Hinweise des Tages

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/AM/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. »Sie haben uns in die Falle gelockt«
  2. CDU sauer auf Linke und Grüne
  3. Zum Deal, der keiner ist
  4. Schäuble stellt Gabriel im Grexit-Streit bloß
  5. Rajoy wegen Podemos erfreut über “Staatsstreich” in Griechenland
  6. Die Schwelle ist überschritten. Wir brauchen einen Neuanfang
  7. Aus gegebenem Anlass: Der Bundespräsident in Irland
  8. Die Wahrheit über den Reichtum griechischer Reeder
  9. Die SZ-Wirtschaftsredaktion, die Henne und das Ei
  10. Staatliche Investitionen: Hoher Wachstumseffekt bei geringen Kosten
  11. Wer Schulden hat, ist schuld?
  12. Hypovereinsbank: Großreinemachen in München
  13. Geld bedeutet Macht – Gedanken zur Erbschaftsteuerreform
  14. “Rechter Sektor” in der Ukraine: Ultra-Nationalisten proben den Aufstand gegen Kiew
  15. Tea-Party in Frankreich – Der Kulturkampf um die Homoehe
  16. Wer gegen den „Grexit“ ist, muss für Merkel sein: Wie der „Stern“ und Forsa Stimmung für die Union machen
  17. Zu guter Letzt: European Petition for a German Exit

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. »Sie haben uns in die Falle gelockt«
    Jetzt auch auf Deutsch: Yanis Varoufakis im Gespräch mit »New Statesman« über fünf Monate als griechischer Finanzminister, den Druck der Gläubiger und Wolfgang Schäuble als Orchesterleiter […]
    Varoufakis: Auf höchster Ebene, auf höchster Ebene. Aber dann, in der Eurogruppe, ein paar nette Worte und das war’s, zurück hinter die Barrikaden der offiziellen Version. Aber Wolfgang Schäuble war die ganze Zeit konsistent. Seine Sicht lautete: »Ich diskutiere das Programm nicht – es wurde von der Vorgängerregierung akzeptiert und wir können unmöglich erlauben, dass eine Wahl etwas verändert. Schließlich haben wir andauernd Wahlen, es gibt 19 von uns, wenn sich jedes Mal nach einer Wahl etwas verändern würde, würden die Verträge zwischen uns bedeutungslos werden.« An diesem Punkt musste ich dazwischengehen und sagen: »Okay, dann sollten wir vielleicht einfach keine Wahlen in verschuldeten Ländern mehr abhalten.« Und es gab keine Antwort. Die einzige Interpretation, die ich dafür liefern kann, ist: »Ja, das wäre eine gute Idee, aber es wäre schwierig sie umzusetzen. Unterschreiben Sie also entweder auf der gepunkteten Linie oder Sie sind raus.«
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung WL: Nochmals, weil das Interview so aufschlussreich ist, was hinter den Kulissen passiert.

    Dazu: Varoufakis: On the Euro Summit’s Statement on Greece: First thoughts
    In the next hours and days, I shall be sitting in Parliament to assess the legislation that is part of the recent Euro Summit agreement on Greece. I am also looking forward to hearing in person from my comrades, Alexis Tsipras and Euclid Tsakalotos, who have been through so much over the past few days. Till then, I shall reserve judgment regarding the legislation before us. Meanwhile, here are some first, impressionistic thoughts stirred up by the Euro Summit’s Statement.
    Quelle: Yanis Varoufakis Blog

    Dazu auch: Nach der Einigung mit Griechenland: Schäuble teilt weiter aus
    Finanzminister Schäuble wehrt sich gegen “irgendwelche persönlichen Diffamierungen”: Seine Idee eines “Grexits auf Zeit” sei mit der Regierung abgesprochen gewesen – und habe dort noch immer Verfechter.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung AT: Das heißt, von einem sogenannten „Non Paper“, das die Bundesregierung als Lappalie herunterzuspielen versuchte, indem sie es als eine Art Gedankenexperiment bezeichnete, kann keine Rede sein.

    Anmerkung unserer Leserin R.K.: Mit anderen Worten: Schäuble treibt den Grexit mit allen Mitteln weiter voran. Mit Vernunft hat das nichts zu tun, das ist starrköpfige Rachsucht. Am 14. Juli 2015 ist in mir etwas zerbrochen: Die Hoffnung darauf, dass unsere Regierung sich in ihrem Handeln zumindest ein wenig an der Realität ausrichtet und sich einen Rest von Mitgefühl bewahrt hat. Nicht einmal Gauck als ehemaliger Pastor bringt echte Empathie auf. Das war ein schwarzer Tag – für mich, für Deutschland, für Europa und insbesondere für Griechenland. Das einzig Gute daran ist, dass Tsipras und Varoufakis viele unserer Biedermänner demaskierten und die Risse und Konstruktionsfehler der EU und des Euro sichtbar machten.

  2. CDU sauer auf Linke und Grüne
    Emotional, so lassen sich die Reaktionen auf die Griechenland-Verhandlungen in Brüssel zusammenfassen. Linken-Chef Bernd Riexinger sagte, Finanzminister Wolfgang Schäuble sei bereit gewesen, “der Totengräber der Eurozone zu werden”. Reinhard Bütikofer, Chef der Europäischen Grünen, wetterte: Der “herzlose, herrische und hässliche Deutsche hat wieder ein Gesicht, und das ist das von Schäuble”.
    In der Union regt sich heftiger Unmut über solche Äußerungen. Zum Beispiel von Armin Schuster, dem CDU-Obmann des Innenausschusses. “Es ist ein Skandal, dass Bütikofer und Riexinger die deutsche Verhandlungsstrategie international in maximaler Form skandalisieren. Wenn ich von Verhandlungen auf diesem Niveau keine Ahnung habe, gilt es, einfach mal die Klappe zu halten”, sagte der 54-Jährige im Gespräch mit n-tv.de.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung AT: Es ist ein verstörendes Bild. Die Union und weite Teile der deutschen Öffentlichkeit applaudieren dem Finanzminister für seine unnachgiebige Haltung gegenüber Griechenland. Das hat sogar dazu geführt, dass der CDU-Vize und Schäuble-Schwiegersohn Thomas Strobl vor laufender Kamera die antideutschen Vorurteile bestätigte, indem er sagte: „Der Grieche hat jetzt lang genug genervt.“ (siehe hier). Damit hat Reinhard Bütikofer nur teilweise Recht, wenn er im Phoenix-Interview sagt: „Der herzlose, herrische und hässliche Deutsche hat wieder ein Gesicht und das ist das von Schäuble.“ Es scheint noch mehr Gesichter zu geben, die diese Zuschreibung verdienen.

