Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Freiheit gestalten – Der permanente Ausnahmezustand
  2. TTIP wird nicht annehmbarer, nur weil es keine Spionage mehr gibt
  3. João Antônio Felício, Präsident des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC): Es gibt Alternativen zur neoliberalen Sackgasse!
  4. Europäische Wirtschaftskrise und Demokratie
  5. Wie die FAS Zahlen zur Steuerhinterziehung in Frage stellt, ohne sie in Frage stellen zu können
  6. Finanzmärkte: Haltet mal die Luft an
  7. Heiner Flassbeck – Teamgeist ist erfolgreich im Fußball
  8. Überwachung im Job: US-Arbeiter dürfen nur sechs Minuten aufs Klo
  9. Paul Krugman: Obamacare Fails to Fail – Obamacare scheitert einfach nicht
  10. „Hartz-IV-Rebellin“ kämpft ab heute weiter vor Gericht
  11. Beamtenrecht: Bundesverfassungsgericht will über Urlaubs- und Weihnachtsgeld für NRW-Polizisten entscheiden
  12. BRICS: Die neuen, zerstrittenen Herren der Welt
  13. Europäischer Gerichtshof: Abschiebehaft in gewöhnlichen Gefängnissen unzulässig
  14. Deutsche, erkennt euch selbst!
  15. MISEREOR kritisiert Rohstoffabkommen mit Peru
  16. Gesprächskreis in Teheran
  17. NRW-Wissenschaftsministerin über Unis: „Hochschulen sollen autonom bleiben“
  18. Unabhängigkeit in Gefahr? Deutsche Top-Journalisten und transatlantische Netzwerke
  19. 60. Geburtstag der Kanzlerin: ZDF-Journalist singt “Happy Birthday” für Angela Merkel

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Freiheit gestalten – Der permanente Ausnahmezustand
    Ist George Orwells „1984“ heute Realität geworden?
    Der Europäische Gerichtshof hat am 8. April 2014 die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt. Was auf den ersten Blick als Sieg der Freiheit aussieht, offenbart bei einem zweiten Blick nur, was seit der NSA-Affäre ohnehin jedem dämmert: Der technische Fortschritt bei der Erhebung, Speicherung und Verknüpfung von Daten kann allenfalls noch gelenkt werden, ein Zurückdrehen geht nicht mehr (auch der Europäische Gerichtshof hat nicht jede Vorratsspeicherung verboten). Wie viel von den bürgerlichen Freiheiten noch bleibt, wird auch der 65. Deutsche Anwaltstag vom 26. bis 28. Juni 2014 unter dem Motto „Freiheit gestalten“ diskutieren. Wie viel Freiraum zur Freiheitsgestaltung heute noch existiert, untersucht Benno Heussen in seinem Essay. George Orwells Roman 1984 ist zur Metapher für Überwachung geworden, doch wer hat ihn gelesen, was bewahrheitet sich heute?
    Quelle: Anwaltsblatt via Juris
  2. TTIP wird nicht annehmbarer, nur weil es keine Spionage mehr gibt
    Jetzt hat sie die Wut doch noch gepackt. Die Spionage herunterspielen ist nicht mehr. Nun soll gehandelt werden. Und weil die deutsche Außenpolitik nicht besonders viele Mittel hat, sich gegen die Praxis der US-amerikanischen Geheimdienste zur Wehr zu setzen, mahnt man jetzt zögerlich an, dass das beabsichtige Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten platzen könnte. Wolfgang Bosbach (CDU) rät zum Beispiel zu einer »Zäsur bei den Verhandlungen, um mal über Datenschutz und Datensicherheit mit den Amerikanern zu sprechen« und will so warnen, dass dieses Abkommen kein Selbstläufer ist. […]
    Nein, diese Verflechtung von Spionage und Freihandelsabkommen ist ein gefährliches, ein politisch dummes Spiel. Denn TTIP wird nicht annehmbarer, nur weil es eventuell fortan keine »Spionage unter Freunden« mehr gibt. Spionage- und Freihandelsabsichten sind gleichermaßen unannehmbar. Die geheimdienstliche Unterwanderung von Untersuchungsausschüssen und die beabsichtigten Schiedsgerichtsverfahren bei TTIP, die den gesetzlichen Rahmen sprengen können (und werden), kann man doch nicht voneinander abhängig machen. Es gibt ein öffentliches Interesse dafür, beide Praxen zu vereiteln. Beides sind nämlich Symptome einer internationalen Politik, die den demokratischen Rahmen schon lange verlassen hat und selbstherrlich über den Souverän hinweggeht.
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung RS: Roberto de Lapuente hat durchaus Recht, mit oder ohne Spionage ist TTIP unannehmbar. Es würde mich allerdings sehr überraschen, wenn die USA wegen TTIP auf Spionage in Deutschland verzichten würden.

