Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Ukraine
  2. Europawahl
  3. Orwell 2.0
  4. Warum behaupten sich die neoliberalen Ideen so hartnäckig?
  5. Schwächelnde Wirtschaft: EU-Firmen beklagen schlechtere Geschäfte in China
  6. Strafzinsen – Wenn Sparen geahndet wird
  7. Es geht doch …
  8. Al-Sisi: Blasser Triumph für Ägyptens starken Mann
  9. Der stabile Dax, der das instabile Europa gut verträgt
  10. Neue Feindsender?
  11. Zum Tod von Hans-Peter Dürr – Der Unbequeme
  12. Schweiz: Neuenburg führt als erster Kanton einen Mindestlohn ein
  13. Harald Schumann – Merkels Politik nutzt nur dem Kapital

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ukraine
    1. Wolfgang Bittner – Lügen, Hetze, Drohungen
      Schlugen wir die Zeitung auf, sprangen uns monatelang Putin-Karikaturen entgegen und Leitartikel geißelten tagtäglich die angeblich kriegslüsternen Russen. Häme, Unterstellungen und Lügen auch in Radio- und Fernsehsendungen. Im Deutschlandfunk wurde gefragt „Ist Putin noch zu stoppen?“ oder wir erfuhren: „Russland schürt den Konflikt.“ NDR-Weltbilder klärte uns über die „Psyche von Wladimir Putin“ auf, der sich laut ZDF als „der neue Zar“ fühlt und den Prinz Charles mit Hitler verglich.
      Quelle: Hintergrund
    2. Kalter Krieg 2.0
      Die Dämonisierung Putins und der Kampf Russlands um die Ukraine zeigen, dass der geopolitischen Verschnaufpause nur ein kurzer Sommer beschieden war. Der Bär zeigt wieder Krallen, Teil V
      Das Bild hat für Furore und politische Missstimmung gesorgt, in Berlin, in den Medien und in der Regierungskoalition. Gerhard Schröder, Vorsitzender des Aktionärsausschusses der Nord Stream AG, eines Unternehmens, das die gleichnamige Ostsee-Pipeline betreibt und vom russischen Staatskonzern Gazprom dominiert wird, feierte Ende April seinen 70. Geburtstag in St. Petersburg nach und umarmte demonstrativ lachend und mitten in der Ukraine-Krise, Vladimir Putin, seinen “alten” und “engen Freund”, wie der “Spiegel” süffisant anmerkte.
      Quelle: Telepolis
  2. Europawahl
    1. So stark sind die EU-Skeptiker von links und rechts
      Bei der Europawahl haben EU-Skeptiker triumphiert. Mit ihrer Anti-Haltung können sie die Arbeit im Parlament behindern. Wo sind die Extremen besonders stark? Die Übersicht.
      Sie wollen den Euro abschaffen, die Grenzen dichtmachen oder gar die ganze Europäische Union sprengen: EU-feindliche Parteien haben in vielen Ländern bei der Europawahl Erfolge erringen können.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das ist wirklich frech, ein starkes Stück Propaganda. Im Artikel werden recht(sextrem)e Parteien, die definitiv gegen die EU und/oder den Euro und/oder Ausländer auftreten, durcheinander geworfen mit linken Parteien, die eben gerade nicht “den Euro abschaffen, die Grenzen dichtmachen oder gar die ganze Europäische Union sprengen”. Prominenteste Beispiele sind sicher die SYRIZA, die sich immer wieder *für* die EU und den Euro ausgesprochen hat (aber gegen Merkels Austeritätspolitik), und die niederländische SP. Letztere schreibt z. B. auf ihrer Homepage: “De Europese Unie brengt ons al ruim 50 jaar vrede en welvaart. Samenwerking in Europa is ook broodnodig om mondiale problemen aan te pakken zoals klimaatveranderingen en grensoverschrijdende criminaliteit. Samen sta je sterker.” (…) “Die EU bringt uns allen seit rund 50 Jahren Frieden und Wohlfahrt. Die Zusammenarbeit in Europa ist auch zwingend notwendig, um weltweite Probleme wie die Klimaveränderung und grenzüberschreitende Kriminalität anzupacken. Zusammen ist man stärker”, um anschließend die neoliberale und unsoziale Entgleisung der EU zu beklagen. (Die SP ist durchaus für das Zurückholen von Kompetenzen aus der EU in die Niederlande und gegen die ungebremste Erweiterung der EU ein, nicht aber für die Auflösung der EU.) Hauptsache, der SPIEGEL hat mal wieder rechts und links als gleichermaßen “Extreme” und “Radikale” in einen Topf geworfen.

