2008 – 40 Jahre 68er

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Das Jahr 1968 als das Attentat auf Rudi Dutschke militante Proteste und eine Blockade des Axel-Springer-Verlages und Unruhen in der gesamten Republik auslöste, wird von vielen zu einer Zeitenwende in der Geschichte der alten Bundesrepublik, ja geradezu zu einem Mythos stilisiert. 2008 liegt dieses Datum 40 Jahre zurück und man muss befürchten, dass sich zahllose selbsternannte „Zeithistoriker“ über die 68er auslassen werden. Es dürfte Bücher, Zeitungsartikel und Talk-Shows en masse geben und selbst die Filmbranche wird ihre alten Schinken nochmals ins Kino bringen.
Für mich als Angehörigen dieser sog. 68er reden und schreiben allzu viele, die sich über dieses Thema auslassen, wie Blinde über die Farbe, die meisten projizieren nur ihre eigene Gesinnung oder ihre Vorurteile in die damalige Bewegung hinein. Wolfgang Lieb

Eher Konservative werden die damalige Bewegung einmal mehr für alles Übel der heutigen Zeit verantwortlich machen, um damit alles, was nur im Verdacht steht „links“ zu sein, zu denunzieren. Der gelackte Bild-Chef Diekmann hat mit seiner Kampfschrift „Der große Selbstbetrug“ schon mal vorgelegt und „1968 als Epochenbruch der deutschen Gesellschaft in Richtung Egozentrik, Faulheit, Mittelmaß“ diffamiert und er sieht ganz wie die Bild-Zeitung der sechziger Jahre in den Langhaarigen nur Schmutzfinken für „mangelnde Hygiene der Ausdruck innerer Werte“ war. Für den frömmelnden Peter Hahne vom ZDF sind in seinem Pamphlet „Schluss mit lustig“, die 68er für den gesamten Werteverfall, vom schlechten Abschneiden bei Pisa bis hin zur demografischen Misere verantwortlich. Für Eva Hermann hat diese Generation das Mutterbild „abgeschafft“

Eher Liberale werden die Studentenbewegung ästhetisch einverleiben, für die Popmusik, für neue Haartrachten, für sexuelle Freizügigkeit, Pille, Mini-Rock („Kinder von Marx und Coca Cola“) und politisch für die feministische Emanzipation. Ganz Wohlmeinende werden den 68ern die Überwindung eines spießbürgerlichen Autoritarismus und eine Liberalisierung der Gesellschaft zurechnen.

Viele Mitläufer der 68er Bewegung werden sich an ihren ach so tapferen Heldentaten, als sie bei Demonstrationen mitgelaufen sind oder ein Seminar „besetzt“ haben, beweihräuchern. Sie werden von Woodstock, Bob Dylan oder den Rolling Stones schwärmen oder über ihre Drogenerlebnisse prahlen.

Die 68er-Bewegung dient offenbar als Projektionsfläche für die jeweilige Gesinnung ihrer Kritiker oder Fans. Jeder und jede wird sich aus der damaligen Revolte das heraussuchen, was gerade zu seinen Vorurteilen passt. So blödsinnig viele Schuld- oder Erfolgszuschreibungen auch sein mögen, die unterschiedliche Beurteilung beweist zumindest eines: Nämlich, dass die 68er-Bewegung eine Sammelbewegung mit ganz unterschiedlichen Zielen, unterschiedlichen politischen Einstellungen und unterschiedlichen gesellschaftstheoretischen oder weltanschaulichen Quellen gewesen sein musste, wenn sie so unterschiedliche Perspektiven zulässt.

In der Tat: Die Spannweite reichte von orthodoxen Marxisten, utopische Sozialisten, über Radikaldemokraten, Antifaschisten, Pazifisten und Internationalisten, Bildungsreformern, Atomkraftgegnern, (Nach-)Freudianern bis hin zu Leuten, die über Narkotika den Zugang zu einer anderen Welt suchten. Von Anarchisten, über stramme Parteisoldaten und Sektierern, von Christen bis Freidenkern, von Asketen bis hin zu Provos, Beatniks oder Blumenkindern, und das ist bei weitem keine vollständige Aufzählung.

Das einzige, was eine Charakterisierung als Sammelbewegung zulässig macht, das ist, dass alle diese Bewegungen, Gruppen und Grüppchen anders sein wollte, anders als es bisher war, oder anders als die vorausgehende Nachkriegsgeneration.

Die Chiffre 1968 steht im Übrigen für eine ganze Reihe von Jahren und für eine Vielzahl von (oft sogar zusammenhanglosen) Ereignissen, die sich seit Mitte der 60er Jahre bis weit in die 70er Jahre erstreckten. Vom Protest gegen den „Muff unter den Talaren“ über den Widerstand gegen die damalige Große Koalition und ihren Notstandsgesetzen, der „Enteignet-Springer“-Kampagne, den „Kommunarden“, der K-Gruppen und Sponti-Bewegung, bis hin zum militanten Widerstand im „bleiernen Herbst“ Ende der siebziger Jahre. Alle diese teilweise völlig disparaten Geschehnisse werden unter diese Chiffre gepackt.

Ich will einräumen, dass ich nur in der Anfangsphase, also von der Zeit der eigentlichen Studentenbewegung bis zum Umschlagen der außerparlamentarischen Opposition (APO) in die antiautoritäre Bewegung, aktiv beteiligt war, und mir kein auf eigene Erfahrung gestütztes Urteil über die zahllosen Ausdifferenzierungen dieser Bewegungen ab 1972 anmaße.
Aber den Anstoß zur studentischen Protestbewegung habe ich 1964 als damaliger Student an der Freien Universität mit der sog. Kuby-Affäre und ab 1965 als stellvertretender Gruppenvorsitzender der dortigen Hochschulgruppe des „Sozialdemokratischen Hochschulbundes“ (SHB) schon ziemlich unmittelbar miterlebt. Das war anfangs noch die Zeit als die korporierten Studenten mit Band, Bierzipfel und „Schaffnermütze“ das Bild auf dem Campus beherrschten und Eberhard Diepgen und Klaus Landowsky den FU-AStA stellten, bis sie dann sprichwörtlich politisch „weggefegt“ wurden.

Ich habe auch den Aufschwung zu einer bundesweiten Massenbewegung miterlebt und daran als stellvertretender Bundesvorsitzender des SHB (zusammen u.a. mit Christoph Zöpel) von 1965 bis 1967 ein Stück weit mitgewirkt. Ich habe damals auf sog. Teach-Ins und Vollversammlungen an Hochschulen quer durch die Republik aktiv auf Podien teilgenommen.
Ich war danach im Studentenparlament der Universität zu Köln und Studentensprecher der Juristischen Fakultät. Nach meinem juristischen Staatsexamen habe ich von Ende 1969 bis 1970 im „Notvorstand“ des „Verbandes deutscher Studentenschaften“ (VDS) bittere Erfahrungen mit dem Umkippen der Studentenbewegung in die sog. „antiautoritären Bewegungen“ machen dürfen.

Ich zähle das nicht auf, um wie ein Kriegsveteran mit meinen „Kampfstätten“ zu prahlen, sondern weil ich viele kenne, die sich heute als 68er-Experten ausgeben und schon damals nie begriffen hatten, um was es der damaligen Bewegung ging und schon damals wie heute ihre aggressiven Gegner waren. Ich kenne z.B. auch einen der – vermutlich nach einem Kneipenbesuch – am Gitter des Kanzleramtes rüttelte und später auch rein durfte und dem ja gleichfalls nachgesagt wird, er sei ein 68er gewesen. Das hätte Gerhard Schröder schon damals abverlangt, dass er einen eigenen Standpunkt bezogen hätte sich nicht nur opportunistisch an den jeweiligen Zeitgeist angepasste hätte.

Ich kenne auch solche, die damals mit dem „aktiven“ Widerstand kokettierten und später im Dreiteiler den Staatsmann machten. Einige der heutigen Kritiker der APO fühlten sich damals als besonders radikal und vor allem besonders intellektuell überlegen, viele dieser sog. „K-Grüppler“, haben von ihrem Traum, dass jeder einen Rolls Royce haben sollte (so das schöne Lied von BAP und Wolfgang Niedecken), wenigstens insoweit wahr gemacht, dass sie inzwischen wenigstens selbst einen Jaguar fahren.
Natürlich haben auch viele Universitätslehrer der damaligen Zeit und vielfach oft sogar die liberalsten (die „Sch..Lilis“ eben) ihr Trauma abbekommen, bis hin zu Jürgen Habermas. Wenn sie einigermaßen fair sind, dann machen sie allerdings für manch schlimme Erfahrungen, auch nur diejenigen verantwortlich, die schon damals vom größten Teil der 68er-Bewegung bekämpft und deren „Theorie“ und Praxis von der Mehrheit, die sich der Bewegung zugehörig fühlten, scharf abgelehnt wurde.

Ich will heute nicht mein rückblickendes Urteil über die damalige Zeit abgeben, das wäre eine ziemliche Herausforderung. Nein, mir ist eingefallen, dass ich zeitlich genau passend im Sommersemester 1968 am „Staatsphilosophischen Seminar“ der Universität zu Köln bei Professor Martin Kriele ein Referat zum Thema „Demokratievorstellungen der außerparlamentarischen Opposition“ abgeliefert habe. (Ja so etwas war damals selbst bei einem relativ konservativen Juraprofessor möglich.)
In diesem Referat habe ich mich mit den verschiedenen Strömungen der damaligen APO und mit zwei der einflussreichsten geistigen Ziehvätern, nämlich Wolfgang Abendroth und Herbert Marcuse, auseinanderzusetzen versucht.

Ich habe das Referat aus Anlass des 40-jährigen Jubiläums der 68 mal wieder in die Hand genommen. Und ich fand den Inhalt insoweit ganz interessant, weil der Text aus damaliger Perspektive die Situation des Jahres 1968 beschreibt. Es ist also eine Quelle aus dieser Zeit

Das Referat „referiert“, es enthält also allenfalls am Rande eine kritische Auseinandersetzung mit den Gruppierungen und den dort dargestellten gesellschaftstheoretischen Positionen. Dazu wäre aus heutiger Sicht Vieles zu sagen, wozu es vielleicht ein anderes Mal Gelegenheit gibt.

Die ideologischen, philosophischen und gesellschaftstheoretischen Quellen, aus denen sich die 68er-Bewegung gespeist hat, waren so zahlreich und vielfältig, wie die Gruppierungen selbst.
Einen Bezug zu den marxistischen Klassikern hatten die allermeisten und viele Wortführer kannten das Kapital, die Theorien über den Mehrwert oder die Deutsche Ideologie nahezu auswendig und subsumierten die politischen und gesellschaftlichen Vorgänge unter Zitaten von Marx, Engels, Lenin bis Rosa Luxemburg. Ganz ohne Zweifel hatte Wolfgang Abendroth, der Marburger Jurist und Politologe mit seiner Kritik an der aus seiner Sicht nur „formellen“ Demokratie einen starken Einfluss auf die sich überwiegend „sozialistisch“ begreifenden studentischen Gruppen, vor allem dem Sozialistischen deutschen Studentenbund (sds) und den Sozialdemokratischen Hochschulbund (SHB) aber auch auf andere. Deswegen hatte ich mich in dem Referat vor allem mit seinen Theorien und Vorschlägen einer Veränderung der Gesellschaftsordnung auseinandergesetzt.

Die sog. antiautoritären Strömungen, speisten sich in vielerlei Hinsicht aus Schriften der kritischen Theorie, von Adorno, über Horkheimer bis zu Habermas, aber viele „emanzipativen“ (selbstbefreienden) Impulse kamen von einer eher materialistisch untermauerten Sozialpsychologie, als da sind Wilhelm Reich und vor allem Herbert Marcuse. Deshalb bin ich in einem zweiten Teil vor allem auf dessen damals viel gelesenen und zitierten Schriften eingegangen.

Ich mag Ihnen kaum zumuten, das ganze Referat zu lesen, weil zum Verständnis oft der damalige Diskussionskontext fehlen mag und man sich in der heutigen Zeit der Theorielosigkeit bzw. eines simplen ökonomistischen Denkens kaum noch in die damaligen Diskurse hineindenken kann. Dennoch, wer sich für das Thema 68er ernsthaft interessiert, mag durch ein Überfliegen des Textes ein besseres Urteil darüber gewinnen, über das, was er in diesem Jahr noch so alles über die 68er lesen können wird oder über die Debatten, die sich um das 40-jährige Jubiläum ranken werden.