  3. João Antônio Felício, Präsident des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC): Es gibt Alternativen zur neoliberalen Sackgasse!
    Wir leben in einer globalisierten Welt, in der sozialer Widerstand alle Länder betrifft. In der gleichen Weise wie das Kapital grenzüberschreitend agiert, benötigen auch die Gewerkschaften Mechanismen, die dieser Herausforderung standhalten können und politischen Druck auf die Vereinten Nationen (UN), die Welthandelsorganisation (WTO), die G 20 oder die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ausüben. Die Arbeiterbewegung muss aus der Nische der eigenen Organisation heraus und sich selbst für weitere Problemperspektiven öffnen. Wie können wir der informellen Arbeit begegnen und die Beschäftigten organisieren? Wie positionieren wir uns gegenüber transnationalen Unternehmen als globale Arbeiterbewegung? Wie organisieren wir die Interessen der gesamten Arbeiterklasse und bilden Bündnisse, die sich für systemrelevante politische Reformen einsetzen – z.B. bezüglich des Steuersystems und der sozialen Menschenrechtsgarantie im internationalen Kontext? Und grundlegend, wie können wir einen Strategieplan für einen umfassenden Kampf entwickeln, Alternativen zum Neoliberalismus gestalten und kommunizieren und Druck für einen Richtungswechsel der Politik aufbauen?
    Was auf internationaler Ebene notwendig ist, ist nichts Geringeres als ein neuer progressiver Konsens, der Gewerkschaften, soziale Bewegungen und die Linke zusammen bringt – all diejenigen, die es wagen, eine Politik voran zu treiben, die sich ernsthaft mit den historischen Ungleichheiten befasst und eine Gesellschaft mit gleichen Möglichkeiten schafft, in der der Wohlstand von allen und nicht nur von wenigen geteilt wird. Mit dem Internationalen Gewerkschaftsbund (ITUC) kann und sollte die internationale Arbeiterbewegung ein Vehikel für die Entwicklung einer entsprechenden Agenda und für Annäherungsprozesse haben. Der letzte IGB-Kongress in Berlin war ein guter Start und zeigte den gemeinsamen Antrieb der Arbeiterklasse, Neoliberalismus und Austeritätspolitiken zu bekämpfen. Lasst uns nun „Gas geben“!
    Quelle: Gegenblende
  4. Europäische Wirtschaftskrise und Demokratie
    Die Konzeption des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes wurde außerhalb der demokratischen Institutionen (wie Ausschüssen des Deutschen Bundestags) überwiegend von demokratisch nicht legitimierten Spitzenvertretern der großen Banken übereinstimmend mit dem Finanzminister entwickelt. Wie stark damit der partikulare Bezugsrahmen der Finanzwirtschaft dominiert, der mit dem wirtschaftlichen Wohl aller unversehens gleichgesetzt wird, ohne dass auch nur von einem Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der Banken und der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung ausgegangen wird, zeigt sich in der Eintragung von Steinbrück in seinem Tagebuch am 10. Oktober 2008. Dort berichtet er über eine Konferenz der G7-Finanzminister, auf der die Erhaltung des privatwirtschaftlichen Bankensystems zum einzigen Bezugspunkt erklärt wird. Steinbrück schreibt: „Die Finanzminister bestärkten… ihre Erklärung…, dass sie in ihrer jeweiligen Verantwortung allein oder gemeinsam jede Bank stabilisieren würden, die für die internationale Finanzwelt systemrelevant sei.“…
