Mal wieder ein „Demografiemonitor“ der Bertelsmann Stiftung

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Alle Bundesländer seien schon heute vom demographischen Wandel betroffen, behauptet der neueste „Demografiemonitor“: „Zwar schrumpft die Bevölkerung nur in den neuen Bundesländern, aber in allen Bundesländern steigt das Durch-schnittsalter der Bevölkerung. Konsequenz dieser Alterung ist der Rückgang der Aktivenquote, also des Anteils der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung. Insbesondere bei den Männern geht die Tendenz seit Jahren in die falsche Richtung.“ So heißt es da wirklich. Demografie ist also die Ursache am Rückgang der Erwerbstätigen nicht die fehlenden Arbeitsplätze!
An solchen Aussagen lässt sich mit Händen greifen, wie die „Demografie“ dazu missbraucht wird, um von den wirklichen Ursachen abzulenken und wie die demographische Entwicklung als Propagandamittel für die von Bertelsmann angeratenen, immer gleichen „Handlungsoptionen“ eingesetzt wird.

Man muss sich wirklich fragen, warum die bertelsmannschen Demografie-„Experten“ keine Sorge haben, sich lächerlich zu machen.
Ist es etwa wirklich die Demografie, die die Bevölkerung in den neuen Bundesländern schrumpfen lässt? Ist es nicht so, dass die Menschen deswegen abwandern, weil sie nur im Westen noch eine Arbeit finden? Warum ziehen wohl vor allem die Jungen weg? Doch deshalb, weil sie in vielen östlichen Landstrichen keinerlei berufliche Perspektive haben. Ist die niedrigere Geburtenrate im Osten Deutschlands nicht gleichfalls eher eine Folge mangelnder Sicherheit und von Arbeitslosigkeit oder von um sich greifender Armut.
Meint die Bertelsmann Stiftung uns wirklich weiß machen zu können, dass der Rückgang der Aktivenquote oder des Anteils der Erwerbstätigen eine Konsequenz der demografischen Entwicklung ist? Sind nicht gerade heute die Baby-Boom-Jahrgänge auf dem Arbeitsmarkt? Kann man bei weit über 4 Millionen statistisch erfassten und weiteren Millionen von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen das Schrumpfen der Bevölkerung für den Rückgang der „Aktivenquote“ verantwortlich machen? Wenn in mehr als der Hälfte der Betriebe keine Menschen über 50 mehr arbeiten, wenn nur noch ein Bruchteil der Beschäftigten die gesetzliche Altersgrenze im Beruf erreicht, ist dafür etwa die Alterung der Gesellschaft ursächlich?

Dass die Bertelsmann Stiftung mit ihren notorischen Rankings und Monitoren sog. Agenda-Setting zu betreiben versucht, mit dem sie das bertelsmannsche Leitbild immer wieder neu in die öffentliche Debatte heben will, um damit die von Bertelsmann angebotenen immer gleichen „Handlungsoptionen“ zu propagieren, haben wir schon vielfach dargestellt.

Wie man wie beim neuesten „Demografiemonitor“, Ursache und Wirkung aber derart plump auf den Kopf stellen kann, das ist schon ziemlich dreist. Dass die Bertelsmann Stiftung offenbar keine Sorge hat, sich mit diesem Demografiemonitor zum öffentlichen Gespött zu machen, kann vermutlich nur daran liegen, dass sie sich inzwischen sicher sein kann, dass sie den Meinungsmainstream auf ihrer Seite hat und darauf bauen kann, dass die Demografie-Hysterie so weit um sich gegriffen hat, dass die Angst der Menschen ihr Gehirn vernebelt hat. Denn wer sich noch ein wenig auf seinen schlichten Menschenverstand verlassen kann, dürfte wohl kaum auf diese ausgelegte Leimrute kriechen und darauf hereinfallen, dass die gegenwärtig niedrige Erwerbsquote eine „Folge der Alterung“ sei. Mit ein bisschen Klarsicht würde er erkennen, dass die geringe Erwerbsquote ihre Ursache nicht in der Demografie, sondern in einer gescheiterten Wirtschaftspolitik hat, die wiederum seit Jahren den „Handlungsoptionen“ der Bertelsmänner blind folgt.