Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Bahnstreik
  2. BND-Affäre
  3. Griechenland – Panzer in der Schuldenkrise
  4. Deutsche Arbeitsstunden sind teuer
  5. Auf einem Berg von Schulden kann kein nachhaltiges Wachstum entstehen
  6. Die Welt, gesehen durch die Brille des Bruttoinlandsprodukts
  7. Übergang vom Minijob in eine Midijob-Beschäftigung: Die Steuerklassen V-Falle
  8. Das zerrissene Land
  9. Die Hartz-IV-Diktatur
  10. Arbeitssklaven in Kalabrien – Labor des Wegwerf-Menschen
  11. Die weißen Sklaven Rotlicht, Bettler, Arbeiter – die Rückkehr düsterer Zeiten.
  12. Paul Krugman über Obamacare – Das hat doch niemand gesagt
  13. SR 2 – Fragen an den Autor mit Gabriele Krone-Schmalz
  14. Festgenommener hatte Kontakt zu gefährlichen Islamisten
  15. Baltimore ist überall
  16. Sozialdarwinistische Flüchtlingspolitik
  17. How we’re priming some kids for college — and others for prison
  18. Spiegel online macht einseitig Arbeitgeber-Propaganda

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Bahnstreik
    1. DB-Vorstand bestreikt Verhandlungen – das Zugpersonal streikt für seine Grundrechte
      Erneut zwingt die Deutsche Bahn die eigenen Lokomotivführer, Lokrangierführer und Zugbegleiter zum Arbeitskampf. Das Spitzengespräch am 29. April 2015 ist, wie viele Verhandlungen zuvor, ergebnislos verlaufen. Die DB-Verhandlungsführer lehnen es nach wie vor ab, mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Tarifverträge zu schaffen, die für all ihre Mitglieder des Zugpersonals in den Eisenbahnverkehrsunternehmen der DB gelten.
      Sie betonen zwar unisono, über alles und jeden mit der GDL zu verhandeln, lehnen aber seit Monaten jegliche Festschreibung eindeutiger tariflicher Regelungen für die Mitglieder der GDL ab. Immer wieder verlangt die DB gleichlautende Tarifverträge, somit die Unterwerfung der GDL unter die Tarifregelungen der Eisenbahnverkehrsgewerkschaft (EVG) und tritt damit die grundgesetzlich geschützten Rechte der GDL-Mitglieder mit Füßen. Ganz offensichtlich wurde dies beim Versuch, die schlechteren Arbeitszeit- und Einkommensbedingungen der Lokrangierführer in die Tarifverträge der GDL zu diktieren. Damit beweist die DB eindeutig, dass in den Verhandlungen keinerlei Ergebnisse erzielt werden sollen. Vielmehr soll der Tarifabschluss bis zum Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes verschleppt werden.
      Quelle: GDL

      Anmerkung: Siehe dazu „DB legt verbesserte Angebote zu Löhnen und Struktur vor“. Darum geht es: „Die DB verhandelt seit Sommer 2014 mit GDL und EVG Tarifverträge für dieselben Berufsgruppen und will unterschiedliche Regelungen für ein und dieselbe Mitarbeitergruppe vermeiden.“
      Nochmals: Die 100%-Tochter des Staates, die im Aufsichtsrat der Bahn AG und auch in sonstige Strukturen des Bahnmanagements eingebunden ist, legt unter Federführung der SPD-Arbeitsministerin Nahles ein Tarifeinheitsgesetz vor, das vorsieht, die GDL als kleinere Gewerkschaft gegenüber der zahnlosen EVG zu entmachten. Dieser Gesetzentwurf ist eine Provokation für die GDL und das feuert diesen Arbeitskampf an. Der Bahnvorstand wartet nur darauf, dass dieses Tarifeinheitsgesetz verabschiedet ist. Selbst wenn es vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern sollte, so ist damit viel Zeit gewonnen.

