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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Der Traum vom Wachstum durch Steuersenkung, ziemlich viel Kritik am Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb, Post und Profite, strafrechtliche (Nicht-)Aufarbeitung der Finanzmarktkrise, Deutsche Bank schluckt Oppenheim, Opel soll neu aufgerollt werden, Deutsche bangen um sozialen Zusammenhalt, Beraterfirmen überall, Bildungsstreik in Österreich, Fernseh-Müll gegen Gebühr, ein Jahr Obama und der Al Capone von Kandahar. (RS/WL)

  1. Kein Wachstum durch Steuersenkung: Ökonomen hinterfragen Pläne der Bundesregierung
  2. Bewertungen des Koalitionsvertrages der schwarz-gelben Bundesregierung
  3. Kritik von Verbänden und Aufstand der Länder
  4. Schäuble denkt jetzt schon ans Aufhören
  5. Gute Post statt Profite
  6. Strafrechtlichen (Nicht-)Aufarbeitung der Finanzmarktkrise
  7. Betrugsvorwürfe gegen deutschen Hedge-Fonds
  8. Das Sparbuch erlebt ein ungeahntes Comeback
  9. Bessere Lage der Pensionskassen
  10. Deutsche Bank zahlt eine Milliarde Euro für Sal. Oppenheim
  11. Jeder neunte Beschäftigte wurde arbeitslos
  12. Der Fall Opel wird neu verhandelt
  13. Daimler verlangt Blutproben von Bewerbern
  14. Pflegestudie: Geringverdiener sind am stärksten belastet
  15. Umfrage: Deutsche bangen um sozialen Zusammenhalt
  16. Beraterfirmen: Guttenberg ist kein Einzelfall
  17. Bildungsstreik in Österreich
  18. “Bachelor und Master lösen keine Probleme, im Gegenteil: sie schaffen neue.”
  19. Wird im GoetheSpektrum zensiert?
  20. Der müßige Streit um die verbrauchten Abiturprüfungsaufgaben
  21. Braunes Erbe im NRW-Landtag – Über 40 CDU und FDP Abgeordnete Nazis
  22. ProSieben und Sat.1 künftig nur noch gegen Gebühr
  23. Ein Jahr Obama – Die USA zwischen Reformpolitik und rechtem Propagandafeldzug
  24. Sondersitzung im US-Kongreß: Drei Tage für ein Klimagesetz
  25. CIA-Mission in Afghanistan: Der Al Capone von Kandahar
  26. Zu guter Letzt: Volker Pispers über Lehrer, Eltern und Schulen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Kein Wachstum durch Steuersenkung: Ökonomen hinterfragen Pläne der Bundesregierung
    Die neue Bundesregierung wird der Konjunktur durch die geplanten Steuersenkungen voraussichtlich kaum zusätzliche Impulse geben können. Denn eine Reduzierung der Steuersätze, zumal auf Pump, hat in Deutschland in der Vergangenheit kaum messbare Effekte auf das Wirtschaftswachstum gebracht, wie neuere empirische Studien im Auftrag der OECD zeigen. Bestenfalls steigt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zunächst um den Betrag, um den die Bürger entlastet werden. Allerdings würde eine spätere Gegenfinanzierung wiederum wachstumsdämpfende Effekte haben. Das jedenfalls erwartet etwa der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard. Für Europa haben OECD-Studien ergeben, dass Steuersenkungen seit 1980 weniger Wachstumswirkung entfalten als früher. Die Forscher vermuten, dass durch die Globalisierung in offenen Volkswirtschaften der Versuch, die Nachfrage durch Steuersenkungen zu steigern, weniger wirksam ist
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist ein uraltes Märchen, dass uns Angela Merkel da aufgetischt hat. Steuersenkungen führten nicht zu weniger, sondern paradoxerweise zu mehr Steuereinnahmen. Wenn mehr Netto vom Brutto übrig bliebe, würden die Menschen mehr arbeiten und mehr verdienen. Und da sie dann auch mehr Steuern zahlen würden, würde sich der Haushalt von ganz allein konsolidieren. Es war im Jahr 1974 als Arthur Laffer – Laffer selbst verneint die Originalität seiner Argumentation und verweist auf Ibn Khaldun (14. Jahrhundert – , erstmals bei einem Abendessen im Beisein von Dick Cheney und Donald Rumsfeld die berühmte Lafferkurve angeblich auf eine Serviette gemalt hat, die den Zusammenhangs zwischen Steuersatz und Steuereinnahmen beschrieb. Die Reagansche Fiskalpolitik ließ sich in der Folge von der der Zauberformel, dass Steuersenkungen zu höheren Einnahmen führen würden, leiten.
    Nur, sowohl wissenschaftlich als auch empirisch bekam Arthur Laffer nie Recht. Bereits Fullerton (1982) wies in ökonometrischen Studien darauf hin, dass eine Senkung der Lohnsteuer zu einem beinahe so hohen Rückgang der Steuereinnahmen führen müsse. Der Nobelpreisträger Samuelson schreibt in seiner bekannten ‚Volkswirtschaftslehre’ (1998): „Die Prognose laut Laffer-Kurve, wonach die staatlichen Steuereinnahmen durch Steuersenkungen steigen würden, erwies sich als falsch. Stattdessen schrumpften die Steuereinnahmen gegenüber dem bisherigen Trend, und das Bundesbudget erreichte nach einem einigermaßen ausgeglichenen Ergebnis 1979 ein nie gekanntes Defizit.“ Für Deutschland lässt sich Ähnliches für das größte Steuersenkungsprogramm der Bundesrepublik nachweisen. Die Schröderschen Steuergeschenke waren nicht nur sozial unausgewogen, sondern trugen dazu bei, dass die Schulden der öffentlichen Haushalte von 2001 bis 2006 im Verhältnis zum BIP um fast neun Prozentpunkte auf 67,6 Prozent anstiegen.
    Und die Investitionsquoten stiegen auch nicht an (WL).

