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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. G20
  2. Confed-Cup
  3. Macron verspricht “radikal neuen Weg”
  4. Nahles warnt vor „Refeudalisierung“ in Deutschland
  5. Auf der Suche nach der Inflation
  6. Zehn Jahre Finanzkrise – Einfach weiter und immer weiter
  7. “Jobwunder”? Folgen der neoliberalen Arbeitsmarktpolitik
  8. Gewerkschaften kritisieren Verstöße gegen Mindestlohn
  9. Krankenhäusern fehlen Milliarden Euro
  10. NATO-Terror in Libyen und das Massaker von Manchester: Was wusste die britische Regierung?
  11. Warum Warren Buffett sich über sein eigenes Vermögen beschwert
  12. Microsoft-Gründer fordert mehr Engagement für Afrika
  13. How power operates in modern Britain: with absolute contempt
  14. Die SPD ist an der langen Leine von Frau Merkel gelaufen
  15. Das Letzte – Deutschlands neue Rolle

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. G20
    1. De Maizière will hartes Durchgreifen – “Gewalt muss im Keim erstickt werden”
      Beim G20-Gipfel in Hamburg befürchtet Bundesinnenminister Thomas de Maizière Ausschreitungen militanter Gegendemonstranten. Sorgen bereiteten den Behörden linke Gruppen, die mit Gewalt den Ablauf stören wollten und auch bereit seien, schwere Straftaten zu begehen. “Ich schätze das gewaltbereite Potenzial in Hamburg auf deutlich über 8000 Extremisten aus dem In- und Ausland”, sagte er der “Bild am Sonntag”.
      Protest sei in einer Demokratie eine willkommene Selbstverständlichkeit. “Aber die Versammlungsfreiheit gilt nur für friedliche Demonstrationen, und wir haben ein Vermummungsverbot”, sagte er. Er kündigte ein hartes Vorgehen bei Ausschreitungen an: “Ich fordere alle Demonstranten auf, dort friedlich zu bleiben. Die Linie ist klar: friedlicher Protest ja, gewalttätiger Protest nein. Gewalt, egal von wem, muss von Anfang an im Keim erstickt werden.”
      Zudem sei nicht auszuschließen, dass kurdische Gruppen gegen den in Hamburg erwarteten türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan protestieren wollten. “Auch das ist erlaubt”, sagte de Maizière. “Sollte es aber Versuche geben, für eine terroristische Organisation wie die PKK zu werben, werden die zuständigen Behörden dagegen vorgehen. Das gilt auch für das Zeigen der entsprechenden Symbole.”
      De Maizière schloss auch Cyber-Angriffe auf das Gipfeltreffen nicht aus. Es sei denkbar, dass auf diesem Weg versucht werde, die Kommunikation von Politikern, Mitarbeitern und Medienvertretern zu stören, sagte er.
      Quelle: tagesschau

      Anmerkung JK: Man ersetze einfach “Gewalt” durch “Widerstand” und schon kommt man der Sache näher.

    2. So will Hamburg gegen G20-Gegner vorgehen
      Mindestens 15.000 Polizisten und weitere fast 4000 Bundespolizisten werden an den Gipfeltagen in Hamburg zusammengezogen. Sie sollen die Sicherheit der teilnehmenden Staats- und Regierungschefs, aber auch die der Gipfeldelegationen und der Bewohner gewährleisten. Es ist der größte Einsatz in der Geschichte der Hamburger Polizei. Dabei geht nicht allein darum, Krawalle wie bei früheren Gipfeltreffen in Genua oder Seattle zu unterbinden. Auch die Terrorgefahr ist ein Thema. Zahlreiche Spezialeinheiten aus ganz Deutschland sind im Einsatz und stehen bereit, um Anschläge zu verhindern. Ihre Reaktionszeit bei Bedrohungen liegt laut Polizei bei deutlich unter einer Minute.
      Auch bei der technischen Ausrüstung mobilisieren die Behörden alle verfügbaren Ressourcen und verlegen Material sowie Einsatzkräfte aus ganz Deutschland. Mindestens 19 Polizeihubschrauber stehen bereit, dazu 3000 Fahrzeuge aller Art. Details zu diesen nennt die Polizei aus “einsatztaktischen Gründen” nicht. Die Bundespolizei erhielt offenbar außerdem eine Einsatzgenehmigung für Drohnen.
      Auch Reiterstaffeln und Sprengstoffspürhunde werden in großer Zahl nach Hamburg entsandt. Und nicht nur die Polizei rüstet sich: Die Hamburger Feuerwehr überarbeitete nach eigenen Angaben eigens ihr Konzept für Einsätze mit einer großen Anzahl von Verletzten. Zudem hält sie Messfahrzeuge und Experten in Bereitschaft, die etwa bei einem Chemiewaffenanschlag zum Einsatz kommen könnten.
      Quelle: Manager Magazin

      Anmerkung JK: Man betrachte sich die Bilderstrecke genau: Gepanzerte Fahrzeuge und schwer bewaffnete Bürgerkriegspolizei. Anscheinend stimmt mit der Demokratie etwas nicht, wenn eine militarisierte Polizei in Armeestärke, die Regierungschefs der G20, vor was eigentlich, den demokratischen Protest der Bürger, schützen muss. Das ist die Herrschaft der extremen Mitte, jeder Protest gegen die herrschenden Verhältnisse soll illegitim und extremistisch erscheinen.

