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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL)

Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.

  1. Putin äußert Zweifel an Legitimität der Ukraine-Wahl
  2. Wer bekommt Urlaubsgeld und was sehen die Tarifverträge vor?
  3. Netto zahlt Millionen-Strafe für Schein-Werkverträge
  4. Sebastian Dullien: Angela Merkel was right in the end, wasn’t she?
  5. Die drohende Japanisierung Europas
  6. Europa, sie weben dein Leichentuch …
  7. Der Goldesel der Investmentbanker
  8. Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz: Unregulierte Banken haben Debakel verursacht
  9. TTIP – Geheimsache Freihandel
  10. Wettbewerbspopulismus – Die Alternative für Deutschland und die Rolle der Ökonomen
  11. Die ARD-“Wahlarena” zur Europawahl: Demokratie zum Davonrennen
  12. EU: Die impotente Atommacht
  13. Erneuerbare Energien in Bayern: Kein Platz für Windräder
  14. Gift im Spiel
  15. Zustände wie im alten Rom
  16. NSA-Ausschuss
  17. Umsturz in Libyen,Niedergang des Islamismus in Nordafrika
  18. Nigeria: Die Schmerzgrenze ist noch nicht erreicht
  19. Shitstorms haben kaum negative Folgen für Unternehmen
  20. Südwestrundfunk: Bratzler soll’s bringen
  21. Teurer als die Wissenschaft erlaubt
  22. Zu guter Letzt: Oligarchen-Demokratie

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Putin äußert Zweifel an Legitimität der Ukraine-Wahl
    Es werde für Russland schwer, Beziehungen zu einer Führung aufzubauen, die an die Macht komme, während im Osten gekämpft werde, sagte Putin am Mittwoch während eines China-Besuchs in Shanghai…
    Putin sagte, es wäre logischer, vor einer Präsidentenwahl ein Referendum über eine neue Verfassung abzuhalten. Auf der Basis dieser Verfassung sollte dann der Präsident und das Parlament gewählt werden. “Es ist wichtig, die Beziehungen zwischen allen Regionen in der Ukraine herzustellen, nicht die Wahl als solche”, sagte Putin. Die Menschen müssten sich als Bürger fühlen können “egal wo sie wohnen”. Die neue ukrainische Verfassung sollte nach russischer Ansicht den Regionen mehr Autonomie geben, um die Rechte der russischsprachigen Bevölkerung zu schützen. In russischen Regierungskreisen waren bereits in der Vergangenheit Zweifel an der Legitimität der Präsidentenwahl laut geworden. Erst müsse die Gewalt gestoppt sein und es einen Fahrplan zur Lösung des Konflikts geben, hieß es.
    Prorussische Separatisten wollen die Präsidentenwahl am Sonntag in den östlichen Teilen des Landes verhindern und streben eine Abspaltung von der Ukraine an. Die Regierung in Kiew wiederum setzt das Militär ein, um die Kontrolle über das Gebiet wiederzuerlangen…
    Quelle: Reuters
  2. Wer bekommt Urlaubsgeld und was sehen die Tarifverträge vor?
    45 Prozent der Beschäftigten erhalten von ihrem Arbeitgeber ein Urlaubsgeld. Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Umfrage der Internetseite www.lohnspiegel.de, die vom Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird. Rund 11.200 Beschäftigte haben sich an der Befragung beteiligt. Eindeutig profitieren die Beschäftigten von einer Tarifbindung ihres Arbeitgebers. Beschäftigte mit Tarifbindung erhalten zu 59 Prozent ein Urlaubsgeld, Beschäftigte ohne Tarifbindung dagegen nur zu 33 Prozent.
    Männer bekommen häufiger ein Urlaubsgeld (50 %) als Frauen (38 %). Im Westen fällt der Anteil höher aus (48 %) als im Osten (32 %). In Kleinbetrieben unter 100 Beschäftigten gibt es seltener ein Urlaubsgeld (36 %) als in größeren Betrieben über 500 Beschäftigten (56 %). Von den Beschäftigten mit einem geringen Monatsverdienst (unter 1.000 €) erhält nur ein Viertel (26 %) ein Urlaubsgeld, von den Beschäftigten mit hohem Gehalt (5.000 – 6.000 €) dagegen gut die Hälfte (53 %).
    Die Höhe der tariflich vereinbarten Urlaubsextras fällt je nach Branche sehr unterschiedlich aus: Zwischen 155 und 2.204 Euro bekommen Beschäftigte in der mittleren Vergütungsgruppe in diesem Jahr als tarifliches Urlaubsgeld (ohne Berücksichtigung von Zulagen/Zuschlägen, bezogen auf die Endstufe der Urlaubsdauer). Das zeigt die aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs für 22 Wirtschaftszweige (Stand: 20.4.2014).
    Am wenigsten Geld für die Urlaubskasse bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Steinkohlenbergbau. Die höchsten Zahlungen erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter anderem in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, in der Druckindustrie sowie in der Metallindustrie (Branchendaten siehe Grafik und Tabellen im Anhang auf den folgenden Seiten).
    Quelle: WSI Tarifarchiv [PDF – 173 KB]
  3. Netto zahlt Millionen-Strafe für Schein-Werkverträge
    Sie arbeiteten wie Festangestellte, bekamen aber nur Billiglöhne als Werksarbeiter. Der Discounter Netto schließt mit der Staatsanwaltschaft einen Deal.
    Quelle: SZ
  4. Sebastian Dullien: Angela Merkel was right in the end, wasn’t she?
    While the euro periphery is still licking its wounds from the euro crisis, in Germany a new narrative of the crisis management of the past years is taking hold: self-congratulation for a supposedly great policy response to the crisis. In short, the new German view runs as follows: The euro crisis is over. The euro is saved. All this shows how successful the German-dominated crisis management has been – with its strong focus on austerity, balanced budgets, and strict “nein” to Eurobonds. And who has to be thanked for that, if not Angela Merkel? Wasn’t it her who pushed tirelessly for this policy stance across Europe and helped teach the EU partners the virtues of fiscal and macroeconomic thriftiness? – Of course, whether you judge Merkel’s policies a success depends on how you define the baseline. …
    Quelle: European Council on Foreign Relations

