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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Der Schein am Arbeitsmarkt trügt
  2. Zurück zur Tarifbindung “ein sinnvoller Schritt”
  3. Warum Arbeitgeber Minijobber noch immer prellen
  4. Griechenland: Die nächste Runde Austerität
  5. Geschmeckt hat’s keinem
  6. Warum vertritt ein rotgrünes „Progressives“ Zentrum reaktionäre Thesen?
  7. Globale Anomie oder Menschlichkeit
  8. Chinesen können vieles besser
  9. Das sind die Tricks der Krankenversicherer
  10. Konventionelle Schweinehaltung laut Gutachten gesetzeswidrig
  11. Kampfgemeinschaften
  12. Bundeswehr-Werbung zielt auf die Duckmäuser
  13. Der deutsche Nahostkonflikt
  14. NSU: Totalversagen in Thüringen
  15. Warum die Aufregung über Xavier Naidoo völlig übertrieben ist
  16. EXKLUSIV: Spitzenfrau der AfD in Nordrhein-Westfalen arbeitete als Prostituierte

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der Schein am Arbeitsmarkt trügt
    „Die hohe Beschäftigtenzahl verbirgt den Mangel an guter, auskömmlicher Arbeit. Die Jobs, die in den vergangenen Jahren geschaffen wurden, waren zum Großteil Teilzeitstellen, von denen man nicht leben kann. Leiharbeit boomt, und auch der Mindestlohn hat kaum zu einer Reduzierung der Zahl der Minijobs beigetragen. Ein Fünftel aller Beschäftigten arbeitet mittlerweile zu Niedriglöhnen, 2,6 Millionen Beschäftigte brauchen neben ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Nebenjob – und die Bundesregierung schaut tatenlos zu“, erklärt Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit. Zimmermann weiter:
    „Die offizielle Arbeitslosenzahl von 2,6 Millionen ist zudem nur die Spitze des Eisbergs. Hinzu kommen eine Million Menschen, die zwar erwerbslos sind, in der Statistik aber nicht mehr vorkommen, weil sie an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, älter als 58 Jahre sind oder aufgrund anderer Tricksereien aus der Statistik fallen. Rechnet man diese Personen mit ein, liegt die Arbeitslosigkeit bei fast 3,6 Millionen Menschen, darunter über 900.000 Langzeiterwerbslose. Das sind die Fakten, an denen sich die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung messen lassen muss.
    Die Beschäftigungsentwicklung taugt nicht als Entschuldigung für den weitgehenden Rückzug der großen Koalition aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Gerade für Langzeiterwerbslose muss deutlich mehr getan werden. Wir brauchen einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Leiharbeit öffnet Niedriglöhnen Tür und Tor und verhindert, dass die Betroffenen ihre Interessen über Gewerkschaften oder Betriebsräte vertreten können. Damit muss endlich Schluss sein. Grund zum Feiern gibt es erst, wenn Armut trotz Arbeit endlich der Vergangenheit angehört und alle Beschäftigten von ihrer Hände Arbeit leben können.“

    Quelle: Die Linke. im Bundestag

    dazu: Arbeitsuchende, Arbeitslose, erwerbsfähige Leistungsberechtigte: Ländervergleich April 2017
    April 2017: 175.000 weniger registrierte Arbeitslose, 95.000 mehr erwerbsfähige Leistungsberechtigte (Arbeitslosengeld II) als im April 2016. 4,743 Millionen Arbeitsuchende im April 2017: davon 2,569 Millionen als Arbeitslose registrierte Arbeitsuchende und 2,174 Millionen gemäß amtlicher Statistik nichtarbeitslose Arbeitsuchende.
    4,422 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte (ELB: Arbeitslosengeld II) im April 2017. (Zum ELB-Ländervergleich siehe im Download Seite 8)
    Zum Länder- und Rechtskreisvergleich im April 2017 siehe die BIAJ-Kurzmitteilung vom 03. Mai 2017:
    Quelle: BIAJ

    dazu auch: 7,24 Millionen Menschen leben von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen
    2,76 Millionen Arbeitslose gab es im Februar 2017. Doch mit über 7,24 Millionen lebten mehr als zweieinhalbmal so viele Menschen in Deutschland von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen, darunter rund zwei Millionen Kinder und Jugendliche. Denn nur ein Teil derer, die staatliche Unterstützung benötigen, gilt auch als arbeitslos im Sinne der Statistik.
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt

    und: 5,8 % Arbeitslose – eine “Zahl für Dumme”
    Auf den ersten Blick erscheinen die neuen Arbeitslosenzahlen überaus positiv. Wirtschaftsprofessor Heinz-Josef Bontrup plädiert jedoch für einen ehrlicheren Umgang mit den Statistiken. […]
    Angesichts von fast 44 Millionen Erwerbstätigen muss man trotzdem fragen: Sind diese Zahlen nicht doch so niedrig, dass man schon nicht mehr von Massenarbeitslosigkeit sprechen kann? Weit gefehlt: Zieht man die Selbständigen (und Scheinselbständigen) ab, bleiben noch gut 39 Millionen abhängig Beschäftigte. Und das Besondere: gut ein Drittel dieser 39 Millionen arbeitet nur Teilzeit! Im Durchschnitt nicht mehr als 15 Stunden die Woche! Übrigens weit überwiegend Frauen. Wird diejenige, die so wenig arbeitet, zu Recht noch statistisch als Arbeitende erfasst? Die Antwort ist differenziert, und doch einfach: Manche wollen nicht mehr als Teilzeit arbeiten; andere können nicht Vollzeit arbeiten, weil sie keinen entsprechenden Job finden. Gehörten die letztgenannten nicht auch in die Arbeitslosenstatistik? Aber auch ohne sie: insgesamt muss man schon sehr deutlich von über vier Millionen Arbeitslosen in Deutschland ausgehen. Zeit, die Statistik auf neue Beine zu stellen und sich ehrlicher zu machen.
    Quelle: ARD Hauptstadtstudio