Ich habe dieses Referat einfach nur gescannt und bitte die dabei entstandenen technischen und grafischen Probleme nachzusehen, auch die neue Rechtschreibung ist natürlich nicht berücksichtigt. Das Scannen dieses vergilbten Textes war sehr beschwerlich, vor allem die Fußnoten gingen wild durcheinander. Nachdem ich eine Nacht damit zu brachte, sie einzeln nochmals einzutippen, habe ich im zweiten Teil aufgegeben und nur noch einen Generalverweis auf die angegebene Literatur gemacht.
Alle Altklugen bitte ich um Nachsicht für viele auch analytische Unzulänglichkeiten – als ich das Referat erstellte, war ich aber halt erst 24 Jahre alt.

Nun also für interessierte das Referat:


Staatsphilosophisches Seminar SS 1968

“Theorie der konstitutionellen Demokratie“

Prof. Dr Martin Kriele

„Demokratievorstellungen der außerparlamentarischen Opposition“
(Abendroth, Marcuse)

 

Referat vorgelegt von:
Wolfgang L i e b

Matr.Nr. 87 607

(Download: Referat als PDF-Datei [PDF – 336 KB])

 

Gliederung

1 Zum Begriff der außerparlamentarischen Opposition

1.2 Die außerparlamentarische Opposition und die “APO“

2 Kategorisierung der Kräfte

2.1 Die innerparteilichen Oppositionsgruppen
2.2 Die vorparlamentarische Opposition
2.3 Die außerparlamentarische Opposition im engeren Sinne
2.4 Die “Studentische Protestbewegung“
2.5 Verweigerer
2.6 Einzelpersönlichkeiten des öffentlichen Lebens

3 Eingrenzung des Gegenstandes

4 Person und Arbeit Abendroths

4.1 Wissenschaftsbegriff
4.2 Methode der Analyse
4.3 Die kritische Theorie

5 Analyse der ökonomischen Macht

5.1 Monopolisierung der ökonomischen Macht
5.2 Monopolisierte ökonomische als politische Macht
5.3 Verflechtung von Großwirtschaft und öffentlicher Hand
5.4 Entpolitisierung als Folge und Notwendigkeit
5.5 Der Einfluß auf die Parteien
5.6 Folgen für die “formelle Demokratie“
5.7 Die Funktion der Notstandsgesetze
5.8 Verzicht auf die Kritik der Analyse
5.9 Lösung des Widerspruchs

6 Soziale Demokratie im Rahmen der bestehenden Verfassung

6.1 Die Aufhebung der Trennung von Staat und Gesellschaft
6.2 Verbindung zwischen Staats- und Betriebsverfassung
6.3 Sozialismus
6.4 Strukturelle Einheit von Demokratie, Rechts- u. Sozialstaat
6.5 Materielle Gleichheit vor dem Gesetz
6.6 Aufhebung des Klassenkampfes und Pluralismus
6.7 Vermittlung zwischen Staat und Gesellschaft – Kritik und Analyse der Parteien
6.8 Verstärkung plebiszitärer Komponenten
6.9 Demokratische Massenorganisationen

7 Obiter dictum: die Räte-Idee

8 Herbert Marcuse: zur Person

8.1 Hauptwerke

9 Statt einer Einleitung: Marcuses Kritiker

9.1 Marcuses Denken
9.2 Positivismuskritik
9.3 Dialektische Vernunft und kritische Theorie
9.4 Transzendenter Entwurf nicht Utopie
9.5 Vorläufige Abgrenzung zur kritischen Theorie des Marxismus

10 Hauptteil

10.1 Die Koexistenz von Kapitalismus und Kommunismus
10.2 Verdeckung der Widersprüche
10.3 Eingrenzung der Analyse

11 Irrationalität des Ganzen

11.1 Die irrationale Dezision
11.2 Technologische Rationalität und Herrschaft
11.3 Die Irrationalität der bürgerlichen und der fortgeschrittenen
Gesellschaft
11.4 Kreisprozeß der Irrationalität

12. Potantialität: Vollendung der technologischen Rationalität

12.1 Extrapolation: Die Weiterentwicklung des Entfremdungsbegriffs
12.2 Das seinem Dasein einverleibte Subjekt
12.3 Transzendenz des “Reichs der Notwendigkeit“
12.4 Die Kräfte für die transzendente Praxis

13 Totalitäre Herrschaftsform der industriellen Zivilisation

13.1 Totalitäre Demokratie
14 Bedürfniserweckung, ihre Funktion für das System

14.1 Kreisprozeß von Bedürfnis und Bedürfniserweckung

15 Pealitätsprinzip als Ausdruck ‘natürlicher Unterdrückung“

15.1 Die “zusätzliche Unterdrückung“
15.2 Kreisprozeß der Unterdrückung
15.3 Notwendigkeit der Manipulation
15.4 Leistungsprinzip als Realitätsprinzip
15.5 Potentialität: Sieg des Lust- über das Leistungsprinzip

16 Vision einer Kultur ohne Unterdrückung

16.1 Freiheit in der Realität
16.2 Extrapolation: Der Widerspruch zur Kulturtheorie Freuds
16.3 Die neue Idee der Kultur

17 Das Gelingen als Bedingung des Gelingens – Versuch einer immanenten Kritik

18 Die “Große Weigerung“

18.1 Aussichten der Opposition 28

19 Die demokratische erzieherische Diktatur freier Menschen

20 Bibliogrphien

 

1. Zum Begriff der außerparlamentarischen Opposition:

Opposition von Einzelpersonen oder Gruppen und Vereinigungen gegen Träger politischer, wirtschaftlicher und sozialer Macht hat es gegeben und wird es immer geben, solange in einer Gesellschaft Menschen Macht über andere Menschen ausüben. In der parlamentarischen Demokratie ist die Möglichkeit der Opposition einmal im Parlament selbst institutionalisiert, Opposition wird aber auch im außerparlamentarischen, also gesellschaftlichen Bereich betrieben. Parlamentarische und außerparlamentarische gesellschaftliche Opposition stehen zwar in einer bestimmten Beziehung zueinander bestehen aber grundsätzlich unabhängig voneinander.

1.2 Die außerparlamentarische Opposition und die „APO“:

Die gesellschaftliche Opposition, die weiterhin besteht, unterscheidet sich aber wesentlich von der Sammelbewegung einer so bezeichneten und sich selbst so nennenden “außerparlamentarischen Opposition“ (APO). Die APO sieht sich in ihrem Rollenverständnis nicht unabhängig von der parlamentarischen Opposition, sondern in der Verlängerung zu dieser und, sofern diese nicht mehr vorhanden ist, als deren Ersatz.1 Die APO sieht wie die parlamentarische Opposition ihre Funktion in der unmittelbaren Kontrolle der Regierenden durch die Regierten1 und im Aufzeigen einer Alternative zur Politik der Regierung, als auch des Parlaments, soweit diese Aufgabe nicht mehr durch die parlamentarische Opposition erfüllt wird.

Die Sammelbezeichnung APO ist aber bei diesem beschriebenen Rollenverständnis nur dann gerechtfertigt, wenn bei Teilnehmern dieser Sammelbewegung ein derartiges Rollenbewußtsein vorhanden ist, und wenn dieses Bewußtsein auch in der gemeinsamen Artikulation der oppositionellen Politik ihren Ausdruck findet.
Es müssen also gemeinsame Ziele vorhanden sein, die planmäßig verfolgt werden um eine Veränderung der derzeitigen Politik zu erreichen.

Mißt man die APO an diesen Kriterien, so läßt sich feststellen, daß außerhalb der politischen Bandbreite des Parlaments ein politisches “Kraftfeld“2 mit zwar differierenden Vektoren besteht, deren Resultierende sich aber zumindest von ihren Zielpunkten her bestimmen läßt. Es besteht Einigkeit im Widerspruch und damit in der Opposition; einer Opposition die politisch nicht im Parlament integriert ist.

Was anfänglich nur ein “untergründiges Unbehagen, ein latentes oder auch offenes Mißtrauen gegenüber allem was zum sog. establishment gehört“3 war, konkretisiert und aktualisiert sich mehr und mehr an zeitpolitischen Einzelerscheinungen, bei denen sich eine Konvergenz der Kritik aus jeweils verschiedener weltanschaulicher Basis und theoretischer Sicht ergibt, die anfänglich spontan, mehr und mehr aber kooperativ und planmäßig in eine „Strategie der direkten Aktion“4 mündet.

2 Kategorisierung der Kräfte:

Innerhalb dieser Sammelbewegung APO lassen sich verschiedene Gruppen, Vereinigungen und informelle Sammelbewegungen kategorisieren. Als Zuordnungskriterien sollen theoretische und ideologische Ausgangsbasis und von daher bestimmte politische Stoßrichtung und Organisationsform dienen.

2.1

Die innerparteilichen Oppositionsgruppen, die in prinzipieller Opposition zur Politik der Parteispitzen stehen, als da sind: SHB, LSD, Gewerkschaftliche Arbeitskreise innerhalb der SPD, Teile der Jungsozialisten (Js), Teile der Jungdemokraten (DJD) und Teile der Jungen Union.

2.2

Die vorparlamentarische Opposition; darunter fallen sozialistische Gruppen, deren oppositionelle Haltung ideologisch bedingt ist, und die Anstrengungen unternehmen aus den versprengten Resten der Arbeiterbewegung, der sozialistischen Jugend, den Studenten5 und Professoren eine neue linke Partei zu bilden.6 (Was übrigens nicht die neu gegründete DKP ist.)

Dazu gehören: Der Sozialistische Bund (SB), Vereinigung unabhängiger Sozialisten (VUS), Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Opposition (Marburg), Teile des SDS (Köln, München, Marburg), Deutsche Friedensunion (DFU). Alle diese Organisationen haben sich unter einem Dachverband, dem Sozialistischen Zentrum, zusammengefunden.

Weitere Parteigründungen und -gründungsversuche:
Initiativausschuß zur Wiederzulassung der KP;
Demokratische Linke (DL) in Baden—Württemberg ab November 1967, Giessener Wahlbündnis.

2.3 Die außerparlamentarische Opposition im engeren Sinne:

a) Gruppierungen, die unfreiwillig zu ‘Außerparlamentariern‘ wurden, wie etwa der von der SPD verstoßene SDS und dessen Fördererorganisation, der Sozialistische Bund (SB)

b) Kräfte die freiwillig im vorparlamentarischen Raum zur Willensbildung innerhalb der Gesellschaft beitragen wollen.

Dazu gehören:
Die Republikanischen Clubs (RC), der Fränkische Kreis, die Humanistische Union (HU), u.a.
als Sammelbewegungen: Das Kuratorium Notstand der Demokratie, Die Kampagne für Abrüstung und Demokratie (KfA) und andere mehr

2.4

Die “Studentische Protestbewegung“7 oder demokratische Gegenbewegung, die antiautoritär8 antirepressiv und radikaldemokratisch9 wirken will. Sie stellt eine „formal lockere, inhaltlich einheitliche, öffentlich arbeitende Organisation“ dar, die sich primär mit politischer Agitation beschäftigt.10 Sie strebt die Politisierung der jeweils “temporär schwächsten Glieder des Systems“ an, von der Universität über die Schüler bis hinein in die Betriebe.11

Ihr gehören Teile des SDS (vor allem in Berlin und Frankfurt), die Sozialistischen Schülerbünde (AUSS) und andere informelle Gruppierungen an.

2.5

Gruppen und Grüppchen, die sich der mehr oder weniger “bestimmten“ Weigerung verschrieben haben, nämlich Provos, Hippies, Kommunarden u.a.

2.6

Neben diesen Gruppen und informellen Sammelbewegungen werden noch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unter Ausnutzung der ihnen von der Gesellschaft zugestandenen Autorität im Sinne der APO tätig.
Die Formen der politischen Betätigung der einzelnen Gruppierungen können in diesem Rahmen nicht erörtert werden.

3 Eingrenzung des Gegenstandes:

Wenngleich Abendroths und Marcuses Gedanken in allen Gruppierungen der APO auftauchen, so sind Abendroths Demokratie- und Gesellschaftsvorstellungen besonders dominant innerhalb der “vorparlamentarischen Opposition“. Marcuses Einfluß ist insbesondere in der “Studentischen Protestbewegung“ vorzufinden.

