Hinweise des Tages II

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Warum der Widerstand gegen die Maut erloschen ist
  2. Die Bundesregierung lässt im März mehr als eine Million Erwerbslose aus der Statistik schummeln
  3. Soziale Ungleichheit: Im Villenglück
  4. Leck im Verteidigungsausschuss: “Wir prüfen nun die Konsequenzen”
  5. Externe Berater des Verteidigungsministeriums: Einfallstor für Rüstungslobbyisten?
  6. Schon wieder Ärger mit dem BKA-Gesetz
  7. No, wealth isn’t created at the top. It is merely devoured there
  8. Sinkende Kaufkraft – Briten gehen an ihr Erspartes
  9. From Great Britain to Little England?
  10. Portugal zeigt Alternativen zur Austeritätspolitik
  11. Präsidentschaftswahl in Frankreich: Heiliger Zorn gegen die Regierenden
  12. Flüchtlinge in Serbien: Ungarns Grenzregime und die Folgen auf der Balkanroute
  13. Asylgrund Klimawandel: Umweltkatastrophen treiben Menschen zur Flucht
  14. Die EU ist nicht Europa – Im Gespräch mit Andrej Hunko
  15. Die Kriegszulieferer
  16. Spitzen von SPD und FDP werben für Ampelkoalition
  17. Das Letzte: Aufrüstungsfreunde des Tages: FDP

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Warum der Widerstand gegen die Maut erloschen ist
    Mehrere Bundesländer hatten gedroht, die Autobahn-Abgabe im Bundesrat scheitern zu lassen. Doch dazu kommt es nicht: Die Pkw-Maut ist nicht mehr zu bremsen. Ein Grund dafür ist SPD-Chef Martin Schulz.
    Bis gestern Abend, also kurz vor der Sitzung des Bundesrates in Berlin, war nicht klar, ob sich die Kritiker der Pkw-Maut am Ende nicht doch durchsetzen – hing die von der CSU getriebene Autobahnabgabe am seidenen Faden. Dann kamen die Spitzen von SPD und Union in getrennten Sitzungen mit den Ländernchefs zusammen. Und danach war der letzte Widerstand gegen die Pkw-Maut erloschen. […]
    Die Kanzlerin wollte zuletzt nur noch Ruhe an der Maut-Front. Aber die CSU ließ nicht locker, drohte damit andere Vorhaben in der Koalition zu blockieren. Die SPD schwenkte schließlich ein, widerwillig, gegen den Willen der SPD-Länderfürsten. „Es sollte offenbar nicht der Eindruck entstehen, der neue Parteichef Martin Schulz habe mit seiner Bundespartei die SPD in den Ländern nicht im Griff“, sagt der Vertreter einer Landesregierung verärgert.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung Jens Berger: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Und Martins Schulz erste größere Amtshandlung als SPD-Vorsitzender ist das „Auf-Linie-Bringen“ der SPD-Länder für die Einführung einer PKW-Maut, die man auch als Vorstufe zur Privatisierung der Fernstraßen begreifen muss. So viel zum Thema „Schulz-Effekt“. Man muss schon ein sehr überzeugter SPD-Anhänger sein, wenn man immer noch dem PR-Rummel der Partei auf den Leim geht.

    Anmerkung JK: Eine weitere Hürde in Richtung Autobahnprivatisierung ist genommen. Man fragt sich nur, was geht in den Köpfen der politisch Verantwortlichen vor, wenn sie ohne jede Notwendigkeit öffentliches Eigentum, das mit Milliarden Steuergeldern aufgebaut wurde, gegen die Mehrheit der Bürger, an die Finanzindustrie verscherbeln?

    Passend dazu: Martin Schulz und die Krankenschwester: Soziale Gerechtigkeit à la SPD
    Die unterbezahlte Krankenschwester, in vielen Wahlkampfreden der SPD war sie in den letzten Jahren das Symbol für die hart arbeitende Mitte der Gesellschaft, die jetzt auch Martin Schulz immer wieder bemüht. Doch wer die Situation einer Krankenschwester vor 20 Jahren mit heute vergleicht, merkt: Obwohl sie jetzt brutto erheblich mehr verdient, bleibt ihr am Ende fast genauso wenig wie damals. Wesentlich verantwortlich dafür: Die SPD in 15 Jahren Regierungsbeteiligung.
    Quelle: WDR Monitor