    2. WDR 2 Gespräch mit Claus Weselsky: “Wir haben nur die Möglichkeit zu eskalieren”
      Es ist der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn AG. Bis Sonntag sollen die Züge stillstehen. Ist das noch verhältnismäßig? WDR 2 sprach mit dem Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky. (…)
      WDR 2: Nun stehe ich hier knietief in Hörermails, die aber kein Verständnis mehr dafür haben, dass wir, die Kunden der Bahn, darunter leiden müssen, und das jetzt sechs Tage lang. Was an diesem Streik ist aus Ihrer Sicht denn bitteschön noch verhältnismäßig?
      Weselsky: Also verhältnismäßig ist es allemal. Sie wissen, dass wir im November vorigen Jahres vom Landesarbeitsgericht in Hessen und vorher vom Arbeitsgericht klar und deutlich bescheinigt bekommen haben, dass unsere Streiks rechtmäßig sind, zulässig sind und auch verhältnismäßig sind.
      WDR 2: Dann frage ich mal anders: Sie haben eine Verantwortung gegenüber Ihren Beschäftigten, gar keine Frage, für die setzen Sie sich ein. Welche Verantwortung hat die GDL für dieses Land und nimmt sie wahr?
      Weselsky: Die GDL hat die Verantwortung, für dieses Land sicheren Eisenbahnverkehr mit motivierten Mitarbeitern des Zugpersonals zu gewährleisten. Das ist ihre Aufgabe. Und wir erleben hier einen Bahnvorstand, der seit Juli 2014 ignoriert, dass die Zugpersonale insgesamt hochbelastet sind, über vier Millionen Überstunden haben; der uns das Geld hinterherträgt, aber nicht über die Belastungssenkung verhandeln will und am Ende des Prozesses nichts getan hat, um tatsächlich Zwischenergebnisse zu erzielen. Und deswegen haben wir nur die Möglichkeit zu eskalieren über das ultima ratio Prinzip. Und wir sind Arbeitnehmer. Und wer in Frage stellt, dass man im Eisenbahnverkehr Streiks durchführen darf, der hat die Entscheidung der Politik von 1993 vergessen. Dort wurde entschieden, dass es keine Daseinsvorsorge mehr gibt und die Bahn privatisiert wird und Wettbewerb herrscht auf allen Gleisen.
      Quelle: WDR 2
    3. Lahmgelegter Verstand
      Die GDL will sechs Tage lang streiken. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, um auf das abwartende Bahnmanagement den Druck weiter zu erhöhen. Doch obwohl Arbeitsgerichte das Vorgehen der Lokführer als verhältnismäßig und gerechtfertigt anerkannten, rollt eine weitere Empörungswelle durch das Land…
      Bahn-Vorstände (be)schimpfen nicht, sondern wählen ihre Worte fein. Ihnen geht es ja auch gut. Zuletzt genehmigten sich die Spitzenmanager eine Gehaltserhöhung um 174 Prozent, schrieb das Handelsblatt kürzlich. Trotz verfehlter Umsatz- und Gewinnziele kassieren die Vorstände des Staatsunternehmens doppelte Erfolgsprämien und kurzfristige Boni. Finanziell gut abgefedert, macht der Tarifkonflikt mit der GDL offensichtlich Spaß.
      Missbrauch des Streikrechts? Es wäre an der Zeit über den Missbrauch der Regierungsgewalt zu diskutieren. Seit Jahren kassiert oder beanstandet Karlsruhe Gesetze, bei denen man schon vorher wusste, dass sie gegen das Grundgesetz verstoßen…
      Deshalb kriegt die CSU ihre verfassungswidrige Maut, die CDU ihre verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung und die SPD, ja die Spezialdemokraten bekommen ein verfassungswidriges Tarifeinheitsgesetz, weil das wohl dem DGB gefällt, mit dem man schon beim viel zu niedrigen Mindestlohn gut zusammenarbeitet hat, und der kleinere Gewerkschaften gern vom kuscheligen Markt der geheuchelten Koalitionsfreiheit verdrängen möchte…
      Quelle: André Tautenhahn in storify
    4. Die Bahn spielt auf Zeit
      Die Lokführer streiken und alle sind sauer – auf GDL-Chef Claus Weselsky. Dabei trägt die Bahn eine Mitverantwortung dafür, dass es im Tarifkonflikt nicht vorwärts geht.
      Der Schuldige für das zu erwartende Bahn-Chaos in Deutschland ist schnell gefunden: Claus Weselsky, Chef der Lokführergewerkschaft GDL. Borniert sei er, selbstgerecht, der “selbst ernannte Robin Hood der Bahnmitarbeiter”. Der achte GDL-Streik im laufenden Konflikt mit der Deutschen Bahn steht an, diesmal soll er im Personenverkehr sechs Tage dauern, von Dienstag zwei Uhr morgens bis zum Sonntag neun Uhr.
      Es ist verständlich, dass die Bahnkunden wütend sind. Erneut müssen sie tagelang bangen, ob sie an ihr Ziel kommen, müssen Verspätungen in Kauf nehmen, womöglich Fahrten umdisponieren, aufs Auto wechseln. Doch es ist falsch, die Wut darüber allein an Weselsky auszulassen. Zu einem Streit – und zu einem Streik – gehören immer zwei. Wenn die Deutsche Bahn alles im Interesse ihrer Kunden tun würde, könnte sie gerichtlich gegen die neueste Streikankündigung vorgehen. Kein Unternehmen muss einen Streik hinnehmen, wenn es diesen für ungerechtfertigt hält.
      Eine Garantie, vor Gericht Recht zu bekommen, hat der Konzern freilich nicht. In früheren Versuchen errang er eine Schlappe. Aber den jetzigen Ausstand, den längsten im aktuellen Streit, könnte ein Gericht durchaus als überzogen bewerten. Und ein Treffen vor Gericht käme zumindest einem Schlichtungsversuch nahe, den die GDL derzeit so vehement ablehnt. Dass der Bahnvorstand den juristischen Weg offenkundig ignoriert, müsste den gestrandeten Bahnfahrern daher ebenso sauer aufstoßen wie die Ankündigung der GDL.
      Das Vorgehen der Bahn ist durchsichtig: Sie weiß um die geballte öffentliche Empörung gegen die Gewerkschaft und ihren Vorsitzenden. Sie spielt in dem Tarifkonflikt auf Zeit. Denn um Gehaltserhöhungen, Prozente und Einmalzahlungen geht es nur ganz am Rande. Faktisch dreht sich der Streit darum, ob die GDL nicht nur für die bei ihr organisierten Lokführer, sondern auch für andere Bahnmitarbeiter, die GDL-Mitglied sind, Tarifverträge aushandeln darf.
      Quelle: ZEIT
  2. BND-Affäre
    1. Zwei Jahre Geheimdienst-Enthüllungen
      Fast zwei Jahre ist es her, dass der ehemalige amerikanische Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden mit Berichten über das Spähprogramm „Prism“ an die Öffentlichkeit ging. Häppchenweise folgten immer neue Enthüllungen über die Arbeit und Zusammenarbeit der amerikanischen mit den deutschen Geheimdiensten. Seitdem wird darüber gestritten, welche Geheimdienstpraktiken tatsächlich skandalös und gesetzeswidrig oder welche bisher zwar unbekannt, aber eben auch notwendig und legal seien.
      Über allem steht die Frage, ob und wie die Geheimdienste besser kontrolliert werden sollten. Und wie soll die Bundesregierung den amerikanischen Partner in Geheimdienstangelegenheiten künftig gegenübertreten? Fast vergessen wird in dieser Diskussion, wie Geheimdienste und Verfassungsschutz in der Terrorbekämpfung stärker unterstützt werden könnten. FAZ.NET dokumentiert den „NSA-BND-Komplex“ von Juni 2013 bis Mai 2015.
      Quelle: FAZ
    2. Sahra Wagenknecht: BND-Skandal nicht aussitzen
      Wenn Geheimdienste sich außerhalb von Gesetz und Rechtsstaat stellen, dann läuft ganz klar etwa schief”, sagt die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Der Bundestag werde bei der Aufklärung der BND-Affäre von der Bundesregierung nicht ernst genommen.
      Quelle: Bayern 2, Audio oder video
    3. Whistleblowing in den USA oder warum Edward Snowden fliehen musste – Heimat der Mutigen
      Spätestens als im Juni 2013 Edward Snowden Hongkong Richtung Russland verließ, war klar: Zurück ins “Land der Freiheit, Heimat der Mutigen”, wie es in der amerikanischen Nationalhymne heißt, kehrt der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter voraussichtlich nicht.
      Thomas Drake, William Binney, Kirk Wiebe, Jesselyn Radack – frühere Whistleblower in den USA – sind sich einig: In den USA hätte Snowden nicht bleiben können, und: Er hätte keinen fairen Prozess zu erwarten. Doch warum kam Snowden zu der Einschätzung, es gäbe keinen anderen Weg, als den, sein bisheriges Leben aufzugeben? Es gäbe in den USA kein echtes Verfahren, um Rechtswidrigkeiten zu benennen? Um auch Mitarbeiter im Bereich der nationalen Sicherheit zu schützen? Um nicht als Landesverräter, sondern als wertvoller Informant verfassungswidriger Missstände zu gelten? Und dies in dem Land, das seit seiner Gründung, den Quellen- und Informantenschutz in der Verfassung verankert hat. Was hat sich seit den ersten spektakulären Aufdeckungen – wie beispielsweise den sogenannten Pentagon Papers oder der Watergate-Affäre – bis zu den aktuellen Beispielen der Veröffentlichung geheimer Dokumente verändert?
      Quelle 1: wdr5, Dieter Wulf
      Quelle 2: Download