    Die Prozesse der Gefährdung der Demokratie durch die herrschenden, exekutiven Formen der Krisenbewältigung folgen einer Logik, die mit demokratischer Legitimation vielfach nicht vereinbar sind. Tatsächlich bezeichnet der (kritisch gemeinte) biblische Satz – „Wer hat, dem wird gegeben, und wer nicht hat, dem wird noch genommen was er hat“(Mt.13, 12) – die Richtung einer im Kern an den Interessen der wirtschaftlichen Oberklassen orientierten Politik in der Krise. Die Strategie besteht darin, staatliche Unterstützungsprogramme in Form hoher Bürgschaften für privatwirtschaftlich organisierte Banken, die weiter nach Profitprinzipien arbeiten, mit der Herabsenkung des Lebensniveaus der ärmeren, auf Sozialleistungen angewiesen Schichten zu verbinden. Während der demokratisch nicht legitimierte Bereich der privaten Wirtschaft hohe Zuwendungen aus Steuergeldern erhält, um dessen Selbstreproduktion nach den Grundsätzen der betriebswirtschaftlichen Logik wieder in Gang zu bringen oder zu stabilisieren, wird die Masse der von staatlichen Unterstützungsleistungen Abhängigen ungeachtet kleinerer Verbesserungen zu einem niedrigeren Lebensniveau angehalten. Dies geschah, um einen für die Gesamttendenz wichtigen Indikator zu nennen, dadurch, dass die Kinderarmut, die vor der Hartz IV-Gesetzgebung 500.000 Kinder betraf, in Folge dieser Gesetzgebung mittlerweile auf 2,5 Millionen Kinder angestiegen ist. Ihr prekärer Status ist durch eine Begrenzung des staatlichen Unterstützungssystems für minderbemittelter Familien bedingt.
    Quelle: Gegenblende
  5. Wie die FAS Zahlen zur Steuerhinterziehung in Frage stellt, ohne sie in Frage stellen zu können
    Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat am vergangenen Wochenende wieder einmal ein Bravourstück in Sachen Volksverwirrung abgeliefert. Sie berichtet über die Studie des französischen Ökonomen Gabriel Zucman, der Daten zum Ausmaß von in Steueroasen liegenden Vermögenswerten berechnet hat und zu erstaunlich hohen Werten kommt. Diese Zahlen seien übertrieben, suggeriert die FAS im Großgeschriebenen – und bleibt im Kleingeschriebenen den Beweis dafür nicht nur schuldig, sondern muss sogar einräumen, dass die entscheidenden Zahlen wohl zutreffen.
    Quelle: annotazioni.de
  6. Finanzmärkte: Haltet mal die Luft an
    Wolfgang Schäuble kokettiert gern mit seiner vermeintlichen Ohnmacht. Der Finanzminister habe in einem Kabinett der Geldausgeber nicht viel zu melden, sagt er dann. Dabei ist Schäuble in Wahrheit mächtiger als alle seine Vorgänger. Denn unlängst hat – öffentlich weitgehend unbemerkt – im Bundesfinanzministerium an der Wilhelmstraße eine kleine Expertenrunde mit großen Ambitionen die Arbeit aufgenommen.
    Das neue Gremium hat den Auftrag, die nächste Finanzkrise zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, darf es tief in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen. Auf seine Empfehlung hin kann den Unternehmen und Verbrauchern der Zugang zu Krediten erschwert werden. Ökonomisch betrachtet, heißt das: Der Wohlstand sinkt.
    Quelle: ZEIT
  7. Heiner Flassbeck – Teamgeist ist erfolgreich im Fußball
    Teamgeist, sagen viele, war entscheidend für den Erfolg der deutschen Mannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft. Da ist was dran. Die Mannschaft spielte nicht nur besser Fußball als alle früheren Weltmeister aus Deutschland (ich persönlich schaue erst, seit Joachim Löw die Mannschaft übernommen hat, wieder gerne ein Spiel der Nationalmannschaft), sie macht auch im Erfolg einen ruhigen und nicht einen überheblichen Eindruck. Und was mir besonders gut gefallen hat: Die gesamte Mannschaft hat verinnerlicht, dass es das Team der Fußballer und das Team der Betreuer war, das den Erfolg gemeinsam errungen hat.
    Quelle: Telepolis
  8. Überwachung im Job: US-Arbeiter dürfen nur sechs Minuten aufs Klo
    Eine amerikanische Firma überwacht, wie viel Zeit die Mitarbeiter auf der Toilette verbringen. Wer nur einmal am Tag geht, wird mit einem Dollar belohnt. Wer trödelt, wird abgemahnt. Ein Vorbild für Deutschland?
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JW: Mein Gott, eine “US-Firma” (!) tut, was LIDL seit jeher getan hat, wie schändlich. Diese Weltmachtallüren werden mir langsam zu tumb.

