Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Staatssekretär Jörg Asmussen: Attacke auf den Banken-Retter
  • Hallo, bitte nicht totlachen: Deutschlands “klügster Ökonom” (laut BILD), Hans-Werner Sinn, hat noch im Oktober 2008 (!) vor einer Überhitzung der Wirtschaft durch Konjunkturprogramme gewarnt
  • “Armut beschämt unsere Gesellschaft”
  • Der Kapitalismus frisst seine Kinder
  • 1,8 Milliarden Menschen arbeiten ohne Vertrag
  • Anleger fürchten jetzt Pleiten von Bundesländern
  • Kleine Anfrage von Abgeordneten der Grünen: Strafrechtliche und haftungsrechtliche Verantwortung von Bankmanagern und die Wahrnehmung der Finanzaufsicht
  • Bundeswehr kauft Maschinenpistolen aus Konjunkturprogramm-Mitteln
  • US-Börsenaufsicht SEC diskutiert Leerverkäufe
  • Die EU will unser Hartz IV den Asylanten geben!
  • AutoBild Greencars: Werbeblatt für Klimasäue
  • Die Erde wird knapp
  • Ratschläge aus der Steueroase an Berlin
  • HSG verzichtet auf weitere Schritte gegen Thielemann
  • Vermögensverteilung: Steinbrück spielt Unschuldslamm
  • Paul Krugman: Das Konjunkturprogramm
  • Irland wird zum Bad-Bank-Vorreiter
  • Großer Sieg für die Textilarbeiter in der Türkei
  • Schweiz: Volk wird über Rentenkürzung abstimmen

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Staatssekretär Jörg Asmussen: Attacke auf den Banken-Retter
    Enttäuschte Aktionäre der Krisenbank IKB nehmen Staatssekretär Asmussen ins Visier: Erstmals soll ein Staatsvertreter Anlegern Schadenersatz zahlen – es geht um Millionen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung AM: Das halte ich für gerechtfertigt. Wenn Sie mehr dazu wissen wollen, dann lesen Sie die Beiträge, die wir schon im letzten und vorletzten Jahr dazu veröffentlicht haben. Geben Sie in unserem Suchfeld einfach „Asmussen“ ein.

  2. Hallo, bitte nicht totlachen: Deutschlands “klügster Ökonom” (laut BILD), Hans-Werner Sinn, hat noch im Oktober 2008 (!) vor einer Überhitzung der Wirtschaft durch Konjunkturprogramme gewarnt
    Frage: Sind Konjunkturprogramme sinnvoll?
    Ifo-Chef Hans-Werner Sinn: Nur wenn es wirklich schlimm um die Konjunktur steht, wenn der Auslastungsgrad der Produktion im Keller ist. Heute ist der Grad auf einem extrem hohen Niveau und die Arbeitslosigkeit auf einem Tiefstand. Ein zusätzlicher Nachfrageschub ist jetzt nicht nötig, er könnte zu Überhitzungen führen. Also: Warten, bis die Situation kritisch ist. Denn Nachfrageprogramme sind nur kurze Strohfeuer.
    Quelle: Ifo-Institut

    Von einer tiefen Krise kann er im Oktober 2008 (!) noch nichts erkennen – was für ein kluger Ökonom und klarsichtiger Wirtschaftsforscher. Vom Spiegel wird Sinn allerdings vor wenigen Tagen noch als „wahrer Prophet“ gefeiert.

    (Ein Hinweis von M. Schöfer)

  3. “Armut beschämt unsere Gesellschaft”
    Der Bad Homburger Psychiater Michael Demmler fordert mehr Humanität in unserem Wirtschaftssystem. Mit FR-Redakteut Anton J. Seib spricht er über Armut, die krank macht.
    Quelle: FR
  4. Der Kapitalismus frisst seine Kinder
    Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Entfesselung der Märkte und Jugendgewalt. Mit einem schärferen Waffengesetz oder Verboten von “Killerspielen” lassen sich Amokläufe an Schulen nicht verhindern.
