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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Steuerdebatte in Bildern: Hier hängt der Mittelstandsbauch
  2. Europa soll mehr für die Verteidigung tun
  3. Wie aus Linken Rechte werden – Der vermeidbare Aufstieg des Front National
  4. Feudalisierung für jeden – Die neuen Diener
  5. The death of neoliberalism and the crisis in western politics
  6. Morddrohungen gibt es regelmäßig
  7. Weitere Kampagnen-Artikel zur Rentendebatte
  8. Großdemonstrationen in Chile: Zigtausende gegen Rentensystem
  9. Bedingungsloses Grundeinkommen: NEIN, Grundrecht auf soziale Teilhabe: JA
  10. Hannelore Kraft sagt Ja zu Ceta und bleibt skeptisch bei TTIP
  11. Streit um Einflussnahme von Boehringer Ingelheim auf die Uniklinik Mainz
  12. Konfrontation als Ziel
  13. GRÜNE treiben das Schlachten in Syrien voran
  14. Grün-schwarzes Gemauschel
  15. Corbyn makes pledge to strengthen union negotiating powers
  16. Behaupten, behaupten, einfach nur behaupten
  17. Zu guter Letzt: Die Erträge öffentlicher Pensionsfonds brechen ein

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Steuerdebatte in Bildern: Hier hängt der Mittelstandsbauch
    Deutschland diskutiert über Steuersenkungen – im Wahlkampf dürfte das Thema dominieren. Doch was steckt hinter Begriffen wie Mittelstandsbauch, kalte Progression oder Flat Tax?
    Bei der Auswahl ihrer Urlaubslektüre dürften sich auch in diesem Sommer die wenigsten Deutschen für ein schönes Steuerkonzept entschieden haben. Den meisten reicht es wohl, sich einmal im Jahr durch ihre Steuererklärung zu quälen. Zumal die Regeln des deutschen Fiskus in einer oft gruselig verstümmelten Sprache niedergelegt sind – vom Pauschbetrag bis zur degressiven AfA.
    Doch in den kommenden Monaten lohnt die Beschäftigung mit der sperrigen Materie besonders. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass Steuerentlastungen eines der wichtigsten Themen im Bundestagswahlkampf werden
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Da greift der SPIEGEL ja ein ganz heißes Eisen des “Bundes der Steuerzahler” auf – das untote Gerede von den Steuersenkungen wird doch sonst nur alle paar Wochen von Union und FDP aufs Tapet gebracht. Immerhin wird dargestellt, daß die vom Wirtschaftsflügel der Union geforderten Steuersenkungen und die Flat Tax von Paul Kirchhof äußerst sozial ungerecht sind und ausschließlich den Besser- und Bestverdienenden nützen. Das Problem mit der kalten Progression hat der SPIEGEL (natürlich oder absichtlich?) völlig mißverstanden: beim SPIEGEL soll der Lohn anscheinend nur mit der Inflationsrate und nicht, wie es vernünftig und richtig wäre, mit Zielinflationsrate (2 Prozent) plus Produktivitätszuwachs (mindestens 1 Prozent), also mit mindestens 3, besser 4 Prozent pro Jahr steigen, und dann hätten die Arbeitnehmer trotz kalter Progression netto mehr in der Tasche. Und vor allem werden hier wieder Randthemen aufgebauscht und nicht die wirklich dringenden Probleme thematisiert: daß die Löhne in Deutschland um mindestens 20 Prozent zu niedrig sind und eine entsprechende Erhöhung, kalte Progression hin oder her, den Bürgern viel mehr helfen würde (es geht um mehrere hundert Milliarden Euro im Jahr). Daß die Steuergeschenke an Kapitalgesellschaften durch die radikalen Körperschaftsteuersenkungen von Schröder (30 Milliarden Euro im Jahr ab 2001) und die faktische Abschaffung der Erbschaftsteuer für Unternehmenserben nicht bezahlbar sind. Und daß unser Staat vorsätzlich und chronisch unterfinanziert ist, Infrastruktur und Bildung verrotten, und noch eine Steuersenkung für Gutverdiener das letzte ist, was unser Gemeinwesen braucht.

    Dazu: Steuern runter! – Spiegel Ausgabe 34/2016

    Anmerkung JK: Ein vollgefressener Bundesadler als Sinnbild des gierigen Staates. Das ist reinste neoliberale Metaphorik. Wieder macht der Spiegel seinen Ruf als neoliberales Kampagnenmedium alle Ehre. Offenbar läuft sich die Spiegel-Redaktion schon einmal für den Bundestagswahlkampf 2017 warm und schreibt dazu ganz unschuldig. „Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass Steuerentlastungen eines der wichtigsten Themen im Bundestagswahlkampf werden.“