    2. Reaktion auf Le-Pen-Wahlsieg: Frankreichs Regierung stoppt Einwanderer-Wahlrecht
      Nach dem Sieg des rechtsextremen Front National (FN) von Marine Le Pen bei der Europawahl rückt Frankreichs Regierung vom geplanten Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger auf Kommunalebene ab. Das Vorhaben habe nun keine Aussicht auf Erfolg mehr, sagte Innenminister Bernard Cazeneuve dem Fernsehsender LPC. Präsident François Hollande hatte eine entsprechende Gesetzesänderung in seinem Präsidentschaftswahlkampf vor zwei Jahren in Aussicht gestellt. Davon profitiert hätten vor allem die in Frankreich lebenden Marokkaner und Algerier. Nun fehle es aber an Rückhalt in der Politik, sagte Cazeneuve, der Hollandes Sozialistischer Partei (PS) angehört. Der FN, der vor allem Einwanderungsgegner zu seinen Anhängern zählt, begrüßte die Kehrtwende: Dies sei ein “schöner Effekt” des Votums, sagte Vize-FN-Chef Florian Philippot.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung Orlando Pascheit: Schlimm genug, dass Frankreichs Sozialisten keinen Weg aufzeigen konnten, wie die Deindustrialisierung Frankreichs gestoppt werden könnte. Schlimm genug, dass sie keinen Kontrapunkt zur Europapolitik der deutschen Regierung setzen konnte. Jetzt knickt sie auch noch in Rekordgeschwindigkeit vor der Front National ein. Es bestätigt sich, dass die größte Gefahr nicht von den rechtsextremen Parteien selbst ausgeht, sondern von der Übernahme rechtsextremer, angeblich erfolgreicher Thematik durch die anderen Parteien.

    3. Bernd Riexinger: “Die SPD versucht sich an mickrigen Korrekturen”
      Bei Europa- und Kommunalwahlen von der Politkonkurrenz am rechten Rand ausgestochen, mit einem Vorstoß zu einem Untersuchungsausschuss zu Stuttgart 21 auf die Nase gefallen und immer im Einsatz für eine gerechtere Gesellschaft. Im Kontext:Interview spricht Linke-Parteivorsitzender Bernd Riexinger über Strategien gegen Rechtspopulismus, seinen Clinch mit den Grünen, Putin-Versteher und mafiöse Strukturen in Russland – und wie das Projekt Politikwechsel doch noch gelingen kann, wenn 2017 wieder ein Bundestag gewählt wird.
      Quelle: Kontext:Wochenzeitung
    4. Erhard Eppler: Erdbeben in Europa
      Nach den erdrutschartigen Erfolgen der Europagegner kann es nur einen Weg für die EU geben. Europa muss sich enger zusammenschließen. Nur so kann der drohende Verfall der Staatengemeinschaft gestoppt werden…
      Politische Erdbeben fanden in Frankreich und Großbritannien statt. Nur jeder Siebte hat in Frankreich die Partei gewählt, die in der Nationalversammlung eine Mehrheit hat und den Präsidenten wie den Ministerpräsidenten stellt. Natürlich kommt jetzt der Ruf nach Neuwahlen. Und ebenso sicher dessen Ablehnung. Unruhige Zeiten. Und auf der britischen Insel wird die EU es mit einer Tory-Regierung zu tun haben, die weiß, dass sie keine Chance auf Wiederwahl hat, wenn sie nicht unablässig, in London wie in Brüssel, deutlich macht: Britain first. Mehr als einen gemeinsamen Markt wollten die Briten nie. In den nächsten fünf Jahren wird sich entscheiden, ob sie in einem Europa bleiben, das mehr will, genauer: mehr wollen muss…
      Bis zum Überdruss haben wir, zumal in der Ukrainekrise, gehört, Europa sei eine Wertegemeinschaft. Wo aber werden die Werte, die in einer Gesellschaft gelten, deutlicher als in der Steuerpolitik und der Sozialpolitik? Sicher, die Sozialsysteme haben alle eine verschiedene Geschichte, daraus ergeben sich individuelle Rechtsansprüche, über die niemand hinweggehen kann. Aber gemeinsame Mindeststandards würden einer Wertegemeinschaft gut anstehen.
      Quelle: Kontext:Wochenzeitung