    Quelle: marx21
  5. 1,8 Milliarden Menschen arbeiten ohne Vertrag
    Immer mehr Menschen müssen wegen der Wirtschaftskrise zu Niedrigstlöhnen und ohne soziale Absicherung arbeiten. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch vorgestellte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Demnach hat die Zahl der Beschäftigten ohne richtigen Arbeitsvertrag und Sozialversicherung Rekordniveau erreicht. Mehr als jeder zweite Arbeitnehmer sei weltweit betroffen. Dies entspreche rund 1,8 Mrd. Menschen. Mehr als 700 Mio. von ihnen müssen laut OECD mit weniger als 1,25 Dollar am Tag auskommen. Das ist umgerechnet nicht einmal ein Euro.
    Quelle: Handelsblatt
  6. Anleger fürchten jetzt Pleiten von Bundesländern
    Die Furcht vorm Staatsbankrott setzt nun auch die Bundesländer unter Druck. Weil ihre Verschuldung zuletzt stetig gestiegen ist, haben sich die sogenannten Risikoaufschläge von Bayern, NRW und Berlin verdreifacht. Für Sparer ergeben sich so natürlich ganz neue Renditechancen. Im Vergleich zum Vater Staat müssen die Finanzminister der Bundesländer den Anlegern einen Risikoaufschlag (Spread) von bis zu 100 Basispunkten bieten. Vor einem Jahr genügten noch 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte, um die Schuldenpapiere der Länder zu platzieren.
    Hintergrund sind die milliardenschweren Schieflagen der Landesbanken, für die Bayern, Schleswig-Holstein, Hamburg & Co. einspringen müssen.
    Quelle: Die Welt
  7. Kleine Anfrage von Abgeordneten der Grünen: Strafrechtliche und haftungsrechtliche Verantwortung von Bankmanagern und die Wahrnehmung der Finanzaufsicht
    Darin enthalten auch diese Fragen: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Aufarbeitung der Finanzmarktkrise auch Aufgabe der Justiz ist?
    Wie viele Ermittlungsverfahren gegen verantwortliche Vorstände, Aufsichtsräte und leitende Angestellte von Banken und Kreditinstituten u. a. wegen Untreue, Betrugs, Insolvenzverschleppung, Bilanzfälschung und Bilanzmanipulation u. ä. Straftatbestände sowie Ordnungswidrigkeitsverfahren sind nach Ausbruch der Finanzmarktkrise im Sommer 2007 von den Staatsanwaltschaften der Länder eingeleitet worden (bitte nach Bundesländern und Tatbeständen ordnen)?
    Quelle: Die Grünen [PDF – 48 KB]
  8. Bundeswehr kauft Maschinenpistolen aus Konjunkturprogramm-Mitteln
    Die Bundeswehr wird 1.000 Maschinenpistolen vom Typ MP 7 zum Preis von rund 3 Millionen Euro aus Geldern des Investitions- und Tilgungsfonds beschaffen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (16/12523) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (16/12209) hervor. Von dem Fonds, der bis 2011 konjunkturstützende Maßnahmen in einem Umfang von 16,9 Milliarden Euro finanzieren soll, gehen 650 Millionen Euro an die einzelnen Ressorts, darunter auch an das Verteidigungsministerium.
    Wie aus der Aufstellung der Regierung weiter hervorgeht, sollen aus den Mitteln des Konjunkturprogramms auch 37 Millionen für die Nachtsichtfähigkeit des Kampfflugzeuges “Tornado” bereitgestellt werden. Außerdem sei die Beschaffung von zehn Spähwagen vom Typ “Fennek” und 20 Transportfahrzeugen vom Typ “Dingo 2” geplant. Vorgesehen sei auch die Anschaffung von sechs geschützten Straßentanksattelzügen und 25 schweren Straßentankwagen. Neben einer Produktverbesserung für den Transportpanzer “Fuchs” (17,4 Millionen) seien Ausgaben für Feldlagerkomponenten wie Zelte, Großzelte, Stromerzeuger, Wasseraufbereitungsanlagen und Sanitäranlagen und der Kauf eines chirurgischen Instrumentariums für 4,2 Millionen Euro vorgesehen.
