Mindestens 547 Regensburger Domspatzen waren massiver körperlicher Gewalt, teils sexueller Gewalt ausgesetzt. Wo bleibt die „Schwarze-Socken“-Kampagne der CDU/CSU?

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Das Unrecht, das Menschen in der früheren DDR widerfahren ist, beklagen wir mit Recht. Die CDU/CSU nutzt es auch 27 Jahre nach dem Ende der DDR immer noch, um Stimmung gegen alles Linke zu machen. Auch im jetzt angelaufenen Wahlkampf wird sie gegen „Rote Socken“ zu Felde ziehen. Die Gewalt im „schwarzen Lager“ interessiert sie viel weniger. Nicht nur, weil die körperliche und sexuelle Gewalt bei den Domspatzen wie auch insgesamt in der Obhut der Katholischen Kirche vermutlich geringer wiegt als jene in der DDR; die Gewalt im konservativen Bereich interessiert weniger, weil es den eigenen ideologischen und gesellschaftlichen Bereich betrifft. Das war schon nach 1945 so. Die Gewalt und Verbrechen der Nazis interessierten die CDU/CSU weniger als jene der Kommunisten. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Wenn Sie mit diesem Vergleich nicht einverstanden sind, dann ist das zu verstehen. Wir sind daran gewöhnt, die Gewaltexzesse der christlichen Kirchen, deren Opfer in den letzten Jahrhunderten Millionen von Menschen wurden, zu vergessen und zu beschönigen. Dann sollte das allerdings für alle Seiten unserer Gesellschaft gelten. Und wenn es die Union nicht lassen kann, die Vergangenheit einseitig aufzuarbeiten, dann sollten wir vor unserem geistigen Auge präsent haben: Denkt an die Schwarzen Socken!

Hier zu Ihrer Verfügung noch ein paar Links zum aktuellen Vorgang, der Vorlage des Berichts über die Verbrechen im Umfeld der Regensburger Domspatzen:

Wichtiger Nachtrag vom 20. Juli:
Hier ist der Link auf den Abschlussbericht des RA Weber, der die schlimmen Zustände bei den Regensburger Domspatzen untersucht hat.

Interessant, wie die Träger der Regensburger Domspatzen selbst damit umgehen:

So beginnt es auf der aktuellen Startseite:
Harmonischer Dreiklang aus Schule, Chor und Internat
Singen in einem der berühmtesten Knabenchöre der Welt, lernen in einer großartigen Schule und leben in einer einzigartigen Atmosphäre: So gestaltet sich der Alltag eines Regensburger Domspatzes. Schulische und musische Ausbildung werden durch ein ganzheitliches Schulkonzept in Grundschule und Gymnasium mit Ganztagsbetreuung optimal kombiniert. Mit dem Chor bereisen die Buben die ganze Welt, während sie in der Internatsgemeinschaft ein zweites Zuhause finden. Lern die Domspatzen kennen und bring dein Leben zum Klingen!

Auf der Startseite wird zurzeit auch auf den Abschlussbericht hingewiesen:
Abschlussbericht wird veröffentlicht – Pressekonferenz am 18.7.
… und auf ein dpa Interview:
Domspatzen-Opfer will Frieden schließen
Jahrelang ist Peter Schmitt in Etterzhausen misshandelt worden. Heute setzt sich der 56-Jährige auch für andere Opfer ein.
Von Sophie Rohrmeier, dpa

Ein Bericht der Süddeutschen Zeitung:
Übergriffe bei Regensburger Domspatzen
Aufarbeitung des Missbrauchsskandals spaltet die früheren Domspatzen

Ein Bericht der FAZ:
Missbrauch bei Domspatzen Sadisten im geistlichen Gewand
Der Abschlussbericht zu den Missbrauchsfällen bei den Regensburger Domspatzen zeugt von unfassbarer körperlicher und sexueller Gewalt, die den Kindern von Priestern, Lehrern und Erziehern angetan wurde. Die Kirche hatte lange Zeit nur Ignoranz für die Opfer übrig. …

Die Bild-Zeitung:
Die Akte Georg Ratzinger
„Er war ein notorischer Schläger“