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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Münchner Sicherheitskonferenz
  2. Nuclear apocalypse welcome? ZEIT-Journalisten werben für atomare Bewaffnung Deutschlands
  3. Die Angst der Machteliten vor dem Volk
  4. Kapitalflucht aus Südeuropa wird immer bedrohlicher
  5. Zeigt der Kapitalmarkt Trump die rote Karte?
  6. Das System Madeira
  7. Geheimsache Bankenrettung
  8. Niemals frei
  9. Managergehälter
  10. Die Privatisierung der Weltrettung
  11. EU-Expertengruppe für Diesel-Fahrtests dominiert von Unternehmen
  12. Korruption und die Politik der schwarzen Null
  13. CIA-Chef Pompeo zeichnet Saudi-Arabien aus
  14. EU-Parlament beschließt Anti-Terror-Richtlinie mit Websperren
  15. Mehr Gerechtigkeit: Die alte Leier frisch aufgeschulzt
  16. Öffentlicher Dienst – Gewerkschaften und Länder einigen sich auf höhere Löhne
  17. Die Uni ist heute tot
  18. Ein Verein kämpft gegen Fake-News

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Münchner Sicherheitskonferenz
    1. Münchner Sicherheitskonferenz: Terrorismus und Heuchelei
      Bundeskanzlerin Angela Merkel hat von den muslimischen Staaten eine eindeutige Abgrenzung vom Terrorismus gefordert. Sie erwarte “klare Worte” über die Abgrenzung des friedlichen Islam vom Terrorismus im Namen des Islam, sagte Merkel bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
      Sie begreifen nichts. Nicht die islamischen Staaten werfen Bomben in Europa und den Vereinigten Staaten, sondern die “westliche Wertegemeinschaft” wirft seit vielen Jahren Bomben in den islamischen Staaten des Vorderen Orient. Über eine Million Menschen sind umgekommen, ungezählte Familien haben den Tod geliebter Angehöriger zu beklagen. Welche Empfindungen muss dieses selbstgerechte Gerede bei diesen Menschen auslösen? Wo bleiben die “klaren Worte” Merkels zum Terrorismus der “westlichen Wertegemeinschaft”?
      Und dann bedauert unsere “Friedens-Kanzlerin” noch, dass Deutschland die “Verteidigungsausgaben” im Jahr nur um acht Prozent steigern könne. Man stelle sich vor, die Kanzlerin hätte in München gesagt, sie wolle die “Verteidigungsausgaben” nicht erhöhen, sondern stattdessen die Bundesausgaben für die Rente um acht Prozent steigern. Welch ein Protest-Geschrei wäre in unseren “Qualitätsmedien” aufgekommen.
      In München sitzen Leute zusammen, die wie die “Qualitätsmedien” die Grundrechenarten nicht beherrschen: Wenn Deutschland zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Rüstung ausgeben würde, dann würde es mit über 60 Milliarden Euro soviel Geld für das Militär bereitstellen wie der “böse Russe”. Wofür bräuchte man dann noch die anderen rund 850 Milliarden “Verteidigungsausgaben” der “westlichen Wertegemeinschaft”?
      Der Profit der Rüstungskonzerne lebt von der Dummheit und Einfalt der “Verteidigungsexperten” und ihrer Lobredner.
      Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

      Dazu: Sahra Wagenknecht zur Münchner Sicherheitskonferenz
      Politiker und selbsternannte Militär-Experten stellen an diesem Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz mal wieder gemeinsam fest: ‚Die Welt ist aus den Fugen geraten!‘ Sie verschleiern es dabei meisterhaft, dass sie es sind, die die zunehmenden Kriege, die wachsenden Spannungen, den erstarkenden islamistischen Terrorismus und die Fluchtbewegungen maßgeblich zu verantworten haben – durch ihre Waffenexporte, durch ihre Interventionskriege und Drohnenmorde und durch neoliberale Wirtschaftspolitik. Und niemals würden sie zugeben, dass unter ihnen auch die Profiteure dieser Politik sitzen: die Rüstungs-Lobbyisten, die schon dabei sind, die nächsten Milliarden-Profite hochzurechnen, weil sich in München alle Beteiligten grundsätzlich gegenseitig in ihrer Politik des Weiter-so und der forcierten Aufrüstung bestärken. Nicht mit uns! Willy Brandt hatte Recht: Krieg ist nicht die ultima ratio, sondern die ultima irratio – Krieg darf kein Mittel der Politik sein!
      Quelle: Sahra Wagenknecht via Facebook

    2. Gabriel: Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben „nicht überinterpretieren“
      So was schien bei der Münchner Sicherheitskonferenz die vergangenen Jahre eigentlich undenkbar: Europäer, die gebannt darauf warten, ob die USA denn ein Bekenntnis zur NATO ablegen, und ein russischer Außenminister, der in den harten Tönen gegen die NATO der Tonlage des US-Vizepräsidenten mit seinem Anspruch Die USA sind stärker als je zuvor in nichts nachsteht.
      Mit anderen Worten: Willkommen in der Tonlage der Zeit der früheren Blockkkonfrontation. Die Europäer nehmen es offensichtlich hin, weil sie auf den Beistand der USA angewiesen sind – und sie dürften die Aussagen von Mike Pence, der im Namen seines Präsidenten Donald Trump zwar das US-Bekenntnis zur NATO erneuerte, aber zugleich von den europäischen Partnern deutlich mehr eigene Anstrengungen forderte, mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis genommen haben.
      Zur Dokumentation unten (als Audio) die Reden von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Pence und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow – zuvor aber noch der Hinweis auf einen anderen Punkt: Deutschland hat wie alle anderen NATO-Länder auf zwei Gipfeltreffen ein Bekenntnis zum Ziel abgelegt, die Verteidigungsausgaben schrittweise auf zwei Prozent des Bruttoninlandsprodukts zu erhöhen. Zuletzt im Juli vergangenen Jahres in Warschau, und das hat nicht nur die Kanzlerin unterschrieben, sondern ihr damaliger SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier auch begrüßt (Ja, wir stärken unsere Verteidigungsbereitschaft, aber wir wollen keinen Kalten Krieg.)
      Wie das von Steinmeiers Nachfolger Sigmar Gabriel (Foto oben) verstanden wird, hat der neue deutsche Außenminister in München etwas genauer erklärt. Und ich bin gespannt, ob diese Argumentation a) bei den USA ankommt und b) im Wahlkampf noch Stoff für Auseinandersetzungen bieten wird. (…)
      Das klingt zwar nachvollziehbar, aber dennoch nicht wie eine Umsetzung der Gipfelbeschlüsse. Aber dazu werden wir bestimmt noch mehr hören, spätestens im Wahlkampf.
      Quelle: Augen geradeaus!