  2. Zurück zur Tarifbindung “ein sinnvoller Schritt”
    Ob Esprit, Edeka oder Amazon: Viele Unternehmen sind nicht mehr in der Tarifbindung und können sich so durch niedrigere Löhne Wettbewerbsvorteile verschaffen. “Nur noch 14 Prozent der Unternehmen sind an den Tarifvertrag gebunden”, kritisierte Sozialwissenschaftler Stefan Sell im DLF. Einer Wiedereinführung der Allgemeinverbindlichkeit für alle räumt er aber nur wenige Chancen ein. […]
    Dennoch haben die einzelnen Arbeitgeber ja Gründe für ihr Ausscheiden aus der Tarifbindung. Sind die nachvollziehbar?
    Sell: Die sind betriebswirtschaftlich absolut nachvollziehbar. Dazu muss man wissen, in den vergangenen Jahren wurde ja gerade auch in vielen Medien immer wieder über Lohndumping im Einzelhandel berichtet, über teilweise wirklich auch katastrophale Arbeitsbedingungen des Personals (es sind ja überwiegend Frauen, die dort arbeiten in dieser Branche).
    Und man kann das eigentlich relativ genau taxieren, wann das begonnen hat. Das hat nach dem Jahr 2000 begonnen, denn bis zum Jahr 2000 war der Tarifvertrag im Einzelhandel allgemeinverbindlich erklärt. Das heißt, alle Arbeitgeber, auch die, die nicht im Arbeitgeberverband waren, mussten sich an dieses Regelwerk halten.
    Damals hat man von der rot-grünen Bundesregierung auf Druck diese Allgemeinverbindlichkeit aufgehoben und seit diesem Moment macht es wohl gemerkt betriebswirtschaftlich für den einzelnen Einzelhändler Sinn, sich Vorteile zu verschaffen im harten Kostenwettbewerb mit den Konkurrenten, indem man beispielsweise sein Personal etwas oder deutlich schlechter bezahlt, und das steht natürlich auch im Zusammenhang mit der Expansion, die wir in den vergangenen Jahren zumindest im Einzelhandel gesehen haben.
    Wir haben eine deutliche Zunahme der Verkaufsflächen und wir haben eine gewaltige Expansion der Öffnungszeiten.
    Quelle: Deutschlandfunk
  3. Warum Arbeitgeber Minijobber noch immer prellen
    Mehr Arbeit für denselben Lohn oder dubiose Abzüge: Das sind Erfahrungen in einem Minijob. Eine Studie bestätigt unlautere Methoden gegenüber einem Großteil der sieben Millionen Minijobber. Vor einer Reform habe die Politik aber zu viel Angst, beklagen Gewerkschaften. […]
    Viele Minijobber wissen nicht, dass ihnen Urlaubsgeld und Krankengeld zusteht, auch Nachtzuschläge und ein Ausgleich für Fahrtzeiten. Statt Überstunden zu bezahlen, notieren manche Arbeitgeber sogar Minusstunden. […]
    Im März veröffentlichte das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen eine Studie: Mehr als die Hälfte der sieben Millionen Minijobber hatte noch nie Urlaubsgeld bekommen, hieß es dort; und nur 29 Prozent erhielten Krankengeld.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  4. Griechenland: Die nächste Runde Austerität
    Neues Gesetzespaket mit Einsparungen – Der IWF drückt, Tsipras gibt erneut nach
    Alle, die noch hofften, dass der griechische Premierminister Alexis Tsipras den Forderungen der Kreditgeber nach einer noch schärferen Austeritätspolitik den Riegel vorschieben würde, wurden erneut enttäuscht. Ausgerechnet am Arbeitertag, dem ersten Mai vereinbarte die griechische Regierungsdelegation mit den Kreditgebern ein Preliminary-Agreement zum Abschluss der zweiten Inspektion des dritten griechischen Rettungsprogramms.
    Die griechische Regierungsseite spricht von einem Staff Level Agreement. Die Tatsache, dass der Sonntag fortan als Arbeitstag gilt, gehört zu den milderen Maßnahmen, welche die Vereinbarung enthält. Es gibt zwei Memoranden, die in Folge einerseits mit dem Internationalen Währungsfonds und andererseits mit den europäischen Kreditgebern unterschrieben werden müssen.
    Regierungssprecher Dimitris Tzanakopoulos bezeichnete die Einigung als ausgeglichen. Bevor es mit dem IWF zu einer endgültigen Einigung kommt, gilt es die Tragfähigkeit der Schulden zu garantieren. Für den IWF und für Tsipras bedeutet dies, dass Maßnahmen erforderlich sind, welche einem Schuldenschnitt gleichkommen.
    Quelle: Telepolis
  5. Geschmeckt hat’s keinem
    EU-Kommissionspräsident Juncker dinierte mit der britischen Premierministerin May – das ging schief. Schuld daran sind andere, auch Merkel.
    Sie hat nicht lange vorgehalten, die gute Stimmung nach dem Brexit-Gipfel in Brüssel. Schaut her, wir sind einig wie nie, lautete die Botschaft der verbliebenen 27 EU-Staaten. Wir geben die Richtung vor, die Briten müssen folgen, hieß es nach gerade mal fünfzehn Minuten Gipfel-Gespräch. Doch das war nur schöne Fassade für das heimische, zunehmend EU-skeptische Publikum. Wie es wirklich um die Brexit-Verhandlungen steht, konnte man am Wochenende in einer Frankfurter Zeitung lesen. Die Briten leben in einer anderen Galaxie, ein Scheitern droht, so der Tenor. […]
    Juncker hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel von seinem Treffen informiert und vor dem drohenden Clash gewarnt. Merkel und die anderen Chefs haben jedoch nichts unternommen, um die Lage zu entschärfen. Sie sind nicht auf May zugegangen, sondern haben versucht, sie in die Enge zu treiben. Sie haben keinen Plan B für ein Scheitern der Verhandlungen vorgelegt, sondern geschwiegen. Offenbar war es ihnen wichtiger, Einheit vorzugaukeln. Doch auch die ist eine Illusion. Spätestens wenn es ans Eingemachte geht – ums Geld und um die begehrten EU-Einrichtungen –, droht ein böses Erwachen.