Exakte Belege für dies Zuordnung können hier nicht gegeben werden. Vielleicht ist es jedoch ausreichend festzustellen, daß Abendroth die Konzeption des “Sozialistischen Zentrums“ entwickelt hat.12
Für die “Studentische Protestbewegung“ können genaue Zuordnungungskriterien schon aus Gründen der Struktur dieser Bewegung nicht geliefert werden. Es handelt sich hier um “dezentralisierte Aktions- und Diskussionszentren“, die sich in einer ständigen Mobilität ihrer theoretischen Ansätze befinden. Nachweisbar ist jedoch, daß zumindest das Vokabular und die Aktionsformen, vor allem die Psychoanalytischen Begriffe von Marcuse stark beeinflusst sind.13
Nur für diese beiden Kategorien der APO. sind die darzulegenden Demokratievorstellungen von Wolfgang Abendroth und Herbert Marcuse mehr oder weniger verbindlich.

4. Person und Arbeit Abendroths:

Abendroths (inskünftig A) Abhandlungen sind Arbeiten eines Wissenschaftlers, der sowohl als Politologe (gemäß seinem gegenwärtigen Lehramt in Marburg) als auch als Jurist (durch seine wissenschaftliche Herkunft) in bewußter Unterscheidung der Methoden, die sich aus den beiden Wissenschaftszweigen ergeben, Stellung bezieht.

4.1

A grenzt sich scharf vom Positivismus ab, dem er vorwirft durch den Verzicht auf jedwede politische Theorie, sich stets mit der Realität zu identifizieren und sie zu rechtfertigen.14 Er begreift seine politische Wissenschaft als politische Soziologie15 weil politisches Verhalten soziales Verhalten sei. Das politische Grundproblem wird bei A auf das Problem der Herrschaft, auf Machterhaltung und Machtausübung, reduziert.16 Politische Soziologie habe die Praxis zum Gegenstand und sei damit notwendig Subjekt des politischen Prozesses.

Damit verzichtet A bewußt auf die Fiktion der Objektivität und Neutralität. Dies aber nur deshalb, um eine maximale Annäherung an objektive Erkenntnis zu erreichen, die erst dadurch ermöglicht würde, daß geistige Arbeit an der Erfassung der Grundstrukturen des politischen Prozesses, stets neu kritisch überprüft und an der Praxis gemessen werden könne. Sein Thema ist nicht so sehr die “kritische Gesellschaftstheorie“, als vielmehr die Entwicklung der Arbeiterbewegung und ihre Selbstverständigung in dieser Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus. Der größte Teil seiner über 300 Veröffentlichungen ist diesem Problemkreis zuordenbar. Die Arbeiterbewegung als wissenschaftlicher Gegenstand ließ ihn nicht in der Abstraktion der Dialektik verharren, sondern zwang ihn zu einer gegenständlichen positiven Darstellung der bestehenden Negativität der Wirklichkeit.
A ist am 2. Mai 1906 in Elberfeld geboren. Er gehört zu den wenigen sozialistischen Wissenschaftlern, die im Widerstand gegen den Faschismus überlebten und der stalinistischen Diktatur entkamen ohne geistig zu zerbrechen,

4.2 Methode der Analyse:

Die Analyse des kapitalistischen Produktionsprozesses, seiner Gesetzlichkeiten und Widersprüche bleibt für A der zentrale Ausgangspunkt eines jeden Versuches das gegenwärtige geschichtliche Geschehen zu bestimmen.17 Zwar gibt A zu, daß die Strukturen der gegenwärtigen spätkapitalistischen Gesellschaft des Westens in vielen Punkten gegenüber den Strukturen jener Gesellschaft auf deren Boden die Analysen von Karl Marx und Friedrich Engels entstanden sind, verändert sind. Die Grundprobleme seien jedoch dieselben geblieben. Es müßten nur neue Gegebenheiten mit dieser Methode bewältigt werden.

4.3 Die kritische Theorie:

Die kritische Theorie bleibt A weiter Hilfsmittel zum Verständnis und zur Anleitung einer politisch sozialen Praxis. Eine Theorie, die die Gesellschaft im Lichte ihrer genutzten und ungenutzten oder mißbrauchten Kapazitäten analysiert. Sie untersucht die Wurzeln der Entwicklung und weist geschichtliche Alternativen und die Praxis auf, die den unterdrückten Schichten deren Überleitung in eine Gesellschaft der Zukunft möglich macht, in der der gesellschaftlich tätige Mensch seine Geschichte selbst bewußt gestaltet und damit zu seiner Freiheit findet18
A`s Ziel ist also weiterhin die “klassenlose Gesellschaft“, in der nicht mehr Sonderinteressen ökonomisch privilegierter Gruppen einer allseitigen Demokratisierung der Gesellschaft entgegenstehen würden.

5 Analyse der ökonomischen Macht:

A bezeichnet die These von der “klassenlosen Mittelstandsgesellschaft“ als Legende.19 Die sozialen Interessengegensätze seien keine Frage des Konsumanteils, sondern vor allem eine Frage der Verfügungsgewalt über die “Kommandohöhen“ der Gesellschaft.20
Das Eigentum an den Produktionsmitteln, die selbst nur durch kollektive Arbeit vieler Arbeitnehmer betätigt werden können, verleihe den jeweiligen Inhabern die ökonomische Macht über andere Menschen. Nämlich:

erstens, als Kommandogewalt über die Arbeitnehmer, die dieser wirtschaftliche Befehlsgewalt unterstellt sind
zweitens, als wirtschaftliche Herrschaftsgewalt über die Konsumenten, der mit diesen Produktionsmitteln erzeugten Güter. Durch die Manipulation der Persönlichkeit mittels des Reklameapparates sei das Individuum dem Produktionsbedürfnis des Kapitals ausgeliefert.21

5.1 Monopolisierung der ökonomischen Macht:

In den kapitalistischen Ländern habe die wirtschaftliche Entwicklung mit innerer Gesetzmäßigkeit die Großunternehmungen erstarken lassen.22 Das Kapital habe die Masse der Produzenten, die große Mehrheit der Erwerbstätigen vom Eigentum an den Produktionsmitteln getrennt und sie in Arbeitnehmer verwandelt, deren einzige Einkommensquelle weiterhin die Veräußerung ihrer Arbeitskraft an die Inhaber wirtschaftlicher Verfügungsgewalt bilde Der Kapitalbesitz sei auch noch in der hoch entwickelten von Managern gesteuerten Wirtschaft dispositionsentscheidend.23 Der Konzentrationsprozeß vereinigte Industrie, Handels- und Bankkapital zu monopolistischen Blöcken. Diese Monopole seien so stark, daß von ihren Sonderinteressen auf Erweiterung ihres Profites und damit verbunden die Vermehrung ihrer ökonomischen Macht das volkswirtschaftliche Gesamtinteresse bestimmt würde.

5.2 Monopolisierte ökonomische Macht, als politische Macht:

Der gesamte volkswirtschaftliche Prozeß sei damit jeglicher demokratischen Kontrolle entzogen. Die ganze Gesellschaft lebe in der Abhängigkeit jener Partikularinteressen. Die wirtschaftliche Machposition schlage in einer politisch nur formal verstandenen Demokratie in politische Macht um.24

5.3 Verflechtung von Großwirtschaft und öffentlicher Hand:

Die gigantischen Entwicklungskosten der neueren Produktionsmethoden, der Automation, der Verwertung der Atomenergie, der elektronischen Datenverarbeitung würden die Investitionskapazität einzelner Unternehmen, die vom freien Markt abhängig sind, übersteigen. Derartige Investitionskosten könnten nur – durch langfristige Massenaufträge abgesichert – riskiert werden. Der einzig denkbare Auftraggeber von derartiger Größenordnung ist aber der Staat, der einen ständig wachsenden Anteil des Sozialprodukts in Anspruch nimmt. Er ist damit in der Lage die Rüstungswirtschaft, Raumfahrtindustrie und .Luftfahrttechnik durch Aufträge in einem Umfang zu finanzieren, wie sie von der Konsumseite nie möglich, geschweige denn kalkulierbar wären. Durch diese Abhängigkeit von den Dispositionen des Staates sei es für die Großindustrie existenznotwendig geworden auf die Entscheidungen des Staates in stärkstem Maße Einfluß zu nehmen.25 Dies habe zu einer “privaten Mobilisierung der staatlichen Macht“ zugunsten der eigenen Sonderinteressen geführt.26 Wiederum ohne die geringste demokratische Legitimation.27

5.4 Entpolitisierung als Folge und Notwendigkeit:

Wer in dir Weise ständig auf den Staat mit gegenüber der Öffentlichkeit verhüllten Motiven und verschleierter Zielsetzung einwirke, sei darauf angewiesen, daß diese Öffentlichkeit möglichst an diesen Fragen uninteressiert bleibt. Dies geschieht am besten mit einer Entpolitisierung der breiten Massen, diese sei jedoch gerade di. unmittelbare Folge der geheimen Ledertürenpolitik, oder aber geschieht es direkt, durch Kontrolle der Bildung der ‘öffentlichen Meinung, durch Beherrschung der Presse.28

5.5 Der Einfluß auf die Parteien:

Auch die Parteien seien unter den demokratisch nicht legitimierten Einfluß des Kapitals geraten. So wurden in handfesterweise die Wahlfeldzüge der Adenauer-Koalition 1953 und 1957 finanziert oder es wurden durch ständige Spendenfinanzierungen diejenigen Parteien unterstützt, die nicht in den Verdacht geraten konnten Arbeitnehmerinteressen in vordringlichem Maße zu vertreten.29

5.6 Folgen für die “formelle Demokratie“:

Bei dieser Grundsituation gerate die formell demokratische Organisation der politischen Gewalt immer wieder mit der autokratischen Struktur der ökonomischen Basis der Gesellschaft in Konflikt. Die während einer Periode der Hochkonjunktur leicht erlangbare Akklamation des Volkes für das politische und ökonomische Machtsystem, wird schwieriger werden im Augenblick einer Rezession oder einer Krise verbunden mit Erwerbslosigkeit, z.B. durch Rationalisierung und Automation.30
Die Unternehmer, die dank der bestehenden Lage im gesellschaftlichen Leben über fremde Arbeitskraft verfügen und damit deren gleichberechtigte Teilnahme an der wirtschaftlichen und sozialen Willensbildung verhindern können, werden immer dazu neigen, alles zu tun, um ihre Machtposition erhalten zu können. Sie würden auch die politische Demokratie beseitigen, sobald diese zum Mittel der Aufhebung ihrer Vorrechte werden könnte. Dies sei die historische Erfahrung.31
Als 1929 die Wirtschaftskrise nach Deutschland vordrang sei ebenfalls das parlamentarisch demokratische System gesprengt worden und dann im hintergründigem Zusammenwirken von Wirtschaftsführern, Armee und nationalsozialistischer Partei der Weg zur Diktatur geebnet worden.32 Geraten in Krisensituationen die Massen in Bewegung, so würden die Inhaber nicht demokratisch legitimierbarer ökonomischer Macht stets dazu neigen, die demokratische Organisation des poltischen Gemeinwesens aufzuheben33 so in Italien 1922, in Deutschland 1933, in Österreich 1934 und in Spanien 1934.

5.7 Die Funktion der Notstandsgesetze:

Im Hintergrund dieser Analyse ordnet A auch die Notstandsgesetzgebung ein. Es sollen hiermit noch in einer bestehenden Konjunkturperiode bereits die “Juristischen“ Voraussetzungen dafür geschaffen werden, um von der Konjunkturperiode und ihrem politischen System“ zu einem autoritären während der Krise übergehen zu können34

5.8 Verzicht auf die Kritik dieser Analyse:

Eine Kritik dieser Analyse kann in diesem Rahmen nicht geleistet werden. Dazu nur soviel: A muß selbst die sich ständig wiederholende Kapitulation der Theorie vor der nicht mehr als “Prozeß verstandenen Praxis“ eingestehen.35

5.9 Lösung des Widerspruchs:

Diee Analyse bringt A zu der These, daß formale Demokratie im Kapitalismus in ständiger Gefahr sei,36 und nur die soziale Demokratie die Demokratie wirklich garantiere.37 Der innere Widerspruch des bloß formaldemokratischen Staates in der liberal-kapitalistischen Gesellschaft könne nur in zwei Richtungen seine Lösung finden38:

1. entweder erweitere sich die “formale Demokratie der staatlichen Organisation zur sozialen der Gesellschaft und entfaltet dadurch ihr eigenes Wesen“, die gesellschaftliche Produktion wird der Zufälligkeit der privaten Disposition kleiner Gruppen entzogen und der gemeinsamen Kontrolle aller am gemeinschaftlichen Produktionsprozeß beteiligten Glieder der Gesellschaft 39

2. oder aber, die große Masse der Glieder der Gesellschaft bleibe der privaten Gewalt der wirtschaftlichen Machtträger unterworfen, bei ständiger Gefährdung der demokratischen Form der politischen Organisation des Staates, wobei sich am Ende die Demokratie selbst ausschließe.40

6. Soziale Demokratie im Rahmen der bestehenden Verfassung:

A entwickelt seine Vorstellungen von der sozialen Demokratie verfassungsimmanent aus Art. 20, 28 GG. Das GG habe im Kompromiß des Art. 20 Abs.1 keine Entscheidung über die streitenden Sozialphilosophien getroffen. Alle inhaltlichen Aussagen von Verfassungsrechtlern über die Tragweite des Sozialstaatsgedankens seien daher keine juristischen, sondern würden nur Bekenntnisse ihrer jeweiligen politischen Philosophie darstellen.41
Dieser Annahme folgend, soll hier nicht auf die Vereinbarkeit A‘s sozialer Demokratie mit der herrschenden Meinung und Rechtsprechung eingegangen werden.