      Hinweis: Hier die aktuelle Ausgabe der Kontext:Wochenzeitung am Samstag auch als Beilage zur taz.

  3. Orwell 2.0
    1. E-Mail-Überwachung landet vor Gericht
      Die Datensammelpraxis des Bundesnachrichtendienstes (BND) wird ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Der Berliner Anwalt Niko Härting kündigte am Mittwoch eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe an, nachdem er am Bundesverwaltungsgericht mit einer Klage gegen die sogenannte strategische Fernmeldeüberwachung gescheitert war.
      Härting hält die Überwachung von internationalem E-Mail-Verkehr durch den deutschen Auslandsgeheimdienst für völlig überzogen und unrechtmäßig. Auch Verfassungsrechtler haben bereits Einwände gegen die Praxis des Nachrichtendienstes erhoben. Der BND ist neben Verfassungsschutz und Militärischem Abschirmdienst (MAD) einer von drei deutschen Nachrichtendiensten. Er ist für die Auslandsaufklärung zuständig.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
    2. Interview im US-Fernsehen: Edward Snowden erklärt sich zum Patrioten
      Es liegt nun bald ein Jahr zurück, dass die Welt erstmals von den maßlosen Spähaktivitäten der NSA erfuhr. Und natürlich von Edward Joseph Snowden, der da blass und jung in einem Hongkonger Hotelzimmer Auskunft gab über seinen Coup: “Mein Name ist Ed Snowden, ich bin 29 Jahre alt.” Diese Videoaufzeichnung soll ihm anfangs nicht recht behagt haben. Schließlich, so meinte er damals, gehe es um die Sache, nicht um die Person.
      Seither jedoch ist Snowdens Schicksal ebenso zur Geschichte geworden wie seine Enthüllungen. Und mittlerweile, so steht zu vermuten, liegt ihm durchaus an dem Bild, das sich die Leute da draußen von ihm machen. Vor allem die Leute daheim. So konnte NBC in der Nacht auf Donnerstag das erste große Snowden-Interview im US-Fernsehen ausstrahlen; Moderator Brian Williams war für die einstündige Sendung in Snowdens temporäres Asyl nach Russland gereist.
      Da sitzen sie sich dann gegenüber, der Journalist mit der stets in Falten gezogenen Stirn, dem nach vorn geschobenen Unterkiefer – und der Whistleblower, breitbeinig im Stuhl verrutscht, mit dem ewig blaugrauen Hemd unterm dunklen, zu großen Anzug. Unter anderem wegen der “Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an nichtautorisierte Personen” wird er von den US-Behörden gesucht.
      Quelle: Spiegel Online
    3. Ist eine “anlasslose, flächendeckende Speicherung von Daten” mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar?
      Wie sich ein ehemaliger Verfassungsrichter im NSA-Untersuchungsausschuss an seine eigenen Urteile nicht mehr erinnern will
      “Ohrfeige für die Bundesregierung” – titelte am 22. Mai die Süddeutsche: “Drei hochrangige Juristen – darunter zwei ehemalige Verfassungsrichter – werfen dem Bundesnachrichtendienst vor, gegen das Grundgesetz zu verstoßen.” Neben Matthias Bäcker (Staatsrechtler) und dem Ex-Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem befand im NSA-Untersuchungsausschuss auch der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, dass die Abhörpraktiken des Bundesnachrichtendienstes in Teilen verfassungswidrig seien.
      Begründung: Der BND nutze Daten, die ihm unter anderem vom US-Geheimdienst NSA übermittelt werden. Der aber sauge täglich millionenfach Daten aus dem Internet ab, auch von deutschen Staatsbürgern. Eine “anlasslose, flächendeckende Speicherung von Daten” sei aber mit dem deutschen Grundgesetz nicht vereinbar und die Verwendung solcher Daten durch deutsche Behörden “unzulässig”, so Papier. Dass sich die Dienste gegenseitig nicht rechtmäßig gewonnene Daten zuschustern dürfen, sei “in meinen Augen nicht tragbar” (Papier).
      Die Bundesregierung hingegen steht auf dem Standpunkt, dass es dem BND gesetzlich erlaubt sei, auch im Ausland Telefonate oder Emails anlasslos und flächendeckend auszuspähen, etwa mit der “Staubsaugermethode”, bei der nach bestimmten Worten gesucht wird.
      Quelle: Telepolis
