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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Amnesty gibt Westen erhebliche Mitschuld an gewaltsamen Krisen
  2. Ukraine
  3. Syrien
  4. Die Pretzell-Lachmann-Affäre: Kein Ruhmesblatt für die „Welt“ und die Medien (mit Stellungnahme n-tv.de)
  5. Frankreich: Valls stellt sich gegen Merkel
  6. «Risiko neuer globalen Krise nicht mehr länger ignorieren»
  7. Strafzölle für Stahl aus China und Russland
  8. Das deutsche Wunder: Wachstum für 2015 bestätigt trotz sinkender Produktion
  9. Sozialfaschismus oder Reformalternative?
  10. Was Armut bedeutet
  11. Weltklimapolitik ist eine sozial-ökologische Herausforderung
  12. Thomas Oppermann will trotz Flüchtlingskrise an schwarzer Null festhalten
  13. Mit dem Gesicht im Dreck
  14. Aus dem Leben gerissen
  15. Die Zeit über Sanders: Wenn ‚Liberale‘ immer noch vom „Ende der Geschichte“ überzeugen wollen
  16. Über die neue Wut auf die Medien
  17. Presse und Strafrecht
  18. Eine gelobte Rede und ihre Gehaltslosigkeit
  19. Es war irgendwann nicht mehr auszuhalten

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Amnesty gibt Westen erhebliche Mitschuld an gewaltsamen Krisen
    Viele Menschenrechtsverletzungen würden mit Waffen, die westliche Mächte zur Verfügung gestellt haben, begangen, sagt Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty.
    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat dem Westen eine erhebliche Mitschuld an gewaltsamen Konflikten in der Welt vorgeworfen. Viele Menschenrechtsverletzungen würden “mit Waffen, die westliche Mächte zur Verfügung gestellt haben”, begangen, sagte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty am Sonntag bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
    “Einige dieser Gruppierungen” seien “sogar ausgebildet worden von westlichen Armeen”. Dies führe zu einem “Teufelskreis der Gewalt”.
    “Wir haben nicht nur eine Flüchtlings- und Sicherheitskrise, sondern auch eine Führungskrise”, beklagte Shetty. Die Weltgemeinschaft müsse sich auf den Schutz von Zivilisten in Konflikten kümmern, Flüchtlinge umsiedeln und sichere Fluchtwege schaffen. Mehr als 90 Prozent der fliehenden Menschen weltweit suchten Schutz in Nachbarländern und machten sich nicht auf den Weg in die westliche Welt. “Wenn wir beginnen, Flüchtlinge als Verbrecher zu betrachten, vergessen wir den Schutz, der ihnen zusteht”, mahnte Shetty.
    Quelle: Wirtschaftsblatt.at
  2. Ukraine
    1. Ukraine ohne Hoffnung – Ein Jahr nach Minsk II ist kein Kriegsende in Sicht
      Nur für kurze Zeit sah es im vergangenen Jahr so aus, als könnte der militärische Konflikt in der Ostukraine tatsächlich aufhören. Russlands Präsident Wladimir Putin musste dringend seine Prioritäten neu sortieren, seine Luftwaffe griff massiv in den Krieg in Syrien ein, um den bedrängten Machthaber Baschar al-Assad zu retten. Und siehe da: Im Donbass ließen die Kämpfe merklich nach. Doch das ist längst wieder vorbei. (Seite 4)
      Mit einem Wort: Ein Jahr nach Minsk II, dem zweiten in der weißrussischen Hauptstadt abgeschlossenen Waffenstillstandsabkommen, ist die Krise weiter ungelöst. Und für Optimismus gibt es nicht viel Anlass.
      Noch tobt der Krieg nicht wieder so heftig wie zuvor. Dafür aber, dass doch angeblich viele der Waffen, vor allem der schweren Geschütze, abgezogen wurden, haben die Gefechte wieder ein erschreckendes Ausmaß erreicht.
      Die Beobachter der OSZE – deren Vorsitz derzeit Deutschland innehat – registrieren übrigens auf beiden Seiten Verstöße. Es gibt bei den Separatisten Kräfte, die offenbar bis zur letzten Patrone kämpfen wollen. Und auf der Gegenseite sind es vor allem Freiwilligenbataillone, teils von Oligarchen finanziert, die sich auch dem Oberkommando des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko entziehen.Schon vor einem Jahr stand an dieser Stelle die pessimistische Einschätzung zu lesen, dass die Kämpfe nicht aufhören würden, solange das Thema Nato-Beitritt nicht vom Tisch sei. Das ist- wenig überraschend – nicht passiert. Die westliche Staatengemeinde, ob die Amerikaner oder die Europäer, tut so, als gäbe es dieses Thema gar nicht. Und so wird weiter gestorben.
      Quelle: Nürnberger Nachrichten

      Anmerkung unseres Lesers G.G.: Es gibt sie also noch, Kommentatoren, die nicht den einseitigen Berichten der “Meinungsführer” in den sog. Qualitätsmedien auf den Leim gehen. Journalistinnen und Journalisten, die ihr berufliches Selbstverständnis nicht dem Zwang zum Verbreiten der politisch gewünschten Meinungsmache opfern. Schade, dass man solche kritisch-hinterfragende Medienschaffende kaum noch in den Hauptnachrichten von ARD und ZDF oder in den Reaktionen bei den Schwergewichten der Print-Medien antrifft. Aber immerhin findet man diese Leute offensichtlich immer wieder bei den m. E. sehr wichtigen und zur Meinungsbildung immer wichtiger werdenden regionalen unabhängigen Zeitungs-Redaktionen.