    Das Bundesinnenministerium plant mit den Mitteln des Konjunkturprogramms Fahrzeugbeschaffungen für die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Außerdem solle die Bundespolizei neue Hubschrauber erhalten. Nach Ansicht der Bundesregierung sind die aus dem Investitions- und Tilgungsfonds finanzierten Maßnahmen ein “wichtiger Beitrag zur Überwindung der aktuellen Konjunkturschwäche”.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Geldausgaben für sinnlose Dinge, das nennt sich also Konjunkturprogramm. Man braucht sich nicht zu wundern, wenn bald wieder der Vorwurf erhoben wird, Konjunkturprogramme seien Strohfeuer. Solche Ausgaben sind wirklich keine Investitionen in die Zukunft, sonder reine Geldverschwendung.

  9. SEC diskutiert Leerverkäufe
    Die US-Börsenaufsicht SEC will Leerverkäufe öffentlich diskutiert wissen. Leerverkäufe werden für den drastischen Einbruch von Finanzaktien mitverantwortlich gemacht. Mit dieser Strategie setzen Investoren auf fallende Aktienkurse. Zwar wird sie oftmals nur Hedgefonds zugerechnet, doch auch andere nutzen sie – zum Beispiel Banken.  Die US-Börsenaufsicht SEC strebt eine öffentliche Debatte über Vorschläge zur Einschränkung von hochspekulativen Aktien-Leerverkäufen an. Die fünf Mitglieder der SEC-Kommission entschieden am Mittwoch einstimmig, entsprechende Empfehlungen aus ihrem Haus für 60 Tage zur Diskussion zu stellen. Am 5. Mai will die SEC die Vorschläge an einem Runden Tisch erneut erörtern.
    Quelle: manager-magazin
  10. Die EU will unser Hartz IV den Asylanten geben!
    Mit dieser Schlagzeile brachte die “Bild am Sonntag” am vergangenen Wochenende einen vier Monaten alten Entwurf der Europäischen Kommission in den Blickpunkt der Öffentlichkeit:
    http://www.bildblog.de/wp-content/asylbams1.jpg
    Nach dem Vorschlag der Kommission sollen Asylbewerber in Europa prinzipiell die gleichen Leistungen erhalten wie einheimische Sozialhilfeempfänger. Darüber kann man politisch natürlich streiten. Die Art, wie diese Diskussion sich gerade entwickelt, ist aber wesentlich von den Verkürzungen und Verdrehungen geprägt, mit denen die “Bild am Sonntag” den Entwurf gemeinsam mit konservativen Politikern skandalisiert hat.
    Quelle: BildBlog
  11. AutoBild Greencars: Werbeblatt für Klimasäue
    Für alle, die an „blitzsaubere Autos voller Technik-Faszination“ glauben, gibt‘s jetzt AutoBild Greencars. Nach dem Vorbild von Schwesterblättern wie AutoBild Sportscars versucht der Axel-Springer-Verlag nun also ein Heft für Fahrer mit grünem Herz. Leider ist das Blatt aber nur ein Ausweis der Untätigkeit der Autohersteller – und der doch sehr begrenzten Öko-Kompetenz von AutoBild.
    Quelle: Klima-Lügendetektor
  12. Die Erde wird knapp
    Fruchtbares Ackerland in den ärmsten Ländern der Erde wird zunehmend von reichen Konzernen oder Staaten übernommen – arme Nationen produzieren Nahrung für die reichen auf Kosten der eigenen Bevölkerung.