    4. Privacy under attack: the NSA files revealed new threats to democracy
      In the third chapter of his History of the Decline and Fall of the Roman Empire, Edward Gibbon gave two reasons why the slavery into which the Romans had tumbled under Augustus and his successors left them more wretched than any previous human slavery. In the first place, Gibbon said, the Romans had carried with them into slavery the culture of a free people: their language and their conception of themselves as human beings presupposed freedom. And thus, says Gibbon, for a long time the Romans preserved the sentiments – or at least the ideas – of a freeborn people. In the second place, the empire of the Romans filled all the world, and when that empire fell into the hands of a single person, the world was a safe and dreary prison for his enemies. As Gibbon wrote, to resist was fatal, and it was impossible to fly.
      Quelle: The Guardian
  4. Warum behaupten sich die neoliberalen Ideen so hartnäckig?
    Das klägliche Scheitern der neoliberalen Politikangebote wirft die Frage auf, weshalb diese so hartnäckig die europäische Politik beherrschen und ob es daraus einen Ausweg gibt. Trotz der Wirtschaftskrise, die die USA und Europa 2008 mit voller Wucht traf, haben die politischen Eliten kaum einen Versuch unternommen, die neoliberalen Ideen zu hinterfragen, die zu einem großen Teil für die Blasen und deren Platzen verantwortlich sind. Genauso wenig haben sie realisiert, wie übertrieben die „Great Moderation“ tatsächlich war. Ganz im Gegenteil, die neoliberalen Ideen erscheinen weiterhin als alternativlos. Die Re-Regulierungen im Finanzbereich, wo die Krise begann, bleiben in beschämender Weise ungeeignet. Die einzigen Ideen, die verfolgt werden, sind neoliberal, entweder zugunsten weiterer ‚marktfördernder’ Regulierungen oder sie folgen noch mehr dem „Laissez-faire“-Prinzip. Das größte Rätsel stellt jedoch die Krisenreaktion der Eurozonen-Länder dar, die sich durch Austeritätspolitiken der Marktdisziplin unterworfen haben und dadurch selbst zu niedrigem oder gar keinem Wachstum verdammt sind. Dagegen waren die Vereinigten Staaten wirtschaftlich erfolgreicher, obwohl sie gespalten sind in republikanische Fundamentalisten, die Austeritätspolitiken fordern, und eine pragmatischere politische Führung, die eine Wachstumspolitik verfolgt.
    Unsere Frage ist also: Wie können wir die Hartnäckigkeit neoliberaler Ideen erklären? Warum haben diese Ideen nicht nur seit den 1980er Jahren überlebt, sondern sind auch noch dominant geblieben? Der Neoliberalismus befördert den Glauben an einen auf weltweiten Freihandel und Kapitalmobilität gestützten Marktwettbewerb, flankiert durch einen marktfreundlichen, begrenzten Staat, der Arbeitsmarktflexibilität fördert, die Abhängigkeit von Wohlfahrtsleistungen zu reduzieren versucht und die Bereitstellung öffentlicher Güter kommerzialisiert. Die Losungen eines solchen Neoliberalismus lauten: Liberalisierung, Privatisierung, Deregulierung und eine Delegation an nicht demokratisch kontrollierte Institutionen, wie z.B. ‚unabhängige’ Regulierungsstellen oder Zentralbanken. Wichtige Kriterien sind individuelle Verantwortlichkeit, Wettbewerb und die zentrale Rolle der Marktallokation. Das neoliberale Mantra präsentiert den Staat als ein beständiges Problem und den Markt als die Lösung – sogar jetzt noch, trotz der Tatsache, dass die Märkte und nicht der Staat für die Krise verantwortlich waren.
    Quelle: Gegenblende
  5. Schwächelnde Wirtschaft: EU-Firmen beklagen schlechtere Geschäfte in China
    Die China-Euphorie europäischer Unternehmen ist verschwunden. Immer mehr Firmen klagen über düstere Geschäftsaussichten im einstigen Hoffnungsland. Für sie sind die “goldenen Zeiten” schon vorbei.
    Die Rentabilität der China-Geschäfte ist laut Umfrage gesunken. Ein Drittel der Befragten erklärte, dass ihre Gewinnspannen in dem Land sogar unter dem globalen Durchschnitt ihres Unternehmens lägen.
    Die Studie nennt vor allem drei Gründe für die düstere Stimmung:

    • Ein schwächeres Wirtschaftswachstum: Die Zeiten, in denen die chinesische Volkswirtschaft mit zehn Prozent pro Jahr wuchs, sind offenbar vorbei. 2013 waren es gerade mal noch 7,7 Prozent, für das laufende Jahr hofft die Regierung auf 7,5 Prozent.
    • Steigende Löhne: Längst ist China kein reiner Billigstandort mehr. Mit dem Wachstum der vergangenen Jahre stiegen auch die Ansprüche der Arbeiter. Zudem hat die Regierung in Peking den Mindestlohn bereits mehrmals erhöht, um den Konsum zu stärken. Für westliche Konzerne heißt das: Arbeitskräfte werden teurer.
    • Die Konkurrenz durch staatliche Konzerne, die in China oft leichteren Marktzugang haben als ausländische Unternehmen.

    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Anspruchshaltung und das Gejammer der Konzerne sind unglaublich. Ein Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent genügt nicht, ein Mindestlohn von 180 Euro in Peking bzw. 210 Euro in Shanghai, bei den üblichen Arbeitszeiten also ca. 1 Euro pro Stunde, sind schon zu teuer und, oh Gott, nur noch bei 2/3 der befragten Unternehmen ist die Gewinnspanne höher als im globalen Durchschnitt – das sind wahrlich “düstere Aussichten”, nachdem sich die Firmen anscheinend in den letzten Jahren oder Jahrzehnten in China dumm und dusselig verdient haben.

  6. Strafzinsen – Wenn Sparen geahndet wird
    Die Europäische Zentralbank plant, Einlagen von Kreditinstituten künftig mit Strafzinsen zu belegen. So sollen Banken gezwungen werden, ihr Geld restlos in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen. Das ist ein gefährliches Signal.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung RS: Offenbar muss man von der Sache nicht viel verstehen, um für den Wirtschaftsteil der SZ zu schreiben. Eine Kostprobe:

    „Zudem ist zweifelhaft, dass der Strafzins für Banken viel bewirken wird. Im Ernstfall legen Institute die Extrakosten auf den Kreditnehmer um.“

    Welche Extrakosten denn, wenn das Geld an Kreditnehmer verliehen wird, anstatt zu einer negativen Rendite bei der Zentralbank zu lagern? Diese Extrakosten sollen gerade der Anreiz sein, dass das Geld bis auf die Mindestreserve verliehen wird, anstatt bei der Zentralbank nutzlos liegen zu lassen.
    Hier das Köstlichste:

    „Die Welt hat damals mehr Geld ausgegeben, als sie es sich leisten konnte.“

    Ja, da stellt sich sofort die Frage: Wenn die (unsere) Welt mehr Geld ausgegeben hat, als sie es sich leisten konnte, welche Welt hat es denn bekommen? Mars? Da hat einer wohl nicht verstanden, dass wenn jemand auf der Welt Geld ausgibt, bekommt es ein anderer auf der Welt. Die Welt als Ganzes kann also nicht mehr ausgeben, als sie es sich leisten kann. Das ist ein so einfacher Zusammenhang, dass man sich wirklich fragen muss, wie es sein kann, dass die SZ jemanden schreiben lässt, der das nicht begreift. Das ist einfach zu dumm, um wahr zu sein.

    „Bei einem Zins nahe null verlieren die Währungshüter die Kontrolle über die Geldnachfrage.“

    Das ist richtig, aber nicht in dem Sinne, wie der Autor meint. Die Zentralbank kann bei einem Zins nahe null die Geldnachfrage nicht erhöhen, denn weiter kann sie die Zinsen nicht senken. Wird die Geldnachfrage zu hoch, kann sie aber immer die Zinsen erhöhen. Das ist ja gerade der Grund, weshalb Deflation schwer zu bekämpfen ist, während die ZB ohne größere Probleme die Inflation bekämpfen kann.

    „Nun aber die Hortung von Geld auch noch zu bestrafen, würde diese Hilflosigkeit nur unterstreichen.“

    Die Hortung von Geld ist das Schlimmste, was einer Volkswirtschaft passieren kann. Denn das bedeutet, dass Produkte nicht gekauft werden, die erzeugt werden, was zu einem Abbau von Investitionen führt, was den Verlust von Arbeitsplätzen nach sich zieht. Hier hat der Autor schon wieder nicht verstanden, dass man nur Geld verdienen kann, wenn ein anderer es ausgibt.

    „Für die Sparer sind Nullzinsen – und schon gar ein Strafzins – doppelt gefährlich. Ihre Altersvorsorge wird durch die niedrigen Zinsen empfindlich geschmälert. Zudem senden Zentralbanker das gefährliche Signal aus, hemmungsloses Prassen sei dem vernünftigen Umgang mit den eigenen Mitteln vorzuziehen. Das Gegenteil ist richtig. Sparen ist wichtig. Es muss sich zumindest ein wenig lohnen.“

    Hier hat der Autor sich nicht eine ganz einfache Frage gestellt: Wer soll die Zinsen Zahlen? Zahlt sie die Banken, weil sie sich freuen, das Geld anderer lagern zu dürfen? Nein, natürlich nicht, die Schuldner zahlen sie. Aber wer zahlt sie dann, wenn es keine Schuldner gibt? Der liebe Gott?

