Das „Pflege-Elend“ – eine zynische Instrumentalisierung von Pflegebedürftigen zu Propagandazwecken für die private Pflegeversicherung durch BILD

Ein Artikel von:

„In Deutschland bekommt jeder 3. Pflegefall nicht genug zu essen und nicht genug zu trinken!“ „Jeder 3. Patient wird nicht häufig genug umgebettet.“ Mit solchen Schlagzeilen macht BILD einen Prüfbericht der Medizinischen Dienste (MDK) über die teilweise schlimmen Zustände in deutschen Pflegeheimen auf. Wer jedoch geglaubt hatte, BILD würde ein soziales Anliegen zur Verbesserung der Pflegesituation verfolgen, sieht sich am 3.9.07 eines Schlechteren belehrt. BILD fragt: „Brauche ich eine private Pflegversicherung?“ und macht unverhohlen Propaganda dafür. Wolfgang Lieb

Nach einer Auswertung von 4000 MDK-Berichten zeigt sich nach Angaben von Dr. Peter Pick vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände, dass die Qualität von Pflegeeinrichtungen heterogen und deshalb unbefriedigend ist. Bei einer Qualitätsskala, die von plus fünf bis minus fünf reicht, lägen weniger als zehn Prozent der Einrichtungen unter der Null-Linie. Der Durchschnitt liege etwa bei plus zwei. Pick: “Die Situation ist verbesserungsbedürftig, gibt aber keinen Anlass zu einer generellen Skandalisierung.“
Genau diese Skandalisierung betreibt Bild, wie selbst der Spiegel anmerkt.

Wer aber nun wenigstens erwartet hätte, dass BILD aus dem Skandal die Konsequenz zieht, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Pflegeeinrichtungen notwendig sind, muss nachlesen, dass es diesem Propaganda-Organ für die Privatisierung der Altersvorsorge um nichts anderes ging als um Propaganda für die private Pflegeversicherung.

„Nach dem Schock-Bericht über den Zustand der deutschen Altenpflege“ heißt es dort, seien „Millionen Deutsche“ verunsichert. Sie fragten sich „Brauche ich eine private Pflegeversicherung?“
In dem Artikel wird dann den Lesern Angst eingejagt, dass die gesetzliche Pflegeversicherung für die wirklichen Kosten der Pflege nicht ausreiche und die Mehrkosten vom Sozialamt von den Ehepartnern oder berufstätigen Kindern zurückgeholt würden. Danach wird ganz unverhohlen Werbung für den Abschluss einer privaten Krankenversicherung und deren Angebote für private Pflegezusatzversicherungen oder Pflege-Tagegeldversicherungen gemacht.
Es wird ein Experte vom map-report (einem „Informationsdienst für Kunden anspruchsvoller Finanzdienstleister“) zitiert. Sein Tipp: „So früh wie möglich die eigenen Eltern und sich selbst absichern. Angebote von Anbietern wie R+V, debeka und Ideal einholen.“

Jetzt wissen also die BILD-Leser, wie sie im Pflegefall genug zu essen und trinken bekommen. Pech nur, wenn sie dann trotz privater Pflegeversicherung in einem der im Prüfbericht kritisierten schlechten Pflegeheime landeten. Dann würde die private Versicherung nämlich auch nichts helfen.

Erstaunlich ist, dass sich die in dem Artikel nicht genannten Anbieter von privaten Pflegeversicherungen nicht gegen diese unbezahlte Firmenwerbung für die Konkurrenz wehren. Vielleicht haben Sie ja der BILD-Zeitung nicht genug bezahlt.
Aber keine Sorge, das dürfte sich bald ändern. Besser als bei der BILD-Zeitung sind die Werbungskosten der Versicherungswirtschaft kaum anzulegen.

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