verhalten der Europäer im Fall Snowden ist kaum von dem eines US-Vasallen zu unterscheiden. Snowden täte gut daran, bei seinem Asyl-Ansuchen einen weiten Bogen um die EU zu machen.

    3. Snowden nach Deutschland? Merkel könnte, wenn sie wollte
      Snowdens Schutz vor der US-Regierung wäre auch ohne Asylantrag möglich, vielleicht sogar noch vielversprechender, und zwar mit einer Aufenthaltserlaubnis. Die Krux an der Sache: Die Bundesregierung muss es politisch wollen…
      Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes billigt genau das dem Innenministerium zu, wenn eine Aufnahme der „Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ dient. Das ist durchaus keine Seltenheit…
      Zwar hat Deutschland hat mit den USA ein Auslieferungsabkommen. Berlin muss also straffällige Flüchtlinge grundsätzlich an Washington ausliefern. Doch sieht die Juristin Pelzer trotzdem eine rechtliche Möglichkeit, den USA das im Fall der Fälle zu verweigern. Nämlich dann, wenn die Regierung den Fall Snowden als politisches Verfahren einstufe. Auch dabei sei der politische Wille in Berlin entscheidend…
      “Wir appellieren an Sie, Edward Snowden eine Aufenthaltserlaubnis nach Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes zu erteilen“, schrieben die Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin an die Kanzlerin in einem Brief…
      Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, rät Merkel gar, “die Kanzlermaschine nach Moskau schicken und Edward Snowden nach Berlin holen”…
      Quelle: Handelsblatt
    4. Geheuchelte Empörung
      Die Empörung ist groß in Deutschland. Ausgerechnet der Verbündete USA hat auch hierzulande Telefon- und Internetverbindungen überwacht. Doch die angebliche Unwissenheit deutscher Politiker ist ein gefährliches Spiel, kommentiert Elmar Theveßen.
      Quelle: Heute

      dazu: Geheuchelte Empörung im Abhörskandal?
      Wenn es stimmt, was Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur des ZDF und Geheimdienstexperte, gestern abend im ZDF-heute journal höchst plausibel darlegte, so wäre dem Abhörskandal ein weiteres Kapitel hinzufügen, das geeignet wäre, unsere Politiker in hohem Maße zu desavouieren und bloßzustellen. […]
      Wenn es stimmt, dass die allenthalben geäußerte Entrüstung über die bislang angeblich unbekannten Abhörpraktiken der Geheimdienste nur vorgetäuscht ist, dann werden wir nicht nur von “befreundeten” Staaten an der Nase herumgeführt, sondern auch von unseren eigenen Politikern.
      Quelle: Denkraum

    5. Internet-Austauschknoten als Abhörziele
      Mindestens ein Teil des über den Internet-Knoten De-CIX laufenden Datenverkehrs wird für den BND und andere “Bedarfsträger” ausgeleitet. Das bestätigte ein Experte aus dem Umfeld des deutschen Austauschknotens gegenüber heise online. […]
      Sowohl Justizministerien Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als auch der Vorsitzende der G10-Kommission Hans De With haben die Abhörtätigkeit der deutschen Dienste bestätigt. De With hat sogar Aussagen zum Umfang gemacht: Im Rahmen der strategischen Aufklärung werde durchschnittlich auf rund 5 Prozent des Datenverkehrs zugegriffen, die vereinbarte Obergrenze von 20 Prozent des Datenverkehrs werde fast nie ausgeschöpft.
      Quelle: iX

      Anmerkung JB: Diese Meldung ist hoch interessant. Dies wäre doch einmal ein Thema, bei dem es sich für die großen Medien lohnen würde, investigastiv zu ermitteln.