  2. Die Bundesregierung lässt im März mehr als eine Million Erwerbslose aus der Statistik schummeln

    dazu: Nahles‘ Arbeitsmarkt-Vorschläge sind billiges Wahlkampfmanöver
    „Seit Jahren müssen wir einen Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik mitansehen. Dass Ministerin Nahles ausgerechnet jetzt die vielen langzeiterwerbslosen Menschen ‚neu‘ entdeckt und verstärkt fördern will, ist ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver, bei dem unterm Strich nicht viel herauskommen wird. Notwendig ist ein ausreichend ausgestatteter öffentlich geförderter Beschäftigungssektor mit existenzsichernden Löhnen, der echte Perspektiven schafft“, erklärt Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE zum aktuellen Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit sowie den jüngsten Vorschlägen von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zur Bekämpfung der Langzeiterwerbslosigkeit.
    Quelle: Die Linke im Bundestag

    dazu auch: Arbeitsuchende, Arbeitslose, erwerbsfähige Leistungsberechtigte: Ländervergleich März 2017
    4,805 Millionen Arbeitsuchende im März 2017: davon 2,662 Millionen als Arbeitslose registrierte Arbeitsuchende (183.000 weniger als im März 2016) und 2,143 Millionen nichtarbeitslose Arbeitsuchende (150.000 mehr als im März 2016). 4,400 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte (ELB: Arbeitslosengeld II) im März 2017, 72.000 mehr als ein Jahr zuvor.
    Quelle: BIAJ

  3. Soziale Ungleichheit: Im Villenglück
    Die Reichen werden immer reicher – an kaum einem anderen Ort in Deutschland wird das so deutlich wie am Starnberger See. Hier feiert der Neoliberalismus seinen Triumph. […]
    Wer beim Immobilien-Monopoly rund um den Starnberger See mitspielt, kann es sich leisten, eine Million jahrelang herumliegen zu lassen.
    Völlig anders wird im Rathaus von Pirmasens gerechnet, Deutschlands höchstverschuldeter Stadt, in der jedes dritte Kind unter 15 von Hartz IV lebt. Bürgermeister Bernhard Matheis kalkuliert ganz vorsichtig, wenn es um sein Förderprojekt für sozial schwache Familien und ihre Kinder geht. In seinem Büro im Rathaus würde es der Bürgermeister schon für einen Erfolg halten, wenn jedes vierte betreute Kind überhaupt eine Ausbildung schafft.
    In ihrem Büro in Berg-Kempfenhausen wartet die Maklerin Carmen Gottschalk darauf, dass die nächsten Anfragen hereinkommen. Vielleicht für den “repräsentativen Familien und Firmensitz” für 3,3 Millionen? Oder den “Meister der Form – Villa in Bestlage Starnberg” für 3,85 Millionen? Oder doch für das “Meisterstück für Wohnästheten und Autoliebhaber” für 8,4 Millionen?
    Geld war immer da in Deutschland, aber seit einiger Zeit entwickelt sich das Land auseinander. Das Vermögen der oberen 20 Prozent stieg nach der Jahrtausendwende deutlich, während die unteren 30 Prozent nichts haben oder sogar Schulden. In keinem deutschen Landkreis sind die Bewohner so kaufkräftig wie in Starnberg: Jeder hat monatlich knapp 3.000 Euro zum Ausgeben, fast doppelt so viel wie ein Durchschnittsdeutscher. In Pirmasens sind es noch weniger.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung JK: Was sind das plötzlich für Töne im Zentralorgan der oberen Mittelschicht? Hier sei aber nochmals darauf hingewiesen, dass gerade die Zeit, die Durchsetzung der neoliberalen Agenda immer publizistisch massiv unterstützt hat. Gerade auch der Autor Hagelücken als leitender Wirtschaftsredakteur der SZ.
    Es wäre nun naiv zu glauben, die Kritik an den herrschenden Verhältnissen würde aus Einsicht in den Aberwitz der neoliberalen Ideologie erfolgen. Es geht schlicht darum die soziale Polarisierung mit Pseudokritik etwas zu verschleiern, nicht dass die Bürger am Ende noch in ihrer Wut über eine Politik, die ihre Lebensverhältnisse seit Jahren permanent verschlechtert Dummheiten begehen – Trump lässt grüßen. Das zeigt schon der aktuelle Zeit-Titel mit dem zum x-ten Male das Gespenst der Inflation höherer Bildungsabschlüsse an die Wand gemalt wird. Die Intention ist einfach zu entlarven, die obere Mittelschicht fürchtet einfach um ihre Privilegien.