  3. Zum Deal, der keiner ist
    1. IWF-Analyse: “Die griechischen Schulden sind unhaltbar geworden”
      Der Kompromiss zwischen Griechenland und den Europartnern stößt beim IWF auf Kritik. In einem Bericht warnt der Währungsfonds, das Land stehe vor einem unüberwindbaren Schuldenberg – und plädiert für eine Umschuldung.
      Quelle: Spiegel Online

      Dazu: Rettungmaßnahmen müssen “weit über das hinausgehen, was Europa bislang in Betracht gezogen hat”
      Im IWF, den die Eurozone-Länder und vor allem Deutschland unbedingt auch beim dritten Rettungspaket dabei haben wollten, sieht man offenbar die ausgehandelte Vereinbarung als unzureichend an. Nach einem internen Papier, das geleakt wurde, u.a. Dirk Hoeren von der Bild hat es weitergeleitet, und das am Montagabend, so Reuters, an die Regierungen geschickt worden war, nachdem eine Einigung zwischen der griechischen Regierung und den übrigen 18 Staaten der Eurozone zustande gekommen war, reichen die 86 Milliarden Euro bei weitem nicht aus.
      Die griechische Schuldenlast, so heißt es darin, sei “höchst untragbar” geworden. Schuld daran sei das Nachlassen der politischen Umsetzung im letzten Jahr und seit kurzem erfolgte Verschlechterung der makroökonomischen und finanziellen Bedingungen, da die Bankenschließung stark zur negativen Dynamik beigetragen habe: “Die griechische Schuldenlast kann nur durch Maßnahmen zum Schuldenerlass erträglich gemacht werden, die weit über das hinausgehen, was Europa bislang in Betracht ziehen wollte.” Weiter heißt es in dem Papier:
      “Die dramatische Verschlechterung der Schuldenbelastung weist auf die Notwendigkeit eines Schuldenerlasses in einer Höhe hin, die weit über das hinausgeht, was bislang erörtert wurde – und was vom ESM vorgeschlagen wurde.”
      Quelle 1: Florian Rötzer auf Telepolis
      Quelle 2: Reuters Canada

      Anmerkung AT: Das heißt doch, dass einer der Geldgeber/Gläubiger sagt, dass das Verhandlungsergebnis vom Montag kein wirkliches Ergebnis ist. Denn einen Schuldenschnitt klammerte die deutsche Seite bewusst aus. Eric Bonse schreibt auf seinem Blog sogar, dass die Studie des Währungsfonds sogar beim Euro-Gipfel vorlag. Gehört hat man davon aber nichts.

    2. Das Brüsseler Abkommen
      Die Ergebnisse des Brüsseler Abkommens über Griechenland werden in mehreren Ländern West- und Südeuropas als Vorzeichen eines kommenden Zusammenbruchs der kontinentalen Nachkriegsordnung und einer Rückkehr Deutschlands zur offen auftretenden Diktatorialmacht gewertet.
      Während sozialdemokratische Beobachter eine Beruhigung der Widersprüche nicht ausschließen wollen, sprechen unter anderem konservative Medien in Südeuropa von einer Neuauflage deutscher Herrschaftsambitionen, die sowohl den Ersten wie den Zweiten Weltkrieg maßgeblich bestimmten oder ausgelöst haben. Im Zentrum der Befürchtungen stehen die Folgen der französisch-italienischen Unterwerfung bei den Verhandlungen in Brüssel, wo es Paris nicht gelang, das deutsche Souveränitätsdiktat gegen Griechenland abzuwehren, während Rom einen solchen Versuch ernsthaft nicht unternahm. Sowohl Italien wie Frankreich müssen fürchten, die nächsten Opfer der deutschen Finanzdiktatur zu werden, und konkurrieren um die erhoffte Aufnahme in ein nordeuropäisches Kerneuropa, über dessen Teilnehmer Berlin entscheiden wird, sollte es zudem für möglich gehaltenen Bündnisbruch kommen. Die jetzigen Ereignisse gehen auf zielgerichtete Bemühungen der deutschen Außenpolitik in den 1990er Jahren zurück und stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der territorialen Erweiterung der ökonomischen Basis Deutschlands durch die sogenannte Wiedervereinigung.
      Quelle: German Foreign Policy

      Anmerkung WL: Und hier noch der offizielle Bericht des Kanzleramtes [PDF – 94 KB] und die Erklärung des Brüsseler Gipfels [PDF – 254 KB].

      Dazu: Social Europe in the Crisis
      In 2013, Europe’s burgeoning inequality, ever underestimated by the EU, remained at a high level. The catch-up process of the poorer countries that had been observed until 2009 was scarcely making headway any longer due to austerity policy and weak growth. Even though domestic inequality had worsened in only a few countries – including Germany – since 2012, Social Europe’s pledge of cohesion remained largely unfulfilled.
      Only growth based primarily on rising incomes among poorer population groups can provide sustainable prosperity for all.
      Quelle: Michael Dauderstädt und Cem Keltek in Friedrich-Ebert-Stiftung Perspective [PDF – 141 KB]

      Dazu auch: Die eiserne Kanzlerin spaltet Europa. Folgen des #Greekment
      Quelle: n-tv

      Anmerkung Albrecht Müller: für n-tv eine beachtliche Leistung.