    3. Präventive Repression
      Der Verfassungsschutz hat seine Hauptgegner*innen bezüglich der G-20-Proteste identifiziert und ihre Namen im Internet veröffentlicht. Seit Samstag finden sich auf der Seite der Hamburger Innenbehörde die Namen und weitere Informationen zu drei Protagonist*innen der Proteste: Emily Laquer von der „Interventionistischen Linken“, Halil S. von der linksradikalen Gruppe „Roter Aufbau“ und Andreas Blechschmidt vom autonomen Kulturzentrum „Rote Flora“ stehen hier am Pranger.
      Damit erreicht die an Psychoterror grenzende Einschüchterung von Aktivist*innen im Vorfeld linker Proteste ein neues Level. Das Vorgehen des Verfassungsschutzes ist niederträchtig und verantwortungslos.
      Dass der Inlandsgeheimdienst nicht zimperlich ist, wenn es um die Verfolgung und Einschüchterung Linker geht, ist bekannt. Gefährderansprachen vor politischen Groß­ereignissen gehören ebenso zur Einschüchterungstaktik wie Hausdurchsuchungen und Überwachungs­offensiven.
      So auch dieses Mal: Schon vor einem halben Jahr waren Mitbetreiber*innen eines linken Zentrums nahe den Messehallen an ihren Arbeitsplätzen vom Verfassungsschutz aufgesucht worden. Unmissverständlich hatten die Geheimdienstler*innen vor allen Anwesenden klargemacht, dass sie die Betroffenen im Visier haben.
      Die Hausdurchsuchung bei Halil S. und in den Räumen des „Roten Aufbau“ Ende vergangener Woche fällt ebenso in die Reihe von Gipfelrepressionen. Bewaffnete und vermummte Polizist*innen hatten am Freitagmorgen die Türen eingetreten und die Räume mit gezogener Waffe gestürmt
      Quelle: taz
    4. Camp-Räumung auf Entenwerder Verfassungsrechtler: „Der Einsatz war rechtswidrig“
      Der Polizeieinsatz gegen das Protestcamp auf der Halbinsel Entenwerder sorgt für heftige Kritik – die Linken fordern nun sogar den Rücktritt von Innensenator Andy Grote (SPD). Zu Recht? Für Verfassungsrechtler Ulrich Karpen ist die Lage klar: Aus juristischer Sicht hätte die Polizei die Zelte nicht anrühren dürfen.
      „Die Eingriffe der Polizei am Sonntag sind ohne Rechtsgrundlage durchgeführt worden“, sagt Karpen. Und: Die Veranstalter sowie betroffene Einzelpersonen könnten nun Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld gegenüber der Stadt geltend machen, da es Verletzte gegeben habe und Zelte beschädigt worden seien, betont Karpen.
      Der gesamte Vorgang lässt weder die Polizei noch das Verwaltungsgericht gut dastehen: So hat das Gericht am 2. Juli entschieden, das Protestcamp am Elbpark in Entenwerder zu erlauben. „Damit wurde auch das Zelten in Schlafzelten als erlaubt angesehen“, so die Sprecherin des Verwaltungsgerichts, Anne Groß.
      Und so machten sich die Veranstalter Sonntagmittag daran, das Camp aufzubauen. Doch die Polizei war schnell vor Ort, ging gegen den Aufbau vor, da ihrer Ansicht nach keine Schlafzelte erlaubt waren. Es wurden Zelte beschlagnahmt, der Zugang zur Halbinsel wurde abgeriegelt. „Ein Camp mit 3000 Zelten würde auch von militanten Autonomen genutzt. Wir werden keinen Rückzugsort für Straftäter erlauben“, erklärte Polizeisprecher Timo Zill während der Aktion.
      Bundesweit sorgt die Hamburger Polizeiaktion für Empörung. „Wir fordern die Hamburger Polizei und den Senat auf, sofort auf den Boden des Grundgesetzes zurückzukehren“, so Judith Amler vom Attac-Rat. Die Linken-Fraktionschefin im Bundestag, Sahra Wagenknecht, twitterte: „Statt Bürgerrechte zu verteidigen, dulden SPD/Grüne in Hamburg rechtswidrigen Polizeieinsatz gegen genehmigtes Camp.“ […]
      Quelle: Morgen Post
    5. Links wie rechts nur Zerstörung
      Was die linken Demonstranten gegen den Hamburger G20-Gipfel und rechte Populisten vereint: Sie haben nicht verstanden, dass eine vernetzte Welt eine bessere ist.
      Muss man nicht den Krawallmachern von links dasselbe zurufen wie denen von rechts, nämlich dass eine vernetzte Welt eine bessere ist als eine, in der Menschen isoliert leben und so einer Willkürherrschaft viel unmittelbarer ausgeliefert sind? Man muss. Gleichermaßen. Hier geht es nicht um linke Politiker wie in den USA Bernie Sanders oder in Deutschland sehr konservative Parlamentarier wie Volker Kauder. Beide bewegen sich ja innerhalb der staatlichen Ordnung und wollen innerhalb des Regelwerks das Gemeinwesen erhalten, reformieren, in jedem Fall gestalten und nicht vernichten. Radikale Populisten von rechts und von links hingegen arbeiten an der Überwindung der Ordnung, die sie vorfinden, ihrer Zerstörung.
      Populisten von rechts und links erklären denen, die ihnen zuhören, dass die gegenwärtigen Probleme zu lösen sind, wenn man zu den Rezepten der Vergangenheit greift. Damit nutzen sie die Angst der Gesellschaft vor der Zukunft aus. Einfache Antworten machen die eine oder andere Gruppe zum Sündenbock: “Die Banker” (von links), “die Muslime” (von rechts), dort ist dann verdichtet all das vorzufinden, was durch die jeweilige Brille gesehen in der Welt falsch läuft.
      Warum verfangen Populisten dieser Tage wieder? In seinem Buch The Future Shock schrieb Alvin Toffler bereits vor rund 50 Jahren, dass es Momente in der Geschichte von Gesellschaften gibt, in denen der technologische Fortschritt so an Geschwindigkeit gewinnt, dass er weder von den Eliten noch den Durchschnittsbürgern eines Staates verstanden und mit vollzogen werden kann. Die Konsequenz seien Unsicherheit, Furcht und Instabilität. Die letzten 25 Jahre waren bestimmt von der Globalisierung und der Digitalisierung, der Fortschritt hat eine bis dato unbekannte Rasanz entwickelt. Nun bricht, mit der künstlichen Intelligenz, der Lernfähigkeit von Maschinen und dem, was gemeinhin als Industrie 4.0 beschrieben wird, eine neue Welle von Innovation los. Veränderungen stehen an, deren Auswirkungen noch unbekannt sind.
      Quelle: ZEIT

      Anmerkung JK: Ein lupenreiner Transatlantiker – Alexander Görlach ist Senior Fellow des Carnegie Council for Ethics in International Affairs – illustriert wie die aktuelle Strategie der Neoliberalen funktioniert den Widerspruch gegen die neoliberale Agenda zu diskreditieren und zu delegitimieren. Für Göralch ist klar, die einzige und alternativlose Weltordnung ist die des neoliberalen Kapitalismus, alle Kritik und aller Widerspruch bedrohen die (neo)liberale Demokratie. Dies ist das Narrativ der extremen Mitte, das explizit auch bei Macron angewendet wird, der, bei genauerem Hinsehen eine Marionette der französischen Oligarchie, als neue politische Kraft jenseits des angeblich obsoleten politischen rechts-links Schemas gefeiert wird. Das Grundmuster ist dabei Protest gegen die herrschenden Verhältnisse als extremistisch zu diffamieren und gleichzusetzen: links = rechts = extremistisch = antidemokratisch.

