Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(WL)

Heute unter anderem zu folgenden Themen:

  1. War es das mit links?
  2. Ergebnis der Europawahl mit Nichtwählern
  3. Zu billige Parolen
  4. Stuttgart ergrünt
  5. Wo sind die Alternativen? Über den Siegeszug der neoliberalen Wirtschaftstheorie
  6. Die Würde des Kanzlerkandidaten ist antastbar
  7. Arcandor: Justiz überprüft Middelhoff
  8. Lauge strahlt schon seit 60er-Jahren
  9. Lügen und Widersprüche – Die offiziellen Netzsperren-FAQs
  10. Nochmals zu Wiefelspütz will Internet-Sperren ausweiten
  11. Bachelor braucht dringend Hilfe
  12. Tipp: Schön reich – Steuern zahlen die anderen
  13. Zu guter Letzt: Gerechtigkeit sieht anders aus

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. War es das mit links?
    Selten ging es für Sozialdemokraten so mies aus wie an diesem Sonntag bei der Europawahl. Für diesen historischen Absturz gibt es drei Gründe.
    Bei allen lokalen Eigenheiten gibt es heute einen pathologischen “Internationalismus”, etwas, was die zeitgenössischen Sozialdemokraten in Europa eint: Man weiß nicht, wofür sie stehen, weil sie nicht wissen, wofür sie stehen sollen. Die neoliberal gefärbte Modernisierungsideologie funktioniert nicht mehr, eine andere Idee haben sie aber nicht zur Hand. Sie sind unfähig, eine neue zu entwickeln, auch weil sie intellektuell ausgezehrt sind.

    Nicht zuletzt personell: Als Apparatpartei ist ihre Personalrekrutierung seit sehr langer Zeit schon eine Negativauslese. Noch gibt es zwanzig Prozent, die sie trotzdem wählen. Wären sie auf den Anteil derer angewiesen, die sie nicht trotz ihrer Politik, sondern wegen ihrer Politik wählen, die Fünf-Prozent-Marke wäre wohl eine ernste Hürde.
    Quelle: taz

  2. Ergebnis der Europawahl mit Nichtwählern
    Bei den schönen Grafiken über die Wahlergebnisse ist leider nie ersichtlich wie groß eigentlich die Wahlbeteiligung war. Leider sieht man nirgends wie das Wahlergebnis im Verhältnis zu den Wahlberechtigten aussieht.
    Quelle: blogwürdig
  3. Zu billige Parolen
    Linksliberale Politiker hätten aus der Wirtschaftskrise politisches Kapital schlagen müssen. Sie haben auf ganzer Linie versagt.

    Nach den gefühlten Gesetzen einer reinen Logik hätten die Wahlen in Europa ganz anders ausgehen müssen. Bankvorstände, die natürlichen Alliierten konservativer Politik, sind verantwortlich für eine gigantische Finanzkrise, die das Wirtschaftsgefüge des Kontinents erschüttert und Millionen Bürger in die Arbeitslosigkeit zwingt. Gierige und planlose Manager, die zuvor noch im Duett mit bürgerlichen Politikern das Lied von völlig freien Weltmärkten gesungen haben, betteln nun beim Staat um Milliarden.

    Auf der anderen Seite dämpfen die Errungenschaften gewerkschaftlicher und sozialdemokratischer Politik die härtesten Schläge der Krise. Das Soziale in der sozialen Marktwirtschaft – wie Kurzarbeit, Mitbestimmung und ein starker Kündigungsschutz – sollte den linksliberalen Volksparteien in der Europäischen Union eigentlich gerade jetzt Punkte gebracht haben.
    Das Gegenteil ist passiert.
    Quelle: SZ

    Anmerkung D.R.: Nun gehört scheinbar auch die einst so urdemokratische SZ zum medialen Rechtskartell.

    Beweis:

    “Die Sozialdemokraten sind bei der Wahl europaweit eingebrochen, das bürgerliche Lager triumphiert. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der eine an Europa offen uninteressierte Justizministerin Rachida Dati ins EU-Parlament abschieben wird, gewinnt locker gegen die Sozialisten.”

