Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)

  1. Außen hui, innen pfui
    300 Ökonomen fordern eine Neuausrichtung der EU-Wirtschaftspolitik an Zielen wie Vollbeschäftigung, sozialer Wohlfahrt und Gerechtigkeit. Dazu gehörten die Entwicklung von Mindeststandards für die Sozialausgaben, kürzere Wochenarbeitszeiten und eine Finanzmarktpolitik, die sich nicht ausschließlich dem Schutz der Aktionäre verpflichtet fühlt.
    Quelle 1: TAZ
    Quelle 2: Kurzfassung des Memorandums
  2. Kampfbegriff Beihilfe
    … der bei manchem Liberalen den gleichen schlechten Klang hat wie die kriminelle Beihilfe im Strafgesetzbuch, verliert vor dem Hintergrund deutlich an Schrecken: Erstens, dass – relativ zur Wirtschaftsleistung – Ungarn, Malta, Zypern oder Schweden viel mehr staatliche Hilfen ausreichen als Deutschland. Zweitens, dass der weit überwiegende Teil der nationalen Subventionen fließt, um Energiereserven zu schonen, die Umwelt zu schützen, die Forschung zu fördern oder den Mittelstand zu unterstützen.
    Quelle: FR
  3. World Bank on Global Economic Prospects for 2007 – kommentiert
    Die Weltbank stellt ihren Bericht zu den Global Economic Prospects
    for 2007 vor. Anbei eine kritische Vorab-Zusammenfassung des Trade Union Advisory Committee (TUAC). In englischer Sprache.
    Quelle: TUAC [PDF – 88 KB]
  4. WSI zieht Tarifbilanz 2006: Aufwärtstrend bei Tarifabschlüssen – Konflikte um Beschäftigungssicherung und Tarifstandards
    Die Tarifabschlüsse des Jahres 2006 sind in vielen Branchen erkennbar höher ausgefallen als im Vorjahr. “Aber noch wirken auch die sehr niedrigen lang laufenden Abschlüsse aus dem Vorjahr dämpfend auf die gesamtwirtschaftliche Lohnbilanz”, so resümiert WSI-Tarifexperte Reinhard Bispinck die Tarifpolitik des zu Ende gehenden Jahres. “Es bleibt schon aus konjunkturpolitischen Gründen zu hoffen, dass der positive Trend auch im kommenden Jahr anhält.”
    Quelle: WSI
  5. Kürzung der Pendlerpauschale verfassungswidrig?
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält die beschlossene Kürzung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig und hat die Arbeitnehmer aufgefordert, Einspruch beim Finanzamt einzulegen. In seiner Auffassung sieht sich der DGB bestätigt durch ein von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung finanziertes Gutachten der Universität Frankfurt/Main. Autor Joachim Wieland sagte, die Kürzung verstoße gegen den im Grundgesetz festgelegten Gleichheitsgrundsatz.
    Quelle: DGB
  6. Bundesagentur macht sich testweise überflüssig
    In sechs Städten will sich die BA testweise aus der Betreuung von Arbeitslosen zurückziehen und dies privaten Anbietern überlassen.
    Quelle: Netzeitung
  7. Ergebnisse der Föderalismusreform
    Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern wurde mit der Föderalismusreform neu geordnet. Ein genauerer Blick zeigt, dass die neue Machtverteilung ein Mosaikstein im neoliberalen Umbau der bundesrepublikanischen Gesellschaft ist.
    Quelle: Linksnet
  8. Kaiser in Unterhosen
    Die finanzielle Anstrengungen Deutschlands in der Bildungspolitik sind für ein rohstoffarmes Land in einem harten globalen Wettbewerb viel zu zaghaft. Rechtlich hat Deutschland sich sogar zurückbewegt. Hatte die große Koalition in den 60er Jahren Bildung als nationale Aufgabe begriffen, die nur von Bund und Ländern gemeinsam bewältigt werden kann, hat die Föderalismusreform die Bildung wieder fast allein den Ländern überantwortet.
    Quelle: Tagesspiegel
  9. Kindergärten bringen gute Rendite
    3,6 Milliarden würde die Umsonst-Kita für alle kosten, hat das Institut der deutschen Wirtschaft ausgerechnet. Eine lohnende Investition, meinen die Wissenschaftler. Denn Kitas bilden. Langfristig müsste der Staat weniger Schulabbrecher stützen
    Quelle 1: TAZ
    Quelle 2: „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“