    Anmerkung Orlando Pascheit: Manchem mag die Hervorhebung der deutschen Kanzlerin als Hauptverantwortliche als übertriebene Zuspitzung erscheinen. Natürlich hatte sie Berater und natürlich stand und steht der wissenschaftliche Mainstream Deutschlands mehr oder weniger hinter ihr, letztlich aber hat sie allein in den diversen europäische Spitzentreffen Deutschland vertreten. Philippe Legrain hat uns verraten, dass die Kommission, als er 2010 Berater von Kommissionspräsident Barroso wurde, keine Ahnung von der Finanz- und Schuldenkrise hatte. Die Kommission sei Frau Merkel blind gefolgt.
    Und wofür stand nun Frau Merkel? Sebastian Dullien benutzt für die in Deutschland propagierte Erfolgsgeschichte der merkelschen Politik eine schöne Analogie aus der Medizin: Ein Patient kommt in die Notaufnahme einer Klinik mit einer Schnittwunde, deren Blutung er nicht stoppen kann. Der Arzt erklärt, dass er nicht auf das Standardverfahren mit Nadel und Faden zurückgreifen, sondern eine neue, experimentelle Behandlung anwenden möchte. Die Hand schmerzt, ein alternatives Krankenhaus ist nicht vorhanden und er akzeptiert das neue Medikament. Der Patient fällt ins Koma und in den folgenden Monaten kämpfen die Ärzte um sein Überleben. Nach sechs Monaten erlangt er das Bewusstsein und nach weiteren Wochen kommt er in ein Rehabilitationszentrum, wo ihm gesagt wird, dass eine gute Chance habe, zu arbeiten und normal zu leben, und er die Hand nach fünf bis zehn Jahren voll benutzen könne. – Natürlich, den Ärzten des Krankenhauses gebührt Dank, dass sie das Leben gerettet haben. Aber würden Sie die Behandlung “einen Erfolg” zu nennen? Dullien bezweifelt es. Wer nicht?
    Dullien meint, dass in der Eurokrise schlimmere Politikergebnisse vorstellbar seien. Die Eurozone hätte auseinanderbrechen können. Im Vergleich zu diesem Ergebnis wäre die europäische Krisenbekämpfung in der Tat ein Erfolg gewesen. Aber sei dies der richtige Maßstab? Dullien nimmt die USA zum Maßstab und stellt eine kumulierte Abweichung des Ausgangspfades der Eurozone von 2010 bis 2013 von dem der USA in Höhe von 950 Milliarden Euro fest. Und dies ist nicht das Ende, denn die Jahresproduktion in der Eurozone läuft jetzt auf einem niedrigeren Niveau.
    Dullien nennt u.a. als Grund dafür, dass die schlechte wirtschaftliche Bilanz der Krisenbekämpfung nicht durchschaut werde, das Festhalten der deutschen Eliten und Medien am Ordoliberalismus. Dies sei ein anti-empirisches Konzept, das nicht aus den Daten einer chaotischen Realität Schlüsse zulasse, sondern sich an Grundsätzen von richtig und falsch orientiere. Sie müssten nicht auf BIP und Arbeitslosendaten schauen, um zu beurteilen, ob eine Politik gut oder schlecht war? Die Deutschen wüssten einfach, sie liegen mit ihrem Austeritätskurs richtig. Ist es nicht offensichtlich, dass Sparsamkeit besser ist als Verschwendung? (Man mag einiges anders sehen und Dullien geht m.E. mit den deutschen Eliten sehr milde um, aber die Analogie ist zu schön und ich wollte nur den englische Text verkürzt referieren)