    Quelle: SZ
  13. Ratschläge aus der Steueroase an Berlin
    Ulrich Thielemann, Wirtschaftsethiker an der Universität St. Gallen, hat sich mit Aussagen zur Steuerflucht vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags in der Schweiz Kritik zugezogen. Sogar eine Entlassung steht zur Debatte. Das Protokoll des Hearings liegt nun vor. In einer achtseitigen schriftlichen Stellungnahme mit HSG-Briefkopf verfocht Thielemann die Ansicht, der Wohnsitz sei die einzige Grundlage der Steuerpflicht, dieses Prinzip werde durch Steueroasen unterlaufen, indem sie nicht im Land lebende Personen fiskalisch «behandelten» (oder eben befreiten), und deshalb brauche es «einen umfassenden und lückenlosen Informationsaustausch zwischen autorisierten Steuerbehörden». Zur Schweiz bemerkte er speziell, es zirkulierten hier «gänzlich abenteuerliche Argumente zur Rechtfertigung des ». Mündlich äußerte sich Thielemann, wie das im Internet zugängliche Protokoll zeigt, noch deutlicher zur Position der Schweiz, wonach Amtshilfe nur bei begründetem Verdacht zu leisten ist. Der Verdacht sei bei Personen ohne Wohnsitz im Land bereits da, und insofern «scheint mir für das deutsche Parlament die einzige Möglichkeit zu sein, ein Gesetz zu erlassen, welches Sanktionen für diese Steueroasen ausspricht». Auf eine Frage zur Rolle von äußerem Druck gab der Wirtschaftsethiker seinen Eindruck wieder, dass in der Schweiz über die Verweigerung des Informationsaustauschs «keinerlei Unrechtsbewusstsein» bestehe – wie in jeder anderen Steueroase auch.
    Quelle: NZZ

    Dazu:

    HSG verzichtet auf weitere Schritte gegen Thielemann
    Die Universität St. Gallen (HSG) verzichtet abgesehen von einer Rüge auf Maßnahmen gegen den Dozenten Ulrich Thielemann, der sich vor dem Bundestag kritisch zum Schweizer Bankgeheimnis geäußert hatte. Diesen Entscheid fällten Rektorat und Universitätsrat aufgrund des nun vorliegenden Wortprotokolls.
    Quelle: NZZ

  14. Vermögensverteilung: Steinbrück spielt Unschuldslamm
    „Herr Bundesfinanzminister Steinbrück spielt das Unschuldslamm, wenn er die ungerechte Vermögensverteilung jetzt kritisiert: Seit mehr als 10 Jahren stellt die SPD auf Bundesebene den Finanzminister. Die Partei sollte sich also an die eigene Nase fassen“, kommentierte Doro Zinke, stellv. Vorsitzende des DGB, Bezirk Berlin-Brandenburg Steinbrücks Interviews in mehreren Tageszeitungen von heute. Wer wissen wollte, wie die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr aufgehe, hätte wissen können. Steinbrücks zögerliches Herantasten an eine Reichensteuer zeige, dass die SPD nun in der dramatischen Finanzkrise dem Zeitgeist hinterher hechle. Auch die Partei sei in Teilen dem neoliberalen Denken (Weniger Staat, Privatisierung als Allheilmittel) aufgesessen.
    Dem Bundesfinanzministerium sollten die Zahlen, Daten und Fakten über die Verteilung des Reichtums in Deutschland bekannt gewesen sein, so Zinke. Sie verwies darauf, dass die rot-grüne Steuerreform 2001 Unternehmen massiv entlastete: von einem Zuwachs des Volkseinkommens von 42 Mrd. Euro pro Jahr landeten 40 Milliarden bei den Vermögenden; nur 15 Prozent der Steuererklärungen von Millionären würden geprüft (unter Rot-grün schnellte die Zahl der Millionäre auf 800.000 an); 100 Mrd. Euro an Unternehmensgewinnen würden pro Jahr gar nicht versteuert (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/8013); die Gewinnsteuern seien von 35 Prozent 1960 auf unter 20 Prozent gesunken.
