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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (PS/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Davos-Bericht: „Das kapitalistische Wirtschaftsmodell funktioniert nicht mehr“
  2. Europa wird schwarz
  3. Falschmeldungen in Serie zu angeblichem NPD-Verbot: Qualitätsmedien versagen bei Verfassungsgerichts-Verkündung
  4. Obama gewährt Whistleblowerin Manning einen Strafnachlass
  5. Merkel fordert Anti-Brexit-Kampf
  6. Vom Steinewerfer zum Kriegsverkäufer – Joschka Fischer und die Faszination der Gewalt
  7. Auf Exporte fixiert
  8. Deutschland droht ein Währungskrieg
  9. DGB: „Der soziale Zusammenhalt steht auf dem Spiel“
  10. Trumps Nato-Schelte: Europa alarmiert – Airbus hofft auf höhere Rüstungsausgaben
  11. Syrien: Waffen für Dschihadisten
  12. Nach Bootsunglück im Mittelmeer: Zahl der vermissten Flüchtlinge steigt deutlich
  13. Höcke hält Hetz-Rede in Dresden und will Geschichte umschreiben
  14. Ramelow: Keine Stasi-belasteten Personen in Regierungsämter
  15. Trump-Interview: Eine Kreuzung aus Nero und Dagobert Duck

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Davos-Bericht: „Das kapitalistische Wirtschaftsmodell funktioniert nicht mehr“
    Die Demokratie steckt in einer „tiefen Krise“, warnt eine Studie. Technologische Umbrüche verschärfen die Ungleichheiten weiter, darum müsse man sich auf „inklusives“ Wachstum konzentrieren. EurActiv Brüssel berichtet.
    Auch in diesem Jahr wird die Stimmung gedrückt sein, wenn sich nächste Woche, vom 17. bis 20. Januar, mindestens 50 Staats- und Regierungschefs sowie hunderte von führenden Wirtschaftsvertretern in Davos treffen. Immer mehr deutet darauf hin, dass der weltweite Fortschritt vom Kurs abgekommen ist. In den USA und der EU stellt man die Globalisierung mehr denn je in Frage. Viele bekommen nichts mit vom Wirtschaftswachstum, während sich die Schere zwischen armen und reichen Ländern immer weiter öffnet.
    Die Demokratie befinde sich in einer „tiefen Krise, ausgelöst von den Folgen schneller wirtschaftlicher und technologischer Veränderungen, von der tiefen sozialen und kulturellen Polarisierung und dem Erstarken post-faktischer politischer Debatten“, betont das Forum in seinem Global Risk Report 2017. „Die allgegenwärtige Korruption, kurzfristiges Denken und die ungleiche Verteilung der Wachstumserträge legen nahe, dass das kapitalistische Wirtschaftsmodell für die Menschen nicht mehr funktioniert“, meint Klaus Schwab, Gründer und Leiter der Organisation.
    Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Bericht, den Marktkapitalismus zu reformieren, damit die Früchte der Globalisierung besser verteilt werden können. Denn der Großteil der Bürger ist nicht länger bereit, das aktuelle Modell zu unterstützen.
    Quelle: Euractiv

    The Global Risks Report 2017
    The Global Risks Report 2017 features perspectives from nearly 750 experts on the perceived impact and likelihood of 30 prevalent global risks as well as 13 underlying trends that could amplify them or alter the interconnections between them over a 10-year timeframe.
    Quelle: WEForum

    dazu: Selbsternannte Weltelite warnt vor Risiken eigener Politik
    Attac begrüßt, dass beim heute beginnenden Weltwirtschaftsforum die zunehmende soziale Ungleichheit als eines der zentralen globalen Probleme gesehen wird. Das globalisierungskritische Netzwerk wirft den versammelten Topmanagern und Politikern aber vor, aus dieser Erkenntnis keine Konsequenzen zu ziehen. “Wie jedes Jahr werden die in Davos Versammelten tief besorgt vor den Risiken ihrer eigenen Politik warnen, während sie gleichzeitig den neoliberalen Umbau der Weltwirtschaft weiter vorantreiben”, sagt Kerstin Sack vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Gesellschaftliche Polarisierung, Einkommens- und Vermögensungleichheit und aufkommender Nationalprotektionismus seien nicht vom Himmel gefallen, sondern die Folge einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, die auf Freihandel, unkontrollierte Finanzmärkte und Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche setzt.
    Quelle: Attac