    Diagramm
    Quelle: Spiegel Online

    Man sieht, sowohl das Märchen von unserem Engelchen wie auch seine Widerlegung, ist ein alter Hut.

  2. Bewertungen des Koalitionsvertrages der schwarz-gelben Bundesregierung
    1. Bündnis 90/Die Grünen: Kommentierungen zum Koalitionsvertrag
      Union und FDP haben ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Selten hat es einen peinlicheren Fehlstart in eine Regierungskoalition gegeben. Die schwarz-gelbe Koalition tritt an ohne Vision, ohne Modernisierungsprojekt, ohne Zukunftsidee und ohne Orientierung. Mit diesem Regierungsprogramm stellt sich Schwarz-Gelb gegen breite Mehrheiten in der Bevölkerung.
      Quelle: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion
    2. LINKE: Hauptsache, erst mal regieren: Mit neuen Schulden die Macht sichern
      Die neue Regierung setzt auf die “Selbstheilungskräfte” der Wirtschaft und auf starkes Wachstum, nicht auf die solidarische Gesellschaft und die Bürgerinnen und Bürger. Die Koalition gibt keine neuen Antworten auf die aktuellen Probleme, mit denen Gesellschaft und Wirtschaft durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise konfrontiert sind. Sie setzt auf die alten Rezepte. Der Koalitionsvertrag enthält keine Antworten auf die Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts, wofür die nationale und globale Klima- und Energiepolitik einerseits und die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, sozialer Ausgrenzung und Hoffnungslosigkeit andererseits stehen. Soziale Gerechtigkeit im eigenen Land herstellen und Übernahme von Verantwortung für globale Gerechtigkeit sind keine Grundlagen der angekündigten Regierungspolitik.
      Quelle: DIE LINKE

      Anmerkung WL: Gerne hätten wir Ihnen auch eine Bewertung des Koalitionsvertrages durch die SPD geliefert. Bisher habe ich nur eine kurze Stellungnahme unter der Überschrift Schwarz-gelber Fehlstart gefunden. Diese Meldung entspricht dem, was Albrecht Müller schon geschrieben hat: Die SPD ist durch ihre vorausgegangenes Tun jedenfalls bisher als oppositionelle Kraft ziemlich gelähmt.