  2. Confed-Cup
    1. Kaum deutsche Fans in St. Petersburg
      Confed-Finale in St. Petersburg. Weit über zehntausend Chilenen feuern ihre Mannschaft an – die deutschen Fans sind kaum wahrnehmbar. Wenige sind angereist, und das, obwohl die Ostseestadt quasi um die Ecke liegt. Die Chilenen mussten rund 14.000 Kilometer zurücklegen.
      Am deutschen Fußball wird es nicht gelegen haben, der ist weltmeisterlich. Also woran?
      Die Deutschen haben, was Russland betrifft, alle Neugier und jedes Vertrauen verloren. Ein gerüttelt Maß an Verantwortung tragen die Medien, die Russland seit Jahren, seit lange vor der Ukrainekrise, überkritisch, einseitig negativ oder direkt herabwürdigend präsentieren. Wenn es hochkommt, ist das Glas halbleer. Wer reist schon freiwillig in ein Land, das in der Zeitung als “asiatische Despotie” abgetan wird – der Begriff “Diktatur” ist ja noch harmlos.
      Doch “Medien” ist eine Abstraktion. In der Realität sind es einige Handvoll Menschen aus Fleisch und Blut – Korrespondenten, Redakteure, Moderatoren -, unterstützt von ihren Chefs und weiten Teilen der Politik, die unser Russlandbild formen. Viele der Namen sind auch einem weiteren Publikum bekannt.
      Sie schreiben Bücher und Beiträge, kommentieren TV-Berichte, moderieren Talkshows und sind in den sozialen Medien unterwegs. Akribisch und mit spitzem Griffel listen sie die Defizite der russischen Demokratie, der russischen Wirtschaft, der russischen Gesellschaft. Buchhalter des Fortschritts, wie er ihnen vor Augen steht. Die Vorstellung, dass gesellschaftliches und politisches Leben sich auch anders, sogar grundsätzlich anders gestalten kann als in den Soziotopen zwischen Kreuzberg und Bielefeld, bleibt ihnen so verschlossen wie die Rückseite des Monds.
      Quelle: Ostexperte

      Anmerkung Albrecht Müller: Wenn auch kurz, so doch in der Zusammenschau interessant. Da ist ganze Arbeit geleistet worden. Unter der Hand sozusagen, mittels der dazu passenden Personalpolitik.

      passend dazu: Fußballfans, kommt nach Russland!
      Kritik an Russland ist wichtig und nicht alle Klischees sind falsch. Trotzdem sollte man im kommenden Jahr zur WM fahren. Eine gute Chance, sich gegenseitig zuzuhören. […]
      Wer Stereotype über Russland hat, sollte sie überdenken. Man trifft keine Bären auf der Straße, auch kaum Betrunkene oder Hooligans. Russland ist ein sicheres Land. Auf den Tragflächen der Flugzeuge sind keine Maschinengewehre montiert.
      Nicht alle Klischees sind falsch. Eine dicke Jacke sollte man einpacken, vielleicht auch einen Schal. St. Petersburg liegt nördlicher als Oslo. Badesachen nimmt mit, wer nach Sotschi ans Schwarze Meer reist, das liegt auf demselben Breitengrad wie Florenz. In der Nähe kann man auch Bergwandern. In manchen Gegenden Russlands kann der Deutsche eine Reise in die musikalische Vergangenheit antreten, kann dort Modern Talking, C.C. Catch und die Scorpions hören. Im Übrigen lassen die Kasaner ausrichten, Herr Meine, dass der Trick, stets das aktuelle als das allerletzte Konzert in ihrer Stadt anzukündigen, durchschaut ist. […]
      Ein wichtiger Punkt: Viele Russen fühlen sich gerade von der Welt missverstanden, umgekehrt verhält es sich ähnlich. Die WM wäre eine hervorragende Gelegenheit, sich mal gegenseitig zuzuhören, miteinander zu trinken und feiern. Die Russen freuen sich jedenfalls riesig, die ganze Welt zu begrüßen, das konnte man beim Confed Cup sehr gut spüren. Jetzt muss sie nur noch hinfahren.
      Quelle: Oliver Fritsch in der ZEIT

      Anmerkung Jens Berger: So ehrenwert der Versuch auch ist – leider vergisst Fritsch zu erwähnen, dass sowohl die Medien als auch die Politik eine gehörige Mitverantwortung für die Bildung alter neuer Klischees haben und der Völkerverständigung damit einen Bärendienst erwiesen haben.

    2. Draxler dankt Gastgeber Russland: „Test mit Bravour bestanden“
      Liebe russische Fußballfans, drei Wochen durften wir in diesem schönen Land verbringen und möchten nun, zum Ende des FIFA Confederations Cups in Russland, herzlich Dankeschön sagen. Wir bedanken uns für eine tolle Organisation, für die vielen helfenden Hände überall und für ein immer vorhandenes Gefühl der Sicherheit. Bedanken möchten wir uns beim Russischen Organisationskomitee, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Stadien, Hotels und an den Flughäfen, bei den Volunteers und direkt bei Ihnen, den russischen Fußballfans.
      Man sagt, der Confed Cup sei ein Testlauf für die WM. Nach drei Wochen können wir sagen: Russland hat den Test mit Bravour bestanden. […]
      Unser Sommer in Russland geht zu Ende. Nun wartet noch das Finale in St. Petersburg auf uns. Wir sagen Dankeschön. Wir sagen Spasiba und Doswidanja. Und freuen uns schon heute auf unsere Rückkehr im Sommer 2018.
      Quelle: DFB

      Anmerkung Jens Berger: Der Brief wird auch in russischer Sprache angeboten. Ein schöne Geste des DFB, die sich angenehm vom antirussischen Theater der Medien abhebt.