  7. Es geht doch …
    Angesicht der täglichen Flut an Negativmeldungen freut man sich doch umso mehr über positive Nachrichten, so rar diese auch sind.
    So zum Beispiel die Notiz aus Paraguay, dass der deutsche Unternehmer Heribert Rödel über 14 000 Hektar illegal in Besitz genommenen Landbesitz an die eigentlichen Eigentümer zurückgeben muss.
    Zu Zeiten der Militärdiktatur des deutschstämmigen Generals Alfredo Stroessner (1954 bis 1989) hatte Regimefreund Heribert Rödel rund 600 Indigene gewaltsam von ihrem Land vertreiben lassen. Seine Firmen Kansol S.A., Roswell und Cía betrieben auf den Farmen Santa Elisa und Michí Viehzucht und Ackerbau.
    Quelle: AussenGedanken
  8. Al-Sisi: Blasser Triumph für Ägyptens starken Mann
    Der frühere äyptische Militärchef Abdelfattah al-Sisi ist laut inoffiziellen Ergebnissen mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt worden. Die vom Machtapparat erhoffte Begeisterungswelle blieb aber aus: Stattdessen muss Sisis Lager die magere Wahlbeteiligung erklären. Sisi selbst hatte deshalb immer eine historisch hohe Beteiligung als Maßstab für seine Legitimität eingefordert. Als sich abzeichnete, dass der Zustrom mäßig war, hat die Wahlkommission noch einen dritten Tag angehängt. Beide Kandidaten haben Beschwerde eingelegt. Kreise aus dem Sisi-Lager hatten die Forderung nach Verlängerung lautstark erhoben. Aber weder Anreize mit freien Tagen und längeren Öffnungszeiten, noch Androhungen von Strafen oder Beschimpfungen von Nichtwählern als Vaterlandsverräter konnten den Trend umkehren. Die Beteiligung der Präsidentschaftswahlen von 2012, aus denen der Islamist Morsi in der zweiten Runde als Sieger hervorgegangen war, wurde nicht erreicht.
    Offenbar hat der Boykottaufruf der von der Armee im vergangenen Sommer entmachteten Muslimbrüder gewirkt. In ihren Hochburgen in Oberägypten war die Beteiligung besonders niedrig. Zudem gingen nur wenige Mitglieder der erzkonservativen al-Nour-Partei zu den Urnen, obwohl sich ihre Führung hinter Sisi gestellt hatte. Aber auch Revolutionsgruppen waren gegen die autoritären Tendenzen Sisis aufgetreten. Die großen Abwesenden an dieser Wahl waren insbesondere die Jungen. Sie sind drei Jahre nach der Revolution frustriert und enttäuscht, dass ihre Generation bei der Neugestaltung der politischen Institutionen übergangen wird und sich wieder alte Mubarak-Kader in den Vordergrund drängen.
    Quelle: derStandard.at

    Anmerkung Orlando Pascheit: Anscheinend haben sich unsere Medien von der Propaganda der staatlich kontrollierten Medien Ägyptens beeindrucken lassen. Sonst hätten sie nicht die Botschaft weitgehend übernommen, dass Abdelfattah al-Sisi von der Mehrheit der Bevölkerung getragen sei. Dabei musste jedem klar sein, dass all die Wähler, die seinerzeit Mursi in das Amt brachten, nicht verschwunden sein konnten. Es dürfte einer der größten Fehler des früheren ägyptischen Militärchefs sein, dass er nicht einen Weg für moderate Muslimbrüder, sondern stattdessen einen Krieg gegen alle Muslimbrüder eröffnete, als ob das alle militante Islamisten gewesen wären. Praktisch die Hälfte – wenn nicht mehr- der Bürger Ägyptens haben die Wahl Sisis boykottiert. Was wird wohl geschehen, wenn der zum Heilsbringer stilisierte neue Präsident scheitert? Und eigentlich kann er nur scheitern, denn die Probleme Ägyptens sind zu groß als dass sei auch nur mittelfristig gelöst werden könnten. Dann stehen er und das Militär allein da. Das Protestpotential deutet sich schon in dieser Wahl an.