  3. Kritik von Verbänden und Aufstand der Länder
    1. Halbherzige Parade
      Die kommunalen Versorgungsunternehmen lehnen die Forderung der neuen Regierungskoalition nach mehr Wettbewerb bei der Wasserversorgung ab. Ein solcher würde nicht zu niedrigeren Preisen, sondern allenfalls zu schlechterer Wasserqualität führen, sagte der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Andreas Schirmer, am Mittwoch in Berlin vor Journalisten. Anlass war die Vorstellung eines Gutachtens zur Vergleichbarkeit der Trinkwasserpreise in der Bundesrepublik, das das Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement der Universität Leipzig im Auftrag der VKU erarbeitet hatte. Der Studie zufolge erklären sich die teilweise deutlichen regionalen Preisunterschiede zwischen den Versorgungsunternehmen überwiegend aus externen Kostenfaktoren, die von den Wasserwerken nicht zu beeinflussen sind. Als solche nannte der Autor des Gutachtens, Robert Holländer, u.a. naturräumliche Gegebenheiten (wie Verfügbarkeit, Förderbedingungen, Bodenverhältnisse) und siedlungsdemographische Besonderheiten (Größe und Struktur des Versorgungsgebietes, Verkehrsdichte usw.). Grundsätzlich liege der Anteil der Fixkosten für die Infrastruktur am Gesamtaufwand bei rund 80 Prozent.
      Bemerkenswert an der Studie ist, dass sie die Effekte von Privatisierungen oder Teilprivatisierungen bei kommunalen Versorgern auf die Preisentwicklung völlig ausklammert. »Die Auswirkungen der Eigentümerstrukturen waren nicht Teil des Untersuchungsauftrages«, sagte Holländer auf Nachfrage. Auch zum Problem der Berliner Wasserpreise, die seit der Teilprivatisierung des ehemals kommunalen Versorgers vor zehn Jahren um mehr als ein Fünftel gestiegen sind, wollten sich die VKU-Funktionäre nicht äußern. Generell sollten Verbraucher, die wissen wollten, wie sich der von ihnen gezahlte Wasserpreis zusammensetze, einfach an ihr Versorgungsunternehmen wenden, schlug Reck vor.
      Quelle: junge Welt

      Anmerkung Orlando Pascheit: Man wünscht sich trotz der für den Laien plausiblen  Argumentation doch einen anderen Auftraggeber für solche Studien, denn der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat sicher ein Interesse daran, die z.T. sehr unterschiedlichen kommunalen Preise zu rechtfertigen. Dass eine Wasserversorgung, die Profit erbringen soll, letztlich steigende Preise oder/und schlechte Wasserqualität generiert, braucht nicht näher erläutert zu werden. Der Traum von größerer Effizienz und niedrigeren Preisen durch Privatisierung  ist, wie gerade im Bereich Wasserversorgung viele ausländische Großprivatisierungen zeigen, ausgeträumt.

      Dazu passt:

      Kein Grund zum Feiern
      Die folgenreiche Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe im Oktober 1999. Festzuhalten bleiben die negativen Folgen der Teilprivatisierung: enorme und stetige Wasserpreissteigerungen, Arbeitsplatzabbau, Investitionsstau, Intransparenz und mangelnde demokratische Kontrolle. Zudem ist die Rechtmäßigkeit des gesamten Holding-Konstruktes fraglich.
      Quelle: junge Welt