  4. Leck im Verteidigungsausschuss: “Wir prüfen nun die Konsequenzen”
    SPD-Politiker kritisiert Weitergabe von Informationen im Zusammenhang mit Luftschlag in Rakka
    Die Nachricht, die gestern aus der geheimen Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages ihren Weg in die Medien fand, hat es in sich: Laut Recherchen von NDR, WDR und SZ soll die Bundeswehr an dem folgenschweren Luftschlag nahe der syrischen Stadt Rakka (Raqqa) beteiligt gewesen sein.
    Nun hat sich der Vorsitzendes des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD) gegenüber Focus Online zu Wort gemeldet und kritisiert, dass die Information aus der geheimen Sitzung, bei der die Teilnehmer zuvor auch ihre Mobilfunktelefone abgeben mussten, nach außen gedrungen ist. “Es ist mehr als fragwürdig”, sagt Hellmich, “wenn Informationen aus einer geheimen Sitzung direkt an die Medien gelangten. Das ist Geheimnisverrat und wir prüfen nun die Konsequenzen.” Einen derartigen Vorfall habe der Ausschussvorsitzende noch nicht erlebt. “Das hat eine besondere Brisanz. Ich rede heute mit den Obleuten der Fraktionen und diese werden dann eine Entscheidung über mögliche Konsequenzen treffen.”
    Dieses Vorgehen, so der SPD-Mann weiter, habe sowohl eine strafrechtliche als auch eine moralische Dimension: “Es gibt Informationen, die, wenn man sie verrät, das Leben unserer Soldaten und Soldatinnen im Einsatz gefährden können.”
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung unseres Lesers E.J.: Klar, dass es für die Befürworter deutscher Militäreinsatze im Ausland ein Problem darstellt, wenn Zivilopfer zum öffentlichen Thema werden. Flugs wird dann – wie bei Whistleblowern üblich – der Überbringer der Botschaft in durchschaubarer Absicht zum lebensgefährlichen Täter erklärt. Tatsächlich formuliert der SPD-Politiker Wolfgang Hellmich ein Paradox, das, wenn es stimmte, zum sofortigen Abbruch des Syrieneinsatzes führen müsste. Wenn in Deutschland der Bundestag das letzte Wort über Militäreinsätze hat, der Bundestag in seiner Gesamtheit – also so wie er abstimmt – und mit ihm die gesamte Öffentlichkeit aber nichts über die konkreten Folgen dieser Einsätze wissen darf, weil das das Leben deutscher Soldaten gefährdet, dann ist die demokratische Kontrolle von Kriegseinsätzen, weil lebensgefährlich für die Soldaten, strukturell unmöglich. Die einzige Konsequenz für den deutschen Bundestag, der sein demokratisches Mandat und die Gefahr für das Leben der Soldaten ernst nimmt, kann daher sein, die Soldaten gar nicht erst in den Einsatz zu schicken.