    2. Die Grünen positionieren sich im Ukrainekonflikt rechts von der CDU – Im Gespräch mit Alexander Neu
      Die Freiheitsliebe: Was ist denn die Position der Linken? Wie kann es in der Ukraine Frieden geben?
      Alexander Neu: Ich glaube es ist sehr schwer, dass die Ukraine so weiter besteht, wie sie heute ist. Wir haben schon vor einem Jahr deutlich gemacht, dass die Ukraine ein multiethnische und multireligiöse Gesellschaft ist und es deshalb einen föderalen Staat braucht. In diesem muss der Osten eine sehr starke Autonomie haben, allerdings unter dem Dach der Ukraine. Die Ukraine könnte so eine Brücke zwischen Ost und West, EU und Russland sein. Das bedeutet auch, dass sie nicht Mitglied der EU und erst recht nicht der Nato sein sollte. Andere Möglichkeiten für Frieden sind noch unrealistischer.
      Die Freiheitsliebe: Die Linke ist mit dieser Position in der Minderheit, wie kommt es, dass die Position von Linke und Grünen so stark von einander abweichen, obwohl auch die Grünen aus der Friedensbewegung stammen.
      Alexander Neu: Ein Teil der Grünen war einst der Friedensbewegung sehr nah, darunter auch viele ehemalige Linke, die allerdings konvertiert sind ins bürgerliche Lager. Ich sage immer gerne die Konvertiten sind die schlimmsten mit ihrer neuen Rollen, die sie auszufüllen versuchen. Die grüne Position ist allerdings nicht nur im Hinblick auf die Ukraine so schräg, sie war es auch mit Blick auf Serbien/Jugoslawien. Wenn man sich ihre Argumentation von damals anschaut, kann man das fast 1 zu 1 auf Russland übertragen, von daher sind die Grünen in dieser Frage rechts von der CDU. Auch das Konzept der Schutzverantwortung wurde vor allem von den Grünen mitforciert, obwohl es eine Interventionspolitik darstellt. Von daher sind die Grünen für die Linke absolut kein gangbarer Partner, sie sind auch auf der Friedensdemo nicht sichtbar.
      Ich habe am Samstag eine Veranstaltung im Gewerkschaftshaus besucht auf der ein sehr linker Grüner auf dem Podium saß., Trotz seiner Positionen hatte er einen sehr schweren Stand hatte, obwohl er näher an unserer als an der grünen Position ist.
      Quelle: Die Freiheitsliebe