  5. Die drohende Japanisierung Europas
    Das unter den Erwartungen gebliebene Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone im ersten Quartal 2014 hat nach an den Märkten weitverbreiteter Ansicht die Wahrscheinlichkeit neuer monetärer Lockerungsmassnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) erhöht. Die konjunkturelle Erholung habe sich abgeschwächt, sei sogar festgefahren, betonen Kommentatoren. Zu den Strukturproblemen gehört der Prozess, den Analytiker und Kommentatoren als drohende «Japanisierung Europas» bezeichnen. Dieser Begriff beschreibt die Kombination einer säkularen Stagnation und eines deflationären Trends in Europa, insbesondere in der Euro-Zone. Der gegenwärtige Zustand der Region ist der Lage Japans in den 1990er Jahren ähnlich. Zahlreiche Parallelen werden gesehen: starke Währung, sinkender Preistrend, künstlich am Leben gehaltene Zombie-Banken, anhaltender Deleveraging-Prozess, Aussenhandelsüberschüsse und institutionalisierter Widerstand gegen radikale monetäre Massnahmen. Analytiker der Credit Suisse zeigen aber auch wichtige Unterschiede auf: In Japan stimulierten zusätzliche Regierungsausgaben Konsum, Investitionen und Bruttoinlandprodukt (BIP), während in der Euro-Zone Staatsausgaben, Konsum und BIP flach blieben und die privaten Investitionen sich auf einem deutlich niedrigeren Niveau eingependelt haben.
    Den stärksten Gegenwind für die Euro-Zone ortet Cullen Roche von der Orcam Financial Group in den monetären Strukturen und meint damit den Zusammenschluss unterschiedlich strukturierter Länder in einen Währungsraum ohne ausgleichendes Fiskalsystem, was die Geldpolitik über Gebühr beanspruche. Die Euro-Zone tut sich jedenfalls schwerer als andere Länder, die Krise zu überwinden, wie das Wachstum seit 2007/08 zeigt. Die USA haben die vor der Krise erreichte Spitze des BIP längst überschritten, Japan und Grossbritannien liegen leicht darüber oder nahe daran, während die Euro-Zone einen weitgehend horizontalen Trend im negativen Bereich aufweist. – Der Nutzen der europäischen Krisenpolitik wird verschiedentlich infrage gestellt. Zwar ist ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone verhindert worden, doch die Staatsverschuldung ist kräftig gestiegen. Das Bankensystem und die gesamte Wirtschaft haben weiterhin ungelöste Strukturprobleme.
    Quelle: NZZ
  6. Europa, sie weben dein Leichentuch …
    Die Austeritätspolitik aus Brüssel ist ein Leichenfledderer. Selten kann man das derart im wahrsten Sinne des Wortes behaupten wie jetzt im Fall der Madrider Universität, die einige Leichen im Keller hat.
    Quelle: ad sinistram
  7. Der Goldesel der Investmentbanker
    Es ist schon merkwürdig: Das Investmentbanking beschert der Deutschen Bank regelmäßig hohe Verluste. Doch die beteiligten Banker entlohnt sie fürstlich. Ein Gastbeitrag.
    Quelle: FAZ
  8. Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz: Unregulierte Banken haben Debakel verursacht
    Joseph E. Stiglitz, Nobelpreisträger für Ökonomie, hielt am Swiss International Finance Forum (SIFF) in Bern die Schlussrede. Gegenüber dem Videoformat «Wirtschaft im Fokus» (www.nzz.ch) nahm er Stellung zu Fragen rund um die Rolle und die Zukunft der Bankenindustrie. «Wir haben gesehen, was passiert, wenn Banken unreguliert agieren. Es hat in einem Desaster geendet», so Stiglitz. Er verwies auf die Erfolge des New-Deal- Programms nach der Grossen Depression in den USA. Das dort entstandene regulatorisches Rahmenwerk inklusive der Glass-Steagall Act hätten Amerika revolutioniert. Über Jahrzehnte, so Stiglitz, habe es keine grossen Bankenskandale gegeben. Dennoch sieht er auch die Gefahr der Überregulierung.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung: Das Interview ist in Englisch.

  9. TTIP – Geheimsache Freihandel
    Es soll „der größte Wirtschaftsdeal der Geschichte“ werden, schwärmen Top-Manager in Deutschland und EU-Beamte in Brüssel. Auch in Washington ist man sich sicher: Die geplante Freihandelszone zwischen der EU und den USA bringt für 800 Millionen Menschen mehr Jobs, Wachstum und Wohlstand. Doch je weiter die Verhandlungen voran schreiten, desto alarmierter und verunsicherter sind viele Beobachter. Nicht nur, dass das Handelsabkommen zwischen den Wirtschaftsgiganten USA und EU hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werde. Auch der Einfluss der Wirtschaft und insbesondere der großen Konzerne wachse durch den Riesendeal immens.
    Tatsächlich geht es beim transatlantischen Freihandels-Abkommen – kurz TTIP genannt – nur am Rande um das, was klassischer Weise unter Freihandel verstanden wird: um die Abschaffung der ohnehin geringen Zölle. Ins Visier geraten vor allem auch Standards, die alle Verbraucher betreffen: Wie künftig etwa Autos ausgestattet sein müssen, oder wie Lebensmittel hergestellt werden. Gerade im Agrarbereich liegen zwischen den USA und der EU bislang Welten.
    Ein besonders heikler Punkt ist der Investorenschutz, mit dem US-amerikanische Konzerne künftig europäische Staaten verklagen und ihre Gesetzgebung unter Druck setzen könnten, sobald sie sich im Wettbewerb durch neue nationale Gesetze benachteiligt sehen.
    Und trotzdem: Der zuständige EU-Handelskommissar wirbt für das Abkommen und sieht darin eine historische Chance für Europa. Doch für die Kritiker ist der Preis die bislang massivste Beschneidung von Demokratie und Verbraucherschutz. Was als harmloses Handelsabkommen daher komme, so eine prominente Stimme, sei nichts weniger als ein „Staatsstreich in Zeitlupe“.
    Quelle: ZDF

    Anmerkung JK: Diese Sendung macht wieder auf erschreckende Weise das massive Demokratiedefizit der EU deutlich. Die Europäische Kommission führt die Verhandlungen über das TTIP mit einer unglaublichen Rücksichtslosigkeit gegenüber den Interessen von Gewerkschaften, Verbraucherschützern, sozialen Organisationen, sprich der überragenden Mehrheit der Bürger. Die Interessen transnationaler Konzerne haben hier absolute Priorität. Die Arroganz des Handelskommissars Karel De Gucht spricht dabei für sich. Man darf nicht vergessen, dass die Verhandlung eines Abkommens, das massive Auswirkungen auf das Leben der Menschen in der EU haben wird, ohne jegliche Beteiligung von deren Interessenvertretungen stattfindet. Weder die nationalen Parlamente, noch das Europäische Parlament sind direkt an den Verhandlungen beteiligt. Das EU-Parlament darf dabei am Ende der Verhandlungen nur zustimmen oder ablehnen aber keinerlei Änderungen einbringen. Nationale Parlamente haben sogar keinerlei Möglichkeit der Beteiligung. Schon allein deswegen ist das TTIP abzulehnen.