      Dazu: Merkel warnt vor “kleinlicher Diskussion” um Militärausgaben
      Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will den US-amerikanischen Forderungen nach einer massiven Steigerung der Verteidigungsausgaben bedingt nachkommen. Merkel bekannte sich am Samstag bei der Sicherheitskonferenz in München zu dem Nato-Ziel, spätestens im Jahr 2024 mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. “Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, wir fühlen uns diesem Ziel verpflichtet”, sagte sie. “Deutschland kennt hier seine Verantwortung.”
      Merkel schränkte allerdings ein, Deutschland könne seinen Verteidigungsetat nicht um mehr als acht Prozent im Jahr steigern. “Mehr können sie faktisch nicht machen”, sagte die Kanzlerin. Das heißt, dass das Nato-Ziel vermutlich nicht erreicht wird. Merkel ergänzte, auch Ausgaben für Entwicklungshilfe und Krisenprävention müssten miteinberechnet werden. “Deshalb hoffe ich, dass wir nicht in eine kleinliche Diskussion kommen, wer nun etwas militärischer und etwas weniger militärisch ist”, sagte Merkel.
      SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel hatte das Zwei-Prozent-Ziel zuvor als “unrealistisch” bezeichnet. Seinen Angaben zufolge müsste Deutschland jährlich 24 bis 25 Milliarden Euro zusätzlich investieren, um die Vorgabe zu erreichen. Derzeit gibt Deutschland nur rund 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus. Bei den USA sind es 3,6 Prozent. Die Regierung in Washington hatte damit gedroht, ihr Engagement in der Nato herunterzufahren, sollten die Bündnispartner ihre Ausgaben nicht steigern.
      Quelle: Spiegel Online

    3. Lawrow auf Sicherheitskonferenz: Zeit ist reif für neue Weltordnung zum Wohle aller
      Nach Ansicht des russischen Außenministers ist die NATO eine Institution des Kalten Krieges und agiert bis heute auf dieser Grundlage. Dies führte zu weiteren Konflikten und dazu, dass die EU bis heute unsouverän agiere. Unter diesen Umständen sei ein dauerhafter Frieden unmöglich. RT Deutsch präsentiert die heutige Rede Lawrows bei der Münchner Sicherheitskonferenz in voller Länge.
      Russlands Warnungen vor zehn Jahren sind wahr geworden:
      Meine Damen und Herren, vor zehn Jahren sprach der russische Präsident Wladimir Putin vor dieser Konferenz und damals dachten viele im Westen, dass damit eine Herausforderung, gar eine Bedrohung einherginge, obwohl die Kernbotschaft war, dass wir der Unilateralität abschwören und zur Zusammenarbeit auf Grundlage des Völkerrechts kommen müssen. Also, dass wir gemeinsame Lösungen finden sollten. Leider aber haben diese Warnungen kein Gehör gefunden und jetzt erleben wir ein historisches Zeitalter, bei dem wir vom Szenario eines neuen Kalten Krieges sprechen. Nun sehen wir das Ergebnis.
      Die NATO hat den Kalten Krieg nie beendet:
      Tatsächlich ist es uns nicht gelungen, neue Institutionen nach dem Kalten Krieg aufzubauen, was dazu geführt hat, dass Demokratiebestrebungen im Nahen Osten und in Nordafrika behindert wurden. Die Stärkung der NATO in den vergangenen Jahren hat zur Erhöhung der Spannungen geführt. In diesem Jahr begehen wir den zwanzigsten Jahrestag der Unterzeichnung der NATO-Russland-Grundakte. Damals einigte man sich auf die gemeinsame Verpflichtung, auf der Grundlage der gegenseitigen Interessen für Sicherheit zu sorgen und darauf, einen kontinentalen Zusammenstoß zu verhindern. Das ist aber nicht geschehen. Im Wesentlichen deswegen, weil die NATO nach wie vor eine Institution des Kalten Krieges ist, sowohl im Denken als auch im Herzen. Bedauerlicherweise wurde der Kalte Krieg also nicht überwunden. Das kann man auch von vielen Auftritten ablesen von Politikern in Europa und in den USA. Dazu gehören auch die Erklärungen, die wir hier gestern und heute gehört haben. Wir sind gegen die Ausbreitung der NATO, das sagte ich bereits. Das lässt sich auch nicht auf Russland abwälzen. Russland trägt dafür keine Schuld. Und auch nicht für die Art und Weise, wie hier versucht wird, eine neue freiheitliche Ordnung zu schädigen oder zu verhindern.
      Quelle: RT Deutsch

      Anmerkung Christian Reimann: Wäre diese Konferenz nicht endlich mal ein Anlass zum Innehalten bzw. zur (Selbst-)Reflexion? Ist wirklich die Zeit für die EU – und Deutschland – gekommen, um mehr Geld in die Rüstung zu stecken oder wäre es nicht vielleicht doch besser, wenn auch die Bundesregierung an der Entwicklung einer „neuen Weltordnung zum Wohle aller“ beteiligt ist?