      Anmerkung C.R.: Bitte lesen Sie dazu auch “Die Eliten orientieren auf Krieg

  3. Syrien
    1. Kriegspropaganda
      „Im Krieg ist die Wahrheit so kostbar, dass sie immer von einer Leibwache von Lügen umstellt sein sollte“, sagte der alte Zyniker Winston Churchill. Wenn man sich anschauen und anhören muss, was in den deutschen Medien über die Kriege im Vorderen Orient berichtetet wird, dann wird Churchill wieder einmal bestätigt. Dass die CIA manchem deutschen Journalisten die Feder führt, dürfte bekannt sein. Und selbstverständlich versucht auch Putin mit ähnlichen Mitteln dagegen zu halten. Aber wenn das jahrzehntelange Gemetzel im Vorderen Orient auf Assads Fassbomben, Putin und russische Bomben auf Aleppo reduziert wird, dann zeigt das, dass die Propagandisten der „westlichen Wertegemeinschaft“ wieder ganze Arbeit geleistet haben.
      Jetzt ist wieder von den syrischen Folterkammern die Rede. Und vergessen wird, „wie eng Außenminister Steinmeier und BND-Chef Uhrlau mit dem Regime in Damaskus kooperiert haben – auch auf Kosten von Menschenrechten“ („Stern“ 13. März 2008). Der ehemalige BND-Chef Uhrlau kommentierte die Zusammenarbeit so: „In Syrien galten und gelten andere Grundrechtsstandards, das ist schon immer so gewesen, es war kein einfacher Partner.“
      In der „westlichen Wertegemeinschaft“ gilt der Standard der doppelten Moral. Die Rohstoff- und Absatzkriege der „Koalition der Willigen“ unter Führung der USA sind Kämpfe für Freiheit, Demokratie und Frauenrechte. Nur ab und zu sagt einer mal die Wahrheit: „Wenn ich Präsident bin, werde ich alles daransetzen, alternative Treibstoffe und die entsprechenden Fahrzeuge der Zukunft zu entwickeln, damit dieses Land innerhalb von zehn Jahren vom Öl des Nahen Ostens unabhängig wird und unsere Söhne und Töchter nicht mehr für dieses Öl kämpfen und sterben müssen.“ (John F. Kerry am 27. Februar 2004)
      Die russischen Bombardements sind Verbrechen, während der „westlichen Wertegemeinschaft“ nur bedauernswerte „Kollateralschäden“ unterlaufen, so zum Beispiel 1,3 Millionen Tote in den letzten Jahren („Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“). Die „westliche Wertegemeinschaft“ bestätigt George Orwell: „Wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit.“
      Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
    2. Welt am Rande des Weltkrieges?
      Das türkische Regime bemüht sich nach Kräften, den Konflikt in Syrien zu eskalieren – und so den Nato-Bündnisfall auszulösen
      Am 13. Februar starteten die türkischen Streitkräfte einen massiven Artilleriebeschuss der Stellungen der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), einer säkular-demokratischen Militärallianz kurdischer, sunnitischer und aramäischer Gruppen, die in den vergangenen Tagen bedeutende Geländegewinne im sogenannten Azaz-Korridor gegenüber islamistischen Militärformationen erzielen konnte.
      Die Kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG bilden das organisatorische Rückgrat dieser Allianz, die von den USA wie von Russland militärisch unterstützt wird. (…)
      Konkret sollen die USA und die NATO zu einer eindeutigen Parteinahme für das türkischen Expansionsstreben in der Region genötigt werden. Sollte Russland auf die Angriffe der Türkei auf das syrische Staatsterritorium – die ja faktisch einen Kriegsakt darstellen! – militärisch antworten, wird die Türkei Himmel und Hölle in Bewegung setzten, um den NATO-Bündnisfall auszurufen. Hierdurch rückt ein Großkrieg zwischen dem Westen und Russland in greifbare Nähe.
      Denn selbstverständlich werden die regionalen Konfliktlinien um die Dominanz im Nahen Osten zwischen dem sunnitisch-alawitschen Block (Syrien, Iran) und der sunnitischen-islamistischen Achse (Golfdespotien und Türkei) überlagert von dem globalen Kräftemessen zwischen dem Westen und den “eurasischen” Großmächten Russland und China.
      Quelle: Telepolis
    3. Syrien und Jemen: Die Schwarz-Weiß-Logik des Kalten Kriegs
      Während der Westen Russlands Luftangriffe in Syrien geißelt, ist der saudische Luftkrieg im Jemen kein Thema, der türkische Krieg gegen die Kurden wird hochgefährlich
      Putin und Obama haben gestern miteinander telefoniert und dabei angeblich betont, dass wie in der Syrischen Unterstützergruppe (ISSG) in München möglichst schnell ein humanitärer Zugang zu abgeriegelten Gebieten und ein landesweiter Waffenstillstand geschaffen werden müsse. Putin stellte die Notwendigkeit einer gemeinsamen Front gegen den Terrorismus heraus und kritisierte zweifache Maßstäbe. Die fallen derzeit vor allem gegenüber der Türkei auf, die massiv gegen die eigene kurdische Bevölkerung vorgegangen ist und ähnliche Zerstörungen in den Städten anrichtete, wie sie in Syrien zu sehen sind, und gegenüber Saudi-Arabien, das seit einem Jahr einen Krieg gegen jemenitische Aufständische führt und dabei Zivilisten ebenfalls nicht schon.
      Quelle: Telepolis
  4. Die Pretzell-Lachmann-Affäre: Kein Ruhmesblatt für die „Welt“ und die Medien (mit Stellungnahme n-tv.de)
    Der lange mit medialer Nichtbeachtung bedachte Vorwurf des NRW-Landesvorsitzenden der AfD hat gestimmt. Der „Welt“-Journalist Lachmann wollte die AfD PR-mäßig beraten und dabei weiter bei der „Welt“ über die AfD berichten. Nachdem die „Welt“ am Freitag noch einmal dementiert und eine Klage ihres Redakteurs bekannt gegeben hatte, hat sie ihm nun gekündigt. Die Sache hinterlässt einen mehr als schalen Nachgeschmack.
    „Welt“-Chefredakteur Stefan Aust machte die Kündigung am heutigen Samstag um 17.14 Uhr per Twitter in einem kurzen Satz ohne Begründung bekannt, und zwar erst nachdem die „Junge Freiheit“ über die Beweise für Lachmanns Grenzübertritte berichtet hatte, die ihr Marcus Pretzell von der AfD gesteckt hatte.
    Wenigstens darf man bei diesem Ablauf annehmen, dass Lachmann nicht im Auftrag der „Welt“ als Spion bei der AfD eingeschleust werden sollte. Wenn sie gewusst hätte, was los ist, hätte sich die „Welt“ wohl anders angestellt. Die Vermutung einer Leserin meines Blogs, dass Dritte ihn – ohne Wissen der Welt – hätten einschleusen wollen, ist damit allerdings nicht ausgeräumt. Die einfachste Erklärung ist aber natürlich das pekuniäre Interesse gepaart mit ideologischer Nähe. Letztere wiederum war angesichts von Lachmanns Online-Magazin „Geolitico“ offenkundig und lässt die „Welt“ schlecht aussehen. Warum berichtet ein dieser Partei ideologisch sehr nahestehender Journalist für eine angesehene überregionale Zeitung über eben diese Partei.
    Quelle: Norbert Häring
  5. Frankreich: Valls stellt sich gegen Merkel
    “Wir sind nicht für einen dauerhaften Umverteilungsmechanismus in der EU”
    Die deutsche Kanzlerin Merkel muss sich umorientieren. Der französische Ministerpräsident Valls hat ihrem Lösungsweg, den Zuzug von Flüchtlingen auf europäischer Ebene durch ein Kontingent-Schema zu regeln, ein klares Nein entgegengehalten. Er sei nach Deutschland gekommen, um eine “Botschaft der Effizienz und der Entschlossenheit zu vermitteln”, erklärte Valls. In einem Satz zusammengefasst laute die Botschaft:
    Europa kann nicht noch mehr Flüchtlinge empfangen.
    Konkret bedeute dies, dass Frankreich einem dauerhaften Mechanismus der Verteilung von Flüchtlingen nicht zustimme. Stattdessen setze die Regierung in Paris auf die “Hot Spots” und auf die Kontrollen der Außengrenzen – wie das auch in Verhandlungen vereinbart worden sei und bereits in der Umsetzung begriffen.
    Die französische Regierung halte sich an Vereinbarungen getroffene Verteilung, die dem Land die Aufnahme von 30.000 Flüchtlingen zuweise. In diesem Rahmen werde man Flüchtlinge aufnehmen, aber darüber hinaus nicht, “pas plus”, sagte Valls den Journalisten.
    Quelle: Telepolis
  6. «Risiko neuer globalen Krise nicht mehr länger ignorieren»
    Die Weltwirtschaft stolpert seit der Finanzkrise 2008 vor sich hin. Es braucht neue Regeln der Marktwirtschaft, weil die Geldpolitik und der Finanzsektor kläglich versagen.
    Die durchschnittliche Wachstumsrate ist in den Entwicklungsländern seit der Finanzkrise um über 54 Prozent zurückgegangen.
    In den entwickelten Ländern sind schätzungsweise 44 Millionen Menschen ohne Arbeit – das sind rund zwölf Millionen mehr als 2007 –, während die Inflation ihren niedrigsten Stand seit der Krise erreicht hat.
    Situation verschlimmert statt gelindert
    Noch besorgniserregender ist, dass auch die Wachstumsraten in den hochentwickelten Ländern stärker schwanken. Dies überrascht, denn als entwickelte Volkswirtschaften mit uneingeschränkt offenen Kapitalbilanzen hätten sie vom freien Fluss des Kapitals und der internationalen Risikostreuung profitieren und daher kaum gesamtwirtschaftliche Volatilität erleben sollen. Darüber hinaus hätten Sozialleistungen wie etwa die Arbeitslosenunterstützung die Haushalte in die Lage versetzen sollen, ihren Verbrauch zu stabilisieren.
    Doch gingen von den vorherrschenden politischen Strategien im Gefolge der Krise – Haushaltseinschnitten und einer quantitativen Lockerung seitens der wichtigen Zentralbanken – kaum Anreize für den privaten Konsum, die Investitionstätigkeit und das Wachstum aus. Im Gegenteil: Diese Massnahmen haben die Lage tendenziell verschlimmert.
    Quelle: Handelszeitung
  7. Strafzölle für Stahl aus China und Russland
    Die EU macht Ernst: Um die europäische Stahlbranche vor Billigkonkurrenz zu schützen, gibt es nun Strafzölle für bestimmte Stahlerzeugnisse aus China und Russland. Dazu laufen weitere Anti-Dumping-Verfahren gegen chinesische Unternehmen.
    Die europäische Stahlindustrie tut sich derzeit schwer – Hilfe kommt nun aus Brüssel. Dort hat die EU weitere Untersuchungen gegen Unternehmen aus China eingeleitet. Es gehe um drei Stahlprodukte, bei denen Preise unter Herstellungskosten verlangt worden sein könnten, teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. In einem schon laufenden Fall zu kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen aus China und Russland verhängte sie vorläufige Strafzölle.
    EU-Politiker sprechen von “Verteidigungsmaßnahmen”
    Die Aufschläge für chinesische Hersteller liegen laut Kommission zwischen 13,8 und 16 Prozent; bei den russischen Produkten sind es 19,8 bis 26,2 Prozent. Von den neuen Untersuchungen gegen chinesische Erzeugnisse sind Brüssel zufolge nahtlose Rohre, schwere Bleche und warmgewalzter Flachstahl betroffen. “Der Stahlsektor sieht sich derzeit einer Reihe von Herausforderungen gegenüber”, erklärte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.
    Quelle: tagesschau.de