    3. Die Einigung trägt nur, wenn Investitionen stärker wirken als die neuen Kürzungen
      Die gestern in Brüssel erzielte Einigung zwischen den Regierungen der EU und Griechenland wurde um den Preis eines massiven wechselseitigen Vertrauensverlustes erzielt. Ob das Abkommen unter diesen Umständen noch politische Mehrheiten findet, ist offen. Ökonomisch böte es zumindest eine geringe Chance für eine Erholung der griechischen Wirtschaft. Dies gilt aber nur dann, wenn die investiven Komponenten der Vereinbarung rasch und durchgreifend genutzt werden. Bleibt die Rettungsstrategie hingegen auf eine verschärfte Fortsetzung der Kürzungen im Staatshaushalt beschränkt, wird auch dieses Programm wie seine Vorgänger scheitern.
      Quelle: Gustav A. Horn für das IMK

      Dazu: “Die Deutschen wären genauso aufsässig wie die Griechen”
      Die Mehrheit der Deutschen zeigt wenig Mitleid mit den Griechen. Dabei sähe es auch hierzulande sehr düster aus, müsste die öffentliche Hand so hart sparen wie in Griechenland. Die Deutschen wären genauso aufsässig, sagt der Volkswirtschaftler Gustav A. Horn im Interview mit heute.de.
      Quelle: ZDF heute.de

    4. Was würde Karlsruhe sagen?
      Die griechische Regierung muss sich also für jede gesetzgeberische Initiative – und damit sind nicht nur Gesetze, sondern auch Verordnungen gemeint – vorab die Zustimmung der Institutionen einholen, noch bevor sie diese im Parlament einbringt oder öffentlich macht. Es bedarf nur wenig Fantasie, was unser Bundesverfassungsgericht zu dieser faktischen Schattenregierung und der damit verbundenen Aushebelung des Grundsatzes „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ sagen würde. Nämlich ein deutliches Nein.
      Quelle: lawblog
    5. Dieser Deal wird scheitern
      Die Schwachstelle dieses Deals ist eine andere: Das Reformpaket setzt, wie schon die anderen auch, ganz darauf, eine ohnehin angeschlagene Wirtschaft durch neue Sparprogramme in Gang zu bringen. Durch die Schließung der Banken ist das Wirtschaftsleben zum Stillstand gekommen. Um die geforderten Sparziele dennoch zu erreichen, ist die Regierung zu noch mehr Kürzungen gezwungen. Das wird dazu führen, dass die Wirtschaft noch stärker einbricht und die Ziele trotzdem verfehlt werden. Darauf wird die Troika wahrscheinlich mit noch einmal verschärften Sparanforderungen reagieren. Selbst die erst zwei Wochen alte Schuldenprojektion des Internationalen Währungsfonds ist wohl inzwischen hinfällig.
      Aus diesem Kreislauf gibt es kein Entrinnen. Die Bundesregierung verweist gerne darauf, dass die griechische Wirtschaft im vergangenen Jahr wieder gewachsen ist. Was sie nicht so gerne sagt: Das liegt daran, dass der griechische Staat nicht mehr so stark gespart hat.
      Quelle: Mark Schieritz in der Zeit

      Anmerkung AT: Mark Schieritz findet zunächst auch etwas Positives an der Vereinbarung. Zum Beispiel der Zeitrahmen von drei Jahren, in dem das Land seine Wirtschaft auf Vordermann bringen könne. Das ist aber ein Widerspruch, wenn der Autor gleichzeitig zu dem Urteil gelangt, dass es aus dem Kreislauf der fortwährenden Kürzungen und Krisengipfel kein Entrinnen gibt.

      Anmerkung unseres Lesers M.L.: Oh je, Herr Schieritz! Den sonst etwas differenzierteren Tönen in seinem Artikel folgt hier das gehobene Stammtischformat für die ‘Die Zeit’-Leserschaft. Von (permanenten und permanent drakonisch unbestraften) Regelverstößen anderer (Export-Überschüsse Deutschlands) ganz zu schweigen, sind hier also demokratische Wahlen und Referenden drakonisch strafbewehrte Regelverstöße? Auf die es dann ‘nicht-eskalierend’ mit ökonomischen Nuklearwaffen zu reagieren gilt? Offenbar ist seit langem und nachhaltig einiges ‘verrückt’ in Wahrnehmung und Darstellung, in Realisierung und Realität grundlegender demokratischer Werte und Verfasstheit – und damit, wahrlich grundlegend regelverstoßend, Legitimität. Legalität und Legitimität sind und bleiben zweierlei. Doch solch grundlegende Differenzierungen sind der deutsch geneigten Schreib- und Leserschaft (von ‘Bild’ bis ‘Zeit’) wohl intellektuell und moralisch ebenso zu viel verlangt wie solche zwischen schwäbischen Haufrauenwirtschaften und Volkswirtschaften. Etwas ist faul im Staate Deutschland.