    4. Von der Leyens Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz: “Wir stehen hier als Transatlantiker”
      Mehr NATO, mehr Rüstung und mehr transatlantisches Denken. Trolle, Terror und Fake News zwingen die „Wertegemeinschaft“ der NATO-Staaten, noch mehr Geld für Militär auszugeben. So sieht es Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, deren Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz RT Deutsch im Wortlaut dokumentiert.
      Zu den Beziehungen mit den USA:
      Dass heute der amerikanische Verteidigungsminister und die deutsche Verteidigungsministerin gemeinsam diese Konferenz eröffnen, ist ein gutes Zeichen für die Freundschaft zwischen unseren Ländern.
      Wir stehen hier aber vor allem als Transatlantiker, die den festen Willen haben, die schwierigen Fragen der Sicherheit gemeinsam anzugehen. Und es ist eine Bestätigung für die Münchner Sicherheitskonferenz, die – lieber Herr Ischinger – der Ort ist für den gemeinsamen Blick nach vorne.
      Quelle: RT Deutsch
  2. Nuclear apocalypse welcome? ZEIT-Journalisten werben für atomare Bewaffnung Deutschlands
    Einst galt, dass nie wieder Krieg von Deutschland ausgehen soll. Diese Zeiten scheinen längst vorbei zu sein. Zwei ZEIT-Journalisten legen den deutschen Regierenden sogar nahe, sich atomar auszurüsten – mit fatalen Folgen für den Frieden in Europa.
    “Braucht die EU die Bombe?” – diese Frage dient Peter Dausend und Michael Thumann, zwei ZEIT-Mitarbeitern, als Aufmacher eines Plädoyers für die nukleare Aufrüstung Deutschlands, das sich wie eine Werbebroschüre von Atomwaffenherstellern liest.
    Während Medien und die Politeliten Trump, Russland und den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien wie der Alternative für Deutschland (AfD) als größte Herausforderungen für den Weltfrieden darstellen, militarisiert sich, unterstützt von den meisten Mainstreammedien, die deutsche Politik radikal. Kaum ein Redakteur reflektiert diese höchst gefährliche Entwicklung jedoch kritisch.
    Die bellizistisch gestimmten ZEIT-Schreiberlinge suggerieren zunächst, Moskau bedrohe die osteuropäischen NATO- und EU-Mitgliedsstaaten, obwohl eindeutig das Gegenteil davon zutrifft, wenn man bedenkt, dass nach 1991 erst die NATO, dann die EU rücksichtslos gen Osten vorgedrungen ist.
    Quelle: RT Deutsch
  3. Die Angst der Machteliten vor dem Volk
    Demokratie-Management durch Soft Power-Techniken
    Die Frage „Warum schweigen die Lämmer?“ scheint auf uns eine eigenartige Faszination auszuüben, obwohl diese Frage ganz offenkundig unsinnig ist. Denn natürlich kann man Lämmer nicht zum Sprechen bringen. Die Faszination muß also in der Metapher der Herde und des Hirten liegen. Offensichtlich spricht diese Metapher Vorstellungen und Affekte in uns an, die Aspekte unserer politischen und gesellschaftlichen Situation betreffen. Schauen wir uns also diese Metapher etwas genauer an, denn schon ihre Geschichte erlaubt interessante Aufschlüsse.
    Homer gehört zu den ersten, die sie zur Charakterisierung der Beziehung von Volk und Staatsmann verwendet haben. ‚Hirte‘ klingt ja zunächst sorgend und gütig. Warum aber wird das Volk überhaupt gedanklich zu Lämmern gemacht, die dann eines Hirten bedürfen? Wie kommt der Hirte eigentlich zu seiner Hirtenrolle? Und warum benötigt er Hütehunde, die die Herde auf Kurs halten?Man sieht also, dass diese Metapher schon von Anfang an zutiefst ideologisch durchtränkt ist. Bei Platon finden sich schon erste Zweifel, ob der Hirte, wenn er seine Schafe auf grünen Auen weidet, wirklich das Beste der Schafe im Sinn hat oder nicht vielmehr die Schmauserei oder den Gewinn durch Verkauf.
    Die Metapher selbst spricht bereits eine Wahrheit aus, die sie gerade verdecken soll: Der Hirte ist natürlich nicht dem Wohl der Schafsherde verpflichtet, sondern dem Wohl des Herdenbesitzers. Der jedoch kommt in dieser Metapher bezeichnenderweise gar nicht vor. Wozu also dient diese Metapher der Herde, die die politische Philosophie des Abendlandes durchzieht?
    Quelle: Rainer Mausfeld
  4. Kapitalflucht aus Südeuropa wird immer bedrohlicher
    Die deutsche Forderungen im Eurosystem sind auf 800 Milliarden gewachsen
    Von Griechenland kommend ziehen wieder ein paar Gewitterwolken über die Eurozone. Doch für die Währungsunion ist der Krisenstaat beileibe nicht das einzige Sorgenkind. Man könnte auch von einem Adriatief und einem Spanientief sprechen, das sich einfach nicht auflösen will. Die Finanzmarktturbulenzen in den beiden großen südlichen Volkswirtschaften konnte die Europäische Zentralbank zwar in den Griff bekommen, doch fundamental beruhigt hat sich die Lage keineswegs. Denn das Misstrauen in die Stabilität der Länder ist nach wie vor groß und scheint sogar zuzunehmen.
    Das lässt sich anhand der Zahlungsbilanzsalden im Eurosystem darlegen, die auf eine schleichende Kapitalflucht aus dem “Club Med” hinweisen. Die Lücke, die zwischen den Notenbankgläubigern und -schuldnern klafft, hat beachtliche Dimensionen erreicht. Italien steht in diesem Target 2 genannten System Ende Dezember 2016 mit 356 Milliarden Euro in der Kreide, Spanien folgt mit 328 Milliarden Euro. Griechenland und Portugal liegen mit einem Minus von gut 70 Milliarden Euro deutlich dahinter. Geliehen wurden die Mittel im Wesentlichen von der Deutschen Bundesbank, die auf Forderungen von 754 Milliarden Euro sitzt. Luxemburg (187 Mrd.) und die Niederlande (87 Mrd.) sind weitere nennenswerte Gläubiger.
    Was zusehends Sorgen bereitet, ist die anhaltende Dynamik bei den Salden. So stieg das Target-Minus Italiens im zweiten Halbjahr 2016 um 60 Milliarden an, jenes von Spanien um 25 Milliarden. Deutschland wieder erhöhte sein Engagement um fast 100 Milliarden. Die Bundesbank hat bereits die Jännerzahlen veröffentlicht, und die bestätigen den Trend: In nur einem Monat sind die Forderungen um weitere 40 Milliarden Euro angestiegen.
    Quelle: derStandard.at

    Anmerkung Albrecht Müller: Das ist eine besorgniserregende Entwicklung. Es wird sich aber nichts ändern, solange die meinungsführende deutsche Bundesregierung nicht erkennt, dass nur durch eine Ankurbelung der Produktion von Gütern und Dienstleistungen in den Defizitländern die Lage verbessert werden kann. Das setzt voraus, dass Deutschland und der Club der anderen Leistungsbilanzüberschussländer ihre Politik verändern: Löhne deutlich steigen lassen, die Konjunktur in Europa anschieben, d.h. auch bei uns und davon ablassen, das Heil in sogenannten Reformen und in weiteren Sparmaßnahmen zu sehen. Finanzminister Schäuble betete auch gestern wieder sein Bekenntnis zu „Reformen“ in Griechenland herunter. Gebetsmühlenhaft, Unweigerlich muss man sich fragen, wo diese Führungspersonen ihren ökonomischen Verstand gelassen haben, falls sie einen hatten. – Wenn er und die andern endlich mal lernen würden, dass man Schulden wie im Falle Griechenlands nur bezahlen kann, wenn man Güter und Dienstleistungen „produzieren“ und sie absetzen kann.