    6. ‘Incredible strain’ in relations between Ecuador and WikiLeaks founder Julian Assange over his involvement in Edward Snowden NSA whistleblower affair
      Relations between the Ecuadorean government and WikiLeaks founder Julian Assange are becoming “incredibly strained” over the latter’s involvement in the Edward Snowden affair, The Independent has learned.
      If unresolved, the tensions – which were confirmed by a Quito source on Monday – could bring into question Mr Assange’s own position within the Andean nation’s London embassy. He claimed asylum there more than a year ago in order to avoid extradition to Sweden.
      Ecuador’s President Rafael Correa was furious with his own diplomat Fidel Narvaez, who – in conjunction with Mr Assange – organised the handing of a safe passage letter to Mr Snowden. He called the move, which was apparently made without consulting the central government, a “serious error”, for which the consul was likely to be punished. And WikiLeaks’ involvement in the debacle also angered Quito.
      Quelle: Independent

      Anmerkung JB: Es stellt sich in der Tat die Frage, ob Edward Snowden nicht einen großen Fehler begangen hat, als er sich dem Selbstdarsteller Julian Assange anvertraute. Ecuador scheint als sicherer Hafen zumindest auszuscheiden. Es sieht so aus, als sei Edward Snowden nur der Bauer in einem Schachspiel.

  2. Agenda 2010 als Vorbild – Merkels Nachhilfe für Schuldenstaaten
    Am Mittwoch kommen die 28 Arbeitsminister der EU und einige Regierungschefs in Berlin zusammen. Die Kanzlerin will den Problem-Staaten sagen, wie sie auf die gewaltige Jugendarbeitslosigkeit reagieren sollen. Dabei geht es auch um ein Mittel, das in Deutschland einen schlechten Ruf hat: Leiharbeit…
    Was die Kanzlerin als offene Debatte darstellt, einen “Austausch von Best-Practice-Beispielen”, ist für die angereisten Minister eine Nachhilfestunde in Sachen Arbeitsmarktpolitik. Der Lehrplan steht, doch die Bundesregierung will nicht sagen, was die Inhalte sind, und welche deutschen Best-Practice-Beispiele eine Rolle spielen. Der Konferenz solle “nicht vorgegriffen” werden, sagt eine Regierungssprecherin. Es sei allerdings bekannt, dass die Arbeitsagenturen “differenzierte Hilfestellungen anbieten, damit der Übergang von der Schule ins Berufsleben gelingt”, deutet sie an.
    Andererseits ist oft von “Strukturreformen” die Rede, Merkel erwähnt den Begriff immer wieder. Was damit konkret gemeint ist? Die Kanzlerin sagt nur, Deutschland habe “insbesondere durch die Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern erhebliche Erfahrungen”.
    Als sie die Konferenz im Mai ankündigte, waren ihre Sprecher allerdings auskunftsfreudiger. n-tv.de fragte nach, auf welcher Grundlage die Bundesregierung zu Aussagen über funktionierende und nicht funktionierende Arbeitsmarktpolitik gekommen sei und wie die Ergebnisse aussähen. Als Antwort schickte die Regierung einen Evaluationsbericht der Agenda 2010, auch Hartz-Reformen genannt. Nach Ansicht der Bundesregierung führte das Paket dazu, dass die Arbeitslosenzahlen sanken und Deutschland die Finanzkrise besser verkraftete als andere Länder.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung J.K.: Was soll man noch sagen? Das deutsche Austeritätsdiktat hat die Volkswirtschaften von Griechenland, Spanien und Portugal in eine tiefe Rezession getrieben. Mit der Folge explodierender Arbeitslosenzahlen, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit. Und Merkel fällt nichts anderes ein als zu empfehlen die betroffenen Länder sollten die deutsche Agenda 2010 kopieren. Dabei kann gerade die deutsche Agendapolitik als eine der wesentlichen Ursachen der Eurokrise angesehen werden. In welcher Welt lebt diese Frau eigentlich?