  5. Externe Berater des Verteidigungsministeriums: Einfallstor für Rüstungslobbyisten?
    Rüstungsprojekte der Bundeswehr hatten in den letzten Jahren vor allem eins gemeinsam: Sie dauerten länger als gedacht, wurden teurer und waren am Ende meist nicht so leistungsfähig wie erhofft. Um die Beschaffung von Rüstungsgütern zu verbessern, hat Verteidigungsministerin von der Leyen dafür externe Berater angeheuert. MONITOR hat sich die Verbindungen zwischen den neuen Beratern des Ministeriums und der Rüstungsindustrie genauer angeschaut und ist dabei auf enge personelle und finanzielle Verbindungen gestoßen. Ein neues Einfallstor für Rüstungslobbyisten, wenn künftig milliardenschwere Aufträge erteilt werden.
    Quelle: Monitor
  6. Schon wieder Ärger mit dem BKA-Gesetz
    Es ist noch nicht lange her, da präsentierte Innenminister de Maizière stolz die überarbeitete Version des BKA-Gesetzes. Darin die Idee einer neuen großen Datenbank, auf die BKA und Polizei zugreifen können. Doch nun hagelt es Kritik.
    Angefangen hat der Ärger im April vergangenen Jahres. Damals urteilte das Bundesverfassungsgericht, einige der Kompetenzen des Bundeskriminalamts seien grundgesetzwidrig. Die Karlsruher Richter mahnten unter anderem einen besseren Datenschutz an. Der Bundesinnenminister war damals sichtlich verärgert. Seine Befürchtung: Die neuen Vorgaben aus Karlsruhe könnten den Kampf gegen den internationalen Terrorismus erschweren.
    Schnell machte sich Thomas de Maizière an die Überarbeitung des BKA-Gesetzes. Schon im Februar war die Neufassung im Kabinett. Kurz darauf präsentierte er sie stolz in der ersten Lesung im Bundestag. Ein Punkt: eine große neue Datenbank, auf die das BKA und alle Polizeibehörden bundesweit zugreifen können.
    “Der Polizeibeamte in einem Bundesland muss wissen, dass sein Kollege in einem anderen Bundesland gegen die gleiche Person ermittelt, und beide müssen wissen, welche Informationen über diese Person beim Bundeskriminalamt bekannt sind”, sagte der Innenminister im Bundestag.
    Quelle: Tagesschau
  7. No, wealth isn’t created at the top. It is merely devoured there
    But such a revolution will require a wholly different narrative about the origins of our wealth. It will require ditching the old-fashioned faith in “solidarity” with a miserable underclass that deserves to be borne aloft on the market-level salaried shoulders of society’s strongest. All we need to do is to give real hard-working people what they deserve. And, yes, by that I mean the waste collectors, the nurses, the cleaners – theirs are the shoulders that carry us all.
    Quelle: The Guardian
  8. Sinkende Kaufkraft – Briten gehen an ihr Erspartes
    Die britische Wirtschaft ist trotz des bevorstehenden Brexit erneut deutlich gewachsen. Zugleich fiel die Sparquote jedoch auf den niedrigsten Stand seit 1963 – auch weil die Briten den sinkenden Pfund-Kurs ausgleichen mussten.
    Die britische Wirtschaft bleibt neuen Zahlen zufolge auf Wachstumskurs, zeigt angesichts des nahenden Brexit aber auch bedenkliche Tendenzen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von Oktober bis Dezember 2016 gegenüber dem Vorquartal um 0,7 Prozent. Deutschland kam im selben Zeitraum auf 0,4 Prozent. Mit den Zahlen bestätigte das britische Statistikamt ONS eine frühere Schätzung. […]
    Die Sparquote fiel auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Statistik 1963. Das lag einem ONS-Statistiker zufolge aber auch daran, dass die Rücklagen von Pensionfonds an Wert verloren.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Und wieder einmal haben die Kollegen von SPIEGEL Online nicht verstanden, was die Statistiker eigentlich sagen. Durch den Wertverlust des Pfunds gegenüber dem Euro mussten offenbar die Positionen der Pensionsfonds neu bewertet werden, was wiederum Einfluss auf den statistischen Wert der Sparquote hat. Schön und gut. Aber was hat das bitte damit zu tun, dass die Briten angeblich „den sinkenden Pfund-Kurs ausgleichen müssen“? Da wird nichts „ausgeglichen“, sondern lediglich neu bewertet. Das kann deutschen Kunden von Lebensversicherungen, Pensionsfonds etc., die in fremden Währungen angelegt haben, genau so passieren. Und die Überschrift „Briten gehen an ihr Erspartes“ ist vollkommen falsch und irreführend. Die Kombination mit einem Symbolbild auf dem Briten einen EC-Automaten leer räumen, macht die Sache noch schlimmer.