  10. Wettbewerbspopulismus – Die Alternative für Deutschland und die Rolle der Ökonomen
    Das Arbeitspapier 14 beschäftigt sich mit der Rolle der Ökonomen in der Alternative für Deutschland (AfD). Dabei steht ihre Rolle für die Programmatik der Partei, ihre ideologischen Grundannahmen und politischen Forderungen im Zentrum des Interesses.
    Nicht zuletzt soll auf diese Weise auch ein schärferes Bild von der AfD, ihrem Verhältnis zu anderen populistischen Akteuren in Deutschland und dem europäischen Ausland der jüngsten Vergangenheit entstehen. Wo liegen die Gründe für den Erfolg der AfD im Vergleich zu möglichen Vorläufern wie dem „Bund freier Bürger“, der im Gefolge einer früheren populistischen Regung entstand?
    Es wird deutlich: Die AfD zeichnet sich durch eine Spielart des Populismus aus, den die Autoren Bebnowski und Förster als „Wettbewerbspopulismus“ bezeichnen. Das Parteiprogramm ist durch eine radikalisierte ökonomische Logik charakterisiert, die das gesamte politische Denken und Handeln der Partei prägt. Die Folge: Aus den ökonomischen Ungleichgewichten der Eurozone wird eine nationalchauvinistisch unterlegte kulturelle Abwertung der „Anderen“. Dies trifft in den durch die Agenda 2010-Reformen verunsicherten Mittelschichten paradoxerweise auf Resonanz, obwohl die AfD in ihrem Programm für weitere harte soziale Einschnitte eintritt.
    Quelle 1: Otto-Brenner-Stiftung Arbeitspapiere
    Quelle 2: Die Studie „Wettbewerbspopulismus – Die Alternative für Deutschland und die Rolle der Ökonomen“
  11. Die ARD-“Wahlarena” zur Europawahl: Demokratie zum Davonrennen
    Am kommenden Sonntag, 25. Mai, ist Europawahl. Europa, das ist irgendwie “wichtig”. Sagen alle Medien von ARD bis Bild-Zeitung…
    Als Zuschauer ließ einen das Gefühl nicht los, hier einer lähmend langweiligen Inszenierung von Gutbürgertum und Euro-Besoffenheit beizuwohnen. Einen schlechteren Dienst können Medien und Politiker der Sache Europa nicht erweisen. Es ist diese inszenierte Bräsigkeit, die den Eindruck vermittelt, dass der Club der Euro-Menschen im Raumschiff Brüssel eh macht, was er will. Dieser Eindruck wird die Leute bei dieser Wahl vermutlich in Scharen davon abhalten, überhaupt ein Kreuzchen zu machen oder sie werden eine Partei wie die AfD wählen. Vermutlich noch nicht einmal, weil sie die AfD besonders toll finden. Sondern einfach nur, weil man verdammt nochmal wieder das Gefühl haben will, eine Wahl zu haben. Ja, eine Wahl. Irgendeine Wahl. Die Wahl zwischen Jean-Claude Juncker und Martin Schulz ist nämlich keine Wahl.
    Quelle: MEEDIA

    Anmerkung WL: Die Behauptung des Autors Stefan Winterbauer, dass Journalisten die beiden Kandidaten hätten mehr „grillen“ können, halte ich allerdings für – zurückhalten gesagt – für äußerst optimistisch. Wo war denn der Grill bei den Kandidaten-Duellen bei der Bundestagswahl. Dass nur 2,25 Mio. am Dienstag im Ersten die “Wahlarena” mit den beiden Spitzenkandidaten Schulz und Juncker sehen wollten und die Sendung nur einen Marktanteil von 8,6% schaffte und im jungen Publikum der 14- bis 49-Jährigen nur auf Marktanteile von 2,9% kam, hat doch vor allem damit zu tun, dass die Menschen sich nicht für dumm verkaufen lassen. Sie wissen doch, dass die Krise in Europa keineswegs überwunden ist, und die Krise ist sogar ihre Hauptsorge, keiner der in der Wahlarena befragten Kandidaten hat darauf jedoch eine Antwort und schon gar nicht eine Alternative zur herrschenden Linie der Troika anzubieten.

