Hinweise des Tages II

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Second Hand im Werk
  2. Jobcenter: „Bedarfsdeckende Integrationen“ von ELB und LZB – Ländervergleich 2015
  3. Europa muss die Lasten teilen
  4. Redezeit mit Ulrike Herrmann
  5. Merkel glaubt weiter an Freihandelsabkommen mit den USA
  6. Kanada-PNR: EuGH-Generalanwalt pfeift Überwachungsaktionismus zurück
  7. Eine einmalige Leistung
  8. Geheime Kriegsplanung
  9. Vorbild NSA (II)
  10. Stifter im Fokus
  11. Lobbyismus auf Regierungsebene: Profit statt Menschenrechte
  12. Facebook löscht Vietnam-Kriegsfoto
  13. Die Sache mit den DNA-Spuren
  14. Regierungspartei in Brasilien soll Schmiergelder erhalten haben
  15. Laos und USA: Blut und Geheimnisse
  16. Politische Rückwärtsrolle spaltet die Gesellschaft
  17. Christsozialwidriges Verhalten
  18. Die CSU präsentiert ein AfD-Nachplapper-Papier
  19. Trump überholt Clinton in neuer Umfrage

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Second Hand im Werk
    Es ist fast ein Jahr her, da dankte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihrem Amtsvorgänger für dessen Taten. Sie war voller »Hochachtung für die Leistung des Reformers Gerhard Schröder«. Den Niedriglohnsektor, den der SPD-Kanzler durch die Agenda 2010 geschaffen hat, hätte Merkel nicht durchsetzen können. Dafür brauchte es die Sozialdemokraten im Zusammenspiel mit der Spitze der Gewerkschaften. Seitdem boomt der Arbeitsmarkt im Niedriglohnsektor. Die Zahl der Leiharbeiter ist von 282.000 auf fast eine Million angestiegen. (…)
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat für das kommende Jahr eine Novellierung des »Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes« angekündigt. Vorgesehen ist, dass Zeitarbeiter nach neun Monaten im selben Betrieb grundsätzlich die gleiche Entlohnung erhalten wie die Stammbelegschaft. Sie sollen dann nur noch höchstens anderthalb Jahre an denselben Betrieb ausgeliehen werden dürfen. Welchen Trick haben sich die Genossen der Bosse dieses Mal einfallen lassen, um links zu blinken und dann wieder rechts abzubiegen? Die Höchstverleihdauer von 18 Monaten gilt nur für einzelne Personen, aber nicht für den Arbeitsplatz. Unternehmen können auf ein- und demselben Arbeitsplatz dauerhaft Leiharbeiter einsetzen.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Da muss so manch einer sicher zum Zyniker werden: Was für ein Einsatz durch “sozialdemokratische” Minister und Politiker für die Arbeitnehmerschaft? Die vorgesehenen Novellierungen sind im Ergebnis nicht mehr als ein schlechter Witz:

    • nach neun Monaten sollen Zeitarbeiter im selben Betrieb grundsätzlich die gleiche Entlohnung erhalten wie die Stammbelegschaft,
    • die Leiharbeiterschaft soll nur noch höchstens anderthalb Jahre an denselben Betrieb ausgeliehen werden dürfen und
    • nur für einzelne Personen, aber nicht für den Arbeitsplatz gilt die Höchstverleihdauer von 18 Monaten.

    Das soll allen Ernstes ein Fortschritt in Sachen Leiharbeit sein? Aber Frau Bundesministerin Nahles wird weiterhin als politisch links orientierte Politikerin bezeichnet.