    2. Biobauern kritisieren Koalitionsvertrag
      Mehr Gentechnik, kostenlose Emissionsrechte für die Industrie, keine Nährwert-Ampel: viele Pläne der neuen Regierung stoßen bei Ökobauern, Verbraucher- und Umweltschützern auf Widerstand.
      Quelle: taz
    3. Bund Naturschutz: Koalitionsvertrag: Schwarz-Gelb wird Herausforderung für Umweltbewegung
      Union und FDP bekennen sich im Koalitionsvertrag zum “Prinzip der Nachhaltigkeit”. Die neue Koalition will “gute Lebensbedingungen für kommende Generationen”. Ein hehres Ziel. Doch viele Vorhaben widersprechen diesem Ziel: mehr Wachstum als regulierendes Leitprinzip, mehr Schulden, mehr Atommüll, zu wenig konkrete Maßnahmen für den Klima-, Natur- und Verbraucherschutz und schließlich die Privatisierung zentraler gesellschaftlicher Aufgaben. Für die Umweltbewegung wird es in den nächsten Jahren darum gehen, das Notwendige durchzusetzen und Fehlentscheidungen zu verhindern.
      Quelle: Bund für Umwelt und Naturschutz
    4. Greenpeace: Schwarz-Gelb versagt beim Umweltschutz
      Mit dem Entwurf des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und FDP gibt Deutschland nach Auffassung von Greenpeace seine Vorreiterrolle im Umweltschutz auf. «Vor allem im Energiebereich, aber auch im Agrar- und Verkehrssektor stellt die künftige Regierung die Interessen von Konzernen eindeutig über den Schutz von Umwelt und Menschen», sagte Stefan Krug, Leiter der Politischen Vertretung von Greenpeace in Berlin, am Samstag. «Mit ihrem Koalitionsvertrag werfen Union und FDP die deutsche Umweltpolitik und die Entwicklung von Umwelttechnik um Jahre zurück.» Vor allem die Lobbyisten der Atom- und Kohlekonzerne hätten sich einmal mehr im Kanzleramt durchgesetzt.
      Ein «fatales Signal» sei vor allem die Aufkündigung des Atomaustiegs und die Zementierung der Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken. Damit behindere Schwarz-Gelb massiv den Ausbau der erneuerbaren Energien und der klimafreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung.
      Quelle: Greenpeace
    5. Bund erpressbar: Der Aufstand der Länder
      Union und FDP stoßen mit ihren Steuerplänen über Parteigrenzen hinweg auf Widerstand in Ländern und Kommunen. Die designierte thüringische Ministerpräsident Christine Lieberknecht (CDU) drohte mit einem Nein im Bundesrat: Sollten sich die Steuerbeschlüsse negativ auf den Landeshaushalt auswirken, “werden wir damit nicht einverstanden sein können”, sagte Lieberknecht der Tageszeitung Die Welt.
      Quelle: FR
  4. Schäuble denkt jetzt schon ans Aufhören
    Der neue Bundesfinanzminister kalkuliert ein persönliches Scheitern in seinem Amt ein. Gleichzeitig schließt der künftige Oberkassenwart Steuererhöhungen nicht aus. Da ist Streit mit der FDP vorprogrammiert.
    “Wenn ich in zwei Jahren scheitern sollte, bin ich 69, und dann wäre das zu verkraften”, sagte Wolfgang Schäuble, der am Mittwoch zum Finanzminister ernannt wird, dem Hamburger Magazin “Stern”(…) Die Herausforderung des Amtes sei “ungewöhnlich groß”, gab Schäuble im “Stern” zu. Er kalkuliere deshalb für sich ein, auch als Finanzminister zu scheitern. “Das muss ich sogar. Wer Angst vorm Scheitern hat, ist in seinen Entscheidungen nicht frei”, sagte Schäuble. “Alter und natürlich auch Erfahrung machen unabhängig und stark.” Das sei der Grund dafür, dass die Wahl von Kanzlerin Angela Merkel auf ihn und nicht etwa auf den knapp 38-jährigen CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg gefallen ist. “Wenn er nach zwei Jahren scheitern würde, dann wäre er erst 40 Jahre alt, und seine politische Karriere wäre kaputt.”
    Die aktuelle Situation erinnere ihn an die Verhandlungen über die deutsche Einheit vor 20 Jahren. “Es gibt eine Parallele: Sie wissen von einem Tag auf den anderen nicht, was alles noch kommen wird”, sagte Schäuble. Zugleich räumte der Finanzminister ein, dass die Koalition damit nach dem “Prinzip Hoffnung” verfahre. “Hoffnung ist nicht schlecht.”
    Quelle: FTD
  5. Gute Post statt Profite
    • Wie tief steckt die Post in der Krise?
    • Privatisierung blutet Post aus
    • Die Postpolitik der Großen Koalition
    • Was erwartet uns unter Schwarz-Gelb?

    Quelle: Olaf Klenke, Vertrauensleutetreffen ver.di, DIE LINKE [PDF – 436 KB]

    Anmerkung WL: Mit einer Vielzahl interessanter Daten und Fakten.