  12. EU: Die impotente Atommacht
    Zum Gründungsmythos des vereinigten Europas gehört die Förderung der Atomkraft. Noch heute sind alle EU-Staaten dazu verpflichtet. Falls aber der Ländernachbar mit seinen AKWs pfuscht, ist das für sie Pech. Zwar gibt es seit 2009 eine Richtlinie zur nuklearen Sicherheit; sie hat jedoch gerade mal drei Seiten. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 ließ die EU-Kommission zwar sämtliche 145 Atommeiler in der EU stresstesten. Die Ergebnisse waren unterirdisch: 54 Reaktoren sind nicht ordentlich gegen Erdbeben gesichert. Doch die Behebung der Mängel ist für die Staaten freiwillig – obwohl der Anspruch an eine sichere Atomenergie zum Gründungsmythos der EU gehört. Offiziell wird der Vertrag als wichtiges Instrument für die gemeinsame nukleare Sicherheit verkauft. Er regelt auch die Versorgung mit Kernmaterial für die Medizin. Doch Sanktionen gegen Staaten, die mit der nuklearen Aufsicht pfuschen, gibt es nicht. Das haben die EU-Mitgliedstaaten stets verhindert: Länder, die der Atomkraft entsagt haben – etwa Deutschland, Italien oder Österreich -, fürchten einen zu atomfreundlichen Kurs in Brüssel. In Frankreich oder Großbritannien ist es andersherum. In den beiden Atomwaffenstaaten ist Atompolitik von jeher nationales Heiligtum. Also bleibt alles beim Alten: Das Euratom-Budget (im EU-Haushalt) von 2014 bis 2018 beträgt 1,6 Milliarden Euro. Die Grünen schätzen daraus den deutschen Anteil auf 20 Prozent. Ein Teil des Geldes fließt in den Forschungsreaktor Iter, der derzeit in Frankreich gebaut wird und ab 2026 Energie nicht durch Atomspaltung, sondern durch -fusion liefern soll. Der Rest geht in die Entsorgung von Atommüll und in die “Sicherheitsforschung”, üblicherweise ein EU-Bonmot für Reaktorforschung.Selbst der grüne Umweltminister von Baden-Württemberg, Franz Untersteller, möchte keine Debatte über ein Ende von Euratom. Dafür versucht er, die Bundesregierung zu einem härtere Kurs in Brüssel zu bewegen. Denn dort wird gerade eine neue Richtlinie zur Nuklearsicherheit verhandelt. Konkrete Vorgaben zur nuklearen Sicherheit gibt es nach wie vor keine – sonst müssten einige AKWs wahrscheinlich sofort vom Netz, etwa das haarsträubendste Atomkraftwerk Europas im tschechischen Dukovany. Dessen Reaktoren sind nicht einmal durch einen zusätzlichen Sicherheitsbehälter abgeschirmt, der bei einem Unfall das Allerschlimmste verhinderte. Einen solchen Schutz hatten sogar die zerstörten Reaktoren im japanischen Fukushima – ohne sie wäre Tokio heute wahrscheinlich unbewohnbar.
    Quelle: taz
  13. Erneuerbare Energien in Bayern: Kein Platz für Windräder
    Wenn es nach Bayerns Ministerpräsident Seehofer geht, dürfen die Länder künftig den Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnhäusern festlegen. Ein entsprechendes Gesetz ist schon in Arbeit und für Bayern hat sich Seehofer bereits eine Formel ausgedacht. Die würde den Bau neuer Anlagen allerdings praktisch unmöglich machen. Was Windräder betrifft, versteht Bayerns Regierung wirklich null Spaß. “Bayern ist schön – und soll es bleiben”, dichtete unlängst die Staatskanzlei nach einer Sitzung des Kabinetts Seehofer. “Das über Jahrhunderte gewachsene typisch bayerische Landschaftsbild wollen wir nicht auf dem Altar des energetischen Förderwahns opfern.” Des Weiteren ist noch von der Bayernhymne die Rede und von Juwelen des Freistaates, die es zu erhalten gelte. Im Kampf gegen Windmühlen greift CSU-Chef Horst Seehofer gern zum ganz großen Besteck.
    Die Höhe eines Windrads bis zur Flügelspitze mal zehn – näher dürfte es in Bayern künftig nicht an Siedlungen und Häusern stehen, sofern Kommunen nichts anderes beschließen. Da moderne Windräder durchaus an die 200 Meter hoch sind, bedeutet das zwei Kilometer Abstand. Nun bekommen die Abgeordneten erstmals offizielle Zahlen über die Folgen dieser Vorgaben zu Gesicht. Ergebnis: Höhe mal zehn heißt Kahlschlag hoch zehn. Experten untersuchten, wie viel Landesfläche für neue Windräder bleibt, wenn ein Mindestabstand von zwei Kilometern gilt. Demnach stünden mit Seehofers Formel 1,7 Prozent der Landesfläche zur Verfügung – verglichen mit derzeit 19 Prozent. Weil aber Mühlen Wind brauchen, prüfte das Bundesinstitut auch, an wie vielen dieser Standorte er überhaupt ausreichend weht – die Hälfte fiel damit raus. 0,86 Prozent Bayerns blieben übrig. Aber auch das nur bedingt, denn: “Bei den verbleibenden Restflächen handelt es sich überwiegend um Waldgebiete”, merkt das Institut an – zu knapp 70 Prozent. Windräder im Wald dürften aber wohl kaum im Sinne des Juwelen-Erhalts sein.
    Quelle: SZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Würde einen nicht wundern, wenn der Rest der Republik zum Ausgleich demnächst den Spezis in Bayern das Endlager für unseren Atommüll verordnet.