    Anmerkung C.R.: Offenbar möchte die EU, die üblicherweise für den sog. freien Markt plädiert, nun „verkehrte Welt“ spielen. Das Argument des „freien Marktes“ gilt offensichtlich lediglich dann, wenn eigene Vorteile bedient werden können.
    Bitte lesen Sie dazu erneut Freihandel über alles, aber kein „Dumping-Stahl“ aus China.

  8. Das deutsche Wunder: Wachstum für 2015 bestätigt trotz sinkender Produktion
    Das hatten wir uns doch gedacht und auch vorhergesagt: Das Statistische Bundesamt hat die vorläufig errechnete Wachstumsrate von 1,7 Prozent für das ganze Jahr 2015 (gegenüber dem Vorjahr) mit einem Wachstum von 0,3 Prozent im vierten Quartal (gegenüber dem Vorquartal) bestätigt. Und das, wie wir hier gezeigt haben, obwohl die bekannten Produktionszahlen (für Industrie und Bauwirtschaft) im Dezember deutlich niedriger ausgefallen sind, als man bei den vorläufigen Berechnungen wissen konnte. Aber es findet sich eben immer irgendwo in den hintersten Ecken des Bundesamtes noch ein wenig Produktion, die man zusammenkehren kann, um das zu erreichen, was man „erwartet“ (oder sollte man besser sagen „angestrebt“) hat.
    Ich kann nur wiederholen, was ich vor einiger Zeit angemahnt hatte: Es ist ein großes Problem, dass diese für die Volkswirtschaft so bedeutenden Berechnungen, die wir am Beispiel anderer Länder schon häufig in Frage gestellt haben (für Spanien insbesondere, aber auch immer wieder für Deutschland), in Hinterzimmern der Statistischen Ämter stattfinden und niemand nachprüfen kann, wie diese Ergebnisse zustande kamen. Zu fordern ist, dass die Statistischen Ämter ihre gesamte Berechnungsgrundlage der Öffentlichkeit zugänglich machen, so dass sich außenstehende Experten damit kritisch auseinandersetzen können. Zumindest müssen unabhängige Institute in die Lage versetzt werden, anhand des exakt gleichen Datensatzes, der der amtlichen Statistik zur Verfügung stand, jeweils eine Parallelberechnung des BIP vorzunehmen und zum gleichen Zeitpunkt zu veröffentlichen.
    Quelle: flassbeck-economics