  2. Europa wird schwarz
    Politik kann ganz schön gemein sein. Wenige Tage vor der Amtsübernahme von Donald Trump in Washington wählte das Europaparlament in Straßburg am Dienstag den Berlusconi-Vertrauten Antonio Tajani zum neuen Präsidenten. Der 63-jährige Mitgründer der populistischen und mittlerweile abgewirtschafteten “Forza Italia” folgt auf den SPD-Politiker Martin Schulz, der durch einen offenen Schlagabtausch mit Berlusconi berühmt geworden war. Zum Wahlsieg verhalfen Tajani – neben den Liberalen – die Abgeordneten der rechten EKR-Fraktion, der neben flämischen Separatisten und polnischen Nationalisten auch viele Mitglieder der britischen Tories angehören. Und das Ganze passierte just an dem Tag, da die britische Premierministerin Theresa May den harten Brexit – also den vollständigen Bruch mit der EU – ankündigt. Das ist schon keine bittere Ironie der Geschichte mehr, sondern eine absurde Farce, die den Niedergang der Europäischen Union wie im Brennglas zusammenfasst. (…) Die großen Verlierer sind die Sozialdemokraten, die nun nicht nur ihren großen Zampano Schulz, sondern auch die letzte Machtbastion in Brüssel verloren haben. Künftig werden alle drei großen EU-Institutionen – Parlament, Kommission und Rat – von Konservativen geführt. Die EU wird schwarz, mit liberalen und nationalistischen Sprenkeln. Pessimisten mögen darin ein Vorspiel für die Bundestagswahl sehen.
    Quelle: Telepolis

    passend dazu: EU-Abgeordnete fetzen sich um Schulz’ Erbe
    Nach dem Abgang von Martin Schulz ist das EU-Parlament zutiefst zerstritten. Nun bestimmen die Abgeordneten einen neuen Präsidenten. Der Wahl ging ein krimireifer Machtkampf voraus. Präsidentschaftswahlen im Europäischen Parlament sind für gewöhnlich eine wenig spannende Angelegenheit. Allzu oft einigen sich die großen Parteien bereits im Voraus darauf, wer künftig das EU-Organ führen soll. Doch diese Zeiten des Konsenses sind vorerst vorbei. Nach einem bisher beispiellosen Machtkampf findet heute in Straßburg eine Kampfabstimmung über den Nachfolger des scheidenden Parlamentspräsidenten Martin Schulz statt. “Die Zeit der Großen Koalition ist vorüber”, sagte Gianni Pittella kürzlich bei einer Debatte. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen S&D-Fraktion will seinen Genossen Schulz beerben, der nach 22 Jahren im Europaparlament in die Bundespolitik wechselt. Das ist nicht verboten, hat aber einen Beigeschmack. Mit Pittellas Kandidatur kündigen die Sozialdemokraten das informelle Bündnis mit der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) auf – der Startschuss für einen nie zuvor da gewesenen Kleinkrieg. Die überrumpelte EVP reagierte aufgebracht: “Jene, die unsere Vereinbarung brechen, tragen die volle Verantwortung, sollten antieuropäische Kräfte Einfluss gewinnen”, sagte Fraktionschef Manfred Weber. Die Vereinbarung, die der CSU-Politiker meint, wurde am 24. Juni 2016 zwischen ihm und Schulz getroffen. Darin sicherten sich die beiden damaligen Fraktionschefs zu, “dass die S&D-Gruppe den Präsidenten des Europäischen Parlaments in der ersten Hälfte der Legislaturperiode bestimmt und die EVP in der zweiten Hälfte”.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung unseres Lesers S.L.: Was für eine Schlammschlacht! Völlig delegitimierend für die EU als Ganzes, wenn sich die Parteien jetzt über die eh schon unlautere, unwürdige Postenverschacherung streiten. Selbst ich als Mensch, der auf diese Union als “Friedensgarant” gebaut hatte, wende mich langsam aber sicher angeekelt ab. Was wird denn da für ein Bild an uns Bürger vermittelt? Das stinkt ja förmlich nach einen Sumpf aus Korruption und Vetternwirtschaft. SO wird kein Vertrauen zur EU wieder aufgebaut.