    Der Journalist(?) muss des Französischen unkundig sein und Frankreich nicht kennen! Im Französischen von einem “bürgerlichen Lager” sprechen zu wollen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, das so allenfalls in der Vorstellung eines bourgeoisen deutschen Journalisten der SZ besteht. Nicht Sarkozy hat gegen die Sozialisten gewonnen, sondern die UMP, die dem Präsidenten nahe steht. Wer die Abgeordneten der UMP am Wahlabend im französischen Fernsehen gesehen hat, musste überrascht sein, dass gerade von Triumphalismus der UMP überhaupt nicht die Rede sein konnte. Wie bar jeder Kenntnis französischer politischer Zustände muss jemand sein, der ein Duell zwischen UMP und der Parti Socialiste ausmacht? Die
    eigentliche Überraschung des französischen Ergebnisses liegt in dem Stimmenanteil von Europe-Ecologie: 16,28%, dicht hinter der Parti Socialiste mit lächerlichen 16,48%, während die UMP es auf “nur” 27,87% bringt. Man brauchte nur Parti Socialiste und Europe-Ecologie zu addieren, um festzustellen, dass die nur sehr maßvolle Freude der UMP Abgeordneten mehr als verständlich war.

    Die Berichterstattung der SZ im Hinblick auf Frankreich stellt das Ergebnis also geradezu auf den Kopf. Kein Zweifel: die Parti Socialiste steckt in einer Zerreißprobe! Zugleich begegnen z.T. neue Parteien, die für neue Probleme neue Lösungen zum Thema machen, so dieser Aufstieg der französischen Grünen, was vor Jahren noch völlig undenkbar gewesen wäre! Kein Wort davon in der SZ, die dem deutschen Leser suggeriert, dass Sarkozy, sonst eher der deutschen Pressehäme preisgegeben, “locker gegen die Sozialisten gewonnen habe” und damit das “bürgerliche Lager” in Europa!

    “Das bürgerliche Lager”! Genau darum geht es der Rechtspresse, insinuierend, dass hier schließlich jeder Recht(s)denkende seine natürliche Heimstatt haben müsse. Mitnichten! In Frankreich wird kurz und bündig zwischen la Droite/la Gauche unterschieden – damit sind die weltanschaulichen Fronten zunächst einmal bezeichnet. Frau Merkel und Herr Westerwelle als “bürgerliches Paar”, das mag im privaten Leben der BRD angehen, im politischen Kampf geht es wie in der Pädagogik darum, “die Sachen zu klären, die Menschen zu stärken”(Hartmut von Hentig). CDU/CSU und FDP bilden das rechte Lager und nichts sonst. Ob die Leser nicht nur der SZ sich nach den Rezepten der “gut bürgerlichen Küche” dieser drei Parteien abspeisen lassen wollen, werden sie spätestens am Wahltag zu entscheiden haben. Die “Nouvelle Cuisine” der Linken bietet so manchen plat de résistance, den es zuvor wirklich zu kosten gilt, bevor der chef de cuisine beautragt wird.

  4. Stuttgart ergrünt
    Ähnlich wie bei der Europawahl müssen CDU und SPD bei den Kommunalwahlen in mehreren Bundesländern herbe Verluste hinnehmen, während die FDP stark zulegt.
    Im Saarland ist die CDU trotz deutlicher Verluste stärkste Kraft geblieben. Bei den Kreistagswahlen kam die CDU auf 36,7 Prozent und büßte damit 10,3 Prozentpunkte im Vergleich zu den Wahlen 2004 ein. Die SPD konnte davon nicht profitieren und musste ebenfalls Federn lassen; sie verlor 3,8 Prozentpunkte und lag bei 32,3 Prozent. Vor allem die Linke konnte im kleinsten Flächenland beim ersten Antreten in ihrer heutigen Form genau 86 Tage vor der Landtagswahl in vielen Gemeinden aus dem Stand Erfolge verbuchen: Die Linken legten auf 12,9 Prozent zu. Die FDP kam auf 7,2 Prozent und die Grünen auf 6,5 Prozent.
    Quelle: n-tv
  5. Wo sind die Alternativen? Über den Siegeszug der neoliberalen Wirtschaftstheorie
    Kaum ein Akteur des politischen und wirtschaftlichen Mainstream hat in den vergangenen Jahren die marktorientierte Lehre vom richtigen Wirtschaften infrage gestellt. Kritiker dieser Theorie, die meist mit dem unscharfen Begriff Neoliberalismus umschrieben wird, hatten es schwer mit ihren Argumenten durchzukommen. Seit weltweit Banken und Unternehmen mit großen staatlichen Summen vor dem Zusammenbruch gerettet werden, muss sich der Neoliberalismus rechtfertigen. Doch wo sind die Alternativen? Und wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass sich eine Theorie der VWL sich so konkurrenzlos gegen alle wohlfahrtstaatlichen Modelle durchgesetzt hat?
    Quelle: BR Online Bayern 2 Zündfunk
  6. Die Würde des Kanzlerkandidaten ist antastbar
    Anne Will hat eine Sendung, die vorgibt, der politischen Information zu dienen, die aber vor allem dazu dient, ihresgleichen zu bewerben.