    Dazu: Noch ein Wunder, diesmal ein europäisches
    Gerade meldet EUROSTAT, dass auch im gesamten Euroraum das BIP im vierten Quartal 2015 gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent (gegenüber dem Vorquartal) gestiegen ist. Dummerweise ist auch hier die Industrieproduktion im Dezember unerwartet um 1 Prozent (gegenüber dem Vorquartal) gesunken (die Zahl wurde ebenfalls gerade veröffentlicht), nachdem sie auch schon im November rückläufig gewesen war. Offenbar gibt es auch bei EUROSTAT viele Ecken, in denen man noch etwas aufkehren kann.
    Quelle: flassbeck-economics

  9. Sozialfaschismus oder Reformalternative?
    2016 ist das letzte Jahr, in dem der französische Staatspräsident François Hollande die Fundamente für seine Wiederwahl oder zumindest für einen Wahlerfolg seiner sozialdemokratischen PS legen kann. 2017 steht ganz im Zeichen des Präsidentschaftswahlkampfes. (…)
    Die neuen Gesetze reißen in der Linken einen neuen tiefen Graben auf, ohne dass die Regierungslinke sich sicher sein kann, mit diesen Bestimmungen das Wegbrechen nach Rechts stoppen zu können oder gar rückgängig zu machen. Der rechtspopulistische Front National hat jedenfalls gegen den Entwurf gestimmt, um sich die Option einer Verschärfung offen zu halten. Ein Forscher der Jean-Jaurès-Stiftung vertritt die These, dass mit dieser Verfassungsbestimmung das Wahlvotum aufhört, konstituierend für die Identität zu sein und die Identität künftig das Votum determiniere. Die soziale Frage werde ersetzt durch die kulturelle.
    Das letzte Wort hat die Drei-Fünftel-Mehrheit der beiden Kammern des Parlaments (Senat und Nationalversammlung). Sie ist auch aufgrund von Bedenken auf Seiten der bürgerlichen Republikaner nicht sicher.
    In der Sache, also in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, setzen Staatspräsident Hollande, sein Ministerpräsident Manuel Valls und der Wirtschaftsminister Emmanuel Macron den unter dem Druck des europäischen Fiskalpaktes eingeschlagenen Weg in die Agenda-Politik deutschen Zuschnitts fort.
    Zum einen wird mit Jahresbeginn eine flächendeckende Zusatzversicherung in der Gesundheitsversorgung aufgebaut. Ihr Vorteil ist, dass sie auch die vier Millionen meist prekären Beschäftigungsverhältnisse in Kleinst- und Kleinbetrieben einschließt, deren Arbeitgeber diese Vergünstigung bisher nicht gewährten.
    Aber gleichzeitig wird die allgemeine Krankenversicherung, eine Errungenschaft des Resistance-Abkommens von 1944, auf den Status einer Grundsicherung herabgedrückt. Denn die Zusatzversorgung bietet auf mittlere Sicht die Möglichkeit, entsprechend der Finanzlage immer mehr Gesundheitsleistungen aus dem Umlagesystem auszuschließen und in den Wildwuchs der betrieblichen, privaten und genossenschaftlichen Zusatzsysteme zu verlagern. Die Linke hat daran nur zu kritisieren, dass der Staatszuschuss für die Unternehmer zum Aufbau solcher Zusatzversicherungen von 7,5 auf 10 Mrd. Euro steigt.
    Quelle: Sozialismus aktuell

    Anmerkung C.R.: Noch dramatischer ist die Situation der SPD hierzulande – eine Folge ihrer völlig verfehlten Politik der Agenda 2010. Hierzulande fehlt jede Perspektive, in absehbarer Zeit das Kanzleramt erringen zu können.
    Es scheint als wolle ein nicht unerheblicher Teil der französischen Sozialisten der deutschen SPD in den Untergang folgen.
    Schlimmer noch: Offenbar hat ein grenzüberschreitendes Vergessen eingesetzt hinsichtlich der Frage, weshalb sozialdemokratische/sozialistische Parteien überhaupt gegründet worden sind: Für das Wohlergehen der gehalts- bzw. lohnabhängigen Bevölkerungsmehrheit.