  2. Jobcenter: „Bedarfsdeckende Integrationen“ von ELB und LZB – Ländervergleich 2015
    Jobcenter 2015: 1,102 Millionen „Integrationen“ (INT) von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB), darunter 517.000 „bedarfsdeckende Integrationen“, bei durchschnittlich 4,330 Millionen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. 179.000 der „Integrationen“ galten laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit als „bedarfsdeckende Integrationen Langzeitleistungsbeziehender“, bei durchschnittlich 2,881 Millionen Langzeitleistungsbeziehenden (LZB) unter der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Die „Integrationsquote“ im Kennzahlenvergleich nach § 48a SGB II: 25,5 Prozent. Männer: 30,8 Prozent. Frauen: 20,4 Prozent. Bayern: 32,3 Prozent. Bremen (Land): 20,4 Prozent. (unbedingt beachten: Fußnote 1 im PDF-Download!) Die vom BIAJ auf Grundlage der Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende berechnete „bedarfsdeckende Integrationsquote“: 11,9 Prozent. Männer: 15,2 Prozent. Frauen: 8,9 Prozent. Bayern: 16,5 Prozent. Bremen (Land): 9,4 Prozent. Und die ebenfalls vom BIAJ berechnete „bedarfsdeckende Integrationsquote Langzeitleistungsbeziehender“: 6,2 Prozent. Thüringen: 7,4 Prozent. Bremen (Land): 5,3 Prozent.
    Die gesamten BIAJ-Materialien vom 8. September 2016 finden Sie hier: Download (PDF: drei Text- und vier Tabellenseiten mit allen Bundes- und Länderdaten; zudem nachrichtlich angefügt: die entsprechenden Daten zu den beiden bremischen Städten)
    Quelle: BIAJ
  3. Europa muss die Lasten teilen
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras empfängt seine Amtskollegen aus Südeuropa zum Gipfel in Athen. Tispras will, dass die europäische Sparpolitik gelockert wird. Diese habe zu einer Spaltung von Nord und Süd geführt. Als zweites wichtiges Thema gilt die Flüchtlingskrise. Gleich nach seinem Wahlsieg Ende Januar 2015 machte sich Alexis Tsipras auf den Weg nach Rom. Dem jungen griechischen Ministerpräsidenten schwebte eine Allianz vor gegen die Sparpolitik im Norden Europas. Nach dem Treffen mit etwa gleichaltrigen Matteo Renzi beschwor Tsipras den Neuanfang in Europa. “Die katastrophale Sparpolitik hat zu einer Spaltung zwischen Nord und Süd geführt, und wir möchten nicht, dass es zu weiteren Spaltungen kommt. Wir wünschen uns ein Bündnis auf der Grundlage der Logik, das die gegenseitige Solidarität in Europa wiederherstellt. Das wäre hilfreich für alle Länder und Völker im Norden wie im Süden.”
    Quelle 1: Deutschlandfunk
    Quelle 2: Euractiv

    dazu: Euro-Gruppe macht Druck auf Griechenland: “Der Sommer ist vorbei”
    Die Euro-Gruppe hat Griechenland vor der Auszahlung weiterer Hilfskredite zu rascheren Reformen gedrängt, im Sommer sei zu wenig geschehen. Ifo-Chef Fuest empfiehlt, dem Land mehr Entscheidungsfreiheit zu lassen. Die Euro-Partner wollen von Griechenland bei den verlangten Reformen für weitere Hilfszahlungen schneller Ergebnisse sehen. “Der Sommer ist vorbei, packt die Campingausrüstung ein”, sagte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bei einem Treffen der Finanzminister der Währungsunion in Bratislava. “Der Druck ist zurück. Wir brauchen wirklich Fortschritte.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Der neoliberale Terror gegen Griechenland wird fortgesetzt, begleitet von zynischen Äußerungen der Brüsseler und Berliner Politelite. Es wird einfach weitergemacht, so als hätte es keinen Brexit gegeben, so als wäre die AfD in Mecklenburg-Vorpommern nicht aus dem Stand als zweitstärkste Fraktion in das Landesparlament eingezogen.

  4. Redezeit mit Ulrike Herrmann
    In der Finanzkrise stand die Welt am Abgrund. Eine Situation, die alle überraschte, auch renommierte Wirtschaftswissenschaftler. Wie ist das zu erklären? Und wie kann man ähnliche Krisen in Zukunft verhindern?
    “Die Wissenschaft von der Ökonomie steckt in der Krise”, erklärt Ulrike Herrmann, geboren 1964, Wirtschaftskorrespondentin der Berliner Tageszeitung, der taz. Selbst Laien falle auf, dass die herrschenden Wirtschaftstheorien nicht funktionieren, dass selbst einfachste Fragen nicht beantwortet werden können, dass ökonomische Modelle nicht die Realität spiegeln. Dabei werden in der Dauerkrisen-Situation, die seit der US-Finanzkrise im Jahr 2007 weltweit herrscht, Finanz-Experten dringend gebraucht. Sie müssten aber, fordert die gelernte Bankkauffrau und Historikerin, Lösungen erarbeiten und nicht die bestehenden Probleme noch verstärken.
    Quelle: WDR

