Norbert Blüm: Alles Pfusch – Die Riester-Rente ist der falsch eingeknöpfte Knopf.

Ein Artikel von Norbert Blüm

Der frühere Arbeits- und Sozialminister (CDU) äußert sich für die NachDenkSeiten zu den ins Gespräch gebrachten Reparaturversuchen an der Riester-Rente. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Norbert Blüm:

Wenn der erste Knopf im Hemd falsch eingeknöpft ist, kann das beim 10. Knopf nicht korrigiert werden. Die Riester-Rente ist der falsch eingeknöpfte Knopf.

Die Riester-Renten-Politik führte die Rente in Sozialhilfenähe.
Damit verliert die beitragsbezogene Rente ihre Legitimation. Denn wenn die Rente mit Beitrag und Arbeit niedriger ist als die Sozialhilfe, ist das beitragsbezogene Rentensystem gekippt.

Die verzweifelten aktuellen Reparaturversuche sind nur eine Ablenkung von den Folgen der Riester-Rente. Von der Mütter-Rente haben nämlich jene Mütter nichts, deren Rente so niedrig ist, dass sie eine steuerfinanzierte Grundsicherung erhalten, auf welche die Mütter-Rente angerechnet wird.

Die Flexibilisierung der Altersrente verpufft weitgehend. Denn egal ob mit 63, 65 oder 67 Jahren die Regelaltersgrenze bezogen wird: Früher in Rente gehen können nur die, welche sich Abschläge leisten können, und das werden vornehmlich die sein, welche lange Jahre Beiträge gezahlt haben. Genau die sollen jetzt begünstigt werden, indem sie ohne Abschläge die Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen können. Aber die Regelung gilt nur vorübergehend. Das Ganze ist eine Zwischenmahlzeit. Es geht also hin und her. Lebensplanung ist so nur schwer möglich.

Von der „Hand in den Mund“ macht man keine Rentenpolitik. Wer nicht in Systemen denkt, kann auch nicht systematische Rentenpolitik machen.

Das Rentenniveau ist der Knackpunkt einer soliden Rentenpolitik. Wenn die 4 Prozent Beitrag zur Riester-Rente in die Rentenkasse fließen würden, wäre ein anständiges Rentenniveau zu sichern. Das im Übrigen nicht mehr kostet als die Summe von Rentenbeitrag und Riester-Beitrag nach der geltenden Gesetzeslage.

Dabei zahlen die Arbeitnehmer für die Riester-Rente mehr Beitrag als sie in die Rentenversicherung zahlen mussten. Bei „Riester“ entfällt der Arbeitgeberbeitrag.

Mehr Beitrag – weniger Rente: Das ist das Betriebsgeheimnis der neuen Rentenpolitik.

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