  2. Europa soll mehr für die Verteidigung tun
    Deutschland, Frankreich und Italien wollen die Sicherheit der Europäischen Union in Zeiten von Terrorgefahr und Flüchtlingsandrang auch mit mehr Militärkooperation stärken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag nach einem Gespräch mit Italiens Regierungschef Matteo Renzi und dem französischen Präsidenten François Hollande auf dem Flugzeugträger “Garibaldi”: “Wir spüren angesichts des islamistischen Terrors, angesichts des Bürgerkrieges in Syrien, dass wir mehr für unsere innere und äußere Sicherheit tun müssen.” Die Europäische Union stehe aktuell vor “riesigen Herausforderungen”.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Ein Dreiergipfel auf einem Flugzeugträger. Was für ein Signal. Gegenwart und Zukunft der Europäischen Union werden längst nicht mehr in der Gemeinschaft aller Mitgliedsstaaten an einem runden Tisch in ziviler Atmosphäre verhandelt, sondern bei kleinen Treffen, mit großem militärischem Gerät als (Droh)Kulisse. Dieser Hintergrund soll wohl Entschlossenheit suggerieren, um gleichzeitig davon ablenken zu können, dass nach wie vor große Uneinigkeit herrscht. So hält Merkel weiterhin an ihrem Mantra der Wettbewerbsfähigkeit fest, während Renzi und Hollande vor einer Spaltung der EU warnen und neue Impulse verlangen.

    dazu: Baustellen statt Visionen
    Auf einem Flugzeugträger beginnen drei Staatschefs mit den Planungen für eine attraktive Post-Brexit-EU. Die Probleme sind gravierend. Erst die Schuldenkrise in Griechenland, dann die Flüchtlingskrise, nun auch noch der Brexit: Die EU kommt nicht zur Ruhe. Um den drohenden Zerfall zu verhindern, treffen sich die 28 Staats- und Regierungschefs nun in kleinen Runden, um Reformen vorzubereiten und die EU attraktiver zu machen. Nicht immer geht es dabei so spektakulär zu wie am Montag, als sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef Francois Hollande und Italiens Premier Matteo Renzi auf einem Flugzeugträger vor der Küste von Neapel trafen.
    Renzi und Hollande hätten das zwar gerne einen „Neustart“ der EU mit mehr Investitionen, weniger strikten Budgetregeln und einer expansiveren Wirtschaftspolitik. Doch Merkel steht auf der Bremse. Nicht „mehr Europa“, sondern eine bessere EU-Politik heißt ihr Motto. Aktuell lassen sich fünf Reform-Baustellen ausmachen:
    Quelle: Eric Bonse in der taz

  3. Wie aus Linken Rechte werden – Der vermeidbare Aufstieg des Front National
    In meiner Kindheit ist meine gesamte Familie „kommunistisch“ gewesen, und zwar in dem Sinn, dass die Bindung an die Kommunistische Partei als eine Art politisches Ordnungsprinzip den Horizont des Verhältnisses zur Politik überhaupt bestimmte. Wie aber konnte es dazu kommen, dass man in derselben Familie wenig später rechte oder rechtsextreme Parteien wählte und dies sogar manchmal als die „natürliche“ Wahl empfand? Was war geschehen, dass nun so viele den Front National wählten, die ihn zuvor intuitiv als Klassenfeind betrachtet und seine Vertreter genüsslich beleidigt hatten, sobald sie auf dem Fernsehschirm auftauchten (eine seltsame und doch wirksame Art, sich in dem zu bestätigen, was man ist und woran man glaubt)? Und wie kam es dazu, dass ein erheblicher Teil dieser Wähler im zweiten Wahlgang einem Kandidaten der zuvor geächteten bürgerlichen Rechten seine Stimme gab oder sogar schon im ersten Wahlgang jenen Hampelmann der Business-Bourgeoisie unterstützte, der schließlich ins Präsidentenamt aufstieg? Und vor allem: Welch riesigen Anteil an dieser Entwicklung hatte die offizielle Linke – und all jene, die ihr politisches Engagement der 1960er und 70er Jahre gar nicht schnell genug als Jugendsünde abtun und in Ämter und Machtpositionen aufsteigen konnten, wo sie rechtem Denken Vorschub leisteten mit ihrem Versuch, das Wesens- und sogar Gründungsmerkmal der Linken vergessen zu machen, das seit dem 19. Jahrhundert darin besteht, soziale Antagonismen und Unterdrückungsmechanismen zu thematisieren oder ganz einfach den Beherrschten eine politische Stimme zu geben?
    Was aus der politischen Repräsentation und den kritischen Diskursen verschwand, war nicht nur die Arbeiterbewegung mit ihren Kämpfen und Traditionen, es waren die Arbeiter selbst, ihre Kultur, ihre spezifischen Lebensbedingungen, ihre Hoffnungen und Wünsche.
    Wenn ich aber sehe, was aus denen geworden ist, die sich damals am Mythos des proletarischen Aufstands berauschten und den Bürgerkrieg predigten, wie könnte ich da behaupten, dass mein Vater falsch lag? Sie sind genauso selbstsicher und vehement wie früher, verurteilen heute jedoch (mit wenigen Ausnahmen) all das, was auch nur von Weitem nach einem Protest der „populären Klassen“ aussieht.
    Die sozialistische Linke unterzog sich einer radikalen, von Jahr zu Jahr deutlicher werdenden Verwandlung und ließ sich mit fragwürdiger Begeisterung auf neokonservative Intellektuelle ein, die sich unter dem Vorwand der geistigen Erneuerung daran machten, den Wesenskern der Linken zu entleeren. Es kam zu einer regelrechten Metamorphose des Ethos und der intellektuellen Koordinaten. Nicht mehr von Ausbeutung und Widerstand war die Rede, sondern von „notwendigen Reformen“ und einer „Umgestaltung“ der Gesellschaft. Nicht mehr von Klassenverhältnissen oder sozialem Schicksal, sondern von „Zusammenleben“ und „Eigenverantwortung“. Die Idee der Unterdrückung, einer strukturierenden Polarität zwischen Herrschenden und Beherrschten, verschwand aus dem Diskurs der offiziellen Linken und wurde durch die neutralisierende Vorstellung des „Gesellschaftsvertrags“ ersetzt, in dessen Rahmen „gleichberechtigte“ Individuen (gleich? was für ein obszöner Witz) auf die Artikulation von Partikularinteressen zu verzichten (das heißt zu schweigen und sich von den Regierenden nach deren Gusto regieren zu lassen) hätten.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik

    Anmerkung JK: Pointierter kann man den Verrat der eigenen Grundsätze und Programmatik durch ehemals linke und sozialdemokratische Parteien nicht darstellen und in Anlehnung an Max Horkeimer lässt sich formulieren: Wer vom Neoliberalismus nicht reden will, sollte auch vom Rechtspopulismus schweigen.