  9. Der stabile Dax, der das instabile Europa gut verträgt
    Der Rechtsruck bei der Europawahl ist für die Börse offenbar kein Grund zur Sorge. Die Märkte reagierten nicht negativ darauf und der Dax stieg sogar auf ein neues Allzeithoch. Seltsam, denn auf Wahlen hat die Börse schon oft ganz anders reagiert.
    Zuletzt war das nach der Bundestagswahl so. Damals ging der Dax mit einem Minus aus dem Handel. »Die offene Ausgestaltung der künftigen Bundesregierung verunsichere die Wähler«, schrieb die »Frankfurter Allgemeine« einen Tag nach der Wahl. Oder gesagt: Die strukturelle linke Mehrheit, die in jenen Tagen das Land beschäftigte, bereitete den Märkten tiefe Sorge. Die mögliche rot-rot-grüne Mehrheit verursachte eine kleine Panik. Auch Immobilienwerte verloren damals. Und Händler bestätigten, dass gegen die befürchtete Mietpreisbremse eine Bekräftigung der schwarz-gelben Regierung nötig gewesen wäre. Die potenziell linke Mehrheit hat aber alles zunichte gemacht und mittels Mietpreisbremse Profiteinbußen angedeutet. Überraschend war das damals übrigens nicht. Schon Tage vor der Wahl gab es Berichte, die ein solches Szenario in Aussicht stellten. »Börsianer warnen vor Rot-Rot-Grün«, konnte man in mehreren Tageszeitungen lesen
    Quelle: Ad Sinistram
  10. Neue Feindsender?
    Zeit Online misst bei seinem Ethik-Kodex offenbar weiterhin mit zweierlei Maß. Und auch andere Medien haben derzeit Probleme mit der Transparenz. Was ist los mit der Presse?
    Die Irritationen um Zeit Online (Chaos bei Zeit Online: Mal gilt der Ethik-Kodex, mal gilt er nicht) reißen nicht ab. Nun wurde ein weiterer Fall bekannt, der deutlich macht: Autoren, die auch für russische Medien arbeiten, sind unerwünscht, Amerika-Nähe aber ist kein Problem. Es scheint, als falle es mancher Redaktion dieser Tage schwer, noch zwischen vernünftig und unangemessen, zwischen ethisch und hysterisch zu unterscheiden. Während der Ansturm der kritischen Leserkommentare zur Russland-Berichterstattung der Leitmedien nicht abreißt, sorgt man sich dort verstärkt um politische Einflussnahme – allem Anschein nach jedoch recht einseitig.
    Quelle: Telepolis
  11. Zum Tod von Hans-Peter Dürr – Der Unbequeme
    Er war ein Schüler von Werner Heisenberg, hat seine Doktorarbeit bei Edward Teller, dem Vater der Wasserstoffbombe, geschrieben. Der Querdenker und Träger des alternativen Nobelpreises ist im Alter von 84 Jahren gestorben.
    Quelle: FAZ

    dazu: Eins-zu-Eins, Der Talk in memoriam Hans-Peter Dürr
    Quelle: BR [Audio, MP3]

  12. Schweiz: Neuenburg führt als erster Kanton einen Mindestlohn ein
    Zehn Tage nach der wuchtigen Ablehnung der Mindestlohn-Initiative des Gewerkschaftsbundes hat der Kanton Neuenburg eine kantonale Lohnuntergrenze von 20 Franken pro Stunde eingeführt. Neuenburg ist der erste Kanton mit Mindestlohn, der Kanton Jura zieht bald nach. […]
    Mit dem Mindestlohn von 20 Franken verdient ein Arbeitnehmer im Kanton Neuenburg bei 40 Arbeitsstunden pro Woche 3467 Franken. Bei 41 Stunden sind es 3553 Franken und bei einer 42-Stunden-Woche beläuft sich der Mindestlohn auf 3640 Franken.
    Quelle: Tageswoche

    Anmerkung JB: 20 Franken sind 16,40 Euro. 3467 Franken sind 2840 Euro.

  13. Harald Schumann – Merkels Politik nutzt nur dem Kapital
    Thomas Pikettys Buch trifft offensichtlich einen Nerv. Die Reichen werden reicher und die Armen ärmer. Doch die Politik macht alles nur noch schlimmer. Angela Merkels Krisenpolitik nutzt dem Kapital – und die Rettung des Euro bezahlen am Ende die Armen. […]
    In der Folge beginnen in einem Land nach dem anderen die Preise zu fallen, was endgültig jede Investition erstickt. Bizarrerweise wollen EZB-Chef Mario Draghi und seine Direktoren nun mit Notstandsmaßnahmen wie einem Strafzins auf Zentralbankeinlagen genau die Deflation bekämpfen, die sie selbst durch ihre Politik herbeigeführt haben. Aber das wird nicht reichen. Nötig wären vielmehr das Ende der Lohnsenkungspolitik und eine Entschuldung der Krisenländer, damit deren Regierungen wieder handlungsfähig werden. Ginge es nach Piketty, dann wäre eine EU-weit erhobene Abgabe auf große Vermögen dafür das Mittel der Wahl. Im deutschen Kanzleramt sind seine Ideen allerdings noch nicht angekommen.
    Quelle: Tagesspiegel

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