    dazu: Ökonomenverband blamiert sich mit Auszeichnung für Christoph Schmidt
    Ein prominenter Wirtschaftswissenschaftler täuscht mit seinen Veröffentlichungen die Leser und bricht in offenkundiger Weise den Ethikkodex des Verbands der deutschsprachigen Volkswirte. Die Reaktion Vereins für Socialpolitik (VfS): Er verleiht dem Ertappten einen Preis für die Beeinflussung der wirtschaftspolitischen Diskussion mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ungünstiger hätte das Timing kaum sein können. Christoph Schmidt, der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen und Präsident des Forschungsinstituts RWI wurde sicherlich als Empfänger des diesjährigen Gustav-Stolper-Preises des VfS auserkoren, lange bevor ich vor einer Woche den wissenschaftlichen Betrug öffentlich machte, den Schmidt zusammen mit dem Wirtschaftsweisen Lars Feld mit einem Beitrag zur Ungleichheitsdiskussion beging – ausgerechnet auch noch in der Hauszeitschrift des Vereins für Socialpolitik, den Perspektiven der Wirtschaftspolitik (PWP). Der pikante Preisträger erklärt wohl, warum der Verein die dringend nötige Diskussion über die (fehlende) Umsetzung seines Ethikkodex tunlichst auf ein späteres Jahr verschob.
    Quelle: Norbert Häring

  5. Merkel glaubt weiter an Freihandelsabkommen mit den USA
    TTIP gilt in Teilen der Bundesregierung als gescheitert – doch nun bekennt sich Kanzlerin Angela Merkel erneut zum umstrittenen Freihandelsabkommen zwischen EU und USA. Bundeskanzlerin Angela Merkel hält das Freihandelsabkommen TTIP noch nicht für gescheitert. “Ich bin dafür, dass wir das Ende der Verhandlungen abwarten und dann eine Bewertung vornehmen”, bekräftigte sie im Gespräch mit der Funke Mediengruppe.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Grotesk, wie kommen Merkel und Steinmeier darauf, dass Freihandelsabkommen “Arbeitsplätze schaffen”? Einfach nur weil ein Freihandelsabkommen unterzeichnet wurde fallen dann Jobs vom Himmel? Wie gut das funktioniert, zeigt sich in der EU selbst, die zuerst nichts anderes als eine große Freihandelszone ist. Deutschland exportiert in dieser Freihandelszone einfach seine Arbeitslosigkeit in andere Länder und Merkel besitzt dabei noch die Frechheit, die hohe Arbeitslosigkeit in anderen EU-Staaten als Begründung für die angebliche Notwendigkeit der Freihandelsabkommen heranzuziehen. Nicht minder bizarr die Behauptung von Steinmeier, Ceta werde Arbeitnehmer- und Umweltschutz sowie Sozialstandards in Europa schützen. Was unter anderem Gabriels verbale Ablehnung des TTIP als reines politisches Schmierentheater entlarvt.
    Das alles ist “marktkonforme” Demokratie, der Bürgerwillen ist vollkommen irrelevant. Selbst das für die CDU desaströse Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern spielt für Merkel keine Rolle. Das Primat der Politik, explizit der Politik Merkels, sekundiert durch die SPD, sind die ökonomischen Interessen der Reichen und Superreichen.