  14. Gift im Spiel
    Wer Fußballausrüstung kauft, riskiert, damit auch eine Reihe giftiger Chemikalien zu erwerben. Bei den untersuchten Produkten handelt es sich um T-Shirts, Fußballhandschuhe und -schuhe sowie einen Fußball der Firmen Adidas, Nike und Puma. Insgesamt 33 Produkte ließ die Umweltorganisation testen, darunter 20 speziell für Kinder. Sämtliche Produkte wurden im März in 16 verschiedenen Ländern eingekauft, darunter China, Deutschland und Großbritannien. Das untersuchte Produkt mit dem höchsten Gehalt einer PFC-Substanz ist ein Schuh des Herstellers Adidas. 14,5 Mikrogramm Perfluoroctansäure (PFOA) pro Quadratmeter Stoff enthielt das Produkt. Eine unmittelbare Gefahr sieht auch Greenpeace-Sprecherin Carolin Wahnbaeck nicht. Doch auch wenn niemand befürchten muss, durch das Tragen eines Fußballschuhs direkt unfruchtbar zu werden, seien die Substanzen durch die Anreicherung in Umwelt und Nahrungskette vom Trinkwasser in Schanghai bis zur Leber von Eisbären fast überall zu finden, ein Entkommen fast unmöglich.
    Dabei sind mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Endkunden nur ein Teil des Problems. Weitaus größer sind die Risiken für Menschen und Umwelt in den Produktionsländern. Beispiel Nonylphenolethoxylat (NPE). Das ist ein Tensid, das in der Produktion etwa nach dem Färben von Baumwolle als Waschmittel eingesetzt wird. Was hier von dem Tensid noch in den Produkten festgestellt wird – bei den aktuell untersuchten Fußballschuhen waren es zwischen 1,2 und 40 Milligramm pro Kilogramm -, sind Greenpeace zufolge Rückstände. Sie wiesen aber darauf hin, dass die Substanz in der Produktion genutzt werde und das Gros der Chemikalien daher mit Industrieabflüssen in den Gewässern der Herstellungsländer lande.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wann endlich ziehen wir die Konsequenzen daraus, dass die vergifteten Flüsse und Böden Chinas, um ein Beispiel zu nennen, die Kehrseite preiswerter Produkte sind, die alten Industrieländer konsumieren, die sich ob ihrer hohen Umweltstandards brüsten.

  15. Zustände wie im alten Rom
    Vor eineinhalb Jahrzehnten erhielten mehrere Regionen in Italien umfassende Autonomierechte. Doch die Erfahrung zeigt, dass die Politik diese Kompetenzen oft schamlos missbraucht. Nun will Rom die Verfassung ändern. Die Skandalserie in Italiens Regionen nimmt kein Ende, und ihre Ausmaße wirken beeindruckend: Gegen 573 Abgeordnete laufen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen Amtsmissbrauchs, Veruntreuung öffentlicher Gelder, Korruption und Betrugs. In der Lombardei, im Latium, Piemont, auf Sardinien und in der Basilikata stürzten die Regierungen über die Skandale. Sogar der Fraktionssprecher der Partei Italien der Werte, die unter der Führung von Ex-Staatsanwalt Antonio Di Pietro zur Moralisierung Italiens angetreten war, wurde verhaftet: Er hatte eine Million aus der Parteikasse zweckentfremdet und davon 100.000 Euro beim Glücksspiel verloren. Nun will sich der Staat wichtige Zuständigkeiten zurückholen und den permanenten Kompetenzstreit beenden. Rom will sich mit einer Verfassungsnovelle die Bereiche Verkehr, Energie und Umweltschutz zurückholen. Die Regionen protestieren lautstark und warnen vor einer “fatalen Rückkehr zum Zentralismus”: “Was der Staat mit der einen Hand gibt, nimmt er sich mit der anderen”, erregt sich Luca Zaia, Präsident von Venetien, wo letzthin in einem umstrittenen Referendum die Loslösung vom ungeliebten Staat gefordert worden war.
    Quelle: derStandard

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Titel beleidigt das alte Rom. Vor allem aber fragt man sich, wie Italien mit solchem Personal aus der Krise kommen will. Dabei sind die 573 Abgeordneten nur diejenigen, die aktenkundig geworden sind. Berlusconismus allerorten. Ist das noch das Europa der gemeinsamen Werte, zu denen wir z.B. die Ukraine missionieren wollen.