    6. Der Coup geht nach hinten los
      Der deutsche Coup in Griechenland hat nicht nur den Spaltpilz in die Syriza-Regierung getrieben. Er kehrt sich nun auch gegen Deutschland selbst – und verschärft die Spannungen in der EU und in der Troika. Es ist wie mit dem bösen Geist, der aus der Flasche gelassen wird: Wenn er einmal raus ist, gibt es kein Halten mehr. Hier ein paar Symptome für die destruktive Wirkung des deutschen Coups:
      Quelle: Eric Bonse auf Lost in Europe
  4. Schäuble stellt Gabriel im Grexit-Streit bloß
    Und dann kommt er von sich aus auf eine Geschichte zu sprechen, die seit Samstag für Aufregung sorgt. “Ich will nur ganz liebenswürdig sagen”, fängt Schäuble an und fügt nach einer Pause hinzu: “Ich habe keinen Vorschlag gemacht, der nicht innerhalb der Bundesregierung in der Sache und Formulierung abgesprochen war.” Er wisse, wie eine Regierung funktioniere und wie ein Minister Verantwortung wahrnehme. Da ist es wieder, das Wort: Verantwortung. “Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht”, sagt Schäuble. Doch am Ende müsse die Person, die das Amt des Bundeskanzlers trage, die Last der Entscheidung auf sich nehmen…
    SPD-Chef Sigmar Gabriel meldet sich dann spät abends via Facebook. “Der Vorschlag des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble für ein zeitlich befristetes Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone war der SPD natürlich bekannt”, teilt er mit. In der derzeitigen Situation müsse jeder “denkbare Vorschlag” geprüft werden. Realisierbar sei der Plan aber nur, wenn auch Griechenland das wolle. Am Sonntag dann, dem Tag des Gipfels, sagt Gabriel am Rande eines Treffens sozialistischer Spitzenpolitiker in Brüssel: “Ich kenne das Papier nicht.”
    An diesem Dienstag erwähnt Schäuble Gabriels Namen nicht. Das muss er auch nicht. Jeder weiß, wer gemeint ist. Schäuble sagt nur: “Deswegen macht es wenig Sinn, wenn dann hinterher versucht wird, das zu irgendwelchen persönlichen Diffamierungen zu nutzen. Das ist in der Politik das Normale, aber manchmal sind die Dinge vielleicht zu ernst, dass man es auch lassen könnte.” Neben der Bundeskanzlerin habe auch der Vorsitzende einer anderen großen Partei das Problem, dass man als Regierungsmitglied anders agiere, sagt Schäuble in Anspielung auf die Debatten innerhalb der SPD.
    Quelle: Alexander Mühlauer in der SZ

    Anmerkung WL: Wenn es schon die SPD nicht schafft, dann schlägt Schäuble das schwergewichtige politische Leichtgewicht Gabriel k.o.

  5. Rajoy wegen Podemos erfreut über “Staatsstreich” in Griechenland
    Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt und vor dem Referendum in Griechenland gehofft, nach einem Ja müsse die Syriza-Regierung abdanken. “Die gute Nachricht, wenn die Regierung das Referendum verlieren würde, ist, dass es dann eine andere gibt, mit der verhandelt werden kann.” Damit lag er genauso daneben wie mit der Einschätzung, dass Griechenland beim Nein aus dem Euro fliegt. Es war durchsichtig, dass er angesichts des Wahldebakels seiner rechten Volkspartei (PP) im Mai die Schwächung der Syriza-Schwesterpartei Podemos (Wir können es) im Blick hatte.
    Entsprechend hat Rajoy erneut gegen Interessen des hoch verschuldeten Spaniens mit Nachdruck in der Front mit Deutschland an der Demütigung der Griechen gearbeitet. Der Spanier spricht aber davon, dass “Europa sehr solidarisch mit Griechenland” war und der “Euro gestärkt” worden sei.
    Quelle: Telepolis
  6. Die Schwelle ist überschritten. Wir brauchen einen Neuanfang
    Die Schwelle ist überschritten. Was Merkel und Schäuble am Verhandlungstisch durchsetzten, wurde von der SPD unterstützt und bleibt von der europäischen Sozialdemokratie unwidersprochen. Ihr historischer Niedergang wird weitergehen. Den Abgang hat sie selbst besorgt, uns bleibt, ihn zur Kenntnis zu nehmen.
    Die Schwelle ist überschritten: Zeit für einen Neuanfang. Spätestens mit dem zurück liegende Wochenende sind Hunderte, ja Tausende aus jahrelangen Bindungen entlassen worden. Orte für den Neuanfang gibt es viele, wo er unternommen wird, liegt bei denen, die mit ihm beginnen: Er kann auch dort begonnen werden, wo man sich noch aufhält, wo man von nun an in anderer Weise weitermacht, mit Weggefährt*innen langer Jahre, in Anerkennung allerdings der Tatsache, dass die Schwelle überschritten wurde. Wichtig ist, dass die Versuche, die jede und jeder jetzt in dieser Lage erproben wird, letzten Endes zusammenfließen, sich zu einem vielstimmigen, doch gemeinsamen Versuch fügen. Das Gemeinsame lässt sich benennen: Es geht um den definitiven Bruch mit dem Neoliberalismus, mit der marktkonformen Demokratie, mit dem Ausgriff des hässlichen Deutschland auf den ganzen Kontinent. Es geht um die Wiederkehr des Politischen gegen den Amoklauf der Ökonomie.
    Quelle: Statement des Vorstandes des Instituts für Solidarische Moderne
  7. Aus gegebenem Anlass: Der Bundespräsident in Irland
    Der Besuch von Joachim Gauck in Irland ist vor dem Hintergrund der dramatischen Situation in Griechenland für viele Medien Anlass, Irland als Vorbild zu preisen.
    Lesen Sie dazu „Warum Dublin und Lissabon keinen Tsipras haben“
    Quelle: Renaud Lambert in Le Monde diplomatique