    Um uns recht zu verstehen: Vieles von dem, was Steinmeier zur Krise sagte, zur Rettung von Opel und eventuell Karstadt, zu Mindestlöhnen und Insolvenzen und der Agenda 2010 war, vorsichtig formuliert, diskussions- und fragwürdig. Aber nichts davon hätte man in dieser Sendung diskutieren und befragen können. Nicht einmal mit einem so sachlichen, jeder Show abholden Politiker wie Steinmeier. Denn darum geht es Will und Konsorten gar nicht. Wen immer sie einladen, missbrauchen sie zu eigenen Zwecken: und das sind eben solche der Show und des bloßen Anscheins kritischer Nachfrage. Das Ziel dieser Sendung ist, dass am Ende alle Anne Will für eine Journalistin halten.
    Quelle: FAZ.Net

    Anmerkung WL: Es ist immer dieselbe Methode: Zuerst hat man den (parteirechten) Steinmeier gegen Beck, der für die konservativen Medien ein Unsicherheitsfaktor war, hochgeschrieben, um ihn jetzt niederzumachen. Jetzt spielen die Medien mit Steinmeier das gleiche Spiel, dass sie vorher mit Kurt Beck gespielt haben. Er wird lächerlich gemacht und erfährt „offene Missachtung“ (FAZ). Wie „Journalisten“ mit Lafontaine, Gysi oder wem auch immer von der Linkspartei ständig umgehen, das passiert nun eben auch Steinmeier. Sogar die konservative FAZ bekommt Mitleid. Steinmeier, der dem Medienmainstream ständig hinterher schwamm, muss nun am eigenen Leibe erfahren, dass er sich damit selbst zum politischen Treibholz gemacht hat.

    Man muss ja keine große politische Sympathie mit Steinmeier haben, aber es ist beängstigend, zu beobachten, wie über ihn – so als hätte jemand das Signal gegeben – der Daumen gesenkt wird.

    Siehe:

    Ende einer Dienstfahrt
    Quelle: Spiegel Online

    “Frank-Walter Steinmeier sehr allein bei Anne Will”
    Quelle: Die Welt

    Der Anfang vom Ende?
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Ähnlich wie es damals bei Beck war, beginnt sogar schon eine Nachfolge-Diskussion.

  7. Arcandor: Justiz überprüft Middelhoff
    Der ehemalige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff gerät ins Visier der Justiz: Dem im Februar entlassenen Manager könnten nun private Verflechtungen mit dem Immobiliengeschäft von Arcandor zum Verhängnis werden. Die zuständige Staatsanwaltschaft Essen ist eingeschaltet. Dabei sind die Vorgänge seit Jahren bekannt.

    Dem gescheiterten Sanierer, der Ende Februar vorzeitig seinen Stuhl für den Nachfolger Karl-Gerhard Eick räumen musste, könnten nun seine privaten Verflechtungen mit dem Immobiliengeschäft von Arcandor zum Verhängnis werden.
    Quelle: Handelsblatt

  8. Lauge strahlt schon seit 60er-Jahren
    Im niedersächsischen Lager Asse wurde von Anfang an eine zu hohe Tritiumkonzentration festgestellt. Der Betrieb hätte schon vor 30 Jahren eingestellt werden müssen.
    Quelle: taz

    Anmerkung WL: Ob mit dieser Meldung nicht nur Frau Merkel als Umweltministerin entlasten will. Siehe den Bericht in Kontraste

  9. Lügen und Widersprüche – Die offiziellen Netzsperren-FAQs
    Das Bundesfamilienministerium verweist bei Anfragen zum Netzsperren-Komplex auf die offizielle Fragen-und-Antworten-Seite (FAQ). Diese enthält nicht nur die bekannten Lügen, sondern lässt durch einige Widersprüche und eine beklemmende Mitteilung aufhorchen.