  5. Zeigt der Kapitalmarkt Trump die rote Karte?
    Die ausländischen Investoren, deren Geld Trump benötigt, um „America“ wieder „great“ zu machen, werden ihn schon zur Vernunft bringen, hofft „Die Welt“. Sie befürchtet aber gleichzeitig, dass die Fed ihm einen billigen Ausweg bieten könnte.
    Die einen fürchten ihn und die anderen preisen ihn. Worüber allerdings fast kein Dissens besteht, ist über seine ungeheure Macht. Die Rede ist vom Kapitalmarkt und seiner Macht über die Geschicke von verschuldeten Ländern. Denn wer permanent über seine Verhältnisse gelebt hat, der muss sich halt verschulden. Und auch wenn der Schuldner der Staat ist, darf er sich nicht darüber beklagen, ob überhaupt und unter welchen Bedingungen ihm der Kapitalmarkt Geld zur Verfügung stellt.
    Wer, wie Trump, viel Geld für die Sanierung der amerikanischen Infrastruktur ausgeben möchte, aber bereits bis über beide Ohren verschuldet ist, der braucht also, laut Welt, den Goodwill des Kapitalmarkts:
    »Die weltgrößte Volkswirtschaft und Militärmacht Nummer eins ist hoch verschuldet und permanent auf ausländische Darlehen angewiesen. Es ist die größte Schwachstelle von Donald Trumps großem Plan.«
    Die Amerikaner brauchen also Dollars von Ausländern, um sich die geplante Sanierung ihrer verrotteten Infrastruktur leisten zu können. Diese Ausländer sind aber genau die Länder, die Trump mit seiner unseligen Diskussion über die Schädlichkeit von Exportüberschüssen vor den Kopf gestoßen hat. Verständlicherweise sind daher viele Länder, wie z.B. China und Japan, etwas verschnupft und reagieren mit Zinsaufschlägen oder ziehen sich sogar aus der „Finanzierung der USA“ zurück:
    »Aktuell halten Ausländer noch Papiere im Volumen von 5,94 Billionen Dollar, das sind 43 Prozent aller börsengehandelten US-Schulden. Im Jahr 2008 betrug der Anteil einmal 56 Prozent. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnten ausgerechnet die Ausländer, auf die Trump so wenig Rücksicht nimmt, sein ambitioniertes Konjunktur- und Steuerprogramm gefährden. Von Investitionen für eine Billion Dollar war die Rede, hier müssen die Investoren mitziehen.«
    Quelle: Makroskop
  6. Das System Madeira
    Seit 30 Jahren genehmigt die EU-Kommission extrem niedrige Steuersätze auf der portugiesischen Insel Madeira. Das Ziel: die Wirtschaft ankurbeln. Tatsächlich profitieren internationale Großkonzerne und reiche Privatpersonen. Arbeitsplätze entstehen kaum und anderen Ländern entgehen Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Eine Analyse von BR Data und BR Recherche.
    Wir sind in der Altstadt von Funchal unterwegs, der Hauptstadt der Urlaubsinsel Madeira. In einer Seitenstraße, der Rua do Esmeraldo, soll die Firma Ciboule – Trading e Marketing ihren Sitz haben. Wir finden sie neben einem kleinen Café in einem fünfstöckigen Haus. Weder auf dem Briefkasten noch auf dem Türschild findet sich ein Hinweis auf die deutschen Eigentümer der Ciboule: Die Mitglieder der deutschen Rockband Böhse Onkelz, die über diese Firma Millionen-Umsätze verbucht haben.
    Die Adresse der Onkelz-Firma Ciboule haben wir im Amtsblatt von Madeira entdeckt. Dort sind tausende Unternehmen eingetragen, die in den vergangenen Jahren die Steuervorteile der Freihandelszone Madeira ausgenutzt haben. Über viele Jahre zahlten Firmen ausländischer Investoren hier überhaupt keine Steuern, seit 2013 liegt der Steuersatz einheitlich bei fünf Prozent. Die niedrigen Steuern sollen Wachstum und Arbeitsplätze nach Madeira bringen. Doch der Plan von Portugals Regierung und der EU-Kommission geht nach unseren Recherchen nicht auf. Trotzdem erteilte Brüssel der Freihandelszone Madeira immer wieder die Genehmigung, zuletzt 2015. Wir haben das Unternehmensregister von Madeira systematisch ausgewertet und vor Ort recherchiert. So kommt ans Licht, wer wirklich vom System Madeira profitiert.
    Quelle: BR

    Anmerkung JK: Hat man zum Steuerparadies Madeira aktuell irgendetwas von Seiten des Ex-Bürgermeisters von Würselen gehört? Hatte Schulz nicht vor kurzem getönt er wolle gegen die aggressiven Steuervermeidungspraktiken der großen Konzerne vorgehen? Als langjähriges Mitglied des Europaparlaments und letztlich als dessen Präsident ist nicht davon auszugehen, dass Schulz von den Steuerprivilegien, die Madeira durch die EU-Kommission gewährt wurden, nichts gewußt hat. Er hätte also während seiner Zeit im EU-Parlament mehr als genug Gelegenheiten gehabt diese Praktiken zur Diskussion zu stellen. Dass von der Bundesregierung, explizit von der schwarzen Null Schäuble, keinerlei Kritik kommt, obwohl anzunehmen ist, dass auch Deutschland Millionen an Steuereinnahmen entgangen sind, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden.
    Dazu die gesamte Recherche des Bayerischen Rundfunks: Money Island