    Ergänzende Anmerkung RS: Wahrscheinlich ist LIDL in Wirklichkeit eine US-Firma ;-)

  9. Paul Krugman: Obamacare Fails to Fail – Obamacare scheitert einfach nicht
    Wie viele Leute in Amerika wissen, wie die Gesundheitsreform so läuft? Oder, wie viele Leute in den Medien verfolgen denn eigentlich die positiven Entwicklungen?
    Ich denke mal, die Antwort auf die erste Frage ist “nicht viele” und die auf die zweite “wohl noch weniger”, und auf die Gründe dafür komme ich später zu sprechen. Wenn ich das richtig sehe, passiert hier gerade etwas Merkwürdiges – ein riesiger politischer Erfolg verbessert das Leben von Millionen Amerikanern, und doch bleibt er weitgehend unbeachtet.
    Quelle: New York Times
  10. „Hartz-IV-Rebellin“ kämpft ab heute weiter vor Gericht
    Der Rechtsstreit um die als “Hartz-IV-Rebellin” bekanntgewordene Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann geht an diesem Donnerstag in eine neue Runde. Die Hamburgerin war im April 2013 suspendiert worden, weil sie gegen das “System Hartz IV” kämpft.
    Quelle: Hamburger Abendblatt
  11. Beamtenrecht: Bundesverfassungsgericht will über Urlaubs- und Weihnachtsgeld für NRW-Polizisten entscheiden
    «Das Gericht strebt an, noch im laufenden Jahr eine Entscheidung zu treffen und ist sich der Dringlichkeit bewusst», sagte ein Gerichtssprecher. Vertreter der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gaben 12.000 Protestschreiben ab. NRW-Beamte fordern eine baldige Entscheidung zur Streichung ihres Urlaubsgeldes und der Kürzung des Weihnachtsgeldes bei Sparmaßnahmen in den Jahren 2003 und 2004.
    Quelle: haufe.de

    Dazu: Mehr als 12 000 Protestschreiben von Polizisten an das Bundesverfassungsgericht übergeben
    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat heute mehr als 12 000 Protestschreiben von Polizistinnen und Polizisten aus NRW dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe übergeben. Mit den Briefen wehren sich die Polizisten dagegen, dass auch nach zehn Jahren noch immer nicht entschieden ist, ob die 2003 von der damaligen Landesregierung beschlossene Streichung des Urlaubsgeldes und die radikale Kürzung des Weihnachtsgeldes für alle Beamten mit der Verfassung vereinbar sind. Die Entscheidung darüber ist bereits seit 2008 in Karlsruhe anhängig, wurde aber vom Bundesverfassungsgericht immer wieder wegen der Klärung anderer Rechtsfragen verschoben. Für die Gewerkschaft der Polizei ist ein weiteres Warten auf eine Entscheidung des Gerichtes nicht hinnehmbar. Unter dem Motto „10 Jahre sind genug! 10 000 Briefe an das Bundesverfassungsgericht!“ hatte die GdP deshalb die Polizistinnen und Polizisten in NRW aufgefordert, sich persönlich mit einem Brief an das Bundeserfassungsgericht zu wenden.
    Quelle: GdP