    Quelle: Eric Bonse in der taz
  6. Warum vertritt ein rotgrünes „Progressives“ Zentrum reaktionäre Thesen?
    Mit seiner Kampagne „TruLies Europe“ ist Das Progressive Zentrum angetreten, populistische Kritik an der EU zu „dekonstruieren“ und zu entlarven. Wie das Projekt griechische Kritik an der desaströsen Wirtschaftspolitik für das Land und italienische Kritik an einer nachweislich korrupten Elite zu diffamieren versucht, zeugt jedoch von einem reaktionären Geist, der die herrschenden Verhältnisse für sakrosankt erklärt. Dabei wird das „progressive“ Zentrum vom Who is Who der Grünen und SPD gestützt. Im Freundeskreis (Circle of Friends) von Das Progressive Zentrum finden sich prominente Namen wie die Grünen Katrin Göring-Eckardt, Omid Nouripour und Cem Özdemir, von der SPD Thomas Oppermann, Hubertus Heil und Brigitte Zypries und linke Publizisten wie Robert Misik, allesamt Leute, die man nicht auf Anhieb mit reaktionärem Gedankengut verbinden würde.
    Quelle: Norbert Häring
  7. Globale Anomie oder Menschlichkeit
    Ein Computerspiel? Die Welt gleicht einer Megacity, in der skrupellose Geschäftemacher und Oligarchen aus Wirtschaft und Politik herrschen und ein brutaler Kampf ums Überleben tobt; mit einigen reichen gated communities, die von Mauern und derben Security-Kräften vor den Habenichtsen geschützt werden; mit unüberschaubaren Slums der Elenden und einem gnadenlosen Krieg von Gangs, die um Ausdehnung illegaler Märkte und Symbole von Stärke und Identität kämpfen. Nein, das ist kein Spiel. In der Welt, wie wir sie kennen, dominieren Korruption und Gewalt, Ansprüche auf Weltherrschaft und Wirtschaftshegemonie, Ausbeutung, gestützt auf Gewalt und Kontrolle sowie Putsche gegen die Demokratie. (…) Dieses wildgewordene System der Verwertung und rücksichtslosen Ausbeutung hat den Grundsatz der Menschlichkeit erfolgreich ausgemerzt, wonach Menschen – ob Kinder oder Erwachsene – nicht aufgrund von Leistung, als Konsument oder Arbeitskraft, sondern einfach so, weil sie Menschen sind, geachtet und geliebt, gefördert, respektiert werden wollen und müssen.
    Quelle: Ossietzky
  8. Chinesen können vieles besser
    Bosch verkauft Traditionsgeschäft mit Anlassern an Investoren aus Reich der Mitte (…)
    Übernahmen deutscher Firmen durch chinesische Investoren sorgen regelmäßig für Diskussionen. Doch die Chinesen agieren offenbar anders als Heuschreckenfonds. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung haben viele heimische Unternehmen gute Erfahrungen mit dem Eigentümerwechsel gemacht. So gebe es langfristige Zusagen zu Standorten und Beschäftigung. Auch der Zugang zu dem Riesenmarkt werde verbessert. Kritik gibt es am Staatseinfluss mit dessen strategischen Interessen.
    Bedenken hatte die Bundesregierung im vergangenen Jahr gegen die Übernahme des Roboterbauers Kuka durch eine chinesische Gesellschaft. Nicht zuletzt auf Drängen Berlins arbeitet die EU-Kommission an einem Vorschlag zu Schutzinstrumenten gegen unerwünschte »politisch motivierte« Firmenkäufe aus dem Ausland in sensiblen Branchen wie Verteidigung, Infrastruktur und Hochtechnologie.
    Quelle: junge Welt
  9. Das sind die Tricks der Krankenversicherer
    Seit Jahren erhöhen private Versicherer kräftig und regelmäßig ihre Beiträge. Manch einer bezweifelt, ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht. Ein Gericht hat diese Vorbehalte nun erstmals bestätigt.
    Beitragsschock in der privaten Krankenversicherung! 1000 Euro Beitrag im Monat, Hunderttausende Versicherte betroffen! So oder ähnlich lautet regelmäßig rund um den Jahreswechsel die öffentliche Entrüstung im Namen von Kunden der privaten Krankenversicherungen, wenn irgendwo wieder die Beiträge angehoben werden – auch im vergangenen Dezember wieder. Irgendwelche der neun Millionen Versicherten trifft es immer, und es sind auch immer genug dabei, die gleich 20, 30 oder 40 Prozent mehr bezahlen müssen. Der Aufschrei in der Öffentlichkeit ist jedes Mal entsprechend groß. Manch einer bezweifelt dann gar, ob das alles so mit rechten Dingen zugeht.
    Jetzt hat diese Zweifel erstmals auch ein Gericht bestätigt: Eine Beitragserhöhung der Axa-Versicherung sei nicht korrekt zustande gekommen, entschied das Amtsgericht Potsdam, dessen Begründung gerade veröffentlicht wurde (Az: 29 C 122/16). Die zu viel gezahlten Beiträge müssen demnach zurückgezahlt werden, inklusive fünf Prozent Zinsen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Axa, drittgrößte Krankenversicherung in Deutschland, hat schon angekündigt, in Berufung zu gehen. Bemerkenswert ist das Urteil trotzdem, denn es wirft ein Schlaglicht darauf, wie private Versicherungskonzerne Beitragserhöhungen durchsetzen, denen die Kunden relativ machtlos ausgesetzt sind.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Christian Reimann: Dass SPD und Grüne tatsächlich auf eine Abschaffung der privaten Krankenkassen spekulieren, kann bezweifelt werden. Wenn sie das ernsthaft wollten, hätten sie in dieser noch laufenden Legislaturperiode längst dafür sorgen können: U.a. mit der Linksfraktion und ggf. einigen Vertretern des sozialen Flügels innerhalb der Unionsparteien wäre eine Mehrheit wohl vorhanden.