  7. Geheimsache Bankenrettung
    2008 wurden die großen deutschen Banken mit Milliarden von Steuergeldern vor der Pleite bewahrt. Doch wie genau die Rettung abgelaufen ist, wird streng unter Verschluss gehalten. Selbst der Cum-Ex-Untersuchungsausschuss scheitert an den Top-Secret-Regeln.
    Es ist eines der berühmtesten Zitate von Bertolt Brecht: “Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?” Heute könnte man diesen Satz ergänzen: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Rettung einer Bank durch den Staat? (…)
    Die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss wollen diese Verstrickungen gerne aufklären. Doch dabei stießen sie jetzt auf Probleme. Es stellte sich heraus, dass die Rettung der deutschen Banken in der Finanzkrise unter Geheimhaltungsbedingungen stattgefunden hatte, die sogar strenger sind als beim Umgang mit Geheimdiensten. (…)
    Grüne und Linke hatten eigentlich beantragt, dem Untersuchungsausschuss ein Protokoll des sogenannten Finanzmarktgremiums vorzulegen. Dieses Komitee aus neun Abgeordneten des Bundestages überwacht seit 2008 das 480 Milliarden Euro schwere Bankenrettungsprogramm der Bundesregierung. In der Runde musste regelmäßig auch der damalige Chef der staatlich geretteten Commerzbank, Martin Blessing, Bericht erstatten. Das Protokoll eines seiner Auftritte interessierte nun die Oppositionsabgeordneten im Untersuchungsausschuss zu dem Cum-Ex-Skandal.
    Doch die Bundestagsverwaltung lehnte die Herausgabe des Protokolls ab. Das Finanzmarktgremium tage laut Gesetz geheim. Die Regeln sähen nirgends vor, dass davon Ausnahmen möglich seien. Insbesondere lasse das Gesetz “keinen Raum für eine Abwägung zwischen einem Geheimhaltungsinteresse und einem öffentlichen Informationsinteresse”, heißt es in der Stellungnahme einer Bundestagsjuristin vom 16. Januar 2017, die dem stern vorliegt.
    Quelle: stern
  8. Niemals frei
    Fast sechs Millionen ältere Menschen sind von Armut und Ausgrenzung bedroht, wie aktuelle Zahlen belegen. Immer mehr Senioren müssen im Rentenalter arbeiten. Was bleibt noch vom Lebensabend?
    Manchmal fragt sie sich, wie lange sie das noch durchhält. Jeden Morgen um 4.30 Uhr aufstehen, anziehen, sich schminken – und dann schnell los zum Bus. Ihr Knie tut ihr weh. Sie hat es sich vor Jahren gebrochen und sich nie davon erholt. Jede Treppe wird für die 68-Jährige zum Härtetest. Am Bahnhof Zoo gibt es einen Fahrstuhl. Er bringt Heidi Steenbock hoch zum Bahnsteig. Noch eine Station mit der S-Bahn, 500 Meter laufen. Dann ist sie da. Ihr Arbeitsplatz, das ist eine Bäckerei-Filiale in Berlin-Charlottenburg, halb Bistro, halb Verkauf. Es gibt Tische und Stühle und eine Bücherwand. Man muss nah herangehen, um zu erkennen, dass sie nur ein Trompe-l’Œil ist, eine Fototapete. Sie lässt diesen Ort behaglicher wirken, als er ist.
    Heidi Steenbock, dezent geschminkt, dauergewellte Haare, ist seit fünf Jahren in Rente. Sie ist zu 60 Prozent schwerbeschädigt. Dennoch steht sie jeden Tag hinter dem Tresen. Erst waren es nur drei Stunden, dann fünf, jetzt sind es manchmal auch sieben. Heute ist sie die Chefin dieser Filiale. Dass sie immer noch arbeiten muss, hat sie nicht geplant. Aber in ihrem Leben ist so einiges anders gelaufen, als sie sich das vorgestellt hatte. Auch die Sache mit ihrer Rente. Gerade mal 170 Euro bleiben ihr nach Abzug der Miete noch übrig.
    Steenbock ist kein Einzelfall. Fast sechs Millionen ältere Menschen in Deutschland sind von Armut oder Ausgrenzung bedroht. Das geht aus Daten des Europäischen Statistikamts Eurostat hervor, die jetzt bekannt geworden sind: Waren 2010 noch 4,9 Millionen Menschen im Alter von 55 und älter davon betroffen, stieg deren Zahl seither kontinuierlich auf zuletzt 5,7 Millionen. Als arm gelten demnach Menschen, die mit einem Einkommen von weniger als 60 Prozent des Durchschnitts auskommen müssen oder die sich normale Alltagsgüter oft nicht leisten können. Manche müssen arbeiten, obwohl sie längst im Rentenalter sind. […]
    536.000 Rentner in Deutschland sind so arm, dass der Staat sie unterstützen muss. Jeder vierzigste Rentner ist ein Sozialfall, in Berlin sogar jeder zwanzigste. Er muss Grundsicherung beantragen, Hartz IV für Rentner, sagt Heidi Steenbock, und so, wie sie das Gesicht verzieht, merkt man, wie sehr es ihr widerstrebt. 409 Euro im Monat stehen ihr zu. Theoretisch. Doch praktisch nimmt sie diese Hilfe nicht in Anspruch.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Entsetzlich. Aber “Deutschland geht es so gut wie noch nie”. Warum läßt die Mehrheit der Bürger, die unter dieser Politik so leidet, diese Politik weiter zu? Wir leben doch in einer Demokratie!?