      Anmerkung WL: Hörenswert.

  3. Griechenland – Panzer in der Schuldenkrise
    Griechenland zählte trotz wirtschaftlicher Probleme zu den besten Kunden deutscher Rüstungsfirmen – heute wiegt die Altlast schwer. Trägt Deutschland eine Mitschuld an den Milliardenschulden?
    Wie die Zahlen aus dem Bundeswirtschaftsministerium zeigen, wurden noch 2014 Rüstungsgüter im Wert von rund 14 Millionen Euro nach Griechenland exportiert.
    Egal ob U-Boote, „Eurofighter“-Kampfflugzeuge oder „Leopard-2“-Kampfpanzer: Wenn es in den vergangenen Jahren um Aufrüstung ging, griff Griechenland gerne auf Rüstungsgüter „Made in Germany“ zurück. Laut Daten des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) stammten ein gutes Viertel aller griechischen Rüstungsexporte zwischen 2002 und 2011 aus Deutschland – einzig aus den USA wurden demnach noch mehr Kriegswaffen und Rüstungsgüter importiert. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt zählte Athen in der vergangenen Dekade zu den Nato-Mitgliedstaaten mit den höchsten Verteidigungsausgaben. Zwischen 3,5 Prozent (2003) und 2,4 Prozent (2013) des BIP wurden von den Griechen für den Wehretat jährlich aufgewendet. 2013 reichte es damit für den dritten Platz unter den Nato-Staaten: Nur England und die USA gaben mehr Geld für Armee und Rüstungsprojekte aus.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung JK: Also, man sollte hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Schulden machen für deutsche Rüstungsgüter ist ja etwas ganz anderes, als Geld für Sozialklimbim auszugeben, wie es die Syriza machen will.