  4. Feudalisierung für jeden – Die neuen Diener
    Alle sind so aufgeschlosssen, fair und korrekt. Aber da gibt es die Polin, die die Wohnung putzt. Die Einkäufe trägt der Bote die Treppe hoch, und abends kommt der Lieferdienst mit dem Essen. Für Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege suchen wir uns am einfachsten im Internet Personal.
    Das hat Überhand genommen, meint Christoph Bartmann. Besonders in New York , wo er lebt. Hier ist das Servicesystem bereits voll ausgearbeitet, erklärt der Autor des Buches “Die Rückkehr der Diener”. Allein Popsänger Sting beschäftigt 100 Leute – ein echter Hofstaat. Aber es geht gar nicht um die Entourage der Reichen und Superreichen, sondern um die Leute aus der Mittelschicht, denen alles zu viel wird.
    Häusliche Dienstleistungen aller Art werden für sie das Ventil, das für Entlastung sorgen soll. Weil sie sich einfach übernehmen, mit dem, was sie tun, meint Christoph Bartmann. Die Gesellschaft wird geteilt in putzen und putzen lassen. Und das Leben wird getrennt in Arbeit und die “Qualitytime” mit Weekend-Yoga und Party. Um den Schmutz sollen sich die anderen kümmern. Die Neofeudalisierung passiert schleichend dort, wo man sich scheinbar aufgeklärt gibt.
    Quelle: DRadio Wissen

    Anmerkung JK: Der Titel ist etwas unpräzise. Die wenigsten werden sich die neuen Dienstboten leisten können. Das Thema verweist aber auf eine Entwicklung deren Grundlage mit der Agenda 2010 und der Einführung des Hartz-IV Systems gelegt wurde und welche die Heuchelei und Verlogenheit des linksliberalen Juste Milieus entlarvt, das natürlich sehr gerne die Dienstleistungen der Billiglöhner und prekär Beschäftigten für einen angenehmen Lebensstandard nutzt und sich dabei noch aufgeklärt und kosmopolitisch vorkommt.

    dazu: Bürgerliche Befehlshaber
    Christoph Bartmann übt in “Die Rückkehr der Diener” scharfe Kritik am Zynismus des neuen Bürgertums, der sich im Umgang mit dem Hauspersonal manifestiere. Deren Beschäftigung zementiere in vielen Fällen das soziale Gefälle und werfe Fragen zu Ungerechtigkeit auf.
    Nein, der Vorstand eines gut situierten Mittelschicht-Haushalts tut der portugiesischen Putzhilfe oder dem kroatischen Kindermädchen keinen Gefallen, wenn er ihre Arbeitskraft nutzt, sie vermeintlich anständig bezahlt (meist am Finanzamt vorbei) und die Dienstleisterin vielleicht sogar noch zur Mitreise in den Familienurlaub einlädt.
    Im Gegenteil: Er beutet sie aus, er zementiert ein soziales Gefälle, verhindert die Integration, die er zu fördern vorgibt, und ist sich meist sogar bewusst, in einem moralischen Dilemma versagt zu haben. Niemand legt sich im Morgenmantel faul aufs Sofa, während die Haushaltsperle den Fußboden davor schrubbt.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur

  5. The death of neoliberalism and the crisis in western politics
    The western financial crisis of 2007-8 was the worst since 1931, yet its immediate repercussions were surprisingly modest. The crisis challenged the foundation stones of the long-dominant neoliberal ideology but it seemed to emerge largely unscathed. The banks were bailed out; hardly any bankers on either side of the Atlantic were prosecuted for their crimes; and the price of their behaviour was duly paid by the taxpayer. Subsequent economic policy, especially in the Anglo-Saxon world, has relied overwhelmingly on monetary policy, especially quantitative easing. It has failed. The western economy has stagnated and is now approaching its lost decade, with no end in sight.
    After almost nine years, we are finally beginning to reap the political whirlwind of the financial crisis. But how did neoliberalism manage to survive virtually unscathed for so long? Although it failed the test of the real world, bequeathing the worst economic disaster for seven decades, politically and intellectually it remained the only show in town. Parties of the right, centre and left had all bought into its philosophy, New Labour a classic in point. They knew no other way of thinking or doing: it had become the common sense. It was, as Antonio Gramsci put it, hegemonic. But that hegemony cannot and will not survive the test of the real world.
    The first inkling of the wider political consequences was evident in the turn in public opinion against the banks, bankers and business leaders. For decades, they could do no wrong: they were feted as the role models of our age, the default troubleshooters of choice in education, health and seemingly everything else. Now, though, their star was in steep descent, along with that of the political class. The effect of the financial crisis was to undermine faith and trust in the competence of the governing elites. It marked the beginnings of a wider political crisis.
    But the causes of this political crisis, glaringly evident on both sides of the Atlantic, are much deeper than simply the financial crisis and the virtually stillborn recovery of the last decade. They go to the heart of the neoliberal project that dates from the late 70s and the political rise of Reagan and Thatcher, and embraced at its core the idea of a global free market in goods, services and capital. The depression-era system of bank regulation was dismantled, in the US in the 1990s and in Britain in 1986, thereby creating the conditions for the 2008 crisis. Equality was scorned, the idea of trickle-down economics lauded, government condemned as a fetter on the market and duly downsized, immigration encouraged, regulation cut to a minimum, taxes reduced and a blind eye turned to corporate evasion.
    It should be noted that, by historical standards, the neoliberal era has not had a particularly good track record. The most dynamic period of postwar western growth was that between the end of the war and the early 70s, the era of welfare capitalism and Keynesianism, when the growth rate was double that of the neoliberal period from 1980 to the present.
    Quelle: The Guardian

