Hinweise des Tages (2)

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Heute zu diesen Themen:

  • Heiner Flassbeck: Devisenspekulation ist das größte Übel
  • Ökonomen haben die falschen Fragen gestellt
  • Shareholder-Value ist die blödeste Idee der Welt
  • “Parteipolitiker denken in der Regel nicht vor, sondern hinken nach”
  • Ab in die Steueroase – mit Staatshilfe
  • Fixlöhne als Alternative zu Boni und ausgeklügelten Anreizsystemen
  • Jüdisches Museum Berlin zeigt Ausstellung über Euthanasie der Nazis
  • Attacke in Mügeln: Spur in rechte Szene

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

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  1. Heiner Flassbeck: Devisenspekulation ist das größte Übel
    Die Politik in Deutschland glaubt seit 30 Jahren, dass man mit Unternehmerlogik Wirtschaftspolitik machen kann. Dieser Irrglaube hat den ökonomischen Karren jetzt gegen die Wand fahren lassen. Hätte man mitbedacht, was die eigenen wirtschaftlichen Entscheidungen für Auswirkungen auf andere haben, wäre es nicht so weit gekommen. Stattdessen galt das Prinzip Beggar your neighbour – also: Mach deinen Nachbarn arm. Da waren die Deutschen Spitze, vor allem in Zeiten von Rot-Grün. Mit Lohnsenkungen und Standortpolitik wurde in und außerhalb der Eurozone ein riesiger Wettbewerbsvorsprung auf Kosten der eigenen Binnennachfrage herausgeholt. Jetzt können andere Länder nicht mehr mithalten und der vermeintliche Sieg des Exportweltmeisters hat sich in seine Niederlage verkehrt … Die Bundesregierung hat jetzt zehn Jahre „Politik für die Wirtschaft“ gemacht – und die Wirtschaft ist am Ende.
    Quelle: Freitag
  2. Ökonomen haben die falschen Fragen gestellt
    Krise der Wirtschaftswissenschaft: Mehr Pluralität in der ökonomischen Wissenschaft fordert der an der Universität Hamburg lehrende Arne Heise. Die herrschende Lehre, dass die Akteure auf den Märkten immer die beste Lösung finden würden, habe sich als falsch herausgestellt. Heise warnt davor, dass Wissenschaftler durch Kooperationen mit Unternehmen ihre Unabhängigkeit verlieren: „Einige wenige Ökonomen haben schon vor längerer Zeit darauf hingewiesen, dass die Finanzmärkte instabil sind, wenn sie auch nicht voraussagen konnten, in welchem Jahr die Krise kommen wird. Aber diese Warner sind Keynesianer, und von denen gibt es in Deutschland nicht mehr sehr viele … Die Mittelvergabe bei der DFG, aber auch bei der Thyssen- oder Volkswagen-Stiftung, läuft über die so genannten Peers, und die achten darauf, dass die Gelder nicht an marginalisierte keynesianisch orientierte Ökonomen gehen. Wir könnten heute schlauer sein, wenn Forschungsgelder in der Vergangenheit anders verteilt worden wären. Deshalb brauchen wir einen Elitenwechsel in der Ökonomie.“
    Quelle: VDI-Nachrichten
  3. Shareholder-Value ist die blödeste Idee der Welt
    Spätes Eingeständnis einer Ikone des Shareholder-Value: Jack Welch, Ex-Chef von General Electric, bezeichnet das Konzept jetzt als falsch. Es sei eine “dumme Idee”, wenn Manager kurzfristige Profite und Aktienkurssteigerungen als vorrangiges Ziel festlegen.
    Quelle: SPIEGEL
  4. “Parteipolitiker denken in der Regel nicht vor, sondern hinken nach”
    Politologe Claus Leggewie über Politikverdrossenheit, Parteiendemokratie und die Aussichten für die Bundestagswahl. Und über die SPD: „… heute sind in Deutschland sozusagen alle Sozialdemokraten, aber die SPD eine ganz andere Partei als noch unter Willy Brandt. Sie ist längst nicht mehr die Garantin sozialer Gerechtigkeit, nicht mehr Anwältin der kleinen Leute, nicht mehr die Patronin sozialer Aufwärtsmobilität für gebildete Unterschichten. Die Selbstzerlegung der Partei hängt damit zusammen, dass sie diese drei Rollen weiterspielt, ihr das aber nicht mehr geglaubt wird. Schröder, ein rabiater Parvenu, hat diese historische Mission bewusst verlassen und mit der Agenda 2010 aufgegeben, Reform-Kompromisse mit dem Kapitalismus – das war auch eine historische Mission der Sozialdemokratie – überhaupt noch zu vermitteln. In Schröders Regierungszeit fällt, ähnlich wie bei Bill Clinton und Tony Blair, das größte fiskalische und kulturelle Entgegenkommen gegenüber den großen Unternehmen, die im Gegenzug nur ausnahmsweise ihre Aversion gegen die Sozis aufgegeben haben. Der Zerfall der SPD ist im Übrigen typisch für das Schicksal der Volksparteien – ihnen sind Mitglieder und motivierte Funktionäre, die “Vorfeld”-Organisationen (wie Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände), sogar die einstige Meinungsführerschaft und damit die Chance zum Agenda-Setting abhanden gekommen.“
    Quelle: Telepolis
  5. Ab in die Steueroase – mit Staatshilfe
    Die Finanzkrise hat vieles geändert, manches aber auch nicht. So sind selbst Banken, an denen der Staat beteiligt ist, weiterhin in Steueroasen aktiv. Auch die Commerzbank und die Dresdner Bank betreiben Filialen in Ländern, die Privatleuten und Unternehmen bei der Steuervermeidung helfen. “Es gibt klare Indizien dafür, dass die beiden Institute Steuerhinterziehung ermöglichen”, sagt Gerhard Schick, der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag.
    Die Institute rechtfertigen ihre Ableger im Ausland. Steuerhinterziehung werde dort nicht betrieben, so erklären sie.
    Quelle: TAZ
  6. Fixlöhne als Alternative zu Boni und ausgeklügelten Anreizsystemen
    Die Ausgestaltung von Lohnsystemen und Bonusregeln hat mit der Finanzkrise erst recht an Bedeutung gewonnen. Die Autoren des folgenden Beitrags diskutieren verschiedene Modelle mit variablen Entschädigungen und plädieren für den alternativen Ansatz des Fixlohnes, da dieser der Arbeitsteilung innerhalb von Unternehmen besser Rechnung trage.
    Fixlöhne haben gegenüber variablen Löhnen einige wichtige Vorteile:

    • Sie lassen sich nicht im gleichen Ausmaß wie variable Löhne manipulieren. Die Grundidee ist, dass den Mitarbeitenden ein wettbewerbsgerechter Lohn bezahlt wird – dann aber sollen sie sich im Interesse der Firma an die Arbeit machen. Bei variablen Löhnen geht ein erheblicher Teil der Energie und Arbeitszeit damit verloren, die «Leistungs»-Kriterien zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen.
    • Fixlöhne ziehen Mitarbeiter an, die sich für die zu erbringende Arbeit selbst interessieren. Variable Löhne hingegen ziehen eher Leute an, für die vor allem die zu erzielenden Löhne im Vordergrund stehen.
    • Fixlöhne sind besser geeignet, das Interesse an einer Tätigkeit selbst, also die intrinsische Motivation, zu erhalten.

    Quelle: NZZ

  7. Jüdisches Museum Berlin zeigt Ausstellung über Euthanasie der Nazis
    Dass die NS-Kampagne für einen gesunden, kampfbereiten Volkskörper “rassenhygienische” Ansätze radikalisierte, die schon vor 1933 verbreitet waren, zeigt eine Ausstellung im Jüdischen Museum.
    Der Reflex, eigenes Handeln durch geliehene Objektivität oder Sachzwänge zu legitimieren und dabei Verantwortungskriterien auszublenden, findet sich als Entlastungs-Muster auch in heutigen Ethik-Debatten. Hier erscheint die Ausstellung politisch aktuell. Effektivität und Rationalität, moderne Werte der NS-Ideologie, prägen auch unsere Gegenwartsdiskussion um eine künftige Solidargemeinschaft, um Sterbehilfe, Embryonenverwertung oder die Beendigung unerwünschten Lebens. Die Kuratorin erwähnt einen jungen Unionspolitiker, der 70-Jährigen keine künstlichen Hüftgelenke mehr spendieren möchte.
    Quelle 1: Tagesspiegel
    Quelle 2: Jüdisches Museum Berlin
  8. Attacke in Mügeln: Spur in rechte Szene
    Die erneute Tätlichkeit gegenüber zwei Indern im sächsischen Mügeln trägt nach Erkenntnissen des örtlichen Vereins “vive le courage” klar ausländerfeindliche Züge. “Beide Tatverdächtige gehören der uns bekannten rechten Szene am Ort an”, sagte Roman Becker als Sprecher der Initiative, die sich nach dem rassistischen Aufruhr vor der Pizzeria eines Inders im Sommer 2007 gebildet hat.
    Quelle: TAZ