  3. EU-Ermittlungen auch gegen Deutsche Bank – Banken unter Kartellverdacht
    13 Großbanken haben Ärger mit der Europäischen Union. Sie sollen im Handel mit Kreditausfallversicherungen getrickst haben. Nun drohen ihnen Geldstrafen. Auch die Deutsche Bank ist mal wieder involviert…
    Die Banken sollen anderen Unternehmen den Zugang zum CDS-Markt verwehrt haben, indem sie sich mit den entscheidenden Plattformen verschworen. Zu den Opfern sollen die Deutsche Börse in Frankfurt und die Börse Chicago Mercantile Exchange gehören, die auf dem Markt selbst tätig werden wollten…
    Quelle: SZ
  4. WestLB verlor sechs Milliarden Euro in der Karibik
    Danach kamen zum Stichtag 31. März 2008 exakt 25,3 Prozent der toxischen Wertpapiere der WestLB, die auf die Zweckgesellschaft Phoenix übertragen wurden, von Aktivitäten auf den Caymans und 1,3 Prozent von Niederlassungen auf Jersey. Phoenix ist eine Zweckgesellschaft, in die die WestLB im ersten Quartal 2008 ihre nicht mehr handelbaren Wertpapiere ausgliederte. Der Wert des Portfolios betrug 23 Milliarden Euro. Diese „toxischen“ Papiere landeten Ende 2009 in der Bad Bank der WestLB, der Ersten Abwicklungsanstalt (EAA)…
    Bereits vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass die WestLB teilweise seit 1975 Briefkastenfirmen in Übersee unterhielt. Die Niederlassungen auf den Caymans, auf den Bermudas, Jersey oder den niederländischen Antillen existieren noch immer. Die letzte dieser Gesellschaften wurde 2004 gegründet.
    Quelle: Handelsblatt
  5. Paul Krugman: Krieg gegen die Arbeitslosen
    Ist das Leben zu einfach für die Arbeitslosen? Sie sehen das vielleicht nicht so, und ich ganz bestimmt auch nicht. Aber erstaunlicherweise denken so viele, womöglich fast alle Republikaner. Und danach handeln sie dann auch: Es gibt eine landesweite Bewegung, die Arbeitslosen zu bestrafen, und zwar beruht die auf der Prämisse, man könne die Arbeitslosigkeit dadurch beseitigen, dass man das Leben der Arbeitslosen noch erbärmlicher macht…
    Aber der Kampf gegen die Arbeitslosen beruht nicht ausschließlich auf Grausamkeit, er ist eher eine Verbindung von schäbiger Gesinnung und wirtschaftlicher Fehleinschätzung…
    Ganz allgemein meinen die modernen Konservativen, unser Volkscharakter werde durch Sozialprogramme verdorben…
    Eine Lohnkürzung mag einem Beschäftigten helfen, den Job zu behalten, indem sie ihn oder sie als Arbeitskraft billiger macht als die Mitbewerber; Aber eine Kürzung der Löhne aller Beschäftigten senkt doch bloß auch das Einkommen aller Beschäftigten – und sie verschlimmert die Schuldenlast, die ja einer der Hauptgründe dafür ist, dass unsere Wirtschaft nicht auf die Beine kommt…
    Quelle: New York Times, Paul Krugman „War on the Unemployed“
  6. Steuerschlupflöcher teilweise gestopft
    Angebliche Einigung beim Gipfel der G-8-Staaten, aber was folgt daraus? Auf den Fortschritt-Seiten vom 15./16. Juni forderte Sven Giegold, die Steuerschlupflöcher für Unternehmen zu schließen. Giegold wies in seinem Artikel darauf hin, dass nach jahrelangen Kampagnen gegen die Steuerflucht dem Geldverschieben privater Personen relativ gut beizukommen sei: Nach Vorbild der USA könne man die Banken zur Lieferung von Steuerdaten verpflichten. Das Problem liege nun vor allem bei den Unternehmen. Denn die einzelnen Staaten einigten sich nicht auf einheitliche Regeln für die Unternehmensbesteuerung, nicht mal in der EU. Der britische Finanzminister George Osborne gab sich euphorisch: “Mehr Fortschritt in den vergangenen 24 Stunden als in den 24 Jahren zuvor”, verkündete er danach in Sachen Steuerflucht. So müssten Firmen ihre wahren Eigentümer künftig den Steuerbehörden offenlegen. Steuer-NGOs waren weit weniger begeistert, denn sie sahen nur Absichtserklärungen und keine Einstimmigkeit. Auch fordern Steueraktivisten seit Langem, dass Informationen nicht nur den Finanzämtern bekannt sein müssten, sondern auch öffentlich zugänglichen Registern. Dagegen sperren sich aber viele G-8-Länder, darunter Deutschland. Auch ist in der Erklärung der G 8 keineswegs die Rede von einer Aufschlüsselung der Daten nach einzelnen Ländern. Das aber ist gerade der Knackpunkt bei multinationalen Firmen. Sven Giegold meint zum Gipfel: “Die Festlegung auf automatischen Informationsaustausch ist ein Fortschritt für die G 8. Aber dessen Erfolg steht und fällt mit der Transparenz, wer hinter Briefkastenfirmen, Stiftungen & Co. steht. An diesem zentralen Punkt ist die G-8-Abschlusserklärung unklar. Vor allem brauchen wir international öffentliche Unternehmensregister, die Transparenz über wirtschaftlich Begünstigte herstellen.”