  3. Macron verspricht “radikal neuen Weg”
    Grundsätzlich sprach sich Macron für eine Politik aus, die dem einzelnen Bürger in einer Leistungsgesellschaft mehr Freiheit und zugleich mehr Schutz gewähren soll: “Ich lehne es ab, zwischen Ehrgeiz und sozialer Gerechtigkeit zu wählen.” Zugleich will Macron den französischen Staat dezentralisieren und “mehr Experimente” zulassen.
    Er wolle die Franzosen “befreien und schützen, ihnen erlauben Neues zu wagen und dabei einen Platz für jeden schaffen”. Politisch brisant sind Macrons Ideen zur Reform des Parlaments. Er will, dass die Nationalversammlung weniger Gesetze erlässt und sich stärker auf die Kontrolle der Regierung konzentriert. Zudem sollen fortan alle Gesetze zwei Jahre nach Inkrafttreten überprüft werden. Zugleich sprach er sich für eine Änderung des Wahlrechts aus: Er will das bisherige Mehrheitswahlrecht mit mehr “Proportionalität” ergänzen, um kleineren Parteien mehr Chancen zu gewähren, ins Parlament zu gelangen. Macron kündigte auch an, im Herbst den seit den Terroranschlägen vom November 2015 geltenden Ausnahmezustand aufzuheben. Bis dahin will er ein verschärftes Anti-Terror-Recht durchsetzen. Er verwahrte sich gegen die Kritik von Bürgerrechtlern und versicherte, alle Freiheitsbeschränkungen würden richterlicher Kontrolle unterworfen. Ausdrücklich bekannte sich Macron zu Europa und zur deutsch-französischen Zusammenarbeit: “Ich glaube fest an Europa.” Die EU müsse gemeinsam handeln, um politische Flüchtlinge zu schützen, zugleich mehr tun, um den Menschenhandel einzudämmen. Europa müsse “den anfänglichen Atem widerfinden”, der die Gründerväter des vereinten Kontinents beseelt und alte Rivalitäten überwunden habe. Oppositionelle Abgeordnete kritisierten die Inszenierung im Schloss von Versailles als “Geldverschwendung”. Rechte wie linke Kritiker hielten Macron vor, er entwerte die für diesen Dienstag geplante Antrittsrede seines Premiers Édouard Philippe.
    Quelle: SZ

    Anmerkung JK: Die verlogene Geschichte, dass Macron den Wandel symbolisiert, den angeblich alle wollen wird weitergesponnen. Der “radikal neue Weg” ist der altbekannte, der Durchsetzung der neoliberalen Agenda zulasten der Mehrheit der Bürger. Angesichts der Tatsache, dass bei historisch niedriger Wahlbeteiligung, gerade einmal 13,4% der Wahlberechtigten für Macron gestimmt haben, ist Macrons Behauptung, das Volk habe mit seiner Wahl “den Willen für einen tiefen Wandel” bekundet eine Frechheit. Außerdem, wann hören unsere “Qualitätsmedien” endlich auf Macron als “sozialliberal” zu bezeichnen?

  4. Nahles warnt vor „Refeudalisierung“ in Deutschland
    Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sorgt sich um das Verhältnis von Arm und Reich hierzulande. Die Vermögenden im Lande kapselten sich immer stärker vom Rest der Republik ab, sagte die Politikerin in einem Interview.
    Verantwortlich für die steigende Zahl sehr reicher Menschen hierzulande sei auch, dass immer häufiger große Summen vererbt würden. Diese großen Erbschaften fielen als „quasi leistungslos erworbene Vermögen“ an Menschen, „die wie in einer eigenen Gesellschaft, wie in einer Kaste leben“, sagte die SPD-Politikerin der „Bild“-Zeitung.
    Die Politikerin moniert, dass wenig von den Super-Reichen bekannt sei. Über die Vermögenden im Land gebe es kaum Daten. „Es kann doch nicht sein, dass wir über einen Hartz-IV-Empfänger bis auf den letzten Cent Bescheid wissen. Und über Reiche in diesem Land wissen wir fast nichts“, sagte Nahles. Die SPD will Reiche stärker belasten. Die Ministerin warnt vor dem möglichen Missbrauch dieser ökonomischen Macht. Die Vermögenden seien wie ein schwarzes Loch; wie eine Blackbox, in die man nicht hineinschauen könne. „Wenn das so bleibt, könnten sich Strukturen von mächtigen Zirkeln entwickeln. Es gibt auch bei uns einen Trend zur Refeudalisierung.“
    Quelle: Welt

    Anmerkung Jens Berger: Das BILD-Interview von Andrea Nahles zeigt, wie wichtig ein funktionierendes Mediensystem in Deutschland wäre. Es kaum zu glauben, dass Nahles mit derart zynischen Aussagen einfach durchkommt und kein Journalist den Zusammenhang zwischen Vermögensungleichheit und der Politik der SPD seit Schröder anspricht. Wenn ausgerechnet Nahles über eine Refeudalisierung klagt, dann ist das die „Haltet-den-Dieb“-Strategie auf die Spitze getrieben.