  6. Kanada-PNR: EuGH-Generalanwalt pfeift Überwachungsaktionismus zurück
    Heute verkündete der Generalanwalt des EuGH, Paolo Mengozzi, seine Einschätzung zur Rechtmäßigkeit des Fluggastdatenabkommens mit Kanada. 2014 verwies das EP die Kanada-PNR-Regelung mit einem Prüfungsauftrag an den EuGH. Ähnlich wie bei dem Verhältnis zwischen TTIP und CETA stellen die Bestrebungen mit Kanada eine Blaupause für die Phantasien von kooperativer Aushöhlung der Privatsphäre zwischen den USA, der EU und Kanada dar. Folgt der EuGH den Empfehlungen Mengozzis (wovon sich ausgehen lässt), kann das Abkommen nicht in Kraft treten. Die heutige Abfuhr des Generalanwalts kann deshalb als Präzedenzfall für die Abkommen mit den USA, mit Australien und für das innereuropäische EU-PNR gesehen werden. Dazu Cornelia Ernst, Sprecherin der Delegation DIE LINKE. und Mitglied im Innenausschuss des Europaparlaments, LIBE:
    „Ich begrüße und teile diese Einschätzung des Generalanwalts sehr! Wie zu erwarten war, erteilt der Generalanwalt der Vereinbarung zum Austausch der Daten von Flugreisenden zwischen der EU und Kanada eine Abfuhr, mit deutlichem Verweis auf die Unvereinbarkeit mit EU-Grundrechten. Jetzt haben wir das auch von höchster Stelle bestätigt und vielleicht überlegen sich das die betreffenden BefürworterInnen in ihrem Überwachungs-Aktionismus das nächste Mal etwas früher, dann hätten wir uns dieses jahrelange Prozedere sparen und über wirklich Wichtiges reden können: Nämlich gute, durchdachte Politik und sinnvolle Maßnahmen in der Terrorismus-Prävention, die ja wie so häufig auch bei den PNR-Bestrebungen als Vorwand für die Einführung herhalten muss.“
    Quelle: Die Linke. im Europaparlament
  7. Eine einmalige Leistung
    Bundestagsabgeordnete haben sich zu Gehilfen Erdogans gemacht. Ihre Drohung, das Mandat zu stoppen, traf auf die Armenien-Resolution. […]
    Da wäre drittens aber auch noch der Bundestag. Genauer gesagt: Die Koalitionsabgeordneten, die ein Ultimatum formulierten: Wenn wir bis zum Herbst nicht nach Incirlik dürfen, werden wir das Bundeswehrmandat nicht verlängern, so drohten sie … ja, wem eigentlich? Die deutschen Tornados sind nicht auf Bitten der Türkei in Incirlik. Eher stellt die Türkei die Luftwaffenbasis auf Bitten der internationalen Anti-IS-Koalition zur Verfügung. In Wahrheit setzten die Abgeordneten mit ihrer Drohung also nicht die türkische Regierung unter Druck, die Armenien-Resolution endlich zu akzeptieren. Viel mehr setzten sie die Bundesregierung unter Druck, Ankara möglichst schnell zu besänftigen.
    Anders gesagt: Damit der Bundestag in die Türkei darf, nötigte der Bundestag die Bundesregierung, von der Resolution des Bundestags Abstand zu nehmen. Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten, das war wirklich eine einmalige Leistung!
    Quelle: taz
  8. Geheime Kriegsplanung
    Die Regierung will mehr Geld für das Militär, aber nicht verraten, wofür es ausgegeben wird. Das NATO-»Exzellenzzentrum« in Ingolstadt ist ein Beispiel
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will mehr Geld für die Bundeswehr. Viel mehr Geld. Den Wehretat will sie im kommenden Jahr um 2,3 Milliarden Euro auf dann 26,6 Milliarden Euro erhöhen. Das ist die größte Steigerung in ihrem Ministerium seit einem Vierteljahrhundert. Und »dabei bleibt es nicht«, wie von der Leyen in der Haushaltsdebatte am Mittwoch abend im Bundestag freimütig bekundete. Wohlgemerkt, allein der Zuwachs für 2017 ist exakt die Hälfte dessen, was der Bundesaußenminister für alle zivilen Aufgaben zur Verfügung hat.
    Die Millionen und Milliarden der Verteidigungsministerin machen die Rüstungsindustrie glücklich. Die liefert dafür auch mal fluguntaugliches oder überaltertes Gerät. Zum Teil fließt das Geld in Bereiche, über die Ursula von der Leyen nicht reden will. Sogenannte Exzellenzzentren etwa. Seit 2004 baut die NATO unter Federführung des in den USA stationierten Oberkommandos Transformation (Allied Command Transformation) solche »Centres of Excellence«, kurz: COE, auf. Sie sollen abseits der militärischen Befehlskette die Doktrin des westlichen Militärpakts in verschiedenen militärischen Themenfeldern weiterentwickeln. Deutschland nimmt in dieser neuen Struktur eine zentrale Stellung ein: Die BRD hat nicht nur 2005 das erste solche »Exzellenzzentrum« für Luftoperationen in Kalkar eingerichtet, sie fungiert bei drei weiteren solcher Zentren als sogenannte Rahmennation – von »Führung« möchte man nicht mehr sprechen. Darüber hinaus ist Deutschland an 17 der insgesamt 23 offiziellen »Exzellenzzentren« beteiligt. Trotzdem findet keine öffentliche Debatte über diese Institutionen statt. Die wenigsten Bundestagsabgeordneten sind sich ihrer Existenz bewusst, und bislang findet keine politische Kontrolle der dort behandelten Inhalte statt.
    Quelle: junge Welt
  9. Vorbild NSA (II)