  10. Was Armut bedeutet
    Der Begriff Armut ist „seit jeher genauso umstritten wie umkämpft“, schreibt der Armutsforscher Christoph Butterwegge. Als Beispiel verweist der Kölner Professor auf eine „äußerst polemische Medienkampagne“, die im vergangenen Jahr der Veröffentlichung neuer Armutszahlen des Paritätischen Gesamtverbands gefolgt sei. Unter anderem wurde dem Sozialverband vorgeworfen, seine Armutsdefinition sei willkürlich und so angelegt, dass die Statistik immer Armut ausweise, egal, wie stark der Wohlstand der Deutschen wachse. Beide Behauptungen sind unzutreffend, analysiert Butterwegge. Die Angriffe auf den in der Wissenschaft etablierten Begriff der „relativen“ Armut dienten vor allem dazu, Forderungen nach mehr Umverteilung von oben nach unten abzuwehren, so der Politikwissenschaftler.
    Zwar gibt es kein unbestreitbares, für alle Menschen auf der Welt gleichermaßen gültiges Kriterium, nach dem sich bestimmen ließe, wer arm ist. Aber dies kann es dem Forscher zufolge auch gar nicht geben, denn Armut ist immer eine Frage des wirtschaftlichen und sozialen Umfelds. Wer zum Beispiel über 500 Euro im Monat verfügt, kann in Litauen anständig leben, in Luxemburg aber kaum ein Zimmer mieten. Um dieser Schwierigkeit gerecht zu werden, nähert sich die Forschung der Armut in verschiedenen Schritten.
    Am Anfang steht die Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Armut. Als absolut arm gilt, wer nicht einmal die physischen Grundbedürfnisse befriedigen kann: Nahrung, Kleidung, Wohnung, medizinische Grundversorgung. Diese Form von Armut ist in Deutschland nicht die dominierende, aber durchaus existent. Schätzungen kamen zum Beispiel für das Jahr 2005 auf 200.000 bis 800.000 Personen, denen es am Nötigsten fehlte.
    Weiter verbreitet ist hierzulande relative Armut, die die Teilnahme am „normalen“ gesellschaftlichen Leben verhindert. Sie kann für die Betroffenen allerdings ebenso hart sein wie physische Entbehrungen. Es sei eine Alltagserfahrung, schreibt Butterwegge, dass soziale Ächtung sogar schlimmer sein könne als körperliches Unbehagen: „Wenn ein Kind, das im tiefsten Winter mit Sommerkleidung und Sandalen zur Schule kommt, von seinen Klassenkamerad(inn)en ausgelacht wird, leidet es darunter wahrscheinlich mehr als unter der Kälte.“
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    Passend dazu: Das Zauberwort heißt Umverteilung
    Für ein neues Armutsverständnis: Wer das Elend von Flüchtlingen zur Messlatte für Armut macht, verhindert eine Debatte über Ungleichheit.
    Für manche Politiker, Wissenschaftler und Journalisten existiert Armut nur dort, wo Menschen total verelenden oder wie Vieh auf den Straßen eines sogenannten Dritte-Welt-Landes verenden. Sie würden den Begriff „Armut“ am liebsten so eng fassen, dass in der Bundesrepublik davon kaum noch die Rede sein könnte.
    Dieser Haltung liefert die Flüchtlingsfrage nun zusätzliche Munition. Denn im Zentrum des Armutsdiskurses steht nicht mehr der Hartz-IV-Bezug, sondern das „Dritte-Welt-Elend“ der Geflüchteten. (…)
    Trotzdem favorisierte Nahles den absoluten Armutsbegriff und erwähnte in diesem Zusammenhang illegale – genauer: illegalisierte – Einwanderer und jüngere Erwerbsgeminderte, bei denen man es mit „wirklicher Armut“ zu tun habe. Das passt zur Politik der Großen Koalition, die durch ihre „Asylpakete“ und sukzessive Gesetzesverschärfungen mehr Ausweisungen und Abschiebungsbescheide erzeugt. Dadurch erhöht sich die Zahl der Migrant(inn)en ohne Aufenthaltsstatus, die untertauchen und ihren Lebensunterhalt fortan ohne Sozialleistungen bestreiten müssen.
    Dem nächsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, den Nahles für Ende 2016/Anfang 2017 ankündigte, wird laut ihren Worten ein modifiziertes Begriffsverständnis zugrunde liegen. Wenn die Armutsdefinition primär auf Existenzprobleme abstellt, was zu befürchten ist, nützt den Betroffenen keine Umverteilung von oben nach unten. Diese Forderung lässt sich als Propaganda von linken Parteien, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Religionsgemeinschaften abtun.
    Quelle: taz

  11. Weltklimapolitik ist eine sozial-ökologische Herausforderung
    Lange Zeit ging es in wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten vor allem um die Frage, ob es überhaupt Belege für eine vom Menschen gemachte Erderwärmung gibt. Doch inzwischen verfestigt sich immer mehr die Einsicht, dass es nicht mehr um die drohende Gefahr einer globalen Erderwärmung in der Zukunft geht. Der Klimawandel ist in vielen Teilen der Welt schon heute Realität und er wird wahrscheinlich die Szenarien des Weltklimarates noch übersteigen.
    Es muss nüchtern konstatiert werden, dass alle Anstrengungen, den Klimawandel in seinen Auswirkungen zu begrenzen, in den letzten Jahren nicht von Erfolg gekrönt waren – eine Minderung der Treibhausgasemissionen wurde allein durch die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 bewirkt.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
  12. Thomas Oppermann will trotz Flüchtlingskrise an schwarzer Null festhalten
    Der SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann hält am Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts fest – trotz finanzieller Belastungen der Flüchtlingskrise. „Die Haushaltsdisziplin der vergangenen Jahre hat uns in diesem Jahr in die Lage versetzt, die Kosten der Flüchtlingskrise aus den Überschüssen finanzieren zu können. Das sollten wir auch weiterhin anstreben“, sagte Oppermann der WirtschaftsWoche.
    Mit Blick auf die laufenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2017 mahnt Oppermann zur Disziplin. „Die Einhaltung der Schuldenbremse ist ein verfassungsrechtliches Gebot“, sagte er der WirtschaftsWoche. Die Finanzierung der öffentlichen Ausgaben, auch die Bewältigung der Flüchtlingskrise, dürfe zwar nicht am Geld scheitern. „Trotzdem ist die schwarze Null wünschenswert“, so Oppermann.
    Quelle: WirtschaftsWoche

    Anmerkung C.R.: Herr Oppermann scheint einer jener SPD-Mitglieder zu sein, bei dem sich nicht Wenige fragen, ob er lediglich Mitglied der Partei oder tatsächlich Sozialdemokrat ist.
    Er vertritt hier eindeutig die Position der Unionsparteien und er ist sich dessen offenbar nicht einmal bewusst.