6.1 Die Aufhebung der Trennung von Staat und Gesellschaft:

Zwar habe das GG das spätkapitalistische Wirtschaftsystem mit wenigen Veränderungen bestehen lassen, es habe aber auch die Chance garantiert, mit gesetzlichen Mitteln, ohne GG-veränderungen, durch die Legislative die bestehende in eine sozialistische Gesellschaft zu verwandeln.42 Durch das Bekenntnis des GG zum sozialen Rechtsstaat, sei die bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht mehr vorgegeben für den Staat, sondern Gegenstand seiner Gestaltung.43Die existente – faktisch liberal-kapitalistische – Sozialordnung würde vom GG nicht mehr als die einzig richtige anerkannt.44 Die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sei der Gestaltung durch diejenigen Staatsorgane unterworfen, in denen sich die demokratische Selbstbestimmung des Volkes repräsentiert. Die Aufrechterhaltung der Trennung von Staat und Gesellschaft sei zur Ideologie geworden, die nur dazu
diente die “private Mobilisierung der staatlichen Macht“ von Seiten der Wirtschaft zu verschleiern (s.o.)45

6.2 Verbindung zwischen Staate- und Betriebsverfassung:

Der demokratische Gedanke müsse in rechtsstaatlicher Weise in die Wirtschafts- und Sozialordnung projiziert werden, da der Betriebsuntertan kein politisch gleichberechtigter Staatsbürger sei.46 Diese Halbheit der Verfassung dürfe nicht aufrechterhalten bleiben. Diejenigen, die mit den Produktionsmitteln arbeiten, müßten auch über den Produktionsprozeß mitbestimmen, wenn nicht der Grundgedanke der Demokratie, die Selbstverwirklichung des gesellschaftlich lebenden und produzierenden Menschen von vorneherein preisgegeben werden soll.47 Das Geschick des Einzelnen entscheide sich keineswegs nur im Staate, vielmehr müsse die Demokratisierung des Staates dahin drängen, sich in allseitige Selbstverwaltung zu verwandeln und jedes Unterwerfungs- und Herrschaftsverhältnis aufzulösen.48 Es bestehe daher ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Betriebs-und Staatsverfassung?

6.3

Sozialismus sei nichts anderes “als die allseitige Verwirklichung dieses Gedankens der Demokratie, der aus einem System politischer Spielregeln zum inhaltlichen Prinzip der gesamten Gesellschaft, zur sozialen Demokratie erweitert wird“.49

6.4 Strukturelle Einheit von Demokratie, Rechts- und Sozialstaat:

Sozial—und Rechtsstaat stellten keine Antithese dar50, es werd, nur der demokratische Rechtsstaatsgedanken mit sozialem Inhalt gefüllt51. Solange nicht alle drei Prinzipien erfüllt sind, blieben sowohl Demokratie als auch Rechts- und Sozialstaat im Falle einer sozialen Krise gleichmäßig in Frage gestellt52.

6.5 Materielle Gleichheit vor dem Gesetz:

Dadurch, daß der Gleichheitssatz auch im Verhältnis der sozialen Gruppen erfüllt würde, wäre die individuelle materielle Gleichheit vor dem Gesetz erst gewährleistet53, denn durch die indirekte wirtschaftliche Macht im formal demokratischen Staat würde die freie Entscheidung des einzelnen notwendig beengt.

6.6 Aufhebung des Klassenkampfes und Pluralismus:

Tendenziell sollte durch Art. 20 GG der Klassenkampf durch Aufhebung der Klassen beendet werden54, Art. 20 GG sei ein Transformator zur rechtsstaatlichen sozialen Demokratie mit friedlichen, d.h.- nicht-revolutionären Mitteln55.
Die Gedankenwelt des sozialen (und politischen) Pluralismus sei keine Rechtfertigung für die Klassenherrschaft. Viel eher hebe die gegenseitige Anpassung der Parteien und die dadurch bedingte Aufhebung politischer Alternativen, ja des Politischen überhaupt, diesen Pluralismus auf56als die Teilnahme aller sozialen Gruppen mit den Methoden der demokratischen
Willensbildung auch in der Wirtschaft und Gesellschaft57

6.7 Vermittlung zwischen Staat und Gesellschaft — Kritik und Analyse der Parteien:

Parlamentarismus und Demokratie seien nicht dasselbe58. Für A sind die wesentlichen demokratischen Integrationsmittel des parlamentarischen Systems die Parteien, weil durch sie die Willensbildung der Bürger in der Massendemokratie ins Parlament vermittelt würde59. In den bestehenden Parteien hätten sich jedoch die Parteiführungsstäbe weitgehend von der Beteiligung ihrer Mitglieder an der Entscheidung über die politische Linie emanzipiert60. Bei den sog. Honoratiorenparteien war dieses Problem von vorneherein nie besonders relevant. Durch personalpolitisch ausgerichtete Wahlkämpfe in Form von Reklameschlachten61, statt durch das Angebot alternativer Regierungsprogramme würde die demokratisch rationale und daher allein
dem politischen System der Demokratie adäquate Meinungsbildung der Wähler preisgegeben62. Dadurch kann auch die Politik der Gewählten unabhängig vom Willen des Wählers bleiben, die im Parlament vertretenen Parteien würden frei von Einflüssen durch das Volk63 ‚ und können sich mit ökonomischen Machtgruppen vereinigenl64. Durch finanzielle Abhängigkeit, die der Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit entzogen seien — noch immer fehle ein Parteiengesetz — habe sich die Überfremdung und Entdemokratisierung vervollständigt. In der Hand dieser Parteien sei das parlamentarische System, trotz formell demokratischen Wahlrechts zu einer Form entartet, die keinen demokratischen Integrationswert mehr besitzt65 Eine Vermittlung zwischen Gesellschaft und Staat finde nicht mehr statt. Von Demokratie könne dann nicht mehr die Rede sein, wenn das “Volk auf die Befugnis beschränkt wird ihm gegenüber völlig unabhängig “Repräsentanten“ zu wählen, denen es, sind sie einmal bestellt in völliger Passivität die Willensbildung überläßt66Die Wahl reduziert sich auf die Akklamation der zurückliegenden Entscheidungen.

6.8 Verstärkung plebiszitärer Komponenten:

A sieht die Möglichkeit einer Korrektur der Erstarrung des Parteiensystems in der Verstärkung plebiszitärer Komponenten. Das Plebiszit sei durch eine GG-Änderung einführbar, da sich das GG nicht ausschließlich für eine repräsentative Demokratie entschieden habe67.
Da Demokratie darauf gerichtet sei, die Identität von Regierenden und Regierten herzustellen, bedürfe die Willensbildung der Bürger der permanenten Vermittlung zum Parlament, wo diese repräsentiert werden, durch das Medium der Parteien. A grenzt sich hier von den Theorien des, imperativen und hypothetischen Mandats ab, indem er ein permanentes Plebiszit vermittelt durch die Parteien fordert. Nur durch die Abgeordneten, die sich als Ausdruck ihrer Partei und dadurch ihrer Wähler im Parlament empfinden, sei das Parlament in eine demokratische Vertretung des Volkes verwandelt.

6.9 Demokratische Massenorganisationen:

Die Meinungs- und Willensbildung der Bürger eines demokratisch organisierten Staates fände in Organisationen statt, die an die unmittelbaren Interessen der Bürger anknüpften, den demokratischen Massenorganisationen. Da der Staat in den Interessenbereich der sozialen Gruppen eingreife, müsse er es auch als legitim anerkennen, daß diese soziale Gruppen auch auf die staatliche Gestaltung einwirken wollten. Dieser Einwirkungsprozeß müsse aber öffentlich sein und nicht, wie es derzeit geschieht, durch unmittelbare Einflußnahme auf Exekutive und Parlament.

7. Obiter dictum: die Räte-Idee

A lehnt die Räte-Idee ab, da die Möglichkeit zur realen Demokratisierung in den formell demokratisch parlamentarischen Staaten besser gegeben sei68

8 Herbert Marcuse: Zur Person

Herbert Marcuse wurde am 19. Juli 1998 in Berlin geboren. Er studierte von 1919 bis 1922 in Berlin und Freiburg, promovierte und diente einem kleinen Berliner Verlag als Lektor. 1927 kehrte er nach Freiburg zurück und wurde Assistent von Heidegger. Marcuse wandte sich aber bald von seinem Lehrer und damit vom Existenzialismus ab und beteiligte sich an der philosophischen Entdeckung des Marxismus. Später verband er sich mit den Ideen Sigmund Freuds. Er wollte bei Horkheimer habilitieren, die Machtübernahme Hitlers verhinderte dies Mit Horkheimers “Institut für Sozialforschung“ floh Marcuse zunächst nach Genf und 1934, zusammen mit Adorno, nach New—York.
Während des Krieges war er zunächst politischer “Researcher“ beim Washingtoner Office of Strategic Services, später beim State Department. 1954 berief ihn die Brandeis University, Waltham(Mass.) als Professor für Politikwissenschaft. Seit 1965 ist er Professor an der University of California und Honorarprofessor an der FU—Berlin.

8.1

Hauptwerke: Hegels Ontologie und die Grundlegung einer Theorie der Geschichtlichkeit (1932); “Reason and Revolution“ Hegel an the Rise of Social Theory (1941) (deutsch:“Vernunft und Revolution 1962);“Eros and Civilisation‘t (1955) (deutsch:“Triebstruktur und Gesellschaft“); “Sovjet Marxism“ (1958) (deutsch: Gesellschaftslehre des sowjetischen Marxismus, 1964), “One-dimensional Man“ (1964) (deutsch: Der eindimensionale Mensch 1967); Kultur und Gesellschaft I und II (1965); “Repressive Toleranz“ (1965).

Marcuse ist ein, wie er selbst sagte, und sentimentaler Romantiker“69 . Er teilt die endzeitliche Hoffnung Marxens auf ein “Reich der Freiheit“, ein “befriedetes Dasein“.
Aus seinen Werken spricht ein intellektuelles Aufbäumen gegen die Entwicklung der Gesellschaft in Richtung auf ‘1984“, in der der Fortschritt den Menschen auffrißt. So “utopisch“ seine Vorstellungen auch erscheinen mögen, scheinen sie mir doch den Gegenpol zu der Weit der Zukunft darzustellen, wie sie Orwell, Wells, Huxley aufgezeichnet haben.

9 Statt einer Einleitung:

Marcuse (M) wird von seinen mehr oder weniger adäquaten Kritikern vorgeworfen, er treibe “irrationale Spekulationen“ die am Menschen vorbeigingen70, er würde im “Namen der Menschlichkeit die Menschen unbeschreiblich erniedrigen71, seine Revolution ziele ins Unberechenbarel72, seine Sozialphilosophie trage “prä—marxistischen Charakter“73 ‚ aus seinen Werken spreche das alte illusionäre Anrennen gegen die notwendig heute verzweigte Technik, Verwaltung und Staatsapparaturl74, sie stellten die “moralische Empörung darüber dar, daß die Geschichte anders verlaufen ist“75.
Diese kritischen Stimmen lassen es auch in diesem Rahmen angebracht erscheinen Narcuses Denken vorweg grob zu skizzieren.