  10. Konventionelle Schweinehaltung laut Gutachten gesetzeswidrig
    Kritik an der konventionellen Schweinehaltung in Deutschland gibt es immer wieder. Dabei halten sich viele Bauern nur an die Vorgaben der Behörden. Ein Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass diese Vorgaben gesetzeswidrig sind. Das Problem könnte nur sein, jemanden zu finden, der deshalb klagt.
    Blutig gebissene Schwänze, verkratzte Körper, vom Ammoniak entzündete Augen, Tiere stecken zentimeterhoch im eigenen Kot – das zeigen Videoaufnahmen von konventionellen Schweinemastbetrieben, die Greenpeace vorliegen. Alles keine Skandal-Ställe, so Stephanie Töwe von Greenpeace, sondern Alltag.
    “Wir haben uns verschiedene Haltungsformen angeguckt – vom Geflügel bis zum Schwein und dann festgestellt, dass die alltägliche Praxis wirklich grausam ist und es eigentlich nicht angehen kann, dass es solche Haltungsformen gibt.”
    Greenpeace hat sich daraufhin mit Juristen zusammengesetzt und überlegt, inwieweit die Schweinehaltung mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. So sei die Idee für das Rechtsgutachten entstanden, das BR Recherche und der “Süddeutschen Zeitung” vorliegt. Das 60-seitige Gutachten untersucht, ob Schweine gemäß ihren Bedürfnissen ernährt oder untergebracht werden. So sieht es Paragraph 2 des Tierschutzgesetzes vor. Und genau diese Punkte würden in der Nutztierhaltungsverordnung nicht berücksichtigt, sogar unterlaufen. Vor allem aufgrund des geringen Platzangebotes, so die Rechtsanwältin Davina Bruhn.
    Quelle: Deutschlandfunk
  11. Kampfgemeinschaften
    In der Bundeswehr ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums ein extrem rechtes Netzwerk aktiv. Dies wird unter Berufung auf Unterlagen des Ministeriums berichtet. Demnach hätte Oberleutnant Franco A., der vergangene Woche unter Terrorverdacht festgenommen wurde, mehrere Mittäter. A. soll Mordattentate auf eine Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, auf eine antirassistische Organisation sowie womöglich auch auf Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und auf Bundesjustizminister Heiko Maas erwogen haben. Eine der zentralen Fragen im Fall Franco A. ist nach wie vor, wieso der Mann nach der Erstellung einer Masterarbeit, die laut Experten an NS-Propaganda erinnerte, von den zuständigen Stellen der Bundeswehr von jedem “Zweifel an der erforderlichen Einstellung zur Werteordnung” freigesprochen wurde. Die Frage stellt sich umso dringlicher, als rechtsgerichtete Kräfte in den Streitkräften aktiv sind – auch an einflussreicher Stelle, etwa an der Münchner Universität der Bundeswehr. In “Denkzirkeln” junger Offiziere und Offiziersanwärter wird beispielsweise eine “umfassende mentale Revolution” gefordert, die eine “Reinigung des Offiziersstandes” von “falsch verstandene(r) Toleranz und liberale(n) Auffassunge(n)” bewirken soll.
    Quelle: German Foreign Policy
  12. Bundeswehr-Werbung zielt auf die Duckmäuser
    Bundesverteidigungsministerin von der Leyen kritisiert: Die Bundeswehr leide mitunter unter einem falsch verstandenen Korpsgeist. Die Bundeswehr suggeriert jedoch: Wir suchen die devoten Ja-Sager. (…)
    Da lernen wir von Kindheit an: Wir leben in einer freien, aufgeklärten, demokratischen Gesellschaft, in der jeder seine Meinung äußern darf. Aber beim Morgen-Appell in der Kaserne darf man nicht mal lächeln. Da lernen wir in der Schule, eigene Standpunkte abzuwägen. Auch mal gegen den Strom zu schwimmen, wenn man mit seiner Haltung alleine steht. Beim Bund lautet der lieb gemeinte Rat: Am einfachsten ist es, Sie machen immer genau das, was Ihr Vorgesetzter Ihnen sagt. Unternehmen buhlen unter den Mitarbeitern mit hohen Prämien um gute Ideen, wie die Produktions-Prozesse noch effektiver gestaltet werden können. Konstruktive Kritik ist dort bares Geld wert. Dort würde wohl keiner einfach mal so Kleiderbügel zählen. (…)
    Mag ja sein, dass es so, wie die Bundeswehr angelegt ist, gar nicht anders geht. Wer sich nicht gerne frech anschnauzen lässt, ist dort dann halt falsch. Und das ist womöglich das Problem. Solange die Bundeswehr nach außen auftritt, als brauche sie genau die, die sich an der Waffe und in Uniformen größer fühlen und davon träumen, selber mal morgens um fünf so durch den Flur brüllen zu dürfen, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich kurzfristig genügend Leute finden, die unserem Militär dabei helfen, ihre Haltung ans 21. Jahrhundert anzupassen, wie es sich die Ministerin wünscht. Und den neuen Korpsgeist zu leben. Lauter in sich ruhende selbstbewusste Männer und Frauen, die erkennen, wenn was schief läuft, und die sich trauen, ihrer Bundeswehr gegenüber den Mund aufzumachen.
    Quelle: WirtschaftsWoche