  6. Der Preis der Freiheit – Die strafrechtliche (Nicht-)Aufarbeitung der Finanzmarktkrise
    Kommentar zur strafrechtlichen (Nicht-)Aufarbeitung der Finanzmarktkrise im Vergleich zum sog. Sengera-Urteil des BGH (BGH HRRS 2009 Nr. 900) von Rechtsanwalt Dr. h.c. iur. Gerhard Strate, Hamburg
    Die unlängst – auch im SPIEGEL – zu lesenden Kommentare zum Jahrestag des Lehman Konkurses und der dadurch unmittelbar ausgelösten Finanzkrise erwecken den Eindruck, als habe es sich um ein Ereignis gehandelt, dessen Zustandekommen und Vorhersehbarkeit der Verantwortung Einzelner entzogen gewesen wäre. Sogar Putin wird zitiert: “Nicht einzelne Personen haben verantwortungslos gehandelt, sondern das System selbst ist verantwortungslos”. Der zweite Halbsatz dieser Aussage ist richtig, der erste falsch.
    Im Umgang mit der Finanzkrise jedoch verlegen sich die Staatsanwaltschaften überwiegend aufs Abwarten, geben sich halbherzig oder gar gelähmt.
    Was für Sengera möglicherweise gilt – das wird in einer neuen Hauptverhandlung zu klären sein -, gilt sehr viel mehr und erst recht für jene Banker, die ohne jedes Risikomanagement, allein im Vertrauen auf die Empfehlungen nicht zertifizierter Analysten hin, hunderte von Milliarden Euro in heute wertlose Papiere investiert haben. Die Freiheit, so gehandelt zu haben, muss ihren Preis haben. Auch strafrechtlich.
    Quelle: HRR-Strafrecht
  7. Betrugsvorwürfe gegen deutschen Hedge-Fonds
    Helmut Kiener brüstete sich vor kurzem noch, als Manager des Hedge-Fonds K1 kein Geld beim Milliardenbetrüger Bernard Madoff angelegt zu haben. Jetzt steht er selbst am Pranger: Er soll Banken betrogen haben, die Staatsanwaltschaft ermittelt.
    Quelle: FTD
  8. Das Sparbuch erlebt ein ungeahntes Comeback
    Mit 62 Prozent liege der lange Zeit als überholt gebrandmarkte Klassiker zusammen mit höher verzinslichen Anlageformen wie dem Zuwachssparen erstmals seit Jahren wieder vor Lebens- und Rentenversicherungen (jeweils 60 Prozent) sowie dem Bausparvertrag (51 Prozent) und der selbst genutzten Immobilie (50 Prozent), sagte Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis am Dienstag. Über Aktienanlagen verfügten nur 22 Prozent der Bürger.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Übrigens immer noch erst 31 Prozent der Befragten verfügen über eine Riesterrente.

    Dazu:

    Robert von Heusinger: Direkt in die Realwirtschaft
    Das Sparbuch feiert ein Comeback. Es steht wieder an Platz eins der beliebtesten Anlageprodukte der Deutschen. Das ist verständlich und erfreulich.
    Sparpläne auf die vermeintlich attraktiven Aktien bescherten Ende des dritten Quartals selbst nach 15 Jahren noch Verluste! Erst nach 20 Jahren drehen sie ins Plus und bringen im Fall europäischer Aktienfonds 1,9 Prozent.
    Quelle: FR

  9. Bessere Lage der Pensionskassen
    Das seit März anhaltende Rally an den Aktienbörsen hat bereits zur Jahresmitte deutlich positive Auswirkungen auf die kapitalgedeckten Vorsorgewerke in den OECD-Ländern gehabt. Laut Angaben der internationalen Organisation haben die Vermögen von Pensionsfonds und -kassen in ihren Mitgliedsländern im Zeitraum Januar bis Juni 2009 rund 1,5 Bio. $ auf 23,9 Bio. $ an Wert gewonnen. Allerdings waren damit zur Jahreshälfte die Einbussen aus dem Jahr 2008 längst nicht aufgeholt. Damals verloren die Vorsorgeeinrichtungen in den Ländern der OECD insgesamt rund 5,4 Bio. $ an Wert. Im Durchschnitt lagen die Vermögen der kapitalgedeckten Altersvorsorgesysteme in den OECD-Ländern Ende Juni 2009 immer noch um 14% niedriger als zu Ende des Jahres 2007.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Sollte es etwa die künftigen Pensionäre beruhigen, dass mit der Hausse an den Aktienmärkten das Vermögen der Pensionsfonds gewachsen ist. Das heißt doch, dass mit der nächsten Baisse das gewonnene Vermögen wieder futsch ist. Kann man da überhaupt von Vermögen sprechen. Wenn z.B. die Babyboomer der USA in Rente gehen werden, wird der Markt mit Aktien überschwemmt und in der Folge werden die Kurse (Vermögen) in den Keller fallen.

  10. Deutsche Bank zahlt eine Milliarde Euro für Sal. Oppenheim
    Ende der Eigenständigkeit nach 220 Jahren: Die Deutsche Bank kauft die Privatbank Sal. Oppenheim für eine Milliarde Euro. Das angeschlagene Institut hatte sich unter anderem beim Handelskonzern Arcandor kräftig verspekuliert.
    Die Deutsche Bank interessiert sich nur für das Geschäft mit reichen Privatkunden, wo Sal. Oppenheim rund 130 Milliarden Euro verwaltet. Hier will das Frankfurter Institut mit zusammen 300 Milliarden Euro an verwalteten Geldern zur Nummer eins in der Euro-Zone aufsteigen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Zur Erinnerung nochmals ein Einblick in die Aktivitäten von Sal Oppenheim und ihre Geschäfte mit reichen Privatkunden in „Köln ist Kasse“
    Und wie heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir werden ein Instrumentarium schaffen, dass es der Bankenaufsicht frühzeitig ermöglicht, systemrelevante Finanzinstitute im Rahmen eines geordneten Verfahrens zu restrukturieren.“ Kann die Deutsche Bank mit diesem Zukauf nicht ihre „Systemrelevanz“ ausbauen? Warum findet diese Debatte angesichts dieser Übernahme nicht statt?