  3. Falschmeldungen in Serie zu angeblichem NPD-Verbot: Qualitätsmedien versagen bei Verfassungsgerichts-Verkündung
    Der heutige Dienstag, 17. Januar 2017, ist ein schwarzer Tag für die deutschen Medien im Allgemeinen und den Online-Journalismus im Besonderen. Zahlreiche Medien meldeten am Vormittag online, das Bundesverfassungsgericht habe die rechtsextreme Partei NPD verboten. Das war eine Falschmeldung. Wenige Minuten später trudelten die Korrekturen ein und stifteten Verwirrung. Grund war offenbar ein Missverständnis, weil der Verbotsantrag vom Präsidenten des Verfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, zu Beginn nochmals verlesen wurde. (…) Dabei kam es zusätzlich zu einer leider üblichen Welle an Abschreibereien. So erklärte beispielsweise die renommierte und eigentlich nicht für ihre Hastigkeit bekannte Neue Zürcher Zeitung auf Twitter lapidar, man habe den Fehler gemacht, sich auf Spiegel Online zu verlassen. Das macht die Sache nicht besser.
    Quelle: Meedia

    Anmerkung Paul Schreyer: Solche „Abschreiberein“, wie es im Artikel heißt, sind der Standard bei vielen Leitmedien. Auch dadurch entsteht täglich aufs Neue medialer Gleichklang.

    Anmerkung Jens Berger: Nur um die „Eilmeldung“ einige wenige Sekunden vorher zu bringen, hörten die Kollegen nicht einmal richtig zu, was Herr Voßkuhle eigentlich sagte. Und bei nächster Gelegenheit dozieren die Vertreter eben dieser Medien wieder über Fake-News und preisen sich als Qualitätsjournalisten. Wäre es nicht so traurig, man könnte herzhaft darüber lachen.

  4. Obama gewährt Whistleblowerin Manning einen Strafnachlass
    Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit trifft Barack Obama noch eine wichtige Entscheidung. Die Whistleblowerin Chelsea Manning erhält einen deutlichen Strafnachlass. (…) Der scheidende amerikanische Präsident Barack Obama hat die 35 Jahre lange Haftstrafe für die Whistleblowerin Chelsea Manning deutlich verkürzt. Die ehemalige Wikileaks-Informantin solle das Gefängnis am 17. Mai 2017 verlassen dürfen, teilte das Weiße Haus am Dienstag mit. (…) Fraglich ist nun, welche Folgen die Freilassung Mannings auf Assange hat: Er hatte vor wenigen Tagen erklärt, er sei bereit, sich an die Vereinigten Staaten ausliefern zu lassen, falls Manning begnadigt würde. Der 45-jährige Australier war vor mehr als vier Jahren in die Botschaft Ecuadors in London geflüchtet, um einer Festnahme zu entgehen.
    Quelle: FAZ.net

    Anmerkung Jens Berger: Man muss Obama auch loben, wenn er mal etwas Positives macht; das kommt ja selten genug vor. Natürlich kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass Obama in letzter Sekunde vor Toresschluss noch fix wenigstens eine gute Tat begehen wollte, mit der er in die Geschichte eingehen kann.