    Quelle: taz
  7. Europameister in sozialer Ungleichheit
    Die Berliner Republik weist bei der Vermögensverteilung mit einem Gini-Koeffizienten von 76 die größte soziale Schieflage im Euroraum aus. So verfügt der Medianhaushalt mit 51.400 Euro nur über 26% des Vermögens des Durchschnittshaushalts (195.200 Euro). Im Durchschnitt des Euroraums liegt der entsprechende Wert bei 47%. Das hat zum einen mit der wachsenden Ungleichheit bei den Primäreinkommen (drastisch sinkende Lohnquote) in den letzen 20 Jahren zu tun, zum anderen aber auch mit der die Vermögenden in diesem Land enorm begünstigenden Steuerpolitik (Abschaffung Vermögenssteuer, Steuersenkungen für Unternehmen und Vermögensbesitzer)…
    Mit weitem Abstand ist das Einkommen pro Haushalt in Luxemburg am höchsten: Im Durchschnitt liegt es bei 83.700 Euro pro Jahr. Der Median liegt immerhin noch bei 64.800 Euro. Über weit weniger, aber immer noch mehr als die meisten anderen Euro-Länder, verfügen Belgien (49.500 Euro/Median: 33.700 Euro), die Niederlande (Durchschnitt: 45.800 Euro/Median:40.600 Euro), Finnland (Durchschnitt: 45.100 Euro/Median: 36.300 Euro) und Deutschland (43.500 Euro/Median: 32.500 Euro). Zum Vergleich: In der Eurozone liegt das durchschnittliche Einkommen pro Haushalt bei 37.800 Euro, der Median nur bei 28.600 Euro – ein Unterschied von 32%. Das ist deshalb so wichtig, weil eben genau diese Abweichung einen Hinweis auf die Verteilung der Einkommen gibt. Auch hier zeigt sich der Zahlmeister Deutschland als Spitzenreiter in Sachen sozialer Spaltung. Er ist bei den Einkommen der Haushalte nach Belgien das Land mit der höchsten Abweichung (34%) zwischen Durchschnitts- und Medianwert.
    Quelle: Sozialismus
  8. Neuer Fieberschub
    Die Eurokrise verschärft sich wieder, vor allem in Portugal: Dort tritt der Finanzminister zurück – aus Protest gegen das verfehlte Spardiktat. Aber auch aus Rom und Athen kommen schlechte Nachrichten. Der Sommer wird heiß. Beim EU-Gipfel spielte die Eurokrise keine Rolle, genauso wenig wie die NSA-Spionageaffäre. Die Chefs, Kanzlerin Merkel voran, wollen mit schlechten Nachrichten nichts mehr zu tun haben. Doch nun kommt es ganz dicke: Erst meldete das Statistikamt Eurostat einen neuen Höchsttand der Arbeitslosigkeit in Euroland. (…) Dann folgten die Schreckensnachrichten aus den Krisenländern. In Italien erreicht die Arbeitslosenquote mit 12,2 Prozent den höchsten Wert seit 36 Jahren – den Reformvorgaben aus Brüssel und Ex-Premier Monti sei dank. Gleichzeitig kündigte die neue Regierung in Rom eine neue Welle von Sparmaßnahmen an. Auch eine Solidaritätssteuer ist im Gespräch. Da all dies den Wahlversprechen widerspricht, droht eine weitere Regierungskrise. Derweil bereitet sich die Troika in Griechenland auf neue Kraftproben vor. Sie will die neue Regierung in Athen zwingen, bis Jahresende 4000 Beamte zu entlassen und mehr als 10.000 weitere aufs Abstellgleis zu schieben. Zudem stehen massive Einschnitte im Gesundheitswesen bevor; ganze Klinken müssen schließen. Wenn die Griechen nicht spuren, dreht die Troika Ende Juli den Geldhahn zu. Es geht um 8,1 Mrd. Euro – also ums Überleben. Ein heißer Sommer steht auch Portugal bevor. Dort ist Finanzminister Gaspar zurückgetreten, der bisher als treuer Diener der Troika und “Architekt” der drastischen Sparmaßnahmen galt. Hier geht es um 4,7 Mrd. Euro neuer Kürzungen.
    Quelle: Lost in EUrope
  9. Rechengrößen der Sozialversicherung und sonstige Werte für das 1. Halbjahr 2013
    Quelle: Portal Sozialpolitik [PDF – 386 KB]