    Anmerkung Christian Reimann: Nicht alle Unternehmen verstehen Kritik immer als konstruktiv – auch wenn sie so gemeint gewesen sein könnte. An “hohe Prämien” ist also nicht immer zu denken: Nicht selten werden konstruktive Kritiker als “Nörgler” bezeichnet und verlieren zu oft ihren Job.

  13. Der deutsche Nahostkonflikt
    Oft gibt es Streit, wenn Veranstaltungen über Israel und die Palästinenser anstehen. Jetzt wurde eine Tagung abgesagt. Die einen sprechen von Zensur, die anderen von Antisemitismus. […]
    Die gegenseitigen Vorwürfe sind hart. Die einen sprechen von Zensur: Veranstaltungen, die sich kritisch mit der israelischen Besatzungspolitik auseinandersetzen, würden auf Druck der jüdischen Gemeinden verhindert. Die anderen sprechen von Antisemitismus: Werde einseitig nur die israelische Seite als Aggressor dargestellt, setzte das alte Stereotype fort. Und manches erinnert an den aktuellen Streit zwischen dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu: Für Gabriel sind die kritischen Soldaten der Gruppe “Breaking the Silence” ein wichtiger Teil der Zivilgesellschaft. Für Netanjahu untergraben sie die Sicherheit Israels, und wer sie trifft, gräbt mit. Zwei Sichtweisen; es nimmt die Neigung ab, sie zusammenbringen zu wollen. Und an ihre Stelle tritt der Kampf um Deutungshoheiten.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung unseres Lesers H.H.: Die „Süddeutsche“ gibt in diesem Artikel nur vor, die verschiedenen Seiten des Konflikts um die brisante Tagungsabsage objektiv darzustellen. In Wirklichkeit macht sie etwas, was sehr viele liberal eingestellte Leser von der SZ keinesfalls erwartet hätten: Sie rechtfertigt die Absage dieser für Friedensbemühungen wichtigen Tagung, sie heißt das Einknicken des ängstlichen Akademiedirektors Hahn letztlich gut. Es ist nichts weniger als infam, die Netanyahu-kritische Jüdin Judith Bernstein, Sprecherin der Jüdisch-palästinensischen Dialoggruppe München „verbaler Antisemitismen“ zu beschuldigen. Wer Vorträge von Judith Bernstein gehört oder Beiträge in ihrem Blog gelesen hat, weiß, dass sie in großer Sorge ist, dass Israel mit Netanyahus Politik das Land an die Wand fährt. Ebenso sorgt sie sich jedoch um das Unrecht, das Israel seit Jahrzehnten den Palästinensern antut. Die „Süddeutsche“ zitiert den substanziellen Brief des ausgeladenen israelischen Geschichtsprofessors Moshe Zimmermann nur ganz knapp, zitiert dafür aber den extremen jüdischen Blog Schlamassel, der ein historisches Foto nazihöriger „Deutscher Christen“ zeigt und dann eine haarsträubende Parallele zu den Veranstaltern der Tutzinger Tagung zieht. Das ist alles andere als liberaler Journalismus.