(Redaktionelle Anmerkung: Ab hier werden keine Fußnoten mehr ausgewiesen, die zugrunde liegenden Schriften von Marcuse ergeben sich aus dem Literaturverzeichnis)

9.1 Zu Marcuses Denken:

Der dialektische Satz Ernst Blochs, “Das was ist, kann nicht wahr sein“ und dessen Gegenthese “Was wirklich ist, das ist vernünftig“, macht die Kluft zwischen der dialektischen Vernunft Marcuses und der analytischen Vernunft jener Wissenschaften deutlich, die sich unter dem Oberbegriff Positivismus zusammenfassen lassen. Marcuse bezieht eine klare Position, wenn er die Positivisten als Jasager des Bestehenden abstempelt und nur dem “negativen Denken“ sozialkritische Relevanz zuspricht.

9.2 Positivismuskritik:

Die Rationalität der empirischen Sozialwissenschaften sei eine reduzierte, weil sie die Entscheidung für die analytische Vernunft nicht in ihre Rationalität mit einbeziehe. ie bestehenden Gesellschaftsstrukturen seien selbst gar nicht mehr der Gegenstand ihrer kritischen Analyse,Theorie und Praxis würden nur mit den bestehenden Tatsachen in Übereinstimmung gebracht, ohne daß für die begriffliche Kritik der Tatsachen selbst noch Raum bliebe. Das Erkennen der Tatsachen sei Anerkennen der Tatsachen. Dadurch hätten diese Wissenschaften eine politische und eine ideologische Funktion: Ihre Ergebnisse münden in Methoden verbesserter sozialer Kontrolle im bestehenden Gesellschaftssystem, ihre Funktion Sei eine therapeutische, nämlich die Anpassung des Individuums an die gegebene Gesellschaft Indem sich der, angeblich objektive, Positivismus total den gegebenen Tatsachen unterwirft stelle er die akademische Legitimation für das gesellschaftlich erforderte „eindimensionale Denken“ dar.

9.3 Dialektische Vernunft und kritische Theorie:

Dagegen stellt Marcuse die dialektische Vernunft. Die Anerkennung der Tatsachen ist hier Kritik der Tatsachen. Anknüpfend an den Platon der späteren Dialoge und an Aristoteles, sind für ihn Seinsweisen Weisen der Bewegung – Sein ist unvollkommene Verwirklichung und damit dem Wandel unterworfen. Sein ist von Negativität durchdrungen, seine Aktualität beinhaltet eine neue Potentialität. Während aber Platon den ontologischen Sachverhalt einer Gesellschaft unreflektiert läßt, damit aber nur absolute Wahrheitsbegriffe, abstrakte allgemeine Formen der Objektivität denkt, die über die geschichtliche Wirklichkeit erhoben werden, relativiert Marcuse sein “wahres“ Wertsystem historisch-gesellschaftlich, d.h. auf den jeweiligen Entwicklungsstand von Möglichkeiten der Verwirklichung. Die bestehende Basis überlebt in ihrer Negation und schränkt die Möglichkeiten der neuen Position ein. Wie Hegel zieht Marcuse die Geschichte mit in die Philosophie hinein; während aber in Hegels System alle Kategorien in die bestehende Ordnung ein münden – wie bei Aristoteles erscheint ihm die höchste Form der Vernunft und Freiheit als Geist -‚ übernimmt Marcuse die Marxschen Kategorien, die sich auf die Negation dieser Ordnung beziehen und gleichzeitig eine Veränderung dieser Ordnung herbeiführen sollen. Da das Denken keine Macht hat einen Wandel herbeizuführen, muß das Verhältnis zwischen Denksystem und Sein von einem philosophischen Problem zu einem der gesellschaftlichen Praxis gemacht werden. Der Konflikt zwischen Sein und Sollen kann immer nur nach den vorliegenden Kräften und Fähigkeiten der Gesellschaft gelöst werden. Die “bestimmte Negation“ – bestimmt nach den realen Möglichkeiten – schließt ihre Überwindung mit ein, durch Negation der Negativität. Die dialektische Definition der Tatsachen, definiert diese in der Bewegung, in dem sie von dem was sie nicht sind, übergeht zu den was sie sind. Die kritische Theorie untersucht die Gesellschaft nach ihren ungenutzten oder mißbrauchten Kapazitäten, hierin liegt ihre “Zweidimensionalität“.

9.4 Transzendenter Entwurf nicht Utopie:

Derartiges Denken nimmt keine unmittelbare Faktizität an, es ist notwendig transzendent. Diese Transzendenz ist aber eine geschichtliche, d.h. sie bezeichnet Möglichkeiten in Theorie und Praxis, die über das Bestehende “hinausschießen“, die sich aber im Bereich der empirisch bestimmbaren Möglichkeiten der jeweiligen Gesellschaft befinden.
Der transzendente Entwurf unterscheidet sich von der Utopie, daß diesem wissenschaftlich als auch physisch nichts entgegensteht.

9.5 Vorläufige Abgrenzung zur kritischen Theorie des Marxismus:

Die Abgrenzung ergibt sich schon aus der historischen Weiterentwicklung des Kaptialismus und der dadurch bedingten Veränderung der konkreten Gegebenheiten. Marxens Idee des Sozialismus, die sich auf eine frühere Stufe der Entwicklung der Produktivkräfte bezieht, stelle noch nicht Jene ‘bestimmte“ Negation des Kapitalismus dar, die sie heute darstellen könne. Die begriffe “Entfremdung“, Subjekt der Revolution“, “Verelendung“ müßten nicht abgelegt werden, sondern weiterentwickelt werden. Diese Weiterentwicklung ist in jeder kritischen Theorie selbst angelegt.
Wie Marcuse die Begriffe weiterentwickelt hat, wird im Hauptteil zu zeigen sein.

10 Hauptteil:

10.1 Die Koexistenz von Kapitalismus und Kommunismus:

Die Koexistenz von Kapitalismus und Kommunismus habe zu einer fundamentalen Transformation des Kapitalismus geführt. Da der Kapitalismus des Westens vor einer geistigen Auseinandersetzung zurückscheue, müsse der Wettbewerb auf ökonomische Ebene verlagert werden. Der Kommunismus zum äußeren Feind abgestempelt, habe im inneren die Möglichkeiten geboten, die Kräfte zusammenzufassen; er wurde zum “Motor“ einer noch nie erreichten Produktivität. Die Produktivität als Ausfluß der technologischen Rationalität sei zum tagtäglichen handfesten Beweis für die Überlegenheit gegenüber der Gesellschaftstheorie der sozialistischen Länder geworden.

10.2 Verdeckung der Widersprüche:

Auf Grund der überwältigen Produktivität sei es wiederum gelungen die Antagonismen innerhalb des Kapitalismus zu verdecken, auf dieser materiellen Basis seien diejenigen Klassen, die früher die lebendige Negation des kapitalistischen Systems darstellten weitgehend integriert worden, jedenfalls seien sie nicht mehr Träger historischer Umgestaltung, ja sie seien sogar zur stärksten Stütze der herrschenden Lebensweise geworden.

Und doch seien alle Tatsachen vorhanden, die die kritische Theorie dieser bestätige: zunehmende Irrationalität des Ganzen, Verschwendung und Restriktion der Produktivität, das Bedürfnis nach aggressiver Expansion, die beständige Bedrohung durch Krieg, verschärfte Ausbeutung, Entmenschlichung. All dies verweise auf die geschichtliche Alternative; die gepIante Nutzung der Ressourcen zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse bei einem Minimum an harter Arbeit, die Umwandlung der Freizeit in freie Zeit, die Befriedung des Kampfes ums Dasein. Aber die Tatsachen und ihre AIternativen lägen vor, wie eine Welt stummer Objekte ohne Subjekt und damit ohne Praxis, die diese Objekte in eine neue Richtung bewegen würde.

10.3 Eingrenzung:

Es ist in diesem Rahmen nicht möglich eine umfassende Analyse aller Tatsachen und deren mittels der kritischen Theorie abgeleiteten geschichtlichen Alternativen darzulegen, die Aktualität nach ihren Potentialitäten zu untersuchen. Die Kritik muß auf einige Grundtatsachen begrenzt werden.

11 Die Irrationalität des Ganzen:

Die durchgreifende Rationalität der Leistungsgesellschaft, die Leistungsfähigkeit und Wachstum befördert, ist selbst irrational bzw. ist irrational geworden.

11.1 Die irrationale Dezision:

Die technologische Rationalität ist an ihrer Basis irrational, weil die Entscheidung für die technologische Effizienz selbst irrational ist. Das einzige Kriterium der technologischen Rationalität, die Effizienz der Produktivität, sei auf die Entscheidung für die Technologie nicht anwendbar, sie sei eine Dezision. Die Gesellschaft, die das Ende der Ideologie verkünde, beruhe auf einer Ideologie. Aber das „falsche Bewußtsein“ sei gegen seine “Falschheit“ immun geworden, weil die Irrationalität einen rationalen Charakter zeige: die Produktivität. Sie erscheine als die neue Verkörperung der Vernunft.

11.2 Technologische Rationalität und Herrschaft:

Nun muß die irrationale Dezision für die technologische Rationalität noch lange nicht die Irrationalität des Ganzen beweisen, es sei denn das Ganze wäre von ihr abhängig.

In der fortgeschrittenen Industriegesellschaft funktioniere der technische Produktions- und Verteilungsapparat nicht nur als Gesamtsumme bloßer Instrumente, die von ihren gesellschaftlichen und politischen Wirkungen isoliert werden könnten, sondern vielmehr als ein System, von dem das Produkt des Apparates wie die Operation ihn zu bedienen und zu erweitern, a priori bestimmt würden. Die Technik sei nicht neutral, sondern schlage faktisch in Herrschaft um, die nach dem Kriterium der Effizienz dieser technologischen Rationalität ausgerichtet sei. Das reibungslose Funktionieren des Apparates bestimme die Autonomie des Individuums, es verschlinge Führer und Geführte. Der Macht und Autorität des herrschenden Produktionsapparates würden durch seine Leistungsfähigkeit und Produktivität wiederum täglich Absolution erteilt.

11.3 Die Irrationalität der bürgerlichen und der fortgeschrittenen Gesellschaft:

Insoweit ist aber die Irrationalität der bestehenden fortgeschrittenen Gesellschaft aber noch nicht qualitativ verschieden von derjenigen der bürgerlichen Gesellschaft. In der bürgerlichen Gesellschaft sei die Produktivität von Partikularinteressen der Kapitaleigentümer bestimmt gewesen (siehe Abendroth), diese seien zwar ebenfalls irrational gewesen, gemessen an einem volkswirtschaftlichen Gesamtinteresse, nämlich bestimmt von den Sonderinteressen der Erweiterung des Profits und des politischen Machtbereichs. Die qualitative Änderung sei aber darin zu sehen, daß der von der bürgerlichen Revolution erkämpfte Freiheitsraum des Individuums, die Denk- und Gewissensfreiheit durch die technologische Gesellschaft ausgelöscht würde. Die Produktivität der bürgerlichen Gesellschaft hätte es noch nicht nötig gehabt in diese Freiheitssphäre einzugreifen. Die Produktivkräfte hätten noch nicht jenes Stadium der Entwicklung erreicht, in der der Absatz der Produkts der gesellschaftlichen Arbeit die systematische Organisation der Bedürfnisse, auch der intellektuellen, verlangt hätten; der Markt habe sich schlecht und recht reguliert, die Leistung des Arbeitsapparates sei noch nicht auf ununterbrochenen Konsum angewiesen gewesen. Heute bestehe die Notwendigkeit der “totalen Einordnung“. Der Produktionsapparat habe sich verselbstständigt und drohe in dem Maße totalitär zu werden, wie er nicht nur die gesellschaftlich notwendigen Betätigungen, Fertigungen und Haltungen bestimme, sondern auch die individuellen Bedürfnisse. Der auf Produktivität angelegte Apparat muß damit er selbst aufrechterhalten bleibt, die Produktivität gegen den Einzelnen wenden. Ein Kreisprozeß sei entstanden, der eine Entwicklungstendenz künstlich, d.h. mit Gewalt unterdrückt.

11.4 Kreisprozeß:

Die technologische Rationalität, die als solche ihrer Irrationalität entlarvt worden sei, sei aber auch in sich irrational, und damit zur Irrationalität des Ganzen geworden.