    Die Bundesregierung habe die Staatskasse systematisch geleert. Es gebe seit Jahren eine drastische Umverteilung zugunsten der Reichen, auch unter der SPD. Damit müsse endlich Schluss gemacht werden, so die DGB-Vize. Der Bundesrechnungshof gehe bspw. von einer jährlichen Steuerhinterziehung in Höhe von 30 Mrd. Euro aus. Auch das Problem der Austrocknung von Steueroasen sei über Jahrzehnte ignoriert worden. Hier sei eine Lösung überfällig, so Doro Zinke.
    Quelle: DGB Berlin-Brandenburg
  15. Paul Krugman: Das Konjunkturprogramm
    Die Uhr tickt. Mit jedem Monat, der verstreicht, ohne dass effektive Maßnahmen ergriffen werden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass wir in eine Abwärtsspirale geraten, aus der wir Jahre lang nicht mehr herauskommen. Da stellt sich allerdings die Frage: Wie hoch kann sich ein modernes Land mit einer relativ stabilen Regierung verschulden, wie lange dauert es bis die Investoren das Vertrauen verlieren?
    Wir dürfen das enorme Potential der Vereinigten Staaten nicht vergessen, seine Fähigkeit – den politischen Willen vorausgesetzt -, Steuereinnahmen einzutreiben Schulden abzubauen. Wenn wir wollen, können wir sehr viel leisten. Im Moment haben wir eine Schuldenlast von 45 Prozent des Bruttoinlandsproduktes; nach dem Zweiten Weltkrieg lagen wir bei 110 Prozent, was wir über die Jahre abgebaut haben. Daran sieht man, was geleistet werden kann.
    Quelle: FR
  16. Irland wird zum Bad-Bank-Vorreiter
    Als erstes Land in Europa richtet Irland eine Bad Bank ein. Eine staatliche kontrollierte Verwaltungsgesellschaft soll den schwer angeschlagenen heimischen Instituten risikobehaftete Kredite an Immobilienunternehmen und -entwickler von bis zu 90 Mrd. Euro abkaufen. Damit hofft die Regierung, die Kreditvergabe ankurbeln zu können. Irland wählt einen anderen, schlichteren Ansatz als seine Nachbarstaaten. Großbritannien etwa hat sich für eine komplizierte Variante entschieden: Die Regierung sichert Banken – bislang die Royal Bank of Scotland und Lloyds – gegen Gebühr gegen Verluste aus Risikopapieren ab. In der Schweiz und in den Niederlanden haben lediglich Einzelinstitute Aktiva in externe Vehikel ausgelagert. Die USA wollen die Bilanzen der Banken ebenso säubern wie Irland, gehen aber einen anderen Weg: Private Investoren sollen hier mit Unterstützung der Regierung Risiko-Papiere kaufen. Allerdings ist die Lage in Irland auch weniger kompliziert: Die Banken leiden im Gegensatz zu vielen internationalen Konkurrenten nicht unter komplexen Wertpapieren, sondern unter Krediten, die im Zusammenhang mit dem Immobilienboom der vergangenen Jahre ausgereicht wurden – und die nun nach dem Platzen der Blase stark ausfallgefährdet sind.
    Doch es gibt Risiken: Die Bad Bank soll den Banken die Kredite mit einem erheblichen Abschlag auf den Buchwert von 80 bis 90 Mrd. Euro abnehmen und den Instituten im Gegenzug Bonds ausreichen. Die Schulden des Landes werden daher deutlich steigen. Insgesamt geht die Regierung davon aus, dass sie eine Summe aufnehmen muss, die fast elf Prozent des Bruttoinlandsprodukt entspricht. Ob die Tilgungskosten wie geplant durch die Wertentwicklung der Aktiva in der Bad Bank gedeckt werden können, ist unklar. Das von der Krise hart getroffene Irland muss seit Monaten an den Kreditmärkten auf seine Anleihen empfindlich hohe Zinsen zahlen. Finanzminister Brian Lenihan räumte gegenüber einem irischen Radiosender ein, es könne zehn Jahre dauern, bis die tatsächlichen Kosten der Bad Bank für den Steuerzahler klar seien. Die Pläne sind Teil eines Krisen-Haushaltsplans, der unter anderem drastische Steuererhöhungen vorsieht. Nach Schätzung der Regierung wird die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um acht Prozent schrumpfen.