  5. Auf der Suche nach der Inflation
    Es wird nicht viel geschehen. Denn eine der wichtigsten Größen für die kurzfristigen Leitzinsen der Notenbanken wie für die längerfristigen Renditen von Anleihen weigert sich beharrlich, deutlich zuzulegen: die Inflationsrate. Es gehört zu den Paradoxien unserer Zeit, dass einerseits die Geldpolitik mit Superlativen wie „hyperexpansiv“ oder „ultralocker“ beschrieben wird, während gleichzeitig die Notenbanken erhebliche Schwierigkeiten haben, die Inflationsrate auf das gewünschte Niveau von nahe 2 Prozent zu hieven. […]
    Die Suche nach der hohen Inflation beschäftigte vor gut einer Woche die wichtigsten Notenbanker der Welt auf der Jahresversammlung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Dort hielt Claudio Borio, einer der erfahrensten BIZ-Ökonomen, einen bemerkenswerten Vortrag, indem er den geringen Inflationsdruck in den Industrienationen vor allem auf die Globalisierung zurückführte. Internationale Wertschöpfungsketten sorgen dafür, dass angesichts immer noch relativ billiger Arbeitskräfte auch in wirtschaftlich leistungsfähigen Schwellenländern und selbst im Konjunkturaufschwung der Industrienationen kaum eine Möglichkeit besteht, über einen längeren Zeitraum die Löhne kräftig zu erhöhen. Der globale Wettbewerb hält die Unternehmen von spürbaren Preiserhöhungen für ihre Produkte ab. Nationale Inflationsraten werden in der Tendenz weniger von der nationalen Politik, sondern mehr durch die globalen Wirtschaftsbedingungen bestimmt. […]
    Mit der Inflation könnte derzeit am ehesten die Bank of England eine Straffung ihrer Geldpolitik begründen. Andere Notenbanken hätten ein Argument parat, das ihnen die BIZ kürzlich ins Stammbuch geschrieben hat: Sie sollen die günstige Wirtschaftslage nutzen, um geldpolitischen Handlungsspielraum für eine künftige Rezession zu schaffen. Hinter vorgehaltener Hand räumen manche amerikanischen Notenbanker ein, dass die Fed vor allem aus diesem Grund – und nicht aus Inflationsfurcht – in der jüngeren Zeit mehrfach ihren Leitzins erhöht hat.
    Aber auch das geldpolitische Vorsorgeargument stößt an Grenzen. In einer Welt mit hoher Verschuldung, geringer Inflation und bescheidenen wirtschaftlichen Wachstumspotentialen wird keine Notenbank mit Verweis auf Spielraum in einer künftigen Rezession durch kräftige Zinserhöhungen die Rezession selbst herbeiführen wollen. Niedrige Inflations- und Wachstumsraten in Verbindung mit hoher privater und öffentlicher Verschuldung dürften nicht nur die kurzfristigen Leitzinsen, sondern auch die Renditen für Anleihen aus Ländern mit guter Bonität niedrig halten.
    An diesem Befund wird die wünschenswerte Beendigung von Anleihekaufprogrammen wenig ändern. Hier sind die Lehren aus den Vereinigten Staaten sehr interessant. Weder hat das Ende des Kaufprogramms Ende 2014 die Renditen der Staatsanleihen steigen lassen, noch haben die jüngsten Leitzinserhöhungen oder die Ankündigung der Fed, ihre Anleihebestände reduzieren zu wollen, den Renditen Flügel verliehen. Der Grund ist einfach: Auch im achten Jahr eines Konjunkturaufschwungs sind in den Vereinigten Staaten keine ernsthaften Inflationsgefahren zu erkennen. Das hätte man sich früher nicht vorstellen können. Und es muss nicht immer so bleiben. Aber es ist die Welt, in der wir derzeit leben und wohl auch noch einige Zeit leben werden.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die FAZ merkt es nach vielen Jahren endlich auch einmal: trotz ultralockerer Geldpolitik und überschnappender Warnungen vor der Hyperinflation gibt es nicht einmal eine hinreichende Inflationsrate. “Paradox” ist das nur, wenn man mit den monetaristischen “Theorien” (besser: Glaubenssätzen) arbeitet; die realen Gründe sind im Artikel beschrieben: die Löhne stagnieren bestenfalls. Das ist aber wiederum nicht das (direkte) Ergebnis von Lohndeflation aus den Entwicklungsländern, sondern in den OECD-Ländern politisch gewollt. Die Zentralbanken können gar nichts machen. Die Situation ist aber nicht “paradox”, sondern völlig absurd, und die Probleme mit der zu schwachen Inflationsentwicklung allesamt hausgemacht und (pseudo-)demokratisch abgesichert. Der übliche Blödsinn, daß die deutsche Wirtschaft “oberhalb ihres Potentials wächst” (bei überaus bescheidenem Wachstum und Massenarbeitslosigkeit), läßt sich wohl in einem FAZ-Artikel nicht vermeiden.

  6. Zehn Jahre Finanzkrise – Einfach weiter und immer weiter
    Ist heute alles besser an den Finanzmärkten als damals? Der Volkswirtschaftler Hanno Beck sagt: Nein. Die Banken hätten wichtige Lektionen schon wieder vergessen. Und auch die Politik macht einfach weiter, als wäre nichts passiert.
    Wann die Krise begann, sind sich die Experten weitgehend einig: im April 2007 mit der Pleite der kalifornischen Hypothekenbank New Century Financial. Einige Monate später erreichte sie dann langsam Europa. Aber wann ging sie eigentlich zu Ende? Noch gar nicht, sagt Hanno Beck, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Pforzheim.
    Und große Hoffnung, dass nun alles besser ist, hat Beck auch nicht: Zwar hätten die Banken im Risikomanagement dazu gelernt, sagte er im Deutschlandfunk Kultur. Stimmen aus dem Bankensektor ließen aber darauf schließen, dass einige Lektionen schon wieder vergessen worden seien.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  7. “Jobwunder”? Folgen der neoliberalen Arbeitsmarktpolitik
    Mit seinen zurückliegenden Arbeitsmarktreformen gilt Deutschland oft als Vorbild und Erfolgsmodell. Dieses positive Urteil blendet allerdings die tatsächlichen Gründe für die robuste Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts aus. Und es ignoriert die fatalen Auswirkungen der Reformpolitik auf Arbeitsbedingungen und Löhne.
    Schon von Schwarz-Gelb unter Helmut Kohl (CDU) wurden Deregulierung und „Flexibilisierung“ forciert. Rot-Grün unter Gerhard Schröder (SPD) setzte diese Politik fort und verschärfte sie. Die Folge ist ein aus den Fugen geratener Arbeitsmarkt mit enormem Lohngefälle und Millionen atypischen sowie prekären Beschäftigungsverhältnissen. Anstatt aber dieses Kernproblem des deutschen Arbeitsmarkts zu thematisieren und anzugehen, halten weite Teile von Wissenschaft, Medien und Politik an der Mär von den segensreichen Auswirkungen der „Agenda 2010“ fest.
    Der Abbau der sozialen Sicherungssysteme und die Schwächung der abhängig Beschäftigten sei ein notwendiges Übel gewesen, heißt es immer wieder. Seit einigen Jahren nun würde Deutschland dafür mit niedriger Arbeitslosigkeit belohnt. So schrieb 2013 die Stuttgarter Zeitung, die Agenda 2010 sei eine Reform gewesen, „mit der es gelang, erstmals seit den 80er Jahren den Automatismus steigender Arbeitslosenzahlen umzukehren.“ Und die Berliner Zeitung schrieb 2017 in einem ansonsten nicht unkritischen Kommentar, dass „die Agenda 2010 bis heute anerkannte und spürbare wirtschaftliche Erfolge für Deutschland gebracht“ habe.
    Quelle: annotazioni
  8. Gewerkschaften kritisieren Verstöße gegen Mindestlohn
    Auch zweieinhalb Jahre nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland kommt es immer wieder zu Verstößen. Das sagte Stefan Körzell, Mitglied des Vorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes. In schwer zu kontrollierenden Branchen wie dem Taxigewerbe, dem Bau oder der Gastronomie soll es immer wieder Verstöße gegen das Mindestlohngesetz geben. Etwa das Magazin „defacto“ hatte im Herbst berichtet, dass Unterbietung der Mindestlohnschwelle in der Taxibranche üblich sei – zum Beispiel mit falschen Stundenzetteln.
    Körzell forderte, „dass die Politik die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) endlich so ausstattet, dass sie ihre Kontrollfunkton auch erfüllen kann“. Die FKS kontrolliert unter anderem den Mindestlohn.
    Im vergangenen Jahr hat die FKS aber deutlich weniger Firmen auf Verstöße kontrolliert. Insgesamt wurden 40.374 Arbeitgeber überprüft und damit ungefähr 3000 weniger als im Jahr 2015, wie aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht. (…)
    „Es gibt leider immer wieder Verstöße gegen das Mindestlohngesetz“, sagte Körzell. „Notwendig sind regelmäßige Kontrollen, nicht nur in großen Betrieben, und zusätzliche Streifenfahrten mit spontanen Prüfungen.“ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse deutlich mehr Geld für neues Personal zur Verfügung stellen.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung Christian Reimann: Das Problem dürfte dem Bundesfinanzminister seit langer Zeit bekannt sein. Bitte lesen Sie dazu erneut:

    1. „Unsere Betriebe konkurrieren täglich mit Kriminellen“
    2. Geht jemand den Beschwerden nach

    Es stellt sich die Frage, weshalb Herr Schäuble dennoch offenbar kaum etwas (sicherlich viel zu wenig) dagegen unternimmt.

  9. Krankenhäusern fehlen Milliarden Euro
    Weil die Länder Kliniken Geld vorenthalten, müssen die bei Investitionen Gelder nutzen, die eigentlich für Behandlungen von Patienten vorgesehen sind. Bund und Länder wollen jetzt aufstocken. Dem TK-Chef reicht das nicht.
    Es wäre eigentlich ganz einfach: Die Bundesländer sind per Gesetz verpflichtet, ihren Krankenhäusern Investitionen für Bauten und Anlagen zu finanzieren. Nur, sie kommen dieser Pflicht nicht nach. Sie zahlen viel zu wenig – und die Kliniken müssen die Kosten aus dem Budget für die Behandlung der Patienten abzweigen. Bund und Länder haben nun ein neues Investitionsprogramm aufgelegt, um die Finanznot zu lindern. Mindestens eine Milliarde Euro jährlich sollen die Kliniken mehr erhalten. Der Vorstoß reicht aus Sicht des Chefs der Techniker Krankenkasse (TK) jedoch bei Weitem nicht aus.
    Angesichts eines zusätzlichen Bedarfs von jährlich mehr als zwei Milliarden Euro seien die vorgelegten Pläne der Gesundheitsministerkonferenz zu wenig, sagte TK-Chef Jens Baas der Deutschen Presse-Agentur. Schon ohne Universitätskliniken gehe das Wirtschaftsforschungsinstitut RWI von einem jährlichen Investitionsbedarf von 5,5 Milliarden Euro aus, betonte Baas. Davon allerdings stellen die Länder nur etwa die Hälfte zur Verfügung.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Nur eines von vielen, vielen Problemen der chronischen Unterfinanzierung der deutschen Infrastruktur. Wie kommt die Politik, die großen Parteien nur wieder und wieder auf die hanebüchene Idee, die Steuern unendlich zu senken (Körperschaftsteuer, Abschaffung der Erbschaftsteuer für Unternehmen…) und dann noch mehr Steuersenkungen zu versprechen (15 Milliarden Euro Senkung der Lohnsteuer, hauptsächlich zugunsten von Gutverdienern)? Wann macht die Politik endlich ihre Hausaufgaben für die Infrastruktur und die Bürger, womit sogar das Problem der riesigen Außenhandelsüberschüsse angegangen werden würde? Oder steckt die Absicht dahinter, mit Hinblick auf das angeblich fehlende Geld (eine unfaßbar lächerliche Begründung) immer weitere Teile der Infrastruktur zu privatisieren?