  11. Jeder neunte Beschäftigte wurde arbeitslos
    Das geringste Arbeitsplatzrisiko in der Krise haben die Mitarbeiter von Banken und Versicherungen – nur 0,2 Prozent verloren pro Monat ihren Job, ergab eine DGB-Studie. Für Leiharbeiter lag das Risiko 30-mal so hoch. Insgesamt habe sich innerhalb eines Jahres jeder neunte Beschäftigte arbeitslos gemeldet. Bei weitem am stärksten betroffen waren demnach Leiharbeiter. Das geringste Arbeitsplatzrisiko trägt der Studie zufolge ausrechnet die Branche, die die Krise verursacht hat: Mit einem Entlassungsrisiko von nur 0,2 Prozent liegen Banken und Versicherungen sogar noch besser als Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht mit jeweils 0,4 Prozent.
    Quelle: Tagesschau.de

    Anmerkung des NDS-Lesers T.K.: vom Steuerzahler teuer erkaufte Sicherheit für Angestellte von Banken und Versicherungen(…)

  12. Treuhänder Dirk Pfeil: Der Fall Opel wird neu verhandelt
    Durch den Regierungswechsel wird offenbar auch der Fall Opel ganz neu überdacht. Das sagte der Vertreter der Bundesländer im Opel-Treuhandbeirat, Dirk Pfeil, der F.A.Z. “Die Folge könnte eine Lösung sein, bei der Opel vollständig im Konzernverbund von General Motors bleibt.”
    Quelle: FAZ
  13. Daimler verlangt Blutproben von Bewerbern
    In der deutschen Wirtschaft bahnt sich offenbar ein neuer Datenskandal an – diesmal bei Daimler. Der Autokonzern verlangt nach NDR-Informationen Blutproben von Stellenbewerbern. Arbeitsrechtler und Datenschützer sind empört, das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück.
    Quelle: Spiegel-Online
  14. Pflegestudie: Geringverdiener sind am stärksten belastet
    Universität Hamburg und AOK veröffentlichen erste Ergebnisse einer Langzeitstudie zur häuslichen Pflege.
    Quelle: AOK-Bundesverband
  15. Umfrage: Deutsche bangen um sozialen Zusammenhalt
    Ist Deutschland auf dem Weg zur Ego-Republik? Sieben von zehn Bürgern beklagen mangelnde Gerechtigkeit im Land, ergibt nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen eine Umfrage des Bankenverbands. Das Vertrauen in die neue Regierung ist gedämpft – 60 Prozent fürchten das Auseinanderfallen der Gesellschaft.
    Die Antworten an das Ipos-Institut sind teils widersprüchlich. So findet zwar eine große Mehrheit die Verhältnisse im Land ungerecht – allerdings fühlt sich nur ein Drittel persönlich benachteiligt. 65 Prozent denken, dass sie haben, “was ihnen gerechterweise zusteht”.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Orlando Pascheit: Anscheinend ist der größte Teil dieser 60 Prozent bei der Wahl zu Hause geblieben.

    Anmerkung RS: Was soll daran widersprüchlich sein, dass auch Menschen, die sich gerecht behandelt fühlen, die Ungerechtigkeiten gegenüber anderen merken? Kann man nur jene Ungerechtigkeiten sehen, die einen selbst betreffen?

  16. Beraterfirmen: Guttenberg ist kein Einzelfall
    60 Mal ließen sich Bundesministerien seit dem Jahr 2000 bei der Abfassung von Gesetzen von externen Firmen beraten, in der letzten Legislaturperiode allein 38 Mal, davon 16 Fälle im laufenden Jahr 2009. Diese Zahlen gehen aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Links-Fraktion hervor, über die die „Saarbrücker Zeitung“ berichtet. Absoluter Spitzenreiter war das Umweltministerium, das zuletzt Sigmar Gabriel (SPD) leitete.
    Aus der Zusammenstellung ergibt sich, dass die umstrittene Berater-Praxis offenbar erst mit der rot-grünen Regierung in Schwung kam, denn vorher gab es nur einen einzigen Fall im Jahr 1991.
    Insgesamt gaben die Ministerien für externe Beratungsleistungen bei der Gesetzgebung laut der Aufstellung des Innenministeriums in den letzten drei Jahren 4,1 Millionen Euro an Honoraren aus. Am meisten Aufträge erhielten Öko-Beratungs-Institute gefolgt von Wirtschaftsanwälten.
    Quelle: Saarbrücker Zeitung