  4. Deutsche Arbeitsstunden sind teuer
    Die Lohnkosten in Deutschlands liegen beinahe ein Drittel höher als im Rest der EU. Besonders hoch sind die Stundenkosten in der Industrie – sie spiegeln aber vor allem die hohe Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
    Die deutschen Lohnkosten sind weiter deutlich höher als in anderen europäischen Ländern – und zwar um beinahe ein Drittel. Im vergangenen Jahr sind die Arbeitskosten in der deutschen Privatwirtschaft außerdem stärker gestiegen als im Durchschnitt der EU. Die Summe aus Bruttoverdienst und Lohnnebenkosten für eine Arbeitsstunde legte um 1,6 Prozent auf 31,80 Euro zu, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. In der Europäischen Union insgesamt ergab sich ein Plus von 1,4 Prozent auf 24,40 Euro.
    Noch teurer als in Deutschland war Arbeit nur in sieben anderen europäischen Staaten – mit Dänemark (42 Euro), Belgien und Schweden an der Spitze. Auch in der zweitgrößten und derzeit in einer Schwächephase steckenden Eurovolkswirtschaft Frankreich kostete eine Stunde Arbeit mehr als hierzulande, nämlich 36,40 Euro. Am billigsten war Arbeit in Bulgarien (3,80 Euro) und Rumänien (4,20 Euro).
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wieder zu 80% der übliche Unsinn – es ist nun mal grundlegend falsch, die absoluten Arbeitskosten ohne Bezug zur Produktivität miteinander zu vergleichen, und natürlich ist es genauso blödsinnig, die sogenannten “Lohnnebenkosten” zueinander in Beziehung zu setzen. Immerhin gibt es in den FAZ den Hinweis, daß die angeblich “hohen” (in Wirklichkeit zu niedrigen) Löhne mit einer “hohen” (in Wahrheit pathologisch hohen) Wettbewerbsfähigkeit korrelieren.

  5. Auf einem Berg von Schulden kann kein nachhaltiges Wachstum entstehen
    Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat den nachlassenden Sparwillen in vielen Ländern des Euro-Raums und die aus seiner Sicht zu flexible Anwendung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts kritisiert. “Regeln helfen nicht, wenn nicht der Wille da ist, sie strikt umzusetzen”, sagte Weidmann bei der Veranstaltung “Politisches Forum Ruhr” in Essen.
    Weidmann warnte davor, dass die Geldpolitik in die Rolle eines Ausputzers gedrängt werden könnte. “Es besteht aber immer wieder die Gefahr, dass andere Politikbereiche unangenehme Maßnahmen scheuen und dabei darauf setzen, dass die Geldpolitik es schon richten werde”, sagte Weidmann. Die Geldpolitik dürfe nicht dazu missbraucht werden, Solvenzprobleme von Staaten oder Banken zu verdecken. Die Bewährungsprobe für die Geldpolitik werde dann kommen, wenn die Preisaussichten eine Normalisierung der Zinsen nahelegen, sagte der Bundesbankpräsident.
    Die ultra-expansive Geldpolitik des Eurosystems habe die Disziplinierung der Finanzpolitik durch die Finanzmärkte erheblich geschwächt, die Budgets würden durch die sinkenden Zinskosten stark entlastet. “Dementsprechend ist es kaum verwunderlich, dass der Konsolidierungs- und Reformeifer in einigen europäischen Hauptstädten seit dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise nachgelassen hat”, sagte Weidmann. Der Bundesbankpräsident wies darauf hin, dass die europäischen Krisenländer ohne die Anpassungsprogramme und die damit verbundenen Finanzhilfen einen deutlich schnelleren und abrupteren Anpassungsprozess hätten vollziehen müssen.
    Quelle: Bundesbank

    Anmerkung JK: Muss man sich da über das aberwitzig Agieren der Bundesregierung in der Euro-Krise noch wundern? Bundesbankpräsident Jens Weidmann illustriert hier auf welchen absurden Grundlagen die deutsche Wirtschaftspolitik basiert. Die Finanzmärkte sollen also die Finanzpolitik souveräner Staaten und demokratisch legitimierter Regierungen disziplinieren – marktkonforme Demokratie im besten Sinne. Was das bedeutet lässt sich am Schicksal Griechenlands, Spaniens und Portugals studieren. Gerade hinsichtlich Spaniens von einem Erfolg des neoliberalen Austeritätsdiktates zu sprechen ist eine geradezu groteske Realitätsverdrehung.

  6. Die Welt, gesehen durch die Brille des Bruttoinlandsprodukts
    Das BIP ist seit Jahrzehnten die entscheidende Kennziffer, um Wachstum zu messen. Aber als Indikator für gesellschaftlichen Wohlstand taugt sie nicht, sagt der Ökonom Philipp Lepenies
    Quelle: taz

    Dazu: Die Zahl, die Hitler besiegte
    Die Alliierten waren daher zutiefst erstaunt, wie ahnungslos und inkompetent die obersten NS-Führer waren, die sie im Frühjahr 1945 verhörten. Bis dahin hatten Amerikaner und Briten angenommen, dass das Dritte Reich extrem effizient gewesen sei und seine Kriegswirtschaft perfekt geplant hätte. In Washington und London hatte man eigens Metaphern für diese deutsche Gründlichkeit entwickelt. Man stellte sich vor, dass das Dritte Reich wie eine “stramm gespannte Trommel” funktioniere.
    Erst kurz vor Kriegsende beschlich die Alliierten eine leise Ahnung, dass es mit der deutschen Effizienz nicht weit her sein konnte. Denn ihnen fiel ein deutsches Dokument in die Hände, das als “Geheime Reichssache” eingestuft war. Der Titel klang noch nicht besonders aufregend: “Statistische Schnellberichte zur Kriegsproduktion”. Doch als sich Galbraith die Zahlen näher ansah, wurde ihm schockartig klar, dass man jahrelang die deutsche Kriegswirtschaft falsch eingeschätzt hatte…
    Quelle: Ulrike Herrmann in der taz