    Anmerkung JK: Wenn der Autor bezüglich des Endes der neoliberalen Ideologie nicht zu optimistisch ist. Die politische Hegemonie dieser ist zumindest in Deutschland ungebrochen.

  6. Morddrohungen gibt es regelmäßig
    Jens Spahn ist 36 Jahre alt – und gehört trotz seines jungen Alters bereits zum politischen Inventar der Republik. Seit 2002 ist er Mitglied des Bundestags, erst als Gesundheitspolitiker, bis er ins Bundesfinanzministerium als Staatssekretär aufrückte. Über die Rente, sein Lieblingsthema, redet er aber immer noch gern, obwohl er deshalb schon als “Hosenscheißer” beschimpft wurde und “regelmäßig” Morddrohungen bekomme.
    Über die Rente wird derzeit viel diskutiert. Bekommen die Alten zu wenig Geld? “Den Rentnern geht es doch so gut wie noch nie”, sagt Spahn im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Das Rentenniveau sei mit derzeit 47,5 Prozent eines Durchschnittslohns besser als erwartet. Auch 2020 und 2030 werde das Niveau über dem politisch festgelegten Mindestmarken von 46 beziehungsweise 43 Prozent liegen.
    Auch zur umstrittenen Riester-Rente äußert sich Spahn – und fordert Reformen. “Wir sollten prüfen, ob wir die Entscheidung über die Zulagen nicht doch bei den Finanzämtern ansiedeln können. Die prüfen ja ohnehin schon, ob dem Riester-Sparer Steuervorteile zustehen”, sagt Spahn. Nach Ansicht des CDU-Politikers müsste es auch die Zulagen für die staatlich geförderte private Altersvorsorge automatisch geben, und nicht erst nach Antrag. “Viele füllen die komplizierten Formulare heute gar nicht aus”, sagt Spahn.
    Spahn kritisiert die laufende Debatte um die Altersversorgung. “Einige Politiker und Gewerkschafter haben das Kunststück geschafft, im Jahr der größten Rentenerhöhung seit 23 Jahren eine Debatte über Altersarmut vom Zaun zu brechen”, sagt er. “Zu viele haben das falsche Bild einer drohenden massenhaften Altersarmut im Kopf. Das ist – bei allem Respekt – totaler Quatsch.”
    Spahn ist überzeugt, dass viele Arbeitnehmer länger arbeiten wollen. Sein Vater, der mal Prokurist war, würde jetzt “immer mal wieder” als Fahrer Geld dazu verdienen, weil er das Nichts-Tun als Rentner zu Hause nicht aushalte.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung JK: Es fällt einem schwer zum dummen und zynischen Gefasel von Spahn noch überhaupt etwas zu sagen. Vor allem da dieser als Finanzstaatssekretär verkleidete Pharma- und Finanzindustrielobbyist von Dingen redet, von denen er überhaupt keine Ahnung hat. Spahn sitzt seit 2002 im Bundestag, sprich der Mann hat in seinem ganzen Leben, sieht man von seiner Banklehre ab, noch nie wirklich gearbeitet. Um seine Altersversorgung braucht sich Spahn allerdings keinerlei Sorgen machen, er kann als Parlamentarier und Staatssekretär auf einen luxuriöse Altersvorsorge zurückgreifen für die natürlich der Steuerzahler aufkommt. Da kann man anderen schon einmal empfehlen, länger zu arbeiten. Dabei ist es heute so, dass man bereits mit Ende vierzig faktisch keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt hat. Es ist grotesk, solche Figuren sollen politische Entscheidungen über die Altersbezüge von Millionen Bürgern treffen.
    Es ist allerdings interessant zu sehen wie die neue Kampagne der “Qualitätsmedien” zur Rente mit 69 Fahrt auf nimmt und wie reibungslos die Zusammenarbeit der Politik mit den Kampagnen-Journalisten funktioniert. Losgetreten wurde die Kampagne durch die Bundesbank, die sich solcher Einmischungen in die öffentliche politische Debatte eigentlich zu enthalten hat. Es wäre deshalb naiv zu glauben, dass diese Kampagne nicht aus der obersten Etage des Kanzleramtes abgesegnet wäre.

    dazu: Rente: Wo geriestert wird, fallen Jens‘ Spähne
    Quelle: Der Spiegelfechter

  7. Weitere Kampagnen-Artikel zur Rentendebatte
    1. Rente mit 73
      Die Deutschen leben immer länger. Und immer gesünder. Was spricht dagegen, auch immer länger zu arbeiten?
      Quelle: FAZ
    2. Was brauchen wir eigentlich im Alter?
      Viele Menschen fürchten um ihren Lebensstandard. Vielleicht wird die Angst davor geringer, wenn man mal eine grundsätzliche Frage stellt.
      Quelle: Süddeutsche

      Anmerkung JK: Eine weiterer, von Zynismus strotzender, Beitrag zur Kampagne für die Rente mit 69. Seltsam, dass die Frage, was man eigentlich so braucht im Leben, sich immer nur die Menschen stellen sollen, welchen es materiell sowieso nicht bestens geht.