    Dazu: Ganz auf Schäubles Linie
    Präsident Gauck brüskiert die Iren mit seiner harten Haltung gegenüber Griechenland. Viele im Land können sich noch gut an die Demütigung ihres eigenen Rettungspakets erinnern. […]
    Kompromiss? Europäischer Weg? Für die meisten der 4,6 Millionen Iren klingt das sehr nach hohlen Phrasen. Denn zu genau können sie sich an die Demütigung ihres eigenen Rettungspakets erinnern, mit dem im November 2010 die Stabilität des europäischen Bankensystems sichergestellt wurde. In der einflussreichen Politik-Show „Tonight with Vincent Browne“ polemisiert der Moderator an diesem Abend gegen die „total unsolidarische Haltung Deutschlands“. Sogar im wohlwollenden Bericht des konservativen Blattes „Independent“ wird tags darauf an die peinlichen Situationen erinnert, als irische Haushaltsvorlagen schon dem Bundestag vorlagen, ehe die eigenen Parlamentarier darüber diskutiert hatten.
    Gauck will aber von Kritik nichts wissen. Er könne „kein Defizit an Solidarität der deutschen Regierungen erkennen“, bügelt er am Dienstag vorsichtige Fragen bezüglich Griechenland ab. Da hat sich einer, dessen frühe Kindheitserinnerungen in den Zweiten Weltkrieg zurückreichen, dazu entschieden, der Brutalo-Rhetorik des beinahe gleichaltrigen Finanzministers in Sachen Griechenland nichts entgegenzusetzen, dessen Ruppigkeit kein bisschen abzumildern.
    Quelle: FR

  8. Die Wahrheit über den Reichtum griechischer Reeder
    “Reiche griechische Reeder”, das ist hierzulande längst ein stehender Begriff in den politischen Talkshows. Ganz gleich, welcher politischen Couleur sie angehören, ob Wolfgang Bosbach (CDU) oder Katja Kipping (Die Linke), sie alle verweisen gern auf diese Gruppe, wenn es um neue Steuerquellen für das darbende Land geht. Ganz so, als würde es nur am politischen Willen der Syriza-Regierung fehlen, dass die Millionen und Milliarden nicht schon längst eingesammelt und die Schuldenprobleme der Griechen gelöst sind. So verlockend der Gedanke ist, so unrealistisch bleibt er. Die für die anstehenden Verhandlungen mit den Gläubigern eingereichte Zusage von Regierungschef Alexis Tsipras, die Reeder stärker zu besteuern, wird kaum Wirkung zeigen – sofern sie überhaupt umgesetzt wird. […]
    Das Problem: Das Vermögen liegt zu einem großen Teil im Ausland, und das nicht erst seit der Zuspitzung der Krise in den vergangenen Monaten. […] Die Mobilität der reichen Griechen stellt den Staat vor erhebliche Herausforderungen. Die meisten Steuersysteme setzen schließlich beim Wohnsitz oder dem inländischen Vermögen an, nicht beim Pass. “Den Versuch, das Vermögen der Griechen, die im Ausland leben, zu besteuern, halte ich für reine Show”, sagt Steffen Lampert, Professor für Internationales Steuerrecht an der Universität Osnabrück. Der überwiegende Teil lebe nicht nur im Ausland, sondern mache auch dort den Großteil der Geschäfte. “Eine Besteuerung, die sich nach der Staatsangehörigkeit richtet, ist sehr schwierig umzusetzen”, so Lampert.
    Quelle: Welt Online

    Dazu: Wie deutsche Reeder Millionen sparen
    Griechenlands Reeder zahlen fast keine Steuern und bunkern ihr Geld in der Schweiz. Das soll die Regierung Tsipras ändern, fordern auch deutsche Politiker. Doch wie viel Steuern zahlen eigentlich deutsche Reedereien?…
    In einem Informationsblatt für Anleger beschreibt das Hamburger Emissionshaus Nordcapital die Auswirkungen der gesetzlichen Regelung so: „Paragraf 5a EStG führt – positive wirtschaftliche Entwicklung des Betriebes vorausgesetzt – zu einem weitgehend steuerfreien Vermögenszuwachs.“
    1999 hat die damalige rot-grüne Bundesregierung die Tonnagebesteuerung für Reeder eingeführt. Statt tatsächlicher Gewinne müssen Schiffseigner seit der Reform lediglich Pauschalbeträge versteuern, gestaffelt nach der Transportgröße des jeweiligen Schiffs.
    Wie viel Gewinn ein Schiff einfährt, ist dabei unerheblich. Anhand des Ladevolumens berechnet die Reederei einen fiktiven Gewinn, „der bei normaler Marktlage weit unter der tatsächlichen Rendite liegt“, erklärt Wolfgang Wawro, Geschäftsführer der Berliner Steuerberatungsgesellschaft. Wie weit darunter, sei jedoch schwer zu bestimmen….
    Quelle: Kevin Knitterscheidt im Handelsblatt