    Anmerkung: Siehe dazu „Warum Politik sich auf ihre eigene Kraft besinnen sollte!“

  17. Bildungsstreik in Österreich
    Seit Donnerstag letzter Woche halten tausende Studierende der Uni Wien das Audimax und viele weitere Räume und Hörsäle besetzt. Die Proteste richten sich gegen die am gleichen Tag beschlossenen Gesetze zur Wiedereinführung von Studiengebühren, zur Umstellung auf das Bachelor/Mastersystem und zu höheren Zulassungsbeschränkungen.
    Die Welle der Solidarisierungen und die Unterstützung aus der ganzen Welt für die Aktionen der Studierenden an der Uni Wien nimmt an Fahrt auf. Mittlerweile wurden auch in Graz, in Turin und an anderen Orten Hochschulen besetzt. Während im nicht-österreichischen Ausland bereits einige Mainstream-Medien berichten, zeigt sich die deutsche Presse weitestgehend und auf seltsame Art und Weise unwissend.
    Quelle: indymedia

    Die zusammengefassten Forderungen
    Quelle: unibrennt

    Video zu den Forderungen der Studierenden
    Quelle: Der Standard

  18. “Bachelor und Master lösen keine Probleme, im Gegenteil: sie schaffen neue.”
    Fachbereich Medizin der Goethe-Universität Frankfurt lehnt Bachelor- und Masterabschlüsse als ungeeignet für Medizin und Zahnmedizin ab.
    Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
  19. Wird im GoetheSpektrum zensiert?
    Kritischer Leserbrief über den Vorsitzenden des Hochschulrats wurde nicht gedruckt
    Ihr Leserbrief sei unsachlich und zu lang. So begründete das GoetheSpektrum, warum es den Leserbrief von Kristina Güntsch aus dem Fachbereich 3 nicht abdrucken wolle. In diesem hatte sich die Sekretärin kritisch mit einem Beitrag von Dr. Rolf-E. Breuer zur Bedeutung des von ihm geleiteten Hochschulrates für die Universität im GoetheSpektrum 4/09 auseinandergesetzt und an Aussagen aus seiner Zeit als Vorstandssprecher der Deutschen Bank erinnert. Der Vorgang wirft die Frage auf, wie viel interne Kommunikation und Streitkultur an der Stiftungsuniversität noch erwünscht ist. Wer sich selbst eine Meinung bilden möchte, findet unten sowohl den Artikel des promovierten Juristen als auch den Leserbrief der Verwaltungsangestellten.
    Quelle: GEW Goethe Universität
  20. Der müßige Streit um die verbrauchten Abiturprüfungsaufgaben
    „Kostenfreier Zugang zu allen zentralen Prüfungsaufgaben (mit Lösungshinweisen!) via Internet“ ist immer noch die unerfüllte Forderung für die gymnasiale Oberstufe genauso wie für den Haupt- und Realschulbereich.
    Der aktuelle Streit in Hessen um die sinnvolle Verwendung von verbrauchten Abitur-Prüfungsaufgaben zeigt sich in neuem Licht. Er hat bundespolitische Bedeutung, da bisher in keinem anderen Bundesland eine vernünftige Gesamtregelung vorliegt.
    Quelle: Bildungswirt
  21. Braunes Erbe im NRW-Landtag – Über 40 CDU und FDP Abgeordnete Nazis
    Der Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel (LINKE) hat die Ergebnisse einer historischen Studie über die NS-Vergangenheit von CDU- und FDP-Abgeordneten im Landtag nach 1945 vorgestellt.
    Das Ergebnis der Studie “60 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen – Das vergessene braune Erbe” von Dr. M.C. Klepsch belegt, dass mehr als 40 Abgeordnete der bürgerlichen Parteien in der NSDAP oder parteinahen Organisationen wie der SS oder der SA waren. Darunter nicht weniger als 8 Fraktionsvorsitzende und zwei spätere Landesminister (Willy Weyer, FDP und Paul Mikat, CDU). Insbesondere in der FDP liegt der Anteil ehemaliger Nazis besonders hoch: So hatte in den Nachkriegsjahren mehr als jeder fünfte FDP-Landtagsabgeordnete eine braune Vergangenheit. Zwischen 1955 und 1975 wurde die FDP-Fraktion von 6 ehemaligen Nazis, darunter 3 SS-Männern geführt.
    Aufgrund dieser Ergebnisse hat Sagel im Landtag NRW einen Antrag eingereicht, der die Einrichtung einer historischen Kommission fordert, welche die NS-Vergangenheit aller Parteien untersuchen soll. ”
    Quelle: Rüdiger Sagel
  22. ProSieben und Sat.1 künftig nur noch gegen Gebühr
    Sie mögen “Desperate Housewives”, Stefan Raabs “TV Total” oder die “Schillerstraße”? Dann stellen Sie sich darauf ein, demnächst für diese Sendungen zu bezahlen. Der Münchner TV-Konzern ProSieben-Sat.1 will seine Programme auf Bezahl-TV umstellen. Das Ziel: größere Unabhängigkeit vom Werbemarkt.
    Quelle: Stern