    Anmerkung WL: Wieder einmal ein Beitrag von Johannes Steffen von der Arbeitnehmerkammer Bremen der für alle, die sich für Sozialpolitik eine Fundgrube darstellt.
    Wer nach Fakten und Daten zur Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung und zur Fürsorge sucht wird hier fündig.

  10. GEW: „Wir brauchen einen Kita-Gipfel“
    Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz wird für die Kommunen zum großen Problem, wenn nicht Bund und Länder bei der Finanzierung helfen, sagt Norbert Hocke. Der Erziehungsgewerkschafter fordert einen Kita-Gipfel und einen neuen Beruf: die Kindheitspädagogin…
    Wir müssen eine neue Finanzierung bekommen, weil die Kommunen auf Dauer nicht in der Lage sind, hier diesen Rechtsanspruch, nach dem Kindergarten jetzt den Krippenplatz – und ich gehe mal davon aus, dass wir bald einen Ganztagsrechtsanspruch auch bekommen -, dass wir in dieser Frage die Kommunen nicht hängen lassen. Die Kommunen sind das schwächste Glied, und deshalb müssen die anderen gesellschaftlichen Gruppierungen, Bund und Länder, viel, viel stärker als bisher einsteigen. Und dazu braucht es einen Gipfel, um sich darüber auseinanderzusetzen und auszutauschen…
    Es wird eine Durststrecke geben, die nur dadurch überwunden werden kann, wenn man jetzt beginnt, zügig an drei Stellschrauben zu drehen. Nämlich erstens die Erzieher-Kind-Relation deutlich zu verbessern, das bedeutet zwar, dass man augenblicklich noch mehr Personal braucht. Zweitens muss man die Leitungskräfte von der Arbeit, der Gruppenarbeit freistellen. Und drittens brauchen wir eine Vor- und Nachbereitungszeit für das Personal. Wir müssen ein qualifiziertes System hinbekommen, was den Arbeitsplatz Kita deutlich attraktiver macht. Wir müssen aktuell wegkommen von Teilzeitbeschäftigungen. Die führen dazu, dass dieser Beruf nur ein Zuverdienerberuf im Westen geworden ist und kein eigenständiger Beruf. Und wir müssen deutlich die Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen deutlich nach oben fahren.
    Quelle: DLF
  11. Der Lockruf der Krankenkassen wirkt
    Die private Krankenversicherung (PKV) kämpft verzweifelt um neue Kunden. Um hohe Abgänge auszugleichen, steckt die kleine Branche immer mehr Geld in die Anwerbung von Angestellten und Selbstständigen. Trotzdem gingen im vergangenen Jahr erstmals mehr Privatpatienten zurück zu den Krankenkassen als umgekehrt neue angelockt wurden. Die Folge: Die Kosten für einen neuen Kunden schossen hoch – auf einen Rekordwert.
    „Die Abschlusskosten der Privatversicherer sind abstrus und bis zu etwa hundert Mal höher als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das ist reine Geldverschwendung“, kritisiert dementsprechend der Vorstandschef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Darunter leiden die neuen Kunden: Sie bezahlen die hohen Anwerbekosten – mit ihren ersten Beiträgen.
    Solche Trends in der Branche werden erst richtig deutlich, wenn man die Wanderungsbewegungen zwischen PKV und GKV sowie die jeweils neuen Vertragsabschlüsse langfristig betrachtet. Das fällt in den Rechenschaftsberichten der PKV-Branche unter den Tisch.
    Quelle: Handelsblatt
  12. Die Türkei vor der Demokratiefrage
    Offensichtlich besteht Erdogans großes Ziel darin, der Türkei beim hundertjährigen Jubiläum der Republik im Jahr 2023 als unangefochtener Staatschef vorzustehen. Manche Beobachter versuchen diesem Bestreben durch neue Begriffe wie „autoritäre Demokratie“ beizukommen. Speziell durch die jüngsten Proteste wird jedoch immer klarer, dass Demokratie, Transparenz und die Bekämpfung von Korruption zusammen gehören, genauso wie Presse-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit, Genderfragen und Chancengleichheit.
    Über die Spaltung der türkischen Gesellschaft entlang unterschiedlicher „Lebensweisen“ ist in den letzten Jahren viel diskutiert worden, doch nicht tiefgehend genug. Die wachsenden autoritären Machtgeflechte und Beziehungen auf wirtschaftlicher und politischer Ebene werden oft übersehen und der Blick ausschließlich auf eine entpolitisierte kulturelle Sphäre gelenkt. Die These, dass islamische Länder einen neuen Weg der „nichtwestlichen Modernisierung“ suchen und finden müssten, gilt es ebenfalls zu diskutieren, auch auf Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklungen. Beispielsweise wirft der Umbau der Metropole Istanbul viel Profit für die neuen Konservativen ab. Um missliebige Geschäftsleute aus dem „säkularen Lager“ auszuschalten, werden manchmal auch marktwirtschaftliche Regeln übergangen. Erdogan vertritt selbst eine neue Schicht anatolischer Geschäftsleute, die ihre eigenen Interessen auch gegen die „westliche Dominanz“ umsetzen wollen. Hätte es nicht tatsächlich den Kolonialismus des Westens gegeben, Erdogan hätte es weit schwerer, die Muslime immerfort als Opfer darzustellen – und sie auch tatsächlich so zu begreifen. Seine AKP sieht sich tatsächlich ein Stück weit ausgestattet mit der Mission, „die Muslime zu retten“. Aus diesem Blickwinkel haben die Forderungen des säkularisierten, städtischen Bürgertums gar keine Bedeutung. Sie sind bestenfalls naiv oder gar Teil einer großen Verschwörung gegen die historische Entwicklung des Islam.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  13. Merkel ohne Mehrheit
    Legt man die jüngste ZDF-Umfrage zu Grunde, hängt der Wahlausgang vom Ergebnis der FDP ab. Misslingt ihr die Rückkehr in den Bundestag, hat die Union ihren Partner verloren. „SPD bricht ein“ – überschrieb das ZDF seine Umfrage. Dabei müsse deren folgenreichste Aussage lauten: „Merkel ohne Mehrheit“. Käme es dazu, stünde nicht nur die Union vor Problemen…
    40 Prozent der SPD-Wähler können sich nun eine Koalition mit der Linken vorstellen, 53 Prozent lehnen sie ab. Groß ist die Lücke nicht mehr. Sie ließe sich sicher leicht schließen.
    Es wäre SPD-Chef Gabriel, der Rot-Rot-Grün durchholen müsste. Reibungslos liefe das sicher nicht ab. Die Befürworter setzen auch auf die Hilfe von NRW-Ministerpräsidentin Kraft. Als Chefin des größten SPD-Verbandes und Sprecherin der SPD-Länder könnte sie in der Koalitionsdiskussion den Ausschlag geben…
    Ob Rot-Rot-Grün greift, entscheiden auch die Grünen. Sie stünden vor der Wahl, mit der Union zu koalieren, eine rot-grüne Minderheitsregierung zu wagen oder sich auf Rot-Rot-Grün einzulassen. Auch die Grünen haben sich bisher um eine Entscheidung gedrückt…
    Sogar die Linke wäre herausgefordert, sollte Schwarz-Gelb scheitern. Sie müsste sich entscheiden, ob sie weiter Oppositionspartei bleiben will, oder ob sie Hürden abbaut, die einer Koalition mit SPD und Grünen im Wege stehen.
    Welche Koalition sich fände, hinge davon ab, wie entschlossen die Oppositionsparteien die Ära Merkel beenden wollen.
    Quelle: Post von Horn