  9. Die SZ-Wirtschaftsredaktion, die Henne und das Ei
    Dass das mit dem Erklären noch nicht so ganz gelingt, ist nach langer Abstinenz in Sachen Offenheit normal, und wir wollen das auch nicht kritisieren. Wir wollen aber einmal zeigen, wie man die Unterschiede auch aufschreiben könnte. In dem Artikel von Hulverscheid und Hagelüken heißt es: „Im Grunde geht es in dem Streit zwischen der Bundesregierung und ihren US-Kritikern um die alte Frage nach der Henne und dem Ei. Während Merkel und Schäuble der Meinung sind, dass gesunde Staatsfinanzen die Voraussetzung für dauerhaftes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sind, sehen es die Volkswirte genau anders herum: Für sie muss zunächst Wachstum da sein, notfalls auch solches, das vom Staat auf Pump finanziert ist. Erst dann – und nur dann – kann die Sanierung des Haushalts gelingen, ohne dass es zunächst zu einem massiven Konjunktureinbruch und Massenarbeitslosigkeit kommt. Wer recht hat in dem Streit, ist eine Glaubensfrage, die Diskussion dreht sich seit Jahren im Kreis.“
    Nicht schlecht für den Anfang, aber noch nicht ganz optimal. Henne und Ei ist ein beliebtes Bild, wenn man sich nicht entscheiden kann und will, womit etwas angefangen hat, aber es trifft den Kern der Dinge in diesem Fall gerade nicht (das hat, mit mehr Bezug auf die Wissenschaft, vergangene Woche auch Günther Grunert hier erklärt).
    Quelle: flassbeck-economics
  10. Staatliche Investitionen: Hoher Wachstumseffekt bei geringen Kosten
    Europa braucht ein öffentliches Investitionsprogramm. Nicht nur die krisengeschüttelte griechische Wirtschaft benötigt dringend Impulse durch öffentliche Investitionen (siehe auch das aktuelle Statement von Prof. Dr. Gustav Horn; Link unten). Auch Deutschland muss viel mehr investieren, um seine Infrastruktur zu modernisieren und so Wachstumschancen für die Zukunft zu sichern. Die Kosten wären vergleichsweise gering, der Nutzen umso größer: Jeder investierte Euro bringt einen Wachstumseffekt von 1,30 bis 1,80 Euro, zeigt eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung*.
    “Bloß keine öffentlichen Schulden!” So scheint derzeit das Motto der europäischen Fiskalpolitik zu lauten. Doch diese Maxime ist zu schlicht, um nachhaltig solide Staatsfinanzen und einen hohen Beschäftigungsstand zu erreichen, zeigt Dr. Sebastian Gechert vom IMK in einer aktuellen Analyse. Staatlich finanzierte Investitionen können für Wachstum sorgen, die Eurokrise entschärfen und sich größtenteils über die wachstumsbedingten Steuereinnahmen selbst finanzieren. Daher kann es sich durchaus lohnen, Investitionen über Kredite zu finanzieren.
    Quelle 1: Hans-Böckler-Stiftung auf idw
    Quelle 2: Sebastian Gechert: Öffentliche Investitionen und Staatsverschuldung im Euroraum, IMK Policy Brief, Juli 2015
    Quelle 3: Infografik zum Download

    Dazu: Versicherer finden Autobahnen interessant
    Wenn die Zinsen niedrig sind, geraten andere Anlageklassen in den Fokus – zum Beispiel Investitionen in die Infrastruktur. […]
    Im April legte die Fratzscher-Kommission Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ihre Vorschläge zum Infrastrukturausbau vor. Sie empfahl, eine Verkehrsinfrastrukturgesellschaft für Bundesfernstraßen zu schaffen, und sinnierte auch über die Frage, ob privaten Investoren die Beteiligung an privat-öffentlichen Projekten erleichtert werden soll. Dazu schlug sie vor zu prüfen, ob auch ein Fonds für private Anleger geschaffen werden soll, mit dem die Risiken solcher Vorhaben vermindert werden könnten. Ein zweiter Schritt war der Beschluss des Europäischen Parlaments Ende Juni, den Weg für den sogenannten Juncker-Fonds frei zu machen. Von diesem Herbst an sollen mit öffentlichen Mitteln in Höhe von 42 Milliarden Euro Projekte in einem Volumen von 315 Milliarden Euro angestoßen werden. Banken und Versicherer sollen als Finanzierer gewonnen werden. […]
    Ein wichtiger Punkt in dem Papier: Statt wie bisher geplant 59 Prozent soll die Assekuranz nur noch 30 bis 39 Prozent Eigenmittel unter solche Investments als Sicherheit legen. Deutsche Branchenvertreter begrüßten das Vorgehen der Behörde, wünschen sich aber noch mehr Entgegenkommen: Die Quote „ist aus unserer Sicht noch zu hoch – angemessen wären 20 bis 25 Prozent“, teilte Axel Wehling, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Branchenverbands GDV, mit. Das wäre dann nur noch die Hälfte von Aktieninvestments. […]
    Sehr viel schwerer tun sich dagegen mittelgroße Versicherer wie die Stuttgarter Versicherung. Projekte im Umfang von 10 bis 20 Millionen Euro seien für ihn vorstellbar, sagt Vorstandschef Frank Karsten. „Aber wir teilen nicht die Meinung anderer Versicherer, dass Infrastruktur eine risikofreie Anlage ist“, sagt er. Mit seiner Unternehmensgröße sei es schwer, Risiken adäquat zu bemessen. Die Bedingungen für Energieinfrastruktur reagierten sensibel auf Regierungswechsel. Verkehrsinfrastruktur sei gut beim Staat aufgehoben. „Mir als Bürger erschließt sich nicht, warum der Staat nicht zu 0,9 Prozent Geld aufnehmen sollte, um eine Autobahn zu bauen“, sagt er.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Schon spannend, wenn auch unglaublich – hier wird klar und offen ausgesprochen, daß der einzige Grund für die Beteiligung privater Finanz”investoren” an der deutschen Infrastruktur der Wunsch der Regierenden ist, daß Versicherungen und andere Finanzdienstleister mehr Geld verdienen: “Die Folge: ein Niedrigzins, der vor allem Altersvorsorgeeinrichtungen wie Lebensversicherer leiden lässt. Schon seit einigen Jahren gab es deshalb auf verschiedenen Ebenen Initiativen, wie private Geldgeber stärker an der Finanzierung von Straßen […] beteiligt werden könnten.” Und interessant, daß das einzige und völlig valide Gegenargument gegen diesen ausgemachten Irrsinn ausgerechnet von einem Versicherungsvorstand kommt: “Verkehrsinfrastruktur sei gut beim Staat aufgehoben. „Mir als Bürger erschließt sich nicht, warum der Staat nicht zu 0,9 Prozent Geld aufnehmen sollte, um eine Autobahn zu bauen“, sagt er.”