  14. NSU: Totalversagen in Thüringen
    Thüringen entwickelte Symptome eines failed state, lange bevor sich dieser Begriff auch im deutschen Sprachgebrauch einbürgerte. Als es Mitte der Neunzigerjahre darum ging, die immer gefährlicher werdenden rechtsextremen Strukturen zu bekämpfen, wurde die zuständige SoKo aufgelöst. 80 Verfahren verliefen im Sande. Mit verheerenden Konsequenzen. […]
    Die ersten Jahre in den neuen Ländern waren geprägt von einer ständig anwachsenden Welle rechter Straftaten. Vor einem der diversen NSU-Ausschüsse erinnerte sich Thüringens SPD-Innenminister Dewes, dass die CDU aber ihren Schwerpunkt in der Extremismusbekämpfung auf die linke Szene legen wollte. Von dem Sozialdemokraten sind wenigstens Äußerungen dokumentiert, er wolle endlich Erfolge im Kampf gegen die Rechten sehen. Sein CDU-Nachfolger, der frühere Pfarrer Christian Köckert, bewertete seine eigene Arbeit erst “rückwirkend an dieser Stelle als nicht glücklich”. Im Februar 2012 räumte er ein “Riesenproblem” ein, den “ständigen Zwist mit der PDS, die immer schrie: Ihr tut zu wenig”. Und er bot, ebenfalls vor einem der viele Ausschüsse, tiefste Einblicke, die nur einen Schluss zulassen: Viele Entscheidungsträger stellten sich schon deshalb blind auf dem rechten Auge, weil sie der PDS kein Erfolgserlebnis gönnen wollten.
    Köckert, der später in eine dubiose Affäre um Verfassungschutz-Protokolle verwickelt und noch später wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsnahme verurteilt wurde, war Thüringens Innenminister von 1999 bis 2002. Viele Experten meinen, dass in dieser Zeitspanne das den Behörden längst bekannte und seit 1998 untergetauchte Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätte verhaftet werden können. Respektive müssen. Aktennotizen belegen, dass Klöckerts Haus mindestens sechs Mal einen Fahndungserfolg verhinderte. Über Tino Brandt wollten Verfassungsschützer dem Trio sogar Geld für gefälschte Pässe zukommen lassen. Angeblich wurde das als Möglichkeit erachtet, an weitere Informationen zu kommen.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

    dazu: NSU-Kontext: Rechte Szene in Heilbronn unter Kontrolle des Staatsschutzes?
    Der Untersuchungsausschuss von Baden-Württemberg sucht nach Neonazis und stößt auf die Polizei
    Auch ein schlechter Untersuchungsausschuss ist besser als keiner. Dies trifft – wieder einmal – auf das Gremium in Baden-Württemberg zu, das den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter untersuchen soll bzw. seine Hintergründe. Bei der Suche nach rechtsextremen Verbindungen des NSU nach BaWü ergab sich in der letzten Sitzung, dass ein zentraler Treffpunkt von Skinheads in Heilbronn vom polizeilichen Staatsschutz kontrolliert wurde. Mindestens kontrolliert, denn es gab auch Hinweise auf eine Zusammenarbeit.
    Wer an dem Anschlag auf die beiden Polizisten in Heilbronn am 25. April 2007 beteiligt war und was das Motiv war – das ist auch nach zehn Jahren nicht aufgeklärt. Von mindestens vier bis sechs Tätern gingen die Ermittler des Landeskriminalamtes aus. Seit November 2011 behauptet die Bundesanwaltschaft (BAW), ausschließlich Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos seien die Täter. Sie hätten Repräsentanten des Staates treffen wollen. Tatsächlich gibt es mehrere offene Spuren. Nötig wäre, die Ermittlungserkenntnisse der Sonderkommission Parkplatz von vor November 2011 mit denen nach November 2011 zusammenzubringen. Doch das geschieht bisher nicht.
    Quelle: Telepolis

