Bundesfinanzminister förderte den unanständigen Kreditverkauf zulasten der Darlehnsnehmer.

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Am 17. August 2007 konnten Sie in den NachDenkSeiten lesen: „Die Blase – das Werk von Kriminellen, kriminellen Vereinigungen und Hehlern.“ Es ging dabei vor allem um die Bündelung von unsicheren Hypothekenkrediten in den USA und den Weiterverkauf dieser Forderungen. Inzwischen haben diese sittenwidrigen Geschäfte unser Land erreicht. Professor Dr. jur Karl-Joachim Schmelz hat in einer Stellungnahme für ein Fachgespräch des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages den Komplex analysiert und uns diese sehr lesenswerte Stellungnahme [PDF – 248 KB] zur Verfügung gestellt. Meine harte Bewertung vom 17. August hält dieser Kenner der Zusammenhänge und der realen Vorgänge für „sehr untertrieben“.
Hier bahnt sich ein weiterer Rieseskandal an. Er ist auch die Folge einer engen Verfilzung unsere politischen Spitzen mit der nationalen und internationalen Finanzindustrie.
Ich hatte übrigens erwartet, dass sich einige Medien aufgrund unseres Tagebucheintrag vom 17. August auf das Thema stürzen. Das war eine eitle Hoffnung, aber immerhin hat plus minus am 18. September den Finger in die Wunde gelegt. Siehe unten.

Ich empfehle allen Interessierten, die Stellungnahme von Professor Schmelz vollständig zu lesen. Ein paar kurze Hinweise zum Inhalt:

  • Schmelz berichtet, Ende der neunziger Jahre hätten sich mehr als 100 Milliarden € notleidender, also von Ausfällen bedrohter Problemkredite bei deutschen Banken angesammelt, 2003/2004 schon 150 bis 160 Milliarden.
  • Ab dem Jahr 2002 habe der deutsche Gesetzgeber, gelegentlich versteckt, bereits die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Ermöglichung eines Verkaufs von Krediten geändert und kleinere und größere Hindernisse beseitigt.
  • Es gab Erleichterungen für solche Geschäfte auch bei der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer.
  • Die Interessen der Finanzindustrie wurden berücksichtigt, völlig übersehen sind die Interessen der Darlehensnehmer.
  • Professor Schmelz schildert, welche Lobby sich für die Möglichkeit der Kreditverkäufe und ihre Erleichterung stark gemacht hat. Und mit welchen Methoden dort gearbeitet wird. Schmelz zitiert aus einer Handreichung zum Thema Bankgeheimnis (dieses wird nämlich eigentlich gebrochen, wenn eine Forderung von einer Bank oder einer Sparkasse an eine Heuschrecke oder eine ausgegliederte Servicegesellschaft weiterverkauft wird). Dort ist die Rede davon, dass die Käufer solcher Forderungen kaum mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen ihre Machenschaften rechnen müssen, „weil der Kreditnehmer erst nach der Verletzung des Bankgeheimnisses davon erfährt“ … Toll.
  • Der Finanzminister ist aus eigenem Antrieb in das Geschehen verwickelt. Schmelz zitiert eine Einlassung vom Januar 2006, wonach Steinbrück die Finanzmarktpolitik zum Eckpfeiler des Koalitionsvertrages erklärte und zusagte, zum Beispiel bestehende Grenzen beim Erwerb von Asset Backed Securities (ASB) abzubauen.

Man kann davon ausgehen dass die Bundesregierung ganz wesentlich dazu beigetragen hat, unzählige Menschen und Familien ins Unglück zu stürzen.

Und hier noch der Hinweis auf die Sendung von plus minus/BR:

Kreditverkauf
Wie Banken ihre Kunden verkaufen

BR, Dienstag, 18. September 2007
Für Lutz Thedens bahnt sich vergangenen Freitag in Negernbötel bei Bad Segeberg eine Katastrophe an: Soeben hat er einen Brief vom Amtsgericht erhalten. Darin heißt es, die Zwangsversteigerung sei angeordnet, die Zwangsverwaltung bestellt. Es geht um das Haus, das ihm und seiner Schwester Kathie Thedens gehört, dass sie mit ihren Familien, der Mutter sowie zehn Mietern und deren Angehörigen bewohnen. Lutz Thedens ist fassungslos: “Das wäre eine absolute Tragödie für uns alle, weil das, was wir letztlich als Erbe bekommen haben, man würde uns alles nehmen.”

Weil sie die Darlehensraten wegen sinkender Mieten nicht mehr in voller Höhe zahlen konnten, boten er und seine Schwester der Sparkasse Südholstein die Ablösung ihrer Schulden in Höhe von 1.090.000 Euro an. Am 15. August 2006 boten sie 1.025.000 Euro, also nur 65.000 Euro, knapp sechs Prozent weniger, als die Gesamtsumme. Doch die Sparkasse lehnte das Angebot ab. Was sich damals in der Abteilung Immobilienfinanzierung der Sparkasse Südholstein abspielte, die ein ganzes Paket von Darlehen in Höhe von 127 Mio. Euro loswerden wollte, darüber wissen die Thedens nichts.

Quelle: ARD – Plusminus

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