  11. Wer Schulden hat, ist schuld?
    Im Deutschen gibt es eine problematische Verbindung der Wörter Schulden und Schuld. Über die populistische Sprachverwirrung in der Griechenlandkrise
    Die deutsche Sprache erscheint im Licht der Eurokrise wie ein Bollwerk des Wahnsinns gegen die Pragmatik und Vernunft der englischen Sprache. Das liegt an ihrer verzwickten Verquickung zwischen Schuld und Schulden. Während der Singular Schuld einen Sachverhalt anspricht, der mit Blick auf die jüngere Geschichte ins Unermessliche ragt, scheint der Plural Schulden auf Heller und Pfennig, mit Zins und Zinseszins berechenbar, wäre da nicht das kollektive Unbewusste, das zwischen Einzahl und Mehrzahl unentwegt hin- und herrast und Verwirrung stiftet. […]
    Während die Engländer keine Mühe haben zu verstehen, was creditors heißt, tun sich die Deutschen schon etwas schwerer damit. Denn ihr Gläubiger steht in Folge seiner fast schon theologisch begründbaren Unangreifbarkeit in zu großer Nähe zum Glauben und zum Gläubigsein, als dass man auch ihm eine gewisse Verantwortung am Zustandekommen der gegenwärtigen Krise zurechnen wollte. Täte man dies (wofür es durchaus Gründe gäbe), käme das einer Apostasie gleich, einem Abfall vom Glauben, gegen den man in anderen Gegenden unserer Welt den Begriff der Fatwa in Stellung brächte. Lieber hält man hierzulande am Dogma der Einbringbarkeit der Schulden so lange fest, bis die Gläubiger eines hoffentlich sehr, sehr fernen Tages wirklich dran glauben müssen. Aber das wäre eine andere Geschichte.
    Quelle: Zeit Online
  12. Hypovereinsbank: Großreinemachen in München
    Das gab es noch nie. Erstmals gibt mit der Hypo-Vereinsbank (HVB) eine Großbank in Deutschland zu, den Staat systematisch hintergangen zu haben, und das in gleich zwei Fällen: bei dubiosen Aktiendeals und mit Schwarzgeldgeschäften in Luxemburg. Dem Fiskus könnte das mehrere Milliarden Euro einbringen.
    Ermittler wollen andere Banken unter Druck setzen
    Noch ist nichts unterschrieben, noch sind die Bußgeldbescheide nicht erlassen, nichts ist gezahlt – aber das ist nur noch eine Frage der Zeit. Die HVB macht reinen Tisch bei schweren Steuerdelikten und bekommt dafür einen großen Strafrabatt von den Behörden. Nur etwas mehr als 20 Millionen Euro muss die in München beheimatete Großbank an die Staatskasse überweisen. Das sieht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine mit der Staatsanwaltschaft Köln besprochene Lösung vor, die dem Aufsichtsrat der Hypo-Vereinsbank bei dessen nächstem Treffen Ende Juli präsentiert werden soll.
    Nach Erkenntnissen der Behörden haben Banken und Kapitalanlagefonds beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende den Staat jahrelang trickreich ausgenommen, indem sie sich eine nur einmal entrichtete Kapitalertragsteuer mehrmals erstatten ließen. Der Gesamtschaden soll nach Schätzungen von Steuerfahndern mehr als zehn Milliarden Euro betragen. Dieses Geld wollen die Finanzämter wieder haben. Die Hypo-Vereinsbank hat zusammen mit einem früheren Geschäftspartner, der bei solchen Aktiendeals mitmachte, bereits 200 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung unseres Lesers H.H.: Wer spricht da eigentlich in einem anderen Zusammenhang von Vertrauensverlust? Während die Demokratie in Europa Stück für Stück zurückgebaut wird, denken sich die “Bankster” im Schatten der Eurokrise immer neue Tricks aus, um den Fiskus zu hintergehen. Gleichzeitig müssen wir uns aber von den Eliten in Brüssel und Berlin anhören, dass die Griechen “umgehend” ihre Steuerpolitik ändern müssen. All dem wird tatenlos zugesehen, so dass man schon froh ist, überhaupt von diesen Machenschaften zu erfahren.