    Quelle: FTD
  17. Großer Sieg für die Textilarbeiter in der Türkei
    Nach heftigen Protesten und einer ausführlichen Berichterstattung in türkischen und internationalen Medien hat die türkische Regierung jetzt die Ausbleichung von Jeans mit Sandstrahlern verboten. Die sogenannten stone-washed Jeans wurden bislang dadurch produziert, dass ungelernte, oft jugendliche Arbeiter die fabrikneuen Jeans mit einem Sandstrahlgerät bearbeiteten und damit die Jeans ausbleichten und geschmeidiger machen. Bei dieser Arbeit, die fast immer ohne die notwendige Schutzkleidung zumeist von Hinterhoffirmen durchgeführt wurde, sind nach Schätzungen von Lungenärzten in den letzten Jahren bis zu 5.000 Arbeiter an Silikose erkrankt, eine Lungenkrankheit, die in vielen Fällen zum Tode führt.
    Da in der Türkei, als einem der größten textilproduzierenden Länder weltweit, Millionen von Jeans hergestellt werden, die auch in den Export gehen, hatte das türkische Gesundheits- und Sozialministerium das Problem lange ignoriert oder zu bedauerlichen Einzelfällen heruntergeredet. Dagegen waren sowohl die Textilarbeitergewerkschaft wie auch ein Komitee, in dem sich Betroffene, Ärzte und Anwälte zusammengefunden hatten, seit Monaten Sturm gelaufen. Jetzt musste auch Gesundheitsminister Recep Akdag einräumen, dass bereits mindestens 40 junge Leute an Silikose gestorben sind und hunderte weitere praktisch nur noch auf ihren Tod warten.  Anfang der Woche wurde deshalb das Verbot der Sandstrahlung von Jeans verkündet, gestern sicherte die Regierung außerdem zu, dass Betroffene, die nicht versichert waren und nachweisen können, dass ihre Erkrankung von der Arbeit mit Sandstrahlern hervorgerufen wurde, eine Rente erhalten sollen.
    Quelle: taz
  18. Schweiz: Volk wird über Rentenkürzung abstimmen
    Die Gewerkschaft Unia hat am Mittwoch das Referendum gegen die Senkung des Umwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge (BVG) mit 204 952 Unterschriften eingereicht. Statt Profite für Versicherungsgesellschaften anzupeilen, müsse ein Leben in Würde im Alter garantiert werden. Es gehe nicht an, dass wegen der Finanzkrise 68 Milliarden Volksvermögen für die Rettung der UBS bereitgestellt würden, bei den Pensionskassen hingegen alleine die Arbeitnehmer die Zeche bezahlen sollten. Bundesrat und Parlament begründen die Senkung des Umwandlungssatzes mit der stetig steigenden Lebenserwartung und den gleichzeitig sinkenden Renditen der Pensionskassen. Diesen geht es derzeit tatsächlich nicht rosig: Gemäß am Montag veröffentlichten Zahlen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) weisen fast sechs von zehn Vorsorgeeinrichtungen der zweiten Säule eine Unterdeckung auf. Mit dem Umwandlungssatz wird die Rente berechnet, die vom angesparten Kapital pro Jahr ausbezahlt wird. Der Umwandlungssatz liegt gegenwärtig bei 7 Prozent. Bei einem Altersguthaben von 100 000 Franken, gäbe es also jährlich 7000 Franken Rente oder 583 Franken im Monat.
    Quelle: NZZ

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