  5. Merkel fordert Anti-Brexit-Kampf
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen engen Schulterschluss von Politik und Wirtschaft bei den Brexit-Verhandlungen gefordert. Sicher sei man aus vielen Gründen weiter an einem guten Verhältnis mit Großbritannien interessiert, sagte sie beim Neujahresempfang der IHK Köln. Aber wenn Großbritannien die vier Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes nicht akzeptieren wolle, dann könne es keinen vollen Zugang mehr erhalten, sagte Merkel einen Tag bevor die britische Premierministerin Theresa May Grundlinien des britischen EU-Austrittskurses vorstellt. Die britische Regierung will die Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus EU-Staaten einschränken. “Ich bitte Sie als Vertreter der Wirtschaft, dass wir da gemeinsam handeln”, appellierte Merkel an die Unternehmen. “Denn wenn sich einmal herausstellt, dass man den vollen Zugang zum Binnenmarkt auch bekommen kann, wenn man sich bestimmte Dinge aussucht, dann wird sehr schnell der Binnenmarkt als solcher (…) in Gefahr geraten, weil sich jedes Land dann seine Rosinen herauspickt”, sagte sie mit Blick auf die anderen 27 EU-Staaten. Das müsse verhindert werden. “Deshalb müssen Politik und Wirtschaft hier sehr gemeinsam agieren und handeln.”
    Quelle: n-tv

    Anmerkung unseres Lesers S.L.: Jetzt fliegt uns doch einiges um die Ohren. Was auch bedauerlich ist – zurückgehende Kommunikationsbereitschaft zwischen den Staaten. Auf den Vorwurf der “Rosinenpickerei” seitens Merkel kann ich nur lachen – das macht Deutschland seit über einem Jahrzehnt. Wer im Glashaus sitzt … Bedenklicher für mich als Geschichtsbelesenen ist der Konfrontationskurs, den hier langsam einzelne Staaten fahren. Ich komme mir vor, als wären wir bald am Anfang des letzten Jahrhunderts, in dem jeder Staat für sich seine Suppe kocht – ohne Rücksicht auf Verluste …

  6. Vom Steinewerfer zum Kriegsverkäufer – Joschka Fischer und die Faszination der Gewalt
    “Putztruppen-Joschka” Fischer, einst Jäger von Polizisten des “deutschen Schweinestaates”, richtet seine Gewaltfantasien mittlerweile gegen Russland. Gert Ewen-Ungar hat sich nun mit dessen jüngsten Darlegungen in deutschsprachigen Medien beschäftigt.
    Am 12.12. des vergangenen Jahres erschien in der Süddeutschen ein bemerkenswerter Gastbeitrag des ehemaligen deutschen Außenministers Joschka Fischer. Zuvor war dieser nahezu gleichlautend bereits am 6.12. im österreichischen Standard veröffentlicht worden. Der Artikel ist überschrieben mit dem Titel “Das Ende des Westens” und in mehrerlei Hinsicht diskussionswürdig.
    Es war zu erwarten und erscheint geradezu als selbstverständlich, dass das Apokalyptische und Mahnende, das sich als roter Faden durch den Artikel zieht, durch die Mainstreammedien gereicht würde. Focus und zahlreiche andere Medien weisen auf den Artikel hin und erheben den Zeigefinger. Die Frankfurter Allgemeine verlinkt ihn gar im Rahmen eines Appells, der zu einer “abgestuften Schutzverantwortung” Europas aufruft – mit anderen Worten: zu mehr Militär und mehr Krieg.
    Inhaltlich, und das erstaunt, bleibt der Beitrag Fischers jedoch weitgehend unkommentiert. Dabei lädt der thesenreiche Text geradewegs dazu ein, einige Worte anzumerken.
    Quelle: Gert Ewen-Ungar

    Lesen Sie dazu bitte auch Albrecht Müllers Artikel „Vom Pflasterstrand links unten über das Außenministerium nach rechts oben bis zum Rüstungslobbyisten: Joschka Fischer“ auf den NachDenkSeiten.