    Die Spionageapparate des Bundes sollen im kommenden Jahr deutlich mehr Geld erhalten als 2016 und damit ihre Fähigkeiten zur Überwachung der Telekommunikation ausbauen. Berichten zufolge wird etwa der Haushalt des Bundesnachrichtendienstes (BND) 2017 auf 808 Millionen Euro steigen; das wären rund 75 Prozent mehr als noch im Jahr 2011. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz wird über einen Etat verfügen, der fast doppelt so hoch ist wie 2009, und in Zukunft unter anderem direkten Zugriff auf das Ausländerzentralregister erhalten. Beide Dienste sollen in die Lage versetzt werden, auch verschlüsselte Kommunikation beliebig zu dechiffrieren. Zugleich steht die Verabschiedung eines neuen BND-Gesetzes bevor, das die Tätigkeit des BND massiv entgrenzt und das inzwischen von mehreren UN-Sonderberichterstattern scharf kritisiert wird: Es trage der Tatsache nicht Rechnung, dass “der Schutz der Meinungsfreiheit” gemäß internationalen Übereinkünften “unabhängig von der Nationalität und von Grenzen” gelten. Ohnehin bestätigt ein unlängst bekannt gewordenes Beschwerdeschreiben der Bundesdatenschutzbeauftragten, dass der BND in der Praxis geltendes Recht weitgehend ignoriert. Beobachter kommen zu dem Ergebnis, Berlin arbeite am Aufbau einer “europäischen NSA”.
    Quelle: German Foreign Policy
  10. Stifter im Fokus
    Ein Lebenszeichen der parlamentarischen Demokratie Am 7. April ist eine große Anfrage der Piratenfraktion des Landtags zum Einfluß der Bertelsmann Stiftung an die Landesregierung in NRW ergangen. Damit leistet die Partei einen historisch mutigen Beitrag auch zur Aufklärung der Hintergründe der Bildungsreformen der letzten Jahrzehnte. Schon in der Anlage der Fragen wird deutlich, dass monatelange Recherchen im Hintergrund stattgefunden haben müssen, die es der Regierung schwer machen werden, sich aus der Affäre zu ziehen. Mit einem Wort: Wenn sie sich nicht dem Vorwurf von Lüge und Verschleierung aussetzen will, muss sie in einem beispiellosen Umfang Verflechtungen aufdecken, die dann der politischen und wissenschaftlichen Beurteilung zur Verfügung stehen werden.
    Quelle: GBW (inkl. der großen Anfrage der Piratenfraktion als Anlage)
  11. Lobbyismus auf Regierungsebene: Profit statt Menschenrechte
    Immer wieder erschüttern Bilder von Unfällen und schrecklichen Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern die Öffentlichkeit. Auf Initiative der UN versprach auch Deutschland, die Industrie künftig auf Menschenrechts-Standards im gesamten Produktionsprozess zu verpflichten: mit dem “Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“. MONITOR zeigt, wie der Plan im Interesse der Industrie immer weiter entschärft wurde – vor allem durch das Bundesfinanzministerium, das mit dem Thema eigentlich gar nicht betraut ist. Offenbar das Ergebnis eines hemmungslosen Lobbyprozesses.
    Quelle: Monitor
  12. Facebook löscht Vietnam-Kriegsfoto
    Für Facebook ist eine der wichtigsten Kriegsfotografien der Welt auch nur ein Fall unerlaubt veröffentlichter Nacktheit. Erst zensierte das soziale Netzwerk das Profil eines norwegischen Autors, dann das einer Zeitung und schließlich das der Premierministerin. Die E-Mail kam am Mittwochmorgen: „Aftenposten“, die größte norwegische Tageszeitung, solle ein Bild aus ihrem Facebook-Auftritt löschen oder es verpixeln, hieß es aus dem Hamburger Büro des größten sozialen Netzwerks der Welt. Nacktheit sei nicht erlaubt bei Facebook, und wenn diese Vorgabe gelegentlich Kunstprojekte oder Kampagnen beeinträchtige, die einer guten Sache dienten, entschuldige man sich für die Unannehmlichkeit.
    Was „Aftenposten“ veröffentlicht hatte, war weder ein Kunstprojekt noch Teil einer Kampagne. Es war auch kein digital bearbeitetes Bild, das in erzieherischer, humoristischer oder satirischer Absicht veröffentlicht wurde – auch in solchen Fällen behält sich Facebook vor, Ausnahmen zu gestatten. Es ist eine der wichtigsten Kriegsfotografien der Welt: Nick Uts Aufnahme fliehender Kinder vor den Napalm-Bomben in Vietnam aus dem Jahr 1972, in der Mitte ein neun Jahre altes Mädchen, schreiend, nackt.
    Der norwegische Autor Tom Egeland hatte es ein paar Wochen zuvor als eines von sieben Bildern auf Facebook beschrieben und veröffentlicht, die das Bild vom Krieg verändert haben. Facebook entfernte das Bild umgehend, und als nicht nur der Schriftsteller, sondern auch Kim Phuc selbst, vor 44 Jahren als Neunjährige im Zentrum des berühmten Fotos, den Eingriff Facebooks kritisierte, wurde Egeland gesperrt. „Aftenposten“ berichtete, veröffentlichte das Bild abermals, und wurde wieder von Facebook zensiert. Keine vierundzwanzig Stunden nach Absenden der E-Mail sei das Bild gelöscht worden, schreibt der Chefredakteur Espen Egil Hansen in einem offenen Brief an Mark Zuckerberg, er habe nicht einmal Zeit gehabt für eine Stellungnahme.
    Quelle: FAZ

