Köhlers Wiederwahl ist schon gelaufen – SPD unterstützt schwarz-gelben Präsidenten

Ein Artikel von Hermann Zoller

Westerwelle wollte mal wieder die Nase vorn haben und den großen Weltenlenker geben. So hat er denn Bundespräsident Horst Köhler zu einer zweiten Amtszeit ermuntert. Er wollte damit als erster dem staunenden Publikum etwas verkünden, was hinter den Kulissen längst gelaufen ist. Von Hermann Zoller

Bereits am 25. Januar 2008 berichtete die „Neue Zürcher Zeitung“: „Kurt Beck und andere führende Politiker der SPD haben sich bereits indirekt für die Unterstützung Köhlers ausgesprochen. Neben der Popularität des Amtsinhabers spielt es auch eine Rolle, dass SPD und Grüne einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin aller Voraussicht nach nur gemeinsam mit der Linkspartei durchsetzen könnten. Beck dürfte kein Interesse daran haben, wenige Monate vor der Bundestagswahl ein solches Signal auszusenden.“

Jetzt wird in der Öffentlichkeit mal wieder so getan, als gäbe es da noch Abwägungsprozesse. Die SPD will höflich bleiben und aus Respekt vor dem hohen Amt sich erst nach Köhlers Mitteilung, ob er wieder antreten wolle oder nicht, äußern. Zwischenzeitlich bereitet sie ihre Entscheidung mit Lobreden auf den gewünschten Kandidaten vor: „Horst Köhler repräsentiert unser Land gut“, so SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Und: „Dieser Bundespräsident macht seine Arbeit richtig.“ Die Frage, wer Deutschland „richtig und würdig“ vertrete, habe Vorrang vor parteitaktischen Erwägungen.

Wen wundert’s: auch die CSU ist für eine Wiederwahl Köhlers und will „ihn zu hundert Prozent unterstützen“ hat CSU-Chef Erwin Huber angekündigt. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla wird nicht müde, Köhler zu loben. Günther Oettinger hat sich ebenfalls schnell zu Wort gemeldet und der „Bild“-Zeitung erklärt: „Ich schätze an Horst Köhler sein mutiges Amtsverständnis und würde mir wünschen, dass er weitere fünf Jahre Bundespräsident bleibt.“

Somit ist das Podest bereitgestellt und geschmückt, auf dem Köhler dann seine Entscheidung, sich dem Ruf seiner Anhänger nicht verweigern zu wollen und wieder anzutreten, dem staunenden Publikum verkünden kann.

Dass die Konservativen und die Neoliberalen ihren treuen Trompeter unterstützen, ist nicht überraschend. Denn exakt spielt er nach den Noten, die sie ihm aufs Pult legen. Wichtiger ist das Verhalten der SPD.

Seit dem Hamburger Parteitag hat sich die SPD noch mit dem Vorwurf eines „Linksrucks“ auseinandersetzen müssen – wie sich mehr und mehr zeigt: unbegründeter Weise. Wer sich auf Köhler festlegt, der will auch die neoliberale Politik fortsetzen, die ein Gerhard Schröder per „Basta“-Anordnung der SPD verordnet hat. Und daran darf nicht gerüttelt werden, wie Franz Müntefering in einem Schreiben an die Parteispitze fordert: „Dabei darf das Regierungshandeln der SPD seit 1999 bis 2009 nicht dementiert werden.“ Im Klartext: Die Politik, die mit dem Etikett Agenda 2010 beschriftet ist, soll fortgesetzt werden. Das ist der Wunsch eines großen Teils der SPD-Spitze. Diese will sich auch gar nicht die Freiheit nehmen, mit der Linken auch nur im Geringsten gemeinsam Politik zu machen. Seeheimer Kreis, Netzwerker und weitere wollen die SPD auf Schröderkurs halten. Ihnen ist es auch egal, wenn die SPD auf 20 Prozent sinkt – Hauptsache der neoliberale Kurs wird gehalten.

Dazu passt der Vorstoß von Peter Struck jetzt Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück als Kanzlerkandidaten ins Rennen zu schicken und nebenbei auch noch Klaus Wowereit eins auszuwischen. So wird Kurt Beck als Parteivorsitzender und denkbarer Kanzlerkandidat, auch wenn er als „natürlicher Kanzlerkandidat“ bezeichnet wird, mit Absicht demontiert. Nebenbei werden so die Gremien der SPD bevormundet und die innerparteiliche Demokratie ausgehebelt.

Das Bild wird abgerundet durch den Beschluss, auf Bundesebene nicht mit der Linken irgendwie zusammenzuarbeiten. Das ist ein „kontraproduktiver Sackgassenbeschluss“, wie Rudolf Dreßler in der „Rheinischen Post“ (15.03.08) treffend feststellt. In der selben Zeitung fordert Europaminister Markus Söder (CSU) die Unionsparteien auf, sich mehr um die Mittelschicht zu kümmern. Normale Arbeitnehmer, Facharbeiter, Angestellte, kleine Selbständige und Freiberufler hätten „Sorge um den sozialen Abstieg“. Ihnen müsse die Unions-Politik wieder eine sichere Perspektive geben, so der ehemalige CSU-Generalsekretär.

Stellt sich die Frage: Was wird aus der SPD? Wird der Kurs Schröder/Steinmeier fortgesetzt, dann wird aus der Arbeiter- und Volkspartei eine Splitterpartei, die froh sein kann, wenn sie zwischen FDP, Grünen und Linken noch wahrgenommen wird. Wenn sie Glück hat, darf sie nächstes Mal noch einmal an den Tisch einer Großen Koalition (was von einigen SPD-Spitzenleuten ja bereits 2005 so „angedacht“ war) – wenn man sie überhaupt noch braucht.

p.s. Wolfgang Lieb

In Bild am Sonntag wird der CSU-Chef Huber zitiert:
Zugleich forderte Huber SPD-Chef Kurt Beck auf, jetzt zu versprechen, dass die SPD im nächsten Jahr keinen Bundespräsidenten mithilfe der Linkspartei wählen wird.
Das belegt erneut das „Einmauern“ (Kurt Beck) der SPD durch die Konservativen: Die SPD könnte, wenn sie darauf eingeht gar keinen Kandidaten oder keine Kandidatin für die Wahl zum Bundespräsidenten aufstellen, denn die „Gefahr“, dass er oder sie mit den Stimmen der Linkspartei die Mehrheit erhielte, ließe sich gar nicht ausschließen.
Der SPD bliebe also nur, Horst Köhler wiederzuwählen. Kein Wunder, das Peter Struck laut BamS eine Kampfkandidatur gegen Köhler schon ausschloss.

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