  7. Auf Exporte fixiert
    Betrachten die USA Deutschland als Schurkenstaat? Die Frage haben kurz vor dem Amtsantritt des künftigen US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar einige Wirtschaftsredakteure großer deutscher Tageszeitungen seit Jahresbeginn provokant in den Raum gestellt. Schurkenstaat? Wie das? Nun, Trump habe bislang »vor allem China als den Schurken der Weltwirtschaft ausgemacht«, weil das Land gegenüber den Vereinigten Staaten regelmäßig ein riesiges Außenhandelsplus erziele, zuletzt 367 Milliarden US-Dollar im Jahr. Die FAZ schlussfolgerte daraus am 8. Januar, dass die Volksrepublik den USA Geld in rauhen Mengen aus der Tasche ziehe. Nun wisse man ja: Auch die Bundesrepublik exportiere deutlich mehr über den Atlantik, als sie von dort einführe. 2015 seien dadurch fast 54,5 Milliarden Euro aus den USA abgeflossen. Trumps Tiraden gegen China ließen sich »mit etwas Phantasie« also »sehr leicht auch auf Deutschland ummünzen«, warnte die FAZ. Und sie wollte erfahren haben, in Berlin stelle man sich im Finanz- und im Wirtschaftsministerium für die Zeit ab dem kommenden Freitag bereits »auf neue Konflikte ein«. (…) Klar scheint bei alledem: Mit ihren US-Exporten kann die deutsche Wirtschaft nicht spaßen. In den vergangenen Jahren trug vor allem die Ausfuhr in Länder außerhalb der Euro-Zone zum deutschen Wachstum bei. Während dieser Anteil am deutschen Export von 46,5 Prozent im Jahr 1995 auf nur noch 36,5 Prozent im Jahr 2015 sank – nicht zuletzt, weil die Bundesrepublik mit ihren Ausfuhrüberschüssen die südlichen Euro-Staaten in die Krise exportiert hatte – boomten lange Zeit die Ausfuhren nach China und nach Russland. Der China-Export ist zuletzt zum Stillstand gekommen, weil die chinesische Wirtschaft sich im Umbruch befindet. Die Lieferungen nach Russland brachen aufgrund der Sanktionen um annähernd die Hälfte ein – Weltmachtpolitik hat eben ihren Preis. Aufgefangen wurden die deutschen Produzenten zuletzt vor allem durch die Vereinigten Staaten, die 2015 zum größten Abnehmer von Waren aus der BRD wurden, und Großbritannien, Deutschlands Auslandskunde Nummer drei. Die Exporte ins Vereinigte Königreich sind nun allerdings in den ersten neun Monaten 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um drei Prozent geschrumpft – eine Vorahnung auf den britischen EU-Austritt, zu dessen Hauptverlierern womöglich die hiesige Exportindustrie gehört. Bringt nun auch noch Trump die deutschen Ausfuhren in die USA ins Schlingern, dann wäre das ein ernster Dämpfer für das exportfixierte Berliner Wachstumsmodell.
    Quelle: junge Welt
  8. Deutschland droht ein Währungskrieg
    Fassungslosigkeit herrscht hierzulande nach dem Trump-Interview der Bild-Zeitung. Ist man darüber erschrocken, dass der neue amerikanische Präsident versteht, was im internationalen Handel schiefläuft?
    Als Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde, hatten wir bei Makroskop schon so eine Ahnung. Gleich zu Beginn des neuen Jahres drohte er China, Zölle von 45 Prozent auf chinesische Importe zu erheben. Da war es klar, wohin die Reise gehen sollte. Kurz nach Trumps China-Verlautbarung, am 13. Januar, schrieb Heiner Flassbeck in dem Beitrag „Trump und China – ein Vorgeschmack auf Trump und Deutschland“ wörtlich:
    »Deutschland sollte sehr genau hinsehen, wie Trump sich zu China verhält, denn auch Deutschland, das G20 Land mit dem höchsten Überschuss der Exporte über die Importe (fast 9 % des BIP) hat einiges zu verlieren. Die USA sind für Deutschland der Handelspartner mit dem größten Defizit von etwa 60 Milliarden Euro pro Jahr. Das wird dem Präsidenten Trump spätestens dann auffallen, wenn sein Finanzminister den jährlichen Currency Report an den Kongress erstellt, in dem aus der Sicht der USA die größten Sünder im internationalen Handel angeprangert werden.«
    Trump ist es aber viel schneller aufgefallen als von uns vermutet. Nur 2 Tage später hat er nicht nur das große Defizit gegenüber Deutschland zur Kenntnis genommen, sondern kündigte in einem bemerkenswerten Interview mit der „Bild“ und der „Times“ auch die ersten Konsequenzen an. Ähnlich wie den Chinesen droht der „President-elect“ nun auch Deutschland, dass er die hohen Defizite im gegenseitigen Handel nicht weiter hinnehmen will. Handel sei keine Einbahnstraße, so sein zentrales Argument. Zudem droht er deutschen Autoherstellern, namentlich BMW, mit Strafzöllen, sollten sie Fahrzeuge für den US-Markt in Mexiko bauen.
    Quelle: Sebastian Müller und Heiner Flassbeck auf Makroskop
  9. DGB: „Der soziale Zusammenhalt steht auf dem Spiel“
    DGB-Chef Reiner Hoffmann hat eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und höhere Steuern auf große Einkommen gefordert. “Arm bleibt arm, reich wird reicher” – gegen diesen Trend müsse etwas getan werden, sagte Hoffmann im Deutschlandfunk. Hoffmann forderte, dass die Spitzensatzbesteuerung nicht erst bei 250.000 Euro jährlichem Bruttoeinkommen greife, sondern schon bei 125.000 Euro für Einzelpersonen. “Wer starke Schultern hat, muss an der Finanzierung des staatlichen Gemeinwohls stärker beteiligt werden”, sagte Hoffmann. Mittlere und geringe Einkommen sollten dagegen entlastet werden. Er habe sich mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 mit Vertretern von CDU und SPD getroffen. “Dass wir mehr soziale Gerechtigkeit brauchen, um den Zusammenhalt in Deutschland und Europa zu stärken, ist beiden Parteien klar”, sagte Hoffmann. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordere auch in der Rentenpolitik einen klaren Kurswechsel. “Wir brauchen ein stabiles gesetzliches Rentenniveau”, sagte Hoffmann. Dieses wolle er auf Dauer auf 50 Prozent anheben. “Das sieht die CDU anders, die SPD geht in die gleiche Richtung”, sagte er. Der DGB werde sich die Wahlprogramme genau ansehen und aufs Kleingedruckte achten, denn der soziale Zusammenhalt stehe auf dem Spiel. Nur mit einem Kurswechsel könne man Rechtspopulisten und Nationalisten in die Schranken weisen. “Daran werden wir alle Parteien messen.”
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung JK: Alles schön und gut, nur, warum haben der DGB und die großen Industriegewerkschaften einst so wenig getan, um die Agenda 2010, Hartz-IV und den Ruin der gesetzlichen Rentenversicherung zu verhindern? Wenn der DGB es ernst meint mit seinen Forderungen, kann er, trotz aller Querelen und Ungereimtheiten in der Partei, eigentlich nur DIE LINKE empfehlen.