    dazu: Die größte gemeinsame Spießigkeit – Prüde US-Vorortstandards
    Nun hat Facebook also ein historisches Kriegsfoto für unangemessen befunden, eines, das wie kein anderes eine historische Episode des 20. Jahrhunderts dokumentiert und dafür sogar den Pulitzer-Preis erhalten hat. Das Problem ist allerdings nicht, wie der Aftenposten-Chefredakteur die Sache zuspitzt, dass hier ein allmächtiger Herr Zuckerberg an einem roten Löschknopf sitzt und entscheidet, welche Diskurse stattfinden, sondern, dass Facebook nach wenig ausdifferenzierten und offensichtlich prüden US-Vorortstandards seine Inhalte filtert. Damit fällt so mancher volksverhetzende Post unter die freie Meinungsäußerung, während bei Nacktheit auf die Befindlichkeiten eines imaginierten konservativen Publikums Rücksicht genommen wird. Nicht ein Mann übt hier Macht aus – ein ganzes Netzwerk beschneidet weltweit Diskurse auf eine fragwürdige Schnittmenge – und das ist sogar wesentlich gefährlicher.
    Quelle: taz

  13. Die Sache mit den DNA-Spuren
    Hat der NSU aus mehr als drei Leuten bestanden? Das ist eine der zentralen Fragen im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Nach der letzten Anhörung sind jedoch die Zweifel an der Alleintäterschaft des Trios gewachsen.
    Auch nach viereinhalb Jahren intensiver NSU-Ermittlungen sind entscheidende Fragen noch unbeantwortet. Einige davon betreffen das Thema DNA-Spuren, erklärt der CDU-Abgeordnete und 2. Vorsitzender im NSU-Untersuchungsausschuss, Clemens Binninger: “Uns war aufgefallen, dass an 27 Tatorten, die dem NSU zur Last gelegt werden – zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge und 15 Banküberfälle – keine DNA-Spuren von Mundlos, Böhnhardt oder Zschäpe festgestellt werden konnten.” Ein eigens dafür herangezogener Sachverständiger habe es zumindest als außergewöhnlich empfunden, dass bei so vielen Tatorten keine DNA festzustellen war.
    Andererseits gibt es zahlreiche DNA-Spuren, die bisher nicht zugeordnet werden konnten. Ob es tatsächlich nur die drei waren, oder ob andere Personen involviert waren und es vielleicht weitere Helfer und Tatbeteiligte gegeben hat, ist deshalb für Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses wie Irene Mihalic von den Grünen noch nicht geklärt.
    Quelle: Tagesschau
  14. Regierungspartei in Brasilien soll Schmiergelder erhalten haben
    In Brasilien soll die Partei von Staatschef Michel Temer in mehreren Fällen Bestechungsgelder angenommen haben. Die brasilianische Zeitung Folha de S.Paulo veröffentlichte Informationen aus einem vorläufigen Untersuchungsbericht des Obersten Gerichtshofes Brasiliens. Die höchsten Summen gab es nach Berichten brasilianischer Medien im Zusammenhang mit dem umstrittenen Bau des weltweit drittgrößten Mega-Kraftwerk Belo Monte am Xingu-Fluss im Amazonas-Gebiet. Inzwischen wird gegen sechs der zehn am Bau beteiligten Firmen ermittelt. Auch zwei deutsche Unternehmen sind an dem Projekt beteiligt. Die Münchener Re, eine der weltweit führenden Rückversicherungsgesellschaften, und der Technologiekonzern Siemens.
    Quelle: amerika21
  15. Laos und USA: Blut und Geheimnisse
    Mit Barack Obama besucht erstmals ein US-Präsident Laos. Doch Laos hat eine gut 50 Jahre zurückreichende, schmerzhafte Geschichte mit den USA: Die Hauptrollen: ein geheimer Krieg, eine geheime Armee, eine geheime Stadt.