    Anmerkung WL: Allerdings ist jede Hoffnung, dass Merkel abgewählt werden könnte, wohl vergeblich. Glaubt man dem Handelsblatt, dann will Steinbrück und die SPD eine große Koalition nicht ausschließen und im Übrigen bleibe die SPD dabei, nur eine rot-rot-grüne Koalition einschließlich einer Tolerierung auszuschließen. Mit solchen Äußerungen verfestigt Steinbrück das Grunddilemma dieses Wahlkampfes für die SPD. Sie hat keine glaubwürdige und damit wählermobilisierende Machtoption. Die SPD verstellt sich nicht nur die einzig klare Perspektive auf eine Kanzlermehrheit, sondern die Partei verbannt damit auch die einzige Konstellation, mit der ein grundlegender Politikwechsel möglich wäre, ins Wolkenkuckucksheim. Damit bleibt für die Wählerinnen und Wähler das Gefühl der Unsicherheit oder gar der Gleichgültigkeit, denn eine fehlende Machtoption hinterlässt die entmutigende Stimmung, die man so beschreiben könnte: Egal wie die Wahl ausgeht, die größte Wahrscheinlichkeit ist, dass Merkel mit welcher Koalition auch immer dran bleibt.
    Weil nach durchgängiger Erfahrung die bestehende Regierung, zumal durch den „Kanzlerbonus“, wenn nicht noch etwas Gravierendes passiert – und darauf setzt Merkel erkennbar ihre Hoffnung – bei den unentschiedenen Wählerinnen und Wählern immer einen leichten (Stimmen-)Vorteil genießt und die SPD eben – wegen einer fehlenden realistischen Machtoption – nicht auf einen plausiblen Mitläufereffekt (Bandwagon- oder Go-With-the-Winner-Effekt) setzen kann, darf man sich von den Last-Minute-Wählern – und das werden immer mehr – nicht allzu viel versprechen.