  10. NATO-Terror in Libyen und das Massaker von Manchester: Was wusste die britische Regierung?
    Der Attentäter von Manchester war keineswegs ein Einzeltäter, sondern Teil einer als „Manchester Boys“ bekannten Gruppe von Dschihadisten, die vom britischen MI5 unterstützt wurden und 2011 mit dessen Hilfe in den Krieg gegen Gaddafi nach Libyen geschickt wurden – schreibt John Pilger.
    Das Unaussprechliche in Großbritanniens Wahlkampf war Folgendes: Die Ursachenanalyse des Massakers von Manchester, in dem 22 überwiegend junge Menschen von einem Dschihadisten ermordet wurden, wird unterdrückt, um die Geheimnisse der britischen Außenpolitik zu schützen.
    Kritische Fragen – beispielsweise, warum der Geheimdienst MI5 in Manchester terroristische „Vermögenswerte“ aufrechterhielt und warum die Regierung die Öffentlichkeit nicht vor der Bedrohung in ihrer Mitte warnte – bleiben unbeantwortet. Sie werden abgespeist durch das Versprechen einer internen „Überprüfung“.
    Der mutmaßliche Selbstmordattentäter Salman Abedi war Teil einer extremistischen Gruppe, der Libyschen Islamischen Kampfgruppe (LIFG), die in Manchester gedeihen konnte und seit mehr als 20 Jahren vom MI5 großgezogen und genutzt wurde.
    Die LIFG ist in Großbritannien als terroristische Organisation geächtet, die einen „Hardliner-Islamischen-Staat“ in Libyen anstrebt und „Teil der globalen von al-Qaida inspirierten islamistischen extremistischen Bewegung ist“.
    Der „rauchende Colt“ ist der Umstand, dass zu dem Zeitpunkt, als Theresa May Innenministerin war, es LIFG-Dschihadisten erlaubt wurde, sich ungehindert durch ganz Europa zu bewegen und sie ermutigt wurden, sich an der „Schlacht“ zu beteiligen: Zuerst, um Muammar al-Gaddafi in Libyen zu stürzen, später dann, um sich al-Qaida-nahen Gruppen in Syrien anzuschließen.
    Quelle: Justice now
  11. Warum Warren Buffett sich über sein eigenes Vermögen beschwert
    Warren Buffett ist reich, sehr reich. Mit schätzungsweise 75 Milliarden US-Dollar ist er inzwischen (nur) noch drittreichster Bewohner unserer Erde, jüngst musste er Amazon-Chef Bezos vorbeiziehen lassen. Auf Platz 1 ist übrigens, nach wie vor, Microsoft-Gründer Bill Gates.
    Dennoch dürfte es angesichts dieser Vermögensmasse eigentlich kein Grund geben, um sich zu beschweren, oder? 75 Milliarden, das werden wohl auch in weiter Zukunft nur wenige erreichen. Buffett könnte also rundum zufrieden sein.
    Aber er tut es: Warren Buffett beschwert sich wirklich über sein Vermögen. Schauen wir mal, wieso, weshalb, warum:
    Man mag nun vielleicht denken, dass der Anlass des Ärgers die Höhe seines Vermögens sein könnte. Oder das Wachstum. Oder die Performance. Aber nichts dergleichen ist der Fall gewesen. Denn eigentlich beruht sein Ärger nicht konkret auf seinem speziell eigenen Vermögen, sondern ist eher eine Systemkritik.
    So machte Buffett seinem systemkritischen Ärger damit Luft, dass für die Reichen ihr Vermögen schier unglaublich sei. Besaßen die 400 reichsten Amerikaner im Jahr 1982 beispielsweise noch zusammen 93 Milliarden US-Dollar, ist dieser Geldberg besagter Gruppe auf inzwischen über 2,4 Billionen angewachsen. In dieser Wohlstandsallokation sieht Buffett ein großes Problem, diese stelle eine unverhältnismäßig hohe Vermehrung innerhalb der reichen Elite dar.
    Aber es ist nicht der Reichtum dieser elitären Gruppe per se, der Buffett wirklich auf die Nerven geht. Was ihm viel mehr Sorgen bereitet, ist, dass die allgegenwärtige Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergehe. Auch wenn der Wohlstand (in den USA) seit der letzten Finanzkrise 2009 sich absolut und gesamtheitlich gesehen stetig vermehrt habe, komme das allerdings nicht bei allen Teilen der Bevölkerung an. „Von der wirtschaftlichen Entwicklung hat der Stahlarbeiter in Ohio nichts“, so Buffett wörtlich. Dieses Problem müsse benannt werden, denn wenn eine Entwicklung der Gesellschaft insgesamt nutzt, aber Einzelnen schadet, müsse man auf die Schwächeren achten, so Buffett weiter.
    Quelle: The Motly Fool

    Anmerkung JK: Es ist kaum anzunehmen, dass Buffets Kritik reiner Menschenliebe entspringt. Er ahnt wohl, dass, falls die soziale Polarisierung weiter voranschreitet und die Zahl der Abgehängten beständig wächst, die Stabilität des Systems ins Wanken gerät, das auch seinen Reichtum hervorgebracht hat.

  12. Microsoft-Gründer fordert mehr Engagement für Afrika
    Microsoft-Gründer Bill Gates (61) stiftet Milliarden für Afrika, warnt aber Deutschland vor einer falschen Form der Großzügigkeit. “Deutschland kann unmöglich diese gewaltige Masse an Menschen aufnehmen, die sich dann auf den Weg machen würde”, sagte er der “Welt am Sonntag”. Es gebe ein Dilemma in der deutschen Haltung gegenüber Flüchtlingen: “Einerseits möchten Sie Flüchtlinge aufnehmen, sich großzügig zeigen. Doch je großzügiger Sie sind, umso mehr spricht sich das herum – was wiederum noch mehr Menschen motiviert, Afrika zu verlassen”, unterstrich er. Die Migration nach Europa werde zunehmen, der Druck werde wachsen, dies bedeute unglücklicherweise, “dass Sie es Menschen aus Afrika erschweren müssen, die bisherigen Transitrouten nach Europa zu benutzen”, so Gates weiter. Er hoffe, dass andere europäische Länder dem Beispiel Deutschland folgen würden, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungshilfe aufzuwenden, da “Afrika nach wie vor der ärmste Kontinent ist und immer noch unter der Instabilität leidet, die eng mit der extremen Armut zusammenhängt, mit schlechter Regierungsführung und nicht funktionierenden Bildungs- und Gesundheitssystemen”. Die Bill & Melinda Gates Foundation ist mit rund 40 Milliarden Dollar die vermögendste Privatstiftung der Welt. Sie vergibt Fördermittel von jährlich rund vier Milliarden Euro für Projekte und Forschung zur Armuts- und Hungerbekämpfung, Landwirtschaft und Gesundheit.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung JK: Vielleicht würde es schon helfen von der neoliberalen Freihandelsideologie abzurücken und die Länder Afrikas z.B. nicht mit hochsubventionierten Lebensmitteln aus der EU zu überfluten und so die lokale Landwirtschaft zu zerstören oder die Fischgründe vor den Küsten Afrikas auszuräumen und den Menschen dort ihre Lebensgrundlage zu entziehen und ihnen damit keine andere Chance zu lassen als sich auf den Weg nach Europa zu machen. Ob man dazu allerdings auf einen Bill Gates hören muss

    Anmerkung Jens Berger: Zum Themenkomplex „Afrika“ hatte ich für die NachDenkSeiten im Sommer 2015 den Artikel „Afrikas Flüchtlinge, Afrikas Probleme und unsere Verantwortung“ geschrieben, der versucht den gordischen Knoten erst einmal darzustellen, der zerschlagen werden müsste, um dem Kontinent zu helfen. Das Thema ist komplex.