  8. Großdemonstrationen in Chile: Zigtausende gegen Rentensystem
    Die Privatisierung der Rentenkassen stammt noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur. Die Rentenauszahlungen liegen weit unter den zugesagten Beträgen.
    Hunderttausende Menschen haben am Sonntag in der chilenischen Hauptstadt Santiago und anderen Teilen des Landes gegen das noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur stammende System der privaten Rentenkassen demonstriert.
    Allein in der Hauptstadt Santiago gingen den Veranstaltern zufolge 600.000 Demonstranten auf die Straße. Nach Angaben der Polizei waren es 80.000. Die Kundgebungen fanden auch in rund 50 weiteren Städten statt.
    Der Protest richtete sich gegen das unter der Militärdiktatur von Augusto Pinochet 1981 eingeführte System, mit dem die Altersvorsorge privatisiert wurde. Vor allem die neoliberalen Wirtschaftsberater des Diktators, die „Chicago-Boys“, drängten damals zu dem Schritt. Ihnen ging es nicht nur darum, den drohenden Bankrott des staatlichen Pensionssystems abzuwenden, sondern auch um eine höhere Sparquote.
    Von dem System sind etwa zehn Millionen Beschäftigte betroffen. Die ausgezahlten Rentenbeträge liegen weit unter den zugesagten 70 Prozent des letzten Einkommens. Nach Angaben der staatlichen Aufsichtsbehörde der Pensionskassen beziehen die chilenischen Pensionäre durchschnittlich 197.726 Pesos (265 Euro).
    Unter dem Druck anhaltender Proteste hatte die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet vor zwei Wochen eine Reform des Rentensystems angekündigt. Bachelets Zustimmungswerte in der Bevölkerung liegen derzeit Umfragen zufolge bei 15 Prozent. Das ist der niedrigste Wert für ein Staatsoberhaupt in Chile seit dem Ende der Pinochet-Herrschaft (1973 bis 1990).
    Quelle: taz

    Anmerkung JK: In Chile ist man offenbar schon weiter als in Deutschland. Vor allem will man dort wieder zurück zu einem öffentlich finanzierten Rentensystem.

  9. Bedingungsloses Grundeinkommen: NEIN, Grundrecht auf soziale Teilhabe: JA
    Die deutsche Sprache ist eine sehr präzise Sprache, die es erforderlich macht, Sachverhalte korrekt zu beschreiben. Die Begrifflichkeit „bedingungsloses Grundeinkommen“ ist einerseits eine „Unmöglichkeit“ und andererseits eine sachlich falsche Beschreibung. Hier bewegen wir uns auf dem Gebiet sprachlicher „Schlampigkeit“, die dafür sorgt, dass Sachverhalte verschleiert werden und damit missbraucht werden können.
    Ein Beispiel dieser Kategorie ist das Bezeichnungspaar „Arbeitgeber/Arbeitnehmer“. Hier wird nämlich die wahre Bedeutung des dahinter stehenden Sachverhalts, wer etwas „gibt“ und wer etwas „nimmt“, verschleiert. Der „Arbeitgeber“ gibt „Kapital“, der „Arbeitnehmer“ gibt seine Arbeitsleistung, genommen wird das damit erzielbare „Einkommen“, wobei man über die angemessene Aufteilung trefflich streiten kann. Streit ist insbesondere dann kaum zu vermeiden, wenn man der Frage nachgeht, wie „Kapital“ entsteht und wieso dafür ohne weitere Leistungserbringung ein „Einkommen“ gezahlt wird.
    Die Unmöglichkeit des Begriffes „bedingungsloses Grundeinkommen“ liegt zunächst in dem „bedingungslos“. Einfach nichts auf dieser Welt ist bedingungslos, sonst gäbe es keine Naturgesetze wie z.B. die „Fliehkraft“ oder andere.
    Aber auch der Begriff „Grundeinkommen“ ist für etwas, für das niemand etwas tun soll, zumindest irreführend. Einkommen ist immer das Ergebnis des Einsatzes der Produktivfaktoren Boden, Arbeit und Kapital. Das Teilwort „Grund…“ deutet eher auf den Verwendungszweck des Einkommens, hat aber mit der Erlangung von Einkommen nichts zu tun.
    Worum es bei diesem Thema eigentlich geht, ist die Ausübung eines „Grundrechts auf soziale Teilhabe“ in unserer Gesellschaft. Da dies im Kapitalismus nun mal nur mit „Geld“ möglich ist, geht es letztendlich um eine angemessene Verteilung! Wenn die für das Einkommen erforderliche Leistung erbracht wird, Indikator dafür wäre ein steigendes BIP, muss man fragen, wie das Einkommen verteilt werden soll, so dass das Grundrecht auf Teilhabe gewährleistet ist.
    Quelle: Makroskop
  10. Hannelore Kraft sagt Ja zu Ceta und bleibt skeptisch bei TTIP
    “Mein Wunsch wäre, dass Ceta gelingt”, sagte die SPD-Politikerin bei einem Besuch unserer Redaktion. Grundsätzlich begrüße sie Freihandelsabkommen. “Entscheidend ist jedoch, was drinsteht”, betonte Kraft.
    Sie habe sich über das intransparente Verfahren bei Ceta wie auch bei dem umstrittenen Abkommen der EU mit den USA (TTIP) geärgert, sagte die Ministerpräsidentin. “Aber bei Ceta haben sich die Kanadier ja noch einmal bewegt.” Die Bundes-SPD habe “rote Linien” definiert, die nicht überschritten werden dürften. Die Frage der außerordentlichen Gerichtsbarkeit sei nun geregelt, bei TTIP aber gebe es keine Bewegung.
    Zu den Befürwortern von Ceta gehört auch der Bundeswirtschaftsminister, SPD-Chef Sigmar Gabriel. Laut “Spiegel” will er seine Partei auf einem Konvent am 19. September in Wolfsburg für das Abkommen gewinnen.
    Quelle: rp-online