  13. Mit dem Gesicht im Dreck
    Über 2.100 Polizisten wurden 2014 wegen Gewalttätigkeit angezeigt. Nur 33 wurden angeklagt. Ihre Opfer hingegen landen oft vor Gericht. (…)
    Vor einigen Monaten hat correctiv.org erstmals genaue Zahlen zur Polizeigewalt veröffentlicht – und von der fast durchgängigen Straflosigkeit berichtet. Jetzt liegen exklusiv die Zahlen für 2014 vor: Demnach wurden in dem Jahr 2138 Polizisten wegen Körperverletzung von Bürgern angezeigt. Nur gegen 33 Polizisten haben die zuständigen Staatsanwaltschaften Anklage erhoben – ganze 1,5 Prozent. Wie viele Polizisten tatsächlich verurteilt wurden, wird nicht statistisch erhoben. Es dürfte – wenn überhaupt – eine Handvoll sein.
    Ganz anders die Gegenseite: Wer einen Polizeibeamten anzeigt, erhält meist umgehend eine Gegenanzeige wegen „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“. Diese wurden in fast allen Fällen von einer Staatsanwaltschaft zur Anklage gebracht. Rund ein Viertel der Angeklagten wurde am Ende auch verurteilt. (…)
    Kritik kommt auch von Amnesty International und dem Menschenrechtsrat der UN. Der fordert seit Jahren „unabhängige Behörden zur Strafverfolgung von Polizisten, ohne hierarchische oder institutionelle Verbindung zwischen Beschuldigtem und Ermittlern“. In Deutschland gibt es bisher
    Quelle: taz
  14. Aus dem Leben gerissen
    15 lange Jahre hat es gedauert, nun sind vier ranghohe hessische Steuerfahnder in letzter Instanz endgültig rehabilitiert worden. Falsche Gutachten hatten sie für verrückt erklärt und sie beruflich aus dem Verkehr gezogen. Von einer Anerkennung des Unrechts durch die Verantwortlichen fehlt allerdings bis heute jede Spur (…)
    Gegenstand ihrer Ermittlungen waren damals vor allem Großbanken, die ihre Kunden deckten, aber auch die Liechtensteiner Stiftung Zaunkönig, in der Schwarzgeld der CDU illegal gebunkert worden war. Es drängte sich der Verdacht auf, dass die 1999 ins Amt gewählte Landesregierung unter Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zumindest nichts dagegen hatte, dass gut betuchte Steuersünder fürderhin nicht mehr verfolgt werden sollten. Ganze Abteilungen im Finanzamt rebellierten, unterschrieben Protestbriefe, versuchten, den Erlass intern zu revidieren. Vergeblich. 2001 nahm eine Welle von Versetzungen und Schikanen ihren Lauf. Viele resignierten. Nur die vier gaben nicht auf.
    Quelle: ver.di publik

    Anmerkung unseres Lesers A.L.: Angesichts steigender Ungleichheit in Deutschland und europaweit sowie permanenter Steuerhinterziehungsskandale ist der katastrophale Zustand der Steuerverwaltung in Deutschland aus dem Blick geraten. Zu Unrecht, wie dieses Vorgehen gegen renitente Steuerprüfer zeigt.

  15. Die Zeit über Sanders: Wenn ‚Liberale‘ immer noch vom „Ende der Geschichte“ überzeugen wollen
    Es ist kein Geheimnis, dass die Lieblingsinterpretation im westlichen Medienmainstream, immer wenn es um die Frage ging, in welcher Welt wir denn wohl leben, über mehrere entpolitisierende Jahrzehnte hinweg jene von der ideologielosen, liberalen Demokratie war, in der politische Prozesse keine Angelegenheit mächtiger Lobbies, ökonomischer Aneignungsinteressen und einschlägig ökonomistischer Dogmen waren, sondern eben eine der „politischen Vernunft“, des „Sachzwangs“ und der „Alternativlosigkeit“. Wer im neunten Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise und im 16. Jahr nach (verstärkter) In-Brand-Setzung des Nahen und Mittleren Osten in die Welt schaut, wer die Radikalisierung auf der Rechten betrachtet und ihr Potential erahnt in Anbetracht eines Zeitgeistes, der mit seinem Kosten-Nutzen- und Konkurrenzfanatismus – aber ebenso durch gezielte „Reform“propaganda (Stichwort: „Es gibt kein Recht auf Faulheit“) – in vielen Köpfen Furcht, Wut und die „Ideologie der Ungleichwertigkeit“ (Heitmeyer) hervorgefördert hat – was nun wiederum an den Leidtragenden der westlichen Geopolitik ausgelebt wird – der oder die weiß, dass die Zeiten stetiger Fortführung vorüber sind.
    Dies will man jedoch im Medienmainstream nachwievor offenbar nicht zur Kenntnis nehmen. Ob Labour unter Corbyn, ob Podemos, ob eine portugiesische Regierung, die sich dem Austeritätsdogma zu entziehen versucht, ob ein Varoufakis, der zu einer Bewegung zur Demokratisierung Europas aufruft, sie sind eben alle „Träumer“, „Phantasten“, „Selbstdarsteller“ oder „Naivlinge“. Das ist häufig der Tenor dessen, was über sie berichtet wird, wenn denn über sie berichtet wird. So steht es nun auch mit Bernie Sanders, der gern über das Label „Radikaler“ in eine Kategorie mit Trump gezwängt wird, auf dass dessen Unattraktivität auf ihn abfärbt.
    Quelle: Maskenfall
  16. Über die neue Wut auf die Medien
    “Lügenpresse in die Fresse” heißt es bekanntlich gerne bei Pegida-Aufmärschen und ähnlicher Versammlungen deutschnationaler Wutbürger. Dem hält die linke Tageszeitung “Junge Welt” als Werbegag entgegen: “Ich halte meine Presse”, dazu ein Foto eines Lesers mit dem Blatt in der Hand. Aber auch die “Junge Welt” wettert in Richtung Establishment: “Sie lügen wie gedruckt. Wir drucken wie sie lügen.” Und in zahlreichen Büchern wird angeprangert, wie die Medien uns manipulieren und verblöden. Klar ist, es gibt einen aktuellen gesellschaftlichen Diskurs über die Rolle der Medien und diese kommen dabei schlecht weg. Ein vierteiliger Essay über die neue Wut über die Medien und warum das so ist.
    Quelle: Rudolf Stumberger auf Telepolis