  12. BRICS: Die neuen, zerstrittenen Herren der Welt
    Gleich nach der Fußball-WM hat in Fortaleza ein noch wichtigeres Treffen begonnen: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen die Welt neu ordnen. Das Problem ist bloß: Die Brics-Länder haben selbst an diesem harmoniefördernden sonnigen Strandort Riesenschwierigkeiten damit, sich auf irgendetwas zu einigen. Schwerpunkt der Beratungen in Fortaleza zum Beispiel soll eine Art Ersatzprogramm zum Internationalen Währungsfonds (IWF) werden, also eine Einrichtung, die im Falle von Verwerfungen am internationalen Finanzmarkt notleidenden Ländern schnell zur Seite springt, und zur Weltbank für die Finanzierung großer Investitionen beispielsweise in der Infrastruktur. Kreditvolumen: bis zu 100 Milliarden Dollar. Stimmt schon, dass die hier versammelten Schwellenländer auf dem Weg sind, die neuen Herren der Welt zu werden – aber mit gemeinsamer Stimme sprechen, das wird schwer. Einig sind sie immer da, wo es (vor allem rhetorisch) gegen die etablierten Hegemonialmächte geht und ganz besonders gegen die USA. Den hier versammelten Staaten stinkt es, dass der IWF und die Weltbank von den USA und Europa dominiert werden, dass die neuen Schwellenländer dort unterrepräsentiert sind, dass die Kriterien für die Kreditvergabe vor allem vom reichen Westen festgelegt werden
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung Orlando Pascheit: In den BRICS leben mehr als drei Milliarden Menschen. Sie tragen etwa ein Fünftel zur globalen Wirtschaftsleistung bei. Allerdings ist die Wirtschaftskraft Chinas größer als der des Rests. Ein Ungleichgewicht besteht auch im Handel. China ist die einzige Volkswirtschaft, die mit den anderen einen nennenswerten Handel betreibt. Der Handel zwischen den übrigen vier ist vernachlässigbar. Die „New Development Bank“ (NDB) mit einem Grundkapital von 50 Milliarden und des „Contingency Reserve Arrangement“ (CRA) 100 Milliarden Dollar (nach dem Vorbild der Weltbank und des IWF) sind relativ bescheiden ausgestattet. Man schätzt, dass die NDB ihren Mitgliedern bis zu 3,4 Milliarden an Krediten auszahlen kann. Die Weltbank zahlt in diesem Jahr Kredite im Umfang von 61 Milliarden Dollar aus. Dass auch dieser Club bereits in hegemonialen Dimensionen denkt, zeigt sich darin, dass im Falle des Beitritts neuer Staaten die Gründer-Allianz die Kontrollmehrheit von 55% behält. Von wegen wir treten für die weniger entwickelten Länder ein. Aber auch in Brasilien wird heftig darüber diskutiert, ob nicht das Verhältnis des eigenen Landes zu China dem klassischen Verhältnis zwischen armem Schwellenland und reichem Industriestaat entspricht. Brasilien exportiert Rohstoffe und erhält dafür die Industrieprodukte Chinas. Dabei befürchtet Brasilien, dass seine Industrie durch die chinesischen Billigimporte niederkonkurriert wird.

  13. Europäischer Gerichtshof: Abschiebehaft in gewöhnlichen Gefängnissen unzulässig
    Migranten, die sich illegal in Deutschland aufhalten, werden oft in normalen Gefängnissen untergebracht – ein Verstoß gegen EU-Richtlinien, wie der EuGH geurteilt hat.
    Die Praxis einiger Bundesländer, die Menschen in diesem Fall in einem Gefängnis mit gewöhnlichen Straftätern unterzubringen, verstoße gegen EU-Richtlinien. Konkret ging es um drei Fälle aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Dort hatten Abschiebehäftlinge geklagt, die gemeinsam mit gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht und auch wie diese behandelt worden waren…
    Der EuGH betonte nun, dass laut der EU-Rückführungsrichtlinie Abschiebehäftlinge “grundsätzlich” in speziellen Hafteinrichtungen unterzubringen seien. Die Bundesregierung müsse deshalb sicherstellen, dass Bundesländer, die dies nicht leisten können, Betroffene in Einrichtungen andere Bundesländer unterbringen.
    Quelle: Zeit.de

    Anmerkung WL: Erst vor wenigen Tagen kippte der Europäische Gerichtshof den Deutschtest für türkische Ehepartner, weil dieser nicht mit den europäischen Richtlinien zur Familienzusammenführung vereinbar sei und außerdem die Türken gegenüber anderen Ausländern diskriminiere. Nun innerhalb einer Woche schon die zweite Rüge gegenüber dem Umgang mit Ausländern in Deutschland. Das sollte nachdenklich stimmen, wie hierzulande mit Migranten umgegangen wird.

