Kommentar zu einer Rezension der „Reformlüge“ von Peter Glotz

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Als im „vorwärts“ vom Oktober 2004 eine – wie ich fand – ziemlich unsachliche und abwegige Rezension der „Reformlüge“ durch Peter Glotz erschien, riet mir ein wohlgesonnener Leser meines Buches, darauf auf den NachDenkSeiten zu antworten. Ein anderer Leser, Kai Ruhsert, hat mich jetzt daran erinnert und zu Glotz dankenswerter Weise eine kurze Kritik verfasst.

Ich habe im Oktober nicht auf Glotz geantwortet…

… weil ich einerseits die NachDenkSeiten nicht zur Selbstverteidigung ge- und missbrauchen wollte, andererseits die Vorwürfe von Glotz für so erkennbar fragwürdig hielt, dass ich meinte, sie würden sich von selbst erledigen – z.B. wenn mir Glotz „08/15-Keynesianismus“ vorwirft oder formuliert, Müller beschränke sich auf ein „lautstarkes Begriffeklopfen nach keynesianischem Exerzierreglement.“ – Wer „Die Reformlüge“ gelesen hat, weiß, dass dies sowohl meinen Umgang mit dem keynesianischen Instrumentarium nicht annähernd korrekt beschreibt als auch keineswegs die Breite meines ökonomischen Ansatzes erfasst. So steht z.B. in der „Reformlüge“ wörtlich:

Wir müssen zu einem guten Mix unserer Wirtschaftspolitik zurückkehren – einerseits einer angebotsökonomischen Linie, die unsere Volkswirtschaft von unnötigen Lasten befreit und für einen ordentlichen Schub an technischem Fortschritt und Innovationen sorgt, andererseits einer eher nachfrageorientierten Politik, die es endlich möglich macht, die Potentiale der Produktion in Deutschland zu nutzen. Andere Länder machen uns das vor.

Von diesem Faktum einer differenzierten Argumentation und Empfehlung nehmen Peter Glotz und andere Kritiker keine Notiz. Ich habe die Ausdauer und Wirkung ihrer den Mainstream verteidigenden Polemik unterschätzt. Sie findet sich in Variation in mehreren Rezensionen wie z.B. der FAZ und jetzt auch in einer Buchbesprechung Erhard Epplers („Zurück in die Siebziger?“) für die „Mitbestimmung“, ein Blatt der Hans-Böckler-Stiftung. Darauf werde ich in den NachDenkSeiten in anderem Zusammenhang noch eingehen.

Vorweg schon so viel: Wer wie ich empfiehlt, den Einsatz der wirtschaftspolitischen Instrumente zu optimieren, also sowohl die Binnennachfrage zu stärken, wenn sie lahmt, als auch die Wettbewerbsfähigkeit mittels einer guten Infrastruktur und einer guten Forschungs-und Bildungspolitik zu verbessern, der wird dennoch einfach des Rückfalls in die 70er geziehen. Die wirtschaftspolitische Debatte in Deutschland setzt offenbar nur noch auf kollektiven Gedächtnisverlust, sie hat tiefstes Niveau erreicht.

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