    Die Geschichte US-amerikanischen Eingreifens in Laos hat alle Zutaten eines Thrillers. Es ist ein düsterer Thriller, gesetzt in der Zeit des Vietnam Krieges vor rund 50 Jahren. Einer, in dem es vor allem Verlierer gibt. Der größte: Das laotische Volk. Von 1964 bis 1973 flogen die USA schwerste Luftangriffe auf Laos. Die ersten fünf Jahre davon in einem “geheimen Krieg”, von dem selbst der US-Kongress nichts wusste – geschweige, dass er ihn genehmigt hätte.
    Zwei Millionen Tonnen Bomben haben die USA über Laos abgeworfen, darunter 270 Millionen Streubomben. Mehr als jemals über einem anderen Land pro Kopf der Bevölkerung. Weil rund 80 Millionen Streubomben nicht explodiert sind, ist rund ein Drittel des Landes mit Blindgängern verseucht. Die fordern auch heute noch Opfer. Zuletzt Ende August: Da verletzte eine der tennisballgroßen Altlasten beim Explodieren fünf Kinder.
    Obwohl es seit 20 Jahren auch von Ausland unterstützte Maßnahmen zur Räumung der Blindgänger gibt, erklärt Channapha Khamvongsa: “Manche Regionen werden wahrscheinlich nie geräumt werden können.” Die Gründerin und Direktorin der Washingtoner NGO “Legacies of War” schätzt im DW-Gespräch den Anteil der bislang geräumten Fläche auf gerade mal ein Prozent. US-Präsident Barack Obama, der jetzt als erster US-Präsident das kleine Land in Südostasien besucht, hat in seiner Amtszeit die US-Unterstützung für die Altlasten-Räumung immerhin deutlich erhöht .
    Quelle: Deutsche Welle
  16. Politische Rückwärtsrolle spaltet die Gesellschaft
    Der noch amtierende Kulturminister Kroatiens Zlatko Hasanbegovic hat mit seiner Begeisterung für den Hitler-Faschismus das Land tief gespalten. Bei den bevorstehenden Wahlen wird sich zeigen, für welche Regierung sich die Kroaten entscheiden. Bei den Wahlen für das kroatische Parlament, die am 8. November 2015 stattfanden, wurde die sozialdemokratisch-liberale Koalition abgewählt. Diese Koalition hatte bei den Wahlen im Jahr 2011 leichtes Spiel, übernahm sie doch das Land nach acht Jahren national-konservativer Regierung, die ihre Regierungszeit mit einem Korruptionsskandal beendete.
    Doch auch die Sozialdemokraten und Liberalen enttäuschten ihre Wähler durch die Fokussierung auf einen parteiinternen Klientelismus. Deshalb verwunderte es kaum, dass bei den Wahlen vor weniger als einem Jahr eine dritte Kraft auf der politischen Szene auftauchte: Most, Die Brücke, ein Bündnis, das nahe den konservativen Kreisen um die katholische Kirche steht. Als das Parlament der Republik Kroatien am 15. Juli aufgelöst wurde, war damit eine kurze und katastrophale Periode der neuesten kroatischen Geschichte zu Ende gegangen. Gekennzeichnet war sie von einer Wende nach Rechts – und von einem erbitterten Widerstand, den die Kulturschaffenden dieser Wende entgegensetzten.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  17. Christsozialwidriges Verhalten
    Warum Bayerns Finanzminister es mit der Steuernachzahlung von Apple nicht so genau nimmt, wohl aber mit Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher
    Der bayerische Finanzminister scheint tatsächlich nicht so richtig Bock auf eine Steuernachzahlung von Apple zu haben. In der »Süddeutschen Zeitung« winkte er ab, Deutschland habe mit der Nachzahlung ja nichts am Hut. Stimmt zwar nicht, die EU-Kommission glaubt, auch in Deutschland habe das Unternehmen zu wenig entrichtet, aber was kümmern einen Mann von Welt schon so profane Einschätzungen. Außerdem hält er die Forderungen für überzogen, was die Beziehungen belaste. Vor allem im Hinblick auf die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA. Sein Ratschlag lautet daher: Nichts tun, Ausreden suchen, keine Mitwirkung beim Einholen von Steuern zeigen. Letzteres wäre aber nicht weniger als die Aufgabe eines Finanzministers. Es sind ja doch Gelder, die der Allgemeinheit durch die Lappen gehen. Mit seinem Verhalten schadet er folglich dieser Allgemeinheit. Er verhält sich also sozialwidrig.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  18. Die CSU präsentiert ein AfD-Nachplapper-Papier
    Keine 24 Stunden hat es gedauert, bis Horst Seehofer Kanzlerin Angela Merkel zeigt, was er von ihrer gestrigen Aufforderung zur Mäßigung hält: Rein gar nichts. Das Papier, das der CSU-Parteivorstand am Wochenende zur Flüchtlingspolitik beschließen soll, ist jetzt an die Öffentlichkeit gelangt. Es ist kein Papier der Mäßigung. Es ist ein AfD-Nachplapper-Papier. Die Forderungen reichen von einer gesetzlichen Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr, über Transitzonen an der Grenze, der Zurückweisung von Ausländern ohne Bleiberecht bis hin zur Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, einem Burka-Verbot und einem “Einwanderungsbegrenzungsgesetz”.
    Alles gipfelt in der Aussage: “In Zukunft muss gelten: Vorrang für Zuwanderer aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis.” Und: “Wer auf Burka und Niqab nicht verzichten möchte, sollte sich ein anderes Land aussuchen.” Das klingt nach mitternächtlichem Bierzeltbesuch. Grölende Zustimmung ist garantiert. Krachlederner lässt sich eine Position jedenfalls kaum vertreten.
    Quelle: Süddeutsche
  19. Trump überholt Clinton in neuer Umfrage
    Eine Umfrage des TV-Senders CNN sieht Donald Trump vor Hillary Clinton: Der republikanische Präsidentschaftskandidat liegt derzeit zwei Prozentpunkte in Führung. Besonders ältere, weiße Männer wählen demnach Trump.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung Jens Berger: Diese „General-Election-Umfragen“ sind witzlos, da es im US-Mehrheitswahlrecht mit seinen Wahlmännern stets nur auf bestimmte Staaten, die sogenannten „Swing States“ oder auch „Battlegrounds“ ankommt. So ist es beispielsweise vollkommen klar, dass Clinton die traditionell demokratisch wählenden nordwestlichen Küstenstaaten Vermont, Maine, Maryland oder New York holen wird. Dort führt sie in den Umfragen ohnehin um Längen. Trump wiederum wird sehr sicher die republikanischen Kernstaaten wie Idaho, West Virginia, Mississippi, Kentucky oder Texas holen. Daher macht ein Gewinn oder Verlust der Zustimmung für die beiden Kandidaten in diesen Staaten, in denen auch kein nennenswerter Wahlkampf gemacht wird, de facto keinen Unterschied. Ob Clinton nun New York oder Trump Texas nun mit 10 oder 30 Punkten Vorsprung gewinnt, macht keinen Unterschied, da der Gewinner ohnehin alle Wahlmänner bekommt. Entscheidend sind die Staaten, in denen es knapp wird. In diesen „Battlegrounds“ hat Hillary Clinton jedoch immer noch einen deutlichen Vorsprung vor Trump – wenn auch mit sinkender Tendenz.

    Quelle: RealClearPolitics

    Wenn Sie sich also selbst einen Überblick verschaffen wollen, wie die Chancenverteilung momentan steht, dann meiden Sie lieber die deutschen Medien und schauen direkt bei RealClearPolitics nach, wie die Werte in den „Battlegrounds“ stehen. Denn alles andere ist wirklich Nebensache.

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