  16. NSA-Ausschuss
    “Nach Belieben erheben, auswerten, bevorraten”
    Ein Gutachten für den NSA-Untersuchungsausschuss hält die Abhörpraxis des BND für verfassungswidrig. Für das Anzapfen der Auslandskommunikation fehle die gesetzliche Grundlage.
    Quelle: Spiegel-Online
  17. Umsturz in Libyen,Niedergang des Islamismus in Nordafrika
    Dreimal hat der pensionierte General und Ghadhafi-Gegner schon versucht, auf den Gang der Dinge in Libyen Einfluss zu nehmen: im August 2013, im Februar 2014 und jüngst am vergangenen Wochenende. Dieses Mal, so meint der tunesische Historiker und Islamismus-Experte Alaya Allani, könnte der Coup von Khalifa Haftar gelingen. Er ist überzeugt, dass ein beachtlicher Teil der libyschen Bevölkerung und das Gros der im Aufbau begriffenen Armee hinter Haftar stehen. Für Allani ist klar, dass die Verschlechterung der Sicherheitslage in den vergangenen Wochen ausschlaggebend für Haftars Vorstoss war. «Er hat den Moment für opportun erachtet zu handeln», sagt Allani im Telefongespräch. Dabei hat der pensionierte General auf die Unterstützung der schwer bewaffneten Milizen von Zintan zählen können. Diese halten nicht nur Seif al-Islam in Gewahrsam und kontrollieren im Auftrag der Regierung den Flughafen von Tripolis, sondern gelten auch als Verfechter einer liberalen Gesellschaftsordnung und Gegner der Islamisten. Allani ist überzeugt, dass der Vorstoss mit der Reaktion der Bevölkerung in der Hauptstadt Tripolis steht und fällt: «Gelingt es Haftar, Tripolis auf seine Seite zu ziehen, ist die Sache gelaufen.» Dabei gelte es eine Reihe von Hindernissen zu bewältigen. So unterstützt etwa der Militärgouverneur von Tripolis die gegenwärtige Regierung. Unklar ist auch, wie sich die Bürgergesellschaft – etwa das liberale Bürgertum und die Unternehmerverbände – sowie die grossen Stämme und deren Milizen zu Haftars Bewegung stellen werden. Allani geht davon aus, dass dieser auf breite und zunehmende Unterstützung zählen kann und in diesen Tagen Verhandlungen sowohl mit der gegenwärtigen Regierung wie auch mit den Anführern der mächtigsten Stämme stattfinden. Die Einnahme der wichtigen Militärbasis von Mitiga am vergangenen Montag sowie das Überlaufen mehrerer Milizen und Armee-Einheiten hätten die Regierung unter Druck gesetzt.
    Sollte die Analyse des tunesischen Islamismus-Experten zutreffen, so hätte dies schwerwiegende Folgen für die Partei der Muslimbrüder und die jihadistischen Gruppierungen. Diese würden wohl schon bald ihre Basis in Libyen verlieren und müssten untertauchen oder fliehen. Da die Grenzen zu Algerien, Tunesien und Ägypten weitgehend abgeriegelt sind, bliebe als Fluchtweg einzig die Route nach Niger und Tschad. Laut Allani gibt es Indizien, dass hochrangige Jihadisten auf der Flucht sind. Klar ist für Allani, dass der Handlungsspielraum für islamistische Parteien in ganz Nordafrika kleiner wird. Dass Haftars Initiative auf ausländische Unterstützung zählen kann, steht für Allani ausser Frage. Ägypten wolle unter keinen Umständen, dass sein Nachbar Libyen von einer der Muslimbruderschaft nahestehenden Regierung geführt werde oder sich extremistische Gruppierungen dort installierten. Auch Algerien hat seine offiziell geschlossenen Grenzen zu Libyen mit zusätzlichen Truppen verstärkt.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung: Alaya Allani ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität La Manouba/ Tunis. Sein Spezialgebiet ist der ‚moderate’ Islamismus.

  18. Nigeria: Die Schmerzgrenze ist noch nicht erreicht
    Heinrich Bergstresser ist Autor des Buches »Nigeria. Macht und Ohnmacht am Golf von Guinea« und hat unter anderem als Redakteur der Deutschen Welle viele Jahre über Nigeria berichtet. Im Gespräch mit der Jungle World erklärt er die extremen Gegensätze zwischen dem Norden und dem Süden des Landes.
    Quelle: Jungle World

    Anmerkung Orlando Pascheit: Endlich einmal ein Versuch, etwas differenzierter über Nigeria und auch Boko Haram zu berichten. Jungle World widmet Nigeria und Boko Haram einen Schwerpunkt.

  19. Shitstorms haben kaum negative Folgen für Unternehmen
    Erst kürzlich hat Burger King gezeigt, wie sehr öffentliche Empörungswellen im Web – vulgo: Shitstorms – ein Unternehmen dazu bewegen können, seine Richtlinien oder sein Verhalten zu ändern. Das dies mittlerweile Regel geworden ist, belegt nun eine Studie einer Medienhochschule. Sie sagt aber auch: Nach Shitstorms sind “keine nachhaltigen wirtschaftlichen Schäden” zu befürchten…
    Die meisten betroffenen Unternehmen hätten auf die Phasen massiver Kritik mit Anpassungen von Krisenplänen und sogar Restrukturierungen ihrer Kommunikationsabteilungen reagiert.
    “Trotz der Heftigkeit der Kritik und der hohen medialen Aufmerksamkeit, mit denen die Unternehmen sich während eines Shitstorms konfrontiert sahen, haben die betroffenen Unternehmen bislang kaum messbare Umsatz- oder Gewinneinbußen noch einen nachweisbaren Glaubwürdigkeitsverlust festgestellt”, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Ralf Spiller. Shitstorms seien also von einer “klassischen Unternehmenskrise” deutlich zu unterscheiden.
    Quelle: MEEDIA
  20. Südwestrundfunk: Bratzler soll’s bringen
    Der Südwestrundfunk (SWR) bekommt eine neue Fernseh-Chefredaktion. Erster Anführer wird der Mainzer Fritz Frey, zweiter der Stuttgarter Aufsteiger Clemens Bratzler. Er soll der starke TV-Mann in der schwäbischen Landeshauptstadt werden, gefördert von der grün-roten Regierung…
    Real ist die Geschichte längst geklärt, nachdem sich Intendant Boudgoust auf Frey festgelegt hat, unter anderem aus Spargründen. Ein Chefredakteur ist billiger als zwei, und, so betont SWR-Sprecher Wolfgang Utz, sogar besser. Mit einer Stimme zu sprechen habe mehr Gewicht in der ARD, sagt er, besser jedenfalls, als immer das “doppelte Lottchen” zu spielen….
    Aber wie das so ist bei öffentlich-rechtlichen Anstalten, will natürlich auch die Politik ein Wörtchen mitreden. Dazu ist sie im Verwaltungsrat des Südwestrundfunks zahlreich vertreten, viel zu zahlreich, wenn man nur das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag zugrunde legt. Ein Drittel, so die roten Roben, darf höchstens von der Politik gestellt werden. Beim SWR sieht’s so aus: Drei kommen aus den Landesregierungen (Silke Krebs/Grüne, Peter Friedrich/SPD, Jochen Hartloff/SPD), vier aus den Landtagen (Wolfgang Drexler/SPD, Günther-Martin Pauli/CDU, Charlotte Schneidewind-Hartnagel/Grüne, Daniel Köbler/Grüne), einer aus dem Gemeindetag (Roger Kehle/CDU-nahe), eine Landrätin (Theresia Riedmaier/SPD) – macht zusammen neun. Von insgesamt 15.
    In diesem Klub wird über die Spitzenjobs entschieden, bisher streng nach der politischen Farbenlehre.
    Quelle: Kontext:Wochenzeitung