  14. Deutsche, erkennt euch selbst!
    Unser Autor nimmt Abschied von seiner Kolumne. Zum Abschluss sagt er den Deutschen, dass sie die Amis nicht nötig haben. Weil sie selbst die größten Kapitalisten sind. […]
    Bis heute gilt es hierzulande als schick, sich als Kapitalismuskritiker darzustellen – dabei sind die Deutschen die Ur-Kapitalisten und werden es immer sein, jeder Einzelne von ihnen. Deutschland steht stolz und mächtig auf der Liste der Top drei der Globalisierungskräfte der Welt, ebenso auf der Liste der Top drei der Waffenexporteure der Welt. Irgendwann gibt es vielleicht schon eine Welt, in der keine Waffen mehr nötig sind, aber nicht, solange die Deutschen ein Wörtchen mitzureden haben. […]
    Ich muss immer schmunzeln, wenn die Deutschen über die Fiskalpolitik der Tea Party schimpfen. Sie wissen nicht, dass ihre Regierung längst die gleiche Sparpolitik in ganz Südeuropa betreibt, die die Tea Party erfolglos in Amerika einzuführen versucht. Kein Land ist konservativer als Deutschland.
    Quelle: ZEIT
  15. MISEREOR kritisiert Rohstoffabkommen mit Peru
    MISEREOR kritisiert die Unterzeichnung des Rohstoffabkommens zwischen Deutschland und Peru anlässlich des heutigen Besuches von Präsident Ollanta Humala Tasso. “Die Unterzeichnung der Rohstoffpartnerschaft kommt zu einem Zeitpunkt, wo die peruanische Regierung gerade ein großes Gesetzespaket auf den Weg gebracht hat, das die ohnehin schwache Regulierung des Rohstoffsektors weiter aufweicht. Die peruanischen Partnerorganisationen von MISEREOR kritisieren dieses Gesetzespaket aufs Schärfste, denn es senkt die jetzt schon ohnehin schwachen Umweltstandards im Bergbausektor. Mit der Unterzeichnung des Rohstoffabkommens sendet die Bundesregierung ein Signal an die peruanische Regierung, das einer Ausweitung des Rohstoffsektors Vorrang gibt vor der dringenden Regulierung. Wir befürchten daher eine Verschärfung der sozialen Konflikte rund um die Bergbauprojekte sowie eine Zunahme der gefährlichen Abhängigkeit Perus vom globalen Rohstoffhandel”, erklärt Susanne Friess, MISEREOR-Expertin für Bergbau in Lateinamerika.
    Quelle: MISEREOR
  16. Gesprächskreis in Teheran
    Berlin lotet intensiv die Möglichkeit einer zukünftigen Kooperation mit Iran aus. Dies geht aus Berichten von einer hochrangig besetzten Konferenz der Hamburger Körber-Stiftung hervor. Demnach wurden beim jüngsten Treffen des “Bergedorfer Gesprächskreises” der Stiftung, das Mitte Juni in Teheran durchgeführt wurde, “Perspektiven der Zusammenarbeit” zwischen Iran und dem Westen in den Blick genommen. Dazu gehörten, hieß es, eventuell umfangreiche iranische Erdgaslieferungen in die EU. Teheran hat derlei Lieferungen explizit auch mit Blick auf den Konflikt zwischen Russland und dem Westen angeboten – und sucht sich damit als Erdgas-Konkurrenz zu Moskau zu positionieren. Bei der Körber-Stiftung heißt es, womöglich stünden mit der Schwerpunktverlagerung der US-Weltpolitik nach Ost- und Südostasien erhebliche Umbrüche in Mittelost bevor. Für diesen Fall gilt eine mögliche Kooperation mit Iran als höchst bedeutsam. An dem Treffen des “Bergedorfer Gesprächskreises” in Teheran nahmen unter anderem der Leiter der Politischen Abteilung im Auswärtigen Amt sowie der iranische Außenminister persönlich teil.
    Quelle: german-foreign-policy.com
  17. NRW-Wissenschaftsministerin über Unis: „Hochschulen sollen autonom bleiben“
    Es hagelt Kritik am neuen Hochschulgesetz in NRW. Die Wissenschaftsministerin erklärt, warum Geheimverträge mit Firmen und eine Asten-Finanzaufsicht sinnvoll sind.
    Quelle: taz

