Ein paar Tipps

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Es folgen ein Filmtipp und zwei Buchtipps. Albrecht Müller

1. Filmtipp: „1984“
ARD, Do, 06.08.09 | 00:55 Uhr
Quelle: ARD: Richard Burton – 25. Todestag (5.8.): “1984”

2. Ein neues Buch von Sascha Adamek und Kim Otto: Schön Reich. Steuern zahlen die anderen. Wie eine ungerechte Politik den Vermögenden das Leben versüßt. München 2009. Euro 17,95
Das Buch hat eine direkte Aktualität durch die Ausschaltung der Steuerfahnder in Frankfurt gewonnen. Seine Grundthese widerspricht diametral der herrschenden Meinungsmache, die Bundesrepublik sei ein „Verteilungsstaat“. Dieses Westerwellesche Glaubensbekenntnis ist einer jener möglichen totalen Manipulationen, von denen ich u.a. in „Meinungsmache“ berichte. Eine genauere Besprechung des Buches und ein Link auf einen Film dazu bei Youtube folgt im Anhang.

3. Wie gegenwärtig Meinungsbeeinflussung entgegen den Fakten in unserem Alltag üblich ist, belegt auch ein anderes Buch, das ich mir gerade angesehen habe: Hans Weiss: Kuba – Nachrichten von der Schurkeninsel. Episoden aus einem Feldzug für die Freiheit. Frankfurt 2009.
Das Bild Kubas wird nicht vor allem von den Fakten sondern von Meinungsbildungskampagnen gemacht. Diese Erkenntnis ist nicht unbedingt für alle neu, für manche aber schon und von Hans Weiss gut dokumentiert und beschrieben.

Anhang:

Besprechung von Adamek und Otto: Schön Reich

Abschied von einer gerechten Besteuerung der Bürger

Ausgangspunkt des Buchs ist die große Finanz- und Wirtschaftskrise, die die Autoren den Spekulationsgeschäften und der Renditegier von Wirtschaftsmanagern anlasten. Die Hunderte Milliarden schweren Rettungspakte, z.B. für das Bankensystem, werden derzeit und noch in den kommenden Jahrzehnten die Steuerzahler abstottern – zumindest diejenigen, die so ehrlich oder „dumm“ sind, in Deutschland ihre Steuern zu zahlen. Die Krux sei nicht, dass nur Reformen alleine das Steuersystem gerechter gestalten können. Otto und Adamek rechnen auch vor, dass, würden die geltenden Steuergesetze nur konsequent angewendet, der Staat schon saniert wäre: Auf 72 Milliarden Euro schätzen sie die jährlichen Steuerausfälle durch Mängel in der Finanzverwaltung.

Die ungerechte Besteuerung von Vermögenden und normalen Arbeitnehmern

Otto und Adamek begleiten einen Multimillionär aus dem feinen Taunus nach Cannes oder zur Bootsmesse nach Düsseldorf und beschreiben seine steuerlichen Abzugmöglichkeiten. Der Multimillionär schafft es, lediglich ein Einkommen von 26.000 Euro zu versteuern, und am Ende gerade mal 2.300 Euro Steuern zu zahlen – im Jahr und völlig legal. Wie macht er das? Er kann vieles als Betriebsausgaben absetzen sogar einen Fitnesstrainer oder eine Jacht, weil das Finanzamt nur selten genau hinschaut. Das sind keine Ausnahmen: die Autoren beschreiben wie auch Brautkleider oder Thailandurlaube als Dienstausgaben deklariert werden.

Seine Häuser kauft der Millionär billig. Nach zehn Jahren ist ihr Wert gestiegen und dann verkauft er diese steuerfrei. Da verdient er schon einmal 500.000 Euro, ohne einen Cent Steuer zu zahlen. Andererseits begleiten die Autoren eine Kinderkrankenschwester, die zusammen mit ihrem Mann veranlagt wird und von 2.800 Euro brutto nur 1.200 Euro mit nach Hause nehmen kann. Zusammen mit ihrem Mann zahlt sie sieben Mal so viel Steuern wie der Millionär. Arbeitnehmer müssen, so die Autoren, hierzulande immer größere finanzielle Belastungen schultern; Einkommensmillionäre, vermögende Unternehmer und Selbstständige hingegen profitierten weiterhin von einem Steuersystem, das den Gedanken an eine gerechte Besteuerung längst aufgegeben habe. Die tolldreisten Steuertricks einiger besonders skrupelloser Unternehmer in dem Buch zeigen nicht nur die Ohnmacht oder auch die Trägheit des deutschen Fiskus’ – sie dokumentieren auch, wie sich gerade so genannte Leistungsträger von eben der Gesellschaft verabschieden, die die Grundlage ihres komfortablen Lebens bildet.