    Hinweis: In dieser Woche wieder neu in Kontext:Wochenzeitung u.a.:

    • Hingehen, wählen!: Das Ansehen von Politikern und Politik befindet sich auf Talfahrt. Viele Leute erkennen darin nicht einmal mehr ein notwendiges Übel und wollen deshalb am Wahlsonntag daheimbleiben. Doch damit wird nichts besser.
    • Schnitt auf der Sünderstaffel: Das Bündnis SÖS (Stuttgart Ökologisch Sozial) löst Probleme ganz basisdemokratisch. Unliebsame Ratskandidaten werden einfach weg geschnitten. Und plötzlich sind die schönsten Italienerinnen fort.
    • Hüter der Hausmacht: Bürgermeister und Gemeinderäte – sie alle singen das hohe Lied der Bürgerbeteiligung. Am lautesten kurz vor Kommunalwahlen. Doch die Festung aus örtlichen Honoratioren, aus Feuerwehrkommandant, Fraktions- und Vereinschefs wollen sie nicht schleifen.
    • In Stuttgart tobt der Straßenkampf: Am kommenden Wahlsonntag entscheiden die Bürger, welche Politiker und Parteien die Verkehrspolitik in den nächsten Jahren in der schwäbischen Autostadt verantworten. Der Stuttgarter Asphalt ist seit Jahrzehnten ein politisches Streitobjekt.
    • Stuttgart merkezinde yasamak: Türken ohne deutschen Pass dürfen kommenden Sonntag weder Gemeinderäte noch Europaabgeordnete wählen. Stattessen sind sie im Sommer aufgerufen, sich an der Präsidentschaftswahl in der Heimat ihrer Eltern oder Großeltern zu beteiligen.
    • Werber Rommel wiederentdeckt: “Bezug – Das Projektmagazin” ist eine Hochglanzpostille der Bahn und Propaganda-Blatt für Stuttgart 21. In der aktuellen Ausgabe instrumentalisieren die Blatt-Macher den verstorbenen Alt-Oberbürgermeister Manfred Rommel.
    • Stuttgart vernetzt: Flüchtlinge sterben an den EU-Außengrenzen, Fabriken brechen über Arbeitern zusammen und das geplante Freihandelsabkommen mit den USA droht, genmanipulierten Mais auf europäischen Teller zu bringen. Eine Fotoreportage über die Antikapitalismus-Demo von Blockupy.
    • Lumpen: Wetterer Peter Grohmann über deutsche Rüstungsexporte, durch die sowohl Konzerne als auch geschmierte Parlamentarier immer reicher werden.

    Am Samstag als Beilage zur taz.

  21. Teurer als die Wissenschaft erlaubt
    Universität Konstanz bricht Lizenzverhandlungen mit Wissenschaftsverlag Elsevier ab
    Aufgrund der erheblichen Verteuerung der Leistungen des Wissenschaftsverlages Elsevier in den vergangenen Jahren beschließt die Universität Konstanz, ihren Lizenzvertrag mit dem Großverlag für wissenschaftliche Fachzeitschriften nicht länger fortzuführen. Elsevier war bereits 2012 wegen seiner aggressiven Preispolitik in die Schlagzeilen geraten, als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler international im Rahmen der Initiative “The Cost of Knowledge” zu einem Boykott dieses Verlages aufgerufen hatten.
    „Für die Universität Konstanz verschlechterte sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis mit Elsevier in den vergangenen Jahren erheblich. Aufgrund der geringen Verhandlungsbereitschaft des Verlages sehen wir keine andere Möglichkeit als den Abbruch der Verhandlungen“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Rüdiger, Rektor der Universität Konstanz.
    Fachzeitschriften bilden in der Wissenschaft eine unabdingbare Grundlage für den wissenschaftlichen Austausch. Der Bezug von Wissenschaftsjournalen ist daher essentiell für die Forschung und Lehre einer Universität. „Universitäten sind in gewisser Weise gezwungen, in Form von Abonnementgebühren ein Gut teuer zurückzukaufen, das eigentlich von ihren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern produziert wird“, veranschaulicht Petra Hätscher, Direktorin des Kommunikations-, Informations-, Medienzentrums (KIM) der Universität Konstanz.
    Der Großverlag Elsevier, der aktuell jährlich mehr als 2.500 wissenschaftliche Zeitschriften publiziert, betrieb in den vergangenen Jahren eine erhebliche Preissteigerung. Der Durchschnittspreis einer bei Elsevier lizenzierten Zeitschrift lag an der Universität Konstanz zuletzt bei 3.400 Euro pro Jahr und damit fast dreimal höher als beim zweitteuersten großen Verlag. „Die Universität Konstanz kann und will bei dieser aggressiven Preispolitik nicht länger mithalten und wird ein solches Vorgehen nicht unterstützen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, den Lizenzvertrag mit Elsevier durch alternative Beschaffungswege zu ersetzen“, so Ulrich Rüdiger weiter.
    Quelle: Uni Konstanz
  22. Zu guter Letzt: Oligarchen-Demokratie

    Quelle: Harm Bengen

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