    Anmerkung JK: Es ist hoffnungslos. Vielleicht erklärt uns Frau Kraft ja einmal den grundsätzlichen Unterschied zwischen TTIP und Ceta? Der endgültige Text von CETA enthält sehr wohl weiterhin ein ständiges Schiedsgericht außerhalb der nationalen Rechtssysteme.

    Dazu: CETA und TTIP sind voll super!!! “Lobbyist” Max Uthoff redet Klartext
    Was ist eigentlich so schlimm an den Freihandelsabkommen CETA und TTIP? Gar nichts, findet unser “Lobbyist” Max Uthoff …
    Quelle: YouTube

  11. Streit um Einflussnahme von Boehringer Ingelheim auf die Uniklinik Mainz
    Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim ist in der Forschung sehr aktiv. Um internationale Spitzenforscher ins Rhein-Main-Gebiet zu locken, hat die konzernnahe private Boehringer-Ingelheim-Stiftung der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz 150 Millionen Euro für die Biologie bis 2023 versprochen.
    Um die Vereinbarung, in der diese Kooperation festgehalten wurde, gibt es Streit. Die Universität hatte die Verträge mit der Boehringer-Ingelheim-Stiftung lange unter Verschluss gehalten – bis SPIEGEL ONLINE und einige andere Journalisten schließlich hineinschauen durften. Kritiker warfen der Hochschule vor, nicht transparent zu machen, ob die Pharmaindustrie ungebührend Einfluss auf die Forschung nimmt.
    Schließlich zwang SWR-Reporter Thomas Leif die Hochschule per Gericht, auch ihm Einblick in den Vertrag zu gewähren.
    Daraus geht unter anderem hervor, dass das Institut nur von Wissenschaftlern geleitet werden kann, mit denen die Stiftung einverstanden ist. Einfluss auf wissenschaftliche Publikationen nehme man nicht, teilte die Stiftung mit.
    Nach heftiger Kritik hatte Uni-Präsident Georg Krausch jedoch eingeräumt, dass der Vertrag Fehler enthalte. Derzeit liefen Gespräche mit der Stiftung über “mögliche Änderungen potenziell missverständlicher Passagen”, teilt die Hochschule mit.
    Inzwischen gibt es zudem neuen Ärger über einen Vertrag, den die Uniklinik Mainz mit dem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim vor einigen Jahren geschlossen hat. Dabei geht es um die Gutenberg-Gesundheitsstudie, ein “universitäres Leuchtturmprojekt”, wie es auf der Website heißt.
    Für die Langzeitstudie wurden zwischen 2007 und 2012 mehr als 15.000 Menschen aufwendig untersucht. In den kommenden Jahren wollen Forscher ihre gesundheitliche Entwicklung dokumentieren.
    Boehringer Ingelheim fördert die Studie mit drei Millionen Euro bis Ende 2017. Auch dieser Vertrag ist geheim. Einen Anhang zur internen Geschäftsordnung konnte SWR-Reporter Leif jedoch in Teilen erhalten. Er wirft der Uniklinik vor zuzulassen, dass der Pharmakonzern mit Sonderprivilegien in die im Grundgesetz garantierte Forschungsfreiheit eingreifen kann.
    Quelle: Spiegel Online
  12. Konfrontation als Ziel
    Vor der russischen Duma-Wahl diskutiert das außenpolitische Establishment der Bundesrepublik über die künftige Außenpolitik Russlands und über die angemessenen westlichen Reaktionen. Hintergrund ist die Beobachtung, dass die außenpolitischen Analyseapparate das russische Vorgehen sowohl im Ukraine-Konflikt als auch im Syrien-Krieg nicht vorausgesehen haben, wie die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer aktuellen Studie konstatiert. Die Ursachenanalyse der SWP bietet Hinweise, dass Politiker und Experten eigenen Propaganda-Behauptungen aufgesessen sind und durch “schablonenhafte” Interpretationen “blind” für die tatsächliche Entwicklung wurden. Wie es in einem Diskussionsbeitrag heißt, den ein namhafter russischer Experte verfasst hat, sei davon auszugehen, dass Moskau, aber auch die westlichen Mächte vorläufig die außenpolitische Konfrontationspolitik weiterführen würden; dies entspreche ihren Interessen: Beide Seiten würden damit versuchen, ihre Bündnisse und ihr immer stärker gespaltenes Inneres zu konsolidieren. Im Westen belege das die gebetsmühlenartige “Erwähnung von Putin in den Kampagnen und Wahlkämpfen der ‘Parteien des Establishments'”.