    Anmerkung WL: Die Fragestellungen von Pascal Beucker und Anna Lehmann werfen in weiten Teilen ein bezeichnendes Licht auf der Vorurteilsstrukturen gegenüber der NRW-Hochschulnovelle. Svenja Schulze sei wohl ein „Kontrolfreak“, sie zitieren die Kritiker der Ministerin, die ihr vorwerfen würden, sie wolle die Hochschulen „an die Kandare nehmen“. Sie mache die Hochschulen zu „Unterbehörden“ ihres Ministeriums.
    Die taz Redakteure, haben sich offensichtlich mit dem Gesetzentwurf überhaupt nicht beschäftigt, sie haben ausschließlich die (sachlich unbegründete) Kritik der Hochschulleitungen und der Hochschulratsvorsitzenden nachgeplappert.
    Das zeigt sich z.B. in geradezu peinlicherweise in dem Vorhalt, die Ministerin wolle wieder „Verwaltungsvorschriften“ einführen. Sie haben noch nicht einmal gesehen, dass im geltenden Recht in § 5 Abs. 9 HG von „Verwaltungsvorschriften“ die Rede ist und dass die sog. „Rahmenvorgaben“ in § 6 Abs. 5 des Gesetzentwurfes weniger etatistisch, bestimmter, rechtssicherer und freiheitsverbürgender für die Hochschulen sind. (Siehe Stellungnahme von WL [PDF)]
    Als hätten sie für das Interview vorher ein Briefing der Landesrektorenkonferenz gehabt, werden nahe zu sämtliche Kritikpunkte der Hochschulleitungen in Frageform gepackt.
    Kritisch wird das Interview ausschließlich bei der Frage nach der Transparenz der Drittmittelforschung und beim Hinterfragen der Hochschulräte.
    Bei der Frage nach der Veröffentlichung von privat finanzierten Forschungsvorhaben und bei Kooperationsverträgen zeigt sich die Ministerin allerdings mehr als zurückhaltend. Transparenz ist die andere Seite der Medaille der grundgesetzlichen Garantie der Forschungsfreiheit.

    Siehe dazu wiederum die Kritik der Coordination gegen BAYER-Gefahren:

    NRW: Universitäten am Tropf der Wirtschaft
    Die Ministerin verteidigt ihre Pläne, Kooperationen zwischen Universitäten und Unternehmen nur in Teilen und erst nach Beendigung der jeweiligen Zusammenarbeit bekannt zu geben. Unter anderem äußert sie: „Eine Veröffentlichung zu Beginn ist nicht für alle Projekte sinnvoll“ und „Drei Jahre lang, während wir am Gesetz gearbeitet haben, hat keine zivilgesellschaftliche Gruppierung Transparenz zum Thema gemacht“.
    Hierzu erklärt Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Bei allem Respekt: die Aussagen von Ministerin Schulze sind eine Frechheit. Wissenschaftler, Asten, Gewerkschafter und Gruppen wie attac oder die CBG haben in Dutzenden von Stellungnahmen Transparenz gefordert, um den Einfluss der Industrie auf die universitäre Forschung einzudämmen. Vor zwei Jahren hat sich das Verwaltungsgericht Köln mit unserem Antrag auf Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag zwischen Bayer und Uni Köln beschäftigt. Das Verfahren ist der Ministerin wohlbekannt: sogar der Informationsfreiheitsbeauftragte des Landes NRW unterstützt unsere Forderung nach einer Offenlegung!“. Der Fall ist gegenwärtig beim OVG Münster anhängig.
    Mimkes verurteilt zudem die Pläne, etwaige Kooperationen erst nach ihrem Abschluss bekannt zu geben…
    Quelle: CBG-Netzwerk

  18. Unabhängigkeit in Gefahr? Deutsche Top-Journalisten und transatlantische Netzwerke
    Vortrag von Dr. Uwe Krüger (Universität Leipzig) – Bestimmte Auffälligkeiten in der Ukraine-Berichterstattung werden plausibel, wenn man die Verbindungen deutscher Leitmedien zu US- und Nato-nahen Organisationen kennt. Dieser Vortrag zeigt Netzwerke von führenden Außenpolitik-Journalisten und wie sich diese personelle Nähe in Berichten und Kommentaren niederschlägt.
    Quelle: weltnetzTV
  19. 60. Geburtstag der Kanzlerin: ZDF-Journalist singt “Happy Birthday” für Angela Merkel
    Für John F. Kennedy sang einst Marilyn Monroe, für Angela Merkel tut es Udo Van Kampen. Der ZDF-Korrespondent überraschte die Kanzlerin mit einem Ständchen zum 60. Geburtstag.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers M.H.: Die Anbiederung bekommt immer peinlichere Züge.

    Anmerkung JB: Und über Nordkorea meckern …

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