  13. How power operates in modern Britain: with absolute contempt
    Newspaper columns usually talk politics or policy, but not this one. Today I want to discuss an emotion: contempt. “The action of scorning or despising” is the dictionary definition. “The condition of being held worthless.”
    Contempt is the thread that runs through much of the worst barbarism in today’s Britain. When Grenfell Tower burned down, killing at least 80 men, women and children, one campaigner told the Financial Times: “It was not that we stayed silent, but that they never responded. It was not just that they ignored us, but that they viewed us with contempt.”
    Contempt is the Tenant Management Association being warned again and again by residents that their homes are a deathtrap, but not lifting a finger. It is a local authority watching its tenants burn to death, then mounting a response so pitiful its leader is forced to resign. It is elected councillors holding the first meeting after the Grenfell tragedy to which they could have invited the survivors, but instead locking them out, citing “the risk of disruption”.
    When one group of people is deemed unworthy of the place in which they live, the product is inevitably contempt. That applies to the security guards and nursery workers dying in Kensington just as much as it does to disabled people impoverished by the benefit cuts of austerity Britain.
    Contempt doesn’t belong solely to one neighbourhood or political party. Ask Sam Leggatt, who lives on the other side of London from Grenfell, in the north-eastern borough of Haringey. Tonight the Labour-run council, for which she has always voted, is likely to approve plans to privatise her entire housing estate. If that happens, her home will probably be demolished. Yet neither she nor any of her neighbours have been told this by officials.
    In what must be one of the biggest gambles ever to be made by local government, Haringey plans to stuff family homes, school buildings, its biggest library and much more into a giant private fund worth £2bn. It’s the largest scheme of its kind – “unprecedented”, in the words of backbench councillors. Together with a property developer, it will tear down whole streets of publicly owned buildings and replace them with a shiny town centre and 6,400 homes.
    Quelle: Guardian
  14. Die SPD ist an der langen Leine von Frau Merkel gelaufen
    Mit der Ehe für alle hat Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut ein Wahlkampfthema ihrer Gegner abgeräumt – damit habe sie klug gehandelt, meint der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer. Die SPD brauche nun neue Themen. Allerdings habe sie es in der zurückliegenden Legislaturperiode versäumt, sich ein Profil zu geben, sagte er im Dlf.
    Die Öffnung der Ehe sei zwar gesellschaftspolitisch relevant, aber kein wahlentscheidendes Thema, so Neugebauer. Dennoch brauche die Opposition nun neue Themen. Merkel habe mit ihrem Richtungswechsel auf geschickte Art und Weise die Hürden für Koalitionen mit SPD und Grünen weggeräumt.
    Langfristig sei Merkel die Siegerin in diesem Verfahren. Sie habe gezeigt, dass sie durch beiläufige Bemerkungen Prozesse in Gang setzen könne.
    Schulz: Herr Neugebauer, ich würde gerne mit Ihnen mal anfangen mit der SPD. Fraktionschef Oppermann hat ja davon gesprochen, dass der Ball auf dem Elf-Meter-Punkt gelegen habe und dass man den nur habe reinmachen müssen. Wenn eine Partei jetzt ihr wahltaktisches Kalkül so offen zum Markte trägt, ist das gut?
    Neugebauer: Es trägt dazu bei, den Eindruck zu verwischen, dass die SPD bislang in dieser Koalition an der langen Leine von Frau Merkel gelaufen ist und bestimmte Initiativen, die ihr mehr Profil, sozialdemokratisches Profil hätten verschaffen können, unterlassen hat. Wir erinnern uns: auch das Einwanderungsgesetz ist eines von den Vorhaben, die mal angesprochen wurden und dann dem Koalitionsfrieden geopfert wurden. Insofern ist es schon richtig, dass Oppermann zum Ende der Legislaturperiode sagt, jetzt haben wir Wahlkampf, jetzt wollen wir Alternativen zeigen.
    Schulz: Heißt aber, dass der Triumph, den die Sozialdemokraten heute feiern, wohl kaum Wählerstimmen einbringen wird?
    Neugebauer: Das Problem ist gesellschaftspolitisch relevant, wie ja schon angesprochen worden ist. Aber es gehört nicht zu den Themen, die wirklich wahlentscheidend sind, und die Frage ist auch, ob damit nicht auch der SPD ein Thema weggenommen wurde, denn Frau Merkel hat ja in sehr geschickter Art und Weise nun die Hürden, die die Grünen und die SPD für eine Koalition mit der Union aufgebaut haben, weggeräumt. Der Punkt ist weg und nun müssen sie halt neue Punkte finden.
    Quelle: Deutschlandfunk
  15. Das Letzte – Deutschlands neue Rolle
    Die Bundesrepublik müsse endlich ihrer Rolle als Führungsmacht gerecht werden. Das fordern der Journalist Leon Mangasarian und der Politikwissenschaftler Jan Techau in ihrem Buch “Führungsmacht Deutschland”. Dabei haben sie eine klare Vorstellung davon, wie die Führungsrolle aussehen könnte.
    Es gibt in Deutschland einen Mangel an machtstrategischem politischem Denken und auch einer solchen Kompetenz. Das ist die These von Leon Mangasarian und Jan Techau. In ihrem Buch beschreiben sie die internationalen Illusionen in der deutschen politischen Kultur.
    Die Bundesrepublik müsse endlich ihrer Rolle als Führungsmacht gerecht werden. Aufgrund der deutschen Geschichte seien die Voraussetzungen dafür allerdings andere als etwa für Frankreich, Großbritannien oder gar die USA.
    Die Autoren werben für eine aktivere Außenpolitik und Führungsrolle Deutschlands unter Anerkennung unserer historischen Schranken. Sie lehnen riskante Alleingänge ab und plädieren für eine tiefere Einbettung in NATO und EU – auch wenn dies mit Kosten verbunden ist. Die Autoren zeigen, dass eine stabile, liberale Weltordnung gerade auch im deutschen Interesse ist. Sie unterstreichen entgegen dem derzeitigen Anti-Trump-Zeitgeist die langfristige Bedeutung der USA für die Sicherheit Deutschlands und Europas.
    Quelle: Deutschlandfunk