  7. Übergang vom Minijob in eine Midijob-Beschäftigung: Die Steuerklassen V-Falle
    • Beschäftigte, die mit ihrem Monatseinkommen die Grenze von 450 Euro brutto überschreiten und die Steuerklasse V gewählt haben – in aller Regel handelt es sich hier um Ehefrauen -, laufen Gefahr mit ihrem Nettoeinkommen erheblich abzusinken. Denn ab 451 Euro enden die beitrags- und steuerfreien Minijobs und beginnt der Bereich der Midijobs mit der Steuer- und Beitragspflicht.
    • Zwar sind die Beitragssätze zur Sozialversicherung in der Midizone zunächst gering und steigen auch nur schrittweise, aber bei Wahl der Steuerklasse V fallen sehr hohe Steuerabzüge an.
    • Im Ergebnis verringert sich bei einem Bruttoeinkommen von 451 Euro das Nettoeinkommen auf 358,30 Euro. Erst bei einem Bruttoeinkommen von 640 Euro wird der Nettobetrag von 450 Euro wieder erreicht und überschritten.
    • Es erweist sich für die betroffenen Frauen als unattraktiv, den Minijob-Bereich zu verlassen. Die Anreize wirken darauf hin, dass sich ihre Beschäftigung auf den unteren Stunden- und Entgeltbereich konzentriert.
    • Durch die Einführung des Mindestlohns sind diese problematischen Folgewirkungen der Regelung von Minijobs und Steuerklassenwahl offensichtlich geworden. Denn der Mindestlohn von 8,50 Euro hat zur Folge, dass die regelmäßige Arbeitszeit 52,9 Stunden im Monat bzw. 12,3 Stunden in der Woche nicht überschreiten darf. Wer vor der Einführung des Mindestlohns mehr als 12,3 Stunden in der Woche gearbeitet hat, fällt deshalb – bei unveränderter Stundenzahl – aus dem Minijob-Bereich heraus und muss dann mit einem sinkenden Nettoeinkommen rechnen. Der Einkommensverlust fällt bei der Steuerklasse V stark aus, bei der Wahl von Steuerklasse I bzw. IV sehr viel schwächer, da in diesen Konstellationen die Steuerpflicht erst oberhalb des Grundfreibetrags einsetzt.
    • Die absurde Situation, wegen des Mindestlohns ein geringeres Nettoeinkommen zu erhalten, dürfte die betroffenen Beschäftigten dazu veranlassen, entweder die Stundenzahl zu reduzieren oder aber – gemeinsam mit dem Arbeitgeber (!) – bei der Dokumentation der Arbeitszeiten zu „tricksen“.
    • Diese Steuerklassen V-Falle lässt sich nur durch eine Neuregelung der Minijobs und die Abschaffung dieser Steuerklasse beseitigen.

    Quelle: Sozialpolitik aktuell

    Hinweis: Auch im April wieder eine Reihe neu eingestellte Dokumente u.a. auf den Feldern Sozialstaat, Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit, Arbeitszeit, Gesundheit, Pflege, Alter, Alterssicherung, Europa auf Sozialpolitik aktuell Sozialpolitik-aktuell.de

  8. Das zerrissene Land
    Es ist ein Trauerspiel: Das dritte Jahr in Folge muss der Paritätische Gesamtverband seinen Armutsbericht mit dieser Botschaft eröffnen: Noch nie war die Armut in Deutschland so hoch wie derzeit – und zudem die regionale Zerrissenheit so tief.
    Die Armutsquote im Jahr 2013 – auf dieses Jahr beziehen sich die Daten, die dem Bericht zugrunde liegen – betrug in Deutschland 15,5 Prozent. Damit hat sie im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozentpunkte zugenommen. Rein rechnerisch müssen rund 12,5 Millionen Menschen zu den Armen gezählt werden. In der längerfristigen Betrachtung wird so ein klarer Trend wachsender Armut seit 2006 deutlich, von 14 auf besagte 15,5 Prozent; das bedeutet einen Anstieg der Armut um 11 Prozent. Damit muss die Behauptung der Bundesregierung, die Armut in Deutschland sei in den letzten Jahren relativ konstant geblieben bzw. die Aussage der damaligen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, man könne sogar wieder von einer sich schließenden Einkommensschere sprechen, als widerlegt betrachtet werden.
    Quelle: Blätter für deutsche und Internationale Politik
  9. Die Hartz-IV-Diktatur
    Immer wieder werde ich von Journalisten gefragt, ob es ein einschneidendes Erlebnis im Jobcenter gab, das mich dazu bewegte, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Antwort lautet: Es gab viele einschneidende Erlebnisse. Diese Eindrücke sammelten sich über die Jahre an und bewirkten, dass mein eigener innerer Druck so groß wurde, dass er auf irgendeine Weise abgebaut werden musste. Und hier kommt meist die zweite Frage: Warum haben Sie das Jobcenter nicht von sich aus verlassen und einen neuen Job gesucht? Auch diese Frage ist berechtigt. Die Antwort lautet: Ein sinnvoller Widerstand muss in meinen Augen von innen und außen kommen sollte. Von innen heraus, um Glaubwürdigkeit zu schaffen und das, was die Erwerbslosen und deren Bedarfsgemeinschaften seit vielen Jahren kritisieren, zu untermauern. Lange Zeit verfolgte ich, was in den unterschiedlichsten Foren, Blogs oder in den Sozialen Netzwerken beklagt wurde. Gleichzeitig beobachtete ich, dass Kritik selbst von Seiten der Wissenschaft, Gewerkschaft, Erwerbsloseninitiativen oder Verbänden ebenso wenig beachtet wurde, wie die berechtigten Klagen der Erwerbslosen. Ja, gerade diese Menschen wurden in ihrer Not sogar belächelt. Es schien, als sei um die Themen Jobcenter, Hartz IV und deren Umsetzung eine unsichtbare Mauer errichtet.
    Quelle: altonabloggt