  15. Warum die Aufregung über Xavier Naidoo völlig übertrieben ist
    Rechtspopulist mit Pegida-Vokabular sei Xavier Naidoo, heißt es nicht erst nach seinem neuesten Song. Doch das ist Quatsch. Naidoo ist nicht rechts, höchstens ein bisschen verwirrt. Ein Plädoyer für mehr Toleranz für Spinner.
    “Xavier Naidoo mit neuem Wutbürger-Song”, titelt die “Frankfurter Rundschau”. “Pegida-Vokabular: Xavier Naidoos neuer Song zeigt, dass er vollkommen durchgedreht ist”, legt die “Huffington Post” noch einen drauf und auch mein Kollege Tim Sohr hat an dieser Stelle beschrieben, “Warum Xavier Naidoos Lyrik so gefährlich ist”. Doch die Aufregung um Naidoo als Person, aber vor allem um sein neues Lied “Marionetten” ist völlig übertrieben. Weder erkenne ich darin rechtes Gedankengut, noch ist es ein offener Aufruf zu Gewalt. Der Text ist zwar nicht sonderlich geistreich und auch musikalisch spricht mich das Lied – wie oft beim Herrn Naidoo – nicht an. Aber es taugt sicher nicht, um seine vermeintlich rechte Gesinnung zu entlarven. Schauen wir uns doch Teile des Textes einmal genauer an.
    Quelle: Neon
  16. EXKLUSIV: Spitzenfrau der AfD in Nordrhein-Westfalen arbeitete als Prostituierte
    Die AfD in NRW hat nicht viele Frauen auf ihrer Landesliste für die Landtagswahl am 14. Mai. Erst auf Platz zehn findet sich mit Iris Dworeck-Danielowski eine Frau, die in den Landtag von Düsseldorf einziehen will. Doch ausgerechnet diese Spitzenfrau der AfD dürfte nun zu einem Problem für die Partei werden. Denn nach CORRECTIV-Recherchen hat sie sich auf Sexportalen im Internet für ein „Taschengeld” angeboten, wie es aus ihrem Umfeld heißt. Weder Dworeck-Danielowski noch ihr Anwalt wollten sich dazu offiziell äußern.
    Quelle: Correctiv.org

    Anmerkung Jens Berger: Das ist also der vielgerühmte Investigativjournalismus, für den sich das von Stiftungen finanzierte Portal Correctiv rühmt? Ganz ehrlich, ich hätte eine solche Story eher bei der BILD erwartet.

    dazu: Correctiv macht Privatleben von AfD-Frau zum „Sexskandal“
    […] Verfasst wurde der Text von Correctiv-Gründer David Schraven und jemandem, der sich Georg Kontekakis nennt. Schraven bestritt auf Nachfrage, dass es sich dabei um Stefan Laurin handele, einen der Gründer des Bochumer Blogs „Ruhrbarone“. Dafür, dass der Autor sich hinter einem Pseudonym verberge, gebe es einen „sehr triftigen Grund“, den er nicht öffentlich nennen könne.
    Worin genau der „Sexskandal“ besteht, lässt sich dem Artikel nicht entnehmen. Correctiv wirft der AfD-Kandidatin vor, dass sie ihren früheren Nebenerwerb in ihrer Kandidatenvorstellung bei der AfD nicht angegeben habe. Der Text verweist darauf, dass ihrer Partei „Minderheitenschutz weitgehend fremd“ sei und die Kandidatin intern „für ein traditionelles Familienbild“ stehe. Sie habe gesagt, die AfD sei „endlich eine Partei, die sich gegen die Gleichstellungspolitik und für echte Gleichberechtigung einsetzt“.
    Quelle: Stefan Niggemeier auf Über Medien

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