    Wer sich derzeit an das Bundesfamilienministerium wendet, hat schlechte Chancen, wenn es darum geht, Antworten auf konkrete Fragen zu erhalten. Da so viele Eingaben getätigt werden, heißt es in der Aneinanderreihung von Textbausteinen, sind konkrete Antworten nicht mehr möglich. Um die wichtigsten Fragen zum Thema “Netzsperren gegen Kinderpornographie” zu beantworten, gibt es jedoch offizielle FAQs (Frequently Asked Questions = regelmäßig gestellte Fragen), welche ständig aktualisiert werden. Wer sich diese FAQs einmal in Ruhe durchliest, bleibt nicht nur irritiert, sondern auch fassungslos zurück.
    Quelle: Telepolis

  10. Nochmals zu Wiefelspütz will Internet-Sperren ausweiten

    In Abgeordnetenwatch nimmt Wiefelspütz wie folgt Stellung:

    Der Bericht der Berliner Zeitung überrascht mich nicht nur. Ich halte den Artikel für eine bösartige Fälschung meiner Auffassungen. So etwas ist mir bislang nicht untergekommen. Der Bericht gibt an keiner Stelle meine Meinung wieder, schon gar nicht die Auffassung der SPD. Was die Berliner Zeitung mir in den Mund legt, ist nahezu komplett Schwachsinn. Keine Silbe ist von mir autorisiert. Ich werde mich baldmöglichst an die Chefredaktion der Berliner Zeitung zwecks Richtigstellung wenden. Zu dem groben politischen Unfug, den die Berliner Zeitung mir andichtet, bin ich nicht fähig.
    Quelle: Abgeordnetenwatch

  11. Bachelor braucht dringend Hilfe
    Die Umstellung auf die neuen Studienabschlüsse Bachelor und Master löst sowohl bei den Hochschulen als auch bei den Studenten Stress aus. Immer mehr Studenten brauchen psychologische Beratung, Grund sind die neuen Abschlüsse, in denen keine Auszeit mehr möglich ist. Auch die Unternehmen fordern zunehmend Unterstützung.

    Christian Schutz, Personalverantwortlicher der BMW Group, sieht dringenden Handlungsbedarf: „Es ist mehr Beratung an den Hochschulen nötig.“ Schutz ist auch für Bachelor- und Masterthemen beim Arbeitskreis Personalmarketing zuständig und stellt fest: „Viele Studiengänge wurden lediglich umetikettiert. Dass das nicht gehen kann, ist klar.“
    Symptome wie Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Niedergeschlagenheit zeigen sich bei den Studenten, die den Stress des Studiums nicht mehr allein bewältigen können und Hilfe suchen. Zum Beispiel bei der psychologischen Beratungsstelle der Universität Bonn. Sie ist klein, aber eine Institution.
    Quelle: Handelsblatt

  12. Tipp: Schön reich – Steuern zahlen die anderen
    Wer zahlt schon gerne Steuern? Schon gar nicht die Schönen und Reichen. Klaus Barski aus Königsstein im Taunus ist Millionär. Er lebt von seinem Vermögen. Das schätzt er auf fünf Millionen Euro. Sein letzter Jahressteuerbescheid aber betrug nur 2.300 Euro. Dagmar und Jürgen Drawitsch sind Arbeitnehmer. Sie haben drei Söhne. Sie zahlen im Jahr 16.000 Euro Steuern und damit sieben mal mehr als der Millionär.
    Mittwoch, 10. Juni 2009, 12.00 – 12.45 Uhr (Wdh.)
    Quelle: wdr die Story
  13. Zu guter Letzt:
    Gerechtigkeit sieht anders aus
    Quelle: YouToube

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