    Anmerkung WL: Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) geriert sich sozial. Sie veröffentlicht eine Studie ihres wissenschaftlichen Schreibtisches, dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), in dem „Nutzen und Kosten eines kostenlosen Kindergartens für alle Kinder zwischen drei und sechs“ gegenüber gestellt werden. Interessant ist, dass das IW die frühkindliche Erziehung im Kindergarten – im Gegensatz zu einem Studium – als „öffentliches Gut“ betrachten und deshalb für eine staatliche Finanzierung plädiert. Das Gutachten stellt fest, dass Deutschland beim Kindergarten in Europa mit den höchsten privaten Finanzierungsanteil hat.
    Da die Kosten für mehr Kindergartenplätze und eine Höherqualifizierung des Personals mit 3,6 Milliarden Euro entsprechend der Ideologie vom schlanken Staat nicht aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden dürfen, müssen alternative (kostenneutrale) Finanzierungswege angeboten werden.

    Als kurzfristige Gegenfinanzierung wird

    • der Verzicht auf eine Kindergelderhöhung (2,5 Milliarden Euro) und/oder
    • die Abschaffung des Kindergeldes ab 19 Jahren, also vor allem für Studierendenhaushalte (3,4 Milliarden Euro) angeboten und/oder
    • durch den Rückgang der Schülerzahlen („demografische Rendite“) von den Schulen abgezweigt werden (ansteigend von 2008 auf 2012 von 4 auf 8 Milliarden)

    Das Geld soll also ausschließlich von den Eltern mit Kindern oder aus dem Bildungshaushalt selbst aufgebracht werden.

    Langfristig soll die Gegenfinanzierung

    • über die Senkung der Mittel für die nachschulische Qualifizierung um ein Drittel (u.a. aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit) (Entlastung etwa 1 Milliarde Euro) geleistet werden und/oder
    • aus einer früheren Einschulung gewonnen werden (Kostenersparnis 2,9 Milliarden Euro) und/oder
    • durch die durch eine Kinderbetreuung mögliche Erhöhung der Frauenerwerbsquote refinanziert werden.

    Auch langfristig sollen die höheren Kosten für die Kindergartenerziehung aus dem Bildungssystem selbst bzw. von Frauen mit Kindern getragen werden.
    Es ist schon merkwürdig, welche Finanzierungsumwege und welche Klimmzüge vom IW gemacht werden, um bloß nicht die banale Feststellung treffen zu müssen, dass eine bessere frühkindliche Erziehung von der Allgemeinheit aus Steuermitteln zu finanzieren ist.

  10. China unter wachsendem Druck der USA.
    Im Handel mit den Vereinigten Staaten steuert China auf einen Rekordüberschuss zu. Dies ist Grund genug für wachsende Spannungen in den Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder. Aus Washingtons Sicht gehört die Manipulation der chinesischen Währung durch Peking zu den Hauptgründen für das gewaltige bilaterale Handelsdefizit.
    Quelle: NZZ
  11. Sabine Christiansen
    • Die Russen kommen – oder auch nicht
      Bei “Christiansen” ging es am Sonntag um Russland. Leider fast ohne Kreml-Kritiker. Die wurden wieder ausgeladen – angeblich aus “technischen Gründen”. Der russische Botschafter in Berlin, Wladimir Kotenew, mit einem “Christiansen”-Boykott gedroht haben.
      Quelle: FR
    • Nooke sieht Medien-Skandal
      Im Streit um die Ausladung des Kreml-Kritikers Garri Kasparow und des WDR-Chefreporters Klaus Bednarz aus der Talkshow „Sabine Christiansen“ fordert der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Konsequenzen und strengere journalistische Maßstäbe bei der ARD.
      Quelle: FOCUS
    • Moskauer Technik
      Was sollen Dissidenten, die in Rußland verfolgt werden, denken, wenn sie sehen, wie im Fall Kasparow verfahren wird?
      Quelle: FAZ
  12. Schweizer Studie: Die Armutsbekämpfung ist kein schwarzes Loch, sie schafft Mehrwert
    Nach einer Kosten- Nutzen-Analyse gehen pro Franken Bedarfsleistungen 40 Rappen an die Gesamtgesellschaft zurück.
    Quelle: NZZ
  13. Unmut über den starken Euro: Frankreich greift die Europäische Zentralbank an
    Zeit der schrillen Töne: In Frankreich stehen Wahlen bevor, daher ist die starke Gemeinschaftswährung plötzlich ein Politikum geworden.
    Quelle: SZ