    Inge Hannemann
    Die Hartz-IV-Diktatur
    Rowohlt Taschenbuch Verlag
    ISBN 978-3-499-63065-1

  10. Arbeitssklaven in Kalabrien – Labor des Wegwerf-Menschen
    Rosarno ist eine Kleinstadt im Süden Kalabriens, deren Wirtschaft seit jeher auf dem Anbau von Zitrusfrüchten gründet. Einst ein florierendes Städtchen, hat es seit den 70er-Jahren einen stetigen Niedergang erlebt. Denn irgendwann konnten die kalabrischen Orangen der billigen Konkurrenz aus dem Ausland nicht mehr standhalten.
    Um zu überleben, haben die Orangenbauern Verträge mit transnationalen Handelsketten, Saft- und Getränkeherstellern wie etwa Coca-Cola geschlossen. Doch diese globalen Akteure diktieren die Preise auf dem Weltmarkt und drücken sie immer weiter nach unten. Die Orangenanbauer Kalabriens konnten nur überleben, indem sie bis heute vom Elend der Flüchtlingsströme aus Afrika und Osteuropa profitieren.
    Die Einwanderer werden als Tagelöhner auf den Straßen Rosarnos angeheuert und schuften auf den Orangenplantagen für 20 oder 25 Euro am Tag. Wenn sie überhaupt bezahlt werden, und wenn sie überhaupt Arbeit finden. Vor allem die meist illegal eingereisten Afrikaner sind dem Gutdünken der Bauern ausgeliefert. Für den Soziologen Fabio Mostaccio sind sie der Prototyp des Wegwerf-Arbeiters, den die neoliberale Globalisierung verlangt.
    Quelle: Deutschlandfunk
  11. Die weißen Sklaven Rotlicht, Bettler, Arbeiter – die Rückkehr düsterer Zeiten.
    Es waren skurrile Szenen, als ein 17-jähriges Mädchen wegen 134-fachen Taschendiebstahls kürzlich in Wien vor Gericht stand. Michael Schnarch, der Anwalt der Bosnierin, bat im Prozess eindringlich um eine unbedingte Haftstrafe für seine Mandantin. “Damit sie die Chance hat, im Gefängnis etwas zu lernen. Es ist ihr selten so gut gegangen wie jetzt, wo sie im Gefängnis sitzt.” Der Richter verurteilte sie daraufhin zu eineinhalb Jahren Haft. Dort will die 17-Jährige schreiben und lesen lernen.
    Solche teils herzzerreißenden Fälle hat die Vereinigung Kriminaldienst (VKÖ) in ihrer Fachzeitung kripo.at zusammengetragen. Mit Elektroschockern malträtierte Bettler, zusammengeschlagene Prostituierte und vieles mehr ist dabei zu finden. “Der Sklavenhandel kommt in versteckter Form zurück”, warnt VKÖ-Präsident Richard Benda. Waren es früher vor allem Afrikaner, sind nun Südosteuropa und die Länder der ehemaligen Sowjetunion die Plätze, wo Menschenhändler ihre Opfer finden. Rund 30 Milliarden Euro werden weltweit pro Jahr damit verdient.
    “Jeder ist von Menschenhandel betroffen”, sagt Oberst Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt. “Man muss nur in den Waschzettel seiner Kleidung schauen. Auch wird man kaum Schokolade finden, wo keine Kinderarbeit drinnensteckt. 80 Prozent des Kakaos stammt von der Elfenbeinküste und dort arbeiten praktisch ausschließlich Kinder.”
    In den Blickpunkt rückt auch immer mehr die Prostitution. “Vor einigen Jahren gab es ausschließlich Einheimische, heute finden Sie fast nur noch Rumäninnen im Rotlicht”, erklärt Helmut Sporer von der deutschen Kripo Augsburg. “Man kann sich kaum vorstellen, dass es in Rumänien überhaupt noch Frauen gibt.” Der Trend gehe dabei eindeutig zu ungeschütztem Verkehr. “Wenn es eine Prostituierte nur mit Gummi macht, dann macht sie kein Geschäft mehr”, sagt Sporer.
    Ermittler des Bundeskriminalamtes in Wien bestätigen, dass die Lage in Österreich genauso ist. Es sei ein “betrieblich organisiertes Geschäft”, auch wenn TV-Berichte immer wieder “selbstbestimmte Herzeigeprostituierte” präsentieren. “Diese gibt es praktisch nicht”, berichtet Sporer.
    Quelle: Kurier
  12. Paul Krugman über Obamacare – Das hat doch niemand gesagt
    Stellen Sie sich vor, Sie schreiben regelmäßig über öffentliche Angelegenheiten – sei es als…sogenannter Experte auf dem einen oder anderen Gebiet oder auch nur
    als eigenwilliger Milliardär. Und dann äußern Sie sich zu einer bedeutenden gerade anstehenden politischen Initiative und prophezeien mit Nachdruck Desaster. Der Obama-Stimulus, so sagen Sie, würde die Zinsen in die Höhe treiben; Die Staatsanleihekäufe der Fed würden “den Dollar entwerten“ und zu hoher Inflation führen. Der Affordable Care Act würde in einem Teufelskreis sinkender Einschreibungen und steigender Kosten untergehen…
    Was dann tatsächlich geschah? Einen Beitragsschock gab es nicht: Die Beiträge lagen 2014cim Durchschnitt ungefähr 16 Prozent unter den Erwartungen. Eine Todesspirale gibt es auchcnicht: Im Durchschnitt liegen die Beiträge für 2015 zwischen 2 bis 4 Prozent über denen für 2014, und das ist ein bedeutend geringerer Anstieg als bisher üblich. Die Zahl der Amerikaner ohne Versicherungsschutz ist um etwa 15 Millionen gesunken und läge jetzt noch viel niedriger, hätten nicht so viele republikanisch kontrollierte Staaten die Ausweitung von Medicaid blockiert. Und die Gesamtkosten für das Programm belaufen sich auf weit weniger als erwartet.
    Quelle: The New York Times
  13. SR 2 – Fragen an den Autor mit Gabriele Krone-Schmalz
    Gabriele Krone-Schmalz, “Russland verstehen. Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens”. Messen wir mit zweierlei Maß, wenn es um Russland gehen? Erleben wir altes Freund-Feind-Denken? Wie ist der Konflikt zu entschärfen?
    Quelle: SR 2 – Fragen an den Autor
  14. Festgenommener hatte Kontakt zu gefährlichen Islamisten
    Der wegen eines mutmaßlichen Anschlagversuchs auf das Frankfurter Radrennen festgenommene Halil D. hatte Kontakte zu mehreren „Gefährdern“ in der islamistischen Szene im Rhein-Main-Gebiet. Unter ihnen sollen auch Rückkehrer aus dem Krieg in Syrien sein. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise. Danach hätten Polizeibeamte während der Observation von Halil D. entsprechende Treffen beobachtet.
    In der Wohnung des Ehepaars sollen die Beamten neben einer funktionstüchtigen Rohrbombe und verschiedenen Chemikalien auch schriftliche Unterlagen zum Bau von Bomben gefunden haben, berichtet die F.A.S. weiter. Zudem sei neben den Teilen eines automatischen Sturmgewehrs G3 und Munition für eine andere Waffe auch eine Schreckschusswaffe sichergestellt worden.
    Obwohl die hessischen Sicherheitsbehörden Halil D., der nach Informationen der F.A.S. Hartz-IV-Empfänger war, als feste Größe in der hessischen Islamistenszene erfasst und spätestens seit 2009 im Blick hatten, waren er und seine Ehefrau Senay D. nach Angaben der F.A.S. dem Bundesamt für Verfassungsschutz unbekannt.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JK: Vermutlich, hätte, könnte, … Das klingt doch alles sehr bemüht um aus dem festgenommenen Ehepaar mit aller Gewalt eine islamistische Terrorzelle zu konstruieren. Die Beweislage ist bisher mehr als dürftig und niemand kann sagen was den Fakten entspricht und was von den Ermittlungsbehörden aufgebauscht wurde. Das ist aber nicht das Entscheidende. Schon immer war “Terrorismus” ein willkommenes Deckmäntelchen zur Rechtfertigung politischen Repression. Die Totalüberwachung durch die NSA wird ja auch mit der Terrorismusbekämpfung gerechtfertigt. Dass die ganzen schönen technischen Spielereien zur Überwachung natürlich auch gegen beliebige politische Gegner der herrschenden Eliten eingesetzt werden können liegt auf der Hand. Und wie auf Bestellung liefert die Mainstrempresse, die entsprechende Begleitmusik wie im nachfolgenden Kommentar zu ersehen ist. Dies kommt dann gerade recht um vom neusten Skandal um die Geheimdienste abzulenken, die, wie der BND, offenbar nicht einmal davor zurückschrecken die europäische Partner Deutschlands und die eigene Wirtschaft im Auftrag der USA auszuspionieren.