  9. From Great Britain to Little England?
    British Prime Minister Theresa May blinked more than once as she prepared to invoke Article 50 of the Treaty of Lisbon and initiate Britain’s exit from the European Union. According to May, Brexit will transform the United Kingdom into what she calls “Global Britain.” But what lies ahead is really anyone’s guess. The UK has long been shorn of its empire; now it will be shorn of Europe, too.
    Singapore, Switzerland, and Norway are often mentioned as models for the UK to follow as it pursues its own trade policies outside of the EU. This is ironic (or perhaps fitting), given that all three are small countries that do not share Great Britain’s sense of self-importance in world affairs.
    Quelle: Project Syndicate
  10. Portugal zeigt Alternativen zur Austeritätspolitik
    Portugal, Italien, Griechenlands und Spanien das waren die südeuropäischen Länder, die in den vergangenen Jahren im Fokus der europäischen Aufmerksamkeit standen, wenn es um sogenannte „Sparprogramme“ und Austerität ging. Während Griechenland aktuell wieder in den Medien ist, weil die Schulden weiter steigen, und Spanien von sich Reden machte, weil es keine Regierung bilden konnte, ist Portugal aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden, dabei wäre ein Blick auf die Erfolge der portugiesischen Regierung spannend, für alle, die immernoch am Dogma des Sozialabbaus als Mittel zum Wachstum festhalten.
    Mehrere Jahre regierten rechte und neoliberale Parteien Portugal während der Krise und setzten harte Austeritätspolitik durch. Diese änderte sich mit den Wahlen 2015, das neue geschmiedete neoliberale Bündnis Portugal a Frente, bestehend aus den beiden vorherigen Regierungsparteien PSD und CDS-PP, verlor seine Mehrheit. Doch auch die portugiesischen Sozialdemokraten hatten keine eigene Mehrheit und hatten nur die Auswahl einer großen Koalition, in der sie Juniorpartner wären, und einem Mitte-Links-Bündnis mit der Coligação Democrática Unitária (CDU) und dem Bloco de Esquerda. Besonders daer Linksblock (Bloco des Esquerda) konnte sich als Siegerin der Wahlen sehen, da sie ihre Stimmenzahl verdoppelten. Die sozialdemokratische PS entschied sich nach dem Scheitern der Gespräche für eine Tolerierung durch die linken Parteien, welche durch Verträge klare Richtlinien erhielt. Catarina Principe, Mitglied des Linksblock, erklärte wie die neue Regierung funktioniert: „Die Linke würde dem Haushaltsentwurf und einigen anderen Gesetzen zustimmen, jedoch außerhalb der Regierung bleiben und sich vorbehalten, auch weiterhin alternative Politiken zu verfolgen. So war es ihr möglich, die verbreitete Forderung nach einer Beendigung der schlimmsten Sparmaßnahmen aufzugreifen, ohne sich der PS zu sehr anzunähern.“
    Quelle: Die Freiheitsliebe
  11. Präsidentschaftswahl in Frankreich: Heiliger Zorn gegen die Regierenden
    In der einstigen Arbeiterhochburg Le Havre fühlt sich der linksrevolutionäre Jean-Luc Mélenchon in seinem Element. Und er benennt sein Vorbild.
    Echten Grund zum Optimismus hat Jean-Luc Mélenchon (La France insoumise – das unbeugsame Frankreich). Er hat in den Prognosen von 10 auf 14 Prozent zugelegt und liegt vor dem Sozialisten Benoît Hamon. Sein erklärtes Ziel ist es, im Rennen um die Präsidentschaft den Konservativen François Fillon zu überrunden und zum Spitzenduo Le Pen und Emmanuel Macron aufzuschließen. „Seinen Rang verdient man in der Schlacht“, verkündet er siegesgewiss in Le Havre, wo er im Hafen ankommt. Die Kommunisten des PCF, die seine Kandidatur trotz Differenzen unterstützen, haben ihm ein Treffen mit den Dockern organisiert. Sie sind immer noch eine Avantgarde in Sozialkonflikten wie im Kampf gegen die Arbeitsrechtsreform von 2015.
    Mélenchon verspricht den Hafenarbeitern, er werde als Präsident dieses Gesetz widerrufen. Von den Dockern bekommt er einen orangefarbenen Helm, den er stolz wie eine Trophäe vorzeigt.
    Quelle: taz
  12. Flüchtlinge in Serbien: Ungarns Grenzregime und die Folgen auf der Balkanroute
    Vor Monaten noch ließ Ungarn bis zu 35 Menschen pro Tag aus Serbien über seine Grenze kommen, mittlerweile sind es nur noch zehn. Seit Ungarn der brutale Vorposten der Festung EU geworden ist, droht Serbien vom Transitland zur größten Wartehalle für Flüchtlinge im Herzen Europas zu werden.
    Quelle: Deutschlandfunk
  13. Asylgrund Klimawandel: Umweltkatastrophen treiben Menschen zur Flucht
