Zusammenspiel von Umfrageinstituten, Medien und Politik

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Gestern meldeten verschiedene Medien, unter anderem SpiegelOnline und Financial Times Deutschland (siehe unten), die SPD lege in Umfragen deutlich zu. Begründet wird die Feststellung dieses vom Spiegel „Beck-weg-Effekt“ genannten Phänomens mit einer Erhebung von Forsa. An diesem Vorgang kann man gut sehen, wie hierzulande in der Kombination von Umfragen und Medien wichtige politische Entscheidungen herbeigeführt werden. Dabei kann man in Rechnung stellen, dass Umfrageergebnisse bestellt werden können. Ich habe das schon selbst erlebt. Albrecht Müller

Im konkreten Fall können wir seit Monaten beobachten, dass das Meinungsforschungsinstitut Forsa die SPD deutlich unter den Werten sah, die andere Umfrageinstitute erhoben hatten. Bei Forsa schwankte die SPD zwischen 20 und 23%. Bei anderen um die 26%. Dies kontinuierlich. Jetzt fügt sich auch Forsa wieder in die Reihe der anderen Institute ein und siehe hier.
Forsa und sein Leiter Güllner sind seit Jahren eng verbunden mit der Gruppe um Schröder und zugleich um Medien aus dem Hause Bertelsmann. Es ist zu vermuten, dass Forsa die SPD in den letzten Monaten niedrig eingestuft hat zur Vorbereitung des am vergangenen Sonntag stattgefundenen Personenwechsels bei der SPD. Das ist sehr plausibel: mit den schlechten Umfragewerten wollte man belegen, dass der SPD die Öffnung für eine Kooperation mit oder Duldung durch die Linkspartei nicht und auch der Vorsitzende Beck nicht gut tut. Gleichzeitig wurden immer wieder Umfrageergebnisse bekannt, die den potentiellen Kanzlerkandidaten Steinmeier als sehr beliebt erscheinen ließen. Nachdem die Entscheidung getroffen ist, kann die SPD wieder steigen. Das ist dann der Beck-weg-Effekt und demnächst der Steinmeier/Müntefering Effekt.
Man kann als Umfrageinstitut eine solche politisch wirksame Strategie nicht umsetzen ohne Medien, in konkreten Fall konnte sich Forsa auf Auftraggeber und auf Multiplikatoren aus der Reihe der Medien verlassen: Stern, RTL, Spiegelonline – gelegentlich auch die Frankfurter Rundschau und einige mehr – sorgten für die Verbreitung der politisch gezielten Erhebungen.
Die Implementierung einer solchen Strategie verlangt gefügige Medien, solche die bereit sind, sich als Instrumente benutzen zu lassen. Im konkreten Fall liegt es nahe zu vermuten, dass außer den politischen Profiteuren auch das Haus Bertelsmann und in Kombination damit Springer und Bild Interesse an einer Verfestigung des neoliberalen Kurses der SPD haben. Man kann es auch noch deutlicher formulieren: vermutlich ist Steinmeier der Spitzenkandidat von Bertelsmanns und Springers Gnaden. Sie bestimmen die innere Willensbildung bei der SPD und vermutlich auch in weitem Maße bei der CDU mit.

Anhang

09. September 2008,
BECK-WEG-EFFEKT
SPD legt in Umfrage deutlich zu

Der Umbau an der Spitze scheint sich für die SPD bei den Wählern auszuzahlen: Die Sozialdemokraten legten bei einer Forsa-Umfrage um vier Punkte zu. In Bayern liegen die Genossen zwar unter 20 Prozent, die CSU muss aber um die absolute Mehrheit bangen.
Hamburg – Das Aus für SPD-Chef Kurt Beck kommt bei den Wählern offenbar gut an. In einer Forsa-Umfrage für “Stern” und RTL legten die Sozialdemokraten von Freitag bis Montag in der Wählergunst um vier Punkte auf 26 Prozent zu.
Quelle: Spiegel Online 9.9.2008

Umfrage
Wähler honorieren neue SPD-Spitze

Was ein Wochenende bewirken kann: Nach dem putschartigen Wechsel an der Parteispitze kann die SPD in einer Forsa-Blitzumfrage deutlich zulegen. Die Parteibasis steht mit großer Mehrheit hinter dem neuen Führungsduo Steinmeier und Müntefering.
Quelle: Financial Times Deutschland

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