    Anmerkung RS: Müll kann man nicht verkaufen.
    Widerspruch WL: Ich fürchte da irrt Roger Strassburg: Müll könnte zu einer Goldader werden – siehe auf dem Print-Markt die Bild-Zeitung.

  23. Ein Jahr Obama – Die USA zwischen Reformpolitik und rechtem Propagandafeldzug
    Als Barack Obama vor einem Jahr, nach einem von den Begriffen „Hoffnung“ und „Wechsel“ geprägten Wahlkampf, die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten gewann, kannte der Jubel keine Grenzen. Bereits der Umstand, dass erstmalig ein Afroamerikaner ins Präsidentenamt gewählt wurde, bedeutete eine tiefe Zäsur in der US-amerikanischen Geschichte. Der im Januar erfolgte Einzug Obamas ins Weiße Haus machte vielen Menschen im In- und Ausland Hoffnung auf eine politische Neuausrichtung des mächtigsten Landes der Welt.
    Sollte Obama ein Waterloo am Hindukusch vermeiden können, und sollte es ihm gelingen, bis Ende des Jahres doch noch eine Gesundheitsreform durchzubringen, die diesen Namen auch verdient, würde er gestärkt aus der ersten großen Krise seiner Administration hervorgehen. Und das wäre, bei aller gebotenen Kritik an Obamas Amtsführung, immer noch das Beste, was dem Land unter den gegebenen Bedingungen widerfahren könnte.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  24. Sondersitzung im US-Kongreß: Drei Tage für ein Klimagesetz
    Mit einer Sondersitzung im Kongress will die US-Regierung noch rechtzeitig vor dem Kopenhagener Umweltgipfel im Dezember ein neues Klimagesetz auf den Weg bringen. Der Gesetzentwurf der Demokraten sieht einen Handel mit Emissionsrechten vor, durch den die Industrie innerhalb der nächsten 40 Jahre zu einer deutlichen Senkung ihres klimaschädlichen Kohlendioxidausstoßes bewegt werden soll. Sollte bis Dezember kein US-Klimagesetz unter Dach und Fach sein, würde dies die Verhandlungsposition des Präsidenten in Kopenhagen schwächen und damit auch die Chancen auf ein neues Klima-Abkommen generell verringern.
    Quelle: FR
  25. CIA-Mission in Afghanistan: Der Al Capone von Kandahar
    Präsidentenbruder Wali Karzai, einer der mutmaßlich mächtigsten Drogenhändler Afghanistans, soll Zuträger des US-Geheimdienstes CIA sein. Für die Amerikaner kommt die peinliche Enthüllung zur Unzeit, sie verschärft die Debatte um die richtige Militärstrategie am Hindukusch.
    Quelle 1: Spiegel Online
    Quelle 2: New York Times

    Anmerkung Orlando Pascheit: Dass Wali Karzai erst durch seine Zusammenarbeit mit dem CIA in die Schlagzeilen gerät, ist schon etwas seltsam. Es müsste uns wie auch die Amerikaner eigentlich viel mehr interessieren, dass der Bruder des afghanischen Präsidenten einer der wichtigen Drogenbosse Afghanistans ist. Wie will Afghanistan auch nur im Ansatz rechtsstaatliche Institutionen aufbauen, wenn der Präsident selbst in den Drogenhandel, und wenn auch nur durch seinen Bruder, in den Opiumhändler involviert ist.
    Quelle: New York Times

  26. Zu guter Letzt:
    Volker Pispers über Lehrer, Eltern und Schulen
    Quelle: YouTube

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