Sie sei irrational geworden, weil die Potentialität des Apparates im Laufe der ihm eigenen Entwicklungstendenz über die bestehende Institution hinausgewachsen sei, weil sie den Konflikt ihrer zwei sich widersprechenden Tendenzen – die Tendenz zur Vollendung der technologischen Rationalität und die Tendenz im Rahmen des bestehenden Systems zu verharren – gegen die Vollendung ihrer Rationalität entschieden habe.

12 Potentialität: Die Vollendung der technologischen Rationalität

12.1 Extrapolation: Die Weiterentwicklung des Entfremdungsbegriffs

Karl Marx behauptet, daß sich die Entfremdung der Arbeit einmal in der Beziehung des Arbeiters zum Produkt seiner Arbeit, zum anderen in der Beziehung des Arbeiters zu seiner Tätigkeit darstelle. “Der Gegenstand, den die Arbeit produziert, ihr Produkt, tritt ihr als fremdes Wesen gegenüber“. Dieser seinem Produkt entfremdete Arbeiter, sei zugleich von sich selbst entfremdet, da die Arbeit nicht das Medium seiner Selbstverwirklichung darstelle, denn das Produkt bestimme Natur und Zweck der menschlichen Tätigkeit. Der Mensch realisiere sich nicht mehr in seiner Arbeitsleistung, sein Leben sei ein Arbeitsinstrument geworden und damit verdinglicht. Die Materialien die dem Leben dienen sollen, gelangen zur Herrschaft über das Leben.

Die Selbstentfremdung sei gleichzeitig eine Entfremdung von seinen Mitmenschen.
Die Negativität der Kapitalistischen Gesellschaft liege in ihrer Entfremdung; die Negation dieser Negativität würde mit der Abschaffung entfremdeter Arbeit zustande kommen und zwar durch den Proletarier selbst, als lebendige Absage an diese Gesellshaft.

12.2 Das Dasein hat das entfremdete Subjekt einverleibt:

Marcuse stellt für die gegenwärtige Gesellschaft fest, daß das entfremdete Subjekt seinem entfremdeten Dasein einverleibt worden Dies sei eine fortgeschrittenere Stufe der Entfremdung. Die Leistungsfähigkeit des Systems mache die Individuen untauglich für die Erkenntnis der repressiven, d.h. zusätzlichen und irrationalen Macht die ihnen gegenüber ausgeübt wird.

Die Entfremdung sei gänzlich objektiv geworden. Die Gewalt des Fortschritts verwandle die Vernunft in Unterwerfung unter die Lebenstatsachen, die geistige und gefühlsmäßige Weigerung mitzumachen erscheine als neurotisch, aller Widerspruch irrational. Es gäbe nur noch eine Dimension. Die Menschen könnten sich gar in ihren Waren wiederfinden, nie würden ihre Seele in ihrem Auto, in ihrem Hi-Fi-Empfänger, ihrem Küchengerät wieder erkennen.

12.3 Transzendenz des “Reichs der Notwendigkeit“:

Die Negativität der fortgeschrittenen technologischen Gesellschaft liege mithin nicht mehr in der Entfremdung, sie liege vielmehr in der Arbeit selbst. Es handle sich nicht mehr darum die Entfremdung abzuschaffen, sondern sie zu vervollkommnen durch umfassende Automatisierung der Arbeit und äußerste Austauschbarkeit der Funktionen, kurzum: die Vollendung der technologischen Rationalität.

Die Potentialität liege in der Verkürzung der Arbeitszeit bis zu einem Punkt, wo das bloße Arbeitsquantum die menschliche Entwicklung nicht sehr behindere und damit die Vorbedingung für die Freiheit hergestellt wäre: Das Reich der Notwendigkeit würde transzendiert.

12.4 Die Kräfte für eine transzendierende Praxis:

In einer Zeit, da die Arbeitnehmer durch ihre Organisationen ihren 8-Stunden-Tag und ihren Arbeitsplatz durch Rationalisierungsabkommen sichern, in einer Epoche, wo die Arbeiterschaft zur stärksten Stütze der herrschenden Ideologie gezählt werden müsse, nämlich, daß Produktion und Konsum die Beherrschung des Menschen durch den Menschen rechtfertigen, in einer Periode, wo weder teilweise Verstaatlichung noch erweiterte Mitbestimmung oder teilweise Teilhabe am Gewinn eine Neuorganisation bewirken könne (hier unterscheidet sich Marcuse wesentlich von Abendroth), in einer Entwicklungsstufe, in der der Beherrschte nicht mehr den Beherrscher kenne, wo es dem Beherrscher gelungen sei, sich völlig hinter der Anonymität des Apparates zu verstecken, dessen Rationalität die einzige geworden sei, wodurch sogar das Verhältnis zwischen Herr und Knecht durchbrochen sei und die Knechtschaft nur noch gegenüber dem Apparat besteht, kann Marcuse nur noch auf den Apparat selber setzen.
Zwar widersetze sich die Arbeiterschaft der Automation, deren Aufschub aber könne die Konkurrenzfähigkeit des Kapitals sowohl im Binnenmarkt, vor allem aber die Konkurrenzfähigkeit zwischen Kapitalismus und Kommunismus gefährden.

13. Totalitäre Herrschaftsform der industriellen Zivilisation

Der technische Fortschritt, die Technologie selbst, sei zu einem neuen System der Herrschaft geworden. Ein neues System, weil die Verhältnisse zwischen den Klassen entscheidend verändert worden seien. Es hab eine Angleichung der gesellschaftlichen Klassen in der Konsumsphäre stattgefunden, für breitere Schichten sei die Arbeit körperlich leichter und das Leben komfortabler geworden.

Diese Errungenschaften aber würden bezahlt mit der Erweckung von Verschwendung als Bedürfnis, mit der Verwandlung und von Zerstörung in Aufbau im Kriegsführungs – und Wohlfahrtsstaat. Die Errungenschaften gehen einher mit planned obsolence und Vernichtung von lebensnotwendigen Gütern im Angesicht von Armut und Not selbst innerhalb der Gesellschaft im Überfluß.
Die zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel würden gegen ihre eigenen Möglichkeiten gekehrt. Der krasseste Gegensatz zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit drückt sich – wie schon ausgeführt – in der Verzögerung der Automatisierung aus.

13.1 Totalitäre Demokratie:

In dieser Gesellschaft, die immer mehr imstande scheint, die Bedürfnisse der Individuen vermittels der Weise zur befriedigen, in der sie organisiert sei, könne verlangen, dass ihre Prinzipien und Institutionen hingenommen würden, seien es parlamentarische oder außerparlamentarische. Sie werden durch die Leistungsfähigkeit täglich aufs neue legitimiert.
Die Waschmaschine sei das stärkste Argument gegen eine auf qualitative Veränderung drängende Opposition., Das politische Bewusstsein würde durch die Bedürfnisbefriedigung bestimmt. Auf eine politische Opposition könne verzichtet werden, solange die erzeugen Bedürfnisse befriedigt würden. Dies könnte sich in der BRD in der Bildung der „Großen Koalition“ und in der ihr zugrunde liegenden Erfahrung der SPD der Aussichtslosigkeit für eine politische Alternative gezeigt haben.
Die politische Alternative beschränke sich auf alternative Praktiken der Bedürfnisbefriedigung. Da die Bedürfnisse, die vom Apparat befriedigt werden müssen, aber vom System selbst erzeugt würden, könne dieses die Bedürfnis auch wiederum befriedigen. Ob diese Befriedigung dann durch ein autoritäres oder nicht autoritäres System erreicht würde, sei eine Sekundärfrage.

Die technologische sei zur politischen Macht geworden. Politische Macht setze sich heute vermittels ihrer Gewalt über den maschinellen Prozeß und die technische Organisation des Apparates durch. Die Regierung fortgeschrittener und fortschreitender Industriegesellschaften könne sich nur dann behaupten und sichern, wenn es ihr gelänge, die der industriellen Zivilisation verfügbare technische, wissenschaftliche und mechanische Produktivität zu mobilisieren, zu organisieren und auszubeuten. Die Produktivität wiederum mobilisiere die Gesellschaft als Ganze über alle partikulare oder Gruppeninteressen und jenseits von ihnen.
Damit müsse der Glaube an die Prinzipien und das Bedürfnis nach parlamentarischer Demokratie erschüttert werden.
Nicht nur eine besondere Regierungsform oder Parteiherrschaft, sondern auch die pluralistische Aufhebung aller wirksamen Opposition durch die Integration gegensätzlicher Standpunkte auf Grund eines zunehmenden Lebensstandards bewirke Totalitarismus. Die gegenwärtige Gesellschaft tendiere zum Totalitären, denn totalitär sei nicht nur eine terroristische politische Gleichschaltung, sondern auch eine nichtterroristische ökonomisch-technische.

14. Bedürfniserweckung, ihre Funktion für das System:

Da jede organisierte Gesellschaft die Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Mitglieder zur Aufgabe hat, ist die Befriedigung auch der Bedürfnisse nach materiellen Dingen, da in der technologischen Gesellschaft offensichtlich solche Bedürfnisse vorhanden sind, an sich noch nichts negatives. Nun seien aber Bedürfnisse, die über das biologische Niveau hinausgehen, in dem Sinne historische Bedürfnisse, als sie nach den Möglichkeiten einer geschichtlich gesellschaftlichen Welt geformt würden. Ob die Möglichkeit, etwas zu tun oder zu unterlassen, zu genießen oder zu zerstören, zu besitzen oder zurückzuweisen, als ein Bedürfnis erfaßt würden, hänge davon ab, ob sie für die herrschenden gesamtgesellschaftlichen Institutionen und Interessen als wünschenswert angesehen werden können oder nicht. Die Bedürfnisse seien heteronom und damit der Manipulation unterworfen.

14.1 Circulus vitiosus von Bedürfnis und Bedürfniserweckung:

Die im Apparat zum Ausdruck kommende technologische Rationalität, deren einziges Kriterium die Produktivität darstelle, sei in der gegenwärtigen Entwicklung der Produktivität auf die Bedürfniserweckung um der Produktivität, um der bestehenden Ordnung willen, angewiesen. Marktforschung, indusrielle Psychologie, “science of human relations‘, raffiniert angelegte Werbekampagnen würden die Disziplinierung der Bedürfnisse besorgen, sie erreichten die nicht-terroristische, spontan-automatische Harmonisierung von individuellen und gesellschaftlich notwendigen Bedürfnissen, von Autonomie und Heteronomie.

Das System erzeuge und erweitere die fiür das System selbst notwendigen Bedürfnisse, und weil es die von ihm selbst erzeugten Bedürfnisse wiederum befriedigen könne, bestätige es sich als Ganzes.

15 Realitätsprinzip als Ausdruck der “natürlichen“ Unterdrückung:

Die von der jeweiligen Zivilisationsstufe geformten Bedürfnisse werden als Realitätstsprinzip verinnerlicht. Das Realitätsprinzip kontrolliert das Lustprinzip und erhältt damit den Organismus in der Welt. Es macht den Menschen zum bewußt handelnden und denkenden Subjekt, einer Rationalität verhaftet, die ihm von außen auferlegt ist. Realitätsprinzip sei bedingt durch die “Lebensnot“, den Existenzkampf in einer Welt, die zu arm sei um die menschlichen Bedürfnisse ohne ständige Einschränkungen, Verzicht und Verzögerungen zu erfüllen. Jede mögliche Befriedigung erfordere durch den Kampf mit der Natur mühselige Arbeit. Der Kampf ums Dasein sei daher notwendig mit der Unterdrückung von Sehnsüchten, die vom Lustprinzip herkommen, verbunden. Es bestehe ein “natürliches“ und ewiges Mißverhältnis zwischen menschlichen Sehnsüchten und der Umwelt in der sie befriedigt werden müßten.

15.1 Die “zusätzliche Unterdrückung“:

Die Entschuldigung mit der Lebensnot, die der institutionalisierten Unterdrückung von Anfang an als Rechtfertigung diente, wurde jedoch in dem Maße hinfällig, je mehr Möglichkeiten zur mühelosen Bedürfnisbefriedigung sich mit zunehmendem Wissen und wachsender technischer Naturbeherrschung ergäben. Bei dem derzeitigen Stand der Produktivkräfte, d.h. dem Ausmaß der kontrollierten technischen Naturbeherrschung, wo die mühevolle Arbeit auf ein Minimum reduziert werden könne, würde der Unterdrückung die Rechtfertigung entzogen. Die früher gerechtfertigte “natürliche“ Unterdrückung verselbstständige sich und werde zur “zusätzlichen Unterdrückung“.