    Dazu: Vom “Spiegel-Bild”
    Und es begab sich, dass eines Tages alle Spieglein im Land nur noch eine Fratze zeigten: Die des bösen Putin, russischer Despot und Schlimmeres noch: Manifestierte sich in seiner Person nicht gar der Leibhaftige?
    Quelle: Rudolf Stumberger auf Telepolis

  17. Presse und Strafrecht
    Die “Lügenpresse” berichte falsch über die Wirklichkeit der Kriminalität und des Strafrechts, hören wir aus Sprechchören vermeintlicher Wahrheitskenner. Ganz so einfach ist das nicht.
    Denken Sie, Lüge und Wahrheit in der Berichterstattung über das Strafrecht sei ein neues Thema? Sie irren. “Strafrecht und Presse” ist ein Thema, seit es “Presse” gibt: Vielleicht seit den Zeiten der Rezeption, als die gelehrten Scolaren den tumben Deutschen die Wissenschaft vom Recht aus Bologna überbrachten, vielleicht seit die ersten Drucker druckten und die Nachrichten vom unerhörten Geschehen sich ablösten von der mündlichen Überlieferung und dem bloßen Gerücht.
    Denn “unerhört” ist ja die Nachricht vom Strafrecht an sich, und vom echten Verbrechen erst recht. Sie durchbricht den Frieden des Einzelnen, der Familie, des Dorfs. Sie kündet von Begebenheiten, die uns fürchten machen: Schreien, Schlagen, Stechen, Blut und Angst, Verzweiflung und Einsamkeit, Erregung und Leidenschaft.
    Das Verbrechen ist in unserem Leben also nicht die banale Brutalität eines überdrehten Gotham City. Es ist singulär, außergewöhnlich. Es ist die Furcht vor dem betrunkenen Vater, der gnadenlosen Mutter, dem finsteren Dunkel, dem kalten Schmerz, der Gewalt, dem Fremden. Das Verbrechen sucht der Mensch immer im Fremden, nie in sich selbst. Recht hat er, und irrt doch. Selbst da, wo der deutsche Bürger nichts mehr erkennen kann als eine lebensfeindliche Wüste aus Bedrohung, Regellosigkeit und Niedertracht, richten sich Menschen ein, arrangieren sich auf immer neue Weise mit der Regel und der Ausnahme, begründen ihre Moral und versuchen, sie als Gesetze durchzusetzen.
    Quelle: Thomas Fischer auf zeit.de
  18. Eine gelobte Rede und ihre Gehaltslosigkeit
    Mit etwas zeitlichem Abstand zur Goldenen Kamera lässt sich sagen: Ja, Respekt vor Dunja Hayali! Sich täglich aufzurappeln, obgleich man den Hass dieser unterversorgten Bürger (mehr so geistig betrachtet) frontal zu spüren bekommt, das bedarf schon eines starken Charakters. Aber nein, so romantisch wie sie es dann bei ihrer Rede ausgemalt hat, war es niemals. Journalisten machen eben nicht nur immer mal Fehler, sie berichten oftmals zielgerichtet und vertreten nicht unbedingt die Wahrheit, sondern die medialen Belange von Interessensgruppen und Lobbyverbänden. Und es ist eben nicht so simpel, wie ihr Appell suggerieren wollte: Einfach mal das Gespräch mit Journalisten suchen und mit diesen um Argumente zu streiten, das klappte bei einer ganzen Reihe von Themen über Jahre hinweg überhaupt nicht. Das heißt aber natürlich auch wiederum nicht, dass es die von langer Hand geplante Lügenpresse gibt.
    Quelle: ad sinistram
  19. Es war irgendwann nicht mehr auszuhalten
    Der frühe Tod des großen Interviewers Roger Willemsen schmerzt. Für Planet Interview traf sich David Sarkar 2014 in Hannover mit Willemsen, der gerade sein Buch „Das Hohe Haus“ veröffentlicht hatte. Ein Interview über das Kaugummi-Verbot im Bundestag, schlechtes Schauspiel, heikle Abstimmungen und desinteressierte Abgeordnete.
    Quelle: Planet Interview

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