    Dürreperioden, Stürme, Überflutungen – der Klimawandel ist für Menschen in vielen Teilen der Welt bereits zur Bedrohung geworden. Immer mehr verlieren aufgrund von Umweltkatastrophen ihre Lebensgrundlage und sind gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen. Hilfsorganisationen wie Oxfam fordern daher die Schaffung des Asylgrunds “Klimaflüchtling”.
    Es gibt Mitbürger auf diesem Erdball, für die ist der Klimawandel bereits Teil ihrer Lebenswirklichkeit. Zwei Beispiele. Nummer eins: Tschinma George aus Nigeria. Die 30-jährige ist selbstständige Beraterin mit Studienabschlüssen in Wirtschaft und Umweltmanagement und dazu noch Klimaaktivistin mit Erfahrung an internationalen Konferenztischen.
    In Nigeria realisierte man den Klimawandel vor fünf Jahren richtig bewusst, sagt sie. “2012 gab es bei uns enorme Regenfälle. Monatelang. Ununterbrochen. Das führte zu Überflutungen. Über sieben Millionen Menschen waren betroffen, im ganzen Land gab es Überflutungen, 30 von 36 Bundesstaaten waren betroffen.”
    Quelle: Deutschlandfunk
  14. Die EU ist nicht Europa – Im Gespräch mit Andrej Hunko
    Seit einigen Wochen demonstrieren im Rahmen der „Pulse of Europe“-Bewegung in Deutschland Menschen für die EU. Bisher ist der Charakter der Bewegung nicht klar, abseits ihrer pro-EU-Position. Wir haben mit dem linken Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko, der zusammen mit anderen Abgeordneten einen Brief an die Bewegung geschrieben hat, über Pulse of Europe, den Charakter der EU und den Brexit gesprochen. […]
    Mein Eindruck ist, dass bei vielen Menschen aufgrund dieser Entwicklungen das eher unspezifische Bedürfnis entstanden ist, etwas zu tun. Den Zulauf zu den Pro-EU-Kundgebungen von Pulse of Europe erkläre ich mir damit, dass „Europa“, das meist mit der EU gleichgesetzt wird, als Symbol für liberale gesellschaftliche Werte gesehen wird, die es gegen den Rechtsruck zu verteidigen gilt. Dazu gehört die Ablehnung der Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Identität genauso wie das Ende der Grenzkontrollen zwischen den Schengen-Staaten. Aber auch der Wunsch nach Frieden wird häufig mit der EU verbunden. Es scheint mir insgesamt eher eine emotionale Reaktion zu sein.
    Die von den OrganisatorInnen formulierten Forderungen laufen im Wesentlichen auf den Erhalt des Status Quo heraus, also die weitgehend unkritische Verteidigung der EU. Es ist der Versuch, die EU in der aktuellen Krise zu retten – mit allen negativen wie positiven Dingen, für die sie steht. Zugleich nehmen die Menschen aber sicherlich aus den verschiedensten Motivationen an den Kundgebungen teil.
    Quelle: Die Freiheitsliebe
  15. Die Kriegszulieferer
    Die beginnende Aufstockung des deutschen Militärhaushalts auf bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts führt zu Wachstumsschüben in der deutschen Rüstungsindustrie. Exemplarisch belegen dies die jüngsten Geschäftszahlen der Waffenschmiede Rheinmetall. Demnach ist der Umsatz im Geschäftsbereich “Defence” im vergangenen Jahr um rund 14 Prozent auf fast drei Milliarden Euro gestiegen – und das Unternehmen rechnet mit weiterem Wachstum: Es verzeichnet einen Auftragsbestand von mehr als 6,6 Milliarden Euro, hofft im nächsten Jahr auf Rüstungsaufträge aus Berlin in Höhe von weiteren zwei Milliarden Euro und geht davon aus, auf dem deutschen Heimatmarkt langfristig Aufträge im Wert von zehn Milliarden Euro einwerben zu können. Hinzu kommen boomende Geschäfte auf dem weltgrößten Rüstungsmarkt – in den USA – sowie Bemühungen, zwei Joint Ventures zur Produktion von Munition und Panzern in der Türkei zu gründen. Die saudischen Streitkräfte werden schon heute von Rheinmetall-Tochterfirmen außerhalb der Bundesrepublik beliefert – mit Munition, die sie im Jemen-Krieg einsetzen.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: Ex-Verteidigungsminister soll Rheinmetall kontrollieren
    Auf der Hauptversammlung des Rüstungskonzerns soll Franz Josef Jung in den Aufsichtsrat des Unternehmens gewählt werden. Er wäre dann nicht der einzige Ex-Minister in den Reihen von Rheinmetall. Der frühere Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung soll in den Rheinmetall-Aufsichtsrat einziehen. Der 68-jährige CDU-Politiker, der von 2005 bis 2009 an der Spitze des Verteidigungsministeriums stand und danach kurz Bundesarbeitsminister war, soll nach Recherchen der „Welt“ auf der Hauptversammlung am 9. Mai in das Kontrollgremium gewählt werden. Ein Rheinmetall-Sprecher begründete die geplante Berufung mit der besonderen Expertise von Jung im Verteidigungsbereich. Der Rheinmetall-Konzern mit 5,6 Milliarden Euro Umsatz (2016) besitzt zwei nahezu gleich große Umsatzsäulen aus Automobiltechnik sowie Rüstung.
    Quelle: Welt Online