15.2 circulus vitiosus der Unterdrückung:

Je näher die reale Möglichkeit rücke, den Einzelnen von den ehemals durch Mangel und Unterentwicklung der Produktionsmittel gerechtfertigten Einschränkungen zu befreien, desto mehr steigere sich die Notwendigkeit für die institutionalisierte Herrschaft des Produktionsapparates, diese Einschränkungen aufrecht zu erhalten, und zwar (wieder) um seiner Existenz willen. Der Fortschritt der Kultur verfälsche die Rationalität der Unterdrückung. Die Gesellschaft könne ihre wachsende Produktivität nicht dazu verwenden die Unterdrückung zu verringern und müsse sie daher gegen den Einzelnen wenden. Die realen Möglichkeiten müßten gehemmt werden.

15.3 Notwendigkeit der Manipulation:

Der Generalnenner auf den diese Gesellschaft gebracht werden könne, sei der, daß sie eine Gesellschaft der permanenten Mobilisierung aller politischen, wirtschaftlichen, technischen und kulturellen Kräfte darstelle:
Mobilisierung, erstens gegen den äußeren Feind, den Kommunismus, zweitens gegen ihre eigenen Möglichkeiten. Dies geschehe durch Verstärkung der Kontrolle des Bewußtseins, durch Förderung gedankenloser Freizeitbeschäftigung als Konsumartikel, durch antiintellektuelle Ideologien. Die Ausdehnung der Kontrolle erstrecke sich auf ehemals freie Regionen des Bewußtseins und der Muße, so werden z.B. die sexuellen Beziehungen von privaten zu öffentlichen, das Leistungsprinzip müsse ins Schlafzimmer getragen werden, um eine für das System zerstörerische Befreiung des Eros zu verhindern. Die Manipulation tendiere auf eine völlige Koordinierung des privaten und öffentlichen Bewußtseins, der spontanen und geforderten Reaktionen.

15.4 Das Leistungsprinzip als Realitätsprinzip:

In einer auf Erwerb, Konsum und ökonomischem Wettstreit ausgerichteten Welt werde das Leistungsprinzip zum Realitätsprinzip. Das System von Belohnung und Unterdrückung werde verinnerlicht. Das Leistungsprinzip gewährleiste die für die “zusätzliche Unterdrückung“ notwendige Umformung der menschlichen Triebstruktur. Diese erzwungene, zusätzliche Einschränkung bezeichnet Marcuse als „Repression“. Durch das Leistungsprinzip wurde ein Realitätsprinzip aufrecht erhalten, das der historisch möglichen Befreiung nicht mehr entspreche.

15.5 Potentialität: Sieg des Lustprinzips über das Leistungsprinzip

Die Definition des Lebensstandards im Sinne von Autos, Fernsehapparat und Traktoren sei die Definition des Leistungsprinzips an sich. Unter den bestehenden Bedingungen der reifen Zivilisation könne jedoch der materielle und intellektuelle Wohlstand derart sein, daß er eine mühelose Bedürfnisbefriedigung zuließe und die Herrschaft nicht mehr systematisch diese Befriedigung behindere? Bei dieser Reife der Zivilisation könne das Leistungsprinzip negiert werden. In diesem Falle wäre das Maß an Triebenergie, das noch auf unvermeidliche mühevolle Arbeit verwandt werden müßte so gering, daß ein weites Gebiet repressiver Zwänge und Triebmodifikationen, die nicht mehr durch äußere Kraft aufrechterhalten würden, zusammenbrechen müßte. Infolgedessen aber würde sich die antagonistische Beziehung zwischen Lust- und Realitätsprinzip zugunsten des ersteren verschieben. “Jenseits des Leistungsprinzips‘ würde das Lebensniveau mit anderen Kriterien gemessen; dort würde es sich um andere Dinge handeln:
um die weltweite Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse, um die Freiheit von Schuld und Angst.

15.6 Kräfte der Transzendenz:

Die Produktivität der Arbeit habe ihre historischen Grenzen: es seien diejenigen des Leistungsprinzips selbst. Wenn die Errungenschaften des Leistungsprinzips seine Institutionen überträfen, dann würden sie sich auch gegen die Richtung wenden, die die Produktivität genommen habe; gegen die Unterwerfung des Menschen unter seine Arbeit. Dann wäre das Maß an Triebenergie, das noch auf unvermeidliche mühevolle Arbeit verwandt werden müßte so gering, daß die Produktivität ihre repressive Macht verlieren würde die freie Entwicklung individueller Bedürfnisse, außerhalb der entfremdeten Arbeit, würden gefördert werden. Vorbedingung für diese Wandlung der Triebdynamik, sei aber die Umorientierung des Kampfes ums Dasein, eine Neuorganisation der sozialen Arbeit.

16 Vision einer Kultur ohne Unterdrückung und Verdrängung:

Die Sprengung des Leistungsprinzips tendiere auf eine neue Beziehung zwischen Trieben und Vernunft hin. Befreit von der Tyrannei repressiver Vernunft würden sich die Triebe auf dauerhafte existentielle Beziehungen einrichten – sie würden ein neues Realitätsprinzip schaffen, indem “Logos und Eros“ versöhnt wären. Die Befreiung von der Realität wäre keine nur transzendentale, innere oder bloß intellektuelle, sondern „eine Freiheit in der Realität“.

16.1 Freiheit in der Realität:

So würde ökonomische Freiheit, Freiheit von der Wirtschaft bedeuten. Freiheit vom Kampf ums Dasein, davon, sich seinen Lebensunterhalt durch mühevolle Arbeit verdienen zu müssen? Politische Freiheit würde die Befreiung der Individuen von der Politik bedeuten, über die sie bislang keine wirksame Kontrolle ausübten.
Es würde keine Gesellschaft ohne Konflikte sein. Die Konflikte bestehen fort, nur sind sie selbstverständliche Konflikte, nicht durch fremde Herrschaft herangetragen, sie können daher auch ohne Unterdrückung gelöst werden. Es würde rationale Herrschaft, wie der Pilot sein Flugzeug beherrscht, und rationale Autorität, wie der Polizist den Verkehr regelt, weiterhin geben. Es würde aber keine Herrschaft über Menschen sein, die auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht. Geistige Freiheit würde die Wiederherstellung des individuellen Denkens bedeuten, das jetzt durch Massenkommunikation und Schulung aufgesogen werde. Es wäre die einzig wahrhafte Alternative zur Diktatur und totalitärer Demokratie. Eine Gesellschaft, in der das Volk aus autonomen Individuen bestehe, befreit von der repressiven Erfordernissen eines Kampfes ums Dasein im Interesse von Herrschaft. Das menschliche Dasein würde zur “freien Bewegung, die sich selbst Mittel und Zweck ist“ angetrieben werden. Diese “Befriedung des Daseins“ sei die geschichtliche Alternative der Welt am Rande eines allesvernichtenden Krieges

16.2 Extrapolation: Widerspruch zur Kulturtheorie Freuds

Mit dieser Vision einer Kultur ohne Unterdrückung gerät Marcuse in Konflikt mit der freudschen Kulturtheorie und deren Hauptthese, daß Kultur und Zivilisation auf permanenter Unterjochung der menschlichen Triebe beruhe. Danach liegt allen historischen Formen des Realitätsprinzips in der Kultur eine verdrängende Organisation der Triebe zugrunde. Die Kultur stelle einen unbewußten Komplott der Gesellschaft gegen den Einzelnen dar. Diese unhistorische, unveränderliche Gegebenheit, scheint mit einer historisch-relativierenden Theorie nicht in Einklang gebracht werden zu können.

Marcuse der Freud‘s Psychoanalyse akzeptiert behauptet nun, daß Freuds eigene Theorie Gründe biete, die Gleichsetzung von Kultur und Unterdrückung abzulehnen. Er versucht aus dem Freud‘schen System heraus zu beweisen, daß auch in einer entsublimierten Kultur sich eine Selbstsublimation der Sexualität in Eros entwickeln würde. Nur würde diese nicht mehr durch repressive Herrschaft herbeigeführt, sondern in der Regression, die damit notwendig verbunden wäre, wurde sich selbst eine neue Vernunft entwickeln. Es komme nicht zu einer Gesellschaft der „Triebbesessenen“, sondern zu einer Transformation der Libido, zu einer Erotisierung der Gesamtpersönlichkeit und damit zu einer qualitativen und quantitativen Erweiterung der Sexualität. Zur Umgestaltung; der Sexualität in Eros und zur Versöhnung zwischen Kultur und Eros.

16.3 Die neue Idee der Kultur:

Marcuse entwickelt die Idee einer Kultur, die aus freien libidinösen Beziehungen erwächst, ein der Libido selbst inhärentes Streben nach kulturellem Ausdruck. Das erotische Ziel schaffe seine eigenen Pläne der Realisierung: durch das freie Spiel der individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten: Abschaffung der Mühsal, Verbesserung der Umgebung, Überwindung von Krankheit und Verfall, Beschaffung von Luxus. So ergäbe sich Sublimierung und infolgedessen Kultur.

17 Das Gelingen als Bedingung des Gelingens: Versuch einer Kritik

Marcuse muß am Ende seines Buches “Der eindimensionale Mensch“ bekennen, daß nichts auf eine qualitative Änderung im beschriebenen Sinne hindeute.
Die ökonomischen und technischen Kapazitäten der bestehenden Gesellschaft seien umfassend genug, um Schlichtungen und soziale Entschädigungen an die bislang Benachteiligten zu ermöglichen, die eine Sicherung der politischen Loyalität gewährleisten. Die bewaffneten Streitkräfte seien hinreichend gerüstet, um mit Notsituationen fertig zu werden. Die durch Zugeständnisse vereitelte Umwälzung in Frankreich und die durch die Notstandsverfassung in der BRD geschaffene Möglichkeit die Streitkräfte auch im Inneren einzusetzen belegen dies aktuell. Die reale Möglichkeit erweist sich nur als eine, weil die Voraussetzungen einer negierenden Praxis nicht gegeben sind. Damit hat aber Marcuse die “kritische Theorie“ verlassen, seinem Denken ist die Beziehung zur Praxis nicht mehr immanent, das Verhältnis von Denken und Sein bleibt ein philosophisches. Marcuse muß selbst zugeben, daß seine kritische Theorie der Gesellschaft keine Begriffe besitzt um die Kluft zwischen dem Gegenwärtigen und seiner Zukunft überbrücken zu können.

Sie sei nicht widerlegt, sie könne aber keine Heilmittel bieten. Je rationaler, produktiver, technischer und totaler diese repressive Verwaltung der Gesellschaft wird, desto unvorstellbarer sind die Mittel und Wege, vermöge derer die verwalteten Individuen ihre Knechtschaft brechen und ihre Befreiung selbst in die Hand nehmen können? Als geschichtlicher Prozeß müßte der dialektische Prozeß das Bewußtsein einschließen, das die befreiende Potentialität erkennt und erfaßt. Da aber, wie Marcuse feststellt, das Bewußtsein unfrei in dem Sinne ist, dass es sich nicht gegen die Irrationalität aufzulehnen vermag, ist die Voraussetzung einer negierenden Praxis nicht gegeben.

Die Repressionsmechanismen sind in den gegenwärtigen Bedürfnissen begründet. Wie diese Bedürfnisstruktur abgeschafft werden kann, wie Triebverdrängung zu Triebbefreiung gelangt, wie falsches, manipuliertes Bewußtsein zu emanzipatorischem entwickelt werden kann, darauf weiß Marcuse keine Antwort.

Die totale Veränderung durch Negation ist nur möglich, wenn die Veränderung schon gelungen ist. Die Bedingung dieses Gelingens ist aber das Gelingen selbst.

18 Die ‘Große Weigerung“:

Weil die Philosophie Marcuses für eine “bestimmte“ negierende Praxis keine Voraussetzungen sieht, bleibt als Protest für diejenigen, die die verweigerten Möglichkeiten erkennen, nur die unbestimmte Weigerung. Die Weigerung als unbestimmte Negation dessen was ist. Sich der Gesellschaft zu verweigern, die die neue Welt verweigert sei der Kampf um die von Marcuse beschriebene Form der Freiheit.

Marcuse läßt aber seine Anhänger nicht im unklaren über ihre Situation, wenn er ihnen sagt: seine Philosophie hielte nur denjenigen die Treue, die ohne Hoffnung ihr Leben dieser “Großen Weigerung“ hingeben.
Wenn seine Anhänger mehr von ihm erwarten, hat nicht er sie getäuscht, sondern sie haben sich getäuscht.