  10. Trumps Nato-Schelte: Europa alarmiert – Airbus hofft auf höhere Rüstungsausgaben
    Weil Donald Trump die Bündnistreue der USA in Frage stellt, rechnet der Luftfahrtkonzern Airbus mit mehr Rüstungsausgaben der verunsicherten Europäer – und wirbt für ein neues Kampfflugzeug. (…) Die Aufstockung des Berliner Verteidigungsetats sei ein erstes Signal. “In Deutschland will man Milliarden zusätzlich zum Verteidigungsbudget dazunehmen. Da ist ein erster Schritt gemacht, auch wenn man dort vom Ziel der zwei Prozent noch weit entfernt ist”, sagte (Airbus-Rüstungschef) Hoke. Allerdings räumt er ein: “Haushaltsmilliarden hat noch keiner versprochen.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung J.K.: Dann ist doch alles gut, zumindest für die Rüstungsindustrie. Der Witz: diese gewinnt auf jeden Fall. Hätte eine Präsidentin Clinton die aggressive Politik gegen Russland eskaliert, hätte man weiter aufrüsten müssen. Was im übrigen mit genau diesen Hintergrund bereits geschieht. Stellt nun ein Präsident Trump die NATO rhetorisch in Frage, muss Europa natürlich aufrüsten.