  13. Geld bedeutet Macht – Gedanken zur Erbschaftsteuerreform
    Geld bedeutet Macht. Und wer bisher noch geglaubt hat, in Deutschland würden die Uhren anders ticken, muss sich nur das monatelange Theater um die Erbschaftsteuerreform genauer ansehen. Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfes durch die Regierung hat es einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Zur Erinnerung: Ende letzten Jahres kassierte das Bundesverfassungsgericht einige Regelungen, durch die Erbinnen und Erben von Unternehmen von Erbschaftsteuer verschont wurden. Das Bundesverfassungsgericht akzeptierte zwar Steuerverschonungen zum Schutz von Arbeitsplätzen. Nicht jedoch zum Schutz der Erbinnen und Erben….
    Der nun verabschiedete Kabinettsentwurf zur Erbschaftsteuer lockert noch einmal die ohnehin schon schwächlichen Schräubchen. Für den einzelnen Erben muss sein ererbter Unternehmensanteil schon ein Wert über 26 Millionen Euro, in bestimmten Fällen sogar 52 Millionen Euro, haben, um einen genaueren Blick des Fiskus auf dessen Finanzen zu erlauben. Bis zu dieser Grenze streitet einfach die Vermutung dafür, dass das Unternehmen und die Arbeitsplätze durch die Bezahlung von Steuern gefährdet werden, sodass sie gleich vorsichtshalber erlassen werden müssen. Doch die Familie Quandt – die im Übrigen zu den größten Einzelspendern deutscher Parteien gehört – & Co müssen sich keine Sorgen machen. Auch wenn ihre ererbten Unternehmensanteile Milliarden schwer sind, dürfen sie sich noch satte Steuerrabatte bis zu 35 Prozent ohne Blick in ihre Bücher und Kontoauszüge einräumen lassen.
    Dass die Union den Unternehmern stets behilflich ist, ihre Pfründe auf Kosten der Allgemeinheit der Steuerzahler zu sichern, ist wahrlich nichts Neues. Neu ist allenfalls, mit welcher Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit deutschen Oligarchen milliardenschwere Schuldenerlasse zu Lasten der Allgemeinheit gewährt werden. Aber dass diese Reichenverschonungsreform nun trotz vereinzeltem Gemurre aus den hinteren Reihen auch von der SPD abgenickt wird, ist eine herbe Enttäuschung: Noch im Wahlkampf haben die Genossen gegen die Privilegierung von Unternehmenserben Stimmung gemacht, nur um diese Privilegierung jetzt minimal modifiziert zu verlängern. Geradezu bizarr erscheint dabei das fortwährende Krakele des SPD-Finanzministers Nils Schmid aus Baden-Württemberg, dem selbst die jetzige umfassende Steuerverschonung noch nicht weit genug geht.
    Das Erbrecht und damit auch das Erbschaftsteuerrecht ist ein wesentliches Instrument der Umverteilung, der Herstellung sozialer Chancengleichheit und der Gewähr von Freiheit und Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger. Die Erbschaftsteuer dient auch dem Zweck, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen Einzelner zu verhindern, wie es schon in der Bayerischen Landesverfassung heißt.
    Quelle: Richard Pitterle Linksfraktion
  14. “Rechter Sektor” in der Ukraine: Ultra-Nationalisten proben den Aufstand gegen Kiew
    Der Ukraine droht ein neuer Konflikt, diesmal im Westen des Landes: Die Nationalisten-Garde “Rechter Sektor” verfasste ein Pamphlet, das einer Kriegserklärung an die Staatsmacht gleichkommt.
    Der “Rechte Sektor”, Sammelbecken ukrainischer Nationalisten und 2014 eine der treibenden Kräfte der Maidan-Revolution, hat im Internet ein Manifest veröffentlicht. Es liest sich wie eine Kriegserklärung. Sie richtet sich nicht wie sonst gegen den Kreml und die von Moskau hochgerüsteten “Volksrepubliken” in der Ostukraine.
    Gedroht wird der Polizei und der eigenen Regierung. Sie wird als “Besatzungsregime” bezeichnet, das es abzuschütteln gelte. Nach der Maidan-Revolution sei es nicht gelungen, “die Sache zu Ende zu führen und die Volksrebellion zu einer echten nationalen Revolution” zu machen, heißt es auf der Webseite der Organisation. Schuld daran trage die Führung, “jene, die durch das Blut des Volkes an die Macht kamen”.
    Die ukrainische Regierung hatte Freiwilligenbataillone wie die des “Rechten Sektors” für den Krieg im Donbass mit Waffen ausgerüstet. Nun fordern die Nationalisten aber die Staatsmacht selbst heraus.
    Quelle: Spiegel Online
  15. Tea-Party in Frankreich – Der Kulturkampf um die Homoehe
    Europa rieb sich die Augen: Ausgerechnet in Frankreich führte im Jahr 2013 ein Gesetzentwurf über die gleichgeschlechtliche Ehe zu einer gigantischen Protestbewegung.
    Eine Koalition aus Wertkonservativen, traditionalistischen Katholiken und rechtsextremen Splittergruppen beherrschte in einer von Hysterie geprägten Stimmung die öffentliche Diskussion. Sie agierten, als würde die gleichgeschlechtliche Ehe das Ende der Familie, ja der westlichen Zivilisation bedeuten und wurden dabei zusehends radikaler. Gleichzeitig hat sich in dieser Atmosphäre die Zahl auch gewaltsamer homophober Übergriffe im Land fast verdoppelt.
    Das Gesetz ist jetzt seit über einem Jahr verabschiedet und mehr als 7.000 gleichgeschlechtliche Ehen wurden seitdem geschlossen. Doch die ultrakonservativen Kräfte der Protestbewegung gegen die Homoehe agieren weiter – gegen Abtreibung, Genderdiskurs, künstliche Befruchtung, Leihmutterschaft oder Sterbehilfe. 
    Quelle: Hans Woller im DLF
  16. Wer gegen den „Grexit“ ist, muss für Merkel sein: Wie der „Stern“ und Forsa Stimmung für die Union machen
    Die Nachrichtenagenturen dpa und AFP meldeten am Dienstagnachmittag, dass die Mehrheit der Deutschen mit Angela Merkels Griechenland-Verhandlungen zufrieden sei. Sie liefern sogar noch ein bemerkenswertes Detail: Ganz besonders einverstanden mit Merkel seien die Anhänger der Grünen. Und selbst unter Wählern der Linken gebe es eine Mehrheit für Merkels Kurs.
    Das scheint erstaunlich. Aber nur, wenn man nicht die besondere Art kennt, wie das Institut Forsa im Auftrag von „Stern“ die Frage gestellt hat. Forsa fragte nämlich nicht, wie man annehmen könnte, ob man mit Merkels Vorgehen in Sachen Griechenland ganz / ein bisschen / kaum / gar nicht zufrieden ist. Forsa bot als Antwort, dass man entweder Merkels Griechenland-Politik gut findet. Oder meint, dass sie Griechenland aus dem Euro hätte zwingen sollen. Die Möglichkeit, Merkels Politik zu kritisieren, weil sie zu hart gegenüber Griechenland auftrat, bot Forsa nicht.
    Quelle: Stefan Niggemeier
  17. Zu guter Letzt: European Petition for a German Exit
    The main objective of the EU and the common currency was solidarity between peoples, countries, and economies. Each country of the Union or of the currency area has benefited from the solidarity of others to develop. Today, German Chancellor, Angel Merkel and her finance minister, Wolfgang Schäuble, want to bury the European project. Do not let them do it!
    Sign the petition demanding the removal of Germany from the Eurozone!

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