  16. Spitzen von SPD und FDP werben für Ampelkoalition
    Wer mit wem nach der Bundestagswahl? Führende Politiker von SPD und FDP sprechen sich im SPIEGEL für eine gemeinsame Koalition mit den Grünen aus. […]
    Für beide Parteien, SPD und FDP, könnte die Ampel-Option Sinn machen. Die SPD entginge so dem Gerede über ein rot-rot-grünes Bündnis mit der Linkspartei, das sie zuletzt im Saarland wohl Stimmen gekostet hat. Die FDP könnte unter Beweis stellen, dass sie sich inzwischen vom früheren Koalitionspartner, den Unionsparteien, emanzipiert hat.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Zunächst einmal ist das keine Neuigkeit. Eine Ampel wird immer wieder gerade von den SPD Führungsleuten ins Gespräch gebracht, zuletzt von Katarina Barley. Interessant ist aber, wie wohlwollend über solch ein Bündnis geschrieben wird, obwohl laut Umfragen solch eine Konstellation am wenigsten von den Wählern gewollt wird (7 Prozent). Auf der anderen Seite wird aber behauptet, dass die Option Rot-Rot-Grün, die laut derselben Umfragen auf immerhin 20 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung käme, der SPD schon Stimmen gekostet habe.

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die FDP – was wollen die noch mal? Radikale Steuersenkungen, die Verlängerung und weitere “Flexibilisierung” der Arbeitszeiten, die “Entfesselung” eines schon lange deregulierten Arbeitsmarktes, das gesetzliche Rentenalter streichen, noch mehr “private”, “kapitalgedeckte” Vorsorge anstelle der funktionierenden Umlagesysteme, oder wörtlich und dezidiert: “Die FDP setzt auf ein Anti-Schulz-Programm“.
    Also der perfekte Koalitionspartner… […]

    Anmerkung JK: Die SPD in einer Koalition mit zwei dezidiert neoliberalen Parteien. So gelingt der Politikwechsel garantiert – nicht. Wobei damit immer deutlicher wird, dass mit Schulz eine Abkehr von der neoliberalen Agenda nie ernsthaft geplant war.

  17. Das Letzte: Aufrüstungsfreunde des Tages: FDP
    Zum letzteren äußerte sich FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff dahingehend, dass man einen »umfassenderen Sicherheitsbegriff« vertrete. Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär, wie von NATO-Strategen 2014 als Ziel vorgegeben, reichten daher nicht aus. Die Zahl müsse vielmehr bei drei Prozent liegen.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung André Tautenhahn: Unglaublich. Und mit so einer Partei will die SPD am liebsten koalieren. Dabei hat Sigmar Gabriel gerade heute beim Nato-Außenministertreffen in Brüssel das Zwei-Prozent-Ziel noch einmal kritisiert und gesagt: „Ich halte es für völlig unrealistisch zu glauben, dass Deutschland einen Militärhaushalt von über 70 Milliarden Euro pro Jahr erreicht.“ Und weiter sagte er: „Ich kenne keinen Politiker in Deutschland, der glaubt, dass das in unserem Land erreichbar oder auch nur wünschenswert wäre.“ Da scheint er aber den Wunschpartner für eine Koalition im Bund noch gar nicht richtig zu kennen.

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