Der desolate Zustand der Steuerverwaltung

Finanzbeamte, Betriebsprüfer und Steuerfahnder können es schon lange nicht mehr aufnehmen mit „gewitzten Unternehmern und Selbstständigen, mit cleveren Wirtschaftsanwälten und Steuerberatern“. Wie auch – haben Finanzbeamte im Schnitt 210 Minuten Zeit für die Veranlagung eines Millionärs (inklusive sechs Anlagen), beim normalen Steuerzahler verringere sich das Zeitbudget auf lächerliche 16 Minuten. Die Autoren haben mit Insidern auch aus der Finanzverwaltung gesprochen, die von grotesken Zuständen berichten. Vorgesetzte rufen so genannte „Durchwinkwochen“ aus, für die die Dienstanweisung lautet, alle Angaben ohne Prüfung zu übernehmen, um die Zielvorgaben zu erfüllen. Das Chaos, das darüber hinaus die elektronische Finanzverwaltung regelmäßig anrichtet, steht noch auf einem anderen Blatt. Die Finanzämter sind untereinander nicht vernetzt, viele Computerprogramme vollkommen veraltet und viele Beamte haben nicht einmal einen Internetzugang. Da werden besonders fähige Beamte und hoch spezialisierte Steuerfahnder von Prüfungen bestimmter Unternehmen plötzlich abgezogen oder gar in den Vorruhestand versetzt. Prüfer, die jährlich im Schnitt für Steuernachzahlungen von 1,5 Millionen Euro sorgen, werden nicht nur nicht zusätzlich eingestellt, sogar viele vorhandene Planstellen bleiben unbesetzt. In einer Steuerfahndungsstelle in München bleiben 90 Prozent der Anzeigen gegen Steuersünder unbearbeitet. Diese Behörde ist auch für den Starnbergersee zuständig, wo besonders viele Millionäre wohnen.

Offenbar ist eine zu genaue Prüfung der vermögenden Bevölkerungsschichten politisch gar nicht gewollt, vermuten die Autoren, etwa um einen Umzug in ein anderes Bundesland zu verhindern.

So berichten Otto und Adamek von einer internen Dienstanweisung aus Mecklenburg-Vorpommern. In dieser ist zu lesen, dass „Steuerpflichtige (…) möglichst wenig behelligt werden sollen (unbürokratisches Verhalten, das heißt weitgehender Verzicht auf Belege und unnötige Kontrollen). Als Grund wird angegeben, den Unternehmen im Land gehe es nicht gut, die Konkurrenz sei groß. Es ist mitunter brisantes Material, das den Autoren zugespielt wurde und hier meist anonymisiert veröffentlicht wird.

Steuerflucht leicht gemacht

Otto und Adamek beschreiben auch, wie die Vermögenden mit ganz einfachen Tricks ihr Geld ins Ausland transferieren und dabei von den deutschen Banken unterstützt werden. Dazu sprachen sie mit Bankangestellten in Frankfurt, Zürich und Singapur. Diese erzählen, wie die Banken über Nummerkonten das Geld ihrer Kunden ins Ausland schaffen und dort gewinnbringend und steuerfrei anlegen. Steuerfahndern berichten von einem Steuerflüchtigen, der eine Stiftung in Luxemburg gründete und gleichzeitig eine Briefkastenfirma auf den Kaimaninseln, der er sein Haus in Deutschland verkaufte. Die Mietzahlungen werden von Deutschland aus nun offiziell jeden Monat an die Briefkastenfirma überwiesen und von dort aus an die Luxemburger Stiftung. Dort kann sich das Geld dann steuerfrei vermehren. Die Autoren haben auch die Zöllner an der Grenze zur Schweiz besucht. Diese berichten von Millionären, die ihr Geld in Windeln und Kosmetikkoffern über die Grenze bringen. Oft finden die Zöllner Hinweise auf Schwarzgeld auf Nummerkonten in der Schweiz in Millionenhöhe – etwa Kontoauszüge. Früher haben sie solche Funde dem zuständigen Finanzamt gemeldet. Eine interne Anweisung des Finanzministeriums verbietet es jetzt den Zöllnern, diese Daten weiterzugeben. Die Begründung: Datenschutz. Das ist wirklich absurd. Bei Hartz vier Empfängern wird jedes Konto überprüft. Hingegen dürfen bei Millionären Kontoauszüge von Nummernkonten mit Schwarzgeld in der Schweiz nicht gemeldet werden.

Das Autorenduo belässt es aber nicht bei Dokumentation und Analyse der desolaten Situation. Mit dem Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass präsentieren sie einen ausgewiesenen Finanzexperten, der ganz konkrete und schnell umsetzbare Vorschläge unterbreitet. Er gibt z.B. an, wie das Stopfen von Steuerschlupflöchern, die Besteuerung von Einnahmen aus ausländischen Beteiligungen, die Einführung einer Vermögenssteuer und Mindestbesteuerungen aussehen könnten.

Und hier der Link zum Film:
Quelle: YouTube

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