    Quelle: German Foreign Policy
  13. GRÜNE treiben das Schlachten in Syrien voran
    Ein kleiner Junge blickt ins Nichts: Omran Daqneesh aus Aleppo. Das Nichts seiner Zukunft in einem Syrien des Krieges. Verloren sitzt er in der Ambulanz, einer der vielen Kriegsverlierer. Sein Bild ging um die westliche Welt. Seine Botschaft, manchmal im Kommentar zu lesen, machmal im antrainierten Reflex des Betrachters längst freigeschaltet: Der Russe war´s, Assad war´s. Lange Jahre gut gerüsteter Medienarbeit zahlen sich aus: Schon die schlichte Überlegung, dass es in jedem Krieg zwei Seiten gibt, ist dem gewöhnlichen Medien-Konsumenten aus dem Hirn amputiert. Die Frage nach Beweisen, nach Umständen, nach Ursachen gar, liegt ihm inzwischen so fern, wie die Entscheidungszentren, in denen dieser Krieg gemacht wird.
    Tage später, nachdem Omrans Foto seine Wirkung getan hat, gibt es in einigen wenigen Medien, nicht mehr ganz vorn, eher hinten im Nebensächlichen, eine Notiz zum Fotografen des anrührenden Kinderbildes: Es hat ein Mann geschossen, der selbst schon auf einem Foto zu sehen war. Das zeigt ihn, wie er grinsend mit Kämpfern der Zenki-Milizen posiert. Das sind die Verbrecher, die ein anderes syrisches Kind enthauptet haben. Dieses Foto vom 5. August, das nicht annähernd die Popularität des Fotos mit dem kleinen Omran erlangte, zeigt sie: Die zweite Seite im syrischen Krieg. Die sogenannten Rebellen, Oppositionellen, Aktivisten. Auch der inzwischen weltberühmte Fotograf des Omran-Fotos wird in den einschlägigen Medien zu den „Aktivisten“ gezählt.
    Quelle: Rationalgalerie
  14. Grün-schwarzes Gemauschel
    Vertrauliches zum Koalitionsvertrag bereitet in Baden-Württemberg Grün-Schwarz zunehmend Probleme. Jetzt werden neue Geheimabsprachen bekannt.
    Die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg will Personal abbauen, Steuern erhöhen und das Budget der Kommunen kürzen – hat diesen Plan zunächst aber sowohl der Öffentlichkeit als auch den eigenen Abgeordneten verheimlicht. Wie die Ulmer Südwest Presse berichtet, sind die Maßnahmen Teil geheimer Nebenabsprachen zum Koali­tions­vertrag. Die Dokumente tragen laut Bericht die Unterschriften von Ministerpäsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seinem Stellvertreter Thomas Strobl (CDU).
    Die beiden Parteien hatten zwar auch im öffentlich zugänglichen Koalitionsvertrag festgeschrieben, den Haushalt konsolidieren zu wollen, welche konkreten Maßnahmen dafür infrage kommen, war bislang aber nicht bekannt. Laut den Nebenabsprachen erwägen die Koalitionsspitzen im Einzelnen, die Grunderwerbsteuer um 1,5 Prozentpunkte auf sechs Prozent zu erhöhen, bis 2020 insgesamt 5.000 öffentliche Stellen abzubauen und jährlich bis zu 300 Millionen Euro von den Städten und Gemeinden abzuzwacken.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn die Konservativen regieren, ob nun original schwarz oder grün oder SPD-rosa lackiert, dann geht es immer gegen die Arbeitnehmer, die Kommunen und “die kleinen Leute”. Insofern können die Baden-Württemberger nicht überrascht sein, daß die von ihnen gewählte Regierung die Umverteilung von unten nach oben verschärft, zumal es jetzt mit der Schuldenbremse ernst wird. Besonders dreist sind Kretschmann und Strobel aber darin, öffentlich weiterhin niedrige Steuern für Unternehmen und noch mehr Privilegien für Unternehmenserben zu fordern, aber den Plan, sich das Geld von den normalen Bürgern wieder zu holen, geheim zu halten. Baden-Württemberg hatte z. B. im Jahr 2015 Erbschaftsteuereinnahmen von 850 Millionen Euro, die sich mit einer vernünftig reformierten Erbschaftsteuer leicht verdoppeln ließen. Solange man noch öffentliche Angestellte entlassen und die Kommunen schröpfen kann, kann man natürlich weiter Superreiche beschenken.