  9. Managergehälter
    1. Sahra Wagenknecht über Mehrheiten zur Begrenzung von Managergehälter
      Managergehälter begrenzen – das habe ich heute im Bundestag gefordert. Denn ein Manager streicht aktuell in einem Jahr doppelt soviel ein, wie ein durchschnittlich Beschäftigter in seinem ganzen Berufsleben. Dieser Maßlosigkeit haben SPD, Union und Grüne in den letzten Jahren tatenlos zugesehen. Und dann wundern sie sich, dass die Menschen empört sind und den ganzen Politikbetrieb für korrupt halten. Anstatt wie Herr Schäuble verfassungsrechtliche Bedenken zu beschwören – die er bei Milliardenbetrügereien im Rahmen von Cum-Ex-Geschäften erstaunlicherweise nie hatte – kann heute etwas dafür getan werden, dass es in diesem Land gerechter zugeht. Die SPD muss dafür nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag einer Einigung mit der Union warten. Es gibt eine Mehrheit von SPD, Grünen und Linken im Parlament. Wir Linke reden jedenfalls nicht nur von sozialer Gerechtigkeit. Wir stimmen und wir streiten dafür.
      Quelle: Sahra Wagenknecht via Facebook
    2. Managergehälter per Gesetz deckeln? Das kann nur schiefgehen!
      Ja, die Gehälter vieler Vorstände müssen sinken. Ein Gesetz ist aber der falsche Weg. Und die Ideen der Politik sind teilweise sogar absurd.
      Die deutschen Manager können sich schon mal darauf einstellen, dass sie im Bundestagswahlkampf die Buhmänner der Nation sein werden. Sie arbeiten zu schlecht und verdienen zu viel. Nicht alle natürlich, aber doch so viele von ihnen, dass mittlerweile Politiker fast aller Parteien die Vorstandsbezüge dringend begrenzen wollen. Die Linkspartei fordert das schon lange, auch die Grünen und viele (nicht alle) Sozialdemokraten, und nun auch die CDU-Spitze in ihrem verzweifelten Bemühen, den voranstürmenden SPD-Kandidaten Martin Schulz nicht aus den Augen zu verlieren.
      In der Union wächst die Bereitschaft, Gesetzesänderungen mitzutragen, wie sie die SPD schon lange fordert und wie sie Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) derzeit vorbereitet. Eventuell kann das sogar großkoalitionär noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden, dann hätte man das Thema im Wahlkampf von der Backe. Nun muss es einem um die Bosse nicht leidtun, es trifft ja sprichwörtlich keine Armen. Und an Warnungen hat es nicht gefehlt, der Selbstbedienung an der Spitze freiwillig einen Riegel vorzuschieben, ehe das der Gesetzgeber tun würde. Allzu lange hat man in der Wirtschaft diese Warnungen nicht ernst genommen.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung

      Anmerkung JK: Wieso sollte das schiefgehen? Das Lohnniveau vieler “normaler” Arbeitnehmer konnte man doch durch Agenda 2010 und Hartz-IV auch per Gesetz nach unten drücken. Hier manifestiert sich wunderbar die Verlogenheit der Neoliberalen. Wenn es darum geht die Löhne zu drücken, dann darf der Staat gerne in das Marktgeschehen eingreifen.

  10. Die Privatisierung der Weltrettung
    Die Bundesregierung schließt eine neue Vereinbarung mit der Bill & Melinda Gates-Stiftung zur Entwicklungszusammenarbeit. Die Kritik wächst.
    Wenn die Mächtigen in München das Schicksal des Planeten verhandeln, darf der reichste Mensch der Welt nicht fehlen: Auch Bill Gates ist bei der Sicherheitskonferenz. Der Microsoft-Gründer hat sich vom Software- zum Weltrettungs-Monopolisten entwickelt: Die Bill & Melinda Gates Foundation ist mit rund 40 Milliarden Dollar die vermögendste Privatstiftung der Welt. Sie vergibt Fördermittel von jährlich rund vier Milliarden Euro für Projekte und Forschung zur Armuts- und Hungerbekämpfung, Landwirtschaft und Gesundheit. Das hat dem Milliardär mit einem Vermögen von 85,2 Milliarden Dollar nicht nur viel Anerkennung gebracht, sondern auch Einfluss auf Regierungen, Universitäten und die Vereinten Nationen.
    Wer Geld von der Stiftung bekommt, muss sich nach deren Vorgaben richten. Die Gates-Stiftung verfolgt einen technokratischen Ansatz und setzt den Schwerpunkt auf schnell messbare Ergebnisse sowie die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft in Public Private Partnerships. Zur Hungerbekämpfung setzt die Gates-Foundation auf Gentechnik und mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte industrielle Lebensmittel. Statt öffentliche Gesundheitssysteme zu stärken, konzentriert sich die Stiftung auf wenige Krankheiten wie HIV, Tuberkulose, Malaria und solche, gegen die man impfen kann. Dabei arbeitet die Stiftung mit umstrittenen Konzernen zusammen – mit Coca Cola, Glaxo-Smith Kline und Monsanto. Deshalb wächst die Kritik: Die Stiftung bindet auch öffentliches Geld, weil sie ihre Finanzzusagen an die von Regierungen koppelt.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  11. EU-Expertengruppe für Diesel-Fahrtests dominiert von Unternehmen
    Reform der Beratergruppen der EU-Kommission völlig unzureichend
    Weiterhin haben Unternehmen gute Chancen, Expertengruppen der EU-Kommission zu dominieren, und damit Gesetzgebung in ihrem Sinne zu gestalten. So waren 32 der insgesamt 41 Mitglieder der Expertengruppe für neue Diesel-Fahrtests Unternehmensvertreter. Das zeigt eine neue Studie unserer Partnerorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) ein Jahr, nachdem die Kommission ihre Regeln für die EU-Expertengruppen überarbeitet hat. Die Studie belegt zudem, dass die Reform der Regeln für die Beratungsgremien kaum Fortschritt in Sachen unausgewogenem Lobbyeinfluss gebracht hat. (…)
    Um die neuen, im Mai 2016 vorgestellten Regeln zu prüfen, werden in der Studie zehn Expertengruppen untersucht, die brisante politische Themen behandeln. Das Ergebnis: Fünf der zehn Gruppen sind zu mehr als 50 Prozent mit „Expert/-innen“ besetzt, die Unternehmensinteressen repräsentieren. Und hier geht es um Positionen von Gruppen, deren Resultate von großer politischer Reichweite sind. Die EU-Expertengruppe „Real Driving Emissions – Light Duty Vehicles“ war zu 78 Prozent mit Vertretern von Unternehmensinteressen besetzt. Die Aufgabe der Gruppe war die Einführung eines neuen Testverfahrens für Diesel-Autos auf der Straße. Schon lange war klar, dass die Testergebnisse im realen Betrieb die aus dem Labor um ein vier- bis fünffaches überschritten. Die Tests sollen diesen Zustand beenden. Die Gruppe hat die Einführung der neuen Tests um Jahre verzögert.
    Die „Gears2030 High Level Group“ ist die Nachfolgerin von Cars21 und Cars2020. Beide Gruppen haben die Verantwortung für CO2-Einsparungen geschickt auf verschiedene Schultern verteilt. Nicht nur die Motoren müssen sich ändern – nein, auch Straßenbeläge, Reifen oder andere Technologien, wie der Diesel- oder Elektroantrieb, dürfen in die Berechnungen der CO2-Ausstöße der Hersteller einfließen. Gears2030 soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autoindustrie nach dem Dieselskandal sichern und ist mit 13 von 18 Unternehmensvertretern besetzt.
    Quelle: LobbyControl
  12. Korruption und die Politik der schwarzen Null
    Jürgen Roth über die Erosion der liberalen Demokratie in Europa
    Der Journalist Jürgen Roth schildert in seinem Buch Schmutzige Demokratie den Zerfall der politischen Kultur und das Erstarken des Rechtspopulismus innerhalb der EU.
    Herr Roth, Sie beschreiben in Ihrem Buch den Prozess der Entfremdung der Bürger von der liberalen Demokratie. Was hat sich in den letzten 20 Jahren so verändert, dass dieser Zustand ganz einfach konstatiert werden muss?
    Jürgen Roth:
    Mit dem von mir beschriebenen Prozess der Entfremdung der Bürger von der liberalen multikulturellen Demokratie ist es wie mit der Klimaerwärmung. Sie begann schleichend, zeigte jedoch in den letzten Jahren immer häufiger ihre katastrophalen Auswirkungen (insbesondere für die Ärmsten) – bis es zu spät war, noch etwas zu verändern.
    Die Gründe für die Entfremdung der Bürger liegen natürlich auf der Hand. Verantwortlich sind die Verfechter der globalen neoliberalen Wirtschaftsordnung, die dieses System in den letzten zwanzig Jahren immer gnadenloser durchgepeitscht hatten und die jetzt Autoritarismus, Nationalismus und Rassismus als weiteres Treibmittel für die Stabilisierung ihrer Macht einsetzen, auch wenn dabei das liberale demokratische System zerstört wird.
    Quelle: Telepolis
  13. CIA-Chef Pompeo zeichnet Saudi-Arabien aus
    Unterstützung von islamistischen Extremisten in Syrien und Afghanistan
    Seit den Veröffentlichungen der Clinton-Mails im US-Wahlkampf ist es buchstäblich ein “offenes Geheimnis”, dass die US-Regierung unter Obama über die Unterstützung Saudi-Arabiens und anderer Golfstaaten von syrischen Milizen, die bis zu ausgewiesen terroristischen Gruppen wie der al-Nusra-Front reichte, Bescheid wusste. Dazu kommen Vorwürfe der ideologischen Unterstützung des Dschihadismus.
    In Afghanistan unterstützt Saudi-Arabien die Taliban, die das US-Militär dort bekämpft, undercover mit Millionenbeträgen. Nun sind die tatsächlichen Aktivitäten etwas komplizierter als eben grob skizziert. Saudi-Arabien unterstützt auch die afghanische Regierung – offiziell und mit geringeren Summen -, um nach außen zu bekunden, dass das Königreich im Kampf gegen den Terrorismus auf der richtigen Seite steht.
    In Saudi-Arabien wird die Bedrohung durch den IS oder al-Qaida sehr ernst genommen. Der Kampf gegen Personen, die der Mitgliedschaft in einer der beiden Terrororganisationen verdächtig werden, wird laut Nachrichten aus KSA mit Entschlossenheit geführt, die Thronfolger und das Königshaus dürfte daran auch großes Interesse haben. Vielleicht wurde so der ein andere Name oder Plan an US-Geheimdienste weitergegeben. […]
    Selbst wenn man annimmt, dass Waffen und Gelder aus Saudi-Arabien nur über einen Umweg an die Extremisten gelangten, sie also nicht direkt unterstützt wurden, so wäre es Aufgabe “exzellenter Geheimdienstarbeit im Kampf gegen al-Qaida” gewesen, solche Unterstützung zu verhindern, es sei denn der politische Wille ist anders orientiert.
    Offensichtlich ist der neuen Trump-Administration der Partner Saudi-Arabien, mit dem man wirtschaftlich mit der Deregulierung von Fracking rivalisiert, in einem Ziel wichtig, das in der Hierarchie der US-Nah-Ost-Politik weit oben steht: der gemeinsame Kampf gegen Iran, der für den IS nicht unbedingt nachteilig ist.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung unseres Lesers C. G.: Da bleibt einem die Luft weg. Zynisch ist das. Mmir fehlen die Worte.