  14. Zeitungsverleger: Internet als einziger Hoffnungsträger
    Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger sieht auf der Jahrespressekonferenz die Zeitungen in einem “Transformationsprozess” in Richtung Internet…
    Bei den gedruckten Zeitungen seien die Vertriebsumsätze zwar um 1,4 Prozent gewachsen, gleichzeitig seien aber die Nettowerbeumsätze um neun Prozent gefallen – auf insgesamt 3,43 Milliarden Euro. Damit sei der Gesamtumsatz aller Tages-, Wochen- und Sonntagszeitungen im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent gesunken auf nun mehr 8,23 Milliarden Euro gegenüber noch 8,5 Milliarden Euro 2011. Auch die Gesamtauflage der Zeitungen sank – ging im ersten Quartal 2013 um fast vier Prozent zurück: von 23,08 auf 22,23 Millionen Exemplare…
    Angesichts solch trüber Entwicklungen sieht der BDZV als einzigen Hoffnungsschimmer, das Internet, sprach von einer “exzellenten Entwicklung”. Rund 660 Zeitungsportale würden inzwischen 41 Prozent der Deutschen erreichen, etwa 29 Millionen regelmäßige Nutzer. Damit seien die Zeitungen die Nachrichtenquelle Nr. 1 im Netz. Rund 450 Apps von Zeitungsverlagen gäbe es inzwischen, knapp 290 davon kostenpflichtig. Mehr als 40 Zeitungstitel hätten die Bezahlung im Netz eingeführt, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr.
    Quelle: DLF
  15. 50 Jahre Bundesliga – Vom “Proletensport” zum “Kulturgut”
    Was in Deutschland heute von der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird, sind weniger Fragen der großen Politik, es geht vielmehr um die Leistungen deutscher Clubs in der Champions League und die Aussichten der Nationalmannschaft bei der WM 2014 in Brasilien. Dies sind offenbar die bewegenden Fragen der Zeit, egal ob man mit Taxifahrern, Wissenschaftlern, Kulturschaffenden oder politischen Redakteuren spricht. Wir leben in Zeiten der europäischen Finanzkrise; die Staaten in Südeuropa leiden unter der von der EU verordneten Sparpolitik, die Jugendarbeitslosigkeit in jenen Ländern nimmt ein angsterregendes Ausmaß an; in Griechenland wird Angela Merkel gar mit Hitler verglichen. Wir können das nicht verstehen – niemand in Deutschland denkt an Krieg, Aggression oder auch nur an Herrschaft über Europa – wir denken an Brasilien, wir wollen das Spanien- und Italien-Trauma überwinden (jene Mannschaften, an denen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zuletzt immer scheiterte)…
    Wird im Fußball geheilt, was sonst in der Bundesrepublik als problematisch, ja als gefährlich angesehen wird? Auf den ersten Blick sieht dies fragwürdig aus…
    Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