  15. Corbyn makes pledge to strengthen union negotiating powers
    Jeremy Corbyn has signalled he would work to strengthen the bargaining powers of trade unions if he is returned as Labour leader.
    With the first ballot papers in the leadership contest due to go out today, Corbyn pledged that in government Labour would introduce new “collective and individual rights” in the workplace.
    The measures would include mandatory collective bargaining in firms with more than 250 employees, the election of staff representatives to executive remuneration committees, and the introduction of “sectoral union bargaining rights”.
    The Labour leader said the changes would form part of a wider package of reforms to “democratise our country from the ground up” and give people a “real say” in their workplaces and communities.
    “We need to break open the closed circle of Westminster and Whitehall, and of the boardrooms too,” he said in a statement.
    “Decisions in Britain are overwhelmingly taken from the top down. And that’s crucial to why our country is run in the interests of a privileged few.
    “Labour under my leadership will listen to ideas from the bottom up – and take radical action to transform and rebuild our country so that no one and no community is left behind.”
    Quelle: The Guardian
  16. Behaupten, behaupten, einfach nur behaupten
    Neulich hat jemand die »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« (INSM) auf Facebook besucht und denen gesteckt, dass sie enttarnt seien. Die »NachDenkSeiten« hätten nämlich schon lange ausgerechnet, dass diese Initiative höchst unseriös sei. Wahrscheinlich weil sie mit falschen Berechnungen versuche, die Politik und die Medien zu beeinflussen. Nur einige Stunden später eine Stellungnahme seitens der INSM in Kommentarform: »Die NachDenkSeiten sind höchst unseriös.« Punkt. Das ist mal ein Argument. Handfest. Inhaltsvoll. Es ist hingegen keines, das irgendwie überrascht. Denn genau so ist das Muster, das diese Herrschaften immer schon angewandt haben. Insofern ist dieser unbedeutende Vorfall nicht weniger als eine Darstellung der eigenen gängigen Praxis in nuce.
    Die »Argumentationen« der INSM beruhten immer nur auf Behauptungen. Auf unbegründete Aussagen, die man gefälligst hinzunehmen habe. Man setzte ein Gerücht in die Welt und wiederholte, wiederholte, wiederholte es. Argumentationslinien lieferte man eher nicht. Bestenfalls unzureichend. Man musste ja nichts mehr begründen, argumentativ darlegen. Durch die Wiederholung war die Lüge ja längst zur Wahrheit geworden, die die Gesellschaft auf allen Ebenen beeinflusste. Ob nun Renten- oder Demographiedebatte, die steilen Thesen dieser Denkfabrik waren dem Land in Fleisch und Blut übergegangen. Man musste da gar nichts mehr erklären, denn dass die Rente nicht sicher sei und die Deutschen aussterben würden, das wusste man bereits so sicher, wie dass ein Bleistift Richtung Boden fällt, wenn man einfach die Finger, zwischen denen er klemmte, auseinanderspreizt. Nach oben fällt er nicht. Diese Empirie aus Gewohnheit, so philosophierte Hume schon zu seiner Zeit, verfestige sich zu Gewissheit und erlaube uns Routine.
    Quelle: ad sinistram
  17. Zu guter Letzt: Die Erträge öffentlicher Pensionsfonds brechen ein
    Staatliche Pensionsfonds geraten unter Druck. Die Renditen sinken. Nun stellt man fest, dass das mit dem Zurücklegen von Geld nicht so einfach ist und schon bricht Panik aus. Was läuft da falsch? Wissen Sie, was ein staatlicher Pensionsfonds ist? Wenn nicht, ist das eine entscheidende Wissenslücke. Weil nämlich staatliche Pensionsfonds die genialste menschliche Idee seit der Erfindung des Rades sind. Besonders anfällig für diese grandiose Idee sind solche deutschen Landesregierungen, die ihren geistigen Horizont freiwillig dadurch beschränken, dass sie die schwäbische Hausfrau zu ihrem wichtigsten ökonomischen Ratgeber machen. Ein Brett vor dem Kopf reicht da nicht, da müssen schon ganz dicke Balken her. […]
    Ja, es ist der Staat selbst. Weil er keine Zinsen mehr zahlt auf die Anleihen, die er begibt, bekommt er auch selbst keine Zinsen mehr für die Fonds, die er für seine Beamten angelegt hat. Da werden sie jetzt das zurückgelegte Geld vermehrt in Aktien „investieren“. Zwar steigen die Gewinne der Unternehmen auch nicht, wenn mehr Aktien gekauft werden, aber es sieht doch gut aus, wenn die Kurse kräftig nach oben gehen. Wenn der nächste Aktiencrash kommt – und der kommt mit Sicherheit – dann muss allerdings der Staat (oder die Zentralbank) nicht nur die Banken retten, er muss dann auch all die im Wert fallenden Aktien aufkaufen, um die Pensionen der Beamten krisenfest zu sichern.
    Man sieht, das mit dem „Zurücklegen“ des Geldes hat seine Tücken. Man fragt sich nicht nur, wie die schwäbische Hausfrau das eigentlich macht, sondern auch, wieso es bei den Eichhörnchen so gut klappt. Hunderttausende von Jahren legen die schon ihre Nüsse zurück und man hat noch nie gehört, dass bei denen die Zinsen unter Druck geraten wären oder es gar einen Finanzcrash gegeben hätte.
    Quelle: Heiner Flassbeck auf Makroskop

    dazu: Leibhaftige Finanzminister sind nicht fähig, in gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen zu denken
    Und die Moral von der Geschicht’? Gesamtwirtschaftlich gibt’s kein Sparen nicht. Wann immer einer mehr sparen will, braucht er einen, der sich höher verschulden will. Wenn das der Staat selbst ist, kann er sich die Sparanstrengung vollständig sparen, denn er gibt nur unsinnigerweise Geld aus für die Verwaltung eines Pensionsfonds, der nichts, aber auch gar nichts zur Absicherung der Pensionen oder zur späteren Entlastung des Staates beiträgt.
    Quelle: Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten

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