  14. EU-Parlament beschließt Anti-Terror-Richtlinie mit Websperren
    Die EU-Abgeordneten haben ein neues Anti-Terror-Gesetz angenommen, das den Einsatz von Websperren und Staatstrojanern vorsieht. Rechtswidrige Systemeingriffe und das “Abfangen von Daten” gelten demnach als Terrorstraftat.
    Das EU-Parlament will schärfer gegen Aufrufe zu Anschlägen und andere Formen extremistischer Propaganda im Internet vorgehen. Es hat dazu am Donnerstag mit 498 zu 114 Stimmen bei 29 Enthaltungen den Entwurf eine neue Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung verabschiedet, auf den sich Verhandlungsführer der Abgeordneten im November mit dem EU-Rat und der Kommission verständigt hatten. Auch gerichtlich nicht angeordnete Websperren werden damit zum legitimen Mittel gegen Online-Inhalte, die etwa Terrorismus verherrlichen. (…)
    Die Mitgliedsstaaten werden zwar angehalten, zunächst die “nötigen Maßnahmen” zu ergreifen, um Aufrufe zu terroristischen Handlungen im Internet im In- oder Ausland löschen zu lassen. Sollte dies aber nicht machbar oder erfolgversprechend sein, können sie Blockaden anstreben. Diese müssen nur auf “transparenten Verfahren” beruhen und ausreichende Schutzvorkehrungen enthalten, also etwa “notwendig und verhältnismäßig” sein. Rechtsmittel gegen Sperren und Löschungen einzulegen, bleibt möglich.
    Die Internetindustrie wird zudem ermuntert, “freiwillig” gegen den Missbrauch ihrer Dienste vorzugehen, terroristische Äußerungen im Netz aufzuspüren sowie entsprechend zu kennzeichnen. Eigentlich sind Provider in der EU nicht dazu verpflichtet, von sich aus Inhalte zu überwachen.
    Quelle: heise online
  15. Mehr Gerechtigkeit: Die alte Leier frisch aufgeschulzt
    Und damit will die SPD Wahlen gewinnen?
    Die alte SPD hat seit Neuestem, was man auf Neudeutsch wohl einen Shooting Star nennt: Martin Schulz, den Hoffnungsträger. Und der hat ein Motto, das alle Leute – vor allem aber die alten SPD-Anhänger – vor haltloser Begeisterung schier von den Stühlen reißt: “Mehr Gerechtigkeit”. Die Begeisterung ist gerechtfertigt; denn da ist vorher noch niemand drauf gekommen. Das zeigt schon eine einfache Tour d’Horizon durch 150 Jahre sozialdemokratischer Geschichte: […]
    Man sollte diese alltägliche praktische Erfahrung von Aktivisten und Parteifunktionären nicht unterschätzen. Mag sein, dass die politische Wichtigtuerei und das gockelhafte Gehabe von Funktionären Außenstehenden albern erscheint. Doch es charakterisiert das Verhalten und das Denken der politischen Aktivisten in Demokratien. Ihre Mentalität ist dadurch geprägt, dass sie mit wichtigtuerischem Auftreten, leichtfertigem Selbstbetrug, verbalem Getöse und pompöser Rhetorik erfolgreich sein können. Es gehört zu ihrer Alltagserfahrung, dass so etwas funktioniert.
    Quelle: Wolfgang Koschnick auf Telepolis
  16. Öffentlicher Dienst – Gewerkschaften und Länder einigen sich auf höhere Löhne
    Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst ist beendet. Die Beschäftigen bekommen über die nächsten zwei Jahren mehr Gehalt. Auch angestellte Lehrer werden besser bezahlt.
    Etwa 800.000 Angestellte im öffentlichen Dienst bekommen in den nächsten zwei Jahren mehr Gehalt. Darauf einigten sich Vertreter der Bundesländer und verschiedener Gewerkschaften am Freitagabend. Demnach sollten die Arbeitnehmer in diesem Jahr zwei Prozent mehr Gehalt bekommen. 2018 soll dieses noch mal um 2,35 Prozent aufgestockt werden.
    Die Tarifparteien einigten sich zudem darauf, die Länder-Besoldungstabellen an die des Bundes und der Kommunen anzupassen. Dadurch erhalten zehntausende Lehrer, die vor allem in ostdeutschen Ländern nicht verbeamtet, sondern angestellt werden, jeden Monat bis zu 150 Euro mehr. Diese Anpassung soll in zwei Schritten zum 1. Januar 2018 und 1. Oktober 2018 erfolgen. Darüber hinaus erhalten die Auszubildenden eine in zwei Schritten von jeweils 35 Euro erhöhte Vergütung sowie künftig 29 Tage Urlaub im Jahr. […]
    Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, nannte das Ergebnis positiv. Die angestrebten Ziele seien in hohem Maße erreicht worden. Nach Darstellung Bsirskes stimmte die Verdi-Tarifkommission dem Tarifabschluss einstimmig ohne Gegenstimmen und Enthaltungen zu.
    Der Verhandlungsführer des Beamtenbundes dbb Willi Russ sagte, durch die Erhöhungen seien nachhaltige Verbesserungen erreicht worden. “Alle drei Punkte sind enorm wichtig für die Fachkräftegewinnung und die Konkurrenzfähigkeit des Landesdienstes auf dem Arbeitsmarkt.” Außerdem bedeute dieser Abschluss ein willkommenes Plus im Portemonnaie der Kolleginnen und Kollegen und eine Kaufkraftstärkung für die Binnenkonjunktur.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Auch wenn laut den weiteren Details im Artikel insgesamt etwas mehr als 2 Prozent für 2017 und 2,35 Prozent für 2018 herauskommen, kann ich mich nur wiederholen: ver.di sollte sich auflösen und Platz machen für eine Gewerkschaft. 6 Prozent (für eine ungenannte Laufzeit – 12 Monate???) waren gefordert, 2 Prozent wurden erzielt, das ist gerade ein Inflationsausgleich bzw. in etwa die Zielinflationsrate der EZB. Mindestens der Produktivitätszuwachs von ca. 1 Prozent hätte hinzukommen müssen für eine verteilungsneutrale Lohnerhöhung; aber die Löhne im öffentlichen Dienst, in Deutschland insgesamt, sind um 20 Prozent zu niedrig. Um den Lohnrückstand gegenüber der Zunahme der Kapitalgewinne aufzuholen und auch die exzessiven Außenhandelsüberschüsse zurückzuführen bzw. irgendwann in -defizite zu verwandeln, muß die Lohnerhöhung mindestens 4 bis 5 Prozent mindestens über die nächsten 10 Jahre betragen. ver.di hat nicht nur nichts in der Hinsicht erreicht, sondern die angebliche Lohnerhöhung ist keine (Reallohnerhöhung); schlimmer noch, die Löhne bleiben hinter dem Produktivitätszuwachs immer weiter zurück. Das ist eine Lohnsenkung, gewerkschaftsoffiziell abgesegnet.