    Kommentar Orlando Pascheit: Durch den Bezug auf die bevorstehenden Wahlen wird im Artikel der SZ die tiefe Skepsis vieler Franzosen gegenüber der Institution EZB verkannt. Bereits das Referendum über den Maastrichter Vertrag spaltete Frankreich Anfang der 90er-Jahre, obwohl Mitterand sich zur Unabhängigkeit der EZB dahingehend geäußert hatte, dass diese gar nichts entscheiden werde; der Europäische Rat werde die Entscheidungen fällen, nicht die Technokraten oder Weisen der Europäischen Zentralbank. Im Wesentlichen ging es Frankreich immer um ein „Gleichgewicht von Währungs- Budget- und Beschäftigungspolitik“, so 1997 der damalige französische Finanzminister Strauss-Kahn. Zentral ist der Vorwurf der „Unverantwortlichkeit“ der EZB. So hat im Sommer dieses Jahres Jean-Paul Fitoussi, Chef des renommierten französischen Konjunkturforschungsinstituts OFCE, moniert, daß die EZB keiner politischen Instanz Rechenschaft schuldig sei. In der Tat zeugt es von einer befremdlichen Logik, dass einerseits alle Träger einer wachstums- bzw. beschäftigungsorientierten Wirtschaftspolitik durch rechtliche Bestimmungen wie die Maastricht-Kriterien entmachtet wurden und andererseits die einzige noch bestehende diskrete Autorität, die EZB, die somit für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung entscheidend ist, nicht auf das Ziel Wachstum und Beschäftigung verpflichtet wird.

  14. Sorgen um wachsenden Verschuldungsgrad
    Leverage ist derzeit das Tagesthema an der Wall Street. Unter Leverage versteht die Finanzwelt die Hebelwirkung von Fremdkapital auf die Eigenkapitalrendite. Je höher der Verschuldungsgrad, desto höher ist bei einem Gewinn die Eigenkapitalrendite, da dieser mit weniger Eigenkapital erwirtschaftet wurde.
    Quelle: NZZ
  15. Ewald B. Schulte: EU-Ermittler in Büros von Vattenfall, Eon, RWE und EnBW: Verdacht auf Marktmissbrauch
    Anlass der Durchsuchungsaktion ist der Verdacht der EU-Kommission, dass es auf dem deutschen Strommarkt zu Verstößen gegen die Anti-Trust-Regeln der Gemeinschaft gekommen sein könnte und dass die vier großen Erzeuger durch Markt- und Mengenabsprachen zum Nachteil der Kunden gegen das geltende Wettbewerbsrecht verstoßen haben könnten.
    Quelle: Berliner Zeitung
  16. Die große Koalition hat sich dem Investivlohn verschrieben. Doch wer seinem Arbeitgeber Geld gibt, geht auch Risiken ein
    Die Arbeitnehmer tragen plötzlich nicht nur das Risiko des Jobverlustes, sondern auch noch das des Kapitalverlustes. Sie legen zwar Geld im eigenen Unternehmen an, aber eine Kontrolle der Unternehmensentscheidungen ist damit nicht verbunden.
    Quelle: Berliner Zeitung