  11. Syrien: Waffen für Dschihadisten
    Es ist still geworden um Aleppo. Deutsche Medien und die Bundesregierung schweigen dazu, wie es nach der Evakuierung von rund 35.000 Menschen im Osten der Stadt kurz vor Weihnachten weitergegangen ist. (…) Was die abziehenden Kämpfer und ausländischen Offiziere zurückließen, wird nun von russischen und syrischen Spezialkräften dokumentiert. Mehr als 14.000 Minen und Sprengfallen wurden entschärft, Tausende selbstgebaute Bomben zusammengetragen. Fundorte waren demnach unter anderem vier Schulen, ein Kindergarten und neun Moscheen. Pioniere der russischen und syrischen Armee fanden Waffenlager, die »randvoll« mit großkalibriger Munition für schwere Waffen – Gewehre, Raketen, Artillerie – gewesen seien. Als Herkunftsländer des Kriegsgeräts nannte der russische Major Iwan Gromow unter anderen die USA, Deutschland und Bulgarien. Außerdem habe man nagelneue 122-mm-Mörsergranaten, Handgranaten und Granatwerfer sowie Raketen für Mehrfachraketenwerfer und Granaten für Haubitzen gefunden, sagte Gromow am 28. Dezember dem Sender Rossija 24. Bilder und Filmaufnahmen wurden verbreitet. Die Herkunft von vielen der Waffen in Originalkisten sei durch Aufkleber erkennbar gewesen, auf denen »Aus den USA für die gegenseitige Verteidigung« gestanden habe.
    Quelle: Karin Leukefeld in Junge Welt
  12. Nach Bootsunglück im Mittelmeer: Zahl der vermissten Flüchtlinge steigt deutlich
    Nach dem Kentern eines Flüchtlingsbootes im Mittelmeer am Wochenende werden offenbar weitaus mehr Flüchtlinge vermisst als bislang bekannt. Die UN sprechen von 180 Vermissten, zuvor war von 107 die Rede. Nur vier Menschen konnten gerettet werden. (…) Zwei der Überlebenden stammen aus Eritrea, die beiden anderen aus Äthiopien. Sie schilderten den Mitarbeitern des UNHCR und der IOM, dass ihr Schiff am Freitag mit mehr als 180 Insassen von Libyen Richtung Norden abfuhr. Das hölzerne Schiff sei nach fünf Stunden in Seenot geraten. Der Motor habe ausgesetzt, dann sei es leckgeschlagen, vollgelaufen und gesunken. Die Zahl der Bootsflüchtlinge, die von der nordafrikanischen Küste nach Italien kamen, hatte im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums wurden 2016 mehr als 180.000 Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet und nach Italien gebracht. Am Freitag waren bei mehreren Einsätzen unter Leitung der italienischen Küstenwache 550 in Seenot geratene Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet worden.
    Quelle: tagesschau.de
  13. Höcke hält Hetz-Rede in Dresden und will Geschichte umschreiben
    • Höcke spricht in Dresden bei der JA.
    • Das Holocaust-Mahnmal ist für ihn ein “Denkmal der Schande”
    • Statt Juden soll nun den Deutschen gedacht werden

    “Ich möchte euch als neue Preußen”, ruft der Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke seinem Publikum in Dresden am Dienstagabend zu. Eingeladen hatte die Junge Alternative (JA), der Jugendverband der AfD. Im Ballsaal des Brauhauses Watzke ist Höcke der Höhepunkt des Abends. Frenetisch wird er empfangen und noch mehr umjubelt wird der 44-Jährige wieder vom Rednerpult entlassen. Statt den Juden und anderen Verfolgten des NS-Regimes soll, wenn es nach Höcke geht, endlich den deutschen Opfern des Zweiten Weltkrieges gedacht werden. […]
    Sein Ton ändert sich erneut im dritten Teil der Rede. Hier wird der Thüringer etwas leiser, aber schärfer im Ton. Die Bombardierung Dresdens, führt der 44-Jährige aus, sei ein Kriegsverbrechen, vergleichbar mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Seiner Meinung nach wollten die Alliierten “mit der Bombardierung der deutschen Städte nichts anderes, als uns unsere kollektive Identität rauben.” Im vermeintlichen Bezug auf die Entnazifizierung sagt der AfD-Mann, der für den völkischen Flügel seiner Partei steht, dass man es “mit der nach 1945 begonnenen Umerziehung” auch fast geschafft hätte.
    “Bis heute sind wir nicht in der Lage, unsere eigenen Opfer zu betrauern”, sagt Höcke. “Die Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in seine Hauptstadt pflanzt”, sagt der AfD-Mann verächtlich über das Holocaust-Mahnmal im Zentrum von Berlin. Für diesen Satz gibt es nur wenig Jubel, wie auf dem Video des rechten “Compact”-Magazins zu sehen ist.
    Quelle 1: Thüringen24
    Quelle 2: Höckes Rede auf YouTube