  17. Die Uni ist heute tot
    Sie wurde von der Unternehmenskultur umgebracht
    Die Hochschule soll nicht Jobs verschaffen, die im Übrigen heute flexibel und prekär sind: Sie muss gebildete und fähige Menschen erziehen, die sich ihrer eigenen Geschichte und der eigenen Zukunftsaussichten bewusst sind.
    Das lehrt uns der Philosoph John Stuart Mill. Er sagte 1867 in seiner Rektoratsrede an der St. Andrew Universität:
    “Die Universität ist nicht darauf ausgerichtet, das Wissen zu lehren, das für eine bestimmte Weise, den Lebensunterhalt zu bestreiten, notwendig ist. Es ist nicht ihr Zweck, kompetente Anwälte, Ärzte oder Ingenieure auszubilden, sondern gebildete und fähige Menschen.”
    Mills Rede wurde im Jahr 1867 gehalten (dem Jahr, in dem, Ironie der Geschichte, “Das Kapital” von Karl Marx veröffentlicht wurde) und scheint heute eine gnadenlose Tirade gegen die Ökonomisierung der Hochschulen zu sein, die gerade in Italien, aber nicht nur dort stattfindet.
    Quelle: Telepolis
  18. Ein Verein kämpft gegen Fake-News
    Falschmeldungen entlarven, verdrehte Inhalte klarstellen, auf Nutzerprobleme reagieren – all dies gehört zum Arbeitsalltag von Andre Wolf. Der studierte Theologe arbeitet für “Mimikama”. Der Verein mit Sitz in Wien setzt sich gegen Internetmissbrauch ein und will Nutzern dabei helfen, Falsches von Fakten unterscheiden zu lernen.
    Quelle: Deutschlandfunk