  15. Baltimore ist überall
    Wirtschaftlicher Niedergang, schlechte Bildung, Arbeitslosigkeit, Drogen: Die Konflikte in Baltimore und anderen US-Städten haben tief liegende Ursachen.
    Rassenkrawalle sind keine amerikanische Spezialität, aber sie ereignen sich immer wieder in Städten wie Baltimore, der grössten Stadt Marylands. Oder in Ferguson nahe St. Louis. Oder in Los Angeles. Oder sonst wo im weiten Amerika.
    Der Präsident, selbst ein Afroamerikaner, nahm diesmal kein Blatt vor den Mund. An den Ausschreitungen in Baltimore sei «nichts Neues, das geht seit Jahrzehnten so», sagte Barack Obama. Er kritisierte die Plünderer, sprach aber aus, was eigentlich jedem Amerikaner bekannt ist: «Wenn unsere Gesellschaft das Problem wirklich lösen will, könnte sie das.» Das «Problem» sind Armut, Chancenlosigkeit, Polizeibrutalität. Und Teilnahmslosigkeit: Ein halbes Jahrhundert nach Martin Luther King und Lyndon Johnsons Bürgerrechtsgesetzen tritt das schwarze Amerika auf der Stelle, der erbärmliche Stillstand aber wird kollektiv verdrängt. Bis eben mal wieder Randale ist.
    Früher war die Stadt eine mächtige industrielle Maschine mit einem grossen Hafen und Eisenbahnen. 950’000 Menschen lebten 1950 in ihr. Jetzt sind es noch 621’000. Hundertausende gut bezahlte Jobs lösten sich in Luft auf und wurden teils durch schlecht bezahlte Arbeitsplätze in der Dienstleistungsbranche ersetzt. Weisse und wohlhabendere Afroamerikaner setzten sich in die Vorstädte ab, zurück blieb schwarze Armut. Jetzt rappelt sich die Stadt langsam wieder auf als Touristenattraktion und Kongresszentrum: Am Hafen befindet sich ein riesiges Aquarium, Restaurants und Sportteams locken Besucher an.
    Quelle: Basler Zeitung
  16. Sozialdarwinistische Flüchtlingspolitik
    Bundespräsident Joachim Gauck war vom 29. bis 30. April 2015 auf der Mittelmeerinsel Malta, um die dortigen Flüchtlingslager zu besuchen. Anschließend erklärte er vor laufenden Fernsehkameras: “Das stellt uns dann die Frage: Wollen wir die alle zurückschicken? Oder brauchen wir nicht einen Teil dieser, äh, Menschen, die eine ganz große Energie haben? Sonst hätten sie es nicht bis hierher geschafft.”
    Gauck interessiert sich lediglich dafür, wen wir ökonomisch “brauchen” könnten. Was soll diese Verwertungslogik? Die notleidenden Flüchtlinge brauchen uns! Und die meisten Flüchtlinge haben noch nicht einmal die “große Energie”, um überhaupt auf ein Flüchtlingsboot zu gelangen – sei es aus Geldmangel, sei es, weil sie irgendwo in Afrika feststecken. Was hält Gauck von diesen Flüchtlingen, die es nicht bis “hierher geschafft” haben? Diejenigen Flüchtlinge aber, die es lebend über das Massengrab Mittelmeer geschafft haben, die seien Gauck zufolge tough genug, um in Deutschland aufgenommen zu werden. Nur dieser “Teil” also, der eine “ganz große Energie” habe, sei ökonomisch brauchbar – das habe er ja im Kampf ums Dasein bewiesen.
    Quelle: Patrick Spät auf Telepolis
  17. How we’re priming some kids for college — and others for prison
    On the path that American children travel to adulthood, two institutions oversee the journey. The first is the one we hear a lot about: college. Some of you may remember the excitement that you felt when you first set off for college. Some of you may be in college right now and you’re feeling this excitement at this very moment.
    College has some shortcomings. It’s expensive; it leaves young people in debt. But all in all, it’s a pretty good path. Young people emerge from college with pride and with great friends and with a lot of knowledge about the world. And perhaps most importantly, a better chance in the labor market than they had before they got there.
    Quelle: TED