    Anmerkung Volker Bahl: Bewegen wir uns mit unserem Engagement auf den Nachdenkseiten in Deutschland mit unserem alles so berührenden “Euro-” und “Finanzkrise” in der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung “nur noch” in einer etwas “randständigen “Subkultur”?

  16. Das Letzte: „Leicht vermittelbar“
    Ein Betroffener schreibt uns:
    Eine Personalsachbearbeiterin eines Unternehmens, bei welchem ich mich beworben hatte, berichtete mir heute, dass viele Arbeitsvermittler ihren Klienten gegenüber behaupten würden, sie seien sehr gut vermittelbar, so dass es auch bei der aktuellen Stellenanzeige zu einer unüberschaubar großen Flut an Bewerbungen kam, die sich von 80 bis 200 Bewerbungen bewegen können, von denen die meisten es allerdings nicht einmal bis in die engere Auswahl von ca. 5 Bewerbungen schaffen. Das macht den Personalabteilungen der Unternehmen sehr viel unnötige Arbeit, die – wie man zwar nicht hatte aussprechen, aber so doch indirekt hatte zum Ausdruck bringen wollen – schon bei der Auswahl der zu selektierenden VERMITTLUNGSVORSCHLÄGE eingespart werden könnte.
    Es schonte auch Ressourcen, die Arbeitssuchende völlig unnötig in vollkommen überflüssige, weil inadäquate Bewerbungsanstrengungen stecken müssen.

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