    Anmerkung Jens Berger: Ich hatte zu meinem gestrigen Artikel über das NPD-Verbotsverfahren einige wenige erboste Zuschriften von Lesern bekommen, die meinten, man könne doch die NPD auch nicht indirekt mit der AfD vergleichen. Speziell diesen Lesern möchte ich empfehlen, sich die jüngste Rede von Björn Höcke einmal anzuschauen. Für mich gibt es da keinen nennenswerten Unterschied mehr zu Reden von NPD-Politikern. Aber vielleicht bin ich ja zu kritisch?

  14. Ramelow: Keine Stasi-belasteten Personen in Regierungsämter
    Nach dem Rücktritt des umstrittenen Berliner Staatssekretärs Andrej Holm hat der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (beide Linke) dafür plädiert, keine stasi-belasteten Personen in Regierungsämter zu berufen. Er habe bei der Regierungsbildung in Thüringen 2014 “darauf gedrungen, dass wir eindeutig sagen: Wir werden niemanden, der dem Apparat Staatssicherheit in irgendeiner Weise diente, in ein Regierungsamt berufen“, sagte Ramelow der “Thüringer Allgemeinen” (Dienstagsausgabe). Damit sei “ausdrücklich auch der Wehrdienst im Wachregiment der Staatssicherheit” gemeint gewesen.
    Quelle: Welt.de

    Anmerkung unseres Lesers M.B.: Einmal mehr zeigen führende Politiker der Partei “Die Linke” ihr wahres Gesicht. Im Ernstfall sind ihnen ihre Posten wichtiger, als die Erwartungen, die sie bei ihren Wählern geweckt haben. Sicherlich hat auch Herr Holm mit seinen Erinnerungslücken kein gutes Bild abgegeben aber genau darin hätte die Chance für die Partei “Die Linke” gelegen. Sie hätte sich geschlossen hinter Herrn Holm stellen müssen und diesen dann aber um eine sachliche Aufarbeitung bitten sollen. Wenn wir uns einmal überlegen, dass so viele Jahre nach dem Ende der DDR ein kleines Kreuz auf dem Bewerbungsbogen rein praktisch zu einem Berufsverbot führt, dann ist das damalige Verhalten vom Herrn Holm doch nachvollziehbar. So aber hat die Partei “Die Linke” Herrn Holm gehen lassen und mit ihm die Hoffnung auf wirkliche Veränderungen. Damit wird deutlich, dass Herr Holm nur eine Schachfigur im Wahlkampf dieser Partei war, der es wohl darum ging, ihre Fehler der erste Regierungsbeteiligung möglichst gut zu übertünchen. Wenn die Partei “Die Linke” bereits bei einem so kleinen Gegenwind die Segel streicht, dann wird sie für viele ihrer Wähler erheblich an Vertrauen verlieren.

  15. Trump-Interview: Eine Kreuzung aus Nero und Dagobert Duck
    Die Vereidigung von Donald Trump rückt näher und mit jedem Tag scheint der Rest der Welt zu hoffen, dass er doch noch zur Vernunft kommt. Doch auch in seinem jüngsten Interview zeigt er nur die Selbstverliebtheit eines Narzissten und Egomanen.
    Quelle: Sonia Mikich auf tagesschau.de

    Anmerkung Paul Schreyer: An Trump kann (und muss) man vieles kritisieren. Doch der fortgesetzt aggressive, parteiliche und unsachliche Ton in den Medien ihm gegenüber steht nüchternen Analysen eher im Weg.