    Anmerkung JK: So kann man natürlich auch Sozialpolitik betreiben, man sperrt das Prekariat einfach weg. Es ist nur zu fragen was ist volkswirtschaftlich besser, das Geld in Gefängnisse zu investieren oder in Bildungs- und Sozialeinrichtungen?

  18. Spiegel online macht einseitig Arbeitgeber-Propaganda
    Mit dem Folgenden steht Spiegel online in der deutschen Medienlandschaft sicherlich nicht allein, wir können es daher getrost als beispielhaft im negativsten Sinne jedweder journalistischen Arbeit thematisieren… Spiegel online informiert nicht, es macht Stimmung
    Und so sieht die Propaganda konkret aus. Spiegel online schreibt:

    “Der Konfrontationskurs von GDL-Chef Claus Weselsky wird in der Politik zunehmend kritisiert, auch bei der gewerkschaftsnahen SPD.”

    Damit wird, erstens, einseitig der Gewerkschaft die Schuld für den erneuten Bahnstreik in die Schuhe geschoben. Schlimmer noch, die Schuld wird, zweitens, personalisiert auf die Person des GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky. Gleichzeitig wird, drittens, die GDL von den DGB-Gewerkschaften und der SPD isoliert. Letzteres wäre kein Problem, würde zugleich deutlich, dass SPD und DGB-Gewerkschaften in den zurückliegenden Jahren keineswegs die Arbeitnehmerseite überzeugend vertreten haben, sondern, im Gegenteil, sich den Positionen der Arbeitgeber allzu unterwürfig, ja, geradezu im vorauseilenden Gehorsam, untergeordnet haben.
    Dazu passt, dass Spiegel online diesen Artikel mit der Überschrift aufmacht:

    “Extrem-Streik der Lokführer: Deutschland rüstet sich für tagelangen Stillstand”.

    Die Einordnung eines sechs Tage langen Streiks als “Extrem-Streik” unterstreicht die oben von mir ausgedrückte Kritik an den DGB-Gewerkschaften: Was ist an einem sechs Tage langen Streik extrem, angesichts der Zustände auf dem deutschen Arbeitsmarkt…
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft

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