18.1 Aussichten der Opposition:

Marcuse sieht die Opposition personell auf zwei Gesellschaftsgruppen konzentriert: erstens, auf die Unterprivilegierten innerhalb des bestehenden Systems, deren vitale Bedürfnisse selbst der hochentwickelte Spätkapitalismus nicht befriedigen kann oder will. Zweitens, auf die Privilegierten, deren Bewußtsein und Instinkte die gesellschaftliche Steuerung durchbrechen oder sich ihr entziehen können, also Schichten die noch ein Bewußtsein haben von dem ständig sich verschärfenden Widerspruch und von dem Preis, den die so genannte Gesellschaft im Überfluß ihren Opfern abverlangt.

Diese Opposition richtet sich jedoch gegen eine gut funktionierende und normalerweise nicht mit Terror arbeitende Gesellschaft. Die individuelle Absage an die auferlegte Ordnung, löst diese nicht auf, sondern stellt nur die Nein-Sager an die Peripherie dieser Ordnung. Die Masse der Bevölkerung reagiert mit Unverständnis auf die Formen der Weigerung und ihre provokativ-anarchoiden Züge. Diese Negation bleibt ohne unmittelbare Verbindung mit der Realität.
gierenden Praxis nicht gegeben.

Nicht mehr an der Wirklichkeit orientiert, ist diese Opposition, aber unfähig geworden ‚die Grenzen ihres Aktionsspielraumes zu erkennen, dies führte zu der “Taktik der Scheinrevolution“ und zu der Illusion der Einheit von Studenten und Arbeitern, für die, wie sich in dem vergeblichen Bemühen während des “Kampfes gegen die Notstandsgesetze“ zeigte, kaum Ansätze vorhanden sind.

Die Aktionen können die Gesellschaft nicht angreifen, und weil sie am Bewußtsein der Bevölkerung vorbeigehen, reagiert diese emotional: mit Angst und Aggression.

19 Die “demokratische erzieherische Diktatur freier Menschen“:

Marcuoe muß selbst eingestehen, daß solange nicht die Erkenntnis dessen, was getan und verhindert wird, das Bewußtsein der Menschen umwälzt, nicht einmal eine Katastrophe eine Änderung in seinem Sinne herbeiführen könne, wenn eine Lösung von unten her nicht möglich ist, könnte sie nur noch von oben gebracht werden, durch die vorübergehende Herrschaft von “rational und autonom denkenden Menschen in der Reife ihrer Anlagen“. Eine Erziehungsdiktatur die sich in ihrer Erfüllung selbst aufheben würde. Eine kleine Anzahl von Menschen, die durch ihre Ideen und ihr Tun Zeugnis davon abgelegt haben, daß sie um die gegebenen Möglichkeiten eines Lebens ohne Angst und Unterdrückung wissen, sollen durch Gegenindoktrination, Gegenmanipulation und Gegenaufklärung die Tyrannei der bestehenden Gesellschaft brechen.

Das platonische Ideal taucht auf zwar “ohne die platonische Grausamkeit“, ein Ideal jedoch ohne geschichtliche Praxis. Kritische Theorie mündet hier in den klassischen Idealismus.


1 E. Krippendorf, in „außerparlamentarische Opposition“ Nr. 54, S. 15
2 R. Seeliger, in „Die außerparlamentarische Opposition“. S.
3 H. Schmidt in einem Brief an den Herausgeber; zitiert nach R. Seliger a.a.O. S. 10
4 M. Vester in “neue kritik“ Juni 1965 Nr. 30 S. 12ff.
5 siehe Delegiertenkonferenz des SDS im März 1968; zitiert nach Frankfurter Rundschau 29.3.68 und 2O.3.68 (S. 3 u. S.6)
6 R. Seeliger a.a.O S. 29 u. Se 140
7 Dieser Begtiff wird von Vertretern dieser Kategorie der APO verwendet.
Dr.K Meschkat, Vorsitzender des RC Berlin in “außerparlamentarisch Opp“ Nr. 54 (Ende Januar 68) S.12
K.-D. und F. Wolff, Vorsitzende des SDS in ‘DIE ZEIT“ Nr.3 Freitag 19.1.68 S. 3
Dutschke konkret“ Nr, 3 März 1968 s.6
8 R. Dutschke, „konkret“ Nr. 3,März 1968 S. 6
9 Dr. K. Meschkat, in „außerparl. Opp.“ a.a.O. S. 12; E. Krippendorf, ebd. S. 15
10 W. Lefèvre, in „neue kritik“ Nr. 41. S. 31
11 R. Dutschke, in „konkret“ Nr. 1 1968, S. 53
12 R. Seeliger, a.a.O., S. 29
13 z.B. R. Dutschke in “Rebellion der Studenten oder..“; K.-D. und F. Wolff in “DIE ZEIT“ Nr.3 S.3 19.1.68; Beiträge Von R. Reiche und W. Lefèvre in “neue kritik”
14 ‘W. Abendroth in “Antagonistische Gesellschaft“ S.107f.; 274,303,385
15 Dto. ebd. S. 10
16 Dto. S. 9,11
17 Antagonistische Gesellschaft, S. 353
18 Ebd. S. 361
19 Ed. S. 71
20 A.a. O. S. 71
21 Ebd. S. 39
22 Ebd. S 407
23 siehe Jahresbericht des BDI zitiert nach “Frankfurter Rundschau“ 8.6.68 S.1 f.
24 Bürokratischer Verwaltungsstaat… S. 91, 105
25 Antagonistische Gesellschaft S. 39
26 Ebd. S. 40
27 Dabei ist die Regierungsebene schon wichtiger als die Parlamentsebene. Nach einer Statistik des BDI hat dieser 1958/59 82,8% aller Eingaben direkt an die Ministerien und nur 8% an den Bundesrat oder Bundestag adressiert.
28 A.a.O. S. 313, Bürokratischer Verwaltungsstaat. S. 92
29 Auch der Sozialdemokratische Wirtschaftsminister Schiller schien sich dieser Abhängigkeit nicht, entziehen zu können, als er sich bei seiner Fahrt aus der “Talsohle‘ nur von der Großwirtschaft begleiten ließ, wenn auch die Arbeitnehmerseite den Wagen anschieben durfte. Er hypostasierte die Investitionsraten als Dominante des Wachstums, obwohl doch im liberalen Modell die Gewinnerwartung den Investitionsappetit der Unternehmer erweckt. Dieser Investitionsappetit bestimmt also den Hunger, d.h. das Gemeinwohl, der Masse der Bevölkerung. Der private Profit, nicht die objektive Leistung für die Volkswirtschaft wurde zur Grundlage des wirtschaftlichen Erfolges gemacht (Abendroth in ‘Bürokratischer Verwaltungsstaat´ S.106,113)
30 Abendroth in „Der totale Notstandsstaat“. S. 11
31 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 106
32 Antagonistische Gesellschaft, S. 123
33 Bürokratischer Verwaltungsstaat S. 92
34 Der totale Notstandsstaat. S. 12
35 Antagonistische Gesellschaft, S. 392
36 Ebd. S. 433, S. 358
37 Bürokratischer Verwaltungsstaat. S. 60
38 Antagonistische Gesellschaft, S. 47,48, 61, 414; Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 60
39 Ebd. S. 97
40 Antagonistische Gesellschaft S. 358, 433; Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 111
41 Ebd. S 101
42 Das Grundgesetz, S. 68
43 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 84, 90
44 Ebd. S. 84
45 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 90
46 Ebd. S. 104
47 Ebd. S. 109
48 Ebd. S. 105
49 Ebd. S. 120
50 Das Grundgesetz, S. 66
51 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 60, 96
52 Ebd. S. 92; Antagonistische Gesellschaft, S. 111; Das Grundgesetz, S. 66
53 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 91,98
54 Ebd. S. 99
55 Ebd. S. 119
56 Das Grundgesetz, S.85
57 Bürokratischer Verwaltungsstaat S. 93, 96
58 Ebd. S. 119
59 Ebd. S.61; Antagonistische Gesellschaft S. 276
60 Das Grundgesetz, S. 84
61 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 93, 96
62 Antagonistische Gesellschaft, s. 84, 272
63 Ebd. S. 290
64 Ebd. S. 280
65 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 117
66 Das Grundgesetz, S. 79
67 Ebd. S. 78
68 Bürokratischer Verwaltungsstaat, S. 119
69 In Maikowsky S. 45
70 M. Hereth, in “neue Gesellschaft“ Nr. 1 1968
71 Kurt L. Shell, in Sondernummer “DIE WELT“ März 1968
72 S. Haffner, in „konkret“ Nr. 9, 1967
73 J. Améry, in “DIE ZEIT“ Nr. 8, 1968 S. 14
74 Schwan, in Maikowsky, S. 93
75 Löwenthal, ebd. S 87


Bibliographien:

Zur außerparlamentarischen Opposition:

Bergmann, Dutschke, Lefèvre, Rabehl: Rebellion der Studenten oder Die neue Opposition; rororo aktuell 1043, 1968

Seeliger, Rolf, Die außerparlamentarische Opposition, Verlag Rolf Seeliger
1968

Zeitschriften, Periodikas:
außerparlamentarisohe opposition, information für demokratie und abrüstung Herausgegeben von der Kampagne für Demokratie und Abrüstung

Berliner EXTRA Dienst, Berlin

konkret — unabhängige Zeitschrift für Kultur und Politik, Hamburg

neue kritik — Zeitschrift sozialistischer studenten, herausgegeben vom Bundesvorstand des sozialistischen deutschen studentenbundes (sds)

Zu Abendroth:
Abendroth, Wolfgang
Antagonistische Gesellschaft, Soziologische Texte Band 47,Luchterhand Verlag Neuwied Berlin 1967

Bürokratischer Verwaltungsstaat und soziale Demokratie, Beiträge zu Staatslehre und Staatsrecht der Bundesrepublik Norddeutsche Verlagsanstalt 0. Goedel. 1955

Das Grundgesetz, Politik in unserer Zeit Nr. 3, Neske Verlag Pfullingen 1966

Der totale Notstandsstaat, kleine antworten-Reihe im Stimme Verlag, Frankfurt/M 1965

Sozialgeschichte der europäischen Arbeiterbewegung, edition suhrkamp Nr. 106, Suhrkamp Verlag Frankfurt/M 1966

Zu Marcuse
Marcuse Herbert
Der eindimensionale Mensch, Soziologische Texte Band 13, Luchterhand Verlag Neuwied Berlin 1968

Kritik der reinen Toleranz, edition suhrkamp Nr. 181, Suhrkamp Verlag Frankfurt/M 1967

Kultur und Gesellschaft 1, edition suhrkamp Nr. 101, Suhrkamp Verlag Fft/M

Kultur und Gesellschaft II edition suhrkap Nr. 1035

Triebstruktur und Gesellschaft, Bibliothek Suhrkamp 1967

Vernunft und Revolution, Soziologische Texte Band 15, Luchterhand Verlag Neuwied Berlin 1962

Diskussionsbeiträge, Aufsätze, Referate:

Das Ende der Utopie, Herbert Marcuse diskutiert mit Studenten und Professoren Westberlins an der FU—Berlin über die Möglichkeiten und Chancen einer politischen Opposition in den Metropolen in Zusammenhang mit den Befreiungsbewegungen in den Ländern der Dritten Welt.
Verlag v. Maikowski

Ziele, Formen und Aussichten der Studentenopposition, in: DAS ARGUMENT, Berliner Hefte für Probleme der Gesellschaft Nr. 45,9. Jahrgang, Heft 5/6 5. 398ff

Perspektiven des Sozialismus in den industriell entwickelten Ländern in „neue kritik“, zeitschrift sozialistischer studenten, nr. 31 august 1965, 6. Jahrgang S.11ff.

Sekundärliteratur:
Narx-Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, in Bücherei des Narxjsmus-Lenjnismus Berlin 1956
Marx-Engels, Ökonomisch-philosophische Schriften, Kleine ökonomische Schriften Berlin 1955

Periodikas:

Améry, Jean, Der große Nein-Sager, in DIE ZEIT Nr. 8 1968 S. i4

Haffner, Sebastian, Haffner über Marcuse, in konkret Nr. 9 1967 S. 46
Hereth, Michael, Marcuses “totale Befreiung“, in: die neue Gesellschaft Heft 1 Januar/Februar 1963 S. 3ff
Shell, Kurt L., Inhumaner Humanist, Eine Auseinandersetzung mit Marcuse, in: DIE WELT Sondernummer März 1968

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